HAMBURG BREMEN BERLIN BPT 2016, 2017

Liberale Depesche
HAMBURG
BREMEN
BERLIN BPT
2016, 2017
Fulminanter Erfolg in Hamburg
Wahlen in Bremen: Kick It Like Lencke
Bundesparteitag: Knotenpunkt für große Ideen
Interview mit Botschafter Wolfgang Ischinger
02 | 2015
HAMBURG,
BREMEN, BUNDESPARTEITAG –
das sind die diesjährigen Etappen des
FDP-Marathons. Die erste hat Katja
Suding bereits erfolgreich gemeistert.
Mit dem sensationellen Wahlergebnis
von 7,4 Prozent haben die Freien Demokraten in Hamburg alle Erwartungen
übertroffen und gezeigt, dass das erneuerte Angebot überzeugt. In Bremen
wollen Lencke Steiner und Hauke Hiltz
die Steilvorlage nutzen, um als neue
Generation Bremen in die Bürgerschaft
zurückzukehren. Wie schon in Hamburg
ist es ein Wahlkampf der Gesamtpartei –
jeder kann die Bremer unterstützen.
Das Förderprogramm für
politisch engagierte Frauen
Bereits eine Woche nach der Bürgerschaftswahl in Bremen fi ndet der 66.
Ord. Bundesparteitag in Berlin statt.
Hier sollen die Weichen für 2016 und
2017 gestellt werden: Ein neuer Bundesvorstand wird gewählt, das Leitbild inhaltlich konkretisiert und eine
befristete Sonderumlage der Gliederungen diskutiert. Mehr zu den Etappen des Marathon in diesem und den
nächsten beiden Jahren lesen Sie im
Schwerpunkt dieses Heftes.
Mit dem Konfl ikt in der Ostukraine ist
der Krieg nach Europa zurückgekehrt.
Wir haben mit dem Vorsitzenden der
Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, über Russland, Vertrauensbildung und Deutschlands Verantwortung gesprochen. Darüber hinaus
finden Sie in dieser Ausgabe die Vor-
schläge der Fraktionsvorsitzendenkonferenz zur Flüchtlingspolitik und gute
Gründe für TTIP. Die digitale Ausgabe
beinhaltet zudem Beiträge von Nicola
Beer und Wolfgang Kubicki zur Digitalisierung und den Bürgerrechten.
Wir wünschen viel Spaß beim Lesen
und freuen uns über Reaktionen an
redaktion@elde-online.de.
Ihr
Nils Droste
www.elde-online.de
www.liberale.de
freiheit.org
4 Schwerpunkt Marathon 2017
4
Fulminanter Erfolg in Hamburg
D2
Scheinsicherheit reduziert die Freiheit aller
5
Kick It Like Lencke
D3
Digitale Entwicklung: Datenschutz #21
6
Nächster Halt: Station Berlin
Ein Knotenpunkt für große Ideen
12
Meldungen vom portal liberal
7
Ergebnisse der dritten Mitgliederumfrage
8
Nächste Etappen 2016-2017
FRAKTIONSVORSITZENDENKONFERENZ
13
Zuflucht in Deutschland
FDP-Fraktionen: Verpflichtung und Chance
INTERVIEW MIT WOLFGANG ISCHINGER
FRIEDRICH-NAUMANN-STIFTUNG FÜR DIE FREIHEIT
9/D1 Minsk II ist die einzige Chance, die wir haben
14
Chancen ergreifen – ein klares Ja zu TTIP
PARTEI
Weitere Informationen finden Sie unter
www.virtuelle-akademie.de/liberale-frauen
15
Fünf Landesparteitage und ein Bürgermeister
16
Leserbriefe
Foto: Picture-Alliance
Das neue Förderprogramm der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit unterstützt Sie bei
Ihrer ehrenamtlichen politischen Arbeit. Ihr neunmonatiges Training setzt sich aus verschiedenen
Online-Seminaren und -Coachings sowie Veranstaltungen in Berlin, Brüssel und Gummersbach
zusammen. Sie erlernen hier das praktische Know-how zu den wichtigsten Grundlagen Ihrer Arbeit wie politische Strategie, Rhetorik, Reden schreiben und Projektmanagement.
Herausgeber: FDP-Bundespartei | Chefredakteur: Nils Droste | Redaktion: Roland Kowalke | Redaktionelle Mitarbeit: Malte Bastian, Doris Bergmann, Marco Buschmann, Thomas Diener, Thomas Hahn, Petra Horstick, Maria Wandel, Angelika Sick, Thomas Volkmann, Anschrift der Redaktion: Thomas-Dehler-Haus, Reinhardtstr. 14, 10117 Berlin, E-Mail: roland.kowalke@universum.com, Telefon: (030) 27 57 28 79, Telefax: (030) 27 57 28 80, Verlag / Anzeigen: Universum Kommunikation und
Medien AG, Reinhardtstraße 12, 10117 Berlin, E-Mail: michael.iden@universum.com, Telefon: (030) 27 57 28 76, Telefax: (030) 27 57 28 80, Gestaltung: S&T Digitale
Medien GmbH, Gesamtherstellung: Universum Kommunikation und Medien AG Berlin | elde erscheint viermal im Jahr und wird für die FDP-Mitglieder im Rahmen
der Mitgliedschaft ohne Erhebung eines besonderen Bezugspreises geliefert. Jahresbezugspreis sonst 20 Euro inkl. MwSt. und Versand.
3
HAMBURG
BREMEN
BERLIN BPT
2016, 2017
FULMINANTER ERFOLG
IN HAMBURG
www.fdp-hamburg.de
Hamburger Wahlsonntag, 15. Februar,
18 Uhr: Der gelbe Balken auf dem Bildschirm steigt über sieben Prozent. Katja
Suding reißt die Arme hoch, Jubel unter
Hunderten Freien Demokraten auf der
Wahlparty in der Szene-Location „Altes
Mädchen“. Was wir Wahlkämpfer an
Alster und Elbe gegen Ende einer rund
laufenden Kampagne zu hoffen wagten,
was Demoskopen kurz vor Toresschluss
prophezeiten, tritt noch besser als erwartet ein: Hamburgs FDP ist nicht nur
wieder in der Bürgerschaft, sie legt auch
um 30.000 auf fast 260.000 Stimmen zu
und schafft damit 7,4 Prozent.
Dieser Erfolg hat viele Väter und Mütter. Katja Suding und die über vier Jahre konstruktiv arbeitende FDP-Bürgerschaftsfraktion sind die wichtigsten
Elternteile. Selbst in Zeiten heftigsten
bundespolitischen Gegenwindes attestieren Beobachter den neun liberalen
Abgeordneten im Rathaus „ordentliche
Arbeit“ (Hamburger Abendblatt). Entsprechend liegen die Kompetenz- und
Bekanntheitswerte Sudings über denen
aller anderen Oppositionspolitiker.
Nach Aufstellung einer Landesliste liberaler Teamplayer im Sommer und der
4
Schwerpunkt Marathon 2017
Die neue Fraktion in Hamburg: Dr. Wieland
Schinnenburg, Jennyfer Dutschke, Dr. Kurt
Duwe, Fraktionsvorsitzende Katja Suding,
Jens Meyer, Daniel Oetzel, Michael Kruse,
Carl Jarchow, Anna von Treuenfels (v.l.n.r.)
Neuwahl der Parteiführung mit Katja
Suding als Landesvorsitzenden im November 2014 ist der Weg frei für eine
klar konturierte Wahlkampagne: Mutig, aber nicht peinlich; modern, aber
nicht abgehoben; mit starkem SocialMedia-Fokus, aber ohne Vernachlässigung des klassischen Straßenwahlkampfes; zugeschnitten auf die starke
Spitzenkandidatin, aber mit genügend
Raum für Inhalte wie das Team drum
herum – das ist das Grundkonzept.
KICK IT LIKE
LENCKE
Die Bundespartei bringt sich unter Führung Christian Lindners und Wolfgang
Kubickis von Anfang an intensiv ein, absolviert Dutzende Termine in Hamburg.
Die Neugestaltung des FDP-Auftritts
zum Jahreswechsel ist die Startrampe
der Kampagne. Das augenzwinkernde
Suding-Motiv „Unser Mann für Hamburg“, gezeigt nur bei einem vorweihnachtlichen Presseabend in Berlin,
sorgt für erste Medienaufmerksamkeit.
Christian Lindners Neudefinition der liberalen Agenda dominiert die positive
Berichterstattung vom Stuttgarter Dreikönigstag, Katja Suding rückt als „Hoffnungsträgerin“ in den Mittelpunkt.
Die tolle Unterstützung vieler Parteifreunde aus ganz Deutschland an Hamburgs FDP-Wahlkampfständen, viel Lob
für aussagekräftige Hingucker-Plakate
und Christian Lindners Düsseldorfer
„Wutrede“ zur Gründerkultur schaffen
zusätzliche Beachtung. Immer mehr
Porträts und Interviews, Fotostrecken
und Fernsehauftritte in Hamburger wie
bundesweit relevanten Medien geben
Katja Suding breiten Raum, um die Botschaft der Freiheit zu setzen. Und um
eine Frage zum zentralen Thema zu machen: „Sozial-liberal oder Rot-Grün?“.
Am Ende stimmen fast doppelt so viele
Jungwähler wie 2011 und in mehreren
der 104 Hamburger Stadtteile sogar um
die 20 Prozent aller Bürger der FDP-Antwort darauf zu. Ein „fulminanter Erfolg“,
so Katja Suding, gewachsen auf dem Mut
zum freien Denken, einer entschlossenen Kampagne von Bundes- wie Landespartei und der nötigen Prise Fortune.
Alexander Luckow
FTSW
BÜ RGER SC H A
AHL BR EMEN
LENCKE
STEINE5R
10. MAI 201
ation Bremen
Eine neue Gener
ebnis: 2,4 %
Letztes Wahlerg
www.fdp-bremen.de
Champagner für alle, Cabrios im
Nahverkehr, Grundrecht auf Mode?
Was will Lencke Steiner eigentlich?
Mit diesem Aufreger, abgedruckt in
Bild und Welt, sind die Freien Demokraten in Bremen in den Wahlkampf gestartet. Die Auflösung dazu
präsentierten sie auf dem Bremer
Goetheplatz: Wachstum statt Armut, fließender Nahverkehr und ein
Grundrecht auf Bildung. Das sind die
Themen der Spitzenkandidatin Lencke Steiner. Sie steht für eine neue
Generation Bremen.
Im Gespräch mit der elde hatte Steiner Anfang Februar angekündigt:
„Nach einer erfolgreichen Wahl in
Hamburg haben wir die perfekte
Steilvorlage, um das erklärte Ziel von
Großes Medieninteresse beim Kampagnen-Kick-off mit Lencke Steiner
acht Prozent zu schaffen.“ Die Brevon qualifizierten Arbeitsplätzen und Investitionen in Schumer haben sich also einiges vorgenommen. Die Jungunterlen und Hochschulen – und nicht Eingriffe in das Unternehnehmerin Steiner gibt mit ihrem Team ordentlich Gas und
mertum und die Autonomie der Forschung und Lehre.“
verspricht: „Wir rocken das Ding!“
Im Mittelpunkt der Kampagne sollen die zentralen Themen
des Bremer Wahlprogramms stehen: Wirtschaft, Bildung
und Verkehr. „Es gibt in Bremen ein großes Potenzial im Mittelstand, das in der Politik von Rot-Grün nicht stattfindet“,
sagt der Landesvorsitzende Hauke Hilz. Diesem Potenzial
wolle die FDP Stimme und politische Heimat geben.
Die Verschuldung des Landes und das Abrutschen bei PISA
sind Folge einer Politik, die nicht mehr das Individuum im
Mittelpunkt sieht, sondern nur noch einzelne Gruppen, deren Interessen gegeneinander ausgespielt werden. „Es muss
Schluss sein mit dem Denken in Legislaturperioden“, sagt
Spitzenkandidatin Steiner, die auch Bundesvorsitzende der
Jungen Unternehmer ist. Bremen brauche endlich eine Politik, die in Generationen denke. Hilz ergänzt: „Der Hebel im
Kampf gegen Armut und Bildungsverlust heißt Schaffung
„Eine neue Generation Bremen“, lautet der Claim der Freien
Demokraten, den die 29-jährige Steiner und der 37-jährige
Hilz glaubwürdig vertreten. Beide gehören einer anderen
Generation an als der 65-jährige SPD-Bürgermeister Jens
Böhrnsen und die 62-jährige CDU-Spitzenkandidatin Elisabeth Motschmann. Und sie wollen für frischen Wind sorgen,
den Bremen bitter nötig hat. Denn seit 69 Jahren werden die
Senate von der SPD geführt. Lencke Steiner würde sie deshalb
am liebsten in Rente schicken. Dabei freut sie sich über jede
Unterstützung. „Uns ist jeder Wahlkämpfer, jeder Like und
jede Plakatspende herzlich willkommen“, so Steiner. Beste
Gelegenheit zum Mitmachen: Der liberale Aktionstag am
2. Mai. Dann klappe das am 10. auch mit den acht Prozent.
Malte Bastian
Schwerpunkt Marathon 2017
5
NÄCHSTER HALT: STATION BERLIN
G
D E S PA R T E ITA
6 6 . O R D. BU N
N
E
D E M O K R AT
D E R F R E IE N
EIN KNOTENPUNKT FÜR
GROSSE IDEEN
R
LUCK EN WALDE
stream
eitag.fdp.de. Live
rt
pa
er
nt
u
zu
m.
Mehr da
f fdp.de/livestrea
au
15
20
ai
M
.
ab dem 15
ERGEBNISSE DER
MITGLIEDERUMFRAGE
ZUM LEITANTRAG
Fotos Sation-Berlin: Sebastian Greuner
Auf der Agenda des Parteitages stehen auch satzungsändernde Anträge etwa zur befristeten Sonderumlage oder
zur Einführung von Mitgliederbefragungen und Mitgliederbegehren, wie es sich die Teilnehmer der Umfrage zur
Parteientwicklung gewünscht hatten.
Schwerpunkt Marathon 2017
DIE ERGEBNISSE DER UMFRAGE IM DETAIL:
1.
2.
Zur dreitägigen Veranstaltung erwarten die Freien Demokraten 662 Delegierte, viele Gäste und Journalisten. Auf
der Tagesordnung stehen neben den Reden die Wahlen
von Präsidium und Bundesvorstand und die Antragsberatung. Dazu wird der Leitantrag mit dem Titel „Mehr Chancen durch mehr Freiheit“ eingebracht und diskutiert, der
sich an den sechs Zielen des Leitbildes orientiert.
6
963 BERLIN
MAI 2015
Vom 15. bis 17. Mai legen die Freien Demokraten den
nächsten Zwischenhalt ein. Sie veranstalten ihren 66. Ordentlichen Bundesparteitag erneut in der Berliner Station.
Auf dem Parteitag soll der Bundesvorstand neu gewählt
und das Leitbild der Freien Demokraten programmatisch
konkretisiert werden.
Die inhaltliche Debatte wird allerdings nicht nur im Plenum des Bundesparteitages eine wichtige Rolle spielen:
Auch die große Empfangshalle soll als Ideenschmiede
dienen. So steht für Delegierte und Gäste eine zusätzliche
ST RASSE 4/6, 10
.
VOM 15. BIS 17
www.parteitag.fdp.de
Berlin ist mittlerweile so etwas wie die Heimat der Bundesparteitage der Freien Demokraten geworden, auch durch
die Nähe zur Bundespresse. Getagt wird in der Station
Berlin – im Herzen der Hauptstadt. Durch ihre Geschichte
als Knotenpunkt ist die Station genau der richtige Ort, um
über große Ideen für eine Republik der Chancen zu diskutieren. Dieses Mal sind dazu nicht nur die Delegierten aufgerufen. Auf diesem Bundesparteitag soll das Rederecht
für alle Mitglieder zu bestimmten Tagesordnungspunkten
wie etwa zur Aussprache und bei der Antragsdiskussion
getestet werden – ein Vorhaben aus dem Beschlusspaket
„Besser beteiligen heißt stärker werden – Bürgerpartei
FDP“ vom zurückliegenden Parteitag in Dresden.
HAMBURG
BREMEN
BERLIN BPT
2016, 2017
IN
L
R
E
B
N
O
I
T
A
T
S
Station-Berlin, Halle 7 (oben), Blick über Berlin und die Dächer der
Station-Berlin (unten)
Aktionsfläche für Diskussionen, Gespräche und Präsentationen bereit. Um den Kontakt zu den Delegierten und Gästen geht es auch den Verbänden, Unternehmen und Organisationen, die mit ihren attraktiven Ausstellungsständen
in der Empfangshalle auf sich aufmerksam machen.
Auch an die kleinen Gäste ist gedacht: Auf sie wartet ein
Parteitagskindergarten mit allem, was dazugehört. Abgerundet wird der Bundesparteitag durch die als „geselliger
Abend“ bekannte Party am Samstagabend in der sogenannten Bananenhalle der Station, dem Aushängeschild
der Location.
Maria Wandel
Die dritte Online-Befragung der Mitglieder zur Ausrichtung der Freien Demokraten stieß erneut auf große Resonanz. Fast 6.900 Mitglieder nutzten die Chance und beteiligten sich an der Umfrage. Die 15 ausgewählten Thesen
waren bewusst zugespitzt formuliert und griffen Diskussionen aus der Partei und neue Entwicklungen in der Gesellschaft auf. Die Ergebnisse dienten als Grundlage für die
Erarbeitung des Leitantrages „Mehr Chancen durch mehr
Freiheit“ des Bundesvorstandes, der das Leitbild konkretisieren soll. Fernen sollen die Ergebnisse in die künftige
programmatische Arbeit einfließen.
Die Auswertung ergab eine hohe Übereinstimmung mit
den meisten Thesen. Die höchste Zustimmung bekam die
Forderung nach Einführung einer Flat tax. 77,63 Prozent
stimmten zu, über die Hälfte konnte sich sogar voll damit
identifizieren. Der Vorschlag, mehr Bundesgeld in Bildung
zu investieren und dem Bund dazu eine größere Rolle in der
Bildung einzuräumen sowie einen Wettbewerb zwischen
eigenverantwortlichen Kitas, Schulen und Hochschulen
und nicht zwischen den Ministerialbürokratien der Länder
zu organisieren, wird von 76,19 Prozent unterstützt. Voll
identifizieren konnte sich damit mehr als die Hälfte. Unterstützt wird auch die Forderung nach Aufnahme eines
Verbots der Bankenrettung ins Grundgesetz und die Steuerfinanzierung versicherungsfremder Leistungen in den
Sozialversicherungen. Selbst der sensible Vorschlag nach
dem radikalen Umbau des Gesundheitssystems durch die
Nutzung digitaler Technologien wird von 70,38 Prozent positiv bewertet.
3.
Einführung einer
Flat tax
Schuldenbremse mit
automatischen
Sanktionen
Mehr Kompetenz des
Bundes in der Bildung
4. Versicherungsfremde
Leistungen aus den
Sozialversicherungen
5.
Elektronische Patientenakte bei hohem
Datenschutzniveau
6. Bankenrettungsverbot im Grundgesetz
77,63%*
(54,33% + 23,30%)
76,71%
(53,69% + 23,02%)
76,19%
(52,79% + 23,40%)
75,75%
(57,46% + 18,29%)
70,38%
(49,17% + 21,21%)
69,51%
(39,74% + 29,77%)
* Prozentualer Anteil der Umfrageteilnehmer, die sich entweder voll mit
der These identifi zieren konnten oder für die die Richtung stimmte.
Für Generalsekretärin Nicola Beer ist das Ergebnis der
dritten Mitgliederumfrage ein starkes Signal. „Wir verstehen das Votum unserer Mitglieder als Auftrag. Es ist großartig, dass wir den Leitantrag mit der Unterstützung der
Mitglieder einbringen können.“
Angelika Sick
Schwerpunkt Marathon 2017
7
K O M M U NA LW
AHLEN
HESSEN
NÄCHSTE
2016-2017
6. MÄRZ 2016
ebnis: 3,9
Letztes Wahlerg
L A N D TA G S W
%
AHL
BADENG
WÜRTTEMBER
ETAPPEN
HA NS-ULR ICH
RÜLK E
13. MÄRZ 2016
ebnis: 5,3 %
Letztes Wahlerg
AHL
L A N D TA G S W
WA H L E N
K O M M U NA LW
AHL
RHEINLANDPFALZ
SACHSENANHALT
NIEDERSACHSEN
13. MÄRZ 2016
13. MÄRZ 2016
HERBST 2016
ebnis: 4,2 %
Letztes Wahlerg
ebnis: 3,8 %
Letztes Wahlerg
ebnis: 3,4 %
Letztes Wahlerg
ABGEOR DNE
T E N H AU S W A
HL
L A N D TA G S W
AHL
L A N D TA G S W
AHL
BERLIN
MECKLENBURG
VORPOMMERN
SAARLAND
HERBST 2016
HERBST 2016
7
FRÜHJAHR 201
ebnis: 1,8
Letztes Wahlerg
L A N D TA G S W
%
AHL
ebnis: 2,8
Letztes Wahlerg
L A N D TA G S W
%
AHL
SCHLESWIGHOLSTEIN
NORDRHEINWESTFALEN
7
FRÜHJAHR 201
7
FRÜHJAHR 201
ebnis: 8,2 %
Letztes Wahlerg
ebnis: 8,6 %
Letztes Wahlerg
ebnis: 1,2
Letztes Wahlerg
%
AHL
W
S
G
A
T
S
E
D
N
BU
E
I
E
R
F
DEMOKR ATEN
HERBST 2017
Letztes Wahlerg
8
Der Konflikt in der Ostukraine hat den Krieg zurück nach Europa gebracht. Die dadurch
ausgelöste Unsicherheit dürfe sich nicht verbreiten, warnt der Vorsitzende der Münchner
Sicherheitskonferenz, Botschafter Wolfgang Ischinger. Ein Gespräch über Russlands
Kriegsführung, Vertrauensbildung und mehr Verantwortung für Deutschland
ebnis: 4,8 %
elde: Herr Ischinger, Francis Fukuyama ist in den
1990er Jahren mit der
These vom „Ende der Geschichte“ berühmt geworden. Haben Sie jemals
daran geglaubt, dass es
so ein Ende gibt?
Nein, und zwar aus einem
ganz einfachen Grund: Für
uns fing die Geschichte
1990 ja überhaupt erst wieder neu an: mit der Wiedervereinigung, mit dem
Zwei-Plus-Vier-Vertrag, mit
dem dann stattfindenden
Zerfall der Sowjetunion,
mit der Öffnung nach Osten, mit der Erweiterung
der Europäischen Union.
Also Politik und Geschich- Wolfgang Ischinger im Interview
te fingen in den 1990er Jahren in Europa mit großem
Druck und enormer Kreativität neu an,
armeen Grenzen überschritten oder
da passte die Fukuyama’sche These nie.
Territorien erobert werden, eigentlich
der Vergangenheit angehört. Die Kriege
und Konfl ikte der letzten Jahrzehnte,
elde: Trotzdem war es das Ende der bisind Konfl ikte, die sich innerhalb eines
polaren Weltordnung, der zwischenStaatsgebiets abspielen, denken Sie an
staatliche Krieg galt als Auslaufmodell.
Afghanistan, Irak, Sudan oder Syrien.
Innerstaatliche Konflikte und asymmeDamit einher geht natürlich auch die
trische Bedrohungen etwa durch TerroErkenntnis, dass man im 19. und 20.
rismus rückten nicht zuletzt durch die
Jahrhundert den starken Nachbar, den
Anschläge vom 11. September in den
starken Feind fürchten musste. Im letzMittelpunkt. Ist die Sicherheitspolitik
ten Jahrzehnt sind wir allerdings zu dem
auf einem Auge blind geworden?
Ergebnis gekommen, dass wir eigentlich
Schwäche mehr fürchten müssen als
Ja. Es ist tatsächlich so, dass der klasStärke. Das Stichwort lautet Failed State
sische Krieg zwischen Staaten oder
oder Failing State und angesichts all dieStaatengruppen, bei dem mit Panzer-
Foto: Picture-Alliance
L A N D TA G S W
Minsk II ist die einzige
Chance, die wir haben
ser Phänomene hat man in der Tat etwas
aus dem Auge verloren, dass der klassische Konflikt , wie wir jetzt feststellen,
doch noch nicht ganz ausgestorben ist.
Er ist zurückgekommen. Wir müssen
uns damit abfinden, dass beides nebeneinander existieren wird. Der moderne
bürgerkriegsartige Konfl ikt innerhalb
eines Staates, zwischen verfeindeten
Gruppen, egal ob religiöser oder politischer oder anderer Natur, und das klassische Muster, wie wir das jetzt auf der
Krim und in der Ukraine erlebt haben.
Zurück zum Thema Landesverteidigung: Das schien in der Tat nicht mehr
wichtig auf der Agenda zu sein.
Interview
9
„Es geht nicht um eine Wiedererstarkun
ng eines Bismarck’schen Deutschlands,
sondern darum, durch ein proaktive
es deutsches Engagement in außenund sicherheitspolitischen Fragen die Eurropäische Union voranzutreiben.“
Wolfgang Ischinger
Ja, aber nicht nur in der Art und Weise, wie von russischer Seite dieser Konflikt ausgetragen wird, sondern wir erleben das ja auch beispielsweise bei der
Betrachtung des Themas Cyberwar.
Es gibt keine Klarheit darüber, beispielsweise ab wann eine Cyber-Attacke einen Angriff darstellen würde,
der die Voraussetzungen des Artikels
5 des NATO-Vertrages erfüllen würde.
Deswegen rutschen wir durch diese
modernen, nicht-linearen, hybriden
Formen der Kriegsführung in eine
zunehmende Unsicherheit hinein, in
eine Lage, in der es weder klare Regeln,
noch verlässliche Grundlagen für das
gemeinsame Vorgehen etwa im Bündnis gibt. Diese neuen Formen führen
zu wachsender Unsicherheit und zur
Notwendigkeit der allseitigen Rückversicherung. Das ist ja auch der Grund,
warum wir uns bemühen, etwa unseren baltischen NATO-Partnern Rückversicherung zuteilwerden zu lassen.
Es ist ja im Augenblick nicht so, dass
die von Panzerarmeen bedroht werden, aber sie fühlen sich verunsichert,
weil sie genau wissen, dass durch diese modernen, neuartigen Formen der
Konfl iktaustragung
möglicherweise
die Garantie des Artikels 5 unterlaufen
werden könnte. Es wird wichtig sein,
dass die westliche Sicherheitspolitik
Wege findet, um zu verhindern, dass
diese Unsicherheit, die der UkraineKonfl ikt ausgelöst hat, sich weiter verbreitet.
elde: Russland und die NATO schaukeln sich bei der Rüstung und Militärmanövern auf. Putin ist aus dem Vertrag über Konventionelle Streitkräfte
10
in Europa ausgestiegen. Droht eine
neue Systemkonfrontation samt Rüstungswettlauf?
Ich hoffe, dass das nicht so sein wird. Die
Russische Föderation ist ja bedauerlichweise in diesen Tagen endgültig aus dem
KSE-Vertrag ausgestiegen. Gleichzeitig
hat aber die Russische Föderation zu
erkennen gegeben, dass sie bereit wäre,
über einen neuen Versuch über konventionelle Rüstungskontrolle in Europa in
Verhandlung zu treten. Ich denke, man
sollte Moskau beim Wort nehmen und
möglichst unverzüglich ein Angebot zu
neuen konventionellen Rüstungskontrollverhandlungen unterbreiten.
Ein anderes Problem betrifft die in den
letzten Wochen und Monaten bekannt
gewordenen gefährlichen Überflüge
und Manöver, in denen zum Beispiel
russische Bomber mit ausgeschalteten
Transpondern über dem Ärmel-Kanal
fl iegen und die zivile Luftfahrt gefährden. Ich denke, es wäre ein wesentlicher
Beitrag zur Entschärfung der Lage und
es wäre ein Beitrag, bei dem niemand
sein Gesicht verlieren müsste, wenn
man sich zwischen NATO-Partnern auf
der einen Seite und Russland auf der
anderen Seite darauf einigen würde,
dass man früher verabredete Regeln,
die aus Zeiten des Kalten Kriegs stammen, nicht nur bekräftigt, sondern auf
den neuesten Stand bringt. Das würde
die Gefahr unbeabsichtigter Eskalation, die Gefahr möglicher Fehleinschätzungen, die Gefahr, dass einer im falschen Moment auf den falschen Knopf
drückt und mögliche Katastrophen
auslöst, enorm reduzieren. Ich denke,
das könnte ein erster vertrauensbildender Schritt sein, in einer Lage, in der
das Vertrauen in Europa zwischen den
russischen Streitkräften einerseits und
westlichen Streitkräften andererseits
gänzlich verloren gegangen ist.
Vertrauensbildung ist eines der ganz
großen Themen der kommenden Monate und Jahre. In diesem Bereich könnte
man anfangen. Das kostet keine Seite
Gesichtsverlust und alle würden davon
profitieren, weil es zu einer Stabilisierung und größeren Sicherheit aller Beteiligten beitragen würde.
elde: Einer Vertrauensbildung bedarf
es auch im Osten der Ukraine. Der
Friedensplan kommt nicht voran, weil
unklar ist, ob schwere Waffen wirklich
abgezogen werden und ob Russland
seine Unterstützung für die Separatisten eingestellt hat. Hat Minsk II noch
eine Chance?
Minsk II ist die einzige Chance, die wir
haben, den Konflikt in der Ostukraine
zu einem Ende zu bringen. Deswegen
muss diese Chance jetzt genutzt werden. Es gibt dazu für mich jedenfalls
keine erkennbare Alternative.
Foto: Picture-Alliance
elde: In der Ukraine lässt sich beobachten, wie Russland Grenzen zwischen Konfliktformen, Akteuren und
Ländern verwischt. Sehen Sie darin
eine neue Qualität der Bedrohung?
Botschafter Wolfgang Ischinger
Interview
Wir stellen fest, dass auch heute rund
um den Donezker Flughafen und an
anderen Stellen, in der Nähe von Mariupol, immer noch geschossen wird.
Auf der anderen Seite findet der Abzug schwerer Waffen statt. Zwar noch
nicht in dem Maße, in dem das für die
OSZE alles umfassend nachprüfbar
wäre, aber immerhin sind wir schon
einen erheblichen Schritt nach vorne
gekommen. In den letzten Tagen ist beschlossen worden, die Größe der OSZEBeobachtermission von bisher einigen
wenigen Hundert auf bis zu 1 000 aufzustocken. Damit kann man doch sehr
viel mehr erreichen als mit der unzureichend ausgerüsteten und nur aus
einigen wenigen Beobachtertrupps bestehenden Special Monitoring Mission,
die sozusagen über Nacht im vergangenen Frühjahr aus dem Boden gestampft
werden musste. Also ich denke, hier
gibt es schon eine begründete Hoffnung darauf, dass die OSZE ihrer Verifizierungs- und Beobachtungsaufgabe
zunehmend nachkommen kann und
dass zumindest der militärische Teil
von Minsk II tatsächlich greift.
Die große Frage, die sich für mich stellt,
ist, ob sich auch der politische Teil von
Minsk, damit sprechen wir unter anderem von der Verfassungsreform und
Autonomie für die Separatistengebiete,
ob dieser politische Teil umsetzbar ist
und durch das ukrainische Parlament
gebracht werden kann. Das ist aber ein
Thema, das uns nicht jetzt im Frühjahr
2015 beschäftigen muss, sondern eher
im weiteren Verlauf oder gegen Ende
des Jahres. Hier sehe ich große weitere
Hürden, die auf die an der Konfliktlösung beteiligten Parteien zukommen.
Trotz der enormen Anstrengungen,
die insbesondere auch von der Bundesregierung unternommen wurden,
ist Minsk II in seinem politischen und
militärischen Teil noch lange nicht in
trockenen Tüchern, auch wenn es bei
Letzterem durchaus Fortschritte in den
letzten Tagen und Wochen gegeben hat.
elde: Anfang des letzten Jahres haben Äußerungen von Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen
und Bundespräsident Joachim Gauck
eine Debatte um mehr Verantwortung
Deutschlands angestoßen. Wo sehen
Sie unser Land?
Ich glaube, dass die Formulierung mehr
Verantwortung eher an das Ende der
Diskussion gehört als an den Anfang.
Ich denke, es geht zunächst einmal um
die Frage, wie definieren wir die deutschen sicherheitspolitischen Interessen
im Verbund der EU- und NATO-Partner.
Was muss geschehen, um die Sicherheit
Deutschlands und der Europäischen
Union dauerhaft und stabil zu sichern?
Dass es hier eine Erwartungshaltung
unserer Partner – und zwar nicht nur auf
EU- und NATO-Ebene – sondern auch
von außerhalb der Bündnisse an die
Bundesrepublik Deutschland gibt, mehr
zu tun als in der Vergangenheit, sich etwas zu lösen von dem lieb gewonnenen
Satz der Kultur der Zurückhaltung, das
ist Faktum. Das hat nicht zuletzt damit
zu tun, dass durch die Eurokrise der
letzten sechs Jahre das wirtschaftliche
Gewicht der Bundesrepublik Deutschland im Verbund der EU-Partner natürlich deutlich gewachsen ist. Alles schaut
nach Berlin, wenn es um die Frage der
nächsten Schritte in Sachen Griechenland, in Sachen Eurozone geht. Dieses
gewachsene Gewicht und die Erwartungen übertragen sich natürlich auch auf
die Sicherheitspolitik. Ich denke, das ist
nicht überraschend und ich halte es für
richtig und wichtig, dass nicht nur vom
Bundespräsidenten selbst, sondern auch
von der Bundesregierung dieser Punkt
aufgenommen worden ist. Wir sollten
ihn aber allerdings nicht so interpretieren, als ob es hier nur um militärisches
Handeln gehen würde. Ich denke, das
Engagement der Bundesregierung z. B.
in der Ukraine-Krise ist ja nun gerade
eben nicht ein militärisches Engagement. Wir haben dort keinen einzigen
Bundeswehrsoldaten in einen bewaffneten Konfl ikt geschickt, sondern wir
versuchen, mit dem klassischen diplomatischen Instrumentarium zu einer
Konfl iktlösung beizutragen. Dass die
Bundesregierung hier eine herausgehobene Mitführungsrolle übernimmt, halte ich für richtig, das entspricht so auch
Interview
11
„Jeder europäische Kleinstaat unterhält seine eigene Generalstabsakademie, jeder
bestellt seine eigene Munition und seine eigenen Hubschrauber. Das macht alles
keinen Sinn mehr, das kann alles sehr viel effizienter geschehen.“ Wolfgang Ischinger
von den von außen an uns herangetragenen Erwartungen.
Ich glaube, dass es sehr wichtig ist,
auch im Verhältnis der Bundesrepublik
Deutschland zu unseren engsten Partnern, dass alles, was hier von Deutschland unternommen wird, so präsentiert
und angelegt wird, dass erkennbar ist,
dass es hier nicht um eine neue Größe
der Bundesrepublik Deutschland geht,
sondern um die Leistung eines größeren Beitrags, die Europäische Union
als glaubwürdigen und handlungskräftigen Akteur auf der globalen Bühne
zu stärken. Es geht also nicht um eine
Wiedererstarkung sozusagen eines
Bismarck’schen Deutschlands, das wäre
der ganz falsche Weg, sondern es geht
darum, durch ein proaktives deutsches
Engagement in außen- und sicherheitspolitischen Fragen die Europäische Union voranzutreiben. Wenn das immer
deutlich ist, dann werden unsere Partner das nicht nur mittragen, sondern
ohne Eifersüchteleien auch begrüßen.
elde: Es geht allerdings auch um militärisches Engagement. Der Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages, Helmut Königshaus, attestiert
der Bundeswehr, sie sei an der Grenze
der Leistungsfähigkeit. Von den Problemen bei Rüstungsprojekten ganz zu
schweigen. Wie passt das zusammen?
Es passt nicht sonderlich gut zusammen.
Deswegen ist es ja auch richtig, dass
sich im Deutschen Bundestag allmählich ein Konsens zu entwickeln scheint,
die Verteidigungsausgaben anzuheben.
Wir laufen zurzeit, nachdem wir uns
im Prinzip mit den anderen NATO-Partnern verpfl ichtet haben, in Richtung des
Zweiprozentziels zu arbeiten, jedoch
eher in Richtung des Einprozentziels.
Rüstungsprojekte brauchen lange Vorlaufzeiten, das ist bekannt, hier geht
es also um ein langfristiges Programm
der Gesundung und Rehabilitierung
der deutschen Verteidigungsausgaben. Ich denke, die Bundeswehr ist
hier auf einem richtigen Kurs, wenn
es gelingt, nicht nur im Sinne einer
Eintagsfl iege im Jahr 2016 den Wehr-
D1
etat zu erhöhen, sondern diesen zu einer allmählichen Bewegung in Richtung
des Zweiprozentziels zu führen. Dann
liegen wir richtig.
elde: Eine europäische Rüstung oder
gar Armee könnte eine Lösung sein.
Wie stehen Sie zu dieser Idee?
Ich habe mich selbst in meiner Rolle
als Vorsitzender der Münchner Sicherheitskonferenz in den letzten Jahren
wacker für diese Vision ausgesprochen,
wissend, dass es bei der Umsetzung einer solchen Vision natürlich enorme
verfassungspolitische und -rechtliche
Probleme gibt. Aber es ist richtig, dass
man ein langfristiges Ziel zumindest
beschreibt. Jetzt erscheint es mir wichtig zu sein, dass man zwischen diesem
Langfristziel, dem Generationenprojekt
eine europäische Armee zu konzipieren,
und der Lage heute einige Wegmarken
hin zu einer europäischen Armee beschreibt. Da sind Stichworte wichtig
wie Pooling und Sharing, mit anderen
Worten die Frage der Synergiegewinnung bei Beschaffung, bei Rüstung, bei
Ausbildung und bei Training. Wir haben bei Lichte betrachtet unter den 28
Mitgliedstaaten der Europäischen Union noch nicht einmal im Ansatz den
Versuch unternommen, das Prinzip
der Integration auch einmal in den Bereich der Verteidigung hineinzutragen.
Es ist wichtig, dass wir unsere Verteidigungsgelder, unsere Verteidigungseuros effizienter ausgeben. Hier gibt es
viel zu viel Dopplung, jeder europäische
Kleinstaat unterhält seine eigene Generalstabsakademie, jeder bestellt seine eigene Munition und seine eigenen
Hubschrauber. Das macht alles keinen
Sinn mehr, das kann alles sehr viel effizienter geschehen. Hier ist es aus meiner Sicht wichtig für die nächsten drei,
fünf, sieben, zehn Jahre Zwischenziele
zu beschreiben. Die können darin bestehen, dass man bilaterale Vereinbarungen trifft, zwischen Deutschland
und Frankreich, zwischen Deutschland
und Polen, in den Bereichen Rüstung,
Beschaffung, Ausbildung, Training und
so weiter. Das kann alles stattfinden,
ohne dass das Bundesverfassungsgericht damit befasst werden muss. Das
Interview
würde uns zumindest den Weg freimachen, alle 28 zusammen Geld zu sparen,
Kampfkraft zu erhöhen und unseren
Bürgern zu zeigen, dass es tatsächlich
Möglichkeiten gibt, ausnahmsweise in
einem Bereich gemeinsamen Handelns
der Europäischen Union nicht immer
nur mehr Geld auszugeben, sondern
durch vernünftige gemeinsame Planung
mit demselben Geld, das wir bisher ausgeben, mehr zu leisten oder sogar das
gleiche wie bisher zu leisten, obwohl
wir sogar noch weniger ausgeben. Also
ich denke das ist durchaus auch politisch ein attraktives Programm, wenn
es denn mit Elan und Entschlossenheit
angepackt würde.
elde: Es gibt viele weitere Konflikte: IS
in Syrien und im Irak, Boko Haram in
Nigeria und der Krieg im Jemen. Ist die
westliche Wertegemeinschaft nicht eigentlich mit dieser Vielzahl an unterschiedlichen Konflikten überfordert?
Wir sind massiv gefordert. Ich würde
aber sagen, wenn man von Überforderung spricht, dann gilt das für die gesamte internationale Gemeinschaft.
Dann gilt das für den gesamten Sicherheitsrat der Vereinten Nationen, dann
gilt es für alle G20-Mitgliedstaaten,
alle G7 oder G8 Mitgliedstaaten. Denn
bei Lichte betrachtet ist es ja nicht so,
dass solche Phänomene wie Boko Haram oder der Islamische Staat nur die
Werte des liberalen westlichen Models
bedrohen. Sie sind auch enorme Gefährdungen für andere, denken Sie an
die Interessen der Russischen Föderation. Insoweit gibt es hier – und das
ist ja eine gewisse Hoffnung – gewisse
Schnittlinien unserer Interessen. Es ist
nicht so, dass hier nur der Westen gefragt ist, sondern hier sind China, Russland und der gesamte Sicherheitsrat gefragt. Da liegt auch die Chance, wieder
Brücken zu finden zu gemeinsamem
Handeln, da müssen wir wieder hinkommen. Die Interessenidentität, die
Interessenparallelität sind gerade bei
der Terrorbekämpfung, bei der Piraterie
und so weiter ganz eklatant sichtbar.
Die Fragen stellte Nils Droste.
SCHEINSICHERHEIT
REDUZIERT
DIE FREIHEIT ALLER
Abb.: shutterstock.com/ © Actor; © Zerbor; © Tarchyshnik Andrei
www.fdp.de
kleinen Mann wird von nun an das
Recht auf Privatsphäre eingeschränkt,
nkt,
falls es „dem Staat“ zu einem höheren
ren
Zweck (!) dient.
Es war von vornherein nicht zu erwarten, dass die Große Koalition das Thema „Bürgerrechte“ zu ihrem Herzensanliegen machen würde. Zugegeben,
die SPD spielte im Bundestagswahlkampf 2013 zwar groß auf, als es darum ging, den Whistleblower Snowden
öffentlichkeitswirksam zu verteidigen
und die NSA-Machenschaften der USA
zu verdammen. Die Kanzlerin sei gefragt, so hieß es, um Washington die
unmissverständliche Ablehnung diverser Schnüffeleien ins Stammbuch zu
schreiben. Einiges, was die Sozialdemokraten in diesem Zusammenhang hervorgebracht haben, hatte fraglos seine
bürgerrechtliche Berechtigung. Als es
aber darum ging, ihr lautes Getöse in
konkrete politische Handlungsanleitungen umzuwandeln, blieb die SPD bedauerlicherweise seltsam still.
Besonders in der Diskussion über die
leidige VDS wird stets das falsche Argument hervorgebracht, das als unverhandelbar verstanden wird: Schutz vor
Terrorismus. Hier spielt es auch keine
Rolle, dass dieses Instrument beispielsweise in Frankreich, das die VDS seit
2006 anwendet, bei dem grausamen
Attentat auf „Charlie Hebdo“ vollkommen wirkungslos geblieben ist. Als
besonders dreist kann man in diesem
Zusammenhang nur die Äußerungen
des SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel
bezeichnen, der eine Einführung der
VDS deshalb begrüßte, weil sie beim
Anschlag im norwegischen Utøya im
Sommer 2011 geholfen habe, den Täter
schnell zu identifizieren. In Norwegen
war die VDS zu diesem Zeitpunkt zwar
beschlossen, wurde aber bis Ende 2014
nicht angewandt.
Fast schon bedrückend inhaltsleer
(und deshalb weit interpretierbar) formulierten die Großkoalitionäre nach
der Bundestagswahl die eine oder andere Passage im Koalitionsvertrag zu
den bürgerlichen Freiheiten. Eine Kostprobe: „Das Recht auf Privatsphäre (…)
ist an die Bedürfnisse des digitalen
Zeitalters anzupassen.“ Mittlerweile
wissen wir, dass die Vorratsdatenspeicherung (VDS) nach einigem Hin und
Her der SPD wiederkommt. Für den
Klar ist, dass mit der VDS eine Scheinsicherheit suggeriert wird, die eines aber
ganz sicher bewirkt: die Einschränkung
der individuellen Freiheit.
Das Bundesverfassungsgericht hat im
März 2010 zum Vorratsdatenurteil folgenden wichtigen Satz formuliert: Befugnisse der Sicherheitsdienste „zur
Verwendung der vorsorglich flächendeckend gespeicherten Telekommunikationsverkehrsdaten befördern (…)
das Gefühl
Beühl des unkontrollierbaren
e
erba
obachtetwerdens
in besonderer
obachtetwe
derer Weise
d
und entfalt
entfalten nachhaltige Einschüch
Einschüchterungseffekte auf die Freiheitswahrnehmung.“
Auf Bedrohung wird in großkoalitionären Zeiten mit gesetzlichen Freiheitseinschränkungen reagiert und
nicht – wie es richtig wäre – mit mehr
Personal. Denn schon jetzt kommen
die Sicherheitsbehörden an die Kapazitätsgrenzen. Es ist vollkommen
inakzeptabel, wenn der Präsident des
Bundesamtes für Verfassungsschutz,
Hans-Georg Maaßen, erklären muss,
die Überwachung der steigenden Zahl
der aus dem Ausland kommenden
Dschihadisten könne aus personellen
Gründen nicht mehr lückenlos gewährleistet werden.
Schon jetzt mangelt es uns nicht an Informationen, es mangelt vielmehr an
Personal, das die Informationen verwerten kann. Die Staatsgläubigkeit der
GroKo führt am Ende zwar nicht zu
mehr Sicherheit für alle, sie reduziert
aber die Freiheit aller.
Wolfgang Kubicki,
stellvertretender
Bundesvorsitzender
der FDP
Bürgerrechte
D2
Meldungen vom
#
DATENSCHUTZ
www.fdp.de
Die digitale Entwicklung übertrifft
in Auswirkungen und Geschwindigkeit alle bisher dagewesenen. Sie ist
im wahrsten Sinne des Wortes revolutionär und verändert unsere Lebensgestaltung, Arbeitswelt und die
gesamten
wirtschaftlichen
Wertschöpfungsketten. Neue Geschäftsmodelle, veränderte Arbeitsplätze, aber
auch Bürokratieabbau und Serviceorientierung staatlicher Stellen schaffen
Möglichkeiten für eine moderne Gesellschaft mit mehr Freiräumen.
Den digitalen Fortschritt in den Dienst
der Freiheit des Einzelnen zu stellen,
ist in manchen Ländern bereits gelungen. Deutschland hinkt jedoch deutlich hinterher und läuft Gefahr, die
Zukunft zu verschlafen.
Die Digitalisierung hat aber auch Auswirkungen auf unsere Privatsphäre
und unsere Sicherheit: Die Sammlung
und Verfügbarkeit von immer mehr
Daten kann uns gläsern und sogar angreifbar machen. Dies betrifft den einzelnen Bürger, große wie kleine Unternehmen und Staaten gleichermaßen,
wie uns die NSA-Affäre vor Augen geführt hat.
Die Herausforderung der Zukunft
heißt, die Chancen der Digitalisierung
zu nutzen und dabei die Risiken für
D3
21
Datenschutz und Urheberrecht nicht
aus dem Blick zu verlieren. Wir müssen lernen, nicht nur die Weiterentwicklung des technisch Möglichen und
mehr Nutzerfreundlichkeit als Erfolg
zu begreifen, sondern ebenso Fortschritte bei der Sicherheit von Erfassung, Nutzung und Verarbeitung von
Daten. Die Digitalisierung ist auch eine
der größten Herausforderungen für
das Eigentumsrecht, der Basis unserer
Wirtschafts- und Sozialordnung. Netzfreiheit darf daher nicht zur Rechtsfreiheit führen.
Für die Freien Demokraten gilt der
Grundsatz, dass die Daten Eigentum des Bürgers sind. Der Staat hat
zu gewährleisten, dass jeder Bürger
den technischen Fortschritt einer
zunehmend digitalisierten Welt für
sich nutzen kann und gleichzeitig vor
Missbrauch bestmöglich geschützt ist.
Grundsätzlich sollte nur der Bürger die
Entscheidungsgewalt haben, wer in
welchem Umfang, für welchen Zweck
und für welchen Zeitraum auf seine
Daten zugreifen darf. Zur Gewährleistung dieser informationellen Selbstbestimmung ist es unabdingbar, dem
Einzelnen auch die Möglichkeit einzuräumen, die Kontrolle über sein Dateneigentum effektiv auszuüben. Das
bedeutet, dass der Einzelne jederzeit
kontrollieren können muss, wer auf
seine Daten zugreift und dass Missbrauch konsequent geahndet wird.
Datenschutz #21 muss daher das bis-
Digitalisierung
Abb.: istockphoto.com/ © Danil Melekhin
DIGITALE ENTWICKLUNG :
+++ Dobrindt-Maut ist überflüssig +++
herige System um 180 Grad drehen:
Der Bürger soll nicht bei einer schier
unübersehbaren Vielzahl von Stellen
Auskunft darüber verlangen müssen,
was mit seinen Daten geschehen ist
oder geschieht, sondern er ist es, der
öffentlichen oder privaten Stellen die
Genehmigung zur Nutzung seiner Daten erteilt. Dies wird möglich durch
einen zentralen hochgesicherten Speicherort, wie er z. B. in Estland geschaffen wurde, für den jeder Bürger über
ein qualifiziertes und differenziertes
Berechtigungssystem Nutzungsrechte
einräumen, entziehen und wirkungsvoll kontrollieren kann.
Neben den technischen Voraussetzungen brauchen wir daher schnellstens
eine Politik, die die notwendigen Weichenstellungen vornimmt, damit wir
den digitalen Fortschritt so nutzbar
machen, dass jeder an der Entwicklung
teilhaben kann und gleichzeitig effektiv vor Missbrauch geschützt wird. Die
digitale Entwicklung darf die persönliche Freiheit des Einzelnen nicht einschränken; sie muss im Gegenteil der
Freiheit des Einzelnen dienen.
Nach monatelanger öffentlicher Diskussion hat der Bundestag die PkwMaut beschlossen. Christian Dürr,
Sprecher der FDP-Fraktionsvorsitzendenkonferenz, ahnt Böses: „Die Dobrindt-Maut ist wahrscheinlich nicht
mit Europarecht zu vereinbaren.“
Christian Lindner fasst zusammen:
„Die Rache-Maut ist wirkungslos, ineffizient und anti-europäisch.“
+++ Mindestlohn: Bürokratiemonster
entschärfen +++
FDP-Chef Christian Lindner hat mit
Blick auf den Mindestlohn „ein klares
Signal für wirtschaftliche Freiheit“
angemahnt. Das Bürokratiemonster
Mindestlohn müsse zumindest entschärft werden. FDP-Generalsekretärin Nicola Beer warnt: „Wenn die Betriebe über Belastungen klagen, sollte
die SPD dies ernst nehmen.“
+++ Frauen-Quote: FDP will
Leistungsgerechtigkeit +++
Lange wurde gestritten, im März hat
der Bundestag die Frauenquote für
Aufsichtsräte beschlossen. Der Wirbel um Ampelmännchen, Unisex-Toiletten und Frauenquote geht an den
echten Problemen gesellschaftlicher
Diskriminierung vorbei, findet FDPVize Wolfgang Kubicki. Er macht sich
für Leistungsgerechtigkeit statt blinder Genderförderung stark.
ker Wissing ist die Diskussion „ein
Armutszeugnis für die handelnden politischen Akteure“. FDP-Chef
Christian Lindner fordert: „Wenn
der Solidarpakt endet, muss auch
der Soli auslaufen. Jetzt heißt es:
Wort halten, Soli abschaffen!“
samkeit. Er fordert einen klaren Bürokratiestopp: „Was wir wirklich brauchen, ist ein lösungsorientierter und
unkomplizierter Staat, der Chancen
schafft.“
+++ Erbschaftsteuer: Die getarnte
Vermögensteuer +++
+++ Vorratsdatenspeicherung:
FDP fordert Entschuldigung +++
Die Debatte über die Vorratsdatenspeicherung geht munter weiter. VizeKanzler Gabriel behauptet gar, die FDP
sei für das 2010 für verfassungswidrig
erklärte Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung verantwortlich. Eine Unverschämtheit, finden die Freien Demokraten: „Wenn der Vizekanzler Sigmar
Gabriel seinem Land einreden möchte, dass Union und FDP ihn quasi zur
Vorratsdatenspeicherung genötigt haben, frage ich mich, was er geraucht
hat“, so FDP-Vize Wolfgang Kubicki.
+++ Bürokratiestopp statt
Bürokratiebremse +++
Mit der Bürokratiebremse bekämpfe
die Große Koalition ein Problem, das
sie selbst geschaffen habe, kritisiert
FDP-Chef Christian Lindner. FDPPräsidiumsmitglied Michael Theurer
hat erhebliche Zweifel an der Wirk-
Finanzminister
Schäuble
schlägt
drastische Erhöhungen bei der Erbschaftsteuer vor. Die Erbschaftsteuer soll mit einer Versteuerung der
Privatvermögen verbunden werden.
Schäuble schafft somit eine „getarnte
Vermögensteuer“, erklärt FDP-Schatzmeister Hermann Otto Solms und fordert eine Reinvestitionsklausel, „um
gegebenenfalls Mehrbelastungen für
Familienunternehmen abzufedern“.
+++ Schwere Kritik an
Blockupy-Protest +++
Die schweren Blockupy-Krawalle am
Rande der EZB-Eröffnung in Frankfurt
sorgten bei der FDP für heftige Kritik: „Die Blockupy-Veranstalter sind
Wölfe im Schafspelz. Für schiere Zerstörungswut gibt es keine Rechtfertigung. Statt das Demonstrationsrecht
zu missbrauchen, sollte sich Blockupy
auflösen“, forderte FDP-Generalsekretärin Nicola Beer.
Abb.: fotolia.com/ © Givaga
www.liberale.de
+++ Solidaritätszuschlag: Sofort
mit Abbau beginnen +++
Nicola Beer,
Generalsekretärin
der FDP
Die Bundesländer pochen weiter auf
eine Beteiligung an den Milliardeneinnahmen aus dem Solidaritätszuschlag. Für FDP-Finanzpolitiker Vol-
Ticker
12
CHANCEN
ZUFLUCHT
IN DEUTSCHLAND
ERGREIFEN –
FDP-FRAKTIONEN: VERPFLICHTUNG UND CHANCE
EIN KLARES JA
A ZU TTIP
www.fdp-fraktionen.de
Abb.: shutterstock.com/ © Arthimedes
Seit dem Zweiten Weltkrieg suchten
noch nie so viele Menschen Schutz
vor Krieg und Verfolgung: Über 50
Millionen waren im Jahr 2014 weltweit auf der Flucht. Mehr als 200.000
davon stellten einen Asylantrag in
Deutschland. Für das laufende Jahr
rechnet das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit rund 300.000
Flüchtlingen – nicht ausgeschlossen,
dass die Zahlen weiter steigen.
Für die FDP-Fraktionen ist es höchste Zeit zum Handeln. Gemeinsam arbeiten sie an einem grundlegenden
Reformentwurf für die deutsche Einwanderungs- und Flüchtlingspolitik.
„Wir brauchen kein Klein-Klein, wir
brauchen eine echte Neuordnung“,
erklärt ihr Sprecher Christian Dürr.
Das Konzept soll konkrete Pläne für
den Einstieg in ein Punktesystem
umfassen, das die Einwanderung
nach Kriterien, wie Bildung, Alter und
Fachkräftebedarf, steuert. Im Bereich
Asyl sind zahlreiche Reformen geplant: schnellere Verfahren, frühzeitige Sprach- und Bildungsangebote
sowie die komplette Abschaffung von
Arbeitsverboten.
Künftig soll auch ein Wechsel vom
Asyl- in das Einwanderungssystem möglich sein. „Wir wollen beide
Rechtskreise nicht vermischen, aber
wir wollen Brücken schlagen“, so Dürr.
Wer als Flüchtling nach Deutschland komme, erfülle vielleicht auch
die Einwanderungsvoraussetzungen.
„Mir erzählen jeden Tag Handwerksmeister, dass sie Hände ringend auf
der Suche nach Fachkräften sind.
Warum sollten wir da nicht gutqualifizierten
und
integrationswilligen Flüchtlinge anbieten, dauerhaft
bei uns zu bleiben?“ Die Fraktionen
schlagen deshalb vor, die Erstaufnahme mit einer standardisierten Qualifikationsabfrage zu verbinden.
Generell sollen Flüchtlinge schnell
Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt
bekommen. Dazu sollen Vorrangprüfung und Arbeitsverbote fallen. „Die
Flüchtlinge, die zu uns kommen, wollen kein geschenktes Geld, sondern
eine Chance auf ein neues Leben“,
stellt Dürr klar. „Wir müssen ihnen
die Steine aus dem Weg räumen, damit sie selbst für ihren Lebensunterhalt sorgen können.“ Zudem sollen
die Kommunen finanziell besser unterstützt werden, insbesondere um
Flüchtlinge menschenwürdig unterzubringen. Auf europäischer Ebene
wird eine faire Verteilung der Flüchtlinge gefordert.
Das Positionspapier der FDP-Fraktionen soll u.a. folgende Forderungen enthalten:
»
»
»
Verkürzung des Asylverfahrens auf drei Monate
ab Antragstellung
Sprachkurse flächendeckend und von Beginn an
Bessere Bildungsangebote gerade für junge Flüchtlinge
und Abschiebeverbot während der Ausbildung
»
»
»
Komplettabschaffung bestehender Arbeits-
www.freiheit.org
73 Prozent der Polen sind dafür, 71 Prozent der Dänen, 65 Prozent der Briten,
63 Prozent der Spanier und selbst 50
Prozent der Franzosen. Doch in der Exportnation Deutschland, in der jeder
vierte Arbeitsplatz vom Außenhandel
abhängt, liegen die Befürworter einer
Transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP) laut Eurobarometer vom Herbst 2014 mit 39 Prozent knapp hinter den TTIP-Gegnern
(41 Prozent). Von den übrigen 27 EUStaaten sind nur die Österreicher und
Luxemburger ähnlich skeptisch wie die
Deutschen. Bei der oftmals rein emotional geführten Diskussion geraten die
Vorteile eines solchen Abkommens leider immer mehr in den Hintergrund.
Eigentlich müssten gerade die Deutschen ein Interesse an erleichterten
Handelsbeziehungen mit den USA haben: Die USA sind größter Abnehmer
deutscher Exporte außerhalb der EU,
Deutschland ist der wichtigste Handelspartner der USA in Europa. Auf beiden Seiten des Atlantiks gibt es hohe
Produkt- und Servicestandards. Unternehmerischer Erfolg basiert in Europa
wie in den USA auf dem Vertrauen der
Kunden in die Qualität der angebotenen Produkte. Warum also sollte man
aber, wie bisher, Medikamente zweimal langwierigen Zulassungsverfahren unterziehen? Warum sollte man
bestehende Standards nicht wechselseitig anerkennen und künftige aufei-
verbote für Flüchtlinge
Dezentrale Unterbringung durch mehr Spielraum und Hilfe für die Kommunen
Einwanderungsperspektive für gutqualifizierte
und integrationswillige Flüchtlinge
Das Positionspapier finden Sie nach Verabschiedung unter www.fdp-fraktionen.de.
13 Fraktionsvorsitzendenkonferenz
Thomas Hahn
Abb.: shutterstock.com/ © Alexander A. Sobolev; © Olga Altunina
Die Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit will in der entscheidenden
Phase der TTIP-Verhandlungen eine sachliche Argumentation fördern und sich
dabei auch der Klärung noch offener Fragen widmen. Auf unserer Themenseite www.freiheit.org/freihandel finden Sie ab dem 18. April Fakten, Argumente sowie eine Übersicht, wo und wann wir zu Diskussionsveranstaltungen in
Deutschland und im Ausland einladen, damit Sie sich vor Ort informieren und
Ihre Meinung einbringen können.
nander abstimmen? Deutschland war
Vorreiter beim Investorenschutz, um
deutsche Unternehmen vor Diskriminierung und Enteignung durch fremde Regierungen zu schützen. Soll dies
nicht mehr gelten?
Die sehr laute und mitunter auch falsche TTIP-Kritik entspringt nicht selten Globalisierungsängsten und AntiAmerikanismus. Eines ist dabei sicher:
Die Globalisierung schreitet auch ohne
das TTIP-Abkommen voran, dann aber
vielleicht an Europa vorbei. Heute ist
Europa noch ein Wirtschaftszentrum,
aber schon lange kein Wachstumsmotor mehr. Durch TTIP werden neue
Wachstumsimpulse entstehen. Wollen
wir Europäer gemeinsam mit unserem transatlantischen Partner positive Spielregeln im Welthandel weiter
mitbestimmen oder überlassen wir
das Feld neuen Wirtschaftsriesen, allen voran China? Gerade den größeren
geostrategischen Rahmen dieses Abkommens sollten wir erkennen und ein
klares JA zu TTIP sagen.
Hans H. Stein
Regionalbüroleiter Europäischer und
transatlantischer Dialog, Brüssel
Stiftung für die Freiheit
14
Stefan Ruppert in Hessen
wiedergewählt
Foto: Picture-Alliance
Glückwünsche für Stefan Ruppert von FDP-Generalsekretärin Nicola Beer
Stefan Ruppert wurde mit 97,9 Prozent
als Landeschef der Freien Demokraten
Hessen bestätigt. Zu seinen Stellvertretern wurden Lasse Becker und Moritz
Promny gewählt. Matthias Büger ist
neuer Schatzmeister. Zudem diskutierten die Delegierten auf dem Landes-
parteitag in Wetzlar über die Krawalle bei der Blockupy-Demonstration in
Frankfurt. „Da haben mehrere Tausend
Menschen unsere Freiheit angegriffen“,
stellte Ruppert klar. Es dürfe keine Toleranz für Feinde der freiheitlich demokratischen Grundordnung geben.
Mut für die Wahlen in Thüringen
Als „eine große Luftnummer“ bezeichnete Landeschefin Franka Hitzing die
Politik der rot-rot-grünen Koalition auf
dem Landesparteitag der FDP Thüringen. Stillstand sei Programm, Investitionen lägen auf Eis und die Kommunen
seinen deshalb momentan nicht handlungsfähig. Generalsekretärin Nicola Beer
machte den Delegierten in ihrer Rede
Mut für die anstehenden Wahlen in
Bremen und in Nordhausen.
An der Spitze bleibt Holger Zastrow
Die FDP Sachsen hat auf ihrem Landesparteitag in Hartha eine neue Führung
gewählt. An der Spitze des Landesverbandes bleibt Holger Zastrow. Zu stellvertretenden Vorsitzenden wurden
Anja Jonas, Robert Malorny und René
Hobusch gewählt. Neuer Schatzmeister ist Roland Werner. Außerdem verabschiedeten die Delegierten einen
Antrag zur Asyl-, Flüchtlings- sowie
Einwanderungspolitik.
15
Partei
Ich freue mich, dass die FDP in den
Landtagsfraktionen gemeinsam gegen die völlige Fehlentscheidung einer
Pkw-Maut vorgeht. Argumente gibt es
viele – von der sich ständig ändernden
Finanzlage bis zu den Begehrlichkeiten der Datennutzung. Nur geschlossen und mit einem klaren Forderungskatalog haben wir eine Chance, das
noch zu verhindern.
Die Freien Demokraten
Niedersachsen setzen
sich für einen
Schulfrieden
ein. Bei ihrem
Landesparteitag
mahnte Landeschef Stefan Birkner: „Wir müssen
endlich Ruhe in Stefan Birkner
die Schule kriegen und nicht
ständig neue Debatten um die Schulstruktur führen.“ Gastredner Christian Lindner rief dazu auf, jede Wahl als
Herausforderung für die Gesamtpartei
zu begreifen.
Manfred Karallow, Dessau
Das schon tot geglaubte Thema Vorratsdatenspeicherung ist wieder da.
Auch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes reicht in Deutschland
nicht mehr aus, um die Gier nach Daten zu stoppen. Kaum ist die FDP nicht
mehr im Bundestag, schon kommen
Forderungen von allen Seiten. Es wird
immer deutlicher, dass ohne die Liberalen viele Baustellen wieder geöffnet
werden. Stopp der Datensammelwut,
Axel Graf Bülow
bleibt Landeschef
In Brandenburg
wurde Axel Graf
Bülow als Landesvorsitzender
wiedergewählt.
In seiner Antrittsrede betonte Bülow, dass die FDP
in Brandenburg
sich wieder mehr
Gehör als Partei Axel Graf Bülow
der Bürgerrechte
verschaffen müsse. Zu seinen Stellvertretern wurden Hans-Peter Goetz, Linda Teuteberg und Martin Neumann gewählt. Erstmals seit fünf Jahren haben
die Freien Demokraten auch wieder einen Generalsekretär: Christian Erhardt.
Florian Bauer gewinnt
Bürgermeisterwahl
Florian Bauer ist neuer Bürgermeister
in St. Johann. Im zweiten Wahlgang
machte der Baden-Württemberger das
Rennen. Die Beweggründe seiner Kandidatur: „Frischer Wind im Rathaus,
Förderung des Bürgerengagements,
bewahren, was geschaffen wurde und
Mut für neue Ideen.“
Holger Zastrow
Leserbriefe
FDP für Schulfrieden
in Niedersachsen
für die es kein vernünftiges Argument gibt. Gerade wir sollten unsere
Stimme auf allen Ebenen erheben.
Die Menschen werden es hören, auch
wenn wir noch nicht wieder im Bundestag sitzen.
Carla Wegener, Berlin
Hervorragend! Weiter so! Vielleicht
etwas mehr „Lautsprecher“. Ich stelle mir vor, so wie damals „Schnauze
Schmidt“, aus dem ist viel geworden.
Dieter Heimig, E-Mail
Was der Mindestlohn für Unternehmer bedeutet, kann nur beurteilen,
wer selbst davon betroffen ist. Es geht
nicht nur um das Bürokratie-Monster
mit den 60 Buchstaben, wie Sie richtig beurteilen, sondern vor allem um
den zusätzlichen Aufwand, den jeder
Anzeige
Unser Maßstab:
PFLEGEBERATUNG
ZU HAUSE
Um Pflegebedürftige bestmöglich beraten zu können, müssen wir ihr Umfeld kennen.
Deswegen besuchen wir sie in ihren eigenen vier Wänden. Sie müssen nirgendwohin, unsere
Berater kommen zu ihnen. Damit setzen wir Maßstäbe. Und machen Pflege für alle besser.
www.pkv.de
Unternehmer stemmen muss. Die FDP
muss standhaft bleiben.
Thomas Härtling, Stuttgart
Mit großem Interesse habe ich mir die
erste neue elde in diesem Jahr angeschaut und gratuliere Ihnen zu dieser
neuen Ausgabe, die mir gut gefällt!
Marion Oberesch, Hanau
Die ersten Ergebnisse einer Umfrage
zur Parteientwicklung waren für mich
sehr spannend. Gern würde ich noch
mehr darüber erfahren. Bitte nutzen
Sie die kommenden Ausgaben der
elde dazu, uns an dem interessanten
Meinungsbild ausführlich teilhaben
zu lassen.
Manfred Waldmann, München