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Spaziergang zu Orten der
Zerstörung 1945 - mit Berichten von Zeitzeugen
FERNDORFER FRIEDENSGANG
18. März 2015
17.30 Uhr: Treffpunkt Gemeindehaus
18.30 Uhr: Andacht in der Kirche mit Posaunenchor
Oben: Blick von der Langenauer Brücke auf die Zerstörungen im Verschiebebahnhof durch die Lu angriffe im Februar/März 1945 [Foto: US-Armee, Na onal Archives
Washington] / Unten: Aufräumarbeiten beim Kreuztaler Bahnhof nach dem Bombenangriff am 22. Februar 1945 - vorne das zerbombte Bahnhofsgebäude, dahinter
zerstörte Gleisanlagen und Loks auf der eins gen Drehscheibe vor dem Lokschuppen.
Ferndorfer Friedensgang
Am 18. März 2015 um 17.30 Uhr
Treffpunkt ist vor dem Gemeindehaus Ferndorf
Seit 70 Jahren leben wir in Deutschland ohne Krieg und sind sehr dankbar dafür. In vielen Ländern der Welt jedoch wüten grausame Kämpfe.
Die Alten erinnern sich, dass der Krieg auch bei uns war. Bei einem Lu angriff am 18. März 1945 fielen gegen 15.30 Uhr zahlreiche Bomben auf
Ferndorf und viele Menschen starben. Der Angriff ha e eigentlich dem
Kreuztaler Rangierbahnhof gegolten, doch die US-amerikanischen Flugzeuge klinkten ihre Bombenfracht zu früh aus. Eine Spur der Verwüstung
zog sich von der Dorfmi e bis in den Wald hinter der Mühle.
Um der Toten zu gedenken und gleichzei g zum Frieden zu mahnen,
laden der Verein zur Pflege der Dorfgemeinscha und die ev. Kirchengemeinde zu einem einstündigen Friedensgang durch die Dorfmi e ein. In
kleinen Etappen geht es zu Orten, an denen Häuser zerstört wurden und
ihre Bewohner den Tod fanden. Mehrere Zeitzeugen werden aus ihren
Erinnerungen berichten.
Gegen 18.30 Uhr findet in der Kirche eine Andacht sta ,
die von Konfirmand/ -innen mitgestaltet und vom
CVJM Posaunenchor musikalisch begleitet wird.
Peter Renschler vom Orde und Dr. Harald Hockamp
Am 70. Jahrestag des Bombenabwurfs
läuten um 15.30 Uhr die Kirchenglocken.
Rudolf Hellmann - damals 14 Jahre alt
Sonntag, 18. März - Lu angriff auf Ferndorf
In der Frühkirche. Mi ags Besuch. Da rauschten auch schon die
Bomben. Es krachte; wir liefen in „Feld“ Keller. Dann kamen erneut Flugzeuge über uns hinweg. Es rauschte ganz nah und dann dröhnte und
krachte es ohrenbetäubend; der ganze Kellerraum bebte und bewegte
sich. Ich saß mit einem Hammer bei der Wasserleitung, um sie im No all
zuzuklopfen. Der Keller war voller Leute, auch unser Besuch, u.a. Ohlner
Elisabeth mit der kleinen Edith. Es waren bange Minuten. Jeder ha e
Angst. Ein kurzer Blick vorm Haus; Rauch und Qualm s eg hier im Tal auf.
Dann kamen erneut wieder Flieger und es rauschte und krachte wieder.
Als wir wieder rauskamen, war das Dorf zu von Rauchschwaden, Staub
und Brandgeruch. Bei uns waren die Schiefersteine vom Dach gefallen.
Überall waren Löcher von hochgeschleuderten Steinen und Reste von
Bomben waren heraufgeschleudert worden. Es war viel zerstört; viele
Häuser waren dem Erdboden gleichgemacht: Pützes, Spieses, Hahns,
Benders, der Bahnhof, Drehers, Kleins, Kirchhof, Kurzes, Jüngstes, Schäfers und noch viele andere. Viele Menschen waren noch verschü et,
wahrscheinlich tot. Bei Pützes war durch einen Volltreffer in den Keller
keiner mehr rausgekommen; bei Drehers das Gleiche; ich sehe noch
Klapperts Onkel Karl, als er in dem efen Bombentrichter mit den Fingern wühlte und seine Tochter Friedel suchte.
Ulrich Schmidt - damals 6 Jahre alt
Im Kirchhof waren Mauer und Gräber zerstört. Menschenknochen lagen
auf der Wi gensteiner Straße. Auch der Spli erschutzgraben, in dem
viele Evakuierte aus den Großstädten Schutz gesucht ha en, erhielt
einen Treffer, den keiner überlebte. Viele Bomben fielen in den Wald
hinter der Mühle. Der Weg dahin war mit Bombentrichtern übersät.
Hier lagen nach dem Krieg noch längere Zeit Muni on, Pulverstangen,
Panzerfäuste und anderes gefährliches Material. Einiges davon brachten wir auf Schaubs Lagerplatz zur Explosion. Es ist fast ein Wunder,
dass es dabei keine Verletzten oder sogar Tote unter uns Kindern gab.
Rudolf Hellmann - damals 14 Jahre alt
Im Spli erschutzgraben, wo immer
unser Schulunterricht während der
Lu alarme sta gefunden ha e,
waren mehrere Familien durch die
Betonwände zerquetscht worden; u.a.
Achenbachs. Pastor Vethake war mit
Hacke und Schaufel hier um zu helfen
– umsonst. Er ha e erst an diesem Tag
die Todesnachricht von einem seiner
Söhne erhalten. Es war alles voller
Schmutz und Trümmer. In dieser
Nacht konnte niemand schlafen. Die
Zahl der Toten erfuhren wir später.
Oben: Spli erschutzgraben vor dem Gemeindehaus vor seiner Verfüllung in
den 1990er Jahren / Unten: Hochstraße (Ferndorfer Straße) mit zerstörter
Stellmacherei Berg und Haus Schreiber, vorne der Spli erschutzgraben
Helene Jüngst - damals 53 Jahre alt
Es kam der 18. März 1945, ein frühlingswarmer, klarer Sonntag. Morgens um halb sechs war Fliegeralarm. Etwa über Lohe-Dahlbruch stand
eine rote Leuchtkugel am Himmel – das Angriffszeichen! Kurz vorher
war ganz helles Licht über unserer Gegend. Was sollte das bedeuten?
Wir ahnten nichts Gutes. Es blieb aber den ganzen Morgen ruhig.
Mein Mann, der jeden Sonntagnachmi ag mit Freunden und Kollegen
in unserer Waldhü e zusammenkam, drang schon den ganzen Morgen
darauf, daß ich mitgehen sollte. Vor dem Kriege gingen wir Frauen stets
mit unseren Männern in die Hü e; während des Krieges aber schrieben
wir Mü er die Sonntagsbriefe an unsere Jungen ins Feld und blieben zu
Hause. An jenem 18. März aber musste ich meinem Mann versprechen,
mitzugehen, um einmal aus der Gefahr herauszukommen und einige
Stunden Ruhe zu haben; denn das Angriffszeichen am Morgen war nicht
umsonst gefallen.
Unten: zerstörte Häuser Stötzel und Jüngst an der Ziegeleistraße bzw. an
der Siepenstraße
Oben:Haus Jüngst - v.l. Frieda Sinner, Lina Klappert, Anna Schweißfurth,
Helene Jüngst, unbekannt, Marie Münker aus Kreuztal mit Tochter Änne /
Unten: zerstörte Häuser Höfer (heute Bernhard) und Schneider (heute Becker)
Oben: Austraße mit den total zerstörten Häusern Afflerbach / Siebel (hinten
links) und Haus Hahn (vorne rechts) / Unten: Wi gensteiner Straße (heute
Marburger Straße) mit den zerstörten Häusern Klappert und Spies
Oben: Trümmer der total zerstörten Bäckerei Pütz (heute „Em Backes“), hinten
Hotel Finke / Unten: Wi gensteiner Straße (heute Marburger Straße) mit zerstörter Bäckerei Pütz im Hintergrund, links Hotel Finke mit dem alten Giebel
Oben: Austraße mit den zerstörten Werksanlagen der Fa. Bender im Hintergrund, links „Lenke” (heute Döner Kebap) und das alte Spritzenhaus der Feuerwehr, daneben das total zerstörte Haus Afflerbach/Siebel / Unten: zerstörte
Gleisanlagen am Bahnhof Ferndorf, hinten die Fa. Bender
Oben: Wi gensteiner Straße mit zerstörten Häusern unterhalb der Kirche
Unten: die total zerstörten Häuser Dreher und Klein gegenüber der Kirche
Ulrich Schmidt - damals 6 Jahre alt
Der strahlend blaue Himmel lud zum Spaziergang ein und ließ uns den
Krieg vergessen. An diesem Sonntag wollten wir zu unserem Grundstück
„Hinter der Mühle“ gehen, um nach dem Rechten zu sehen. Wir ha en
zu Mi ag gegessen. Mit der Auflage, meine Sonntagskleidung nicht
schmutzig zu machen, dur e ich vor das Haus gehen, während Mu er
noch in der Küche zu tun ha e. Gegenüber befand sich die Gaststä e
Demandt, wo im Hof ein Haufen Schlackensand lag. Dieser zog mich und
meinen Freund Günther Dreher magisch an. Er ha e schon eine Sandpiste gebaut, die er mit seinem Holzlaster befuhr. Die Ermahnung von
Mu er war vergessen – ich kniete im Sand und verlängerte die Piste.
Plötzlich gab es Fliegeralarm. Was das bedeutete, wussten wir genau
und liefen in verschiedene Richtungen davon. Die aus Zuckersäcken
selbstgenähten Rucksäcke, stets mit dem Nö gsten gepackt, standen
bereit und wir rannten in den Schutzraum bei „Boochers“. Der Keller
bot Schutz vor Bombenspli ern, aber nicht vor einem Volltreffer. Die
Räume waren überfüllt mit Frauen, Kindern und älteren Männern. Wir
saßen in einer Ecke neben der Treppe. Über uns befand sich eine Falltüre. Obwohl die ersten Detona onen schon zu hören waren, kamen
immer noch mehr Leute zu uns hinunter, so daß wir bald dicht gedrängt
ausharrten. Mu er ha e mich eng an sich gedrückt und uns eine Decke
über den Kopf gezogen. Jeden Moment erwarteten wir einen Treffer.
Um uns herum mussten schon einige Häuser getroffen sein.
Die Detona onen ließen nach und bald war der Spuk vorbei. Als wir ans
Tageslicht kamen empfing uns Staub- und Brandgeruch. Die Häuser auf
der anderen Straßenseite der Kirche lagen in Schu und Asche. Auch
das Haus meines Freundes Günther ha e einen Treffer abbekommen.
Die gesamte Familie: Mu er, Großvater
Anmerkung: Wären Ulrich
und zwei Tanten sowie er selbst lagen
Schmidt und seine Mu er an
unter den Trümmern und konnten nur
diesem Tag etwas früher in
noch tot geborgen werden. Lediglich die Hü e hinter der Mühle geGünthers Vater ha e an der Front über- gangen, hä en sie den Angriff
lebt und an einem einzigen Tag seine wahrscheinlich nicht überlebt.
ganze Familie verloren.
Oben: der verwüstete Kirchhof - im Hintergrund „Speses“, das Kau aus
Schneider (heute PUB) und „Stänghuerwersch“ / Unten: die Wi gensteiner
Straße mit der zerstörten Kirchenmauer
Im Kirchhof waren Mauern und Gräber zerstört.
Menschenknochen lagen auf der Wi gensteiner Straße.
Oben: total zerstörte Häuser Klein und Dreher, rechts Haus Wickel - im Hintergrund die zerstörten Bahngleise und die Bombentrichter unterhalb des
Friedhofs / Unten: Wi gensteiner Straße mit der zerstörten Kirchenmauer
Die Zeitzeugen berichten auch von dem starken Ar lleriebeschuss,
der nach dem Bombenabwurf am 18. März etwa 14 Tage lang bis zum
Einmarsch der amerikanischen Soldaten am 9. April andauerte.
Tagebuchaufzeichnungen von Hilde Stahlschmidt
Mi woch, 4. April 1945
Viel Ari-Beschuss. Ich ging gerade nach Vethakes, wo ich wohnte, als
es beim Schuster Ve er zum ersten Mal krachte und sehr nach Pulver
roch. Bei Fischbachs ins Haus (nicht Keller), etliche Einschläge abgewartet. Dann nach einem Einschlag direkt weiter. Beim Ofenmünker traf ich
Gustel Nölling (mit dem Rad). Sie sprach mit mir wegen meines verbomten Hauses, was ihr so leid tat. ... Ich sagte, ich wolle in die Apotheke in
den Keller und sie sagte, sie müsse noch Einkäufe machen.
Es krachte tüch g und nahe, als ich im Apothekenkeller war. Ich wollte
aber ins Pfarrhaus und ging direkt nach einem schweren Schlag schnellstens fort, überholte vor der Kirche den hinkenden Apotheken-Münker,
der noch sagte, er schni e ab über die Kirche, worauf ich meinte, die
Kirche sei ein gutes Ari-Ziel. Er sagte, sie habe aber dickes Mauerwerk.
War gerade bei der Kirche angelangt, da ein neuer Einschlag, dass es
nur so vom Kirchendach prasselte, und ich ha e Glück, nicht einen Stein
auf den Quelles bekommen zu haben. Große Äste prasselten von den
Bäumen. Ich rannte im Galopp ins Pfarrhaus, sah nach Richtung Schöppners Haus eine große Staub- und Dreckfontäne. Drei Soldaten und zwei
Pferde lagen tot vor dem Haus. Da unsere Geschütze in der Austraße
standen, lag der feindliche Beschuss immer in Richtung Pfarrhaus. Einer
der nächsten Einschläge ging in Schöppners Keller, wo alle mehr oder
weniger schwer verletzt wurden.
Hanna Schöppner und Gustel Nölling waren tot!!! – Eine Stunde vorher
war ich noch mit ihr zusammen!!! Die armen 5 Kinder!
Am nächsten Morgen brannte Schöppners Haus lichterloh. Wahrscheinlich durch den Herd. Nur noch eine Ruine! Die verletzten Schöppners
zunächst nach Kolbs, dann in die Hü e in die Zitzenbach.
Anmerkung: Hilde Stahlschmidt war in Kreuztal in der Nähe des Bahnhofs ausgebombt worden. Sie fand in Ferndorf und Ernsdorf Unterschlupf, wechselte aber häufig das Quar er.
Samstag, 7. April 1945
Früh 7 Uhr Beerdigung von Gustel Nölling und den anderen Opfern. Unter Ari-Beschuss fand die Rede sta . Von Krömpels niemand da wegen
des Ari-Beschusses. ... Einschläge alle in Pfarrhaus-Nähe. Ich ging vom
Friedhof noch kurz auf mein Trümmergrundstück, dann über die Kreuzung zu Frau Krömpel. War eigentlich leichtsinnig, denn Ari zielt auch
gern auf Kreuzungen. Nachts sehr schlimmer Ari-Beschuss. Vethakes
waren schon einige Tage zu Frl. Kurth gezogen. Ich war mit Dr. Menzel
(3 Personen) und Frau Haas mit Vater und 2 Kindern allein im Haus.
Sonntag, 8. April 1945
Früh um 7.30 Uhr durch Ari-Beschuss S ngs Haus obenher weg. Mit
dem nächsten Einschlag das Schuldach fort. Man konnte sich nicht an
den Gartenzaun wagen, weil es kaum eine Pause war. Dauernd Einschläge auf die Rennwiese usw. ... Manches Haus ziemlich beschädigt. Gegen
Mi ag entschloss ich mich, nach Kills zu ziehen. Wollte eigentlich die
Hauptstraße gehen, da der Beschuss auf der Hermann-Göring-Straße
lag. Wollte aber noch sehen, wie es Scheuermann ergangen war und ging
nach Stengers zu, sah davor einen Lastauto und eine Menge Menschen.
Da brachten sie gerade Herrn Scheuermann auf der Tragbahre, ein Fuß
ab, den anderen hängend. Sollte nach Eichen ins Krankenhaus, war sehr
blass, viel Blutverlust. Er ha e in einer Pause das Backhaus von Stengers
mit Ewald Becker verschlagen wollen, da kam die Granate. Ewald Becker
tot, Scheuermann schwer verletzt. Sie konnten beide schwer geborgen
werden vor lauter Einschlägen. Stengers Franzose soll sich sehr bewährt
haben. Ich drückte Herrn Scheuermann die Hand, da kam schon wieder
Beschuss. Sofort in Stengers blu gen Keller (Dr. Kammler war noch da),
wo der Tote lag und viele Menschen, viel Weinen.
Bei einer späteren Pause schnell los. Kam bis zur Apotheke, da krachte
es schon wieder. Aus der Apotheke hingen die Scheiben heraus. Ging
dann zu Ofenmünkers in den Keller. Nach einigen Einschlägen schnell zu
Kills, wo ich wohlbehalten ankam. Nachts klop en deutsche Soldaten
an das Kellerfenster und fragten nach dem Weg nach Stendenbach. Sie
mussten fliehen, denn der Amerikaner war nahe.
Es gab vier Einschläge in nächster Nähe, bei Kaspers und hinter Pfaffs. In
dieser Nacht waren dort im Keller sechs Spli ereinschläge. Einer schon
mi ags in das Be von Frau Menzel. In meinem Wachstuchbeutel war
auch ein Spli er, habe ihn aufgehoben. Er hing oberhalb vom Kopfende
meines Be es.
Montag, 9. April 1945
Um 11.30 Uhr sah man die ersten Amerikaner vor dem Haus von Adolf
Hirsch. Bald darauf Rauchwolken vor IH Kurth, wo ein deutscher Panzer
beschossen wurde. Das Haus obenher abgebrannt – fünf Minuten vor
Schluss. Auf dem Heidfeld, in Fellinghausen und Osthelden wurde noch
geschossen. ... Wer hä e je gedacht, dass wir mal Kampfgebiet würden.
Einmarsch der US amerikanischen Infanterie am 9. April 1945 in Kreuztal
an der Langenauer Brücke
In Erinnerung an den amerikanischen Lu angriff am 18. März 1945
gegen 15.30 Uhr.
Genau 50 Jahre später verband der
Ferndorfer Schmied Hermann Klein
Reste der Fliegerbomben zu einem
Kreuz – aus Dankbarkeit für seine
und seiner Familie Re ung durch
den Schutz der Kirche, hinter deren
Mauern sie Zuflucht fanden.
Hermann Klein: Im Gegensatz zu den
Worten Jesu am Kreuz: „Vater vergib
Ihnen, denn Sie wissen nicht was sie
tun,“ wussten alle, was sie taten.
Fritz Scheffe - damals 9 Jahre alt
Als die Amerikaner auf Ferndorf vorrückten,
ha en wir Kinder strikte Anweisung uns nicht
zu weit von zu Hause zu en ernen. Mit Freunden wagte ich mich aber bis zur Hauptstraße.
Dort fuhr gerade ein amerikanischer Panzer
vorbei. Plötzlich flog der Deckel auf und ein
großer schwarzer Mann guckte heraus. Wir
ha en mäch g Bammel – es war nämlich
erzählt worden, sie würden Kinder fressen. Er
grinste jedoch breit und warf uns Schokolade
und Plätzchen zu. Ein anderes Mal forderte
mich ein Soldat auf, eine schöne Hitlerfahne
zu organisieren, was auch gelang. Später kam
der Mann zu uns nach Hause und schenkte
mir zum Dank eine große Keksdose, die noch
heute in unserer Familie exis ert.
Zivile Opfer der letzten Tage des Zweiten Weltkriegs in Ferndorf
Diese vorläufige Liste basiert auf lokal bekannten Schri stücken über
das Kriegsende in Ferndorf. Ergänzend wurden mündliche Angaben von
Zeitzeugen, Daten auf dem Friedhof Ferndorf bzw. die Online-Suche des
Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge hinzugezogen.
Ebenso soll an das Schicksal der mindestens sieben Soldaten erinnert
werden, die fern ihrer Heimat fielen. Viele Menschen wurden unter
Trümmern verschü et und glücklich gere et. Wie bei den zahlreichen,
teilweise sehr schwer Verletzten, haben diese Tage sicherlich ihre Spuren in deren Leben hinterlassen. Traurig auch das Los der ungezählten
Tiere, die in ihren Ställen schutzlos dem Angriff ausgeliefert waren.
Noch immer ist die genaue Zahl der Toten nicht eindeu g nachgewiesen. Manche Namen geben zu ihrer Herkun weiterhin Rätsel auf. Möglicherweise trägt der Ferndorfer Friedensgang 2015 zur Klärung bei.
Name, Vorname
Achenbach, Erich
Achenbach, Hermann
Achenbach, Martha geb. Klein
Afflerbach, Wilhelm
Becker, Ewald
Dreher, Helene geb. Steinseifer
Dreher, Hermann
Dreher, Horst Günther
Dreher, Jenny
Dreher, Martha
Flender, Marie geb. Münker
Göge, Edith
Göge, Lydia geb. Ortwein
Hellmann, Ernst
Klappert, Elfriede
Knipp, Helene geb. Flender
Münker, Richard
Nölling, Auguste geb. Krömpel
Pütz, Minna geb. Röcher
Pütz, O o
Pütz, Rudolf Erwin
Geburtsdatum
14.06.1929
31.07.1888
27.07.1896
03.07.1883
03.07.1902
19.07.1909
06.10.1870
19.02.1939
04.10.1910
08.08.1912
02.03.1876
06.03.1934
06.03.1900
09.02.1879
16.09.1918
27.10.1899
25.02.1882
10.06.1906
13.08.1890
02.04.1886
24.10.1933
Name, Vorname
Geburtsdatum
Schöppner, Johanna
25.02.1922
Spies, Hildegard geb. Weigel
11.03.1903
Stähler, Ernst
29.09.1913
Wäschebach, Anna
30.08.1888
Wäschebach, Katharina geb. Weber
1884
Wagener, Johanna
19.03.1922
Wallis, Brigi e
25.02.1942
Wallis, Edith
31.01.1938
Wallis, Elli
31.03.1942
Wallis, Elli Pauline geb. Huppert
15.11.1910
Wallis, Ernst
15.12.1933
Wallis, Heinz
15.05.1932
Wawrzyn, Hermann
18.07.1906
Weber, Karl
17.08.1869
Weber, Katharina
10.09.1884
Weber, Marie
30.01.1922
und eine unbekannte Familie (Vater, Mu er und zwei Kinder)
Gedenktafel in der Kirche für die Opfer des Krieges in Ferndorf
488 - Bleib bei mir, Herr! Der Abend bricht herein
4. Von deiner Hand geführt, fürcht ich kein Leid,
kein Unglück, keiner Trübsal Bi erkeit.
Was ist der Tod, bist du mir Schild und Zier?
Den Stachel nimmst du ihm: Herr, bleib bei mir!
5. Halt mir dein Kreuz vor, wenn mein Auge bricht;
im Todesdunkel bleibe du mein Licht.
Es tagt, die Scha en fliehn, ich geh zu dir.
Im Leben und im Tod, Herr, bleib bei mir!
IMPRESSUM
Die Lu bilder sind US-amerikanische Aufnahmen vom 23. März 1945, die zur Auswertung der Lu angriffe auf den Kreuztaler Bahnhof gemacht wurden. Sie sind aus
der Sammlung von Günter Weller. Die historischen Bilder sind von Friedrich Wilhelm
Münker. Das Foto des Spli erschutzgrabens ist von Dirk Werthenbach, das der Keksdose von Stephan Hahn.
Weitere Fotos von der Zerstörung am 18. März 1945 sind unter www.ferndorf.de
in der Fotogalerie zu finden, weitere Zeitzeugenberichte in der Dorfchronik Band 3
und im Downloadbereich bei den Beiträgen zur Ferndorfer Geschichte.
331 - Großer Go wir loben dich
10. Alle Tage wollen wir
dich und deinen Namen preisen
und zu allen Zeiten dir
Ehre, Lob und Dank erweisen.
Re aus Sünden, re aus Tod,
sei uns gnädig, Herre Go !
11. Herr, erbarm, erbarme dich.
Lass uns deine Güte schauen;
deine Treue zeige sich,
wie wir fest auf dich vertrauen.
Auf dich hoffen wir allein:
Lass uns nicht verloren sein.
Die Lieder der Andacht in der
Ferndorfer Lauren uskirche
am 18. März 2015. Zu Beginn außerdem noch das Lied
„Die Sach ist dein, Herr Jesu
Christ“. Helene Jüngst berichtete 1950, dass es vielen
Menschen bei einer Gemeindeversammlung kurz nach
Kriegsende Mut und Zuversicht gegeben ha e.
Hinweis: Alle Angaben wurden sorgfäl g geprü . Mögliche Fehler oder fehlende Angaben bi en wir zu entschuldigen und uns anzugeben.
Eine Bi e: Schreiben sie ihre Erlebnisse auf und stellen uns die Unterlagen zur Verfügung. Wir möchten ihre Eindrücke gerne dokumen eren, um sie für kün ige Genera onen zu erhalten. Sie können uns das Erlebte auch erzählen.
Kontakt: E-Mail an info@ferndorf.de oder Tel. 02732-590976 (K. Stein)
Idee und Begleit-Texte: Stephan Hahn und Katrin Stein
Auflage: 100 Stück - Ferndorf, im März 2015
Josef Reding
Friede
„Bloß keinen Zank
und keinen Streit!“
Das heißt auf englisch
ganz einfach
PEACE
und auf französisch
PAIX
und auf russisch
MIR
und auf hebräisch
SHALOM
und auf deutsch
FRIEDE
oder:
„Du, komm,
lass uns
zusammen spielen,
zusammen sprechen,
zusammen singen,
zusammen essen,
zusammen trinken
und zusammen
leben,
damit wir
leben.“