Nürnberger_Zeitung: Frieden vom 20150407 - VVN

Nürnberg
Dienstag, 7. April 2015 -
9
Umfrage am Volksfest
Volksfest: Gelungener Auftakt trotz Kälte
Rauchverbot
ist gut für
das Dirndl
Wer rauchen will, muss raus. Das gilt
seit der Einführung des strengen
Nichtraucherschutzgesetzes auch in
Bierzelten. Als die Regelung vor fünf
Jahren neu eingeführt wurde, gab es
heiße Debatten. Wie aber ist die
Situation jetzt? Die NZ hat sich auf
dem Frühlingsfest umgehört.
„Mir hat Rauchen nie geschmeckt“,
sagt Petra Guttenberger. Beim Volksentscheid war sie
trotzdem gegen das
Rauchverbot. „Heute habe ich den Eindruck, dass es die
Menschen durchaus genießen, wenn
sie im Bierzelt
nicht vollgequalmt
werden“, sagt die
CSU-Landtagsab- P. Guttenberger
geordnete.
„Die
Resonanz in meinem Freundeskreis
ist positiv“, sagt sie, „alle haben sich
daran gewöhnt, dass die Raucher eben
ab und zu aufstehen.“
Anders sieht das Fred Höfler. „Es
zerreißt einfach eine gesellige Runde“, sagt der Tucher-Chef. Vor allem
Wirte von Kneipen und Bierzelten
sind seiner Meinung nach die Leidtragenden. Obwohl
deren Umsatz –
abgesehen von Einbußen im ersten
Jahr des Verbotes –
nicht
merklich
zurückgegangen
sind. „Das Positive
an der Regelung Fred Höfler
ist, dass jetzt Leute
ins Bierzelt kommen, die früher vielleicht nicht gekommen wären“, sagt
Es geht wieder rund auf dem Volksfest- Schausteller, Schützen und Spielmanns- des Frühlingsfestes sind wir angenehm beim Alkoholkonsum hätten aber doch Höfler, der selbst Nichtraucher ist.
Drastischere Worte findet Schauplatz. Gerade einmal zwei Schläge hat züge ins Festzelt ein. Die Schausteller überrascht worden“, sagt Schausteller- einige Besucher Ausfallerscheinungen
Oberbürgermeister Ulrich Maly am und Festwirte waren mit dem ersten chef Lorenz Kalb mit Blick auf das Wet- gezeigt.
Auf
unserer
Homepage stellerchef Lorenz Kalb. „Lieber verSamstag für den Bieranstich gebraucht. Volksfest-Wochenende durchaus zufrie- ter. Die Rettungskräfte sprechen von www.nordbayern.de gibt es noch mehr qualmt als allein“, sagt er im Hinblick
darauf, dass RauBevor der Rathauschef im Papert-Fest- den. „Wir waren von wirklich düsteren einem abwechslungsreichen Auftakt. Bilder vom Nürnberger Frühlingsfest.
zelt seines Amtes waltete, zogen die Prognosen umzingelt, doch zum Auftakt Zwar gab es keine größeren Delikte,
jule/Fotos: Roland Fengler cher oft aufstehen.
„Als Nichtraucher
ist man immer der
Gelackmeierte“. Er
selbst hat das Rauchen „schon immer
lockerer gesehen“.
Schließlich sei ein
Bierzelt ja ein Bierzelt und keine Spei- Lorenz Kalb
segaststätte.
Gerade ehemalige Kettenraucher
ren, Soldaten zu werden“, sagte er, von den USA haben.“ Der Wahnsinn ben arabische Staaten eingefallen,
Von Ute Wolf
denn das sei „kein Beruf wie jeder sei weitergegangen, mit der Atom-, von denen heute jeder verwüstet sei: mutieren der landläufigen Meinung
Die Ostermarschbewegung hat ihren andere“. Krieg bezeichnete Drewer- der Wasserstoff- und der Neutronen- „Über 3500 Tote hat Obama zu verant- nach oft zu besonders militanten
Höhepunkt der 1980er Jahre längst mann als „Gegenteil der christlichen bombe, „und der Wahnsinn wird worten – der Friedensnobelpreisträ- Nichtrauchern. Nicht so Promi-Friüberschritten. Immer weniger Teilneh- Botschaft“; er sei „nichts anderes als nicht aufhören, es sei denn, wir been- ger.“ Kriege würden längst nur noch seur Marcel Schneider. „Ich hab zwanzig
Jahre
lang
mer lassen sich motivieren, für den die Organisation in großem Stil, Men- den ihn, indem wir den Politikern un- Wirtschaftsinteressen verfolgen.
„Wir wollen den Frieden, und aus intensiv geraucht“,
sere Zustimmung verweigern!“
Frieden auf die Straße zu gehen, schen zu töten“.
Die Bundeswehr habe sich von der Krieg ist noch nie Frieden geworden – sagt er, „40 ZigaretErst im vergangenen Jahr sei übersagen Trendforscher. Doch in Nürnberg versammelten sich gestern im all des Beginns des Ersten Weltkriegs durch Adenauer propagierten „Frie- das ist die ganze Wahrheit“, schloss ten am Tag“. Seit
Vergleich zu den vergangenen Jahren und seiner unmenschlichen Material- densarmee“ zusammen mit der NATO Drewermann unter lautem Beifall. Er zehn Jahren ist
mehr Menschen vor der Lorenzkirche schlachten gedacht worden. „Heute, in „ein weltweites hegemoniales Ab- hatte die ganze Rede frei gehalten und Schluss damit. Das
zur Abschlusskundgebung, die unter über 100 Jahre später, könnten wir wehrinstrument“ verwandelt und sit- dabei seine rhetorischen Fähigkeiten Rauchverbot findet
dem Motto stand „Sag’ nein zum klar sehen und es verdammt noch mal ze mittlerweile in Asien. Deshalb sei eindrucksvoll unter Beweis gestellt. er gut. „Trotzdem
Krieg!“. Nach Schätzungen der Poli- wissen: Jeder Krieg ist schrecklich!“, es an der Zeit, „Merkel und von der Mit einer Ausnahme: Die Lorenzkir- bin ich tolerant
zei waren es 750 bis 800, laut Veran- rief Drewermann dem applaudieren- Leyen daran zu hindern, den großen che bezeichnete er mehrmals als „Lau- und ärger mich
den Publikum zu. In Nürnberg, so Bruder jenseits des Atlantiks zu kopie- renzkirche“. So ein Fauxpas dürfte ge- nicht, wenn andere
stalter gut 1000.
vom Tisch aufste- M. Schneider
Vom Olof-Palme- und vom Koperni- fuhr er fort, hätten vor 70 Jahren die ren“. Die US-Army sei seit 2001 in sie- rade ihm eigentlich nicht passieren!
hen“,
sagt
er.
kusplatz waren sie in Sternmärschen US-Ankläger beim Pro„Leben und leben lassen“, sagt er,
zur Lorenzkirche gezogen, von Fürth zess gegen die Haupt„das ist meine Devise“.
aus mit der U-Bahn in die Nachbar- kriegsverbrecher vor VerCarina Kremer dürfte sich wahrstadt gefahren. Die von der Nürnber- brechen gegen die Menschscheinlich gar nicht richtig an die Zeit
ger Südstadt kommenden Teilnehmer lichkeit gewarnt. „Doch
erinnern können, in der in den Zelten
wurden von der Polizei am K 4 kurz- daraus gelernt hat gerade
noch geraucht werden durfte. Die
fristig „umgeleitet“: Dort hatten sich die amerikanische Armee
frisch gekrönte Volksfestkönigin ist
zwei (!) Demonstranten zum Thema und Politik rein gar
schließlich erst 19 Jahre alt. Dass im
G 7 eingefunden, und die Beamten nichts.“
Zelt nicht geraucht werden darf finDrewermann erinnerte
wollten eine „Vermengung“ beider
det sie gut. „Die Luft ist viel besser“,
Protestveranstaltungen in der engen auch an die frühere Friesagt sie, „und die Klamotten stinken
Straße hinter der Königstormauer ver- densbewegung in den Vernicht so nach dem Qualm.“ Vor allem,
einigten Staaten und zog
meiden, hieß es von Polizeiseite.
wenn man mit dem
So dauerte es ein wenig länger, bis daraus den Schluss: „AmeDirndl ins Bierzelt
die Abschlusskundgebung vor Sankt rika hat etwas Besseres
geht, sei Rauch
Lorenz über die Bühne gehen konnte. verdient, und die Welt hat
unschön. „SchließMit Spannung wurde dort die Rede etwas Besseres verdient.“
lich kann man so
von Eugen Drewermann erwartet. Die scheinbar grausamen
ein Kleid nicht einDer nam- und ebenso wehrhafte Theo- Waffen des Ersten Weltfach mal schnell in
loge, Psychoanalytiker und Autor hat- kriegs hätten sich später
die Reinigung stete sich früher schon für die Abschaf- noch viel schlimmer weicken“, sagt sie und
fung der Bundeswehr ausgesprochen terentwickelt, von Nazeigt die feinen Stiund wiederholte diese Forderung nun palm über Dum-Dum-Geckereien auf der Carina Kremer
vehement. Menschen sollten aufhö- schosse bis zu den heutiSchürze.
Außerren, „jemals den Wunsch zu verspü- gen Highspeed-Guns. Und
dem würden rauchfreie Zelte auch
die Bundesrepublik sei unMenschen den Festbesuch ermöglifähig, zumindest die USchen, die sonst vielleicht daheimbleiAtomwaffen von ihrem
ben würden. „Ältere Menschen etwa,
Staatsgebiet zu entfernen.
oder Asthmatiker.“
jule
„Westerwelle wollte es,
Telefon: (09 11) 23 51 - 20 36 (11–15 Uhr)
aber Merkel nicht“, so DreFax:
(09 11) 23 51 - 13 32 11
m Mehr zum Thema auch in unserer
wermann, „wegen des Nut- Eugen Drewermann faszinierte die Teilnehmer der Abschlusskundgebung des Ostermarsches,
E-Mail:
nz-lokales@pressenetz.de
Frage der Woche auf S. 10
zens, den wir angeblich darunter auch Alt-Oberbürgermeister Peter Schönlein.
Foto: Michael Matejka
Eugen Drewermann lockte viele Zuhörer zur Abschlusskundgebung vor der Lorenzkirche
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