Wenn die Tarifverhandlungen endgültig scheitern

Tarifrunde 2015 Nahverkehr Brandenburg
Tarifinfo Nr. 10 vom 30.03.2015
Wenn die Tarifverhandlungen endgültig scheitern, rücken
Erzwingungsstreiks in greifbare Nähe
Die dritte Tarifverhandlungsrunde wurde am 30. März nach mehreren Verhandlungsversuchen
und auch Sondierungsgesprächen zwischen den Verhandlungsführern ergebnislos abgebrochen.
Zu groß ist die Kluft zwischen Angebot und Forderung. Die Arbeitgeber bieten bei einer Laufzeit von 2
Jahren (01.01.2015 – 31.12.2016):
Jan. – April 2015: nicht tabellenwirksame Einmalzahlung von 180 EUR brutto und
ab 1. Mai 2015: +2,0%, mind. 45 EUR, sowie
ab 1. Mai 2016: +2,0%, mind. 45 EUR.
Eine Regelung für ver.di-Mitglieder wird bislang kategorisch abgelehnt. Auch deshalb war
Abstimmung in der Tarifkommission eindeutig. 19 Stimmen gegen das Angebot der Arbeitgeber und somit für Arbeitskampf bei 1
Enthaltung. Die Beantragung der Urabstim1
mung beim ver.di-Bundesvorstand wurde mit
gleichem Ergebnis in einer weiteren Abstimmung beschlossen.
Die formale Erklärung, ob die Tarifverhandlungen gescheitert sind erfolgt zu Ostern. Wir
wollen, dass die Mitglieder in den Betrieben
uns sagen, ob wir richtig liegen. Nur wenn die
ver.di-Mitglieder uns bis Donnerstag, den
2.4.2015 vormittags deutlich signalisieren,
dass wir das Angebot annehmen sollen, ist
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das Scheitern noch zu verhindern. Ein besseres Angebot der Arbeitgeber wird es ohne
Arbeitskampf nicht geben. Die Arbeitgeber
zeigten sich auch wenig beeindruckt, dass
ver.di von November 2014 – März 2015 in
den von dieser Tarifrunde betroffenen Betrie1
„Urabstimmung“ ist die schriftliche Abstimmung im Betrieb, ob die Mitglieder in den Erzwingungsstreik gehen
wollen. Damit dies möglich ist, müssen 75 Prozent zustimmen.
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„Scheitern“ ist die Erklärung einer Tarifpartei, dass alle
Möglichkeiten, sich auf dem Verhandlungswege zu einigen
ausgeschöpft und beendet wurden, um den Weg für die
Urabstimmung freizumachen
ben 135 neue Mitglieder gewonnen hat, die
auch eine deutliche Erwartungshaltung haben,
genau wie die, die bereits Mitglied sind. In 5
Monaten 135 neue Mitglieder in einer kleinen
Branche mit knapp 3.000 Beschäftigten – das
kann sich sehen lassen.
Die Tarifkommission hat auch die Konsequenzen einer Urabstimmung intensiv diskutiert.
Erzwingungsstreik heißt, die Betriebe müssen
für einen längeren Zeitraum bestreikt werden.
Zwölf- oder vierundzwanzigstündige Streiks
reichen hier nicht aus.
Warum hat die Tarifkommission dieses
Angebot abgelehnt?
Das Volumen unserer Forderung von 120 EUR
monatlich brutto mehr bedeutet eine Lohnverbesserung für jeden Beschäftigten in Höhe
von 1.440 EUR allein im Jahr 2015. Die Arbeitgeber bieten 540 EUR, also 900 EUR weniger oder 37% dessen, was wir fordern. Wir
haben hier auch den Tarifabschluss für den
Nahverkehr in Schleswig-Holstein vom März
dieses Jahres ins Spiel gebracht. Danach erhalten die dortigen Beschäftigten ab Januar 2015
monatlich 100 EUR mehr und in 2016 weitere
40 EUR im Monat. Im Nahverkehr in Brandenburg verdient man im Fahrdienst wenig Geld,
besonders wenig mindestens in den ersten 8-
12 Jahren. In Brandenburg beginnt der Fahrdienst mit 1.808 Euro für 4 Jahre. Im Saarland
verdient man Anfangs im Fahrdienst 300 Euro
mehr, in Bayern 500 Euro mehr, in BadenWürttemberg mind. 300 Euro mehr und selbst
in Neubrandenburg gibt’s am Anfang fast 200
Euro mehr als in Brandenburg.
In einem Sondierungsgespräch wurde es teilweise recht hitzig, als es um den
Nachteilsausgleich für ver-di-Mitglieder ging.
Wir haben den Arbeitgebern einen von ver.di
in 2011 mit den Ratzeburg-Möllner Verkehrsbetrieben abgeschlossenen Tarifvertrag vorgelegt, nachdem ver.di-Mitglieder dort jedes Jahr
eine Zahlung von 150 EUR erhalten. Ebenso
wenig waren die Arbeitgeber von dem von
ver.di in 2013 abgeschlossenen Tarifvertrag
mit der Arbeiterwohlfahrt Brandenburg beeindruckt, nach dem die dortigen ver.diMitglieder jährlich 2 Tage zusätzlichen Urlaub
bekommen. „Machen wir nicht, da können sie
streiken, bis sie schwarz werden“, war die
erregte Antwort. Nicht einmal ein garantiertes
bezahltes Arbeitsfrei Heiligabend und Silvester
für ver.di-Mitglieder soll drin sein, obwohl dies
fast nichts kostet. Für die Arbeitgeber ist es
wichtig, dass die „Büchse der Pandora“ keinesfalls geöffnet wird, obwohl sie mehrere
Hunderttausend Euro sparen könnten.
Pandora, das ist in der griechischen Mythologie die erste Frau, die auf Weisung des Göttervaters Zeus aus Lehm erschaffen und mit
der die Menschheit bestraft werden sollte. Sie
bekam als Hochzeitsgeschenk eine Büchse, in
der alle Untugenden und Laster enthalten
waren und sollte diese Büchse nie öffnen. Das
tat sie aber und alle Laster und Untugenden
verbreiteten sich auf der ganzen Welt. Die
einzige gute Tugend in dieser Büchse war die
„Hoffnung“. Doch bevor diese entweichen
konnte, schloss Pandora schnell wieder die
Büchse.
Die Arbeitgeber meinen sogar, ver.di wäre auf
dem Holzweg, seine Reihen durch solche Regelungen für Gewerkschafter stärken zu können. Wir sollten es lieber mit Überzeugung
von der Notwendigkeit der Gewerkschaften
versuchen, so wie vor über 100 Jahren alles
begonnen hat. Wenn zwischenzeitlich Gewerkschaft durch die vielen Trittbrettfahrer so
geschwächt wird und keiner mehr da, mit
dem sie Tarifverträge schließen können? Tja,
da hätten die Arbeitgeber schon eine Idee. Bis
sich Gewerkschaften wieder zusammen finden
und stark werden könnte man ja die Löhne
per Direktive des Arbeitgebers festsetzen – so
wie ganz früher.
Alle paar Meter ein paar harte Brotkrümel
hinstreuen, kein Zuckerchen für die, die die
ganze Veranstaltung überhaupt möglich machen – das riecht förmlich nach dem ersten
landesweiten Erzwingungsstreik im Nahverkehr in der Geschichte des Landes Brandenburg. Busfahrer, Straßenbahnfahrer, OBusfahrer, Schlosser und Techniker in den
Werkstätten, organisiert euch! Werdet ver.diMitglied und kämpft mit uns gemeinsam für
euch selbst.
Jetzt ist die Stunde der ernsthaften Diskussion
auf allen Betriebshöfen gekommen, ob die
Kollegen einen Erzwingungsstreik wollen.
Einen Arbeitskampf kann man verlieren. Das
haben wir aber nicht vor. Unser Plan ist klar:
Wenn Arbeitskampf erforderlich wird, wollen
wir einen fairen Kompromiss für die Kollegen
und Kolleginnen erzwingen, der am Verhandlungstisch nicht möglich ist. Dazu müssen alle
Betriebe und alle Betriebshöfe gerüstet sein.
Der ver.di-Organisationsgrad im Fahrdienst
liegt im Landesdurchschnitt bei 80 Prozent.
Aufnahmeanträge bei euren ver.di-Vertrauensleuten
oder https://mitgliedwerden.verdi.de/
Verantwortlich für diese Veröffentlichung: ver.di Landesbezirk Berlin-Brandenburg Fachbereich Verkehr Marco Pavlik, Verhandlungsführer
 Mobil: 0170.2033993 oder E-Mail: marco.pavlik@verdi.de