Newsletter Steuern April 2015

STEUER-NEWSLETTER
April 2015
Sehr geehrte Damen und Herren,
gerne möchten wir Sie künftig mit einem quartalsmäßig erscheinenden STEUER-NEWSLETTER
über bedeutsame und aktuelle Entwicklungen aus dem Bereich des Steuerrechts informieren. Der
STEUER-NEWSLETTER ergänzt die monatlich erscheinenden Mandanteninformationen.
Auch möchten wir Sie in eigener Sache auf unseren neu gestalteten Internetauftritt unter
www.schlecht-partner.de aufmerksam machen.
Mit freundlichen Grüßen
Schlecht und Partner
In dieser Ausgabe
AKTUELLE GESETZGEBUNGSVERFAHREN...................................................................................... 2
1. Kroatiengesetz .................................................................................................................................... 2
2. Betriebsstättengewinnaufteilungsverordnung (BsGAV) ....................................................................... 3
3. Strafbefreiende Selbstanzeige ............................................................................................................ 3
4. BMF-Schreiben v. 24.10.2014 zur Reform des steuerlichen Reisekostenrechts ................................. 4
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AKTUELLE ENTWICKLUNG UNTERNEHMENSBESTEUERUNG ....................................................... 4
5. Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Zinsschranke (BFH v. 18.12.2013, I B 85/13) .................... 4
6. Umsatzsteuerliche Organschaft: Verschärfte Eingliederungsvoraussetzungen ................................... 5
7. BFH: Verfassungsmäßigkeit der Mindestgewinnbesteuerung ............................................................. 6
AKTUELLES INTERNATIONALES STEUERRECHT ............................................................................ 7
8. Europarecht: Britischer Abzug von „finalen Verlusten“ im Konzern ..................................................... 7
9. FG Köln: Finale Verluste erneut auf dem Prüfstand ............................................................................ 8
10. Neues DBA mit Israel unterzeichnet ................................................................................................. 9
11. Neues DBA mit Costa Rica unterzeichnet ......................................................................................... 9
12. Neues Kapitel V der OECD-Richtlinien: Verrechnungspreisdokumentation und CbC- Reporting .... 10
AKTUELLE ENTWICKLUNGEN VERMÖGENS-/UNTERNEHMENSNACHFOLGE ............................ 11
13. Implikationen des Urteils des Bundesverfassungsgericht zur ErbSt ................................................ 11
AKTUELLE GESETZGEBUNGSVERFAHREN
1. Kroatiengesetz
Der Bundesrat hat am 11. Juli 2014 dem zuvor vom
Bundestag am 3. Juli 2014 verabschiedeten Gesetz zur
Anpassung des nationalen Steuerrechts an den Beitritt
Kroatiens zur EU und zur Änderung weiterer steuerlicher
Vorschriften (KroatienbegleitG) seine Zustimmung
erteilt.
Neben redaktionellen Änderungen, die sich auf Grund des
Beitritts der Republik Kroatien zur EU zum 01.07.2013
ergeben, finden sich in diesem Gesetz auch weitere,
materielle Änderungen des Steuerrechts.
Im Rahmen des Gesetzes wurde die Umkehr der
Steuerschuld bei der Umsatzsteuer bei Bauleistungen neu
geregelt (§ 13b Abs. 5 Satz 2 UStG-neu). Grund hierfür war
ein Urteil des BFH aus 2013, welches die bisherige Handhabung durch die Finanzverwaltung verwarf. Nunmehr muss
der Leistungsempfänger einer Bauleistung eine - zusätzliche
- Bescheinigung des Finanzamts vorlegen, dass er nachhaltig Bauleistungen erbringt.
Diese Bescheinigung erhält der Leistungsempfänger beim
Finanzamt auf Antrag für drei Jahre. Der Verkauf von
Grundstücken (Bauträger) fällt jedoch nicht in diese
Betrachtung. Das gleiche Verfahren gilt ebenfalls bei Gebäudereinigungsleistungen.
Ebenfalls wurde im Kroatiengesetz der Mini-One-Stop-Shop
(MOSS) etabliert, der einerseits eine gesonderte Ortsbestimmung für elektronisch erbrachte Leistungen enthält (§
3a Abs. 5 UStG-neu) und eine zentrale Erfassung solcher
Umsätze, die ein inländisches Unternehmen im EU-Ausland
an Endkunden erbringt, über das Bundeszentralamt für
Steuern. Ferner wurde § 50i EStG neu gefasst. Es handelt
sich hierbei treaty-override bestehender Doppel-besteuerungsabkommen (DBA) für den Fall, dass Wirt-schaftsgüter
bzw. Anteile i.S.d. § 17 EStG unter dem Buchwert in eine
Personengesellschaft überführt werden und hieraus später bei Wohnsitzwechsel des Anteilseigners ins Ausland – Veräußerungsgewinne erzielt werden. Diese Gewinne sollen
trotz eventuell entgegen stehender DBA-Regelungen in
Deutschland versteuert werden.
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2. Betriebsstättengewinnaufteilungsverordnung (BsGAV)
Das BMF hat dem Bundesrat am 27.08.2014 die
Betriebsstättengewinnaufteilungsverordnung (BsGAV)
zur Zustimmung vorgelegt (BR-Drs. 401/14). Erwartungsgemäß stimmte der Bundesrat am 10.10.2014 der
vom BMF vorgelegt Betriebsstättengewinnaufteilungsverordnung zu.
Hintergrund
Hinsichtlich der Aufteilung der Einkünfte zwischen einem
Stammhaus und seiner in einem anderen Staat belegenen
Betriebsstätte ist der Fremdvergleichsgrundsatz anzuwenden. Die Regelung wurde durch das AmtshilferichtlinieUmsetzungsgesetz vom 26.6.2013 in das AStG eingefügt
und gilt für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2012
beginnen.
BMF, Einzelheiten zur Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes in einer Rechtsverordnung festzulegen.
Inhaltliche Neuerungen
Im Vergleich zum Verordnungsentwurf vom 05.08.2013
beinhaltet die BssGaV insbesondere die nachfolgend
genannten inhaltlichen Neuerungen:
-
-
Konkretisierung der Begriffe der Personalfunktion und
des eigenen Personals sowie die Klarstellung, dass
Personalfunktionen einer Betriebsstätte nicht zuzuordnen sind, wenn die Personalfunktion in der
Betriebsstätte an weniger als 30 Tagen ausgeübt wird;
Erstellung der Hilfs- und Nebenrechnung unter
Anwendung der Einnahmeüberschussrechnung für Betriebsstätten von Unternehmen, die nach in- und ausländischem Recht nicht buchführungspflichtig sind;
Präzisierung der Regelungen zur Zuordnung von
Sicherungsgeschäften; und
Vorliegen einer anzunehmenden schuldrechtlichen
Leistungsbeziehung zwischen Stammhaus und Betriebsstätte (Dealing) unter bestimmten Voraussetzungen auch im Zusammenhang mit der Nutzung
finanzieller Mittel.
Die gesetzliche Regelung basiert auf dem sog. Authorized
OECD Approach (AOA) und dem OECD-Betriebsstättenbericht 2010. Kerngedanke des AOA ist die Selbständigkeitsfiktion der Betriebsstätte für steuerliche Zwecke und
damit die konsequente Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes auch im Innenverhältnis des Einheitsunternehmens.
-
Um die Regelungen zur Gewinnermittlung und -aufteilung
konkreter fassen zu können, ermächtigt § 1 Abs. 6 AStG das
Der nunmehr vorliegende Verordnungswortlaut ist erstmalig
für Wirtschaftsjahre anzuwenden, die nach dem 31.12.14
beginnen.
-
3. Strafbefreiende Selbstanzeige
Das BMF hat am 27.08.2014 den Referentenentwurf
eines „Gesetzes zur Änderung der Abgabenordnung
und des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung“
veröffentlicht, mit dem die Regelungen der strafbefreienden Selbstanzeige verschärft werden. Das Bundeskabinett hat am 24.9.2014 den Entwurf eines Gesetzes
zur Änderung der Abgabenordnung und des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung beschlos-sen.
Steuerhinterziehungen in besonderen Fällen angepasst
werden.
Ziel der Gesetzesinitiative ist es, Steuerhinterziehung
konsequent zu bekämpfen. Die strafbefreiende Selbstanzeige sowie die Möglichkeit des Absehens von Verfolgung
in besonderen Fällen soll hierbei zwar dem Grunde nach
erhalten bleiben, jedoch die Voraussetzungen deutlich
verschärft werden.
-
Die Regelungen der strafbefreienden Selbstanzeige und
zum Absehen von Verfolgung sollen zur Bekämpfung von
Neben redaktionellen Änderungen sind die folgenden
inhaltlichen Regelungen hervorzuheben:
-
-
-
-
Verlängerung der strafrechtlichen Verjährungsfrist bei
der einfachen Steuerhinterziehung nach § 370 AO von
bislang 5 auf nunmehr 10 Jahre, § 376 Abs. 1 AO;
Staffelung des Zuschlags abhängig vom Hinterziehungsvolumen (§ 398a AO);
steuerliche Anlaufhemmung für nicht deklarierte
ausländische Kapitalerträge (§ 170 Abs. 6 AO);
Anpassung und Erweiterung der Sperrgründe bei der
strafbefreienden Selbstanzeige (§ 371 Abs. 2);
Klarstellung zur Beseitigung bestehender und
praktischer Verwerfungen im Bereich der UmsatzsteuerVoranmeldungen und der Lohnsteueranmeldung (§ 371
Abs. 2a AO);
Aufnahme der Hinterziehungszinsen als
Tatbestandsvoraussetzung für eine wirksame
strafbefreiende Selbstanzeige (§ 371 Abs. 3 AO).
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4. BMF-Schreiben v. 24.10.2014 zur Reform des steuerlichen Reisekostenrechts
Das BMF hat ein neues Schreiben zur Reform des
steuerlichen Reisekostenrechts ab dem 1.1.2014 veröffentlicht. Das neue BMF-Schreiben ersetzt das bisherige Einführungsschreiben v. 30.9.2013. Das Schreiben regelt die steuerlichen Beurteilung von Reisekosten
bei Arbeitnehmern (BMF, Schreiben v. 24.10.2014 - IV C 5
- S 2353/14/10002).
Hintergrund
Mit dem Gesetz zur Änderung und Vereinfachung der
Unternehmensbesteuerung
und
des
steuerlichen
-
-
Fahrtkosten bei auswärtiger Tätigkeit, Sammelpunkt,
weiträumiges Tätigkeitsgebiet
Ermittlung der Pauschalen, Dreimonatsfrist und
Pauschalbesteuerung bei Verpflegungsmehraufwendungen
Bewertung und Besteuerungsverzicht bei üblichen Mahlzeiten
Doppelte Haushaltsführung
Reisekostenrechts v. 20.2.2013 wurden die bisherigen
steuerlichen Bestimmungen zum steuerlichen Reisekostenrecht umgestaltet. Das nun veröffentlichte BMFSchreiben enthält die Grundsätze, die bei der Anwendung
der am 1.1.2014 in Kraft getretenen gesetzlichen Bestimmungen zur Beurteilung von Reisekosten der Arbeitnehmer
gelten.
Änderungen gegenüber dem Einführungsschreiben v.
30.9.2013 enthält das nun veröffentlichte Schreiben u.a. in
folgenden Punkten:
-
Definition „erste Tätigkeitsstätte“
Unterkunftskosten im Rahmen einer Auswärtstätigkeit
Das neue Schreiben des BMF v. 24.10.2014 ist mit Wirkung
ab 1.1.2014 anzuwenden. Hinsichtlich der Regelungen in
Rz. 65 (Mahlzeiten im Flugzeug, Schiff oder Zug) wird es
von der Finanzverwaltung jedoch nicht beanstandet, wenn
diese erst ab 1.1.2015 angewendet werden. Das BMFSchreiben v. 30.9.2013 wird aufgehoben und durch dieses
BMF-Schreiben ersetzt.
AKTUELLE ENTWICKLUNG UNTERNEHMENSBESTEUERUNG
5. Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Zinsschranke (BFH v. 18.12.2013, I B 85/13)
Im Rahmen der Unternehmenssteuerreform 2008 wurde
der Abzug von Zinsen bei der steuerlichen
Gewinnermittlung mit der Einführung der Zinsschranke
des § 4h EStG beschränkt. So regelt die Zinsschranke,
dass Zinsaufwendungen eines Betriebs in Höhe des
Zinsertrags desselben Wirtschafsjahres steuermindernd
berücksichtigt werden können. Darüber hinaus gehende
Zinsaufwendungen eines Betriebs dürfen in einem
Veranlagungszeitraum nur bis zur Höhe von 30 % des
steuerlichen
EBITDA
abgezogen
werden.
Die
Zinsschranke bewirkt daher, dass Zinsaufwendungen
teilweise nicht in dem Jahr als Betriebsausgabe
steuermindernd berücksichtigt werden, in dem sie
angefallen sind.
Bereits mit der Einführung der Zinsschranke bestanden
im Schrifttum Zweifel an der Verfassungs- und
Europarechtsmäßigkeit der Regelung des § 4h EStG. So
verstoße die Regelung insbesondere gegen das
objektive Nettoprinzip und diene hierbei nicht der
Missbrauchsprävention, so dass eine Rechtfertigung
dahingehend ausscheidet.
Der BFH hat nun mit Beschluss vom 18. Dezember 2013
(I B 85/13, DStR 2014, S. 788) „ernstliche Zweifel“ an der
Verfassungsmäßigkeit der Zinsschranke geäußert.
Hintergrund
Ein Unternehmen erwirtschaftete einen deutlich negativen
Zinssaldo. Das Finanzamt beschränkte daraufhin den Zinsabzug gemäß der Zinsschrankenregelung und erfasste den
verbleibenden Zinsaufwand als sog. Zinsvortrag.
Hiergegen erhob das Unternehmen Klage und beantragte
die Aussetzung der Vollziehung (AdV). Obwohl das erstinstanzliche Finanzgericht Münster ernsthafte Zweifel an der
Verfassungsmäßigkeit der Zinsschranke äußerte, versagte
das Gericht dennoch die AdV. Gegen die Ablehnung der AdV
wurde beim BFH Revision eingelegt
Entscheidung
Der BFH gibt dem klagenden Unternehmen recht und erlaubt
die AdV des streitigen Steuerbetrags. In seiner Urteils-
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begründung äußert sich das höchste Finanzgericht auch zu
seiner Einschätzung der Zinsschrankenregelung. So ist in
Fällen, bei welchen die Rechtslage nicht eindeutig ist, in der
Regel die Vollziehung eines Steuerbescheids auszusetzen.
Dies gilt auch dann, wenn ernstliche Zweifel an der
verfassungsrechtlichen Gültigkeit einer Gesetzesnorm
bestehen.
Nach Auffassung des BFH bestehen solche ernstlichen
Zweifel bei der Zinsschranke. So darf nach dem objektiven
Nettoprinzip grundsätzlich nur das Nettoeinkommen, also
Auch eine Rechtfertigung der Zinsschranke als Mittel zur
Missbrauchsabwehr ist fraglich, wie der BFH sehr
ausführlich darlegt. Darüber hinaus ist aus Sicht des BFH
zweifelhaft, ob die Zinsschranke überhaupt erforderlich ist,
um den gewünschten Zweck zu erfüllen.
Hinweise
Der Beschluss des BFH vom 18.12.2013 sollte jeden
Steuerpflichtigen interessieren, welcher hohen Fremdkapitalaufwand zu tragen hat. Der BFH sieht ernstliche
der Saldo aus Betriebseinnahmen und -ausgaben, besteuert
werden. Dieses Prinzip wird durch die Zinsschranke
durchbrochen, da zwar die gesamten Einnahmen erfasst,
der Betriebsausgabenabzug jedoch eingeschränkt ist und
teilweise auf Folgeperioden verteilt wird. Durch die
Zinsschranke kann es trotz hoher erwirtschafteter Verluste
zu einer erheblichen Steuerbelastung kommen. Dies führt zu
einer Substanzbesteuerung anstelle der Besteuerung der
wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit.
Zweifel, ob die Regelungen zur Zinsschranke mit Art. 3 Abs.
1 GG vereinbar sind.
Es erscheint absehbar, dass die Regelung der Zinsschranke
des § 4h EStG das BVerfG in naher Zukunft beschäftigen
wird. Sollte hierbei das BVerfG die Zinsschranke entsprechend der Bedenken des BFH mit Beschluss vom
18.12.2013 für verfassungswidrig halten, so wäre es hierbei
grundsätzlich wünschenswert, dies nicht nur für die Zukunft,
sondern auch für die Vergangenheit zur Nichtigerklärung der
Regelung führen.
.
6. Umsatzsteuerliche Organschaft: Verschärfte Eingliederungsvoraussetzungen
Das BMF hat mit Schreiben vom 07.03.2013 (IV D 2 – S
7105/11/10001) als Reaktion auf das Urteil des BFH vom
07.07.2011 (V R 53/10) den UStAE angepasst und
wesentlich erweitert, um die Rechtsprechung zur organisatorischen Eingliederung zu berücksichtigen. Hierbei
sind die Anforderungen an die organisatorische Eingliederung verschärft worden. Hierbei wurden jedoch
nicht alle Zweifelsfragen geklärt, so dass das BMF mit
einem Folgeschreiben vom 05.05.2014 (IV D 2 – S
7105/11/10001) zu einer Reihe von Folgefragen Stellung
nimmt.
Mit Schreiben vom 07.03.2013 sowie 05.05.2014 wurden
somit die Verwaltungsanweisungen zur organisatorischen Eingliederung bei der umsatzsteuerlichen
Organschaft in Abschnitt 2.8. UStAE neu gefasst.
Wesentliche Neuregelungen im Einzelnen
a) Nichtunternehmer als Teil eines Organkreises
Das BMF lehnt mit Schreiben vom 05.05.2014 auch
weiterhin ab, Nichtunternehmer in einen Organkreis
einzubeziehen. Nach Auffassung des BMF steht die
gegenwärtige Regelung in Einklang mit Art. 11 der
Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie.
b) Organisatorische Eingliederung: Durchsetzung
Willens des Organträgers in der Organgesellschaft
des
Die Veröffentlichung der BFH-Entscheidung zum Ende der
Organschaft bei Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters und damit dessen allgemeine Anwendung über
den entschiedenen Einzelfall hinaus wird mit Schreiben vom
05.05.2014 bis auf weiteres zurückgestellt (v. BFH v.
08.08.2013, V R 18/13).
c) Organisatorische
leitender Mitarbeiter
Eingliederung
durch
Entsendung
Die organisatorische Eingliederung der Organgesellschaft in
das Unternehmen des Organträgers kann nach BFH-Rspr. in
der Weise erfolgen, dass „leitende Mitarbeiter“ des
Organträgers als Geschäftsführer der Organgesellschaft
tätig sind. Hierbei enthält Abschn. 2.8. Abs. 9 UStAE enhält
Aussagen zur organisatorischen Eingliederung durch
Entsendung leitender Mitarbeiter.
Der Auffassung des BFH liegt die Auffassung zugrunde,
dass der leitende Mitarbeiter des Organträgers dessen
Weisungen bei der Geschäftsführung der Organgesellschaft
aufgrund eines zum Organträgers bestehenden Anstellungsverhältnisses unterliegt und eine sich hieraus ergebenden
persönlichen Abhängigkeit besteht, so dass er bei weisungswidrigem Verhalten vom Organträger als Geschäftsführer der
Organgesellschaft uneingeschränkt abberufen werden kann.
Dieses Abhängigkeitsverhältnis besteht jedoch nicht nur
exklusiv bei leitenden, sondern bei allen Mitarbeitern des
Organträgers. Somit sind die betreffenden Urteile des BFH
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weiter anzuwenden, jedoch auf das Leitungsmerkmal des
Mitarbeiters verzichtet. Mithin werden Abgrenzungsschwierigkeiten vermieden.
d) Organisatorische Eingliederung in Abschn. 2.8. Abs. 8 S.
1 sowie Abs. 10 S. 4, 5 UStAE
Das BMF macht in seinem Schreiben vom 05.05.2014
nähere Ausführungen über die organisatorische Eingliederung über eine Beteiligungskette bzw. zur Annahme einer
organisatorischen Eingliederung in Beherrschungs- und Eingliederungsfällen.
Fehlt es an einer personellen Verflechtung zwischen
Organträger und Organgesellschaft, wird die organisatorische Eingliederung durch einen Beherrschungsvertrag
nach § 291 AktG oder eine Eingliederung nach §§ 319, 320
AktG begründet, sofern sich das daraus ergebende
Weisungsrecht des Organträgers auf die gesamte unternehmerische Sphäre der Organgesellschaft erstreckt
(Abschnitt 2.8 Abs. 10 Sätze 6 und 7 UStAE).
Ferner erläutert der BMF anhand von Beispielen, wie die
organisatorische Eingliederung über eine Beteiligungskette
zum Organträger vermittelt wird (Abschnitt 2.8 Abs. 10a
UStAE). So kann die organisatorische Eingliederung auch
über eine zwischengeschaltete nichtunternehmerisch tätige
Tochtergesellschaft oder über eine Schwestergesellschaft
der Organgesellschaft begründet werden, sofern letztlich
sichergestellt ist, dass keine vom Organträger abweichende
Willensbildung stattfindet.
Übergangsfrist
Um aufgrund der vorgenannten Neufassung einen abrupten
Verlust der Vorteil einer bislang angenommenen umsatz-
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steuerlichen Organschaft zu vermeiden, hatte das BMF mit
Schreiben vom 07.03.2013 eine Übergangsregelung bis
Ende 2013 vorgesehen. Bis dahin sollte es nicht beanstandet werden, wenn die Eingliederungsvoraussetzungen
bei einer bisher angenommenen umsatzsteuerlichen Organschaft neun aufgrund der verschärften Kriterien nicht mehr
vorlagen.
Aufgrund aufkommender Kritik ist mit BMF-Schreiben vom
11.12.2013 (IV D 2 – S 7105/11/10001) unter Bezugnahme
auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder die Übergangsregelung des BMFSchreibens vom 07.03.2013 bis zum 1.1.2015 verlängert
worden.
Handlungsempfehlung
Vor dem Hintergrund des BMF-Schreibens vom 07.03.2013
sowie der Verlängerung der Übergangsregelung sollte bis
01.01.2015 mögliche Implikationen geprüft werden.
Vom Grundsatz her zielt die Rechtsprechung sowie das BMF
auf eine stärkere personelle Verflechtung zwischen Organträger und Organgesellschaft ab.
Ist die bisher bestehende Organschaft unerwünscht, ist zu
prüfen, ob die organisatorische Eingliederung im Lichte des
vorgenannten BMF-Schreibens gar nicht besteht oder gezielt
beseitig werden kann.
Soll hingegen die Organschaft erhalten werden, gilt es etwaige erforderliche Anpassungen vorzunehmen.
Sofern die Organträger eine umsatzsteuerliche Organschaft
dadurch vermieden, dass sie explizit nicht leitende Mitarbeiter in die Geschäftsführung der Organgesellschaft entsandten, bleibt diesbezüglich bis zum 31.12.2014 Zeit, um
die Gestaltung zu überdenken.
7. BFH: Verfassungsmäßigkeit der Mindestgewinnbesteuerung
Der BFH hat mit Beschluss vom 26.02.2014 (I R 59/12)
das Bundesverfassungsgericht im Rahmen eines
Normenkontrollersuchens zur Verfassungsprüfung der
Mindestbesteuerung gem. § 10d Abs. 2 EStG angerufen.
Rechtsprechung des BFH
Hintergrund
Der BFH ist nun jedoch davon überzeugt, dass das nur für
den "Normalfall" gilt, nicht jedoch dann, wenn der vom
Gesetzgeber beabsichtigte, lediglich zeitliche Aufschub der
Verlustverrechnung in einen endgültigen Ausschluss der
Verlustverrechnung hineinwächst und damit ein sog.
Definitiveffekt eintritt.
Die Mindestbesteuerung des § 10d Abs. 2 EStG begrenzt
den (interperiodischen) Verlustabzug betragsmäßig, indem
nur 60% des Gesamtbetrags der Einkünfte oberhalb eines
Sockelbetrags von 1 Mio. EUR zur Verrechnung mit Verlustvorträgen zur Verfügung stehen.
Der Abzug darüber hinausgehender Verlustvorträge wird
insofern zeitlich aufgeschoben.
Mit Urteil vom 22.08.2012 I R 9/11 hatte der I. Senat des
BFH entschieden, dass die sog. Mindestbesteuerung gemäß
§ 10d Abs. 2 EStG "in ihrer Grundkonzeption" nicht
verfassungswidrig ist.
Der I. Senat des BFH hat deswegen durch Beschluss vom
26.02.2014 I R 59/12 das Bundesverfassungs-gericht
(BVerfG) im Rahmen eines Normenkontrollersuchens zur
Verfassungsprüfung angerufen.
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Die Einkommen- und Körperschaftsteuer soll die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines Steuersubjekts abschöpfen. Bemessungsgrundlage der Besteuerung ist vor
diesem Hintergrund das "Nettoeinkommen" nach Abzug der
Erwerbsaufwendungen. Fallen die Aufwendungen nicht in
demjenigen Kalenderjahr an, in dem die Einnahmen erzielt
werden, oder übersteigen sie die Einnahmen, sodass ein
Verlust erwirtschaftet wird, ermöglicht es das Gesetz, den
Verlustausgleich auch über die zeitlichen Grenzen eines
Im Streitfall musste eine Kapitalgesellschaft eine ihr zustehende Geldforderung zu einem Bilanzstichtag in voller
Höhe auf Null abschreiben, wodurch ein Verlust entstand.
Zwei Jahre später kam es zu einer gegenläufigen Wertaufstockung, was einen entsprechenden Gewinn zur Folge
hatte. Eine vollständige Verrechnung des Verlusts mit dem
Gewinn im Wege des Verlustabzugs scheiterte im
Gewinnjahr an der Mindestbesteuerung. Zwischenzeitlich
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Bemessungszeitraums hinweg vorzunehmen (sog. Überperiodischer Verlustabzug). Seit 2004 ist dieser Verlustabzug
begrenzt: 40 % der positiven Einkünfte oberhalb eines
Schwellenbetrags von 1 Mio. Euro werden auch dann der
Ertragsbesteuerung unterworfen, wenn bisher noch nicht
ausgeglichene
Verluste
vorliegen
(sog.
Mindestbesteuerung). Damit wird die Wirkung des Verlustabzugs in
die Zukunft verschoben.
war die Kapitalgesellschaft insolvent geworden, sodass sich
der nicht ausgeglichene Verlust steuerlich auch in der Folgezeit nicht mehr auswirken konnte.
In dem dadurch bewirkten Definitiveffekt der Mindestbesteuerung sieht der BFH einen gleichheitswidrigen Eingriff
in den Kernbereich des ertragsteuerrechtlichen Nettoprinzips. Darüber, ob das zutrifft, wird nun das BVerfG zu
entscheiden haben.
AKTUELLES INTERNATIONALES STEUERRECHT
8. Europarecht: Britischer Abzug von „finalen Verlusten“ im Konzern
Britischer Abzug von „finalen Verlusten“ im Konzern
EuGH Urt. v. 03.02.2015 – C 172/13, Kommission /
Vereinigtes Königreich
Am 13.12.2005 hatte der EuGH in der Rechtssache Marks &
Spencer den Staat der Muttergesellschaft (Vereinigtes
Königreich) verpflichtet, „endgültige" Verluste von Tochtergesellschaften in anderen EU-Staaten zum Abzug bei der
Muttergesellschaft zuzulassen. Das Thema „finale Verluste "
nicht nur von Tochtergesellschaften, sondern auch von
unselbständigen Betriebsstätten wird seitdem heftigen
diskutiert und hat einer Reihe weiterer Verfahren zum Thema
beim EuGH angestoßen. In ihren Schlussanträgen haben
sich insbesondere die Generalanwälte regelmäßig kritisch
zur „Marks & Spencer-Rechtsprechung" geäußert.
Sachverhalt
Nach dem Ergehen des Urteils Marks & Spencer hat die
britische Regierung im Corporation Tax Act 2010 festgelegt,
dass ein grenzüberschreitender Konzernabzug voraussetze,
dass die gebietsfremde Gesellschaft die Möglichkeiten zur
Berücksichtigung von Verlusten im Steuerzeitraum, in dem
die Verluste entstanden sind, und in den früheren Steuer-
zeiträumen ausgeschöpft hat. Außerdem darf es keine Möglichkeit geben, die Verluste in künftigen Steuer-zeiträumen
zu berücksichtigen, was unmittelbar nach Ende des Zeitraums der Entstehung festzustellen ist. Die EU-Kommission
sah in der englischen Regelung einen Verstoß gegen die
Niederlassungsfreiheit und strengte ein Vertragsverletzungsverfahren an. Der EuGH hat die Klage der Kommission
abgewiesen. Das Gericht sah die von der Kommission
erhobenen Bedenken teilweise als unzutreffend und
teilweise als nicht erheblich an.
Im Einzelnen
Es entspreche der Rechtsprechung des EuGH, dass ein
Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit durch den Ausschluss von der Berücksichtigung von Verlusten ausländischer Tochtergesellschaften gerechtfertigt sein könne,
wenn die entsprechenden Vorschriften aus zwingenden
Gründen des Allgemeininteresses notwendig seien und nicht
über das erforderliche Maß hinausgingen. Der EuGH habe in
den früheren britischen Vorschriften einen Verstoß gegen die
Niederlassungsfreiheit gesehen, da es nicht möglich gewesen sei, endgültige Verluste von Tochtergesellschaften mit
Gewinnen der britischen Muttergesellschaft zu verrechnen.
Genau eine solche Verrechnung sehe das neue britische
Recht jedoch vor. Der EuGH habe allerdings weiterhin
entschieden, dass die Endgültigkeit der Verluste nicht daher
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rühren dürfe, dass der Mitgliedstaat, in dem die Tochtergesellschaft ihren Sitz habe, jegliche Möglichkeit zum
Verlustvortrag ausschließe. In einem solchen Fall könne der
grenzüberschreitende Konzernabzug verweigert werden,
ohne gegen die Niederlassungsfreiheit zu verstoßen. Soweit
die Kommission darüber hinaus mit ihrer Klage behauptet
habe, eine Berücksichtigung von Verlusten komme nur dann
in Betracht, wenn die ausländische Tochtergesellschaft
bereits abgewickelt werde, so sei diese Behauptung nicht
belegt worden. Entsprechende Voraussetzungen hinsichtlich
der Einleitung eines Liquidationsverfahrens sähe das
britische Recht nicht vor. Die britische Regierung habe im
Verfahren anhand eines konkreten Falls nachgewiesen, dass
Verluste auch dann berücksichtigt werden könnten, wenn die
Tochtergesellschaft unmittelbar nach Ende des Steuerzeitraums, in dem die Verluste entstanden seien, ihre
Geschäftstätigkeit eingestellt und ihre Vermögenswerte
abgegeben habe. Hinsichtlich der zweiten Rüge habe die
Kommission, unabhängig von dem Vortrag der britischen
Regierung, dass auch für Verlustsituationen vor dem
01.04.2006 die nationalen Vorschriften europarechtskonform
ausgelegt würden, nicht nachgewiesen, dass es überhaupt
Situationen gebe, in denen ein entsprechender Verlustabzug
nicht gewährt worden sei.
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Auswirkungen auf das deutsche Steuerrecht
Auch in Deutschland ist die Nutzung von ausländischen
Verlusten im Rahmen der Besteuerung der Muttergesellschaft ist ein seit Langem diskutiertes Problemfeld.
Eine entsprechende Berücksichtigung ausländischer Verluste steht naturgemäß nicht im Interesse des Sitzstaates
der Muttergesellschaft, da diese letztlich eine "Ausfallbürgschaft" übernimmt; entsprechend zurückhaltend ist die
deutsche Finanzverwaltung. Gegenwärtig wird diskutiert,
wann Verluste aus ausländischen Betriebsstätten berücksichtigt werden müssen. Wird eine Betriebsstätte geschlossen, sind nach der Rechtsprechung die entsprechenden Verluste in Deutschland anzuerkennen, es sei denn,
es bestehen konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Unternehmer beabsichtigt, bald darauf in dem entsprechenden
Mitgliedstaat wiederum wirtschaftlich tätig zu werden. Allein
die abstrakte Möglichkeit, wieder tätig zu werden, reicht nicht
aus, um die Rechtsprechung des EuGH zur Niederlassungsfreiheit nicht leerlaufen zu lassen. Die Finanzverwaltung hat
die Rechtsprechung des BFH bislang nicht im
Bundessteuerblatt veröffentlicht und anerkannt.
Die Entscheidung des EuGH stellt jedenfalls klar, dass
dieser auch weiterhin an seinen Grundsätzen zur Berücksichtigung finaler Verluste festhält. Etwaige Hoffnungen des
Gesetzgebers auf eine Modifikation seiner Rechtsprechung
lassen sich aus dieser Entscheidung nicht ableiten.
9. FG Köln: Finale Verluste erneut auf dem Prüfstand
Das FG Köln hat dem EuGH in Luxemburg zwei Fragen
zur Behandlung sogenannter "finaler Verluste" und zur
Hinzurechnungsbesteuerung vorgelegt.
EuGH-Rechtsprechung zu finalen Verlusten
Verluste aus ausländischen Betriebsstätten deutscher
Stammhäuser können sowohl nach Auffassung des EuGH
(Urteil vom 15.05.2008, „Lidl Belgium“, C-414/06) sowie des
BFH (Urteile vom 09.06.2010, I R 100/09 und I R 107/09)
trotz der abkommensrechtlichen Freistellung ausländischer
Betriebsstätteneinkünfte im Ansässigkeitsstaat des Stammhauses steuermindernd berücksichtigt werden, wenn und
soweit der Steuerpflichtige nachweist, dass die Verluste im
Quellenstaat nicht mehr anderweitig steuerlich verwertbar
sind (sog. „finale Verluste).
Hintergrund
Klägerin ist die deutsche Tochtergesellschaft eines
französischen Konzerns, die im Streitjahr 2005 ihre österreichische Betriebsstätte an ihre ebenfalls in Österreich
ansässige Schwestergesellschaft veräußert hatte. Zum
Zeitpunkt der Veräußerung bestanden bei der österreichischen Betriebsstätte Verluste in Höhe von ca. 400.000
Euro, die bisher weder in Österreich noch in Deutschland bei
der Besteuerung berücksichtigt worden waren.
Die Klägerin vertritt die Auffassung, dass diese Verluste nach
der Rechtsprechung des EuGH zur Berücksichtigung von
"finalen Verlusten" nunmehr anlässlich der Veräußerung in
Deutschland anzusetzen seien.
Vorlagefrage
Das FG Köln hält vor dem Hintergrund der jüngeren
Rechtsprechung des EuGH die Frage, ob finale Verluste im
Inland zu berücksichtigen sind, weiterhin für nicht abschließend geklärt.
Mit seinem Beschluss fragt der 13. Senat beim Gerichtshof
in Luxemburg somit an, ob ausländische Betriebsstättenverluste tatsächlich nach Maßgabe ausländischen
Rechts ins Inland "importiert" werden müssen, obwohl die
ausländischen Einkünfte durch ein Doppelbesteuerungs-
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abkommen von der deutschen Besteuerung freigestellt
wurden. Hintergrund der Vorlage sind insoweit die gegenläufigen Entscheidungen in den EuGH-Verfahren "K" (C322/11) und "A Oy" (C-123/11) und die massive Kritik
mehrerer Generalanwälte an der EuGH-Rechtsprechung zu
den "finalen Verlusten".
Die andere Vorlagefrage betrifft die Hinzurechnungsregelung
in § 2a Abs. 4 Nr. 2 EStG. Das Finanzamt hatte aufgrund der
Veräußerung der österreichischen Betriebsstätte deren
Verluste, die bis 1998 in Deutschland bei der Klägerin
berücksichtigt worden waren, im Veräußerungsjahr dem
Gewinn der Klägerin wieder hinzugerechnet. Hierzu möchte
der 13. Senat vom EuGH wissen, ob diese Hinzurechnung
anlässlich einer Veräußerung (ohne Gewinn) mit der
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Rechtsprechung des EuGH in der Sache Krankenheim
Ruhesitz am Wannsee (C-157/07) vereinbar ist.
Handlungsempfehlung
Vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des EuGH sowie
des BFH zur Möglichkeit der Berücksichtigung finaler
Verluste ausländischer Betriebsstätten im Inland ist auch
unter Berücksichtigung der h.M. im Schrifttum in derartig
gelagerten Fällen an einer Verlustberücksichtigung festzuhalten.
Die
Finanzverwaltung
scheint
derzeit
auf
die
Berücksichtigung finaler Verluste zurückhaltend zu reagieren. Erst eine abschließende gesetzliche Regelung zum
Umgang mit finalen Verlust kann die derzeit bestehende
Rechtsunsicherheit beseitigen.
(Finanzgericht Köln, Pressemitteilung vom 1.9.2014 zu
Beschluss vom 19.02.2014 - 13 K 3906/09, Az. des
Vorlageverfahrens beim EuGH: C-388/14)
10. Neues DBA mit Israel unterzeichnet
Deutschland und Israel haben am 21.08.2014 in Berlin
ein
neues
Doppelbesteuerungsabkommen
(DBA)
unterzeichnet.
Das Abkommen zwischen Deutschland und Israel basiert im
Grundsatz auf dem OECD-Musterabkommen. Den Authorised OECD Approach (AOA) zur Gewinnabgrenzung
zwischen Betriebsstätte und Stammhaus enthält das neue
Abkommen jedoch nicht.
Für Dividenden sieht das BDA einen Quellensteuersatz von
maximal 10% (statt bisher 25%) vor. Dieser reduziert sich
auf 5% im Falle einer Kapitalgesellschaft, die unmittelbar zu
mindestens 10% an der die Dividende auszahlenden
Gesellschaft beteiligt ist.
11. Neues DBA mit Costa Rica unterzeichnet
Deutschland hat vor dem Hintergrund des Bemühens,
das deutsche Abkommensnetz zu erweitern, nunmehr
auch mit Costa Rica ein DBA abgeschlossen.
Ein erster Entwurf eines DBA mit Costa Rica wurde bereits
1993 unterzeichnet, der aber insbesondere wegen der
Datenschutzklausel immer wieder zurückgestellt wurde.
Obwohl Costa Rica im Wesentlichen als Agrarland anzusehen ist, hat das Land durch den Beitritt zu einem
Freihandelsabkommen mit den USA im Jahr 2007 an
wirtschaftlicher Bedeutung gewonnen. Derzeit ist von einem
abkommenslosen Zustand auszugehen.
Für Dividenden beträgt der Quellensteuerhöchstsatz 5 % bei
Schachtelbeteiligungen mit mindestens 20 % Beteiligung
bzw. 15 % in allen anderen Fällen.
Für Zinsen gilt ein Quellensteuersatz von 5 %. Bei einer
Beteiligung als stiller Gesellschafter, bei Einkünften aus
partiarischen Darlehen und bei Gewinnobligationen besteht
ein Quellenbesteuerungsrecht – und zwar ohne Begrenzung
im DBA
Der Quellensteuerhöchstsatz bei Lizenzgebühren beträgt 10
%.
Das neue Abkommen mit Costa Rica wurde am 13. 2. 2014
unterzeichnet und wird frühestens ab dem 01.01.2015 anzuwenden sein.
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12. Neues Kapitel V der OECD-Richtlinien: Verrechnungspreisdokumentation und CbC- Reporting
Am 16.09.02014 hat die OECD den finalen „ Guidance on
Transfer Pricing Documentation and Country - by Country Reporting “ veröffentlicht, der als Ergebnis das
neue Kapitel V der OECD-Richtlinien zur Dokumentation
enthält.
-
Beschreibung der Geschäftstätigkeiten: Wesentliche
Geschäftstreiber, Wertschöpfungskette, wesentliche
Servicetransaktionen (ohne F&E), wesentliche Märkte,
wirtschaftliche Indikatoren, materielle Wirtschaftsgüter,
F&R Analyse, Restrukturierungen, Akquisitionen,
Veräußerungen;
Das neue Kapitel V der OECD-Richtlinien soll Standards für
die Verrechnungspreisdokumentation und eine Vorlage für
ein Country - by - Country Reporting von Einkommen,
Gewinnen, Steuerzahlungen und weiteren wirtschaftlichen
Faktoren vorgeben. Hierbei sollen Steuerpflichtige ein
Dokumentationspaket von drei Unterlagen vorhalten: Das
„Masterfile“, die jeweiligen „Local Files“ und die jeweiligen „
Country - by - Country -Reports“. Dieser Dreiklang soll den
Steuerpflichtigen
dazu
anhalten,
eine
einheitliche,
konsistente und transparente Verrechnungspreispolitik und dokumentation zu implementieren.
-
Darstellung
der
immateriellen
Vermögenswerte:
Beschreibung der Gruppenstrategie, F&E-Einrichtungen, konzerninterne Verträge inklusive CCA, F&EVerträge, Lizenzverträge;
-
konzerninterne Finanzierungsstruktur: Beschreibung der
Gruppenfinanzierung inklusive wesentlicher unverbundener Darlehensgeber, Identifikation von Gruppengesellschaften mit zentraler Finanzierungsfunktion, Beschreibung der Richtlinien bzgl. konzerninterner Finanzierung.
-
Ergänzt wird das Masterfile durch nationale „Local Files“
für jeden beteiligten Staat, die eine transaktionsbezogene nationale Dokumentation enthalten, wobei
Kapitel V folgenden Inhalt vorsieht:
-
Informationen zur lokalen Gesellschaft: Detaillierte
Beschreibung der Geschäftstätigkeit, Organisationsstruktur (Chart), Reporting Lines, Hauptwettbewerber;
-
konzerninterne Geschäftsvorfälle: Beschreibung nach
Gruppen, Volumen, Aufzählung involvierter verbundener
Unternehmen, Kopien konzerninterner Verträge, detaillierte Vergleichs- und Funktionsanalyse, Nennung
und Begründung der ausgewählten Verrechnungs-preismethode(n), Auflistung und Begründung der Vergleichsunternehmen, ggf. Begründung für Mehrjahresanalysen,
Erläuterung von Anpassungs-rechnungen, Kopien aller
einseitigen/bilateralen/-multilateralen APA und anderer
Steuerab-kommen, deren Transaktionen die jeweiligen
nationalen Steuer-behörden betreffen;
-
Finanzinformationen: (Geprüfte) Jahresabschlüsse,
Informationen zur Verwendung der Finanzdaten bei der
ökonomischen
Analyse,
Zusammenfassung
der
Das Country - by - Country Reporting verpflichtet
multinational agierende Konzerne jährlich und für jeden
Staat, in dem sie tätig sind, folgende Kriterien tabellarisch zu
erfassen: Umsatz, Gewinn vor Steuern, gezahlte und rückgestellte Steuern, Anzahl der Mitarbeiter, Kapital, Gewinnrücklagen und Wirtschaftsgüter.
Ausgangspunkt
der
eigentlichen
Verrechnungspreisdokumentation ist ein einheitliches Masterfile (pro Gruppe
oder Business Line), welches den Steuerbehörden in allen
beteiligten Staaten zur Verfügung gestellt werden soll. Hierin
soll ein weltweiter Überblick über wirtschaftliche Aktivitäten
und das Verrechnungspreissystem gegeben werden.
Das neue Kapitel V sieht
Inhaltspunkte des Masterfiles vor:
-
Finanzdaten
unternehmen.
der
insbesondere
herangezogenen
folgende
Vergleichs-
Ziel der OECD war es, die Anforderungen der Finanzverwaltungen an ausreichende Informationen zu erfüllen und
gleichzeitig die administrative Belastung für Steuerpflichtige
so gering wie möglich zu halten. Ob die umfangreichen
Anforderungen beiden Zielen gerecht werden können muss
sich zeigen. Nun ist es an den Staaten, die Anforderungen,
denen sie bei der OECD zugestimmt haben, in ihr nationales
Recht umzusetzen.
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AKTUELLE ENTWICKLUNGEN VERMÖGENS-/UNTERNEHMENSNACHFOLGE
13. Implikationen des Urteils des Bundesverfassungsgericht zur ErbSt
1.
Urteil
des
Bundesverfassungsgericht
Erbschaftsteuer vom 17.12.2014
zur
Das Bundesverfassungsgericht hat mit Urteil vom
17.12.2014 – 1 BvL 21/12 (BStBl 2015 II S. 50) die Verfassungswidrigkeit des geltenden Erbschaftsteuerrechts
(erneut) festgestellt. Die weitgehende Befreiung betrieblichen Vermögens von der Erbschaftsteuer in Höhe von
85% bzw. 100% (Optionsverschonung) fehlt eine verfassungsrechtliche Rechtfertigung, da der Umfang der
Befreiung gegenüber nicht begünstigtem Vermögen zu weit
geht. So hat das BVerfG im Hinblick auf das derzeit geltende
Begünstigungssystem eine Überbegünstigung festgestellt.
Somit verstoßen die Steuerprivilegien für Firmenerben
verstoßen gegen das Gleichbehandlungsgebot des Grundgesetzes – jedenfalls in ihrer derzeitigen die bis-herigen
Vorschriften weiter. Der Vertrauensschutz in die Fortgeltung
gilt jedoch nicht uneingeschränkt. In Fällen einer „exzessiven
Ausnutzung“ der als verfassungswidrig erkannten Regelungen kann der Gesetzgeber eine rück-wirkende Anwendung auf den 17.12.2014 anordnen. Bis zum 30.6.2016
muss der Gesetzgeber jetzt eine Neuregelung treffen. Bis zu
einer Neufassung gelten
2.
Konsequenzen
Übertragungen
für
erfolgte
und
anstehende
Für Übertragungen vor dem 17.12.2014 ist die Anwendung
der bisherigen Regelungen weiterhin gesichert, da das
BVerfG insoweit Vertrauensschutz gewährt. Für Unternehmer, die ihre Nachfolge bisher nicht geregelt haben,
besteht längstens bis zum 30.06.2016 eine letztmalige
Gelegenheit, die bisherigen, sehr günstigen Verschonungsregelungen ohne die vom BVerfG geforderten Verschärfungen zu nutzen. Zwar hat der Gesetzgeber Übergangsfristen in der Vergangenheit stets ausgenutzt, es droht aber
die Gefahr, dass er von seinem Rückwirkungsrecht
Gebrauch macht.
Es ist daher uE grundsätzlich anzuraten, durch die
Aufnahme einer Widerrufsklausel im Schenkungsvertrag,
das Risiko einer rückwirkenden Verschlechterung zu minimieren.
3.
Geplante Neuregelung
Wie zu vernehmen ist, hat die Bundesregierung vor dem
Hintergrund des BVerfG-Urteils vom 17. 12. 2014 - 1 BvL
21/12 (BStBl 2015 II S. 50) die Koalitionäre in Berlin in einem
Eckpunktepapier über mögliche erbschaftsteuerliche Änderungen informiert. Diese zeigen dann wohl die Richtung
auf, die in dem anstehenden Gesetzentwurf zu erwarten ist.
a. Begünstigtes Vermögen
Entsprechend der bisherigen Regelung des § 13b Abs. 2
Satz 1 ErbStG bleibt von der erbschaftsteuerlichen Verschonung das Vermögen ausgenommen, wenn das landund forstwirtschaftliche Vermögen oder das Betriebs-vermögen der Betriebe oder der Gesellschaften zu mehr als
50 % aus Verwaltungsvermögen besteht. Hierbei findet sich
die Definition des Verwaltungsvermögens in § 13b Abs. 2
Satz 2 ErbStG. Liegt das Verwaltungsvermögen unter der
50 %-Grenze, ist eine vollständige Begünstigung des
Vermögens möglich.
Diese Regelung wurde vom BVerfG kritisiert, da die
erbschaftsteuerliche Verschonung des Vermögens insgesamt auch dann gewährt wird, wenn dieses bis zu 50 %
aus Verwaltungsvermögen besteht. Es fehle somit an einer
Rechtfertigung, wieso im Falle eines Verwaltungsvermögens
von 49 % dieses insgesamt begünstigt wird, bei einem Anteil
von 51 % allerdings die Begünstigung völlig versagt wird
(„all-or-nothing-approach“), da das Verwaltungsvermögen
von dem Gesetz insgesamt als nicht förderungswürdig (=
nicht produktives Vermögen) angesehen wird.
Im Zuge der Neuregelung als Reaktion auf das Urteil des
BVerfG soll nun diese Schwarz-Weiß-Betrachtung aufgegeben werden. Hierzu soll das begünstigte Vermögen neu
definiert werden. Begünstigtes Vermögens sind demnach
alle Wirtschaftsgüter, die im Erwerbszeitpunkt zu mehr als
50 % für eine Gewinneinkunftsart genutzt werden.
Wirtschaftsgüter mit einer geringeren betrieblichen Nutzung
oder solche, die nur der Vermögensverwaltung dienen,
können zukünftig nicht mehr begünstigt übertragen werden.
Die Differenzierung soll für alle Rechtsformen gelten.
Weiterhin sollen Schulden konsolidiert und anteilig dem
begünstigten und nicht begünstigten Vermögen zugerechnet
werden. Ein Verwaltungsvermögen von 10 % soll allerdings
unschädlich sein.
b. Verschonung für große Unternehmen
Die
Verschonungsregelung
(Regelund
Optionsverschonung) nach § 13a ErbStG sind unabhängig von der
Größe des Erwerbs. Mithin werden sowohl kleine und
mittlere als auch große Unternehmen erbschaftsteuerlich
beim Erwerber begünstigt.
Im Zentrum der Kritik des BVerfG stand die Regelung der
Verschonung nach § 13a ErbStG, da die Verschonungsregelungen unverhältnismäßig sind, soweit sie den Erwerb
von großen Betriebsvermögen ohne Differenzierung betreffen. Es bedürfe bei Großunternehmen einer besonderen
Rechtfertigung für die Steuerfreistellung (Bedürfnisprüfung).
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Im Zuge der Reform soll diese Bedürfnisprüfung nun
gesetzlich geregelt werden. Für die Verschonung des
begünstigten Vermögens soll eine erwerbsbezogene
Freigrenze innerhalb von 10 Jahren von 20 Mio. € gelten.
Diese soll das insgesamt erworbene Vermögen ggf. nach
Zusammenrechnung der letzten 10 Jahre umfassen.
Kommt es zu einer Überschreitung der Freigrenze, so soll
eine individuelle Prüfung erfolgen, inwieweit eine Freistellung
(Begünstigung) gerechtfertigt ist. Der Erwerber muss hierzu
nachweisen, dass er persönlich nicht in der Lage ist, die
Steuerschuld sofort aus sonstigen nicht betrieblichen
vorhandenen Mitteln oder aus der Erbschaft/Schenkung von
übergegangenem Privatvermögen zu begleichen. Zumutbar
soll es sein, dass der Erwerber bis zu 50 % dieses
verfügbaren Vermögens für die Begleichung der Steuer
einsetzt.
c. Lohnsummenregelung für Betriebe mit bis zu 20
Arbeitnehmern
Die Lohnsummenregelung nach § 13a Abs. 1 Satz 2 ErbStG
gilt nach § 13a Abs. 1 Satz 4 ErbStG nicht, wenn nicht mehr
als 20 Beschäftigte vorliegen. Mit seinem Urteil vom
17.12.2014 hatte das BVerfG diese Regelung moniert, da
diese Privilegierung unverhältnismäßig sei, da Betriebe mit
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unter 20 Beschäftigten nicht die Ausnahme, sondern
vielmehr der Regelfall seiten. Somit würde die
Lohnsummenregel in ca. 90 % der Fälle ohnehin nicht
anzuwenden sein.
Gleichwohl hatte das BVerfG bestätigt, dass es legitimes Ziel
des Gesetzgebers sei, mittels der Anzahl der Arbeitnehmer
zu bestimmen, dass bestimmte Unternehmen zur Vermeidung von Bürokratiekosten die Lohnsummenregel nicht
beachten müssen. Jedoch überschreite die derzeitige
Grenze die Typisierung, so dass die Ausnahme zur Regel
wird. Eine Freistellung von der Einhaltung der Mindestlohnsumme sei nach Ansicht des BVerfG allerdings dann
gerechtfertigt, soweit sie auf eine relativ kleine Gruppe von
Betriebsübergängen begrenzt und diese Gruppe zudem so
umschrieben wird, dass das Bedürfnis für eine solche
Freistellung ein besonderes Gewicht besitzt.
Nunmehr beabsichtigt die Bundesregierung sich von der
Mitarbeitergrenze komplett zu lösen. So soll aus
Vereinfachungszwecken bei Unternehmen mit einem Unternehmenswert von max. 1 Mio. € die Lohnsummenregelung
nicht gelten (Nichtaufgriffsgrenze). Infolge der geringen
Wirtschaftskraft solcher Unternehmen sei eine besondere
Begünstigung in diesen Fällen gerechtfertigt.
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