Aus der Chirurgischen Universitätsklinik Abteilung für Herz- und Gefäßchirurgie der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i. Br. Ärztlicher Direktor: Prof. Dr. med. F. Beyersdorf Unizentrische Ergebnisse der linksventrikulären Rekonstruktion bei ischämischer Kardiomyopathie INAUGURALDISSERTATION zur Erlangung des Medizinischen Doktorgrades der Medizinischen Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau Vorgelegt 2010 von Antje Straatmann geboren in Freiburg im Breisgau Seite 2 Dekan: Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Hubert Erich Blum 1. Gutachter: Prof. Dr. med. Torsten Doenst 2. Gutachter: PD Dr. med. Michael Brunner Jahr der Promotion: 2011 Seite 3 Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis 1 EINLEITUNG ................................................................................................................ 5 1.1 HERZINSUFFIZIENZ ...................................................................................................... 5 1.1.1 Definition, Klinik und Diagnostik......................................................................... 5 1.1.2 Einteilung und Ätiologie....................................................................................... 6 1.2 MYOKARDINFARKT UND REMODELING ......................................................................... 7 1.3 THERAPIE DER CHRONISCHEN HERZINSUFFIZIENZ ......................................................... 9 1.3.1 Allgemeinmaßnahmen, Pharmakotherapie und perkutane Koronarintervention..... 9 1.3.2 Chirurgische Therapie der Herzinsuffizienz ........................................................ 12 1.4 ZIELSETZUNG DER ARBEIT ......................................................................................... 16 2 METHODIK................................................................................................................. 17 2.1 AUSWAHL DER PATIENTEN ........................................................................................ 17 2.2 DATENERHEBUNG...................................................................................................... 17 2.3 OPERATIVE MAßNAHMEN .......................................................................................... 19 2.3.1 Modifizierte Ventrikelrekonstruktion nach Dor................................................... 19 2.3.2 Zusätzliche operative Maßnahmen...................................................................... 20 2.4 FOLLOW-UP ............................................................................................................... 21 2.5 STATISTIK ................................................................................................................. 22 3 ERGEBNISSE .............................................................................................................. 23 3.1 PRÄOPERATIVE CHARAKTERISTIKA ............................................................................ 23 3.2 OPERATIVE CHARAKTERISTIKA UND ZUSÄTZLICHE OPERATIVE MAßNAHMEN .............. 25 3.3 POSTOPERATIVE DATEN............................................................................................. 26 3.3.1 Echokardiographische Veränderungen ................................................................ 27 3.3.2 Dynamik in der NYHA-Klasse ........................................................................... 32 3.3.3 30-Tages-Letalität und Überleben....................................................................... 34 4 DISKUSSION............................................................................................................... 37 4.1 VERBESSERUNG DER KARDIALEN FUNKTION .............................................................. 37 4.2 VERBESSERUNG DES FUNKTIONSSTATUS .................................................................... 40 4.3 ÜBERLEBEN UND PROGNOSE NACH DER VENTRIKELREKONSTRUKTION ....................... 41 4.4 SCHLUSSFOLGERUNG ................................................................................................. 43 5 ZUSAMMENFASSUNG.............................................................................................. 44 Seite 4 Inhaltsverzeichnis 6 LITERATURVERZEICHNIS..................................................................................... 45 7 LEBENSLAUF ............................................................................................................. 59 8 DANKSAGUNG........................................................................................................... 61 Seite 5 Einleitung 1 Einleitung Im Rahmen der koronaren Herzkrankheit können Patienten nach vorausgegangenem Vorderwandinfarkt ein Aneurysma (Dyskinesie) oder einen Kontraktionsausfall (Akinesie) samt Ventrikeldilatation entwickeln. Dies geht mit einer ausgeprägten Verschlechterung der kardialen Funktion sowie der Langzeitprognose einher (Kurrelmeyer et al. 1998). Die modifizierte Ventrikelrekonstruktion nach Dor stellt eine mögliche Therapieoption dar. In dieser Arbeit werden die Ergebnisse der linksventrikulären Rekonstruktionen bei ischämischer Kardiomyopathie, die zwischen 1996 und 2005 im Herz-Kreislauf Zentrum Freiburg durchgeführt wurden, dargestellt. In der Einleitung wird zunächst das Krankheitsbild Herzinsuffizienz erläutert. Darauf folgt eine Beschreibung der durch Myokardinfarkt ausgelösten pathologischen Veränderungen des Herzens im Rahmen des Remodeling-Prozesses. Hinsichtlich der Therapie wird die pharmakologische Behandlung erklärt sowie herzchirurgische Verfahren mit besonderer Berücksichtigung der Ventrikelrekonstruktion nach Dor. 1.1 Herzinsuffizienz Die Herzinsuffizienz ist ein klinisches Syndrom mit schlechter Prognose, das sich auf der Basis unterschiedlicher Erkrankungen entwickeln kann. Die Inzidenzrate beträgt bis zum 64. Lebensjahr etwa 8/1000 und steigt auf bis zu 59/1000 in der Altersgruppe ab 85 Jahre (Kannel et al. 1994). Die Prävalenz variiert zwischen 3-21/1000 und nimmt ebenfalls mit fortschreitendem Alter zu (McMurray und Stewart 2000; Bleumink et al. 2004). Damit ist die Herzinsuffizienz eine der häufigsten internistischen Erkrankungen und für mindestens 20% der Krankenhauseinweisungen von Patienten über 65 Jahre verantwortlich (Jessup und Brozena 2003). Zudem ist nach der Statistik der American Heart Association die Anzahl der Krankenhausentlassungen mit der Diagnose Herzinsuffizienz von 399000 im Jahr 1979 auf 1099000 im Jahr 2004 gestiegen (American Heart Association 2007). Aus diesen Zahlen wird deutlich, dass die Herzinsuffizienz nicht nur einen wachsenden Patientenkreis betrifft, sondern auch ein zunehmendes sozioökonomisches Problem darstellt. 1.1.1 Definition, Klinik und Diagnostik Der Begriff Herzinsuffizienz bezeichnet aus hämodynamischer Sicht das Unvermögen des Herzens, eine ausreichende Menge Blut zu fördern, um den Körper suffizient mit Sauerstoff Seite 6 Einleitung und Substraten zu versorgen. Folgende Symptome und Zeichen können dabei typischerweise vorliegen: • Dyspnoe bzw. Tachypnoe in Ruhe oder unter Belastung • Müdigkeit • Tachykardie • Pleuraerguss • erhöhter zentralvenöser Druck • periphere Ödeme • Hepatomegalie In Bezug auf die o.g. Kriterien sind Anamnese und klinische Untersuchung richtungsweisend. Darüber hinaus kommen weitere Untersuchungsmethoden wie Elektrokardiogramm, laborchemische Untersuchungen, bildgebende und nuklearmedizinischen Verfahren sowie invasive Untersuchungsmethoden zur Anwendung. 1.1.2 Einteilung und Ätiologie Die Einteilung der Herzinsuffizienz kann nach unterschiedlichen Gesichtspunkten erfolgen: Nach dem zeitlichen Verlauf ist die Einteilung in die akute oder chronische Herzinsuffizienz möglich. Je nach beteiligter Herzkammer gibt es die Rechts- oder Linksherzinsuffizienz oder, wenn beide Ventrikel betroffen sind, die globale Herzinsuffizienz. Das Herzzeitvolumen erlaubt eine Unterscheidung in Low-Output- und High-Output-Herzinsuffizienz. Die Einteilung in die systolische und diastolische Herzinsuffizienz gibt die Art der ventrikulären Funktionsstörung an. Der Klinik nach wird die symptomatische Herzinsuffizienz von der asymptomatischen linksventrikulären Dysfunktion unterschieden. Das Ausmaß der Beschwerden, unter denen ein Patient leidet, macht zudem eine Einteilung der Herzinsuffizienz nach der NYHA („New York Heart Association“)-Klassifikation in vier Schweregrade möglich. Die zu Grunde liegende Ursache der Herzinsuffizienz muss mittels geeigneter diagnostischer Methoden untersucht werden, um eine adäquate Therapie einleiten zu können. In der Zusammenschau mehrerer Studien zur Ursachenabklärung der Herzinsuffizienz war die koronare Herzkrankheit (KHK) als auslösender Faktor mit einem Anteil von nahezu 70% am häufigsten vertreten (Gheorghiade und Bonow 1998). Damit gilt die KHK heute als Hauptursache der chronischen Herzinsuffizienz. Weitere unabhängige Risikofaktoren für die Seite 7 Einleitung chronische Herzinsuffizienz sind männliches Geschlecht, niedriger Bildungsgrad, geringe körperliche Aktivität, Zigarettenrauchen, Übergewicht, Diabetes mellitus, Hypertonie und Herzklappenerkrankungen (He et al. 2001). Seltenere Ursachen der Herzinsuffizienz sind beispielsweise hypertrophe Kardiomyopathie, Herzmuskelentzündung, Perikarderkrankungen, kongenitale Vitien, pulmonale Hypertonie und Autoimmunerkrankungen. 1.2 Myokardinfarkt und Remodeling Der Myokardinfarkt wird als ischämische Myokardnekrose definiert, die zumeist auf dem Boden einer koronaren Herzkrankheit entsteht (The Joint ESC/ACC Committee for the redefinition of myocardial infarction 2000). Die darauf folgenden strukturellen Umbauvorgänge werden als kardiales Remodeling bezeichnet. Zu den Veränderungen auf zellulärer Ebene gehören dabei Myozytenhypertrophie, Myozytenverlust durch Apoptose oder Nekrose sowie Vermehrung des Bindegewebes mit folgender Fibrose (Anderson et al. 1979; Sharov et al. 1996; Teiger et al. 1996; Olivetti et al. 1997). Klinisch zeigt sich eine Veränderung von Größe, Form und Funktion des Herzens. Die Veränderung der Ventrikelgröße sowie der Ventrikelform kann sich bei transmuraler Schädigung des Myokards im Rahmen eines Herzinfarkts in der Ausbildung eines Aneurysmas (Dyskinesie) äußern. Nicht transmurale Myokardschädigung kann eine Akinesie samt Ventrikeldilatation hervorrufen (Dor et al. 2001). Beide Veränderungen des infarzierten Gewebes können eine Größenzunahme der linken Herzkammer mit sich bringen und führen über eine konsekutive Volumenbelastung schließlich zur kompensatorischen Hypertrophie der nichtinfarzierten Anteile (Remodeling) (Weisman et al. 1985; McKay et al. 1986). Trotz verbesserter Strategie im Sinne frühzeitiger Reperfusion bei der Behandlung des Herzinfarkts entwickeln ca. 20% aller Patienten, die einen Myokardinfarkt erleiden, eine fortschreitende linksventrikuläre Dilatation. Dabei neigen Patienten, die vier Wochen nach Herzinfarkt keine oder nur eine gering ausgeprägte Dilatation zeigten, eher zu hämodynamischer Stabilität, während Patienten mit progredienter Dilatation im gleichen Zeitraum zu massiver Verschlechterung mit Funktionsverlust im initial normal kontrahierenden Myokard tendieren (Gaudron et al. 1993). Eine weitere Untersuchung, derzufolge 17% der Patienten mit Herzinfarkt trotz früher Reperfusion eine linksventrikuläre Volumenzunahme zeigten, bestätigt diese Ergebnisse (Migrino et al. 1997). Vor allem Patienten, die einen großen Vorderwandinfarkt erleiden, zeigen im Verlauf eine Seite 8 Einleitung Volumenzunahme der linken Herzkammer (Rumberger et al. 1993). Häufig kommt es dabei zur Ausbildung eines Aneurysmas mit schlechter Prognose (Meizlish et al. 1984). Das linksventrikuläre Remodeling beginnt gewöhnlicherweise in den ersten Stunden nach einem Herzinfarkt und verläuft progredient (Hochman und Bulkley 1982; Korup et al. 1997; Giannuzzi et al. 2001). Abb. 1 zeigt die geometrische Veränderung des linken Ventrikels durch den Prozess des Remodelings nach Myokardinfarkt. Aus der ursprünglich eliptischen Form entwickelte sich innerhalb eines Jahres eine sphärische, die mit einer Volumensteigerung einhergeht (Mitchell et al. 1992). Abb.1: Linksventrikuläre Dilatation innerhalb eines Jahres nach Myokardinfarkt durch Remodeling mit folgender Volumenzunahme (Mitchell et al. 1992). Die Dilatation des linken Ventrikels ruft nach dem Laplace’schen Gesetz (s. 1.3.2) eine erhöhte Wandspannung hervor. Dies führt einerseits zu einem Mehrbedarf an Sauerstoff, andererseits wird dadurch ein Fortschreiten des Remodelings begünstigt (Aikawa et al. 2001). Weitere Studien zeigten zudem, dass die Volumenzunahme des linken Ventrikels mit einer schlechteren Prognose assoziiert ist (White et al. 1987; Pfeffer und Braunwald 1990; Cohn et al. 2000). Die gestörte Pumpfunktion ruft ausserdem die Aktivierung des sympathischen Nervensystems sowie des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems hervor. Durch Zunahme sowohl der Kontraktilität als auch der Herzfrequenz einerseits und Volumensteigerung und Seite 9 Einleitung Vasokonstriktion andererseits, kann initial ein ausreichendes Herzeitvolumen aufrechterhalten werden. Langfristig zeigt sich durch die Aktivierung des Sympathikus jedoch ein Anstieg der Plasma-Noradrenalin-Konzentration, der mit einer Prognoseverschlechterung einhergeht (Cohn et al. 1984; Anand et al. 2003). Die Verschlechterung der Prognose beruht möglicherweise auf einer gesteigerten Apoptoserate der Herzmuskelzellen, hervorgerufen durch die chronisch gesteigerte Stimulation der Betarezeptoren durch Noradrenalin (Communal et al. 1998). Ähnlich dem Noradrenalin kann Angiotensin II direkt auf die Myozyten wirken und pathologische Umbauvorgänge durch Hypertrophie und Apoptose hervorrufen. Damit greifen die humoralen Kompensationsmechanismen in den Prozess des Remodeling ein. Letztendlich führen diese Kompensationsmechanismen und das Remodeling zu fortschreitendem Verlust der kardialen Funktion. 1.3 Therapie der chronischen Herzinsuffizienz Die Therapie der Herzinsuffizienz soll die Prognose verbessern und gleichzeitig die Lebensqualität erhöhen. Die Strategien für eine Prognoseverbesserung der Herzinsuffizienz verfolgen inzwischen das Ziel, den Prozess des Remodelings zu verlangsamen oder sogar rückgängig zu machen. Die Behandlung der zu Grunde liegenden Ursache hat dabei oberste Priorität. Die einzelnen Therapieansätze werden im Folgenden beschrieben. 1.3.1 Allgemeinmaßnahmen, Pharmakotherapie und perkutane Koronarintervention Zu den Allgemeinmaßnahmen im Rahmen der Therapie der chronischen Herzinsuffizienz zählen Gewichtsnormalisierung sowie bei fortgeschrittener Herzinsuffizienz die Kontrolle der täglichen Kochsalzaufnahme und Trinkmenge. Alkohol- und Nikotinkonsum sollten vermieden werden. Durch regelmäßige angemessene körperliche Aktivität kann sowohl die Belastbarkeit als auch die Lebensqualität gesteigert werden (Erbs et al. 2003; Giannuzzi et al. 2003; Coats 2009). Die medikamentöse Therapie der chronischen Herzinsuffizienz stützt sich auf folgende Pfeiler: Senkung der Vorlast (Diuretika, ACE-Hemmer, venöse Dilatatoren), Senkung der Seite 10 Einleitung Nachlast (ACE-Hemmer, arterielle Dilatatoren), Steigerung der Kontraktilität (inotrope Agenzien) sowie Senkung der Herzfrequenz (Betablocker). ACE-Hemmer inhibieren das Angiotensin-Converting-Enzym. Dies führt zu verminderter Angiotensin II-Bildung, wodurch dessen vasokonstriktorische Wirkung herabgesetzt wird. Zudem haben ACE-Hemmer einen negativen Effekt auf die Aldosteron- und Vasopressinsekretion mit folgender verminderter Volumenretention. In klinischen Studien wie der CONSENSUS-, SOLVD-, und V-HeFT II-Studie wurde für ACE-Hemmer eine deutliche Verbesserung der Prognose für Patienten mit Herzinsuffizienz nachgewiesen (The CONSENSUS Trial Study Group 1987; The SOLVD Investigators 1991; Cohn et al. 1991). In Bezug auf die Therapie der Herzinsuffizienz mit ACE-Hemmern bei Postinfarktpatienten zeigte sich ebenfalls eine ausgeprägte Reduktion der Mortalität (Pfeffer et al. 1992; The AIRE Study Investigators 1993; Kober et al. 1995). Das Remodeling betreffend konnte gezeigt werden, dass ACE-Hemmer diesen Prozess verzögern oder sogar rückgängig machen können (Konstam et al. 1992, 1993; Greenberg et al. 1995; Doughty et al. 1997). Zudem erwies sich, dass ACE-Hemmer das Aktivitätsniveau des sympatischen Nervensystems, gemessen an der Reduktion der Plasma-Noradrenalin-Konzentration, effektiv verringern können (The SOLVD Investigators 1991; Sigurdsson et al. 1994). Daher sind ACE-Hemmer integraler Bestandteil der pharmakologischen Therapie der Herzinsuffizienz. Eine weitere Substanzklasse mit ähnlicher Wirkung stellen die Angiotensin IIRezeptorblocker dar. Diese können mit guten Ergebnissen als Alternative bei ACE-HemmerUnverträglichkeit oder in Kombination mit ACE-Hemmern eingesetzt werden (Cohn und Tognoni 2001; Granger et al. 2003; McMurray et al. 2003). Da sich die Aktivierung des sympathischen Nervensystems im Rahmen der Herzinsuffizienz letztendlich negativ auf die Herzfunktion auswirkt, ist ein weiterer therapeutischer Ansatz die Blockade sympathomimetisch wirkender Substanzen an Betarezeptoren. In einer Vielzahl randomisierter Plazebo-kontollierter Studien konnte durch die Gabe von Betablockern eine ausgeprägte Verbesserung der Überlebensrate nachgewiesen werden (Packer et al. 1996; The CIBIS-II Investigators 1999; The MERIT-HF Investigators 1999; Brophy et al. 2001; Goldstein et al. 2001; Packer et al. 2001). Betablocker werden daher routinemäßig in der Behandlung der Herzinsuffizienz eingesetzt. Seite 11 Einleitung Im Rahmen der Herzinsuffizienz kommt es häufig zur Flüssigkeitsretention. Die wirkungsvollste symptomatische Behandlung geschieht durch Diuretika, wodurch nachweislich das Risiko einer Verschlechterung der Herzinsuffizienz reduziert und die Leistungsfähigkeit gesteigert werden kann (Faris et al. 2002). Aldosteronantagonisten können bei symptomatischen Patienten mit schwerer Herzinsuffizienz, die bereits nach den üblichen Standards behandelt werden, sinnvoll sein um sowohl das Überleben zu verbessern als auch die Hospitalisationsrate zu reduzieren (Pitt et al. 1999, 2003). Die Wirksamkeit der Herzglykoside beruht auf der Steigerung der Kontraktilität. Hierdurch kann lediglich eine Verbesserung der Lebensqualität für die Patienten erreicht werden. Ein lebensverlängernder Effekt konnte nicht nachgewiesen werden (The Digitalis Investigation Group 1997). Die Herzkatheruntersuchung dient nicht nur als diagnostisches Hilfsmittel bei der Ursachenabklärung der Herzinsuffizienz, sondern erlaubt auch die gezielte Behandlung von Stenosen im Rahmen der koronaren Herzkrankheit. Dies ist durch Ballondilatation oder Stentimplantation Hauptstammstenose möglich. Für bleibt jedoch Patienten nach der mit 3-Gefäßerkrankung SYNTAX-Studie Bypassoperation zurzeit Therapie der Wahl (Serruys et al. 2009). die oder linker aortokoronare Seite 12 Einleitung 1.3.2 Chirurgische Therapie der Herzinsuffizienz Die chirurgischen Ansätze zur Verbesserung der kontraktilen Funktion des Herzens stellen weitere Optionen für Patienten mit Herzinsuffizienz dar. Letztlich lassen sich zwei Therapiekonzepte unterscheiden: Organerhaltende und organersetzendeVerfahren. Tab. 1 zeigt die chirurgischen Optionen, die derzeit eingesetzt werden. Tab. 1: Chirurgische Therapie der Herzinsuffizienz Organerhaltende Verfahren Organersetzende Verfahren Ventrikelrekonstruktion Herztransplantation Hochrisiko-Bypassoperation Mechanische Herzunterstützungssysteme Mitralklappenchirurgie (Rekonstruktion/Ersatz) Elektrophysiologische Therapiemöglichkeiten (CRT, ICD-, OptimizerImplantation) CRT, kardiale Resynchronisationstherapie; ICD, „implantable cardioverter-defibrillator“. Die Herztransplantation gilt als Goldstandard bei medikamentös therapierefraktärer Herzinsuffizienz. Durch den Mangel an Spenderorganen ist diese Therapiemöglichkeit jedoch nur einem Anteil der Patienten mit terminaler Herzinsuffizienz zugängig. Daher werden auch organerhaltende Verfahren angewendet. Im chirurgischen Alltag sind hauptsächlich die Bypassoperation und die Mitralklappenchirurgie relevant: Die durch koronare Herzkrankheit hervorgerufene herabgesetzte linksventrikuläre Funktion kann einen reversiblen Prozess darstellen. Dieser Beobachtung liegen zwei unterschiedliche Pathomechanismen zugrunde: Stunning und Hibernation. Beide Mechanismen bringen eine kardiale Dysfunktion mit sich, welche sich dadurch erklären lässt, dass die Anzahl der an der Herzarbeit beteiligten Myozyten herabgesetzt ist. Als Stunning wird ein temporärer, sich selbst limitierender Zustand bezeichnet, in welchem vitales Myokard seine Kontraktionsfähigkeit verliert. Dies kommt durch eine Sauerstoffunterversorgung zustande, hervorgerufen beispielsweise durch Belastung oder Dobutamin (Braunwald und Kloner 1982; Marban 1991). Dahingegen wird unter dem Begriff Hibernation eine Art „Winterschlaf“ verstanden, in welchen kontraktionsfähige Myozyten als Reaktion auf eine chronische Seite 13 Einleitung Ischämie verfallen. Das hibernierende Myokard ist vital jedoch nicht an der Kontraktion beteiligt. Dieser Zustand lässt sich lediglich durch iatrogene Maßnahmen terminieren (Rahimtoola 1995). Im Rahmen der Vitalitätsdiagnostik, entweder durch StressEchokardiographie, Thalliumszintigraphie, SPECT („single photon emission computed tomography“)-Untersuchung mit Technetium oder Positronenemissionstomographie, können infarktbedingte Narbenbezirke von durch Minderdurchblutung funktionseingeschränktem Herzmuskelgewebe unterschieden werden, welches sich möglicherweise durch Revaskularisation erholt. Durch Anlegen aortokoronarer Bypässe kann somit sowohl die Herzfunktion als auch die Prognose verbessert werden (Ragosta et al. 1993; Bonow 1995; Auerbach et al. 1999; Allman et al. 2002). Die Mitralklappenchirurgie ist relevant, da die meisten Patienten mit einer dilatativen Kardiomyopathie eine mehr oder weniger ausgeprägte Mitralklappeninsuffizienz aufweisen. Durch den vermehrten Regurgitationsfluss kommt es zu einer Volumenbelastung des linken Ventrikels. Die linke Herzkammer reagiert darauf mit exzentrischer Hypertrophie und weiterer Dilatation. Daher kann die Mitralklappenrekonstruktion oder der Ersatz der Mitralklappe im Zusammenhang mit anderen operativen Maßnahmen eine sinnvolle Ergänzung darstellen. Zu den organerhaltenden Verfahren gehört auch die Ventrikelrekonstruktion. Die Ventrikelrekonstruktion gilt als vielversprechende Therapieoption bei terminaler Herzinsuffizienz und wurde in den letzten Jahren vermehrt untersucht. Durch diese Operation soll die Notwendigkeit einer Herztransplantation verzögert oder sogar eliminiert werden. Im Folgenden wird dieses Konzept näher erläutert: Im Verlauf der ischämischen Kardiomyopathie kommt es häufig zur Ventrikeldilatation oder zur Ausbildung eines Aneurysmas. Nach dem Laplace’schen Gesetz, welches eine Beziehung zwischen der Wandspannung und dem Radius eines Hohlraumes sowie der Dicke der Wand und dem darauf einwirkenden Druck herstellt, gilt K = p ⋅ r/2d (K = Wandspannung, p = Druck auf die Wand, r = Radius, d = Wanddicke). Seite 14 Einleitung Dies bedeutet, dass die Veränderung der Geometrie der linken Herzkammer im o.g. Sinne mit einer erhöhten Wandspannung einhergeht. Dadurch verschlechtert sich letztendlich die kardiale Funktion sowie die Prognose der Herzinsuffizienz. Zur linksventrikulären Rekonstruktion bzw. Volumenreduktion wurden operative Maßnahmen als potentielle Alternative zur Herztransplantation entwickelt. Dabei wird angenommen, dass die Wandspannung reduziert werden kann, wenn durch chirurgische Exklusion dysfunktionaler oder infarzierter Bereiche des Herzens die Ventrikeldimension verkleinert wird (Popovic et al. 1998). Die kardiale Funktion sollte dadurch theoretisch verbessert werden können. Die erste erfolgreiche Aneurysmektomie wurde 1955 von Likoff und Bailey beschrieben (Likoff und Bailey 1955). 1958 folgte die erste Durchführung der Aneurysmektomie mittels linearer Verschlusstechnik durch Cooley et al. (Cooley et al. 1958). Dabei wird jedoch keine Wiederherstellung einer physiologischen Form des linken Ventrikels angestrebt. Über die Jahre wurden verschiedene chirurgische Verfahren entwickelt, um die linkventrikuläre Geometrie sowie die kardiale Funktion zu verbessern (Jatene 1985; Cooley 1989; Dor et al. 1989; Mickleborough et al. 1994). Ein weiteres Verfahren ist die BatistaOperation (partielle linksventrikuläre Resektion). Bei dieser Operationsmethode wird durch Resektion des interpapillären Segments von der Herzspitze bis zum Mitralklappenanulus eine Verkleinerung der linken Herzkammer vorgenommen. Die Vitalität des resezierten Gewebes wird dabei nicht beachtet. Dieser Eingriff wird, wenn notwendig, mit einer Rekonstruktion der Mitralklappe kombiniert (Batista et al. 1996). Die Verbesserung der Ejektionsfraktion wurde durch die Volumenverkleinerung des linken Ventrikels und damit einhergehender Reduktion der Wandspannung sowie einem verbesserten Kontraktions- und Relaxationsmuster erklärt (Schreuder et al. 2000). Kurz- bis mittelfristig konnte durch dieses Verfahren eine Steigerung der Ejektionsfraktion, eine Reduktion der Herzgröße sowie eine Verbesserung der Symptomatik erreicht werden (Batista et al. 1997; Gradinac et al. 1998; Etoch et al. 1999). Diese initial vielversprechenden Ergebnisse bestätigten sich jedoch im Langzeitverlauf nicht (Stolf et al. 1998; Starling et al. 2000). Daher wird die BatistaOperation heute nicht mehr als adäquate Therapieoption angesehen. Das inzwischen verbreiteste Verfahren ist die Ventrikelrekonstruktion (endoventrikuläre Patch-Plastik) nach Dor (Dor 1997a). Bei diesem Verfahren, welches erstmals 1985 von Dor Seite 15 Einleitung vorgestellt wurde (Dor et al. 2001), wird nicht kontraktiles Myokard exkludiert und der Defekt, wenn notwendig, mit einem Kunststoffpatch verschlossen. Ziel dabei ist, eine annähernd normale Geometrie und Größe des linken Ventrikels mit verbesserter Funktion herzustellen und möglicherweise den Remodeling-Prozess zu verlangsamen oder sogar zu stoppen. Dieser Eingriff kann durch Revaskularisation mittels aortokoronarer Bypässe (ACB) ergänzt werden. Diese Operationstechnik wurde in der Vergangenheit immer wieder verändert und wird heute in modifizierter Form durchgeführt. Die modifizierte Ventrikelrekonstruktion nach Dor wird auch als SVR (Surgical Ventricular Reconstruction) bezeichnet (Doenst et al. 2005). Sowohl Dor als auch Di Donato et al. propagieren die Ventrikelrekonstruktion als Therapie für ein linksventrikuläres Aneurysma sowie eine Dilatation der linken Herzkammer gleichermaßen (Di Donato et al. 1997; Dor 1997b; Di Donato et al. 2009). In einer internationalen multizentrischen Beobachtungsstudie, der RESTORE (reconstruction of elliptical shape and torsion of the ventricle)-Studie, wurde die Auswirkung der modifizierten Ventrikelrekonstruktion nach Dor bei fast 1200 Patienten untersucht: Die Ejektionsfraktion stieg um durchschnittlich 10 Prozentpunkte von 30% präoperativ auf 40% postoperativ. Der linksventrikuläre endsystolische Volumenindex (LVESVI) wurde signifikant reduziert. Die 30-Tages-Letalität lag bei 5,3%. Die 5-Jahresüberlebensrate betrug fast 70%. Nur 30% der Patienten wurden innerhalb der ersten fünf Jahren nach der Operation wegen symptomatischer Herzinsuffizienz hospitalisiert (Athanasuleas et al. 2004a). Diese Ergebnisse unterstreichen die Sicherheit und Effektivität der Ventrikelrekonstruktion bei ischämischer Kardiomyopathie und bestätigen die Ergebnisse früherer Untersuchungen (Di Donato et al. 1997; Dor 2001; Mickleborough et al. 2004). Es kann jedoch auch durch die alleinige Bypassoperation die Ejektionsfraktion sowie die Prognose der ischämischen Kardiomyopathie verbessert werden (Alderman et al. 1983; Schroder et al. 1989; Milano et al. 1993; Elefteriades und Edwards 2002). Aufgrund der Tatsache, dass die Bypassoperation eine allgemein akzeptierte Therapieoption bei der ischämischen Kardiomyopathie darstellt, verglichen Maxey et al. in einer retrospektiven Analyse Patienten, die einer alleinigen Bypassoperation unterzogen wurden, mit denjenigen, die zusätzlich zur Bypassoperation eine Ventrikelrekonstruktion erhielten. Dabei wurde gezeigt, dass die Ergebnisse der Gruppe SVR plus ACB in Bezug auf Verbesserung der Ejektionsfraktion, der Morbidität sowie der Mortalität signifikant besser waren (Maxey et al. 2004). Zahlreiche Studien zur Ventrikelrekonstruktion wurden veröffentlicht, von denen jedoch nicht eine einzige randomisiert durchgeführt wurde (Doenst et al. 2005). Die STICH Seite 16 Einleitung (Surgical Treatment of Ischemic Heart Failure)-Studie ist die erste randomisierte, prospektive, internationale Multicenterstudie, die folgende zwei Hypothesen überprüfte bzw. noch überprüft: Hypothese 1 untersucht, inwieweit die Verbesserung der kardialen Perfusion durch Revaskularisation mittels aortokoronarer Bypassoperation in Kombination mit maximaler medikamentöser Therapie das Langzeitüberleben verbessert im Vergleich zu rein medikamentöser Behandlung. Hypothese 2 untersucht, ob die Herstellung einer optimalen linksventrikulären Geometrie durch Ventrikelrekonstruktion kombiniert mit sowohl ACB als auch maximaler medikamentöser Therapie im Langzeitverlauf einen Überlebensvorteil bietet im Vergleich zu ACB plus medikamentöser Therapie. Für die Untersuchung der Hypothese 2 wurden im Rahmen der STICH-Studie 1000 Patienten an 96 Zentren in 23 Ländern eingeschlossen. Alle Patienten hatten eine koronare Herzkrankheit, die eine aortokoronare Bypassoperation erforderte, mit einer auf mindestens 35% herabgesetzten Ejektionsfraktion. Weiteres Einschlusskriterium war eine Dys- oder Akinesie der Vorderwand, die mit einer Rekonstruktion der linken Herzkammer behandelt werden könnte. Durch die Ventrikelrekonstruktion wurde der linksventrikuläre endsystolische Volumenindex um 19% gesenkt im Vergleich zu 6% in der Gruppe, die nur aortokoronare Bypässe erhielt. Bei einem mittleren Follow-up von 48 Monaten konnte jedoch kein Unterschied weder im Hinblick auf die kardiale Prognose noch die Lebensqualität zwischen den beiden Gruppen festgestellt werden (Jones et al. 2009). Ergebnisse für Hypothese 1 werden für das Jahr 2011 erwartet. 1.4 Zielsetzung der Arbeit Ziel dieser Arbeit war es, die Ergebnisse der Ventrikelrekonstruktionen (SVR), die am HerzKreislauf Zentrum Freiburg durchgeführt wurden, auszuwerten, darzustellen und die Wirksamkeit zu beurteilen. Es wurde untersucht, ob Patienten, die nur einer Ventrikelrekonstruktion unterzogen wurden, unterschiedliche Ergebnisse zeigen im Vergleich zu Patienten, die zusätzlich zur SVR aortokoronare Bypässe erhielten. Seite 17 Methodik 2 Methodik 2.1 Auswahl der Patienten In den Jahren 1996-2005 wurden im Herz-Kreislauf Zentrum Freiburg 132 Patienten mit der modifizierten Ventrikelrekonstruktion nach Dor behandelt. Diese Patienten hatten nach vorausgegangenem Myokardinfarkt entweder ein Aneurysma der Vorderwand oder eine Dilatation des linken Ventrikels mit einem Funktionsausfall (Akinesie) wesentlicher Anteile der Vorderwand ausgebildet. Die Indikation zur Ventrikelrekonsruktion wurde durch den herzchirurgischen Oberarzt oder Chefarzt gestellt. Von den 132 Patienten wurden neun Patienten in die STICH-Studie eingeschlossen. Aufgrund der Vorgabe der Duke University konnten keine zentrumspezifischen Ergebnisse die STICHStudie betreffend analysiert werden. 2.2 Datenerhebung Die Datenerhebung für diese Arbeit erfolgte retrospektiv. Den Befunden der echokardiographischen Untersuchungen, die prä- und postoperativ durchgeführt wurden, konnten Werte für die Ejektionsfraktion (EF), den linksventrikulären enddiastolischen Durchmesser (LVEDD) und den Grad der Mitralklappeninsuffizienz sowie die präoperative Feststellung der Wandbewegungsstörung, Dyskinesie oder Akinesie, entnommen werden. Die Daten der echokardiographischen Untersuchungen wurden nicht immer quantitativ angegeben. Seite 18 Methodik Tab. 2 zeigt die mit den Echokardiographie-Experten erstellte Konversion der Befunde in Zahlenwerte. Tab. 2: Entsprechungen für EF und LVEDD Echokardiographischer Parameter Wert in Zahlen EF (%) gut leichtgradig eingeschränkt mittelgradig eingeschränkt mittel-hochgradig eingeschränkt hochgradig eingeschränkt 60 50 40 30 20 LVEDD (mm) normal postoperativ verkleinert postoperativ klein grenzwertig betont leicht dilatiert gering vergrößert dilatiert vergrößert deutlich vergrößert massiv vergrößert hochgradig vergrößert EF, Ejektionsfraktion; Millimeter. LVEDD, 50 50 50 55 60 60 60 65 65 70 75 75 linksventrikulärer enddiastolischer Durchmesser in Seite 19 Methodik Tab. 3 zeigt die klinikspezifische Einteilung der Mitralklappeninsuffizienz in vier Grade mit Zwischengraden und wie diese in eine international vergleichbare Unterteilung in drei Schweregrade überführt wurden. Tab. 3: Einteilung der Mitralklappeninsuffizienz und entsprechender Schweregrad Klinikspezifische Einteilung Schweregrad 0 0-I, I, I-II II, II-III III, III-IV keine leichtgradig mittelgradig hochgradig Die präoperative Koronarangiographie zeigte die Anzahl der erkrankten Gefäße. Das Risikoprofil und die präoperative NYHA („New York Heart Association“)- Klassenzugehörigkeit lies sich entweder Arztbriefen von präoperativen Klinikaufenthalten, Operationsberichten oder Entlassbriefen nach der durchgeführten Ventrikelrekonstruktion entnehmen. Die Operationsberichte enthielten desweiteren Informationen über die Dauer der extrakorporalen Zirkulation und der Aortenabklemmzeit sowie darüber, ob zusätzliche operative Maßnahmen wie aortokoronare Bypässe oder Klappenchirurgie durchgeführt wurden und ob der Patient bei der Ventrikelrekonstruktion einen Patch erhielt oder nicht. Eine im postoperativen Verlauf benötigte mechanische Kreislaufunterstützung wurde in Entlassbriefen beschrieben. Die Datensätze konnten nicht bei allen Patienten komplett erhoben werden. 2.3 Operative Maßnahmen 2.3.1 Modifizierte Ventrikelrekonstruktion nach Dor Die modifizierte Ventrikelrekonstruktion nach Dor verfolgt das Ziel, die physiologische Größe und Geometrie des durch Aneurysma oder Dilatation veränderten linken Ventrikels wiederherzustellen. Abb. 2 zeigt die einzelnen Schritte dieser Operationstechnik. Zunächst erfolgt eine Inzision im Bereich des dys- bzw. akinetischen Gewebes der Vorderwand. Wird die Operation am schlagenden Herzen durchgeführt, kann die Grenze zwischen kontraktilem und nicht mehr kontraktilem Herzmuskelgewebe ertastet werden. Andernfalls wird die Grenze visuell bestimmt. An dieser Grenze wird nun am Innenrand eine Tabaksbeutelnaht so Seite 20 Methodik angelegt, dass beim Zusammenziehen nach Exklusion des erkrankten Myokards eine möglichst physiologische Ventrikelform entsteht. Dabei kann das Kammervolumen durch einen Formgeber (sog. „shaper“) vorgegeben werden. Die Öffnung kann entweder direkt oder, wenn große Gewebeanteile exkludiert wurden, mit Hilfe eines Patches verschlossen werden. Abb. 2: Inzision im Bereich des dys- bzw. akinetischen Gewebes (A). Anlegen einer Tabaksbeutelnaht und Exklusion des erkrankten Myokards (B). Verschluss der Öffnung mit Hilfe eines Patches (C). LV, linker Ventrikel (Athanasuleas et al. 2004a). 2.3.2 Zusätzliche operative Maßnahmen In Kombination mit der Ventrikelrekonstruktion wurden bei den Patienten weitere operative Maßnahmen durchgeführt. War eine Revaskularisation notwendig und möglich, wurden die Patienten mit aortokoronaren Bypässen versorgt. Wurden prä- oder intraoperativ korrekturbedürftige Insuffizienzen der Mitral- oder Trikuspidalklappe festgestellt, wurden diese mittels geeigneter Rekonstruktionstechniken oder Klappenersatz behandelt. Bei bekannter hochgradiger Aortenstenose wurde ebenfalls die Aortenklappe ersetzt. Im postoperativen Verlauf war im Einzelfall eine mechanische Kreislaufunterstützung nötig, die Seite 21 Methodik durch die Implantation einer intraaortalen Ballonpumpe, einer Impella-Pumpe oder eines mechanischen Herzunterstützungssystems erfolgte. Die zusätzlichen operativen Maßnahmen wurden nach den üblichen Standards durchgeführt. 2.4 Follow-up Der Langzeitverlauf der Patienten wurde durch Telefonabfragen verfolgt. Dabei wurden Daten über Gesundheitszustand, Langzeitüberleben und eventuelle Todesursache der Patienten ermittelt. Konnte kein persönlicher Kontakt zum Patienten oder Angehörigen hergestellt werden, wurde in den EDV-gestützten Dokumentationsprogrammen des Universitätsklinikums Freiburg nach weiteren Informationen recherchiert. Entsprechend der Abfrage der Leistungsfähigkeit des Patienten erfolgte die Einteilung der Herzinsuffizienz nach der NYHA-Klassifikation in vier Stadien. Dementsprechend hat ein Patient im NYHAStadium I eine objektive kardiale Erkrankung ohne körperliche Limitation. Alltägliche körperliche Belastung verursacht keine inadäquate Erschöpfung, Rhythmusstörungen, Luftnot oder Angina pectoris. Stadium II zeichnet sich durch eine Herzerkrankung mit leichter Einschränkung der körperlichen Leistungsfähigkeit ohne Beschwerden in Ruhe aus. Alltägliche körperliche Belastung verursacht Erschöpfung, Rhythmusstörungen, Luftnot oder Angina pectoris. Im Stadium III liegt eine Herzerkrankung mit höhergradiger Einschränkung der körperlichen Leistungsfähigkeit bei gewohnter Tätigkeit vor. Keine Beschwerden in Ruhe, aber geringe körperliche Belastung verursacht Erschöpfung, Rhythmusstörungen, Luftnot oder Angina pectoris. Im Stadium IV hat der Patient eine Herzerkrankung mit Beschwerden bei allen körperlichen Aktivitäten und in Ruhe. Um festzustellen, in welcher NYHA-Klasse sich ein Patient befindet, wurden den Patienten folgende Fragen gestellt: • Wie schätzen Sie Ihren allgemeinen Gesundheitszustand auf einer Skala von eins bis sechs ein, wobei eins ausgezeichnet und sechs sehr schlecht bedeutet? • Empfinden Sie Luftnot, Druck oder Schmerzen in der Brust oder Erschöpfung bei alltäglichen Tätigkeiten wie Anziehen, Hausarbeit oder Einkaufen? Wenn ja, nach welcher Zeit? • Empfinden Sie Luftnot, Druck oder Schmerzen in der Brust oder Erschöpfung wenn Sie ebene Strecken gehen? Wenn ja, nach welcher Strecke? • Empfinden Sie Luftnot, Druck oder Schmerzen in der Brust oder Erschöpfung wenn sie Treppensteigen? Wenn ja, nach wie vielen Stockwerken? Seite 22 Methodik 2.5 Statistik Die statistische Analyse erfolgte softwaregestützt durch das Programm GraphPad Prism. Die Veränderungen der Ejektionsfraktion und des linksventrikulären enddiastolischen Durchmessers wurden mittels verbundenem t-Test auf Signifikanz getestet. Für den Vergleich von Variablen zwischen Untergruppen wurde der unverbundene t-Test angewendet. Die Auswertung der Veränderung in der NYHA-Klasse erfolgte durch den Wilcoxon-Test und für die Patientenuntergruppen durch den Mann-Whitney-Test. Die Überlebenswahr- scheinlichkeiten wurden nach der Methode von Kaplan-Meier geschätzt und mittels univariatem Logrank-Test verglichen. Die Daten werden als Mittelwerte±STD angegeben. PWerte <0,05 wurden als signifikant angenommen. Seite 23 Ergebnisse 3 Ergebnisse 3.1 Präoperative Charakteristika Tab. 4 zeigt die präoperativen Charakteristika der 132 Patienten, die eine modifizierte Ventrikelrekonstruktion nach Dor (SVR) erhielten. Das Patientenkollektiv bestand aus zwei Gruppen: Bei 34 Patienten wurde ausschließlich eine SVR durchgeführt, alle übrigen Patienten wurden zusätzlich zur SVR mit aortokoronaren Bypässen (ACB) versorgt. Die Darstellung der Ergebnisse erfolgt daher zunächst als Gesamtkohorte und dann unterteilt in die Patientenuntergruppen. Alle Patienten hatten präoperativ einen Myokardinfarkt und entwickelten daraufhin eine ischämische Kardiomyopathie. Koronarangiographisch zeigte sich bei fast der Hälfte eine 3-Gefäßerkrankung. Die meisten Patienten hatten eine Hypertonie. Ungefähr gleich viele wiesen eine Hypercholesterinämie auf. Die Hälfte aller Patienten war Raucher. Fast genauso viele waren übergewichtig. Ein Drittel hatte Diabetes mellitus. Im Rahmen der echokardiographischen Untersuchung zeigte sich bei fast allen Patienten eine Dyskinesie der Vorderwand. Nur 9 Patienten wiesen eine Akinesie auf. Präoperativ betrug die Ejektionsfraktion (EF) im Durchschnitt 27%. Der linksventrikuläre enddiastolische Durchmesser (LVEDD) war mit im Durchschnitt 61 mm vergrößert. Nur ein Fünftel aller Patienten hatte keine Mitralklappeninsuffizienz. Über die Hälfte hatte eine leichtgradige und wiederum ein Fünftel hatte eine mittelgradige Mitralklappeninsuffizienz. Bei fünf Patienten wurde eine hochgradige Mitralklappeninsuffizienz festgestellt, die immer eine Operationsindikation darstellte. Zum Operationszeitpunkt befand sich über die Hälfte der Patienten in der NYHA-Klasse III. Seite 24 Ergebnisse Tab. 4: Präoperative Charakteristika Alle Patienten n (%) SVR+ACB n (%) SVR n (%) 132 64±11 82 (62,1%) 98 66±10 67 (68,4%) 34 59±11 15 (44,1%) 132 (100,0%) 98 (100,0%) 34 (100,0%) 34 (25,8%) 38 (28,8%) 60 (45,5%) 11 (11,2%) 31 (31,6%) 56 (57,1%) 23 (67,6%) 7 (20,6%) 4 (11,8%) 95 (72,0%) 45 (34,1%) 92 (76,7%) 66 (54,5%) 51 (51,0%) 73 (74,5%) 34 (34,7%) 64 (72,0%) 52 (58,4%) 41 (54,7%) 22 (64,7%) 11 (32,4%) 28 (90,3%) 14 (43,8%) 10 (40,0%) 123 (93,2%) 9 (6,8%) 90 (91,8%) 8 (8,2%) 33 (97,1%) 1 (2,9%) EF (%) 27,0±9,6 27,2±10,3 26,6±6,9 LVEDD (mm) 61,3±8,2 60,5±8,0 63,7±8,2 23 (19,8%) 63 (54,3%) 25 (21,6%) 5 (4,3%) 18 (21,2%) 47 (55,3%) 18 (21,2%) 2 (2,4%) 5 (16,1%) 16 (51,6%) 7 (22,6%) 3 (9,7%) 2 (1,7%) 29 (24,8%) 64 (54,7%) 22 (18,8%) 2 (2,2%) 23 (25,6%) 50 (55,6%) 15 (16,7/%) 0 (0,0%) 6 (22,2%) 14 (51,9%) 7 (25,9%) Patientenanzahl Alter (Jahre) Geschlecht (m) Präoperativer Myokardinfarkt Gefäßerkrankung 1 2 3 Risikofaktoren Arterielle Hypertonie Diabetes mellitus Hypercholesterinämie Nikotinabusus Adipositas Wandbewegungsstörung Dyskinesie Akinesie Mitralklappeninsuffizienz keine leichtgradig mittelgradig hochgradig NYHA-Klasse Grad I Grad II Grad III Grad IV SVR, Ventrikelrekonstruktion; ACB, aortokoronarer Bypass; m, männlich; EF, Ejektionsfraktion; LVEDD, linksventrikulärer enddiastolischer Durchmesser in Millimeter; Werte für Alter, EF und LVEDD sind Mittelwerte±STD; NYHA, New York Heart Association. Seite 25 Ergebnisse 3.2 Operative Charakteristika und zusätzliche operative Maßnahmen Tab. 5 zeigt die operativen Charakteristika und die zusätzlichen operativen Maßnahmen. Von den 98 Patienten, die mit aortokoronaren Bypässen versorgt wurden, erhielten die meisten zwei Bypässe. Ein Drittel bekam einen Bypass. Bei einem Fünftel wurden drei Bypässe angelegt. Nur jeweils ein Patient erhielt vier bzw. fünf Bypässe. Bei 34 Patienten wurde keine Revaskularisation durchgeführt. Insgesamt wurden elf Patienten zusätzlich mit einem klappenchirurgischen Eingriff behandelt. Davon wurde bei fünf Patienten die Mitralklappe rekonstruiert, bei einem Patienten wurde sie ersetzt. Ein Aortenklappenersatz erfolgte bei drei Patienten, und eine Trikuspidalklappenrekonstruktion wurde bei zwei Patienten vorgenommen. Bei der Durchführung der Ventrikelrekonstruktion wurde bei einem Drittel der Patienten ein Patch verwendet. Die Wahl für oder gegen einen Patch war chirurgenabhängig. Es konnte jedoch innerhalb des Beobachtungszeitraumes ein Trend dahingehend festgestellt werden, dass ab dem Jahr 1999 immer weniger Patienten einen Patch erhielten. Die extrakorporale Zirkulation (EKZ) lag im Durchschnitt bei 1,7 Stunden. Wurde die EKZ für die beiden Patientenuntergruppen (SVR+ACB im Vergleich zu SVR) einzeln berechnet, ergab sich eine um die Hälfte kürzere EKZ für die Patienten, die nur die Ventrikelrekonstruktion erhielten. Auch für die Aortenabklemmzeit, die im Durchschnitt 1,2 Stunden betrug, ergab sich in dieser Gruppe eine kürzere Zeit. Postoperativ erhielten insgesamt 14 Patienten mechanische Unterstützung in Form einer intraaortalen Ballonpumpe. Davon benötigten zwei Patienten zusätzlich eine Impella-Pumpe. Ein Patient wurde zusätzlich mit einem Linksherzunterstützungssystem versorgt. Ein weiterer Patient erhielt im postoperativen Verlauf ein biventrikuläres Herzunterstützungssystem. Seite 26 Ergebnisse Tab. 5: Operative Charakteristika und zusätzliche operative Maßnahmen Alle Patienten n = 132 SVR+ACB n = 98 SVR n = 34 34 31 43 22 1 1 0 31 43 22 1 1 34 0 0 0 0 0 1 5 1 2 0 3 Aortenklappenersatz 3 3 0 Trikuspidalklappenrekonstruktion 2 1 1 Patch für SVR 47 30 17 EKZ (min) 100,7±46,1 112,6±44,2 64,8±30,5 AAZ (min) 69,7±37,1 71,6±38,0 52,0±22,3 14 2 1 1 10 2 0 1 4 0 1 0 Aortokoronarer Bypass 0 1 2 3 4 5 Mitralklappenchirurgie Ersatz Rekonstruktion Mechanische Unterstützung IABP Impella-Pumpe LVAD BVAD SVR, Ventrikelrekonstruktion; ACB, aortokoronarer Bypass; EKZ, extrakorporale Zirkulation; AAZ, Aortenabklemmzeit; Werte für EKZ und AAZ sind Mittelwerte in Minuten±STD; IABP, intraaortale Ballonpumpe; LVAD, left ventricular assist device; BVAD, biventricular assist device. 3.3 Postoperative Daten Die operative Sterblichkeit betrug 3%. Daher konnten postoperativ für vier Patienten weder echokardiographische Daten erhoben noch die NYHA-Klassenzugehörigkeit bestimmt werden. Daten dieser vier Patienten wurden somit nicht in die Auswertung der echokardiographischen Veränderungen Klassenzugehörigkeit miteinbezogen. und der Veränderungen der NYHA- Seite 27 Ergebnisse 3.3.1 Echokardiographische Veränderungen Die echokardiographischen Veränderungen werden in Abb. 3, 4 und 5 sowie Tab. 6 und 7 dargestellt. Hierbei wurden sowohl prä- als auch postoperativ folgende drei Parameter erfasst: die Ejektionsfraktion (EF), der linksventrikuläre enddiastolische Durchmesser (LVEDD) und der Grad der Mitralklappeninsuffizienz. Abb. 3 zeigt die durchschnittliche Veränderung der Ejektionsfraktion von prä- nach postoperativ für alle Patienten und die Untergruppen SVR+ACB und SVR. In der Gesamtberechnung stieg die EF signifikant von 27,0% präoperativ auf 38,5% postoperativ. Auch bei der Analyse der Untergruppen zeigte sich jeweils eine signifikante Verbesserung der EF von prä- nach postoperativ. Abb. 3: Durchschnittliche Veränderung der Ejektionsfraktion (EF) von prä- nach postoperativ für alle Patienten und die Untergruppen SVR+ACB und SVR; * p <0,0001. Seite 28 Ergebnisse Abb. 4 zeigt die Veränderung der Ejektionsfraktion der einzelnen Patienten von prä- nach postoperativ aufgeteilt in die Untergruppen SVR+ACB und SVR. In der Untergruppe SVR+ACB verbesserte sich die EF bei zwei Drittel der Patienten um fünf bis 15 Prozentpunkte. Bei 19% wurde eine Verbesserung um 20 bis 35 Prozentpunkte festgestellt. 15% zeigten keine Verbesserung bzw. eine Verschlechterung der EF um maximal 15 Prozentpunkte. In der Untergruppe SVR wurde bei 60% der Patienten eine Steigerung der EF um fünf bis 15 Prozentpunkte nachgewiesen. 30% zeigten eine Verbesserung um 20 bis 30 Prozentpunkte. Nur 10% hatten keine Verbesserung bzw. eine Verschlechterung der EF. Abb. 4: Veränderung der Ejektionsfraktion (EF) der einzelnen Patienten von prä- nach postoperativ aufgeteilt in die Untergruppen SVR+ACB und SVR. Seite 29 Ergebnisse Abb. 5 zeigt die durchschnittliche Veränderung des linksventrikulären enddiastolischen Durchmessers von prä- nach postoperativ für alle Patienten und die Untergruppen SVR+ACB und SVR. In der Gesamtberechnung konnte der LVEDD signifikant von 61,3 mm präoperativ auf 55,4 mm postoperativ reduziert werden. Auf die Untergruppen bezogen fand sich ebenfalls eine signifikante Reduktion des LVEDD von prä- nach postoperativ. Abb. 5: Durchschnittliche Veränderung des linksventrikulären enddiastolischen Durchmessers (LVEDD) von prä- nach postoperativ für alle Patienten und die Untergruppen SVR+ACB und SVR; * p <0,0001. Seite 30 Ergebnisse Tab. 6 zeigt den Vergleich der Untergruppen bezogen auf die Parameter EF und LVEDD. Der präoperative Ausgangswert für die Ejektionsfraktion unterschied sich nicht signifikant. Auch die jeweiligen Verbesserungen der EF von prä- nach postoperativ wiesen keinen signifikanten Unterschied zwischen den Untergruppen auf. Der präoperative Ausgangswert für den linksventrikulären enddiastolischen Durchmesser war ebenfalls nicht signifikant unterschiedlich. Für die Reduktion des LVEDD von prä- nach postoperativ konnte ein signifikanter Unterschied dahingehend festgestellt werden, dass in der Gruppe SVR der LVEDD im Durchschnitt um 9,2 mm verkleinert wurde im Vergleich zur Gruppe SVR+ACB, in der der LVEDD im Durchschnitt nur um 5,6 mm verringert wurde. Tab. 6: Vergleich der Untergruppen - EF und LVEDD SVR+ACB SVR p-Wert EF - präoperativ (%) 27,2±10,3 26,6±6,9 0,7392 EF - Differenz (%) (postoperativ-präoperativ) 10,7±9,8 12,0±8,0 0,5049 LVEDD - präoperativ (mm) 60,5±8,0 63,7±8,2 0,0531 LVEDD - Differenz (mm) (postoperativ-präoperativ) -5,6±6,6 -9,2±6,0 0,0267 EF, Ejektionsfraktion; LVEDD, linksventrikulärer enddiastolischer Durchmesser in Millimeter; SVR, Ventrikelrekonstruktion; ACB, aortokoronarer Bypass; Werte sind Mittelwerte±STD. Seite 31 Ergebnisse Tab. 7 zeigt die prä- und postoperativen Schweregrade der Mitralklappeninsuffizienz. Präoperativ wurde bei 74% des Patientenkollektivs keine oder eine leichtgradige Mitralklappeninsuffizienz nachgewiesen. Nach der Ventrikelrekonstruktion zeigte sich eine Verbesserung dahingehend, dass bei 90% der Patienten keine oder eine nur leichtgradige Mitralklappeninsuffizienz nachweisbar war. Zwei Patienten der Untergruppe SVR zeigten postoperativ eine hochgradige Mitralklappeninsuffizienz. Bei einem dieser Patienten wurde ein Sehnenfadenabriss festgestellt, woraufhin die Mitralklappe im postoperativen Verlauf ersetzt wurde. Über den anderen Patienten lagen keine weiteren Informationen vor. Tab. 7: Prä- und postoperative Schweregrade der Mitralklappeninsuffizienz Alle Patienten n (%) SVR+ACB n (%) SVR n (%) 23 (19,8%) 63 (54,3%) 25 (21,6%) 5 (4,3%) 18 (21,2%) 47 (55,3%) 18 (21,2%) 2 (2,4%) 5 (16,1%) 16 (51,6%) 7 (22,6%) 3 (9,7%) 48 (39,3%) 61 (50,0%) 11 (9,0%) 2 (1,6%) 38 (42,2%) 45 (50,0%) 7 (7,8%) 0 (0,0%) 10 (31,3%) 16 (50,0%) 4 (12,5%) 2 (6,3%) Mitralklappeninsuffizienz Präoperativ keine leichtgradig mittelgradig hochgradig Postoperativ keine leichtgradig mittelgradig hochgradig SVR, Ventrikelrekonstruktion; ACB, aortokoronarer Bypass. Seite 32 Ergebnisse 3.3.2 Dynamik in der NYHA-Klasse Die Veränderungen der NYHA-Klassenzugehörigkeit werden in Abb. 6 und 7 sowie Tab. 8 dargestellt. Abb. 6 zeigt die durchschnittliche Veränderung der NYHA-Klassenzugehörigkeit von pränach postoperativ. Sowohl für die gesamte Patienengruppe als auch für die Untergruppen zeigte sich jeweils eine signifikante Verbesserung um eine NYHA-Klasse von im Durchschnitt III nach II. Abb. 6: Durchschnittliche Veränderung der NYHA-Klassenzugehörigkeit von prä- nach postoperativ für alle Patienten und die Untergruppen SVR+ACB und SVR; * p <0,0001. Seite 33 Ergebnisse Abb. 7 zeigt die Veränderung der NYHA-Klassenzugehörigkeit der einzelnen Patienten von prä- nach postoperativ aufgeteilt in die beiden Untergruppen. In der Gruppe SVR+ACB waren präoperativ über 80% der Patienten in den NYHA-Klassen II (25,6%) und III (55,6%), wohingegen sich postoperativ über 80% der Patienten in den NYHA-Klassen I (36,1%) und II (50,0%) befanden. In der Gruppe, die nur die Ventrikelrekonstruktion erhielt, fand eine generelle Verschiebung von den Klassen II, III und IV präoperativ in die Klassen I, II und III postoperativ statt. Abb. 7: Veränderung der NYHA-Klassenzugehörigkeit der einzelnen Patienten von pränach postoperativ aufgeteilt in die Untergruppen SVR+ACB und SVR. Seite 34 Ergebnisse Tab. 8 stellt den Vergleich der Untergruppen bezogen auf die NYHA-Klassenzugehörigkeit dar. Weder der präoperative Ausgangswert noch die durchschnittliche Verbesserung der NYHA-Klassenzugehörigkeit zeigte einen signifikanten Unterschied zwischen den Untergruppen. Tab. 8: Vergleich der Untergruppen - NYHA-Klasse SVR+ACB SVR p-Wert NYHA-Klasse - präoperativ 2,9±0,7 3,0±0,7 0,2107 NYHA-Klasse - Differenz (postoperativ-präoperativ) -1,1±0,9 -1,1±0,8 0,8135 NYHA, New York Heart Association; SVR, Ventrikelrekonstruktion; ACB, aortokoronarer Bypass; Werte sind Mittelwerte±STD. 3.3.3 30-Tages-Letalität und Überleben Die 30-Tages-Letalität und das Langzeitüberleben werden in Tab. 9 sowie Abb. 8 und 9 dargestellt. Tab. 9 zeigt die 30-Tages-Letalität. Insgesamt gab es 10 Todesfälle (7,6%) innerhalb der ersten 30 Tage nach der Operation. Aufgeteilt in die beiden Patientengruppen ergab sich eine 30-Tages-Letalität von 8,2% für die Revaskularisierungsgruppe bzw. von 5,9% für die Patienten, die nur eine Ventrikelrekonstruktion erhielten. Fast alle Patienten verstarben in den ersten zwei Wochen, wobei die überwiegende Todesursache kardial bedingt war. Tab. 9: 30-Tages-Letalität 30-Tages-Letalität Alle Patienten n (%) SVR+ACB n (%) SVR n (%) 10 (7,6%) 8 (8,2%) 2 (5,9%) SVR, Ventrikelrekonstruktion; ACB, aortokoronarer Bypass. Seite 35 Ergebnisse Abb. 8 zeigt die Überlebenskurve nach Kaplan-Meier für alle Patienten. Die 5Jahresüberlebensrate lag im gesamten Patientenkollektiv bei 76% bei einer mittleren Followup-Zeit von 27,5 Monaten (0 – 127,2 Monate). Bei zwei Patienten wurde im Verlauf eine Herztransplantation durchgeführt. Abb. 8: Überlebenskurve nach Kaplan-Meier für alle Patienten. Seite 36 Abb. 9 zeigt Überlebenskurven nach Kaplan-Meier Ergebnisse aufgeteilt in die beiden Patientenuntergruppen. Während sowohl die 3-Jahresüberlebensrate als auch die 5Jahresüberlebensrate in der Gruppe SVR+ACB jeweils 75% betrug, zeigte sich in der Gruppe SVR ein Unterschied dahingehend, dass die 3-Jahresüberlebensrate bei 90% und die 5Jahresüberlebensrate bei 80% lag. Dieser Unterschied erreichte jedoch keine statistische Signifikanz (p = 0,3206). Abb. 9: Überlebenskurve nach Kaplan-Meier aufgeteilt in die Untergruppen SVR+ACB und SVR. Seite 37 Diskussion 4 Diskussion In dieser Arbeit wurde gezeigt, dass eine Ventrikelrekonstruktion mit oder ohne Bypassoperation mit einer deutlichen Verbesserung der Ejektionsfraktion und des subjektiven Befindens der Patienten sowie einer ausgeprägten Verkleinerung des linksventrikulären enddiastolischen Durchmessers vergesellschaftet ist. Im Verlauf zeigte sich eine überdurchschnittlich gute Langzeitprognose. Es lässt sich daher vermuten, dass die Ventrikelrekonstruktion bei Patienten mit dilatativer ischämischer Kardiomyopathie nicht nur die kardiale Funktion verbessert, sondern auch das Überleben verlängert. Insbesondere Patienten mit großem Kammervolumen und dys- bzw. akinetischem linkem Ventrikel ohne angehbare Koronarpathologie scheinen von der Ventrikelrekonstruktion zu profitieren. Aus dieser retrospektiven Datenanalyse ist nicht ersichtlich, ob der Effekt auf der Ventrikelrekonstruktion (SVR) oder der Revaskularisation beruht. Daher wurde das Patientenkollektiv in Untergruppen aufgeteilt: Patienten, die nur die SVR erhielten, im Vergleich zu Patienten, die zusätzlich zur SVR mit aortokoronaren Bypässen versorgt wurden. Die Aussagekraft der o.g. Parameter hinsichtlich der Beurteilung des Erfolgs der Ventrikelrekonstruktion erfordert jedoch eine kritische Diskussion. 4.1 Verbesserung der kardialen Funktion Für die prä- und postoperative Bestimmung der kardialen Funktion wurden in dieser Arbeit die durch transthorakale Echokardiographie erhobenen Parameter Ejektionsfraktion (EF) und linksventrikulärer enddiastolischer Durchmesser (LVEDD) erfasst. Verbesserung der Ejektionsfraktion Durch die Ventrikelrekonstruktion zeigte sich im gesamten Patientenkollektiv eine signifikante Verbesserung der EF um 11,5 Prozentpunkte von durchschnittlich 27,0% präoperativ auf 38,5% postoperativ. Bezogen auf die Untergruppen unterschieden sich weder die Ausgangswerte noch die jeweiligen Verbesserungen der EF signifikant. Die Ejektionsfraktion verbesserte sich demnach unabhängig davon, ob die Patienten revaskularisiert wurden oder nicht. Frühere Studien zeigen eine vergleichbare Verbesserung der EF durch die Ventrikelrekonstruktion (Di Donato et al. 1997; Dor et al. 1998; Athanasuleas et al. 2004a; Seite 38 Diskussion Menicanti et al. 2007; Di Donato et al. 2009). Maxey et al. untersuchten die Veränderung der Ejektionsfraktion bei 95 Patienten, von denen 39 Patienten nur aortokoronare Bypässe (ACB) erhielten, während die übrigen 56 Patienten zusätzlich mit einer Ventrikelrekonstruktion behandelt wurden. Beide Gruppen zeigten eine verbesserte postoperative EF. Die Verbesserung der EF war jedoch in der Gruppe ACB plus SVR signifikant höher (Maxey et al. 2004). Dies ist ein Hinweis darauf, dass die Ventrikelrekonstruktion einen entscheidenden positiven Beitrag zur Optimierung der EF liefert. Kritisch zu bewerten ist die Tatsache, dass die Berechnung der Ejektionsfraktion basierend auf dem enddiastolischen Volumen erfolgt. Allein die Verkleinerung des enddiastolischen Volumens durch die Ventrikelrekonstruktion führt demnach bei gleicher Auswurfleistung des restlichen, gleichgebliebenen kontraktilen Myokards zu einer Steigerung der EF. Die Verbesserung der globalen Ejektionsfraktion bedeutet folglich nicht unbedingt, dass die kardiale Pumpfunktion durch die Operation tatsächlich verbessert wurde. Desweiteren ist bisher nicht geklärt, inwieweit die Veränderung der EF durch die Ventrikelrekonstruktion ein Parameter darstellt, der eine Aussage über die Prognose des Patienten zulässt. Es wird gehofft, dass aus den Daten der STICH-Studie diese Fragen demnächst beantwortet werden können. Zudem stellt sich die Frage, ob die transthorakale Echokardiographie als geeignetes diagnostisches Werkzeug für die Bestimmung der Ejektionsfraktion gelten darf. Diese Untersuchungsmethode ist zum einen von der Kompetenz des Untersuchers und zum anderen von der Einstellung des Schallkopfes zur Herzachse abhängig, so dass die Ergebnisse von verschiedenen Untersuchern nur bedingt miteinander verglichen werden können. Erschwerend kommt hinzu, dass die EF bei den in dieser Arbeit untersuchten Patienten meistens visuell bestimmt wurde. Damit war die Art der echokardiographischen Beurteilung subjektiv und wurde nicht mit den vorhandenen Möglichkeiten zur Quantifizierung des Volumens und damit zur Berechnung der Ejektionsfraktion durchgeführt. Die o.g. Ausführungen stellen die Aussagekraft der Ejektionsfraktion als Parameter für die Einschätzung der kardialen Funktion in Frage. Da in früheren Untersuchungen ein Zusammmenhang zwischen Ejektionsfraktion und kardialer Pumpfunktion (von Spiegel et al. 1998) sowie der Prognose (Hammermeister et al. 1979; Sanz et al. 1982; Kober et al. 1997) gezeigt wurde, ist die Erhebung der EF dennoch sinnvoll. Dabei könnte die Verwendung von Seite 39 Diskussion 3D-Methoden für eine genauere, quantitative Messung der Ejektionsfraktion sorgen. Für eine umfassende Einschätzung der kardialen Funktion sollten jedoch zusätzliche Parameter wie Cardiac Index, Ejektionsfraktion unter Belastung, pulmonal-kapillärer Verschlussdruck (PCWP, Pulmonary Capillary Wedge Pressure) und Schlagvolumen erhoben werden (Lee et al. 1990; Gaudron et al. 1993). Verkleinerung des linksventrikulären enddiastolischen Durchmessers Die Reduktion der Kammergröße wurde echokardiographisch durch die prä- und postoperative Bestimmung des LVEDD ermittelt. Bei allen Patienten wurde der LVEDD signifikant von durchschnittlich 61,3 mm präoperativ auf durchschnittlich 55,4 mm postoperativ reduziert. Dabei unterschied sich der Ausgangswert für den LVEDD zwischen den Untergruppen nicht signifikant. Die Reduktion des LVEDD war jedoch mit durchschnittlich 9,2 mm in der Gruppe, die nur die Ventrikelrekonstruktion erhielt, gegenüber durchschnittlich 5,6 mm in der Gruppe SVR+ACB signifikant größer. Die stärkere Verkleinerung des linken Ventrikels in der Gruppe SVR kann durch den tendenziell größeren durchschnittlichen Ausgangswert von 63,7 mm in dieser Gruppe gegenüber 60,5 mm in der Gruppe SVR+ACB erklärt werden. Um in beiden Gruppen einen postoperativen linksventrikuläreren endiastolischen Durchmesser von etwa 55 mm zu erreichen, musste in der Gruppe SVR eine ausgeprägtere Verkleinerung stattfinden. Die zweidimensionale echokardiographische Messung des LVEDD ist jedoch keine optimale Methode, um die durch die Ventrikelrekonstruktion hervorgerufene Volumenreduktion der linken Herzkammer zu beurteilen. Vor allem bei Vorhandensein eines Aneurysmas - und dies war bei den meisten der in dieser Arbeit untersuchten Patienten der Fall - wird das Maß der Volumenreduktion durch eine nur geringe Verkleinerung des LVEDD möglicherwise unterschätzt. Für eine präzisere Volumenbestimmung bieten sich daher dreidimensionale bildgebende Verfahren wie die Magnetresonanztomographie an. Aus dem Wert für das linksventrikuläre endsystolische Volumen kann der linksventrikuläre endsystolische Volumenindex (LVESVI) berechnet werden. Prä- und postoperative Daten für den LVESVI wurden in früheren und aktuellen Studien eingesetzt, um den Erfolg der Ventrikelrekonstruktion zu beurteilen (Dor et al. 1998; Athanasuleas et al. 2004a; Jones et al. 2009). Zudem eignet sich der LVESVI als Prognoseparameter (Di Donato et al. 2010). Die Erhebung des LVESVI war in dieser retrospektiven Arbeit jedoch nicht möglich, da bei den Patienten keine routinemäßige Volumenbestimmung durchgeführt wurde. Seite 40 Diskussion Die Aussagekraft der in dieser Arbeit erhobenen Daten für den LVEDD wird zusätzlich durch die Tatsache geschmälert, dass nur bei 17% aller Patienten vollständige Datensätze erhoben werden konnten. Bei 15% lagen keine und bei 24% unvollständige Datensätze vor. Für die restlichen 44% konnten qualitative Angaben für den LVEDD gefunden werden, die nach Tab. 2 (s. 2.2) in Zahlenwerte überführt wurden, um den LVEDD trotzdem als Parameter der Ventrikelverkleinerung sowie der kardialen Funktion hinzuziehen zu können. Während die vorhandenen Funktionsanalysen daher ungenügend waren, konnte die Beurteilung der klinischen Symptomatik nahezu komplett erstellt werden. 4.2 Verbesserung des Funktionsstatus Um die Leistungsfähigkeit der Patienten nach durchgeführter Ventrikelrekonstruktion zu beurteilen, wurde mittels Telefonabfragen die NYHA-Klassenzugehörigkeit erhoben. Durch die Operation konnte eine signifikante Verbesserung um eine NYHA-Klasse von im Durchschnitt III nach II für das gesamte Patientenkollektiv erzielt werden. Bei getrennter Analyse für die Untergruppen befanden sich in der Gruppe SVR+ACB präoperativ über 80% der Patienten in den NYHA-Klassen II (25,6%) und III (55,6%). Postoperativ waren in dieser Gruppe über 80% der Patienten in den NYHA-Klassen I (36,1%) und II (50,0%). Bei den Patienten, die nur die Ventrikelrekonstruktion erhielten, zeigte sich eine Verschiebung von den NYHA-Klassen II, III und IV präoperativ in die NYHA-Klassen I, II und III postoperativ. Aus der Literatur sind vergleichbare durch die Ventrikelrekonstruktion hervorgerufene Verbesserungen der NYHA-Klassenzugehörigkeit bekannt (Athanasuleas et al. 2004b; Menicanti et al. 2007; Di Donato et al. 2009; Jones et al. 2009). Da die Beschwerden der Patienten die Herzinsuffizienz betreffend durchaus von Tag zu Tag variieren können, gleicht die Erhebung der NYHA-Klassenzugehörigkeit jedoch einer Momentaufnahme. Die in dieser Arbeit verwendeten Daten haben den zusätzlichen Nachteil, dass die postoperativen Werte für die NYHA-Klasse nicht bei allen Patienten im gleichen Zeitabstand zur Operation erhoben wurden. Damit bleiben etwaige Verbesserungen oder Verschlechterungen im Verlauf unberücksichtigt. Durch die Erhebung von zusätzlichen Parametern wie Lebensqualität und Angina pectorisSymtomatik nach der CCS (Canadian Cardiovascular Society)-Klassifikation könnte eine bessere Einschätzung des Funktionsstatus nach der Ventrikelrekonstruktion erfolgen. Seite 41 Diskussion Desweiteren könnte mittels prä- und postoperativer Durchführung eines 6-Minuten-Gehtests die körperliche Leistungsfähigkeit objektiv quantifiziert werden. Diese Parameter wurden in dieser retrospektiven Arbeit jedoch nicht erhoben. 4.3 Überleben und Prognose nach der Ventrikelrekonstruktion In den ersten 30 Tagen nach der Operation verstarben insgesamt 10 Patienten (7,6%). Die überwiegende Todesursache war kardial bedingt. Bei einer mittleren Follow-up-Zeit von 27,5 Monaten (0 – 127,2 Monate) lag die 5-Jahresüberlebensrate im gesamten Patientenkollektiv bei 76%. In der Gruppe SVR+ACB betrug die 3-Jahresüberlebensrate sowie die 5Jahresüberlebensrate jeweils 75%. In der Gruppe, die nur die Ventrikelrekonstruktion erhielt, lag die 3-Jahresüberlebensrate bei 90% und die 5-Jahresüberlebensrate bei 80%. Dieser Unterschied erreichte jedoch keine statistische Signifikanz (p = 0,3206). Klein et al. untersuchten in einer Übersichtsarbeit u.a. das Überleben und die Prognose nach durchgeführter Ventrikelrekonstruktion bei ischämischer Kardiomyopathie. Dieser Untersuchung zufolge lag die 30-Tages-Letalität in der Zusammenschau von 62 Studien durchschnittlich bei 6,9%. (Klein et al. 2008). Die in dieser Arbeit erhobene etwas höhere Rate an Todesfällen innerhalb der ersten 30 Tage nach der Operation erklärt sich durch die Miteinbeziehung eines Patienten, der in instabilem Kreislaufzustand einer Notfalloperation unterzogen wurde und wenig später verstarb. Die 5-Jahresüberlebensrate nach Ventrikelrekonstruktion wird in früheren Studien mit 68,6% (Athanasuleas et al. 2004b) respektive 65% (Sartipy et al. 2005) angegeben. Sartipy et al. hatten desweiteren eine 3- Jahresüberlebensrate von 79%. In der Übersichtsarbeit von Klein et al. lag die durchschnittliche 5-Jahresüberlebensrate von 47 Studien bei 71,5% (Klein et al. 2008). Die in dieser Arbeit erhobenen Daten für die 3- bzw. 5-Jahresüberlebensrate sind demnach mit früheren Untersuchungen im internationalen Rahmen vergleichbar. Die Patienten, die ausschließlich die SVR erhielten, zeigten mit einer 5-Jahresüberlebensrate von 80% sogar eine tendenziell bessere Prognose, auch wenn dieser Unterschied keine statistische Signifikanz erreichte. Der entscheidende Nachteil aller früheren Studien, die die Wirksamkeit der Ventrikelrekonstruktion untersuchten, ist die Tatsache, dass diese ohne Kontrollguppen Seite 42 Diskussion durchgeführt wurden. Die STICH (Surgical Treatment of Ischemic Heart Failure)-Studie ist die erste prospektive, randomisierte Studie, die untersuchte, ob die Herstellung einer optimalen linksventrikulären Geometrie und Größe durch Ventrikelrekonstruktion kombiniert mit aortokoronaren Bypässen sowie maximaler medikamentöser Therapie im Vergleich zu Revaskularisation in Kombination mit maximaler medikamentöser Therapie einen Überlebensvorteil bietet. Bei einem mittleren Follow-up von 48 Monaten konnte jedoch kein Unterschied weder im Hinblick auf die kardiale Prognose noch die Lebensqualität zwischen den beiden Gruppen festgestellt werden (Jones et al. 2009). Aufgrund der vielversprechenden Ergebnisse früherer Studien war das Ergebnis der STICH-Studie unerwartet. Jones et al. diskutieren zwei mögliche Erklärungen dafür: Zum einen geht die Reduktion des Kammervolumens möglicherweise mit einer schlechteren diastolischen Funktion mit verminderter Dehnbarkeit einher. Zum anderen haben erfahrene Chirurgen Patienten möglicherweise nicht in die STICH-Studie eingeschlossen, sondern die Ventrikelrekonstruktion als Therapie direkt angeboten. Laut L. Menicanti wurden 80% der Patienten, die in die STICHStudie hätten eingeschlossen werden können, nicht eingeschlossen (Sartipy und Lindblom 2009). Daher wurden wahrscheinlich Patienten mit ausgeprägter Dilatation oder ausgeprägtem Aneurysma weniger eingeschlossen. Desweiteren fiel die durchschnittliche Reduktion des Kammervolumens durch die Ventrikelrekonstruktion (19%) im Vergleich zu früheren Studien geringer aus. Dies erklärt möglicherweise den mangelnden zusätzlichen Überlebensvorteil durch die Ventrikelrekonstruktion (Di Donato et al. 2010). Weder die operative Sterblichkeit noch die 30-Tages-Letalität zeigte einen signifikanten Unterschied zwischen Patienten die nur aortokoronare Bypässe erhielten im Vergleich zu der Patientengruppe, die zusätzlich einer Ventrikelrekonstruktion unterzogen wurden. Damit stellt der erweiterte Eingriff durch die Ventrikelrekonstruktion nach der STICH-Studie zumindest kein zusätzliches Risiko dar. Das in dieser Arbeit untersuchte Patientenkollektiv besteht jedoch auch aus einer Patientengruppe, die nicht durch die STICH-Studie repräsentiert wird: Diejenigen Patienten, die die Ventrikelrekonstruktion ohne Revaskularisierung erhielten. Auffallend war zum einen die tendenziell bessere Prognose mit einer 3-Jahresüberlebensrate von 90% und einer 5Jahresüberlebensrate von 80%, zum anderen der tendenziell größere präoperative Wert des linksventrikulären enddiastolischen Durchmessers (LVEDD). In früheren Studien wurde eine bessere Prognose für Patienten gezeigt, die zusätzlich zur Ventrikelrekonstruktion mit aortokoronaren Bypässen versorgt wurden (Klein et al. 2008). Andererseits zeigten Yoda et al. ähnlich der in dieser Arbeit erhobenen Daten eine tendenziell bessere Prognose für Seite 43 Diskussion Patienten, die nur eine Ventrikelrekonstruktion erhielten (Yoda et al. 2009). Daher stellt sich die Frage, ob es eine Patientengruppe gibt, für die die alleinige Ventrikelrekonstruktion einen entscheidenden Prognosefaktor darstellt. Die in dieser Arbeit erhobenen präoperativen Charakteristika (s. 3.1) zeigen, dass die Patienten der Gruppe SVR zum einen im Durchschnitt 7 Jahre jünger sind. Zum anderen weisen die meisten Patienten dieser Untergruppe eine 1Gefäßerkrankung auf, wohingegen in der Gruppe SVR+ACB die meisten Patienten eine 3Gefäßerkrankung haben. Dies wirkt sich wahrscheinlich positiv auf die Prognose aus. Desweiteren lässt der tendenziell größere durchschnittliche Ausgangswert für den linksventrikulären enddiastolischen Durchmesser auf ein größeres präoperatives Kammervolumen schließen im Vergleich zur Gruppe SVR+ACB. Damit stellt die Ventrikelrekonstruktion für Patienten mit großem Kammervolumen und dys- bzw. akinetischem linkem Ventrikel ohne angehbare Koronarpathologie möglicherweise eine aussichtsreiche Therapieoption dar. 4.4 Schlussfolgerung Für die im Rahmen dieser Arbeit erhobenenen retrospektiven Daten ist zusammenfassend festzuhalten, dass Patienten Ventrikelrekonstruktion mit signifikant dilatativer bessere ischämischer Werte für die Kardiomyopathie Ejektionsfraktion, nach den linksventrikulären enddiastolischen Durchmesser sowie die NYHA-Klassenzugehörigkeit zeigen. Die Aussagekraft dieser Parameter hinsichtlich der Beurteilung des Erfolgs der Operation ist jedoch umstritten und muss kritisch hinterfragt werden. Das Überleben zeigte keinen signifikanten Unterschied zwischen den beiden Patientenuntergruppen, war jedoch tendenziell besser für die Patienten, die nur die Ventrikelrekonstruktion erhielten. Diese Patientenuntergruppe wies präoperativ einen tendenziell größeren linken Ventrikel auf, der durch die Operation signifikant stärker verkleinert wurde. Damit stellt die Ventrikelrekonstruktion für Patienten mit großem Kammervolumen und dys- bzw. akinetischem linkem Ventrikel ohne angehbare Koronarpathologie möglicherweise eine aussichtsreiche Therapieoption dar. Eine klassische Propensity-Analyse, die die präoperativen Risikoprofile der Patientenuntergruppen angleichen könnte, konnte aufgrund der Unvollständigkeit der Datensätze jedoch nicht sinnvoll durchgeführt werden. Weitere prospektive, randomisierte Studien mit der Erfassung objektiver Parameter für die Beurteilung der kardialen Funktion sind notwendig, um die Indikation für eine Ventrikelrekonstruktion optimal stellen zu können. Seite 44 Zusammenfassung 5 Zusammenfassung Hintergrund: Im Rahmen der koronaren Herzkrankheit vorausgegangenem Vorderwandinfarkt ein Aneurysma können Patienten (Dyskinesie) oder nach einen Kontraktionsausfall (Akinesie) samt Ventrikeldilatation entwickeln. Mit Hilfe der modifizierten Ventrikelrekonstruktion nach Dor (SVR) wird versucht, eine möglichst physiologische Form des linken Ventrikels zu rekonstruieren. Die STICH (Surgical Treatment of Ischemic Heart Failure)-Studie zeigte keinen Überlebensvorteil für Patienten, die zusätzlich zur Bypassoperation eine SVR erhielten. Da die Einschlusskriterien dieser Multicenterstudie sehr heterogen waren, stellt sich nun die Frage, ob es Untergruppen gibt, die möglicherweise von der Operation profitieren. Zielsetzung: Ziel dieser Arbeit war es, die Ergebnisse der Ventrikelrekonstruktionen, die am Herz-Kreislauf Zentrum Freiburg zwischen 1996 und 2005 durchgeführt wurden, auszuwerten. Es wurde untersucht, ob Patienten, die nur einer Ventrikelrekonstruktion unterzogen wurden, unterschiedliche Ergebnisse zeigen im Vergleich zu Patienten, die zusätzlich zur SVR aortokoronare Bypässe erhielten. Methodik: Bei 132 Patienten mit SVR wurden retrospektiv Daten von Herzfunktion, NYHAKlasse und Letalität analysiert. In Telefonabfragen wurde das Langzeitüberleben erhoben und nach Kaplan-Meier als Wahrscheinlichkeit dargestellt. Ergebnisse: Von den 132 operierten Patienten erhielten 34 nur die Ventrikelrekonstruktion, alle übrigen wurden zusätzlich mit aortokoronaren Bypässen versorgt. Insgesamt hatten über 90% der Patienten ein Aneurysma der Vorderwand. Bei 8% erfolgte zusätzlich ein klappenchirurgischer Eingriff. 11% der Patienten benötigten im postoperativen Verlauf mechanische Kreislaufunterstützung. 36% erhielten bei der SVR einen Patch. Echokardiographisch zeigte sich im gesamten Patientenkollektiv eine Steigerung der Ejektionsfraktion um durchschnittlich 12 Prozentpunkte sowie eine Reduktion des linksventrikulären enddiastolischen Durchmessers um durchschnittlich 6 mm. Alle Patienten verbesserten sich im Durchschnitt um eine NYHA-Klasse von III nach II. Die 30-TagesLetalität betrug 7,6%. Die 5-Jahresüberlebensrate lag für alle Patienten bei 76% mit einer mittleren Follow-up-Zeit von 28 Monaten (0,5-127 Monate). Das Überleben zeigte keinen signifikanten Unterschied zwischen den beiden Patientenuntergruppen. Schlussfolgerung: Die Ventrikelrekonstruktion verbessert die Ejektionsfraktion und das subjektive Befinden unabhängig von der Anlage von weiteren Bypässen. 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