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HochbauRecht
Herausgeber:
RA Dr. jur. Thomas Ax
Redaktion:
RA Dr. jur. Thomas Ax
Karola Kermbach
Darina Lötschert
Heft 01-04/2015
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1
HochbauRecht
herausgegeben von
Dr. jur. Thomas Ax, Maîtrise en Droit International Public
(Paris X-Nanterre) Inscrit au barreau de Paris.
01-04/2015
Inhalt
Von der Schriftleitung
2
Zu Beginn
3
Beiträge
5
Planungsbedingte Mängel und Umfang des Schadensersatzes
Auftragskalkulation für Nachtrag unablässig
Schriftliche Mangelanzeige nicht per E-Mail
Bei Mängeln: selbstständiges Beweisverfahren als Mittel
der Wahl
von Thomas Ax
Rückforderung von Überzahlungen als vertraglicher Anspruch
Nachgefragt bei … Thomas Ax: Was ist eine Arbeitsgemeinschaft (ARGE)?
Zahlung der Schlussrechnung des Architekten als Abnahme
zu werten
Selbstständiges Beweisverfahren zur Begutachtung von
Bauschäden
von Thomas Ax
Aktuelle Vergabe bei Baukonzession führt zu Mehrvergütungsansprüchen
Einsichtnahmerecht in das Grundbuch zur Klärung von
Sicherungsmöglichkeiten – Bauhandwerkerhypothek –
Nachträge erfolgreich durchsetzen
von Thomas Ax
Anforderung an prüffähige Planung
Handeln auf eigenes Risiko bei voreiligem Baubeginn
von Thomas Ax
Aktuelles aus der Rechtsprechung
Arbeitseinstellung zur Durchsetzung von Nachträgen
im Hochbau möglich – aber umsichtig zu praktizieren
von Thomas Ax
Bau- und Vergaberecht kurz belichtet
22
Aus dem Recht der Sicherheitsleistungen
Aus dem Gewährleistungsrecht
19
Aus dem Architektenrecht
Tarif- und Mindestlohnerklärung kein Eignungsnachweis
Aus dem Bürgschaftsrecht
Produktbezogene Beschränkung einer Ausschreibung ist
ein rügebedürftiger Vergabeverstoß
Veranstaltungshinweise
Im Vergabeverfahren kein Ausschluss wegen unzulänglicher Unterlagen
Korrekturen in der Ausschreibung nach Submission zulässig
24
Intensivschulung: Neues Hessisches Vergabe- und Tariftreuegesetz tritt am 01.03.2015 in Kraft
Intensivschulung: Alles über das Vergaberecht
2015/2016 – Bestandsaufnahme, Entwicklungen und
alle Neuerungen
Die Bestandteile eines Angebots müssen ordnungsgemäß
gekennzeichnet/verbunden sein
Intensivschulung: Landesvergaberecht Sachsen-Anhalt in
der Praxis und aktuelle Rechtsprechung
Aufhebung der Vergabe bei Kostenüberschreitung nur bei
belastbarer Kostenschätzung
Intensivschulung: Berliner Ausschreibungs- und Vergabegesetz (BerlAVG) sowie Brandenburgisches Vergabegesetz (BbgVergG) in der Praxis
Angaben zur Ausführung stellen keine Anordnung dar
Leistungsbeginn ohne vereinbarte Termine
Bürgschaft über 8 % in AGB unwirksam
Lehrgang für die Praxis
40
Privates Baurecht – Lehrgang für die Praxis in 6 Teilen
Ausblick/ Impressum / Bestellformular
51
1
Von der Schriftleitung
Sehr geehrte Leserinnen, sehr geehrte Leser,
das Baurecht gehört zu den spannendsten anwaltlichen Betätigungsfeldern. In keinem anderen rechtlichen Bereich werden juristische Erwägungen derart stark durch tatsächliche und
technische Grundlagen sowie praktische Erfahrungen mit der Bauwirklichkeit geprägt. Dies
fordert vom anwaltlichen Berater eine besondere und spezialisierte Herangehensweise.
Als Ax Rechtsanwälte kennen wir sowohl die
technischen Besonderheiten als auch die rechtlichen Problemstellungen, welche sich im Zuge
einer Baumaßnahme ergeben können.
Wir stehen Ihnen als Ax Rechtsanwälte in jedem
Zeitpunkt der Bauphase kompetent zur Seite.
Wir begleiten Sie bei Ihren juristischen Entscheidungen und stellen Ihnen gerne auf die Situation
passend und interessengerecht gefertigte
Schriftsätze zur Verfügung. Bei Verhandlungen
beraten und vertreten wir Sie versiert und interessengerecht und setzen durch was denn eben
geht. Natürlich sichern wir auch nach der Bauphase die zeitnahe Durchsetzung Ihrer Ansprüche. Wir lassen uns von dem Gedanken leiten,
dass juristische Konfrontationen wenn denn
eben möglich zu vermeiden sind. Kooperatives
Verhalten beider Seiten ist nicht nur geboten,
sondern führt nach unserer Erfahrung zu weit
besseren Ergebnissen. Gleichwohl scheuen wir
auch die harte Auseinandersetzung nicht. Die
Erfahrung zeigt jedoch, dass der Weg vor die
Gerichte langwierig, steinig und leider auch teuer ist. Der streitige Weg ist immer nur der zweitbeste Weg. Dementsprechend sind wir stets auf
die Erreichung einer einvernehmlichen und außergerichtlichen Lösung bedacht.
Sollte trotz allem Bemühen die Anrufung eines
Gerichtes unumgänglich oder angezeigt sein,
vertreten wir Sie selbstverständlich auch insoweit partnerschaftlich und kompetent, in der
Sache hart und konsequent, damit Sie Ihre berechtigten Ansprüche auch durchgesetzt bekommen.
Rechtlich fundiertes Vorgehen steht bei uns
nicht im Widerspruch zu schnellem und den
Erforderlichkeiten einer modernen Baustelle
angepasstem Handeln. Die Kenntnis der aktuellen Entscheidungen zum Vergabe- und Baurecht
ist dabei unumgänglich. Wir haben gerne in dieser Ausgabe der Zeitschrift aktuelle Entscheidungen zusammengestellt.
Viel Spaß beim Lesen dieser Ausgabe wünscht
Ihnen Ihre HochbauRecht Redaktion.
2
Zu Beginn
Hochbaurecht – worum geht es eigentlich?
Unter dem Oberbegriff Hochbaurecht versteht
man alle Rechtsbereiche, die die Errichtung,
Änderung und Beseitigung von Gebäuden betreffen, wobei man zwischen dem privaten Hochbaurecht dem Öffentlichen Baurecht unterscheidet. Das öffentliche Baurecht bestimmt die Zulässigkeit von Bauvorhaben im Interesse der
Nachbarn und der Allgemeinheit – das private
Hochbaurecht reguliert die Rechtsbeziehungen
der am Bau beteiligten Personen, also Bauherr,
Bauunternehmer, Architekt etc.
Ausgangspunkt für das private Hochbaurecht ist
der Bauvertrag. Er ist ein schuldrechtlicher
Werkvertrag zwischen Bauherr (Auftraggeber)
und Bauunternehmer (Auftragnehmer). Für das
Zustandekommen des Bauvertrags geltend die
allgemeinen Regeln des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Wie jeder Vertrag wird er mit zwei
übereinstimmenden Willenserklärungen geschlossen, durch Angebot und Annahme. Der
Bauunternehmer (Auftragnehmer) verpflichtet
sich zur Erbringung einer Bauleistung (Errichtung
eines Gebäudes, Abtragung eines Walls etc.) und
erhält als Gegenleistung vom Bauherrn eine Vergütung.
Auch für Bauverträge gilt die Vertragsautonomie, die allerdings bei Bauvorhaben der öffentlichen Hand durch die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) eingeschränkt ist:
Der erste Teil der VOB (kurz: VOB/A) schreibt
hierfür ein festes Vergabeverfahren vor. Im
zweiten Teil der VOB (VOB/B) sind außerdem für
alle öffentlichen Bauprojekte Sondervorschriften
zu beachten, die zur Ergänzung der Vorschriften
des BGB dienen beispielsweise Formvorschriften, Besonderheiten in Hinblick auf Mängelansprüche, bei Leistungsverzögerungen und ein
besonderes Widerrufsrecht des Bauherren bezüglich des Bauentwurfs u.v.m.
Die VOB ist zwingend bei allen öffentlichen Bauvorhaben einzuhalten und auch in vielen privaten Bauverträgen ist die Geltung der VOB/B aus-
drücklich vereinbart. Ist dies der Fall, gilt automatisch auch für private Bauvorhaben die VOB/C
(dritter Teil der VOB). Diese ist zum Beispiel
maßgeblich für die Beurteilung, ob Baumängel
vorliegen.
Unabhängig von der Geltung der VOB ist für
jedes Bauvorhaben die Leistungsbeschreibung
von entscheidender Bedeutung. Grundsätzlich
kann jede Arbeit für Herstellung, Änderung und
Beseitigung einer baulichen Anlage als Bauleistung in der Leistungsbeschreibung aufgeführt
werden und somit Vertragsinhalt sein. Art und
Umfang ergeben sich aus dem jeweiligen Bauvertrag.
Neben der Pflicht zur Zahlung des Werklohns
muss der Bauherr als Hauptpflicht die Bauabnahme vornehmen. Die Bauabnahme ist die
Erklärung, mit der der Bauherr als Auftraggeber
die erbrachte Bauleistung seines Vertragspartners als vertragsgemäß anerkennt. Die Abnahme
kann auf unterschiedliche Art erfolgen, zum Beispiel mit Begehung der baulichen Anlage, durch
Schweigen und Fristablauf oder eine Fertigstellungsbescheinigung, die ein Gutachter ausstellt.
Liegen allerdings wesentliche Baumängel vor, so
ist er zur Verweigerung (auch teilweise möglich)
der Abnahme berechtigt und kann vom Auftragnehmer Nachbesserung verlangen. Die Gewährleistungsrechte richten sich nach dem allgemeinen Werkvertragsrecht des BGB und werden
durch einige Spezialvorschriften für Bauwerke
ergänzt.
Mit der Abnahme endet die Vorleistungspflicht
des Auftragnehmers, seine Vergütung wird fällig
und die Verjährungsfrist für Baumängelansprüche beginnt zu laufen.
Darüber hinaus obliegen den Vertragsparteien
auch Nebenpflichten, wie beispielsweise die
Mitwirkungspflicht des Bauherrn (Auftraggebers), das Baugrundstück in einem baufreien
Zustand bereitzustellen oder die Baugenehmigung und andere erforderlichen behördlichen
Genehmigungen zu beschaffen. Der Auftrag3
nehmer muss die Anordnungen des Bauherrn
befolgen, die Bauleistung selbstverantwortlich
durchführen, die Frist einhalten etc.
Ein Unterfall des privaten Baurechts ist das sogenannte Architektenrecht. Hier sind die Rechte
und Pflichten des Architekten für seine Auftragstätigkeiten geregelt und in unterschiedlichen Rechtsgrundlagen verankert. Der Architekt
erbringt vor allem Planungsleistungen, kann aber
auch mit der Baubetreuung und -überwachung
(Bauleitung) beauftragt werden. Bei einem Architektenvertrag, auf den die generellen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches anwendbar sind, ist auch die Honorarordnung für
Architekten und Ingenieure (kurz: HOAI) zu beachten. Sie schreibt zum Beispiel für bestimmte
Honorarvereinbarungen die Schriftform zwingend vor oder bestimmt Höchst- und Mindestsätze für die jeweilige Architektenleistung.
Hinweis zum Architektenhonorar: Wird im Architektenvertrag der gesetzliche Honorarsatz nicht
beachtet, so bleibt der Vertrag zwar wirksam.
Doch anstatt des unwirksam vereinbarten Honorars richtet sich das Honorar nach den zwingenden Sätzen der HOAI.
Aufgrund seiner dem Bauherrn überlegenen
Stellung und Fachkenntnis, treffen den Architekten bereits vor Vertragsschluss Aufklärungspflichten. Er muss den Bauherrn über die jeweils
möglichen Risiken und Grenzen des Bauprojektes informieren. So bringt die Tätigkeit eines
Architekten berufsspezifische Risiken und Sicherheitsanforderungen mit sich, so dass für
Architekten, ähnlich wie für Steuerberater,
Rechtsanwälte, Ärzte und andere Berufsgruppen
mit hoher Verantwortung, ein spezielles Berufsrecht (Architektenberufsrecht) gilt. Dessen Einhaltung überwacht die Architektenkammer. Insbesondere bei Baumängeln spielt die Haftung
des Architekten eine Rolle (Planungsfehler etc.),
die unter dem Begriff der Architektenhaftpflicht
zusammengefasst wird und auch den Bereich
des Versicherungsrechtes betrifft. Darüber hinaus gibt es eine Vielzahl von landesrechtlichen
Bau-Vorschriften (z.B. BayBO, SächsBO, BauO
NRW u.a.) der einzelnen Bundesländer, die von
Architekten ebenfalls beachtet werden müssen.
Weil ein Architekt hauptsächlich planerisch tätig
ist und dabei eigene geistige Werke schafft, fallen seine Planungsleistung grundsätzlich unter
das Urheberrecht. Das Urheberrecht an seinen
Entwürfen und Werken schützt ihn vor nicht
genehmigter Nachahmung und Ideenklau, insbesondere durch Konkurrenten. Mitunter sind aber
auch die späteren Eigentümer eines Gebäudes
betroffen: So konnte ein Architekt seinen Auftraggebern auch nach Jahren untersagen, bauliche Veränderungen an dem von ihm entworfenen Gebäude vorzunehmen, die sein Erscheinungsbild ändern würden. Bekanntes Beispiel ist
der neue Berliner Hauptbahnhof: Das Architekturbüro untersagte aufgrund seines Urheberrechts der Deutschen Bahn die Einbringung von
Flachdecken, weil sie tiefgreifend das Erscheinungsbild des Bahnhofes beeinträchtigen würden (LG Berlin, Urteil v. 28.11.2006, Az.: 16 O
240/05)
Für zivilrechtliche Bauprozesse (Mängelhaftung,
Klage auf Nachbesserung, Schadenersatz etc.)
sind die allgemeinen Zivilgerichte zuständig. In
erster Instanz das Amtsgericht (AG), ab 5.000
Euro Streitwert das Landgericht (LG), in zweiter
Instanz die Oberlandesgerichte (OLG) und der
Bundesgerichtshof (BGH). Wird im Rechtsstreit
die Verletzung von Grundrechten geltend gemacht, ist für die verfassungsrechtliche Frage
das letztlich das Bundesverfassungsgericht
(BverfG) zuständig.
Sie haben ein rechtliches Problem und suchen
einen Anwalt in Ihrer Nähe, der Sie bei allen
Fragen zum Baurecht & Architektenrecht umfassend berät? Bei Ax Rechtsanwälte finden Sie die
passende Betreuung für Ihr Rechtsproblem.
4
Beiträge
Bei Mängeln: selbstständiges Beweisverfahren als Mittel der Wahl
von Thomas Ax
Bauen ist komplex, Mängel sind in der Praxis
häufig nicht zu vermeiden. Deshalb entdecken
Auftraggeber oft noch Jahre nach der Übernahme der Immobilie Baumängel am Objekt. Solange die Gewährleistungsfrist läuft, muss der für
das fehlerhafte Bauteil zuständige Unternehmer
den Schaden auf eigene Kosten beheben. Was
aber, wenn die Zeit knapp wird und die Verjährung droht? Dann ist Eile geboten, so Ax Rechtsanwälte Bauvertragsrecht. Eine Möglichkeit, die
Verjährung zu unterbrechen, ist das sogenannte
selbstständige Beweisverfahren. Es dient der
vorsorglichen Sicherung von Beweisen für einen
eventuellen Prozess. Dabei werden bautechnische Fehler festgestellt und die Kosten für deren
Beseitigung ermittelt. Dazu stellt der Auftraggeber mithilfe von Ax Rechtsanwälte Bauvertragsrecht einen Antrag auf Beweiserhebung. Das
Gericht bestellt einen Sachverständigen, der
beim Ortstermin das Problem untersucht. Die
Kosten für den Sachverständigen streckt der
Antragsteller vor. Im selbstständigen Beweisverfahren klärt der Sachverständige lediglich technische und finanzielle Aspekte, eine richterliche
Beurteilung erfolgt nicht. Rechtsfragen werden
erst geklärt, wenn der Auftraggeber sich entschließt, mit dem Gutachtenergebnis ein Klageverfahren vor Gericht einzuleiten. Denkbar ist
aber auch eine gütliche Einigung auf der Basis
der Erkenntnisse des Sachverständigen. Ein
selbstständiges Beweisverfahren dauert nach
Erfahrung der Ax Rechtsanwälte Bauvertragsrecht oft mindestens ein Jahr, in einigen Fällen
erheblich länger, denn alle Parteien dürfen Fragen stellen und Einwendungen zum Gutachten
erheben. Schneller lassen sich technische Fragen
mit einem Privatgutachten klären: Der Auftraggeber lässt von einem Gutachter seiner Wahl
alle seine Fragen klären und erhebt dann mit
diesen Erkenntnissen vor Gericht Klage. Beide
Verfahren haben in der Praxis Vor- und Nachteile, die im Einzelfall abgewogen werden müssen.
Ax Rechtsanwälte Bauvertragsrecht unterstützt
ihre Mandanten bei der Klärung der wichtigsten
Fragen: Welches Verfahren ist für ihn geeignet?
Und welche rechtlichen Schritte muss er dazu
veranlassen? Handeln sollten auch Planer und
Baufirmen, wenn sie ein selbstständiges Beweisverfahren auf sich zukommen sehen, rät Ax
Rechtsanwälte Bauvertragsrecht. Da Planung
und Ausführungen miteinander verbunden sind,
haften Baufirmen und Planer als Gesamtschuldner. Bei Baumängeln müssen sie klären, wer
dafür haftet – der Planer, die Baufirma, ein
Handwerker, ein Subunternehmer? In jedem Fall
müssen die am Bau Beteiligten ihre Interessen
wahren, beispielsweise, wenn der Auftraggeber
ein selbstständiges Beweisverfahren beantragt,
um etwaige Baumängel feststellen zu lassen. In
diesem Fall, so empfiehlt die Ax Rechtsanwälte
Bauvertragsrecht, sollten Baufirmen umgehend
den Streit verkünden, denn das selbstständige
Beweisverfahren liefert bereits die Beweise für
ein eventuelles, späteres Gerichtsverfahren.
Außerdem läuft häufig schon die Verjährung des
Gesamtschuldnerausgleichsanspruchs und sollte
gehemmt werden. Da die am Bau Beteiligten zu
diesem Zeitpunkt noch nicht wissen, wen der
Bauherr zum Schluss belangt, müssen sie sich
gegenüber den anderen Gesamtschuldnern absichern. Ax Rechtsanwälte Bauvertragsrecht empfiehlt deshalb Bauunternehmen und Handwerksbetrieben, die ein selbstständiges Beweisverfahren auf sich zukommen sehen, sich umgehend beraten zu lassen.
Ganz gleich, ob wir Sie als Ihre ausgelagerte
Rechtsabteilung unterstützen oder projektweise
begleiten: Wir sind Ihre Full-Service-Kanzlei für
alle Antworten des Bauvertragsrechts und Architektenvertragsrechts im nationalen und internationalen Umfeld.
Sie entscheiden. Wir unternehmen etwas. Für
Sie. Für den Mittelstand.
1. Grundsätzliches zum Verfahren
Das Selbständige Beweisverfahren dient der
gerichtsverwertbaren oder vergleichsfördernden Sicherung von Beweisen und kann zu jedem
Zeitpunkt der Abwicklung eines Bauvorhabens
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beantragt werden. Es ist ein einseitiges, vornehmlich vom Antragsteller und dem Gericht
bestimmtes Verfahren, in dem der oder die
Antragsgegner neben prozessualen Rechten
(z.B. Ablehnung des Gutachters oder ausforschender Fragen) auch das Recht zur Stellung
ergänzender Fragen an den Gutachter haben.
Häufiger Gegenstand eines Selbständigen Beweisverfahrens ist die Feststellung von Mängeln
vor oder nach der Abnahme sowie von Leistungsständen z.B. bei Insolvenz oder Kündigung.
Insbesondere der drohende Ablauf von Gewährleistungsfristen gibt oftmals Anlass, ein Selbständiges Beweisverfahren zur Mängelfeststellung einzuleiten.
Neben der gerichtlichen Klärung eines Zustandes, einer Ursache und eines Aufwandes, soll
das Selbständige Beweisverfahren auch zur
„Vermeidung eines Rechtsstreits“ dienen.
2. Anwenderbezogener Fahrplan
2.1 Vorüberlegung zur Beweissicherung
Bevor eine Beweissicherung durchgeführt werden soll, stellen sich strategische Fragen:
Welches Ziel soll erreicht werden? Geht es um
die Vorbereitung eines voraussichtlich nicht zu
vermeidenden Rechtsstreits? Muss die Verjährung zuverlässig gehemmt werden? Sind Dritte
mit bindender Wirkung einzubeziehen? Bedarf
es kurzfristiger Entscheidungsgrundlagen? Sind
gütliche Regelungen möglich? Welche Vor- und
Nachteile hat das Selbständige Beweisverfahren? Welche Alternativen gibt es?
Anschließend stellen sich taktische Fragen:
Wie kann das Ziel erreicht werden? Welche
Maßnahme ist zu wählen, insbesondere wann
sollen welche Fragen gestellt werden? Wie kann
der Zeitbedarf und die Kostenfolge der Beweissicherung beeinflusst werden? All diese Fragen
stellen sich dem Antragsteller wie auch dem
Antragsgegner eines Selbständigen Beweisverfahrens und natürlich oftmals in erster Linie
dem Berater der Parteien, dem Architekten,
beratenden Ingenieur, Projektsteuerer oder
Anwalt.
2.2 Auswahl des geeigneten Verfahrens
Aus der Sicht des Architekten, beratenden Ingenieurs oder Projektsteuerers ist mit dem Auftraggeber (z.B. Bauherr oder Bauunternehmer)
zu allererst das Ziel und die geeignete Maßnahme zu beraten. Die Rechtsprechung erwartet
zum Beispiel von dem mit der Objektbetreuung
(Leistungsphase 9) beauftragten Architekten,
dass er beim Auftreten von Mängeln angemessene Maßnahmen wie die Einleitung eines Selbständigen Beweisverfahrens oder alternative
Beweissicherungen anregt und die Hinzuziehung
des Anwalts zur Abklärung der rechtlichen Möglichkeiten empfiehlt. Alternativ zum gerichtlichen Selbständigen Beweisverfahren kommen
für eine Beweissicherung in Betracht.
Auswahl an Alternativen Kurzbewertung
A. eine gemeinsame, schriftlich protokollierte
und von den Parteien unterzeichnete Feststellung (z.B. Aufmaß oder Mängelprotokoll),
→ schnell, aber nicht immer möglich
B. ein Privatgutachten, → schnell, aber nur
Parteivortrag
C. ein Schiedsgutachten, → regelmäßig nicht
überprüfbar
D. ein Schlichtungsverfahren (z.B. die baubegleitende Schlichtung nach der Schlichtungsordnung des Vereins zur Förderung der alternativen Streitbeilegung im Baubereich
(ASIB) oder → zügig, sachkundig, überprüfbar gemäß der Schlichtungs- und Schiedsordnung für Baustreitigkeiten der ARGE Baurecht des Deutschen Anwaltvereins (SOBau).).
Die zuverlässige Unterbrechung der Verjährung
erreicht nur das rechtzeitige, vor Fristablauf
zugestellte gerichtliche Selbständige Beweisverfahren, gegebenenfalls mit einer Streitverkündung an Dritte (Ankündigung des Regresses).
Schneller und oftmals auch kostengünstiger sind
Privatgutachten, die aber nur zur Stärkung des
Parteivortrages dienen und als solche nur eine
„geringere“ Beweissicherungswirkung und niemals eine verjährungsunterbrechende Wirkung
haben. Dennoch sind sie oftmals Grundlage für
eine Einigung oder einen erfolgreichen Prozessvortrag.
Schiedsgutachten haben den Vorteil, eine endgültige Regelung herbeiführen zu können, sind
aber nur in Ausnahmefällen durch ein Gericht
überprüfbar. Schlichtungsverfahren gewinnen
zunehmend an Bedeutung, da sie – zumindest
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bei interdisziplinärer Besetzung (Ingenieure und
Juristen) – hohe Fach-Entscheidungskompetenz
mit der Möglichkeit einer kurzfristigen und von
Gerichten auf Antrag einer Partei überprüfbaren
Entscheidung verbinden.
2.3. Beweisantrag, Beweisbeschluss und Auswahl des Sachverständigen
Das Selbständige Beweisverfahren wird durch
einen Antrag, z.B. eine Auflistung der zu begutachtenden Leistungen, Mängel, Ursachen und
Kosten der Mängelbeseitigungsmaßnahmen
eingeleitet. Das Gericht prüft die Zulässigkeit
des Antrages und erlässt nach Anhörung des
Antraggegners einen Beweisbeschluss, in dem
es auch einen Sachverständigen vorschlägt. Der
Gutachter soll nach Möglichkeit öffentlich bestellt und vereidigt (ö.b.u.v.) sein. Zur Auswahl
eines Sachverständigen greifen die Gerichte auf
die Listen und Vorschläge der zuständigen Handels-, Handwerks-, Ingenieur- und Architektenkammern zurück oder wählen aufgrund ihrer
Erfahrungen in vorangegangenen Verfahren
einen Sachverständigen aus.
Die Parteien können Gründe zur Ablehnung des
Sachverständigen geltend machen. Es ist möglich, dass sich die Parteien auf einen Sachverständigen einigen, den das Gericht dann auch
ernennen wird. Der vom Gericht benannte
Sachverständige (Gerichtsgutachter) muss zunächst prüfen und mitteilen, ob er für die Beantwortung der Beweisfragen die notwendige
Sachkunde besitzt. Fehlt diese ganz oder teilweise, bestimmt allein das Gericht, ob der Gerichtsgutachter selbst einen Dritten hinzuziehen
darf oder ob ein anderer bzw. zusätzlicher Gerichtsgutachter beauftragt wird. Der Gerichtsgutachter ist nicht befugt, den Auftrag auf einen
anderen zu übertragen.
2.4. Die Bestellung, Beweiserhebung und der
Ortstermin
Mit der Bestellung durch das Gericht ist der
Gerichtsgutachter gesetzlich zur Erstattung eines gerichtlichen Gutachtens verpflichtet. Wird
die Begutachtung erheblich verzögert, kann das
Gericht ein Ordnungsgeld gegen den Gerichtsgutachter festsetzen. Der Gerichtsgutachter darf
– im Gegensatz zum Privatgutachter – für die
Erstellung seines Gutachtens nur verwerten,
was er selbst feststellt und dokumentiert oder
die Parteien während des gerichtlichen Beweisverfahrens vortragen (Inhalt der Gerichtsakte)
oder dem Gerichtsgutachter im Rahmen eines
Ortstermins zu Protokoll erklären. Zusätzliche
Unterlagen, die der Gerichtsgutachter zur Beantwortung der Beweisfragen für notwendig
erachtet, soll er über das Gericht oder sinnvollerweise direkt anfordern. Immer jedoch muss
der Gerichtsgutachter darauf achten, dass seine
Fragen und die ihm erteilten Informationen im
Verfahren „öffentlich“ gemacht werden, also in
Protokollen mit Herkunftsnachweis in Kopien an
alle Verfahrensbeteiligten gelangen. Anderenfalls setzt sich der Gerichtsgutachter dem Vorwurf der mangelnden Neutralität oder gar Befangenheit aus.
Ist die Durchführung eines Ortstermins sinnvoll,
muss der Sachverständige die Parteien rechtzeitig laden (soweit keine Eilbedürftigkeit vorliegt,
in der Regel 10 Tage vorher). Sind nach Auffassung des Gerichtsgutachters für die Begutachtung Maßnahmen erforderlich, die in die Substanz des Gebäudes eingreifen (Bauteilöffnungen), sollte der Gerichtsgutachter eine gerichtliche Weisung für den Eingriff einholen.
Die umfassende und sorgfältige Protokollierung
der Ortstermine ist notwendig. Dies beginnt mit
der Notierung der anwesenden Personen. Besonders exakt sollte die Befundaufnahme dokumentiert werden. In Beweisverfahren, die
baubegleitend erfolgen, ist die gerichtsfeste
Verwertbarkeit der gutachterlichen Feststellungen von der detailgetreuen, von den Beteiligten
nachvollziehbaren Dokumentation der Vorort
vorgefundenen Situation abhängig, weil der
begutachtete Bauzustand sich nach dem Ortstermin verändert und nicht mehr – oder nur mit
unverhältnismäßigem Aufwand – ein weiteres
Mal zu überprüfen ist. Beschreibungen wie zum
Beispiel „mehrere ca. 1,5 bis 2 m lange Risse“
sind viel zu unpräzise, um darauf verlässliche
Ausführungen zu Ursachen und Kosten zu stützen und nachzuvollziehen. Aus Gutachten, in
denen zum Beispiel detaillierte Rissbilder mit
Angaben zum Rissverlauf, zu Länge, Breite und
Tiefe der Risse, zu den Rissflanken und dem
Verschmutzungsgrad enthalten sind, sowie aus
dokumentiert entnommenen Proben und Laboruntersuchungen, die das Alter bestimmen
und aus dokumentiert gesetzten Gipsmarken,
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die die Bewegungen der Risse erfassen, lassen
sich verwertbare, weil nachvollziehbare Ergebnisse gewinnen.
2.5 Die Gutachtenerstellung
Nach Feststellung und Prüfung der Fragestellung
des gerichtlichen Beweisbeschlusses und ggf.
nach Durchführung des Ortstermins, erstellt der
Gerichtsgutachter sein schriftliches Gutachten.
Die Ergebnisse des Gutachtens müssen nach
wissenschaftlichen Kriterien nachvollziehbar
begründet sein, Annahmen oder Rückschlüsse
von Folgen auf Ursachen sind kenntlich zu machen, alle zur Begutachtung verwendeten Unterlagen (Fotos, Pläne, Protokolle, Schriftwechsel) dem schriftlichen Gutachten beizufügen.
Angewendete Methoden (z.B. zur Feuchtemessung in Bauteilen) sind zu erläutern und die das
gutachterliche Urteil tragenden technischen
Regelwerke aufzuführen und gegebenenfalls zu
erklären, weshalb sie nicht oder nur eingeschränkt Anwendung finden können.
Das Gutachten erhält das Gericht und leitet es
an die Parteien, regelmäßig mit einer Fristsetzung zur Stellungnahme, weiter.
2.6 Beendigung des Selbständigen Beweisverfahrens
Nach Zugang des Gutachtens können die Parteien innerhalb der gerichtlichen Frist Ergänzungsfragen an den Gerichtsgutachter richten und
auch dessen mündliche Befragung beantragen.
Diese Phase hat für die Parteien oftmals sehr
weit reichende Bedeutung:
Da das Selbständige Beweisverfahren grundsätzlich die Beweisaufnahme in einem Hauptverfahren ersetzen soll und kann, bedarf es einer besonders sorgfältigen Prüfung der im späteren
Hauptverfahren zur Durchsetzung der jeweiligen
Rechtsposition beweiserheblichen Tatsachen.
Diese gilt es deshalb noch im Selbständigen
Beweisverfahren zu sichern, das heißt, festzustellen und ihre Ursachen und Kosten bewerten
zu lassen. Enthält das Gutachten aus der Sicht
der betroffenen Partei unschlüssige, missverständliche oder unzutreffende Aussagen, müssen unmittelbar nach Vorlage des Gutachtens
fristgemäß entsprechend konkrete Fragen an
den Gerichtsgutachter gestellt werden, von
deren Beantwortung sich die Partei eine Unterstützung ihrer Position erwartet. Dies zu beur-
teilen erfordert in der Regel die Hinzuziehung
eines Ingenieurs und eines Anwaltes, um sämtliche später eventuell rechtlich notwendigen
Fragen auch fachlich zutreffend zu formulieren.
Werden in einem späteren Hauptverfahren Ansprüche aus Mängeln hergeleitet, die Gegenstand des Selbständigen Beweisverfahrens waren, verwertet das Gericht das Ergebnis des
Selbständigen Beweisverfahrens von Amts wegen. Hat eine Partei das Ergebnis einer Mängelfeststellung im Selbständigen Beweisverfahren
widerspruchslos bzw. ohne ergänzende Fragen
an den Gerichtsgutachter hingenommen, trifft
sie im Hauptprozess die volle Beweislast dafür,
dass das im Selbständigen Beweisverfahren
erzielte Ergebnis unzutreffend ist.
Der „Gegenbeweis“ kann nur mit einem „neuen
Gerichtsgutachten“ geführt werden und dazu
bedarf
es
regelmäßig
eines
GegenPrivatgutachtens, das das Gericht von der Notwendigkeit eines „neuen Gerichtsgutachtens“
überzeugt.
Selbständige Beweisverfahren sind deshalb stets
von allen Parteien in rechtlicher und fachlicher
Hinsicht mit größter vorausschauender Sorgfalt
zu führen.
Werden keine Ergänzungsfragen gestellt, endet
das Selbständige Beweisverfahren mit Zugang
des Gutachtens bzw. des Protokolls von der
mündlichen Anhörung des Gerichtsgutachters
oder mit der Festsetzung des Streitwertes durch
das Gericht.
Führt das Selbständige Beweisverfahren nicht zu
einer gütlichen Lösung, kann der Antragsgegner,
wenn das Gutachten zu seinen Gunsten ausgegangen ist und Klage deshalb nicht erhoben
wird, bei Gericht beantragen, dass der Antragsteller Klage erheben oder die Kosten des Selbständige Beweisverfahrens tragen möge.
Während der Durchführung des Selbständigen
Beweisverfahrens ist der Ablauf der Verjährung
z.B. der Gewährleistungsrechte gehemmt, allerdings nur betreffend derjenigen Mängel, die
Gegenstand des Beweisgutachtens gewesen
sind.
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Mit der Beendigung des Selbständigen Beweisverfahrens endet in der Regel 6 Monate später
auch die Wirkung der Verjährungshemmung.
2.7 Die Einbeziehung Dritter und Verjährungshemmung
In Bausachen besteht nahezu regelmäßig die
Notwendigkeit, weitere am Bauvorhaben Beteiligte in die Beweissicherung einzubeziehen.
Wird beispielsweise das Selbständige Beweisverfahren vom Bauherrn wegen Rissen gegen
den Rohbauer geführt, stellt sich die Frage, ob
nicht auch der Erdbauer, der Tragwerksplaner
oder der Grundbauingenieur als eventuell letztlich Verantwortliche, Mitverursacher oder Gesamtschuldner in das Verfahren einbezogen
werden sollten, um diesen das Ergebnis des
Verfahrens entgegenhalten zu können und auch
ihnen gegenüber den Ablauf der Verjährungsfristen zu hemmen.
Dies kann mit einem Schriftsatz an das Gericht
erfolgen, der einen möglichen Regressanspruch
ankündigt und kurz begründet (Streitverkündungsschrift). Der Streit-verkündete muss sich
dann am Ergebnis des Gerichtsgutachtens festhalten lassen, hat aber auch die Möglichkeit,
durch einen Beitritt zum Verfahren selber Fragen an den Gerichtsgutachter zu stellen und
dadurch auf das Ergebnis des Verfahrens Einfluss zu nehmen. Der Streitverkündete kann
auch seinerseits Streitverkündungen ausbringen, zum Beispiel gegenüber seinen Subunternehmern.
2.8 Vergütung des Sachverständigen
Die Vergütung des im Selbständigen Beweisverfahren eingeschalteten Gerichtsgutachters richtet sich nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG). Im bautechnischen
Bereich bewegen sich die Vergütungssätze
meist zwischen 70 € und 75 € pro Stunde. Allerdings ist es in einzelnen Fällen für den Sachverständigen möglich, einen höheren Stundensatz
zu fordern. Voraussetzung dafür ist die vorherige Zustimmung der Parteien. Bei Zustimmung
nur einer Partei kann das Gericht sich über die
Ablehnung der anderen Partei hinwegsetzen.
Erkennt der Sachverständige während der Begutachtung, dass die Kosten (z.B. für Bauteilöff-
nungen oder weiterführende Laboruntersuchungen) höher als erwartet ausfallen, trifft ihn
hierfür eine Hinweispflicht gegenüber dem Gericht als seinem Auftraggeber. Das Gericht prüft
die Vergütung. Stellt sich heraus, dass der Gerichtsgutachter die notwendige Sachkunde nicht
besaß, kann sein Vergütungsanspruch entfallen.
Deshalb sieht das Gesetz vor, dass der Gerichtsgutachter „unverzüglich“ prüft, ob der Auftrag
in sein Fachgebiet fällt.
2.9 Haftung des Sachverständigen
Seit der am 01.08.2002 eingeführten Regelung
des § 839a BGB haftet der Gerichtsgutachter als
Verfasser des Gutachtens für grob fahrlässige
oder vorsätzlich fehlerhaft erstellte Gutachten,
soweit ein Gerichtsurteil darauf beruht. Verursacht der Gerichtsgutachter anlässlich seiner
Begutachtung Schäden, die nicht durch seinen
Gutachterauftrag abgedeckt sind, wie z.B. Bauteilöffnungen, trifft ihn die gesetzliche Haftpflicht. Schäden, die ein vom Sachverständigen
beauftragter Unternehmer verursacht, muss der
Sachverständige im Wege des Schadensersatzes
für den Geschädigten geltend machen oder dem
Geschädigten seine Ansprüche gegenüber dem
schadenverursachenden Unternehmer abtreten.
3. Schlussbemerkung
Das Selbständige Beweisverfahren ist ein ernstzunehmendes gerichtliches Verfahren zur meist
bindenden Klärung beweiserheblicher Anspruchsvoraussetzungen in einem gerichtlichen
Hauptverfahren. Es ist ein oftmals aufgrund
seines formellen Charakters (allseitige Informationspflichten, Fragerechte der Parteien usw.)
langwieriges aber sicheres, gerichtsfestes Verfahren mit definierter Verjährungshemmung
und Bindung für Streitverkündete.
Schnelle gutachterliche Klärungen und Entscheidungen lassen sich besser durch die aufgezeigten Alternativen erreichen. Verjährungshemmende Wirkungen und Bindungen Dritter
wären dann allerdings vertraglich zu regeln.
Die Empfehlung des einen oder anderen Verfahrens kann nur einzelfallbezogen erfolgen und
bedarf immer umfassender und vorausschauender technisch-fachlicher und rechtlicher Kompetenzen, um eine effiziente Lösung zu erreichen.
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Nachgefragt bei … Thomas Ax
Was ist eine Arbeitsgemeinschaft (ARGE)?
In einer Arbeitsgemeinschaft (ARGE) erklären
die beteiligten Gesellschafter grundsätzlich das
Ziel der gemeinsamen Zweckerreichung, die
damit verbundene gegenseitige Unterstützung
und die Haftungsregelung für das Innenverhältnis dahingehend, dass sich die Haftung nach
§ 276 BGB unter Ausschluss der leichten Fahrlässigkeit regelt. Das Beteiligungsverhältnis hat
keine Bedeutung im Außenverhältnis (als Beziehung zu den Außenstehenden wie Auftraggeber,
Gläubiger, Banken u.a.). Hier ist die gesamtschuldnerische Verpflichtung und Haftung der
Gesellschafter maßgebend.
Wer haftet wofür?
Jeder ARGE-Gesellschafter haftet als Gesamtschuldner auf das Ganze, d.h. persönlich in vollem Umfang und mit dem gesamten Vermögen.
Anders verhält es sich im Innenverhältnis der
ARGE zwischen den beteiligten Gesellschaftern.
Bei einer Normal-ARGE haften die Gesellschafter nach ihren Anteilen im Beteiligungsverhältnis.
Welche Rechtsbeziehungen bestehen mit
wem?
Die Normal-ARGE, oft auch als „echte“ ARGE
bezeichnet, ist wie jede ARGE eine typische
Außengesellschaft. Es bestehen Rechtsbeziehungen zwischen Auftraggeber und ARGE, die
im eigenen Namen und für eigene Rechnung
den Vertrag mit dem Bauherrn abschließt, den
Bauauftrag ausführt und die Abrechnung mit
dem Auftraggeber durchführt. Damit dokumentieren die Bauunternehmen gegenüber dem
Bauherrn, dass sie die vertraglichen Verpflichtungen gemeinsam erfüllen wollen. Dafür leisten sie Beistellungen an finanziellen Mitteln,
Personal, Stoffen und Geräten und führen die
Bauleistungen unter einer gemeinsamen Bauleitung aus. Die Führung der Geschäfte steht dabei
den Gesellschaftern grundsätzlich gemeinschaftlich zu, sie kann aber auch einzelnen Gesellschaftern übertragen werden, wie dies bei ARGEn üblicherweise der Fall ist.
Beispiele zu Normal-ARGE
Verknüpfungen einer Normal-ARGE
Bei einer Dach-ARGE kann die Haftung im Innenverhältnis ebenfalls nach dem Beteiligungsverhältnis bestimmt werden, wenn keine eindeutige Zurechnung beispielsweise eines Schadens möglich ist. Bei eindeutiger Zuordnung
kann der Rückgriff auch in vollem Umfang gegenüber dem verursachenden Gesellschafter
erfolgen.
Beispiele zu Haftung der ARGE-Gesellschafter
Beispiel-Rechnung
Haftung
der
ARGEGesellschafter
Dach-ARGE mit den Gesellschaftern und ihren
Anteilen:
A: 50 %
B: 30 %
C: 20 %
Forderung des Auftraggebers bzw. von Dritten
für einen Schaden 100.000 €
Zahlung gegenüber Dritten durch die DachARGE 100.000 €
Keine eindeutige Zuordnung des Schadens gegenüber A, B, und C
Rückgriff für die Zahlung der ARGE gegenüber
den Gesellschaftern nach ihren Anteilen:
A: 50 % von 100.000 € = 50.000 €
B: 30 % von 100.000 € = 30.000 €
C: 20 % von 100.000 € = 20.000 €
Eindeutige Zuordnung des Schadens gegenüber
A als Verursacher
Rückgriff für die Zahlung der ARGE gegenüber A:
100.000 €
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Ist auch die Dach-ARGE eine ARGE?
Die Dach-ARGE ist eine Form von Bau-ARGEn.
Bei einer ARGE handelt es sich um eine Gelegenheitsgesellschaft nach BGB als GbR. Einen
Bauauftrag übernehmen zwei oder mehr Bauunternehmen mit der gegenseitigen Verpflichtung,
die vereinbarte Leistung zur Erreichung des gemeinsamen Zwecks quantitativ, qualitäts- und
termingerecht zu erbringen.
Die Dach-ARGE wird synonym auch als Los-ARGE
oder Kopf-ARGE bezeichnet. Sie ist dadurch
gekennzeichnet, dass sie die Ausführung des
Bauauftrags übernimmt und hierzu die Bauarbeiten auf Einzellose überträgt. Das Los kann
entweder aus einem Einzelgesellschafter (gleich
Einzellos) oder auch aus einer ARGE bestehen.
Die einzelnen Gesellschafter erfüllen bei der
Dach-ARGE ihre gesellschaftlichen Pflichten
durch ihre selbstständige und eigenverantwortliche Bauleistung für das jeweilige Einzellos.
Hierzu wird für das Einzellos ein auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage beruhendes
Nachunternehmerverhältnis zwischen DachARGE und Einzellos gebildet. Bei einer DachARGE treten die beteiligten Gesellschafter praktisch wie Nachunternehmer gegenüber der
Dach-ARGE auf. Es besteht eine Doppelfunktion
der Gesellschafter - einerseits sind die Gesellschafter auf der Ebene der Dach-ARGE Auftraggeber und zum anderen Auftragnehmer für die
einzelnen Lose auf bauvertraglicher Rechtsgrundlage.
Welche Art von Vertrag ist sinnvoll?
Der Dach-ARGE-Vertrag übernimmt weitgehend
den Aufbau und Inhalt des normalen ARGEVertrages.
Folgende Erfordernisse sind spezifisch für eine
Dach-ARGE (mit Bezug auf die Paragraphen des
Dach-ARGE-Mustervertrags):
Aufteilung der Vertragsarbeiten in Einzellose
(§ 2), das endgültige Beteiligungsverhältnis ist
nach Abrechnung der Einzellose zu bestimmen,
eine Bauleitung als Organ der ARGE (§ 5) ist
nicht erforderlich, Regelungen für Personal-,
Geräte- und Stoffbereitstellungen (§§ 12 bis 15)
entfallen.
Zusätzlich sind für das NachunternehmerVerhältnis zwischen Dach-ARGE und Einzellosen
Regelungen (§ 25) zu treffen über die Pflicht der
technischen Geschäftsführung zur Vorbereitung,
zum Abschluss und zur Ausfertigung der Nachunternehmerverträge, inhaltliche Festlegungen
zu den Nachunternehmerverträgen, z.B. Bürgschaft Einzellos = Bürgschaft Dach-ARGE, Weitergabe von Arbeiten des Einzelloses an Dritte
nur nach Zustimmung der Dach-ARGE, Ausführungsfestlegungen Dach-ARGE = Ausführungsfestlegungen Einzellos, Ausscheiden aus DachARGE = Ausscheiden aus Einzellos Klärungen zur
Baustelleneinrichtung bzw. Anteile der gemeinsamen Nutzung u.a. Zusammenarbeit zwischen
ARGE und Losen, z.B. übergeordnetes Interesse
der Dach-ARGE gegenüber Einzellos, Direktverhandlungen Einzellos - Auftraggeber nur mit
Zustimmung der Aufsichtsstelle, Ausschluss des
Stimmrechtes bei Aufsichtsstellenbeschlüssen
zum Vor- oder Nachteil eines Einzelloses für die
am Einzellos beteiligten Gesellschafter, die
Rechnungslegungen, z.B. Rechnungen des Einzelloses grundsätzlich an Dach-ARGE, Schlussrechnungen an Dach-ARGE erst nach Eintritt der
Schlussrechnungsreife beim Auftraggeber, Verhandlungen über Rechnungskürzungen etc. mit
Auftraggeber nur mit Zustimmung des Einzelloses, Auftraggeberzahlungen werden sofort
(nach Rückerstattungen von evtl. Barauslagen
eines Gesellschafters) an Einzellose weitergegeben, verkürzte Zahlungen des Auftraggebers
werden bei Zuordnenbarkeit an das Einzellos
weitergegeben, anderenfalls erfolgt Verteilung
nach Beteiligungsverhältnis, über Durchsetzung
strittiger Forderungen gegenüber Auftraggeber
entscheidet Aufsichtsstelle, kein Durchsetzen
strittiger Forderungen des Einzelloses gegenüber Dach-ARGE bis zur Übertragung dieser
Aufgabe an Einzellose bzw. bis zur Schlussrechnungserklärung, interner Zahlungsausgleich bei
Kürzungen des Auftraggebers wegen Saldierung
von Rechnungsposten.
Beispiele zu Dach-ARGE
Dach-ARGE
Das folgende Bild veranschaulicht die möglichen
Verknüpfungen, wobei ein Los auch von einer
Normal-ARGE übernommen werden kann:
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Welche weiteren rechtlichen Implikation sind
zu beachten?
Hier sind fundierte Betrachtungen in haftungsrechtlicher und gesellschaftsrechtlich/ vertragsrechtlicher aber auch steuerrechtlicher Hinsicht
erforderlich.
Mitglieder einer Arge bleiben steuerlich unabhängig, insbesondere wird keine einheitliche
und gesonderte Gewinnfeststellung durchgeführt, sofern deren alleiniger Zweck in der Erfüllung eines einzigen Werkvertrages oder
Werklieferungsvertrages besteht (§ 180 Abs. 4
AO, § 2a GewStG).
Umsatzsteuerlich kann zusätzlich die Arge selbst
Unternehmer werden mit den Folgen entsprechender Registrierungs- und Erklärungspflichten.
Schließt eine Arbeitsgemeinschaft des Baugewerbes allein die Bauverträge mit dem Auftraggeber ab, entstehen unmittelbare Rechtsbeziehungen nur zwischen dem Auftraggeber und der
Arbeitsgemeinschaft, nicht aber zwischen dem
Auftraggeber und den einzelnen Mitgliedern der
Gemeinschaft. In diesem Fall ist die Arbeitsgemeinschaft Unternehmer (im umsatzsteuerlichen Sinne).
Überlassen die Gesellschafter einer Arbeitsgemeinschaft des Baugewerbes dieser für die Ausführung des Bauauftrags Baugeräte (Gerätevorhaltung), kann sich die Überlassung im Rahmen
eines Leistungsaustauschs vollziehen. Vereinbaren die Gesellschafter, dass die Baugeräte von
den Partnern der Arbeitsgemeinschaft kostenlos
zur Verfügung zu stellen sind, ist die Überlassung der Baugeräte keine steuerbare Leistung,
wenn der die Geräte beistellende Gesellschafter
die Überlassung der Geräte der Arbeitsgemeinschaft nicht berechnet und sich mit dem ihm
zustehenden Gewinnanteil begnügt. Wird die
Überlassung der Baugeräte seitens des Bauunternehmers an die Arbeitsgemeinschaft vor der
Verteilung des Gewinns entsprechend dem Geräteeinsatz ausgeglichen oder wird der Gewinn
entsprechend der Gerätevorhaltung aufgeteilt,
obwohl sie nach dem Vertrag "kostenlos "zu
erbringen ist, handelt es sich im wirtschaftlichen
Ergebnis um besonders berechnete sonstige
Leistungen, zur unentgeltlichen Gegenstandsüberlassung vgl. Beispiel unten. Das gilt auch
dann, wenn die Differenz zwischen vereinbarter
und tatsächlicher Geräteüberlassung unmittelbar zwischen den Arbeitsgemeinschaftspartnern
abgegolten (Spitzenausgleich) und der Gewinn
formell von Ausgleichszahlungen unbeeinflusst
verteilt wird. In den Fällen, in denen im Arbeitsgemeinschaftsvertrag ein Spitzenausgleich der
Mehr- und Minderleistungen und der darauf
entfallenden Entgelte außerhalb der Arbeitsgemeinschaft zwischen den Partnern unmittelbar
vereinbart und auch tatsächlich dementsprechend durchgeführt wird, ist ein Leistungsaustausch zwischen den Arbeitsgemeinschaftsmitgliedern und der Arbeitsgemeinschaft nicht
feststellbar. Die Leistungen (Gerätevorhaltungen) der Partner an die Arbeitsgemeinschaft
sind in diesen Fällen nicht steuerbar.
Die Anwendung der vorgenannten Grundsätze
ist nicht auf Gerätevorhaltungen im Rahmen
von Arbeitsgemeinschaften des Baugewerbes
beschränkt, sondern allgemein anwendbar, z.B.
auf im Rahmen eines Konsortialvertrags erbrachte Arbeitsanteile.
Beispiel:
Ein Bauunternehmer ist Mitglied einer Arbeitsgemeinschaft und stellt dieser gegen eine Beteiligung am Gewinn oder Verlust der Gesellschaft
Baumaschinen zur Verfügung.
Die Überlassung des Gegenstands an die Gesellschaft gegen eine Beteiligung am Gewinn oder
Verlust der Gesellschaft ist beim Gesellschafter
keine unentgeltliche Wertabgabe, wenn dafür
unternehmerische Gründe ausschlaggebend
waren. Es handelt sich mangels Sonderentgelt
um eine nicht steuerbare sonstige Leistung im
Rahmen des Unternehmens.
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Wird der Gegenstand aus unternehmensfremden Gründen überlassen, liegt beim Gesellschafter unter den Voraussetzungen des § 3 Abs. 9a
UStG eine unentgeltliche Wertabgabe vor. Das
kann beispielsweise im Einzelfall bei der Über-
lassung von Gegenständen an Familiengesellschaften der Fall sein. Unternehmensfremde
Gründe liegen nicht allein deshalb vor, weil der
Gesellschafter die Anteile an der Gesellschaft
nicht in seinem Betriebsvermögen hält.
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Selbstständiges Beweisverfahren zur
Begutachtung von Bauschäden
von Thomas Ax
In Bausachen geht es nicht selten um die Frage
des Vorhandensens, der Ursache und der Beseitigung von Mängeln und Schäden. Größere
Mängel und Schäden sind nicht auszuschließen.
Dem Bauherrn fehlt in einem solchen Fall meist
das Fachwissen beurteilen zu können, ob der
Bauunternehmer seine Leistung fachgerecht
erbracht hat.
Wie geht man vor?
Zu entscheiden ist, ob bzgl. der aufgetretener
Mängel gleich ein (gerichtliches) selbständiges
Beweisverfahren eingeleitet werden soll oder
ob es nicht besser wäre, die Baumängel erst
einmal durch einen privaten Gutachter im Rahmen eines schriftlichen Gutachtens feststellen
zu lassen.
Was ist unter einem selbstständigen Beweisverfahren zu verstehen?
Bei einem selbständige Beweisverfahren stellt
der Antragsteller (entweder Bauherr oder Bauunternehmer) bei dem zuständigen Gericht (vgl.
unten) einen Antrag, dass über die im Antragsschriftsatz beschriebenen Punkte Beweis erhoben werden soll. Zumindest in Bausachen wird
üblicherweise beantragt, dass die im Beweisantrag gestellten Fragen durch ein schriftliches
Sachverständigengutachten beantwortet werden. Soweit das Gericht dem Antrag statt gibt,
ergeht der Beweisbeschluss durch das Gericht.
Der Antragsteller wird daraufhin vom Gericht
aufgefordert, den entsprechenden Kostenvorschuss für den Sachverständigen an die Gerichtskasse zu überweisen. Sobald der Vorschuss
bei Gericht eingeht, beauftragt das Gericht den
Sachverständigen, der die vorgetragenen Baumängel vor Ort begutachtet und hierüber ein
schriftliches Gutachten erstellt.
Was ist ein Privatgutachten?
Bei einem Privatgutachten wendet sich der
Bauherr/Bauunternehmer an einen Gutachter.
Dieser sollte hinreichend qualifiziert sein. Es
sollte folglich darauf geachtet werden, dass der
Gutachter bei der Handwerkskammer oder IHK
als solcher gelistet ist und sein Gutachten ordentlich, d. h. unparteiisch, logisch aufgebaut
und durch Bilder unterlegt, erstellt. Der Aufbau
des Gutachtens sollte dem eines vom Gericht
beauftragten Gutachtens entsprechen.
Die Rechtsbeziehung zwischen Gutachter und
Auftraggeber stellt einen Werkvertrag dar. Der
Auftraggeber muss seinen Gutachter laut dem
zugrunde liegenden Gutachtervertrag bzw.
,wenn ein Preis für die Erstellung des Gutachtens nicht vereinbart war, nach dem üblichen
Preis für dessen Leistungen entlohnen. Bei
Neubauten bzw. größeren Bauvorhaben bietet
sich die Einschaltung eines Privatgutachters an
für die Abnahme von Bauleistungen, bei der
baubegleitenden Qualitätskontrolle oder bei der
Überprüfung der Abrechnungen von Bauleistungen aller Art. Ein Privatgutachter kann auch
während eines laufenden Gerichtsverfahrens
eine der Parteien bei der Ergänzung des Vortrags unterstützen bzw. das von der Gegenseite
erstellte Gutachten durch ein Gegengutachten
widerlegen bzw. vor Gericht in Zweifel ziehen.
Das von einer Partei vorgelegte Privatgutachten
stellt zivilprozessrechtlich „Sachvortrag“ dar und
ist deshalb vom Gericht in jedem Fall zu beachten. Es besteht dabei auch die Möglichkeit, den
Privatgutachter als sachverständigen Zeugen in
den Prozess einzubeziehen.
Gutachterkosten, die dem Bauherrn entstanden
sind zur Schadens- bzw. Mangelermittlung stellen in der Regel Mangelfolgeschäden dar. Die
Privatgutachterkosten sind dann von der Gegenseite zu ersetzen, wenn die Beauftragung im
Einzelfall erforderlich war. Dies nimmt man
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dann an, wenn eine Partei aufgrund von fachlicher Unkenntnis ihre Rechtsposition ohne den
Privatgutachter nicht hinreichend verfolgen
kann. Einer in Bezug auf den Mangel fachunkundigen Partei ist es deshalb in der Regel möglich – soweit der Gutachter die vorgetragene
Rechtsposition bestätigt -, sich die Gutachterkosten von der Gegenseite erstatten zu lassen.
Hierzu ist die Gegenseite auch verpflichtet.
Was sind Voraussetzungen für das selbstständige Beweisverfahren?
Die Einleitung eines selbständigen Beweisverfahrens ist immer dann ernsthaft zu überlegen,
wenn Baumängel bereits in irgendeiner Art und
Weise zu Tage getreten sind und ein Klageverfahren im Raume steht.
Das selbständige Beweisverfahren ist deshalb
auch von der Rechtsprechung als vorweggenommene Tatsachenfeststellung durch gerichtliche Beweiserhebung definiert.
In Bausachen wird in der Regel der selbständige
Sachverständigenbeweis nach § 485 Abs. 2 ZPO
bei Gericht beantragt. Dies ist laut Gesetz dann
möglich, wenn ein Rechtsstreit noch nicht bei
Gericht anhängig ist.
Die schriftliche Begutachtung kann sich nach
§ 485 Abs. 2 ZPO auf den Zustand einer Person
oder auf den Zustand oder Wert einer Sache
(§ 485 Abs. 2 Nr. 1 ZPO), auf die Ursache eines
Personenschadens, Sachschadens oder Sachmangels (§ 485 Nr. 2 ZPO) oder auf den Aufwand für die Beseitigung eines Personenschadens, Sachschadens oder Sachmangels beziehen
(§ 485 Abs. 2 Nr. 3 ZPO).
Sinnvoller Weise sollte der Gutachter sowohl
den Zustand des betroffenen Gebäudeteils, die
Ursache für den Sachmangel und die Mangelbeseitigungskosten ermitteln.
Der Antragsteller muss laut Gesetz ein rechtliches Interesse an dem selbständigen Beweisverfahren haben. Dies ist schon der Fall, wenn Ansprüche (u. a. auf Schadensersatz oder Gewährleistung) des Antragstellers in Betracht kommen. Sogar dann, wenn der Antragsgegner zuvor schon jede Vergleichsbereitschaft verweigert hat und sich auf Verjährung beruft.
Den Beweisantrag als solches formuliert man
üblicherweise in Frageform. Die aufgetretenen
Baumängel müssen zumindest nach ihrem äußeren Erscheinungsbild nach in dem Antrag
genannt werden.
Nicht zulässig ist es, durch das selbständige Beweisverfahren den Sachverhalt erst ausforschen
zu wollen. Um eine typische Ausforschung handelt es sich, wenn lediglich Fragen an den Gutachter in der Hoffnung gestellt werden Mängel
zu erfahren.
Wie läuft das Verfahren dann weiter?
Das Gericht wählt den Sachverständigen nach
seinem Gebiet in der Regel mit Hilfe einer Anfrage bei der Industrie- und Handelskammer
bzw. der zuständigen Handwerkskammer aus.
Gutachter sind dort gelistet. Vorschläge einer
Partei bzgl. eines bestimmten Sachverständigen
muss das Gericht nicht berücksichtigen. Es ist
auch nicht unbedingt ratsam, einen Sachverständigen zu benennen, da die andere Partei in
dem Fall Zweifel an der Neutralität des Sachverständigen haben könnte und das Gericht aus
dem Grund meist einen anderen Sachverständigen benennt. Anders liegt der Fall, wenn Antragsteller und Antragsgegner sich auf einen
Sachverständigen verständigen und dies dem
Gericht mitteilen.
Die vorzutragenden Tatsachen sind von dem
Antragsteller
im
Beweisantrag
nach
§ 487 Nr. 4 ZPO glaubhaft zu machen. Dies erfolgt üblicherweise durch Vorlage der entsprechenden Unterlagen und gegebenenfalls durch
eidesstattliche Versicherung des Antragstellers
oder einer dritten Person.
Zuständig für das selbständige Beweisverfahren
ist nach § 486 Abs. 2 Satz 1 ZPO das für die Entscheidung in der Hauptsache zuständige Gericht
– soweit noch kein Rechtsstreit anhängig ist andernfalls das Prozessgericht.
Wie läuft der Termin mit dem Sachverständigen ab?
Nach Ergehen des Beweisbeschlusses und Zahlung des Kostenvorschusses durch den Antragsteller erfolgt der Termin mit dem Sachverständigen. Dieser begutachtet allein anhand der im
Beweisbeschluss gestellten Fragen den Sachver14
halt. Sind Arbeiten im Rahmen der Begutachtung durch den Sachverständigen erforderlich
(u.a. Aufbau eines Gerüsts, Entnahme von Materialproben) ist es allein Sache des Antragstellers, die Durchführung dieser Arbeiten zu ermöglichen. Diese Arbeiten sind folglich entweder durch den Antragsteller selbst oder durch
Dritte in dem Termin bzw. vor dem Termin zur
Terminsvorbereitung durchzuführen.
Und nach Erstellung des Gutachtens?
Nach Vorliegen des Gutachtens können alle
Parteien hierzu schriftlich Stellung nehmen. Es
kann zudem beantragt werden, dass der Sachverständige vor Gericht nochmals persönlich zu
der Thematik angehört wird.
Was sind die rechtlichen Wirkungen des selbstständigen Beweisverfahrens?
Mit der Zustellung des Antrags auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens tritt
nach § 204 Abs. 1 Nr. 7 BGB die Hemmung der
Verjährung ein. Die hemmende Wirkung dauert
bis zur Beendigung des Verfahrens.
Weiterhin ist das Ergebnis eines selbständigen
Beweisverfahrens in einem späteren Bauprozess
wie eine vor dem Prozessgericht durchgeführte
Beweisaufnahme zu behandeln (§ 493 Abs. 1
ZPO). Hierfür muss allerdings zwischen den Parteien des selbständigen Beweisfahrens und dem
Hauptsacheverfahren Identität bestehen. Die
Beweisverwertung setzt zudem eine Verhandlung der Parteien über das Ergebnis des selbständigen Beweisergebnisses im Hauptprozess
voraus (§ 285 Abs. 1 ZPO).
Wie ist die Kostenerstattung des selbstständigen Beweisverfahrens geregelt?
Es entstehen – soweit beide Parteien anwaltlich
vertreten sind – folgende Kosten:
2 Anwälte = 2 X 1,3 Verfahrensgebühr und 2 X
1,2 Terminsgebühr (wenn der Anwalt beim Ortstermin dabei ist) nach Streitwert. Die Verfahrensgebühr der Anwälte wird im Hauptsacheverfahren angerechnet. Weiterhin entstehen
Gerichtskosten und die Kosten für den Gutachter.
Die Kosten des Beweisverfahrens gehören zu
den Kosten des Hauptverfahrens. Nach Beendi-
gung des Hauptverfahrens werden diese im
Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens mit
festgesetzt.
Findet nach Beendigung des selbständigen Beweisverfahrens kein Hauptsacheprozess statt,
kann der Antragsgegner über § 494 a ZPO seine
Kosten erstattet bekommen. Hierfür hat der
Antragsgegner bei Gericht zu beantragen, dass
der Antragsteller binnen einer zu bestimmenden Frist Klage zu erheben hat. Kommt der Antragsteller dieser Anordnung nicht nach, hat das
Gericht auf Antrag durch Beschluss auszusprechen, dass er die dem Gegner entstandenen
Kosten zu tragen hat (§ 494 a Abs. 2 ZPO).
Die Kosten des Antragstellers im selbständigen
Beweisverfahren werden bei Gewinnen des
Prozesses dem Gegner auferlegt.
Was ist als Ergebnis festzuhalten?
Ein Privatgutachten sollte immer dann in Auftrag gegeben werden, wenn konkrete Baumängel noch nicht festgestellt sind und eine der am
Bau beteiligten Parteien den Zustand des
Bauobjekts (Mangelfreiheit) gutachterlich feststellen lassen möchte. Auch ist ein Privatgutachten meist die sinnvollere Alternative, wenn die
Baubeteiligten schnell und einvernehmlich eine
Klärung herbeiführen möchten.
Soll die Begutachtung allerdings der Vorbereitung eines Klageverfahrens dienen, ist die Einleitung eines selbständigen Beweisverfahrens in
der Regel die bessere Lösung. Der Vorteil des
selbständigen Beweisverfahrens ist die bessere
Verwertbarkeit des Gutachtens in dem nachfolgenden Hauptsacheprozess. Je nach Gerichtsstandort kann allerdings die Verfahrensdauer
bis zum Vorliegen des Gutachtens und Abschluss des selbstständigen Beweisverfahrens
nachteilig sein. erheblich sein kann. Dies hängt
ab von der momentanen Auslastung des Gerichts und des mit der Sache beauftragten Sachverständigen.
Soweit überlegt werden soll, ob ein Privatgutachten bzw. ein selbständiges Beweisverfahren
eingeleitet wird, sollte dies mit einem fachkundigen Rechtsanwalt erörtert werden. Sprechen
Sie uns an.
15
Nachträge erfolgreich durchsetzen
von Thomas Ax
Im Rahmen von Bauverträgen, welche nach einer vom Auftraggeber erstellten Ausschreibung
geschlossen wurden, kommt es häufig vor, dass
der Auftraggeber während der Bauausführung
Leistungen verlangt, welche der Auftragnehmer
bei der Unterbreitung seines Angebots nicht
berücksichtigt. Häufig liegt dies daran, dass die
betreffende Leistung im Leistungsverzeichnis
nicht mit einer eigenen Position angegeben war.
Das „Verlangen" des Auftraggebers, auf dessen
eindeutige Erklärungen man stets hinwirken
sollte, kann auch darin liegen, dass eine Leistung
für die mangelfreie Ausführung des Werks zwingend erforderlich ist und der Auftraggeber dies
eindeutig nachweisbar erkennt. In solchen Fällen
besteht für den Auftragnehmer in der Regel die
dringend wahrzunehmende Möglichkeit, über
eine Bedenkenanzeige gem. § 4 Abs. 3 VOB/B für
eine ausdrückliche Erklärung des Auftraggebers
zu sorgen.
Wird nach alledem eine zusätzliche Leistung
gefordert, stellt sich für den Auftragnehmer die
Frage, wie er für die in seinen Augen zusätzliche
Leistung eine adäquate Vergütung erlangen
kann. Den Weg dorthin weisen die einschlägigen
Vorschriften der in der Regel als Vertragsgrundlage vereinbarten VOB/B. Besonders zu nennen
ist § 2 Abs. 5, Abs. 6 VOB/B.
Da es selbst für auf das Baurecht spezialisierte
Juristen teilweise schwer, ja sogar unmöglich ist,
klar einzuordnen, ob ein Fall von Abs. 5 oder
Abs. 6 des § 2 VOB/B vorliegt, empfiehlt es sich
dringend, stets die etwas weitergehenden Voraussetzungen des Abs. 6 einzuhalten und den
Auftraggeber vor Ausführung der Leistung
schriftlich auf den entstehenden Mehrvergütungsanspruch hinzuweisen. Für den Anspruch
ist dann nicht erforderlich, dass der Auftraggeber die Mehrvergütung bestätigt, auch wenn es
natürlich erstrebenswert ist, eine solche Bestätigung zu erhalten.
Spätestens, wenn sich in dieser Phase der Unwille des Auftraggebers abzeichnet, die zusätzliche
Vergütung zu leisten, insbesondere, wenn keine
schriftliche Nachtragsvereinbarung zustande
kommt, ist dringend anzuraten, Ax Rechtsanwälte als auf das Bauvertragsrecht spezialisierte
Rechtsanwälte zu kontaktieren.
Ax Rechtsanwälte sind im Bereich der Nachträge
versiert und verfügen zudem über das für die
Argumentation nötige technische Verständnis,
so sind die Aussichten darauf, einen Nachtrag
erfolgreich durchzusetzen, deutlich erhöht.
Ax Rechtsanwälte sind dann insbesondere in der
Lage, dem Auftraggeber zu erklären, dass und
welche berechtigten Erwartungen ein Auftragnehmer an Inhalt und Gliederung der Ausschreibungsunterlagen haben darf und warum immer
wieder anzutreffende Klauseln, welche dem
Auftragnehmer das Risiko eines unvollständigen
Leistungsverzeichnis aufbürden sollen, unwirksam sind.
Wichtig ist es auch, in der Lage zu sein, den vertraglichen Bauentwurf festzustellen und begriffen zu haben, wie die Kalkulation der Vergütung
funktioniert, um davon ausgehend darlegen zu
können, ob eine Anordnung des Auftraggebers
sich als Änderung des Bauentwurfs oder andere
Anordnung darstellt, mit welcher in die Grundlagen der Preisbildung eingegriffen wurde.
Zur erforderlichen Spezialkenntnis von Ax
Rechtsanwälte gehören außerdem die spezifische Kenntnis der Vorschriften der DIN-ATV
18299 ff. VOB/C, insbesondere die Unterscheidung zwischen Nebenleistungen und besonderen Leistungen und die Abrechnungsvorschriften, sowie deren Charakter als Anforderungen
an die Aufstellung des Leistungsverzeichnisses.
Gepaart mit dem nötigen technischen Verständnis gelingt es Ax Rechtsanwälte dann regelmäßig, auch in schwierigeren Fällen die richtigen
Argumentationsketten aufzustellen und damit
bereits außergerichtlich zu überzeugen.
Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass sämtliche an den Auftraggeber abzugebenden Erklärungen schriftlich an den Auftraggeber direkt
(nicht an den Bauleiter oder Architekten) mit
Zugangsnachweis übermittelt werden sollten.
Zur Information von Bauleiter oder Architekten
kann gleichzeitig eine Abschrift versendet werden.
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Handeln auf eigenes Risiko bei voreiligem Baubeginn
von Thomas Ax
Klärt der Architekt den Bauherrn vollständig
über die Risiken einer widersprüchlichen Baugenehmigung auf, lässt der Bauherr aber gleichwohl den Bau beginnen, so scheidet eine Haftung des Architekten aus, wenn der Bau später
stillgelegt wird.
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher
oder sonstiger Verpflichtungen.
Eine Haftung des Architekten kann aufgrund
besonderer Umstände eingeschränkt oder ausgeschlossen sein.
Eine Einschränkung oder ein Ausschluss der Haftung kann sich ergeben, wenn der Bauherr auf
eigene Gefahr handelt.
Beispiel
(nach BGH , Urt. v. 25.10.1984 - III ZR 80/83 -,
NJW 1985, 1692, bestätigt durch BGH, Urt. v.
25.02.1999 - VII ZR 190/97 -, BauR 1999, 934)
nehmigung vollständig über die Risiken der widersprüchlichen Genehmigung, eines möglichen
Widerspruchs der Nachbarn und dessen Folgen
aufgeklärt. Gleichwohl hatte der Bauherr mit der
Errichtung des Bauwerks begonnen. Der Bauherr
nimmt das Land auf Schadensersatz in Anspruch.
Dieses wendet ein, der Architekt hafte vorrangig
(vgl. hierzu Haftung / ... / vorrangige Haftung des
Architekten).
Das Gericht gibt der Klage dem Grunde nach
statt. Das Land könne die Haftung mit dem Hinweis auf die vorrangige Haftung des Architekten
nicht abwenden. Der Architekt hafte nicht, da er
seinen Aufklärungspflichten vollständig nachgekommen sei. Allerdings sei die Haftung des Landes gemindert infolge eines Mitverschuldens des
Bauherrn. Nachdem dieser von dem Architekten
über die Risiken der Baugenehmigung aufgeklärt
worden sei, habe er kein Vertrauen mehr in die
Wirksamkeit der Baugenehmigung setzen dürfen; wenn er gleichwohl mit dem Bau begonnen
habe, müsse er sich ein Mitverschulden anrechnen lassen (zu Ermittlung der Höhe des Mitverschuldens wurde der Rechtsstreit in die untere
Instanz zurückverwiesen).
Hinweis
Für eine Bauvorhaben erteilte die zuständige
Die Rechtsprechung hat in den vergangenen
Bauaufsichtsbehörde eine widersprüchliche
Jahren die Anforderungen an die Pflicht des ArBaugenehmigung: einerseits wurde eine Grenzchitekten, eine auf Dauer genehmigungsfähige
bebauung unter Unterschreitung der MindestabPlanung zu erstellen, erhöht und spezifiziert.
standsflächen genehmigt, andererseits wurde in
Unter Berücksichtigung dessen wird sich der
der Genehmigung auf die entsprechenden AbArchitekt in Zukunft wahrscheinlich nicht nur
standsflächenvorschriften verwiesen. Nachbarn,
fragen lassen müssen, ob er den Bauherrn über
die schon zuvor ihre Zustimmung zu der geplandie Widersprüchlichkeit der Genehmigung auften Bebauung verweigert hatten, legten Widerklärte, sondern auch, ob er die Widersprüchlichspruch gegen die Baugenehmigung ein und erkeit durch mangelhafte Planung mitverschuldereichten schließlich eine Aufhebung der Baugete.
nehmigung und eine Stilllegung des Baus. Der
Architekt hatte den Bauherrn zur Zeit der Ge__________________________________________________________________________________
Arbeitseinstellung zur Durchsetzung
von Nachträgen im Hochbau möglich
– aber umsichtig zu praktizieren
von Thomas Ax
Ohne Einigung über Zahlung einer Vergütung für
eine geänderte oder zusätzliche Leistung besteht grundsätzlich kein Recht zur Arbeitseinstellung um diese „Nachträge" durchzusetzen.
Recht zur Arbeitseinstellung nach Treu und
Glauben
Etwas anderes kann sich nach den Grundsätzen
von Treu und Glauben ergeben, durch die die
Pflicht des Auftragnehmers zur Vorleistung im
Einzelfall überwunden werden kann. Bei unberechtigter Einstellung der Arbeiten kann jedoch
nach fruchtlosem Ablauf einer angemessenen
Frist zur Fortsetzung der Arbeiten ein wichtiger
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Grund zur Kündigung des Bauvertrages bestehen.
nach dem ursprünglichen Vertrag geschuldete
Bauleistung bezogen.
Meinungsverschiedenheiten über ein Nachtragsangebot
Beispielsweise der Entscheidung OLG Frankfurt,
Urteil vom 21.09.2011, Az. 1 U 154/10 lag ein
solcher Sachverhalt zugrunde. Während Abbrucharbeiten auf der Basis eines VOB/BVertrages durchgeführt wurden, entstanden
Meinungsverschiedenheiten über ein Nachtragsangebot des Abbruchunternehmers. Der
Bauherr kündigte an, das Angebot eingehend zu
prüfen und dann über die Vergabe des Nachtrages zu entscheiden. Gleichzeitig forderte er den
Unternehmer dazu auf, die Arbeiten unverzüglich fortzusetzen und den Bauschutt entsprechend zu entsorgen.
Rechtsanwalt Dr. Thomas Ax: Die Arbeitseinstellung ist für jeden Unternehmer am Bau nicht
ohne Risiko. Die Prognose, ob die Einstellung
der Arbeiten zu Recht oder zu Unrecht erfolgte,
ist nur schwer möglich und unterliegt ex post
der gerichtlichen Kontrolle. Erschwerend kommt
hinzu, dass aufgrund der Vorleistungspflicht des
Auftragnehmers kein Zurückbehaltungsrecht
gemäß der §§ 273, 320 BGB besteht. Eine Ausnahme kommt nach Treu und Glauben, § 242
BGB, nur in Fällen in Betracht, in denen die Leistungsfortführung für den Auftragnehmer
schlechthin unzumutbar ist. Unklarheiten über
die Höhe des Vergütungsanspruchs sind hierfür
nicht ausreichend. Erforderlich ist vielmehr,
dass der Bauherr entweder ein in jeder Hinsicht
ordnungsgemäßes Nachtragsangebot ohne
Grund endgültig ablehnt oder er sich nachhaltig
weigert, in Nachtragsverhandlungen einzutreten, obwohl die Nachtragsforderung offenkundig berechtigt ist.
Entstehen kündigungsbedingter Drittunternehmerkosten
Das Abbruchunternehmen reagierte, indem es
auf dem Postweg darauf hinwies, den Schutt
erst abzutransportieren und zu entsorgen, wenn
der Bauherr Zahlung von mindestens 70 % des
kalkulierten Preises garantierte. Dem kam der
Bauherr nicht nach, sondern forderte den Abbruchunternehmer dazu auf, die Arbeiten wieder aufzunehmen. Da sämtliche Aufforderungen
erfolglos blieben, kündigte er sodann den bestehenden Vertrag. Der Bauherr verlangte von
dem Abbruchunternehmer diejenigen Mehrkosten, die er durch die kündigungsbedingte Beauftragung eines Drittunternehmers aufwenden
musste.
Anspruch auf Mehrkostenerstattung
Das OLG Frankfurt bejahte den Anspruch auf
Erstattung der Mehrkosten unabhängig von der
Frage, ob der Abbruchunternehmer tatsächlich
mit seinen Arbeiten im Verzug war, um die Kündigung aus wichtigem Grund zu ermöglichen.
Das umstrittene Recht zur Arbeitseinstellung bei
Nichtbeauftragung von Nachtragsleistungen
besteht jedenfalls dann nicht, wenn die Nachtragsforderung dem Grunde nach unberechtigt
ist. Die unberechtigte Einstellung der Arbeiten
war unter den gegebenen Umständen des Einzelfalls als wichtiger Grund zur Kündigung geeignet. Dies insbesondere auch deshalb, weil
sich die durchzuführenden Arbeiten auf die
Voraussetzungen einer darauf gestützten Arbeitseinstellung des Unternehmers sind die
Berechtigung des Nachtrags dem Grund und der
Höhe nach. Diese sind nicht gegeben, wenn sich
die Anordnung des Bauherrn auf eine vom Vertrag bereits umfasste Leistung erstreckt, es sei
denn der Bauherr hat in Bezug auf die gesonderte Vergütungspflicht ein selbständiges Anerkenntnis abgegeben. Zudem muss der Unternehmer prüfbar abgerechnet haben, die Forderung muss auch der Höhe nach berechtigt sein
und schließlich muss Fälligkeit bestehen. Das
Leistungsverweigerungsrecht des Unternehmers
besteht ferner, wenn der Bauherr eine fällige
Nachtrags-Forderung nicht bezahlt hat und nach
dem fruchtlosen Fristablauf zur Zahlung. Dementsprechend darf dem Bauherrn auch kein
Zurückbehaltungsrecht wegen Mängeln zustehen.
Da es unerheblich ist, ob der Bauherr sein Zurückbehaltungsrecht geltend macht, oder die
Mängel zuvor gerügt hat, bestehen praktisch
kaum überwindbar hohe Hürden. Deshalb ist die
auf einen Zahlungsverzug gestützte Arbeitseinstellung für jeden Bauunternehmer mit erheblichen Risiken verbunden.
18
Bau- und Vergaberecht kurz belichtet
Tarif- und Mindestlohnerklärung kein
Eignungsnachweis
Die abgeforderte Verpflichtungserklärung zum
Tarif- und Mindestlohn kann nicht als Eignungsnachweis gewertet werden. Die Aufzählung in
Art. 48 Abs. 2 Richtlinie 204/18/EG (VOL/A
2009, § 7 EG ist insoweit abschließend. Damit
findet eine inhaltliche Überprüfung nicht statt
(VK Westfalen, Beschluss vom 25.01.2015 –
VK 18/14 -).
Produktbezogene Beschränkung einer
Ausschreibung ist ein rügebedürftiger
Vergabeverstoß
Ein Auftraggeber muss erkennen, dass er in
einer Ausschreibung keine produktbezogene
Beschränkung vornehmen darf, weil dies einen
rügebedürftigen Vergabeverstoß darstellt. Dies
gehört zu den grundlegenden Erkenntnissen der
ausschreibenden Stelle (VK MecklenburgVorpommern, Beschluss vom 07.01.2015 –
2 VK 19/14 -).
Im Vergabeverfahren kein Ausschluss
wegen unzulänglicher Unterlagen
Sind Unterlagen, die für die Wertungsstufe von
Bedeutung sind, inhaltlich unzureichend, hat die
formale Angebotsprüfung auf Vollständigkeit zu
erfolgen. Die Unzulänglichkeiten sind auf der
materiellen Prüfungsebene zu berücksichtigen
und müssen in die Wertung einfließen (OLG
Koblenz, Beschluss vom 19.01.2015 –
Verg 6/14 -).
Korrekturen in der Ausschreibung nach
Submission zulässig
Ein öffentlicher Auftraggeber stellt nach der
Submission fest, dass Teile der Ausschreibung
fehlerhaft sind. In diesem Fall kann der öffentliche Auftraggeber das Vergabeverfahren auf
einzelne Teilpositionen zurückversetzen, wenn
die Teilpositionen die Preisstruktur des Gesamtangebotes in nicht relevanter Weise beeinflussen. Diese Frage ist nicht anhand von starren
Ansätzen zu prüfen, sondern anhand der Umstände des Einzelfalls (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12.01.2015 – Verg 29/14 -).
Die Bestandteile eines Angebots müssen
ordnungsgemäß
gekennzeichnet/verbunden sein
§ 14 Abs. 3 VOB/A sieht vor, dass die Angebote
in allen wesentlichen Teilen im Eröffnungstermin gekennzeichnet werden. Dies bedeutet,
dass alle wesentlichen Angebotsbestandteile,
die zum Zeitpunkt der Angebotseröffnung vorliegen, einheitlich gekennzeichnet oder aber
verbunden werden müssen (bsp. Lochung oder
Sieglung), um ein nachträglich versehentliches
oder bewusstes Austauschen einzelner Bestandteile des Angebots zu verhindern. Dies dient der
Sicherung eines transparenten und fairen Verfahrens (VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom
14.02.2014 – 3 VK LSA 01/14 -).
Aufhebung der Vergabe bei Kostenüberschreitung nur bei belastbarer Kostenschätzung
Bei einer Ausschreibung kommt es zu einer
deutlichen Überschreitung des geschätzten Auftragswertes. Darin kann ein schwerwiegender
Grund für die Aufhebung der Ausschreibung
liegen. Dies ist jedoch nur dann der Fall, wenn
die vor der Ausschreibung vorgenommene Kostenschätzung falsch war. War die Kostenschätzung hingegen vertretbar, kommt eine Aufhebung nicht in Betracht (VK MecklenburgVorpommern, Beschluss vom 18.09.2014 –
2 VK 8/14 -).
Angaben zur Ausführung stellen keine
Anordnung dar
Die Parteien haben einen Bauvertrag mit einer
funktionalen Ausschreibung geschlossen. Im
Hinblick auf die Ausführung einer Leistung wurde eine ergänzende Preisabsprache getroffen.
Darin ist nicht zwingend eine abändernde Vereinbarung oder eine Anordnung über die Art der
Ausführung zu erblicken (BGH, Urteil vom
22.01.2015 – VII ZR 353/12 -).
Leistungsbeginn ohne vereinbarte Termine
In dem Bauvertrag ist geregelt, dass mit der
Ausführung der Bauleistungen 12 Werktage
19
nach Zugang der Aufforderung des Auftraggebers zu beginnen ist. Des Weiteren war geregelt,
dass die Aufforderung voraussichtlich bis zum
03.02.2009 zugehen wird. Darin ist keine verbindliche Ausführungsfrist zu erblicken. Dem
Auftragnehmer ist allerdings auf dessen Verlangen hin mitzuteilen, wann voraussichtlich mit
den Arbeiten zu beginnen ist. Der Auftraggeber
kann den Abruf der Leistungen nicht auf unbestimmte Zeit hinausschieben, da er dem Auftragnehmer die Möglichkeit geben muss, die
Leistung tatsächlich auch auszuführen. Ein zu
langes Hinauszögern ist nicht zumutbar (OLG
Frankfurt, Urteil vom 12.06.2012 – 11 U 102/12
– NZB zurückgewiesen, BGH 13.11.2014 – VII ZR
175/12 -).
Bürgschaft über 8 % in AGB unwirksam
In den Geschäftsbedingungen eines Bauvertrages ist vorgesehen, dass Gewährleistungsansprüche durch eine Gewährleistungsbürgschaft
in Höhe von 8 % der Auftrags-/ Abrechnungssumme abzusichern sind. Eine derartige Klausel
ist unangemessen und unwirksam (BGH, Urteil
vom 22.01.2015 – VII ZR 120/14 -).
Planungsbedingte Mängel und Umfang
des Schadensersatzes
Der Planer hat Planungsfehler zu verantworten.
Der Schadensersatzanspruch des Auftraggebers
ist nicht auf die Kosten der Beseitigung der
handwerklichen Fehler begrenzt. Vielmehr muss
der Planungsmangel nachhaltig beseitigt werden können. So führen Fehler des öffentlichen
Auftraggebers bei der Vergabe der Sanierungsarbeiten nicht zwingend dazu, dass Abzüge von
dessen Schadensersatzanspruch vorzunehmen
sind. Ein Abzug ist nur dann gerechtfertigt,
wenn die Grenze der Erforderlichkeit eindeutig
überschritten wird (OLG Düsseldorf, Urteil vom
02.10.2021 – 21 U 54/9 – NZB zurückgewiesen,
BGH 13.11.2014 – VII ZR 302/12 -).
Auftragskalkulation für Nachtrag unablässig
Der Unternehmer macht einen Mehrkostenanspruch aus Nachträgen gerichtlich geltend.
Grundlage ist eine „Nachtragskalkulation“. Ein
gerichtsseits eingeschalteter Sachverständiger
bestätigt, dass die Preisansätze üblich und angemessen sind. Gleichwohl wurde der Anspruch
dem Auftragnehmer nicht zugesprochen, da der
Unternehmer keine Auftragskalkulation vorgelegt hat (OLG Dresden, Urteil vom 15.01.2015 –
9 U 764714 -).
Schriftliche Mangelanzeige nicht per EMail
Eine Mangelanzeige nach § 13 Abs. 5 Nr. 1
Satz 2 VOB/B muss schriftlich erfolgen:
Der Auftragnehmer ist verpflichtet, alle während der Verjährungsfrist hervortretenden
Mängel, die auf vertragswidrige Leistungen zurückzuführen sind, auf seine Kosten zu beseitigen, wenn es der Auftraggeber vor Ablauf der
Frist schriftlich verlangt. Der Anspruch auf Beseitigung der gerügten Mängel verjährt in zwei
Jahren, gerechnet vom Zugang des schriftlichen
Verlangens an, jedoch nicht vor Ablauf der Regelfristen nach Abs. 4 oder der an ihrer Stelle
vereinbarten Fristen.
Um eine derartige verjährungsverlängernde
Wirkung durch eine Mangelanzeige herbeizuführen, ist die schriftliche Mangelanzeige mit
einer eigenhändigen Unterschrift des Bauherrn
erforderlich. Eine Mangelanzeige nur per E-Mail
genügt nicht, wenn keine qualifizierte elektronische Signatur vorliegt (eine qualifizierte elektronische Signatur ist eine nach dem Deutschen
Signaturgesetz fortgeschrittene elektronische
Signatur, die auf einem zum Zeitpunkt der Erzeugung gültigen qualifizierten Zertifikat beruht
und mit einer sicheren Signaturerstellungseinheit erstellt wurde) (Landgericht Frankfurt/Main,
Urteil
vom
08.01.2015
–
2-20 O 229/13 -).
Rückforderung von Überzahlungen als
vertraglicher Anspruch
Die Parteien eines Bauvorhabens haben einen
BGB-Werkvertrag geschlossen. Im Bauvertrag
wurde vereinbart, dass Voraus- und Abschlagszahlungen geleistet werden. Wird der Bauvertrag beendet/gekündigt und stellt sich heraus,
dass der Auftragnehmer überzahlt ist, hat der
Bauherr einen Rückzahlungsanspruch aus Vertrag (BGH, Urteil vom 08.01.2015 –
VII ZR 6714 -).
20
Zahlung der Schlussrechnung des Architekten als Abnahme zu werten
Zahlt ein Auftraggeber uneingeschränkt die
Schlussrechnung des Architekten, ist dies als
Abnahme zu werten, da hieraus geschlossen
werden kann, dass der Auftraggeber die Architektenleistungen als vertragsgemäß erbracht
ansieht (OLG Dresden, Urteil vom 12.12.2013 –
10 U 1954/12 – NZB zurückgewiesen, BGH,
13.11.2014 – VII ZR 8/14 -).
Aktuelle Vergabe bei Baukonzession
führt zu Mehrvergütungsansprüchen
Der Bundesgerichtshof hat nunmehr entschieden, dass auch bei einer verzögerten Vergabe
eines Baukonzessionsvertrages Mehrvergütungsansprüche entstehen (BGH, Urteil vom
18.12.2014 – VII ZR 60/14 -).
Einsichtnahmerecht in das Grundbuch
zur Klärung von Sicherungsmöglichkeiten – Bauhandwerkerhypothek –
nehmen, wenn er ein Sicherungsbedürfnis für
seine Werklohnforderungen hat. Der Anspruch
kann sogar über das Bestandsverzeichnis und
die Abt. I hinaus gehen, wenn der Besteller nicht
mehr Eigentümer des Grundstücks ist und dies
den Interessen des Bestellers dem Einzelfall
entspricht (OLG München, Beschluss vom
09.02.2014 – 34 Wx 43/15 -).
Anforderung an prüffähige Planung
Schuldet der Planer eine insgesamt prüffähige
Planung, bedeutet dies für die Tragwerksplanung, dass der Prüfingenieur die Statik als unbedenklich freigibt. Dazu muss dem Prüfingenieur die Möglichkeit zur Prüfung eröffnet werden. Ihm sind damit die erforderlichen Unterlagen und Nachweise vollständig und rechtzeitig
vorzulegen, so dass dem Prüfingenieur ausreichend Zeit zur Wahrnehmung seiner Prüfungsaufgaben zur Verfügung steht (OLG Brandenburg, Urteil vom 26.11.2014 – 4 U 20/09 -).
Der Unternehmer darf in das betreffende
Grundstück des Bestellers Grundbucheinsicht
21
Aktuelles aus der Rechtsprechung
Aus dem Recht der Sicherheitsleistungen
Sicherheitsbeinbehalt und Austauschrecht des
Auftragnehmers beim VOB/B-Bauvertrag
Stellt ein hierzu berechtigter Auftragnehmer
eine Gewährleistungsbürgschaft zum Austausch
für einen Sicherungseinbehalt, ist dies dahin
auszulegen, dass die Bürgschaftsstellung unter
der auflösenden Bedingung steht, der Auftraggeber werde seiner Verpflichtung zur effektiven
Auszahlung des Bareinbehalts alsbald nachkommen.
Anmerkung: Der BGH hat in seinem Urteil vom
10.02.2011 (AZ: – IX ZR 73/10) seine bisherige
Rechtsprechung bestätigt. Wird in dem Vertrag
ein Sicherheitseinbehalt vereinbart, der durch
Bürgschaft abgelöst werden kann, muss der AG
dem AN den Einbehalt auszahlen, wenn er eine
Bürgschaft erhält. Zahlt er den Einbehalt nicht
aus, muss er die Bürgschaft zurückgeben. Anders
ist dies, wenn nach dem Vertrag der Auftragnehmer eine Bürgschaft zu stellen hat, diese also
als einziges Sicherungsmittel vereinbart ist und
der Auftraggeber lediglich deshalb, weil die
Bürgschaft nicht gestellt wird, einen Einbehalt
vornehmen darf.
BGH Urteil vom 10.02.2011 (AZ: – IX ZR 73/10)
Aus dem Gewährleistungsrecht
Pflicht des Unternehmers zur Nacherfüllung auf
bestimmte Art
Ist die Mängelbeseitigung nur auf eine bestimmte Weise möglich, ist der Unternehmer verpflichtet, diese vorzunehmen. Der Besteller kann ein
dieser Verpflichtung nicht entsprechendes und
damit untaugliches Angebot von vornherein
zurückweisen.
Das erhebliche Interesse des Bestellers an einem
sich optisch einfügenden Werk kann auch einen
größeren Aufwand zur Mängelbeseitigung als
nicht unverhältnismäßig erscheinen lassen. Die
abweichende Einschätzung eines Sachverständigen, der den Ansatz einer Wertminderung vor-
geschlagen hat, ist nicht maßgeblich. (BGH,
Urt. v. 5. 5. 2011− VII ZR 28/10)
Aus dem Architektenrecht
Schadensersatzansprüche gegen Architekten
wegen Beratungsfehler
Über seine in der HOAI umschriebenen Aufgaben
hinaus kann den Architekt die Vertragspflicht
treffen, den Bauherrn bei der Materialwahl zu
beraten. Empfiehlt der Architekt ein Material,
das dauerhaft nur bei regelmäßigen Erhaltungsarbeiten geeignet ist, muss er den Auftraggeber
auch darauf hinweisen (hier: Schutzanstriche für
Fensterrahmen aus Kiefernholz in einer stark
bewitterten Fassade).
Zum Sachverhalt:
Der von den kl. Eheleuten mit Architektenleistungen beauftragte Architekt empfahl für das
Ende 1999 fertig gestellte und bezogene Wohnhaus der Auftraggeber den Einbau von Fenstern,
deren Rahmen aus Kiefernholz bestanden. Die
erforderlichen Erhaltungs- und Schutzanstriche
nahmen die Auftraggeber in der Folgezeit nicht
vor. 2008 entdeckten sie, dass das Kiefernholz
der Fensterrahmen weithin gefault war. Das
lasten sie dem Bekl. an und begehren daher
nach Durchführung eines selbstständigen Beweisverfahrens und Austausch der Fenster insgesamt 14 771,37 Euro Schadensersatz nebst
Zinsen. (OLG Koblenz, Hinweisbeschl. v. 30. 5.
2011 − 5 U 297/11)
Aus dem Bürgschaftsrecht
Wann gerät Bürge in Zahlungsverzug?
Die Forderung aus einer selbstschuldnerischen
Bürgschaft wird grundsätzlich mit der Fälligkeit
der Hauptschuld fällig; einer Leistungsaufforderung des Gläubigers und der Vorlage von die
Hauptschuld belegenden Unterlagen bedarf es
dazu nicht (im Anschluss an BGH, IBR 2008, 266).
Werden dem Bürgen die notwendigen Informationen zur Hauptschuld vom Gläubiger nicht
erteilt, gerät er nicht in Verzug, wenn ihn kein
22
eigenes Verschulden daran trifft, dass er sie
nicht erhalten hat.
Ein eigenes Verschulden trifft den Bürgen, wenn
er nicht selbst ausreichende, ihm zumutbare
Anstrengungen unternimmt, die ihm fehlenden
Informationen zu erlangen. (BGH, Urteil vom
10.02.2011 – VII ZR 53/10)
23
Veranstaltungshinweise
Intensivschulung
Neues Hessisches Vergabe- und Tariftreuegesetz tritt am 01.03.2015 in Kraft
Fachwissen aus erster Hand von der Praxis für die Praxis
Das neue Hessische Vergabe- und Tariftreuegesetz (HVTG) wurde am 18.12.2014 in dritter Lesung
vom Hessischen Landtag verabschiedet und tritt am 01.03.2015 in Kraft.
Das HVTG gilt für die Vergabe und Ausführung öffentlicher Aufträge des Landes Hessen sowie der
Gemeinden und Gemeindeverbände und ihrer Eigenbetriebe, ihrer Anstalten des öffentlichen Rechts,
sowie kommunale Arbeitsgemeinschaften und Zweckverbände (öffentliche Auftraggeber) und von
Auftraggebern im öffentlichen Personennahverkehr.
Der Schwellenwert für Aufträge, ab welchem die Vergabeverfahren von diesem Gesetz erfasst werden, beträgt 10 000 Euro ohne Umsatzsteuer.
Öffentliche Aufträge sind nach dem HVTG in transparenten und wettbewerblich fairen Verfahren
durchzuführen. Sie sind nur an fachkundige, leistungsfähige, gesetzestreue und zuverlässige (geeignete) Unternehmen zu angemessenen Preisen in nicht diskriminierenden, gleichbehandelnden Verfahren zu vergeben.
Bei den Beschaffungen des Landes sind grundsätzlich die Aspekte einer nachhaltigen Entwicklung in
Bezug auf den Beschaffungsgegenstand und dessen Auswirkungen auf das ökologische, soziale und
wirtschaftliche Gefüge zu berücksichtigen.
Die Gemeinden und Gemeindeverbände und ihre Eigenbetriebe können eine nachhaltige Entwicklung bei ihren Beschaffungsmaßnahmen und die dazu erlassenen Richtlinien berücksichtigen.
Den Unternehmen steht es frei, sich an Teilnahmewettbewerben, Interessenbekundungsverfahren
oder Vergabeverfahren zu beteiligen. Eine Nichtbeteiligung trotz Aufforderung zur Abgabe einer Bewerbung oder eines Angebots rechtfertigt keine Nichtberücksichtigung bei weiteren Vergabeverfahren.
Unternehmen sind verpflichtet, die für sie geltenden gesetzlichen, aufgrund eines Gesetzes festgesetzten und unmittelbar geltenden tarifvertraglichen Leistungen zu gewähren. Liegen Anhaltspunkte
dafür vor, dass gegen diese Regelung verstoßen wird, ist auf Anforderung dem öffentlichen Auftraggeber oder dem Besteller die Einhaltung dieser Verpflichtung nachzuweisen. Leistungen, die vom
Arbeitnehmer-Entsendegesetz erfasst werden, dürfen insbesondere nur an Unternehmen vergeben
werden, die sich bei Angebotsabgabe in Textform verpflichten, ihren Beschäftigten bei der Ausführung der Leistung diejenigen Arbeitsbedingungen einschließlich des Entgelts zu gewähren, die nach
Art und Höhe mindestens den Vorgaben desjenigen Tarifvertrages entsprechen, an den das Unternehmen aufgrund des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes gebunden ist. Leistungen, die von dem Mindestlohngesetz erfasst werden, dürfen nur an Unternehmen vergeben werden, die sich bei Angebotsabgabe in Textform verpflichten, ihren Beschäftigten bei der Ausführung der Leistung ein Entgelt
zu zahlen, das den Vorgaben des Mindestlohngesetzes entspricht.
Bewerber und Bieter haben die Einhaltung der nach Bundesrecht oder aufgrund von Bundesrecht für
sie geltenden Regelungen von besonders festgesetzten Mindestentgelten (Mindestlohn) als Mindeststandard bei der Bewerbung und im Angebot in Textform besonders zu erklären.
24
Die öffentlichen Auftraggeber oder Besteller weisen in der Bekanntmachung und in den Vergabeunterlagen darauf hin, dass die Bieter sowie deren Nachunternehmen und Verleihunternehmen, soweit
diese bereits bei Angebotsabgabe bekannt sind, die erforderlichen Verpflichtungserklärungen (Tariftreueerklärung und Mindestentgelterklärung) abzugeben haben.
In der HAD werden Muster für die Abgabe der Tariftreue- und sonstigen Verpflichtungserklärungen
bekannt gegeben. Diese sind zu verwenden. Die Gemeinden und Gemeindeverbände und ihre Eigenbetriebe und die Besteller können die Muster verwenden.
Fehlt eine geforderte Tariftreue- oder sonstige Verpflichtungserklärung bei Angebotsabgabe und
wird sie auch nach Aufforderung des öffentlichen Auftraggebers oder Bestellers nicht innerhalb einer
von diesem zu bestimmenden angemessenen Frist vorgelegt, so ist das Angebot von der weiteren
Wertung auszuschließen.
Die Unternehmen haben ihre Nachunternehmen sowie Unternehmen, die ihnen Arbeitskräfte überlassen (Verleihunternehmen), sorgfältig auszuwählen.
Beschaffungen unterhalb der nach § 100 Abs. 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen
festgelegten Schwellenwerte werden in Öffentlicher Ausschreibung oder in Beschränkter Ausschreibung oder Freihändiger Vergabe mit und ohne Interessenbekundungsverfahren durchgeführt.
Die Vergabe von Aufträgen erfolgt in Öffentlicher Ausschreibung. Soweit die Auftragswerte nicht
bestimmte Vergabefreigrenzen erreichen oder überschreiten, oder in begründeten Ausnahmefällen
ist eine Beschränkte Ausschreibung oder eine Freihändige Vergabe zulässig.
Interessenbekundungsverfahren sind vereinfachte Teilnahmewettbewerbe zur Auswahl von Bewerbern bei Beschränkter Ausschreibung und Freihändiger Vergabe. Hierzu sind Unternehmen aufzufordern, sich nach Maßgabe der in der Bekanntmachung veröffentlichten Bedingungen um die Berücksichtigung bei der Auswahl der aufzufordernden Unternehmen im Vergabeverfahren formlos zu bewerben. Förmliche Teilnahmewettbewerbe bleiben davon unberührt.
Vor Beschränkter Ausschreibung und Freihändiger Vergabe ist ein Interessenbekundungsverfahren
ab einem geschätzten Auftragswert bei
1. Bauleistungen ab 100 000 Euro je Gewerk (Fachlos),
2. Lieferungen ab 50 000 Euro je Auftrag,
3. und Dienstleistungen ab 50 000 Euro je Auftrag
durchzuführen. Werden mehrere Gewerke (Fachlose) ausnahmsweise zusammengefasst, erhöht sich
der genannte Wert nicht. Von einem Interessenbekundungsverfahren kann abgesehen werden,
wenn
1. die Lieferung oder Leistung aus technischen oder künstlerischen Gründen oder aufgrund des
Schutzes von Ausschließlichkeitsrechten nur von einem bestimmten Unternehmen ausgeführt
werden kann oder
2. wegen der Dringlichkeit der Lieferung oder Leistung aus zwingenden Gründen infolge von Ereignissen, die der öffentliche Auftraggeber nicht verursacht hat und nicht voraussehen konnte,
die Durchführung des Interessenbekundungsverfahrens unzweckmäßig ist oder
3. es aus Gründen der Geheimhaltung erforderlich ist.
25
Alle nationalen und EU-weiten Bekanntmachungen im Rahmen von Vergaben öffentlicher Aufträge
nach dem Recht der Europäischen Union und Ausschreibungen nach § 9 des Gesetzes über den öffentlichen Personennahverkehr sind in der HAD zu veröffentlichen (Pflichtbekanntmachung). Die
Veröffentlichung und Einsichtnahme in die Bekanntmachungen sind kostenfrei. Eine weitere Bekanntmachung in anderen Medien bleibt unberührt.
Wenn kein Teilnahmewettbewerb durchgeführt wird, ist zur Beschränkten Ausschreibung und Freihändigen Vergabe nur zuzulassen, wessen Eignung vorab festgestellt wurde. Geeignet ist, wer die
allgemeinen Anforderungen und besonders aufgestellte auftragsbezogene Anforderungen erfüllt.
Wenn kein Teilnahmewettbewerb durchgeführt wird, soll bei Beschränkter Ausschreibung und Freihändiger Vergabe die Aufforderung zur Angebotsabgabe nicht auf ein oder immer dieselben Unternehmen beschränkt werden, sondern es ist unter mehreren geeigneten Unternehmen zu streuen. Es
sind mindestens fünf geeignete Unternehmen zur Angebotsabgabe aufzufordern; dabei sollen mindestens zwei Unternehmen, bei weniger als vier geeigneten Unternehmen soll möglichst ein Unternehmen nicht am Ort der Ausführung der Beschaffung ansässig sein. Soweit Unternehmen vom öffentlichen Auftraggeber oder vom Besteller bereits ausgewählt sind, sich am Vergabeverfahren zu
beteiligen, ist die Anzahl der ausgewählten Unternehmen, nicht aber deren Name und deren Betriebssitz in der Bekanntmachung anzugeben.
Die Interessen der Unternehmen, die nach § 2 Abs. 1 des Hessischen Mittelstandsförderungsgesetzes
vom 25. März 2013 (GVBl. S. 119) zur mittelständischen Wirtschaft zählen, sind bei der Angebotsaufforderung vornehmlich zu berücksichtigen. Leistungen sollen primär in Losen, in der Menge aufgeteilt (Teillose) und/oder getrennt nach Art oder Fachgebiet (Fachlose), eigenständig ausgeschrieben
und vergeben werden. Lose dürfen in einem Vergabeverfahren nur zusammengefasst werden, soweit
wirtschaftliche oder technische Gründe das erfordern. Ausreichende Bewerbungs- und Angebotsfristen sind zu gewähren.
Bieter- und Bewerbergemeinschaften sind zuzulassen, es sei denn, wettbewerbsbeschränkende
Gründe stehen dem entgegen. Die Bildung von Bieter- und Bewerbergemeinschaften darf nicht durch
Verfahrens- und Vertragsbedingungen behindert werden.
Bietergemeinschaften haben in den Angeboten die Mitglieder sowie eines ihrer Mitglieder als bevollmächtigte Vertreterin oder bevollmächtigten Vertreter für den Abschluss und die Durchführung
des Vertrages zu benennen. Fehlen diese Angaben im Angebot, sind sie vor dem Zuschlag beizubringen.
Hauptauftragnehmer sind verpflichtet, auf Verlangen des öffentlichen Auftraggebers oder des Bestellers im Angebot oder spätestens vor Beginn der Auftragsausführung die geeigneten Nachunternehmen und Verleihunternehmen zu benennen und die Zustimmung des öffentlichen Auftraggebers
oder Bestellers einzuholen.
Eine Beschränkte Ausschreibung oder Freihändige Vergabe ist ohne Vorliegen der nach den Vergabeund Vertragsordnungen dafür erforderlichen Voraussetzungen zulässig, wenn folgende Auftragswerte (Vergabefreigrenzen) nicht erreicht werden:
1.
2.
Bauleistungen je Gewerk (Fachlos):
a) bei Beschränkter Ausschreibung 1 Million Euro,
b) bei Freihändiger Vergabe 100 000 Euro,
Lieferungen und Leistungen je Auftrag:
a) bei Beschränkter Ausschreibung 207 000 Euro,
b) bei Freihändiger Vergabe 100 000 Euro,
26
soweit das Recht der Europäischen Union dem nicht entgegensteht. Werden mehrere Gewerke
(Fachlose) ausnahmsweise erhöhen sich die Werte nicht.
Zur Vermeidung und Verfolgung gesetzwidriger Praktiken bei Vergabeverfahren sind eine sorgfältige
Überwachung durchzuführen und eine ausführliche und nachvollziehbare Dokumentation vorzunehmen, die mindestens die folgenden Angaben enthält:
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
9.
10.
Bedarfs- und Beschaffungsstelle,
Auftrag,
Vergabeart,
aufgeforderte Bewerber und Bieter (Name, Firma, Ort),
Auftragnehmer (Name, Firma, Ort) mit Begründung der Zuschlagsentscheidung,
alle Angebote,
Übersicht aller nachgerechneten Angebotspreise (Preisspiegel),
abgeschlossener Vertragspreis,
abgerechnetes Entgelt einschließlich Nachträge,
die für das Vergabeverfahren, die Vergabeentscheidung und Abnahme zuständige Person
oder zuständigen Personen.
Bei der Vergabe eines Auftrags ab einem Auftragswert von 15 000 Euro ohne Umsatzsteuer gibt der
öffentliche Auftraggeber oder Besteller bei Beschränkten Ausschreibungen ohne Interessenbekundungsverfahren und bei Freihändigen Vergaben ohne Interessenbekundungsverfahren für drei Monate seinen Namen und Anschrift, den Namen des Auftragnehmers, den Auftragsgegenstand und bei
Bauleistungen den Ort der Ausführung in der HAD bekannt. Dies gilt nicht bei Vergabeverfahren, die
der Geheimhaltung unterliegen. Soweit es sich bei dem beauftragten Unternehmen um eine natürliche Person handelt, ist deren Einwilligung einzuholen oder die Angabe des Namens zu anonymisieren.
Die Beschaffung und anschließende Auftragsausführung sollen durch eine von der Vergabestelle unabhängige Stelle wenigstens stichprobenweise kontrolliert und ausführlich dokumentiert werden.
Andere geeignete Kontrollverfahren bleiben freigestellt.
Bei einem geschätzten Auftragswert für
1. Bauleistungen ab 50 000 Euro,
2. Lieferungen und Leistungen ab 20 000 Euro
sind Bieter mit einem auffällig niedrigen Angebot, welches den Zuschlag erhalten soll, aufzufordern,
in einem gesonderten verschlossenen Umschlag die Urkalkulation des Angebots einzureichen. Dieser
Umschlag darf nur zur Ermittlung der Angemessenheit eines auffällig niedrigen Angebots in Anwesenheit des Bieters oder Auftragnehmers geöffnet werden. Die Daten sind vertraulich zu behandeln
und danach wieder verschlossen zu den Vergabeakten zu nehmen.
Öffentliche Auftraggeber oder Besteller können von Bietern verlangen, die Urkalkulation in einem
gesonderten verschlossenen Umschlag vor Auftragsvergabe (Zuschlag) einzureichen. Der Umschlag
mit der Urkalkulation kann bei einem Nachtrag oder einer Mehrforderung im Rahmen eines abgeschlossenen Vertrags zur Prüfung der Grundlagen der Preise geöffnet werden. Das gilt auch im Falle
der eingereichten Urkalkulation.
Angebote für Planungsleistungen, die in Freihändiger Vergabe oder im EU-weiten Verhandlungsverfahren vergeben werden, können getrennt nach Dienstleistung und Entgelt in zwei verschlossenen
Umschlägen gefordert werden (Zwei-Umschlagsverfahren). Die Dienstleistung muss eine eigenstän27
dige Planungsleistung sein. Allein die Bezugnahme auf die in der Vergabebekanntmachung vorgegebenen oder in einer Honorarordnung enthaltenen Leistungsbilder ist nicht ausreichend für das ZweiUmschlagsverfahren. Die Umschläge mit den Entgelten sind erst nach vorläufig abschließender Wertung sowie Reihung und Ausschluss der Leistungsangebote für die Planungsleistung zu öffnen und zu
werten.
Der Zuschlag darf nur auf das unter Berücksichtigung aller Umstände wirtschaftlichste Angebot erteilt
werden. Der niedrigste Preis allein ist nicht entscheidend.
Auf Angebote mit einem unangemessenen hohen oder niedrigen Preis darf der Zuschlag nicht erteilt
werden. Erscheint ein Angebotspreis unangemessen niedrig und ist anhand der vorliegenden Unterlagen über die Preisermittlung die Angemessenheit nicht zu beurteilen, ist in Textform vom Bieter
Aufklärung über die Kalkulation der Preise für die Gesamtleistung oder Teilleistung unter Festsetzung
einer angemessenen Antwortfrist zu verlangen.
Bei der Beurteilung der Angemessenheit sind die Wirtschaftlichkeit des Angebots, die Nachhaltigkeit,
die gewählte technische Lösung und Eigenschaft, der technische Wert, die Ästhetik, die Zweckmäßigkeit, Umwelteigenschaft, Betriebskosten, Lebenszykluskosten, Rentabilität, der Kundendienst und die
technische Hilfe sowie die Qualität und andere günstige Ausführungsbedingungen je nach Auftragsgegenstand zu berücksichtigen. Liegt der Schwellenwert eines Auftrags unterhalb von 10 000 Euro,
sind die Verpflichtungen bezüglich Tariftreue und Mindestlohn einzuhalten. Auf die entsprechenden
Nachweise kann verzichtet werden. Die Vergabe und Ausführung öffentlicher Aufträge unterhalb von
10 000 Euro können unbeschadet des Haushaltsrechtes durch Verwaltungsvorschrift gesondert geregelt werden.
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28
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19.05.2015 bis 21.05.2015 in Neckargemünd
Hintergrund:
Die neuen EU-Vergaberichtlinien bringen erhebliche Neuerungen und Änderungen auch für das deutsche Vergaberecht mit sich. Das deutsche Vergaberecht wird sich nicht nur inhaltlich und strukturell
komplett ändern. Lernen Sie bei Alles über das Vergaberecht 2015/2016 die beabsichtigte nationale
Umsetzung kennen, die dann im Frühjahr 2016 in Kraft treten wird. Gesetzesänderungen, Neuerungen und Reformüberlegungen auf nationaler Ebene sowie in vielen Bundesländern (Stichworte: Tariftreue, Mindestlohn, Beachtung der ILO-Kernarbeitsnormen, Frauenförderung, Umweltschutz und
Berücksichtigung von Energieeffizienz bei der Vergabe öffentlicher Aufträge) machen eine rechtssichere Beschaffung von Bau-, Liefer- und Dienstleistungen in der Praxis immer anspruchsvoller. Lernen Sie bei uns die Besonderheiten kennen und handhaben! Dazu trägt auch die immer unübersichtlicher werdende Entscheidungspraxis der Vergabekammern und Vergabesenate und des BGHs bei.
Lernen Sie bei uns die maßgeblichen Entscheidungen kennen und einordnen! Alles über das Vergaberecht 2015/2016 bietet Vorteile: Ihr Schulungsleiter stellt Ihnen kreative und interessengerechte
Gestaltungsmöglichkeiten bei nationalen und EU-weiten Beschaffungsvorhaben ausführlich und anschaulich vor. Sie haben die Gelegenheit, sich direkt und individuell einzubringen, aufkommende
Fragen intensiv zu erörtern und Erfahrungen auszutauschen. Ihr Schulungsleiter stellt Ihnen alle Neuerungen und die Auswirkungen auf Ihre Beschaffungspraxis vor. Mit praktischen Hinweisen und Beispielen aus der Spruchpraxis der Nachprüfungsinstanzen verdeutlicht Ihnen Ihr Schulungsleiter, unter
welchen Voraussetzungen ein Vergabeverfahren von den ersten Überlegungen bis zur Zuschlagserteilung rechtssicher durchgeführt werden kann. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer von Alles über
das Vergaberecht 2015/2016 werden – auch durch die praktische Arbeit in Workshops – in die Lage
versetzt, die typischen Risiken und Fehlerquellen eines Vergabeverfahrens zu erkennen und bei der
eigenen Durchführung von Vergabeverfahren die notwendige Sicherheit zu erlangen. Während Alles
über das Vergaberecht 2015/2016 besteht ausreichend Gelegenheit, eigene Erfahrungen auszutauschen und individuelle Fragestellungen mit den anderen Teilnehmerinnen und Teilnehmern und dem
Schulungsleiter zu klären.
Zielgruppe:
Vergabestellen von Bund, Ländern und Kommunen Unternehmen, die sich an Vergabeverfahren beteiligen oder dies beabsichtigen Berater und/oder Sachverständige, die auf Bieterseite tätig sind oder
Vergabestellen bei der Durchführung von Vergabeverfahren betreuen Personen, die sich einen Überblick über das geltende Vergaberecht verschaffen wollen. Alles über das Vergaberecht 2015 ist sehr
praxisorientiert ausgerichtet und wendet sich auch an Teilnehmerinnen und Teilnehmer ohne juristische Ausbildung.
Das
Programm
bis 14.00
14.00 – 15.30
Alles über das Vergaberecht 2015/2016 – Programm Tag 1: Dienstag, 19.5.2015
Anreise der Teilnehmerinnen und Teilnehmer; ab 13 Uhr: kleiner Imbiss, Registrierung, Ausgabe der Tagungsunterlagen
Die neuen EU-Vergaberichtlinien und ihre Umsetzung in Deutschland
 Die neuen EU-Vergaberichtlinien und deren Auswirkungen auf Vergaben
ober- und unterhalb der Schwellenwerte
 Darstellung der wesentliche Neuerungen
 Sonstige Entwicklungen (z.B. bei Konzessionsvergaben)
30

15:30 – 16:00
16.00 – 17.30
17.30
19.00
08.30 – 09.00
09.00 – 10.30
10.30 – 11.00
11.30 – 12.30
12.30 – 13.30
13.30 – 14.30
14.30 – 15.00
15.00 – 17.30
17:30
18:00
Umsetzung in Deutschland: inhaltliche und strukturelle Neuausrichtung
des deutschen Vergaberechts
Kaffeepause
Vergaberecht 2015/2016
 Übersicht über den aktuellen Stand der Gesetzgebung auf Bundes- und
Länderebene
 Aktuelle Entwicklungen und “Highlights” in der Spruchpraxis der Nachprüfungsinstanzen
 Ausblick und Tendenzen
Ende des ersten Schulungstags
Gemeinsames Abendessen mit dem Schulungsleiter in Heidelberg
Alles über das Vergaberecht 2015/2016 - Programm Tag 2: Mittwoch, 20.5.2015
Empfang mit Kaffee und Tee
Praxisrelevante Dauerbrenner
 Umgang mit Ausschlussgründen
 Rechtssichere Wahl und Anwendung von Eignungs- und Zuschlagskriterien
 Nachforderung fehlender Unterlagen, Umgang mit fehlenden Preisen
 Berücksichtigung der Energieeffizienz in der Leistungsbeschreibung und
als Zuschlagskriterium
 Zulässigkeit von und Umgang mit Nebenangeboten
 Zulässigkeit von Bietergemeinschaften und parallele Beteiligung von Bietern an Vergabeverfahren
 Umgang mit Änderungs- und Anpassungsbedarf im Vergabeverfahren und
nach Abschluss des Vertrags
Kaffeepause
Highlights des Bauvergaberechts in der Praxis, u.a.:
 Fach- und Teillosvergabe – Pflichten und Freiräume
 Praxis der Zulassung von Nebenangeboten
 Folgen der Verzögerung von Vergaben und Bindefristverlängerung sowie
Verzögerungen bei den ‘Ausführungsfristen
 Produktneutralität versus Leistungsbestimmungsrecht
 Neuerungen im VHB
Gemeinsames Mittagessen
Praxisworkshop zu einem aktuellen Thema mit ausführlicher Besprechung des
Lösungsansatzes
Kaffeepause
Highlights der Vergabe von Liefer- und Dienstleistungen, u.a.:
 Rahmenvereinbarungen und Dynamische Elektronische Verfahren (DEV)
 Vergabe von nachrangigen Dienstleistungen
 Abgrenzung zur Vergabe von freiberuflichen Leistungen nach VOF
 Berücksichtigung von unternehmensbezogenen Qualitätskriterien bei der
Zuschlagserteilung (bei nachrangigen Dienstleistungen)
Ende des zweiten Schulungstages
Gemeinsames Abendessen in Neckargemünd
31
08.30 – 09.00
09.00 – 10.30
10.30 – 11.00
11.00 – 12.00
12.00 – 12.30
12.30 – 14.00
Alles über das Vergaberecht 2015/2016 - Programm Tag 3: Donnerstag,
21.5.2015
Empfang mit Kaffee und Tee
Rechtsschutz im Vergabeverfahren
 Rechtsschutz unterhalb der Schwellenwerte und landesrechtliche Besonderheiten
 GWB-Rechtsschutz oberhalb der Schwellenwerte – aktuelle Entwicklungen in der Rechtsprechung
 Schadensersatz bei Pflichtverstößen
Kaffeepause
Landesvergaberecht
 Überblick über die Kernregelungen in den einzelnen Ländern (Mindestlohn, ILO-Kernarbeitsnormen, umweltfreundliche Beschaffung etc.)
 Vergabesperren und vorzeitige Tilgung
 Auswirkungen auf die Vergabepraxis durch Ergänzung der allgemeinen
Bestimmungen
 Rechtskonformität der landesrechtlichen Regelungen? Die Entscheidungen des EuGH gegen die Landesvergabegesetze NRW und Rheinland-Pfalz
und weitere Entscheidungen aus der Nachprüfungspraxis
Abschließende Diskussion der Themen der Intensivschulung
Ausgabe der Teilnahmebescheinigungen; Ausklang mit Imbiss
Teilnehmerinnen/Teilnehmer:
Die Intensivschulung wendet sich insbesondere an Vergabestellen der kommunalen Verwaltung sowie der Landesverwaltung, Sonstige öffentliche Auftraggeber in Sachsen-Anhalt, Unternehmen, die
aufgrund von Fördermittelbescheiden das Vergaberecht anzuwenden haben.
Ort: Neckargemünd/Tagungszentrum Ax Rechtsanwälte
Intensivschulungspreis:
1399,- Euro zzgl. MwSt.
Kaffee, Tee, Mittagessen, Getränke, Schulungsunterlagen eingeschlossen.
Anmeldung bei:
AX Rechtsanwälte
Bahnhofstraße 54
69151 Neckargemünd
Tel.: 0151-46197684
Fax: 06223-8688614
anmeldung@ax-rechtsanwaelte.de
Allgemeine Teilnahmebedingungen:
Im Intensivschulungspreis sind Kaffee, Mittagessen, Getränke, Schulungsunterlagen und Teilnahmezeugnisse enthalten. Ihre Übernachtung ist im Preis nicht inbegriffen. Wenn Sie sich für eine Veranstaltung angemeldet haben, an der Sie aus beruflichen oder privaten Gründen nicht teilnehmen können, akzeptieren wir ohne zusätzliche Kosten einen Ersatzteilnehmer. Eine kostenfreie Stornierung ist
bis sieben Werktage vor dem Veranstaltungsbeginn nur in schriftlicher Form möglich. Stornieren Sie
später als sieben Werktage vor Veranstaltungsbeginn, müssen wir Ihnen den Gesamtbetrag berechnen. Bitte beachten Sie, dass eine Stornierung nur in schriftlicher Form möglich ist.
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Intensivschulung
Landesvergaberecht Sachsen-Anhalt in der Praxis und aktuelle Rechtsprechung
07.05.2015 in Magdeburg
Hintergrund:
Der Erlass von Landesvergabegesetzen in nahezu jedem Bundesland hat die Vergabe und Durchführung öffentlicher Aufträge für Länder und Kommunen erheblich verkompliziert. Die Landesvergabegesetze stellen zusätzlich zu den bundesweit geltenden Regelungen des Vergaberechts vor allem
Anforderungen an
 die formalen und inhaltlichen Modalitäten des Vergabeverfahrens,
 die vertragliche Ausgestaltung des Auftrags und
 die Auftragsausführung.
Eine besondere Herausforderung ist hierbei die Umsetzung von zahlreichen Anforderungen, die im
Vergaberecht bislang als „vergabefremde Kriterien“ bezeichnet wurden. Dies betrifft insbesondere
die Anforderungen an Tariftreue und Entgeltgleichheit, die Einhaltung der ILO-Kernarbeitsnormen
sowie die Berücksichtigung von sozialen, umweltbezogenen und innovativen Aspekten bei der
Vergabe. Diese Elemente stehen auch im Mittelpunkt des Landesvergabegesetzes Sachsen-Anhalt
(LVG LSA).
Mussten die öffentlichen Auftraggeber sich bisher allein an den Gesetzestexten und teilweise an
Durchführungsvorschriften orientieren, liegen inzwischen erste Gerichtsentscheidungen sowie praktische Erfahrungen vor, die für auch für die Auftragsvergabe in Sachsen-Anhalt unter dem Landesvergaberecht herangezogen werden können.
Inhalt:
In der Intensivschulung wird das Landesvergaberecht von Sachsen-Anhalt zunächst in den rechtlichen
Rahmen eingeordnet, der bei der Vergabe öffentlicher Aufträge gilt und von den Auftraggebern eingehalten werden muss. Im Rahmen der anschließenden Darstellung der einzelnen landesrechtlichen
Regelungen werden dann sowohl die Handlungs- und Gestaltungsspielräume als auch die Risiken
aufgezeigt, die sich bei der Anwendung des Landesvergaberechts herausgestellt haben.
08.30 – 09.00
Empfang mit Kaffee und Tee und Ausgabe der Tagungsunterlagen
09.00 – 10.00
Grundlagen des Vergaberechts und Landesvergaberecht
 Aufbau des deutschen Vergaberechts und Einordnung des Landesrechts
von Sachsen-Anhalt
 Subjektiver und objektiver Anwendungsbereich
 Ausnahmen vom Anwendungsbereich
 Prinzipien und Grundzüge des Vergaberechts
 Anforderungen im Unterschwellenbereich
Landesvergaberecht Sachsen-Anhalt im Verhältnis zum bundesrechtlichen Vergaberecht
 Einleitender Überblick
 Subjektiver und objektiver Anwendungsbereich des Landesvergaberechts
 Modifikationen und Ergänzungen der “allgemeinen” Vergabevorschriften
von VOB/A, VOL/A und VOF (Eignungsanforderungen; Rechtsnatur der besonderen Anforderungen des Landesvergaberechts)
 Wertgrenzen
10.00 – 11:00
33
11.00 – 11.15
11.15 – 13.00
13.00 – 14.00
14.00 – 15.15
15.15 – 15.45
15.45 – 16.45
16.45 – 17.00
Pause mit Kaffee und Tee
Materielle Anforderungen des Landesvergaberechts Sachsen-Anhalt
 Soziale Belange bei der Vergabe öffentlicher Aufträge
 Tariftreue- und Entgeltgleichheit, Besonderheiten im Bereich ÖPNV/SPNV
 Beachtung der ILO-Kernarbeitsnormen
 Kontrolle von Nachunternehmern
 Umweltfreundliche Beschaffung, einschließlich der aktuellen Entwicklungen auf Bundesebene
Darstellung und Erläuterung der Vorschriften einschließlich der hierzu existierenden Rundschreiben, Erlasse und Formulare und der hierzu ergangen Rechtsprechung der Nachprüfungsinstanzen und des EuGH
Mittagessen
Kontroll- und Sanktionsmöglichkeiten des Landesvergaberechts Sachsen-Anhalt
 Kontrolle der Einhaltung der landesvergaberechtlichen Vorschriften
 Sanktionen bei Verstoß gegen die Pflichten, insb. Auftragssperren und Eintragungen in das Korruptionsregister
 Anforderungen an eine vorzeitige Tilgung einer Auftragssperre bzw. einer
Eintragung in das Korruptionsregister
Darstellung und Erläuterung der Vorschriften einschließlich der hierzu existierenden Rundschreiben, Erlasse und Formulare
Pause mit Kaffee und Tee
Risiken bei Verstößen gegen das Landesvergaberecht Sachsen-Anhalt
 Nachprüfungsverfahren gemäß § 102 ff. GWB
 Rechtsschutz vor der Vergabekammer bei Unterschwellenaufträgen nach
§ 19 LVG LSA
 Weitere Rechtsbehelfe benachteiligter Unternehmen
Sonstige Risiken
Zusammenfassung
Teilnehmerinnen/Teilnehmer:
Die Intensivschulung wendet sich insbesondere an Vergabestellen der kommunalen Verwaltung sowie der Landesverwaltung, Sonstige öffentliche Auftraggeber in Sachsen-Anhalt, Unternehmen, die
aufgrund von Fördermittelbescheiden das Vergaberecht anzuwenden haben.
Ort: Seminarhotel Magdeburg
Zeit: 8:30 – 17:00 Uhr
Ihr Schulungsteam:
Rechtsanwalt Dr. jur. Thomas Ax, Maîtrise en Droit International Public (Paris X-Nanterre).
Ax berät öffentliche Auftraggeber und Vergabestellen in allen Bereichen des Beschaffungswesens.
Je nach Vereinbarung übernimmt Ax die folgenden Leistungen:
Vergabemanagement – Ausschreibungsgestaltung
Strukturierung des Vergabeprozesses
 Klärung von Vorfragen, z. B. Ausschreibungspflicht/Verfahrenswahl
 Erstellen von Ablaufplänen
 Gestaltung von Verdingungsunterlagen
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Erstellung von Verfahrensbriefen
 Entwicklung von Bewertungsmodellen
 Erstellung von branchenbezogenen Verträgen
Vergabemanagement – Laufende Beratung im Vergabeverfahren
 Behandlung von Bieterfragen und -rügen
 Moderation des gesamten Vergabeprozesses in den zuständigen Gremien
Angebotsauswertung
 Unterstützung bei der Angebotsauswertung
 Beratung beim Ausschluss von Bietern
 Unterbreitung von Vergabevorschlägen
Vergabemanagement – Abschluss des Vergabeverfahrens
Endverhandlung/Vertragsabschluss
 Führen von Vertragsverhandlungen
 Vergabedokumentation
Vermeidung von vergaberechtlichen Streitverfahren
Für den öffentlichen Auftraggeber bedeutet der Antrag auf Überprüfung einer Vergabeentscheidung
eine erhebliche Verzögerung, einen Auftrag zu erteilen und unter Umständen Mehrkosten, die durch
die zeitliche Verschiebung entstehen. Im Vordergrund steht für Ax deshalb immer die Vermeidung
von vergaberechtlichen Streitverfahren. Rügen bzw. Angriffsflächen für Rügen müssen vermieden
werden. Rügen müssen als solche identifiziert und sachgerecht bearbeitet werden.
Anwaltliche Vertretung von öffentlichen Auftraggebern bei Vergabekammer und Vergabesenat
Gerne übernimmt Ax Mandate zur Vertretung öffentlicher Auftraggeber in vergaberechtlichen Streitverfahren. Dazu gehören die Prüfung von Nachprüfungsanträgen, die Durchsicht/Prüfung der Vergabeakten (ggfs. auch Bearbeitung und Vervielfältigung der Akten vor Versand zur Vergabekammer/OLG), die Erstellung von Erwiderungsschriftsätzen, Wahrnehmung von Verhandlungsterminen,
die schriftliche Bewertung der Beschlüsse, die Erarbeitung und Umsetzung von Handlungsempfehlungen usw.
In zahlreichen Fällen hat Ax mit sofortigen Beschwerden gegen den öffentlichen Auftraggeber ergangene nachteilige Beschlüsse der zuständigen Vergabekammer zur Aufhebung gebracht. Die Usancen
der für den jeweiligen Auftraggeber zuständigen Vergabekammer und des Vergabesenats sind aus
vielen zig Nachprüfungsverfahren bekannt. Die schriftsätzlichen und sonstigen Äußerungen haben
dort Gewicht. Ax ist in gutem Sinne bekannt und findet bei den Vergabekammern und den Vergabesenaten einfach und unkompliziert Gehör.
Intensivschulungspreis:
399,- Euro zzgl. MwSt.
Kaffee, Tee, Mittagessen, Getränke, Schulungsunterlagen eingeschlossen.
Anmeldung bei:
AX Rechtsanwälte
Bahnhofstr. 54
69151 Neckargemünd
Tel.: 06223/8688613
Fax: 06223/8688614
mail@ax-rechtsanwaelte.de
35
Allgemeine Teilnahmebedingungen:
Im Intensivschulungspreis sind Kaffee, Mittagessen, Getränke, Schulungsunterlagen und Teilnahmezeugnisse enthalten. Ihre Übernachtung ist im Preis nicht inbegriffen. Wenn Sie sich für eine Veranstaltung angemeldet haben, an der Sie aus beruflichen oder privaten Gründen nicht teilnehmen können, akzeptieren wir ohne zusätzliche Kosten einen Ersatzteilnehmer. Eine kostenfreie Stornierung ist
bis sieben Werktage vor dem Veranstaltungsbeginn nur in schriftlicher Form möglich. Stornieren Sie
später als sieben Werktage vor Veranstaltungsbeginn, müssen wir Ihnen den Gesamtbetrag berechnen. Bitte beachten Sie, dass eine Stornierung nur in schriftlicher Form möglich ist.
Intensivschulung
Berliner Ausschreibungs- und Vergabegesetz (BerlAVG) sowie Brandenburgisches
Vergabegesetz (BbgVergG) in der Praxis
am 05.05.2015 in Potsdam
Hintergrund:
Der Erlass von Landesvergabegesetzen in nahezu jedem Bundesland hat die Vergabe und Durchführung öffentlicher Aufträge für Länder und Kommunen erheblich verkompliziert. Die Landesvergabegesetze stellen zusätzlich zu den bundesweit geltenden Regelungen des Vergaberechts vor allem
Anforderungen an die formalen und inhaltlichen Modalitäten des Vergabeverfahrens, die vertragliche Ausgestaltung des Auftrags und die Auftragsausführung.
Eine besondere Herausforderung ist hierbei die Umsetzung von zahlreichen Anforderungen, die im
Vergaberecht bislang als „vergabefremde Kriterien“ bezeichnet wurden. Dies betrifft insbesondere
die Vergütung nach dem gesetzlich festgelegten Mindestlohn sowie die Berücksichtigung von sozialen, umweltbezogenen und innovativen Aspekten. Diese Elemente stehen auch im Mittelpunkt des
Berliner Ausschreibungs- und Vergabegesetzes (BerlAVG) sowie des Brandenburgischen Vergabegesetzes (BbgVergG).
Mussten die öffentlichen Auftraggeber sich bisher allein an den Gesetzestexten und teilweise an
Durchführungsvorschriften orientieren, liegen inzwischen erste Gerichtsentscheidungen sowie praktische Erfahrungen vor, die für auch für die Auftragsvergabe in Berlin und Brandenburg unter dem
dortigen Landesvergaberecht herangezogen werden können.
Inhalt:
In der Intensivschulung wird das Landesvergaberecht von Berlin und Brandenburg zunächst in den
rechtlichen Rahmen eingeordnet, der bei der Vergabe öffentlicher Aufträge gilt und von den Auftraggebern eingehalten werden muss. Im Rahmen der anschließenden Darstellung der einzelnen landesrechtlichen Regelungen werden dann sowohl die Handlungs- und Gestaltungsspielräume als auch die
Risiken aufgezeigt, die sich bei der Anwendung des Landesvergaberechts herausgestellt haben.
08.30 – 09.00
09.00 – 10.00
10.00 – 11:00
Empfang mit Kaffee und Tee und Ausgabe der Tagungsunterlagen
 Grundlagen des Vergaberechts und Landesvergaberecht
 Aufbau des deutschen Vergaberechts und Einordnung des Landesrechts
Berlin / Brandenburg
 Subjektiver und objektiver Anwendungsbereich
 Ausnahmen vom Anwendungsbereich
 Prinzipien und Grundzüge des Vergaberechts
 Anforderungen im Unterschwellenbereich
 Landesvergaberecht Berlin / Brandenburg im Verhältnis zum bundesrecht36
11.00 – 11.15
11.15 – 13.00
13.00 – 14.00
14.00 – 15.15
15.15 – 15.45
15.45 – 16.45
16.45 – 17.00
lichen Vergaberecht
 Einleitender Überblick
 Subjektiver und objektiver Anwendungsbereich des Landesvergaberechts
 Modifikationen und Ergänzungen der “allgemeinen” Vergabevorschriften
von VOB/A, VOL/A und VOF (Eignungsanforderungen; Rechtsnatur der besonderen Anforderungen des Landesvergaberechts)
 Wertgrenzen
Pause mit Kaffee und Tee
Materielle Anforderungen des Landesvergaberechts
Berlin / Brandenburg
Tariftreue- und Mindestlohnvorgaben, Besonderheiten im Bereich ÖPNV/SPNV
Frauenförderung bei der Vergabe öffentlicher Aufträge
Beachtung der ILO-Kernarbeitsnormen
Umweltfreundliche Beschaffung, einschließlich der aktuellen Entwicklungen auf
Bundesebene
Bevorzugung von Ausbildungsbetrieben
Darstellung und Erläuterung der Vorschriften einschließlich der hierzu existierenden Rundschreiben, Erlasse und Formulare und der hierzu ergangen Rechtsprechung der Nachprüfungsinstanzen und des EuGH
Mittagessen
Kontroll- und Sanktionsmöglichkeiten des Landesvergaberechts Berlin / Brandenburg
Kontrolle der Einhaltung der landesvergaberechtlichen Vorschriften
Sanktionen bei Verstoß gegen die Pflichten, insb. Auftragssperren und Eintragungen in das Korruptionsregister
Anforderungen an eine vorzeitige Tilgung einer Auftragssperre bzw. einer Eintragung in das Korruptionsregister
Darstellung und Erläuterung der Vorschriften einschließlich der hierzu existierenden Rundschreiben, Erlasse und Formulare
Pause mit Kaffee und Tee
Risiken bei Verstößen gegen das Landesvergaberecht
Berlin / Brandenburg
Nachprüfungsverfahren gemäß § 102 ff. GWB
Weitere Rechtsbehelfe benachteiligter Unternehmen
Sonstige Risiken
Zusammenfassung
Teilnehmerinnen/Teilnehmer:
Die Intensivschulung wendet sich insbesondere an Vergabestellen der kommunalen Verwaltung sowie der Landesverwaltung, Sonstige öffentliche Auftraggeber in den Ländern Berlin und Brandenburg, Unternehmen, die aufgrund von Fördermittelbescheiden das Vergaberecht anzuwenden haben.
Ort: Seminarhotel Potsdam
Zeit: 8:30 – 17:00 Uhr
Ihr Schulungsteam:
Rechtsanwalt Dr. jur. Thomas Ax, Maîtrise en Droit International Public (Paris X-Nanterre).
Ax berät öffentliche Auftraggeber und Vergabestellen in allen Bereichen des Beschaffungswesens.
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Je nach Vereinbarung übernimmt Ax die folgenden Leistungen:
Vergabemanagement – Ausschreibungsgestaltung
Strukturierung des Vergabeprozesses
 Klärung von Vorfragen, z. B. Ausschreibungspflicht/Verfahrenswahl
 Erstellen von Ablaufplänen
 Gestaltung von Verdingungsunterlagen
Erstellung von Verfahrensbriefen
 Entwicklung von Bewertungsmodellen
 Erstellung von branchenbezogenen Verträgen
Vergabemanagement – Laufende Beratung im Vergabeverfahren
 Behandlung von Bieterfragen und -rügen
 Moderation des gesamten Vergabeprozesses in den zuständigen Gremien
Angebotsauswertung
 Unterstützung bei der Angebotsauswertung
 Beratung beim Ausschluss von Bietern
 Unterbreitung von Vergabevorschlägen
Vergabemanagement – Abschluss des Vergabeverfahrens
Endverhandlung/Vertragsabschluss
 Führen von Vertragsverhandlungen
 Vergabedokumentation
Vermeidung von vergaberechtlichen Streitverfahren
Für den öffentlichen Auftraggeber bedeutet der Antrag auf Überprüfung einer Vergabeentscheidung
eine erhebliche Verzögerung, einen Auftrag zu erteilen und unter Umständen Mehrkosten, die durch
die zeitliche Verschiebung entstehen. Im Vordergrund steht für Ax deshalb immer die Vermeidung
von vergaberechtlichen Streitverfahren. Rügen bzw. Angriffsflächen für Rügen müssen vermieden
werden. Rügen müssen als solche identifiziert und sachgerecht bearbeitet werden.
Anwaltliche Vertretung von öffentlichen Auftraggebern bei Vergabekammer und Vergabesenat
Gerne übernimmt Ax Mandate zur Vertretung öffentlicher Auftraggeber in vergaberechtlichen Streitverfahren. Dazu gehören die Prüfung von Nachprüfungsanträgen, die Durchsicht/Prüfung der Vergabeakten (ggfs. auch Bearbeitung und Vervielfältigung der Akten vor Versand zur Vergabekammer/OLG), die Erstellung von Erwiderungsschriftsätzen, Wahrnehmung von Verhandlungsterminen,
die schriftliche Bewertung der Beschlüsse, die Erarbeitung und Umsetzung von Handlungsempfehlungen usw.
In zahlreichen Fällen hat Ax mit sofortigen Beschwerden gegen den öffentlichen Auftraggeber ergangene nachteilige Beschlüsse der zuständigen Vergabekammer zur Aufhebung gebracht. Die Usancen
der für den jeweiligen Auftraggeber zuständigen Vergabekammer und des Vergabesenats sind aus
vielen zig Nachprüfungsverfahren bekannt. Die schriftsätzlichen und sonstigen Äußerungen haben
dort Gewicht.
Ax ist in gutem Sinne bekannt und findet bei den Vergabekammern und den Vergabesenaten einfach
und unkompliziert Gehör.
Intensivschulungspreis:
399,- Euro zzgl. MwSt.
Kaffee, Tee, Mittagessen, Getränke, Schulungsunterlagen eingeschlossen.
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Anmeldung bei:
AX Rechtsanwälte
Bahnhofstr. 54
69151 Neckargemünd
Tel.: 06223/8688613
Fax: 06223/8688614
mail@ax-rechtsanwaelte.de
Allgemeine Teilnahmebedingungen:
Im Intensivschulungspreis sind Kaffee, Mittagessen, Getränke, Schulungsunterlagen und Teilnahmezeugnisse enthalten. Ihre Übernachtung ist im Preis nicht inbegriffen. Wenn Sie sich für eine Veranstaltung angemeldet haben, an der Sie aus beruflichen oder privaten Gründen nicht teilnehmen können, akzeptieren wir ohne zusätzliche Kosten einen Ersatzteilnehmer. Eine kostenfreie Stornierung ist
bis sieben Werktage vor dem Veranstaltungsbeginn nur in schriftlicher Form möglich. Stornieren Sie
später als sieben Werktage vor Veranstaltungsbeginn, müssen wir Ihnen den Gesamtbetrag berechnen. Bitte beachten Sie, dass eine Stornierung nur in schriftlicher Form möglich ist.
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Lehrgang für die Praxis
Privates Baurecht – Lehrgang für die
Praxis in 6 Teilen
Teil 1 (A. Einführung Werkvertrag/Bauvertrag
und B. Vertragsabschluss)
Teil 2 (C. Schnittstellen)
Teil 3 (D. Vertragsabwicklung – Teil 1)
Teil 4 (D. Vertragsabwicklung – Teil 2)
Teil 5 (E. Sicherheiten)
Teil 6 (F. Versicherungen)
A. Einführung Werkvertrag/Bauvertrag
I. Vertragstypus Bauvertrag
Das deutsche Zivilrecht, vornehmlich kodifiziert
im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), kennt etliche
Vertragstypen, etwa Kauf-, Miete-, Leihe-, Geschäftsbesorgungs-, Dienst- (Arbeits-) oder
Werkvertrag.
Beim Werkvertrag schuldet der Auftragnehmer
einen bestimmten Erfolg seiner Tätigkeit. Das
unterscheidet den Werkvertrag vom reinen
Dienst- (Arbeits-) Vertrag, bei dem lediglich die
Tätigkeit, aber kein mit der Tätigkeit verbundener Erfolg geschuldet wird.
Der Werkvertrag ist im BGB in einigen wenigen
Paragrafen, §§ 631 – 651 BGB, geregelt. Der
Anwendungsbereich der werkvertraglichen Vorschriften aus dem BGB ist groß: Er geht vom
Schneidern eines Anzuges bis hin zur Errichtung
einer großen Anlage, etwa einem Kraftwerk. Der
Bauvertrag ist ein Werkvertrag.
II. BGB und VOB/B
Wegen des weitreichenden Anwendungsbereiches der werkvertraglichen Vorschriften des BGB
bestand schon früh nach dem Inkrafttreten des
BGB (01.01.1900) das Bedürfnis der Baubranche,
über die sehr abstrakt gehaltenen werkvertraglichen Vorschriften des BGB hinaus weitere vereinheitlichte Vorschriften, zugeschnitten auf das
bauvertragliche Geschehen anwenden zu können, um die Besonderheiten der bauvertragli-
chen Abwicklung besser zu erfassen. Es liegt auf
der Hand, dass der Herstellungsprozess bei einem Bau wesentlich vielschichtiger und komplizierter ist als etwa bei einem Kleidungsstück
durch einen Schneider.
Vor dem Hintergrund dieses Bedürfnisses entstand 1926 die Verdingungsordnung für Bauleistungen, später Allgemeine Vertragsbedingungen
für die Ausführung von Bauleistungen (abgekürzt
VOB/B) genannt. Der Rechtsnatur nach handelt
es sich um ein vorformuliertes Klauselwerk, um
Allgemeine Geschäftsbedingungen. Der Deutsche Vergabe- und Verdingungsausschuss für
Bauleistungen (DVA), der diese VOB/B formuliert
hat, setzte und setzt sich bis heute aus Vertretern beider Lager, also Auftraggeber (Bauherren)
und Auftragnehmer (Bauunternehmen) zusammen. Dadurch soll die Ausgewogenheit der
VOB/B zwischen Auftraggeber- und Auftragnehmerinteressen gewahrt bleiben.
Die VOB/B wurde im Laufe der Zeit immer wieder modifiziert. Die aktuelle VOB/B hat den
Stand 2012.
Durch die letzte Änderung hat es in puncto Zahlungsverzug eine Anpassung an die im Laufe der
Zeit europarechtlich modifizierten BGB-Vorschriften gegeben und zwar dergestalt, dass mit
Ablauf von 30 Kalendertagen nach Zugang einer
Rechnung „automatisch“ Zahlungsverzug eintritt, ohne dass es einer vorherigen Mahnung –
wie bisher – bedarf, § 16 Abs. 5 Ziff. 3 S. 3 VOB/B
(2012). Gleichwohl darf ein Auftragnehmer auch
nach der neuen VOB/B seine Leistungen wegen
Zahlungsverzuges erst dann einstellen, wenn er
zuvor dem Auftraggeber eine Nachfrist zur Zahlung mit Androhung der Leistungseinstellung
gesetzt hat, § 16 Abs. 5 Ziff. 4 VOB/B (2012).
Trotz immer wieder geäußerter Kritik hat sich die
VOB/B im Laufe der fast 90 Jahre ihres Bestehens bewährt. Sie bietet ein praktikables Instrument für die Vertragsabwicklung.
Zurzeit gibt es eine Arbeitsgruppe beim Bundesministerium der Justiz, die die Aufgabe hat,
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im Bürgerlichen Gesetzbuch, ergänzend zu den
werkvertraglichen Vorschriften, spezielle bauvertragliche Vorschriften zu entwickeln. In dieser
Arbeitsgruppe sitzen u.a. Vertreter der Bauverbände, der Architektenkammer und sonstiger
Interessensgruppen.
Es zeigt sich, dass vielfach auf der Grundlage der
VOB/B-Regelungen versucht wird, ein gesetzliches Bauvertragsrecht zu formulieren. Das lässt
den Schluss zu, dass die VOB/B aus den Köpfen
der Baujuristen und letztlich aus dem Inhalt eines Bauvertragsrechtes, gleich ob es über Gesetz
oder Allgemeine Geschäftsbedingungen gestaltet wird, in der heutigen Praxis nicht mehr wegzudenken ist.
III. Spannungsverhältnis zwischen Erfolgshaftung/Mängelhaftung/Leistungsumfang
(Bausoll)/Vergütung
In dem Spannungsverhältnis zwischen Erfolgshaf
tung/Mängelhaftung/Leistungsumfang/Vergütun
g bewegen sich die meisten Baustreitigkeiten.
Die Erfolgshaftung bestimmt letztlich den geschuldeten Leistungsumfang. Geschuldet ist alles
an Leistungen, was zur Erreichung des werkvertraglichen Erfolges notwendig ist. Dieser nach
der Erfolgshaftung geschuldete Leistungsumfang
ist nicht immer identisch mit dem von der vereinbarten Vergütung erfassten Leistungsumfang.
Er kann darüber hinausgehen.
So kann es vorkommen, dass ein Auftragnehmer
wegen Nichterreichung des werkvertraglichen
Erfolges in der Mängelhaftung steht, obwohl er
alles, so wie im Vertrag vorgegeben, richtig gemacht hat und er trotzdem weiter leisten muss.
Gleichwohl kann er unter Umständen aber für
diese zur Erreichung des werkvertraglichen Erfolges notwendigen, zusätzlichen Leistungen
über die vertraglich vereinbarte Vergütung hinaus noch eine weitere, nachtragsgegenständliche Vergütung verlangen.
Ein bauliches Werk ist also nicht nur dann mangelbehaftet, wenn der Auftragnehmer anders
oder schlechter geleistet hat, als vertraglich vereinbart (dazu im Einzelnen nachfolgend unter
D.III.1), sondern auch dann, wenn der Erfolg –
die Funktion – nicht erreicht wird, obwohl die
vertraglich vereinbarten Leistungen ordnungsgemäß umgesetzt wurden. Die Rechtsprechung
spricht vom funktionalen Mangelbegriff (vgl.
hierzu auch unsere Ausführungen unter Ziffer
D.III.1.b). So muss ein Dach auch ohne ausdrückliche Erwähnung im Vertrag regendicht sein oder
ein Keller ohne ausdrückliche Erwähnung im
Vertrag trocken sein usw. Wenn in der vertraglich vereinbarten Beschreibung der auszuführenden Leistungen eine Leistung fehlt, die aber
zur Erreichung eines Erfolges (etwa regendichtes
Dach) erforderlich ist, schuldet sie der Auftragnehmer gleichermaßen, auch ohne ausdrückliche Erwähnung im Vertrag. Das ist das Wesen
und das Besondere an der werkvertraglichen
Erfolgshaftung.
Dieser werkvertragliche Erfolg ist deshalb nicht
immer identisch mit dem vertraglich vereinbarten oder niedergeschriebenen Leistungsinhalt, in
der baurechtlichen Alltagssprache auch als „BauSoll“ bezeichnet. Die funktionale Betrachtung
löst sich vom konkreten und gegebenenfalls
auch detaillierten Leistungsbeschrieb.
Im Streitfall wird das funktional geschuldete
„Bau-Soll“ durch Auslegung ermittelt.
Das Gleiche gilt für die damit auf Vergütungsseite korrespondierende (Streit-)Frage, ob solche,
im Vertrag nicht beschriebenen, gleichwohl aus
funktionaler Sicht zur Erreichung des werkvertraglichen Erfolges notwendigen Leistungen von
der hauptvertraglichen Vergütung erfasst sind
oder nicht. Auch hier ist wieder durch Auslegung
des Vertrages und all seiner Bestandteile einschließlich der Begleitumstände zu ermitteln,
was nach objektiven Kriterien unter Berücksichtigung des jeweiligen Empfängerhorizontes von
der hauptvertraglich vereinbarten Vergütung an
Leistungen erfasst und abgegolten ist und was
nicht.
Im Rahmen einer solchen vorzunehmenden Auslegung ist oft entscheidend, ob ein Auftragnehmer bei unklaren oder unvollständigen Leistungsbeschrieben ein damit verbundenes Risiko
für die Kalkulation seiner Vergütung übernommen hat oder nicht.
Das ist im Einzelfall schwierig zu bestimmen und
zu entscheiden. Als Faustregel kann gelten, dass
41
bei versteckten oder nicht erkennbaren Risiken,
die aus einer unvollständigen oder sogar falschen Leistungsbeschreibung stammen, der Auftragnehmer nicht das damit verbundene Risiko
der Erbringung weiterer, zur Erfolgserreichung
notwendiger Leistungen ohne Erhöhung der
hauptvertraglichen Vergütung übernommen hat.
Gleichwohl gibt es auch hier Ausnahmen, etwa
wenn nach Verkehrssitte jedem verständigen
Bieter klar sein muss, dass die Nichterwähnung
eines bestimmten Details nicht bedeutet, dass es
nicht vorhanden ist, so dass er in seiner Preisbildung auf die Nichtexistenz dieses Risikos nicht
vertrauen darf, BGH, Urteil vom 22.12.2011 – VII
ZR 67/11, NJW 2012, 518 (in dem entschiedenen
Fall war eine Bodenbelastung nicht erwähnt;
gleichwohl musste nach Verkehrssitte beim Abbruch der Straße mit belastetem Boden gerechnet werden).
Grundsätzlich haftet ein Auftraggeber für die
Richtigkeit seiner Detailangaben. Das gilt aber
dann nicht, wenn auftragnehmerseits kein Vertrauen in die Richtigkeit dieser Detailangaben
besteht, etwa weil die Unrichtigkeit erkennbar
war oder hätte erkannt werden müssen, etwa
aufgrund der spezifischen Bieter-/ Auftragnehmersachkunde.
Gleiches gilt, wenn bestimmte Details einer Ausschreibung, die für die Kalkulation der hauptvertraglichen Vergütung durchaus Bedeutung haben, entweder eine auslegungsfähige Bandbreite
haben, OLG Brandenburg, Urteil vom 17.01.2002
– 12 U 126/01, IBR 2002, 348, oder erkennbar
lediglich als Empfehlung oder vorläufige Angabe
ausgewiesen sind, OLG Köln, Urteil vom
03.03.2000 – 11 U 46/98, IBR 2001, 350; BGH,
Beschluss vom 19.05.2011 – VII ZR 36/10, IBR
2011, 567 (betr. „ca.-Maße“). In dem vorzitierten
Fall (OLG Köln) ging es um Stahlbewehrung, die
in der Ausschreibung gewichtsmäßig nur als geschätzt und vorläufig angegeben war, weil das
genaue Ausmaß erst nach Vorlage einer Statik
ermittelt werden konnte und diese Statik schuldete der Auftragnehmer nach seinem Leistungsumfang. Das heißt, er konnte das genaue Ausmaß des Stahlverbrauches erst nach Auftragserteilung und Erstellung der Statik ermitteln. Das
bedeutet, dass er im Rahmen der Angebotsphase den Preis für Stahl nur schätzen konnte. Das
mit dieser Schätzung verbundene Risiko der Ab-
weichung von der nachher tatsächlich durch die
Statik ermittelten Menge hat er damit übernommen.
Eine Ausnahme von obiger Risikozuweisung wird
nach der Rechtsprechung dann gemacht, wenn
falsche oder unvollständige Details, deren
Fehlerbehaftung oder Unvollständigkeit nicht
erkannt wurde bzw. hätte erkannt werden müssen, erkennbar (für beide Seiten) Geschäftsgrundlage der Kalkulation der Vergütung wurden, BGH, Beschluss vom 23.03.2011 – VII ZR
216/08, NJW-RR 2011, 886; BGH, Urteil vom
30.06.2011 – VII ZR 13/10, BauR 2011, 1646. In
solchen Fällen ergibt zwar die Vertragsauslegung, dass der Auftragnehmer zum einen diese
Leistung zur Erreichung des werkvertraglichen
Erfolges schuldet und zum anderen, dass diese
Leistung auch von der hauptvertraglichen Vergütung erfasst und abgegolten ist. Gleichwohl sieht
in solchen Grenzfällen der BGH die Geschäftsgrundlage der Preisbildung als entfallen an mit
der Folge, dass ein Anspruch auf Anpassung des
Preises für eben diese jetzt (unerwartet) erforderliche Leistung bestehen soll.
Im Rahmen der Vertragsauslegung spielt weiter
eine Rolle, in wessen Risikosphäre die nicht in
die hauptvertragliche Vergütung kalkulierte,
gleichwohl zur vertraglichen Erfolgshaftung notwendige Leistung fällt.
Dabei ist mit vorschnellen Risikozuweisungen
vorsichtig umzugehen: Das echte Baugrundrisiko
fällt nicht per se in die Risikosphäre des Auftraggebers. Vielmehr ist auch hier die Gestaltung des
Vertrages maßgebend bzw. bei Unklarheiten
eine Auslegung vorzunehmen, wer welche oder
alle Risiken aus dem Baugrund vergütungsmäßig
zu tragen hat, wenn diese Risiken Leistungen
nach sich ziehen, die zur Erreichung des werkvertraglichen Erfolges notwendig sind, aber von
der Kalkulation der hauptvertraglichen Vergütung nicht erfasst sind oder wurden.
In solchen Grenzfragen sind die Umstände des
Einzelfalles maßgebend. Generalisierende Aussagen, Wertungen oder Maßstäbe können nicht
gegeben werden.
Im Spannungsverhältnis dieser vier, sich im Anwendungs- und Wirkungsbereich zum Teil über42
schneidenden Themen Erfolgshaftung/ Mängelhaftung/Leistungsumfang (Bausoll) / Vergütung
haben die meisten Baustreitigkeiten ihren Ursprung, aber auch zugleich ihre Lösung.
nommen werden. Da der Bieter also nicht mehr
an sein Angebot gebunden ist, ist bei Aufträgen,
die unbedingt erteilt werden sollen, bei den
Formulierungen im Auftrags-/Bestellschreiben
Vorsicht geboten.
B. Vertragsschluss
Mit dem Vertragsschluss legen die Parteien den
Vertragsgegenstand und somit insbesondere
auch den Leistungsumfang endgültig fest. Damit
geht das Angebots- und Verhandlungsstadium in
die Phase der Vertragsdurchführung über. Änderungen sind dann nur noch über nachträgliche
Ergänzungsvereinbarungen oder z.B. die Anordnungsrechte der VOB/B möglich, beides kann
kostspielig sein, weshalb auf den Vertragsschluss
größte Sorgfalt verwendet werden sollte.
Idealerweise ist die Aufforderung zur Abgabe
eines Angebotes bereits so gestaltet, dass das
Angebot einen eindeutigen Inhalt hat und quasi
nur noch mit einem „Ja“ angenommen werden
muss. Werden trotzdem noch Verhandlungen
mit Abänderungen des Angebotes geführt, so
kommt der Vertrag mit dem verhandelten oder
später erklärten Inhalt zu Stande. Das darüber
geführte Verhandlungsprotokoll dient insbesondere der Beweis- und Dokumentationsfunktion
und sollte vorrangiger Vertragsbestandteil werden.
I. Allgemeines
Der Bauvertrag kommt wie alle Verträge durch
zwei übereinstimmende Willenserklärungen –
Angebot und Annahme – zu Stande. Im Gegensatz zu anderen Vertragstypen wird das Verhandlungsstadium im Bauwesen allerdings regelmäßig dadurch eingeleitet, dass zunächst der
Auftraggeber einen oder mehrere Bieter zur
Abgabe eines Angebotes auffordert.
Diese Aufforderung ist weder für den Auftraggeber noch den Bieter verbindlich. Erst wenn der
Bieter sein Angebot abgegeben hat, ist er daran
gebunden. Nach den gesetzlichen Regelungen
kann dabei die Bindung der Dauer sehr unterschiedlich lange ausfallen und je nach Schwierigkeit der Materie wenige Tage, aber auch Monate
betragen. Werden Angebote nicht „rechtzeitig“
angenommen, so erlöschen sie bzw. die verspätete Annahme stellt ein eigenes Angebot dar.
Deshalb ist es dringend zu empfehlen, bei der
Aufforderung zur Angebotsabgabe (oder falls
dort nicht bestimmt, eben im Angebot selbst)
eine Bindefrist zu erklären.
Angebote erlöschen aber auch dann, wenn sie
durch Änderungen bei der Annahmeerklärung
abgeändert werden. Diese Annahme, die den
Antrag erweitert, einschränkt oder inhaltlich
abändert, stellt zum einen eine Ablehnung des
ursprünglichen Angebotes dar und ist aber auch
selbst ein neues Angebot. Dieses kann (muss
aber nicht) vom ursprünglichen Anbieter ange-
1. Form
Auch bei der Form unterliegt der Bauvertrag
grundsätzlich keinen Besonderheiten. Er kann
somit mündlich abgeschlossen werden. Lediglich
in engen Ausnahmefällen sieht das Gesetz höhere Anforderungen an die Form vor (z.B. eine
notarielle Beurkundung bei einer Verbindung der
Herstellpflicht mit einer Pflicht zur Übertragung
von Grundeigentum – also insbesondere bei
Bauträgerverträgen).
Trotz dieses Grundsatzes ist natürlich dringend
anzuraten, Verträge schriftlich abzuschließen.
Vorsicht ist allerdings auch dann geboten, da die
einmal gewählte Schriftform wieder mündlich
abbedungen werden kann. Dies gilt ggf. selbst
dann, wenn die häufig verwendete Klausel, dass
auch Abänderungen des Vertrages der Schriftform bedürfen, in den Vertragstext aufgenommen wurde.
Dadurch, dass für Bauverträge dem Grundsatz
nach keine bestimmte Form vorgesehen ist,
können vertragliche Bindungen auch durch konkludente Handlungen entstehen. So kann ein
Vertragsangebot auch dadurch angenommen
werden, dass mit dem Bau begonnen wird bzw.
die Leistungen des Auftragnehmers entgegengenommen werden. In diesem Zusammenhang
muss besonders auf die Gefährlichkeit des
Schriftverkehrs nach geführten Verhandlungen
hingewiesen werden. (Bestätigungs-) Schreiben,
die den Inhalt geführter Verhandlungen zusam43
menfassen oder wiedergeben sollen, müssen
inhaltlich genau überprüft werden. Widerspricht
nämlich der Vertragspartner einem solchen
Schreiben nicht unverzüglich, kommt ein Vertrag
mit dem darin behaupteten Inhalt zu Stande.
Dies gilt in der Regel selbst dann, wenn bei den
Vertragsverhandlungen tatsächlich keine Einigung erzielt wurde und in dem Schreiben das
Besprochene nicht gänzlich korrekt wiedergegeben wird. Somit sollten die Parteien sich bei Vertragsverhandlungen stets eine schriftliche Abfassung vorbehalten und Schreiben im Nachgang
der Verhandlungen stets widersprechen.
2. Leistungssoll
Das Leistungssoll wird durch die Erklärungen
(Angebot, Annahme) der Vertragsparteien beim
Vertragsschluss bestimmt. Sind die Erklärungen
oder der spätere Vertragstext nicht eindeutig
formuliert oder geben das Gewollte nicht wieder, wird der Vertragsschluss hierdurch grundsätzlich nicht berührt. Wie bereits oben erwähnt,
ist das Leistungssoll dann durch Auslegung der
gesamten Erklärungen (Vertragstext und alle
Anlagen) zu ermitteln.
Bei der Auslegung des Vertrags ist in erster Linie
von dem von den Parteien gewählten Wortlaut
auszugehen. Dabei ist vor allem der dem Wortlaut zu entnehmende objektiv erklärte Parteiwillen, so wie ihn der Vertragspartner verstehen
musste/durfte, entscheidend.
Gemäß §§ 133, 157 BGB darf sich die Auslegung
aber nicht zwanghaft an den Wortlaut klammern, selbst wenn der Wortlaut klar und eindeutig ist. Der Vertrag ist als sinnvolles Ganzes auszulegen und bei der Auslegung eines widersprüchlichen oder lückenhaften Vertragstextes
sind die Gesamtumstände zu berücksichtigen.
Bei Streitigkeiten wird letztendlich die Auslegung
ein „objektiver Dritter“ (ordentliches Gericht,
Schiedsgericht – ggf. mit sachverständiger Hilfe)
durchführen. Da deren Auslegungsergebnis
kaum vorhergesehen werden kann, ist bei der
Vertragsgestaltung größtmögliche Sorgfalt auf
einen eindeutigen Leistungsumfang zu legen.
3. Abbruch von Vertragsverhandlungen
Bei Vertragsverhandlungen ist jede Partei darin
frei, ob sie letztlich die vertragliche Verbindung
eingeht. Grundsätzlich kann jeder jederzeit die
Verhandlungen abbrechen, auch wenn die andere Partei bereits erhebliche Aufwendungen für
die Verhandlungen (z.B. umfangreiche Kalkulationen und Planungen) getätigt hat. Diese Kosten
für die Angebotserstellung und die Verhandlungsphase können in der Regel nicht zurückverlangt werden.
Für den Abbruch von Vertragsverhandlungen
können alle „vernünftigen“ Erwägungen ausreichend sein. Dazu gehören z.B. auch ein besseres
Angebot oder die Verschlechterung von Geschäftschancen. Die Grenzen, bei der sich eine
Partei unredlich verhält und damit Ersatzansprüche entstehen könnten, werden in der Praxis
kaum erreicht. Sie können in der Regel nur angenommen werden, wenn eine Partei z.B. ihre
Abschlussbereitschaft nur vorgetäuscht oder sich
bereits umentschieden hat und dies nicht dem
Verhandlungspartner mitteilt. Somit kann der
Vertragspartei, die im Verhandlungsstadium
erhebliche Aufwendungen tätigen muss, nur
angeraten werden, auf eine Vergütungsvereinbarung hinzuwirken und/oder zumindest ihre
Aufwendungen nachvollziehbar zu dokumentieren. Lockere Absichtserklärungen für ein späteres gemeinsames Bauen oder unbestimmte Vorverträge werden zwangsläufig zu einem späteren
Streit über den Beginn und das Ende einer Akquisitionsphase führen.
II. Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB)
Die Standardisierung und Formalisierung von
Vertragswerken sind für regelmäßig am Bau
tätige Auftraggeber und Auftragnehmer unverzichtbar. Allerdings geht damit auch zwingend
einher, dass die Vertragsparteien dabei vielfach
Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) verwenden, auch wenn ihnen dies teilweise nicht
immer bewusst ist. Denn AGB sind alle Vertragsbedingungen, die für eine Verwendung in einer
Vielzahl von Verträgen vorformuliert sind und
bei Abschluss eines Vertrages von einer Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei gestellt werden. Die VOB/B wurde bereits
erwähnt, weitere bekannte Beispiele sind AVB,
BVB und ZVB. Darüber hinaus sind auch standarisierte Verhandlungsprotokolle oder Vertragstexte, aber auch Formulierungen, z.B. in Bestellschreiben oder in Anschreiben zur Angebotslegung, AGB in diesem Sinne.
44
Die Verwendung von AGB birgt das (erhebliche)
Risiko, dass diese Regelungen sich nicht nur an
den zwingenden gesetzlichen Vorschriften orientieren müssen, sondern dass sie gemäß den §§
305 ff BGB einer inhaltlichen Kontrolle unterliegen. Vereinfacht gesagt, müssen AGB die vom
Gesetz gewollte Ausgewogenheit vertraglicher
Beziehungen berücksichtigen, tun sie das nicht,
sind sie unwirksam (dazu unten im Einzelnen).
Aus der obenstehenden Definition der AGB lässt
sich entnehmen, dass das Gegenstück dazu individualvertragliche Regelungen sind. Diese sind
gerade nicht für eine Vielzahl von Verträgen
vorformuliert, sondern sie werden von den Parteien gemeinsam ausgehandelt und damit auch
nicht von einer Seite gestellt. Ein Aushandeln in
diesem Sinne liegt allerdings nur dann vor, wenn
die Regelung vorgeschlagen und dem Vertragspartner anschließend ernsthaft zur Disposition
gestellt wird. Dazu reicht ein Erklären oder Erörtern bei weitem nicht aus. Der Verwender einer
Vertragsklausel wird letztlich darlegen und beweisen müssen, dass es ein echtes Verhandeln
über die Klausel gab. Dazu wird es in der Regel
auch nicht ausreichend sein, wenn z.B. Vertragswerke elektronisch mit der Möglichkeit zur
Änderung an die Gegenseite übersendet werden. Im Streitfall wird der Verwender des Vertragswerkes nämlich explizit nachweisen müssen, dass gerade die Klausel, deren Unwirksamkeit nun die Gegenseite behauptet, ernsthaft zur
Disposition stand. Überspitzt gesagt wird dieser
Nachweis nur dann gelingen, wenn genau an
dieser Klausel auch Veränderungen vorgenommen wurden.
Aufgrund der drohenden Unwirksamkeit von
Klauseln und der daraus resultierenden Auswirkungen auf das gesamte Vertragswerk ist bei der
Vertragsgestaltung höchste Vorsicht geboten.
Entweder sind AGB so zu gestalten, dass sie
rechtssicher sind oder es muss zumindest bereits
im Vorfeld eruiert werden, welche Auswirkungen die Unwirksamkeit auf das gesamte Vertragsgefüge hat. Beachtet werden muss dabei
auch, dass individuelle Abreden stets uneingeschränkten Vorrang vor AGB genießen. Selbstverständlich kann dieser Grundsatz wiederum
nicht durch AGB ausgeschlossen werden.
1. Erscheinungsbild von AGB
Für die Einordnung als AGB kommt es weder auf
die Vertragsform, Schriftart oder auf die Verbundenheit mit dem Vertrag an. Gleichgültig ist,
ob AGB einen äußerlich gesonderten Bestandteil
des Vertrags bilden oder in die Vertragsurkunde
selbst aufgenommen werden, welchen Umfang
sie haben, in welcher Schriftart sie verfasst sind
oder welche Form der Vertrag hat. AGB können
auch dann vorliegen, wenn sie handschriftlich
verfasst worden sind (z.B. beim Ausfüllen von
Verhandlungsprotokollen). Liegt ein Vertrag mit
zahlreichen formelhaften Klauseln vor, so spricht
der Anschein dafür, dass es sich um einen Formularvertrag/AGB handelt, selbst dann, wenn
einzelne Felder handschriftlich nachgetragen
werden und das Vertragsobjekt selbst betreffende Angaben einzeln ausgehandelt wurden. Woher die Vorformulierung stammt ist unerheblich,
so z.B., ob die Regelungen aus einer Formelsammlung oder einem anderen Vertragstext
übernommen wurden. Gleichgültig ist auch, wer
tatsächlich die Vorformulierung vorgenommen
hat. Greift ein Auftraggeber auf Vertragswerke
eines Architekten oder Notars zurück, so wird er
Verwender der Klauseln und sein Vertragspartner kann sich auf die Unwirksamkeit berufen.
2. Einbeziehung von AGB
AGB werden nur dann Vertragsbestandteil, wenn
sie wirksam einbezogen werden. Anders als bei
Verträgen mit Verbrauchern müssen bei Verträgen zwischen Auftragnehmern die AGB dem
Vertragsangebot nicht beigefügt sein, sofern
dem Auftragnehmer eine zumutbare Möglichkeit
zur Kenntnisnahme ermöglicht wird. Dafür ist
z.B. der Hinweis ausreichend, dass die AGB auf
Wunsch übersandt werden oder auf einer
Homepage einsehbar sind.
Probleme ergeben sich vor allem dann, wenn die
beiden Vertragspartner einander widersprechende AGB verwenden. Die Rechtsfolgen in
dieser Konstellation sind noch immer in Rechtsprechung und Literatur nicht gänzlich geklärt, es
droht aber letztlich die Unwirksamkeit der eigenen Regelungen. Kommt es also einer Seite unbedingt auf die Einbeziehung ihrer AGB an, so
sollte sie die AGB ausdrücklich in den Vertrag
einbeziehen und zum Vertragsgegenstand ma45
chen und die gegenteiligen Regelungen ausdrücklich ausschließen.
3. Unwirksamkeit von AGB
Das Kernstück der AGB-rechtlichen Problematik
ist, dass Klauseln unwirksam sind, wenn sie verschiedenen Fallgruppen unterfallen, vom gesetzlichen Leitbild erheblich abweichen und dabei
den Vertragspartner benachteiligen und schließlich der Vertragspartner sich auf die Unwirksamkeit beruft.
Der Regelungsgehalt einer unwirksamen Klausel
kann dann nicht auf ein noch zulässiges Maß
reduziert werden. Eine solche Klausel ist insgesamt unwirksam. Eine Ausnahme gilt lediglich
dann, wenn sich die Klausel teilen lässt und ein
wirksamer Rest verbleibt, dem noch ein eigenständiger Sinn zukommt. Die Unwirksamkeit
einer Klausel wirkt sich nicht auf den Bestand
des Vertrags an sich aus. An die Stelle einer unwirksamen Klausel tritt die gesetzliche Regelung.
Ist eine gesetzliche Regelung nicht vorhanden,
muss durch Auslegung des Vertrags die entstandene Vertragslücke geschlossen werden.
a) Überraschende und unklare Klauseln
Gemäß § 305 c Abs. 1 BGB dürfen AGB nicht
überraschend sein. Sie dürfen zum einen nicht so
ungewöhnlich sein, dass
– der Vertragspartner nicht mit ihnen zu rechnen braucht (Überraschungsmoment),
– sie unvereinbar mit dem Grundgedanken des
Vertragsbildes oder der Höhe des Entgeltes
sind,
– sie einen Widerspruch zum Verlauf der Vertragsverhandlungen darstellen oder
– sie erhebliche von den „normalen“ gesetzlichen Regelungen, den üblichen Vertragsbedingungen oder vom äußeren Erscheinungsbild des Vertrags abweichen.
Sie stehen dann nämlich in Widerspruch zur
Erwartungshaltung des Vertragspartners und
würden ihn „überrumpeln“. Das ist zum Beispiel
dann der Fall, wenn die Klausel im Vertragstext
kaum auffindbar oder „falsch“ eingeordnet wird.
Dem kann bei der Vertragsgestaltung entgegen
gewirkt werden. Nicht überraschend ist regelmäßig eine Klausel, die
– drucktechnisch so angeordnet wird, dass eine
Kenntnisnahme zu erwarten ist,
– der Vertragspartner kennt oder mit der er
rechnen muss.
b) Intransparente und mehrdeutige Klauseln
AGB müssen transparent/verständlich sein. Bereits die bloße Unverständlichkeit einer Klausel
kann gemäß § 307 BGB zur Unwirksamkeit führen. AGB müssen verständlich und bestimmt
formuliert und nicht zur Irreführung geeignet
sein. Ein durchschnittlicher Vertragspartner, d. h.
ein aufmerksamer und sorgfältiger Teilnehmer
am Wirtschaftsverkehr, muss die Nachteile und
Belastungen einer Klausel erkennen können.
Keine Intransparenz liegt vor, wenn eine Bestimmung zwar verständlich formuliert ist aber
mehrere Deutungsmöglichkeiten bietet. In diesem Fall bleibt die Klausel wirksam, die Zweifel
bei der Auslegung der Klausel gehen aber zu
Lasten des Verwenders. Die Übergänge sind
dabei fließend, man könnte auch sagen: Führt
die kundenfeindlichste Auslegung nicht zur Unwirksamkeit, wird die Bestimmung nach der
kundenfreundlichsten Auslegung angewandt.
c) Klauseln, die unangemessen benachteiligen
AGB dürfen den Vertragspartner nicht unangemessen benachteiligen (§ 307 BGB). Sie dürfen
nicht ohne sachlichen Grund von wesentlichen
Gedanken des gesetzlichen Leitbildes abweichen. Gemäß § 307 Abs. 2 BGB besteht sogar
eine Vermutung dafür, dass Bestimmungen den
Vertragspartner unangemessen benachteiligen,
wenn
– sie mit wesentlichen Gedanken einer gesetzlichen Regelung, von der sie abweichen, nicht
zu vereinbaren sind oder
– sie die Rechte und Pflichten, die sich aus der
Natur des Vertrags ergeben, so einschränken,
dass der Vertragszweck gefährdet wird.
In §§ 308 u. 309 BGB sind einzelne Unwirksamkeitsgründe aufgeführt. Sie finden zwar gegenüber Auftragnehmern keine Anwendungen,
ihnen kann aber hinsichtlich der Prüfung einer
unangemessenen Benachteiligung im Rahmen
des § 307 BGB eine Indizwirkung zukommen.
46
4. Beispiele für wirksame und unwirksame
Klauseln
Im Folgenden lediglich ein kurzer Auszug mit
eindrücklichen Beispielen für Probleme bei der
Verwendung von AGB. Die Rechtsprechung zur
(Un-)Wirksamkeit von verschiedenen AGB ist
ständig im Fluss und so ist die rechtliche Unterstützung bei der Gestaltung von Musterverträgen oder allgemeinen Bedingung unumgänglich.
a) VOB/B
Gegenüber einem Auftragnehmer kann die
VOB/B gemäß § 310 Abs. 1 BGB in den Vertrag
einbezogen werden, ohne dass eine Prüfung
gemäß § 307 BGB stattfindet, wenn die VOB/B
als Ganzes vereinbart wird. Ob die VOB/B noch
als Ganzes vereinbart ist, wenn von einzelnen
„kann“–Bestimmungen abgewichen wurde, ist
umstritten. Regelmäßig wird aber durch Regelungen im übrigen Vertragswerk in grundlegende
Bestimmungen der VOB/B eingegriffen. Typisches Beispiel ist die Vereinbarung einer förmlichen Abnahme. Diese ist der VOB/B fremd und
damit wird grundlegend in sie eingegriffen, was
zur Folge hat, dass die gesamte VOB/B sich am
AGB-Recht messen lassen muss. Dabei wird von
der Rechtsprechung eine Vielzahl an VOB/BParagraphen für unwirksam angesehen (z.B.
§ 16 Abs. 3 (2) VOB/B mit der Ausschlusswirkung
bei Schlusszahlungshinweisen).
b) Vertragsstrafe
Problematisch sind Klauseln, die eine Regelung
zur Vertragsstrafe enthalten. Sie sind zwar zulässig, können aber je nach inhaltlicher Ausgestaltung unwirksam sein. Unwirksam sind insbesondere Bestimmungen, die keine (oder eine zu
hohe) Obergrenze enthalten oder die gesamte
Vertragsstrafe auch bei nur geringen Verzögerungen verwirken lassen. Unwirksam sind auch
verschuldensunabhängige Vertragsstrafenklauseln oder Klauseln, die eine Kumulation von Vertragsstrafen für nur einen Verstoß enthalten. Bei
der Gestaltung von Vertragsstrafen für Zwischentermine muss somit größte Sorgfalt verwendet werden.
c) Sicherheitsleistung
Bestimmungen, die den Inhalt von Sicherheiten
regeln, sind unter zwei Gesichtspunkten problematisch. Sie können bereits gemäß § 138 BGB
sittenwidrig und aus diesem Grund nichtig sein,
wenn die Bestimmungen zur Übersicherung des
Gläubigers führen. Zum anderen können sie unwirksam sein, wenn sie die Rechte des Vertragspartners beschneiden. So sind Bestimmungen,
die einen Verzicht auf sämtliche Einreden des
§ 768 BGB vorsehen, bei der Vereinbarung einer
Gewährleistungsbürgschaft oder einer selbstschuldnerischen
Vertragserfüllungsbürgschaft
unwirksam. Ebenso können Regelungen problematisch sein, wenn sie die Ablösemöglichkeiten
von Sicherheiten beschränken.
d) Funktionalklauseln/Vollständigkeitsklauseln
Regelungen, die lediglich die Leistung bestimmen sollen oder ausschließlich Preise vereinbaren (regelmäßig die Positionstexte des Leistungsverzeichnisses) können keine AGB sein. Es
ist auch schwerlich vorstellbar, dass solche Regelungen vom gesetzlichen Leitbild abweichen, da
das Gesetz zur konkreten Leistung ja keine Regelungen enthält. Trotzdem ist bei der Gestaltung/Verwendung von Funktionalklauseln Vorsicht geboten. Die Wirksamkeit von sog. „Angstklauseln“, die z.B. dem Auftragnehmer „alles zur
Leistungserbringung Erforderliche“ auferlegen,
hängt stark von der sonstigen Gestaltung des
Vertrages ab (z.B. sind die Klauseln unterschiedlich zu bewerten, je nachdem, ob es sich um
einen Pauschal- oder einen reinen Einheitspreisvertrag handelt und je nachdem, wer die Planungsverantwortung trägt).
III. Rangfolgefragen
1. Allgemeines
Bauverträge bestehen regelmäßig aus einer Vielzahl von (Vertrags-) Bestandteilen. Dabei kann es
naturgemäß vorkommen, dass sich einzelne
Bestimmungen (scheinbar) widersprechen.
Durch Auslegung des Vertrags ist dann der Vertragsinhalt zu ermitteln, um diese Widersprüche
aufzulösen. Hierbei können zumeist folgende
Grundsätze herangezogen werden:
- zwingende gesetzliche Regelungen genießen
stets Vorrang,
- vorrangig vor anderen Vertragsbestandteilen
gelten die Bestimmungen des verhandelten
und unterzeichneten Vertragstextes sowie
(einbezogener) Verhandlungsprotokolle,
- Individualvereinbarungen gehen AGB vor
(§ 305 b BGB),
47
- speziellere Regelungen gehen den allgemeinen Regelungen vor.
2. Rangfolgeregelungen
Rangfolgeregelungen erleichtern die Arbeit mit
dem Vertragstext. Eine solche Rangfolgeregelung
enthält z.B. § 1 Abs. 2 VOB/B. Mit ihnen bestimmen die Parteien, in welche Reihenfolge die
Elemente des Vertragstextes bei der Bestimmung des Vertragsinhalts heranzuziehen sind.
Ganz entscheidend ist aber, dass sich eine Rangfolgeproblematik erst ergeben kann, wenn sich
zwei Vertragsbestandteile widersprechen. Dies
ist regelmäßig zumindest fraglich, wenn ein
(nachrangiger) Vertragsbestandteil eine konkrete Vorgabe zum Leistungssoll enthält. Zumeist
wird man in dieser Konstellation annehmen
müssen, dass schon gar kein Widerspruch vorhanden ist und es somit auf eine Rangfolgeregelung gar nicht ankommt.
Bei zwei Bestimmungen, die sich einander tatsächlich widersprechen, genießt diejenige den
Vorrang, der die Parteien eine höhere Bedeutung beigemessen haben. Die nachrangige Klausel wird dadurch entweder nicht zum Vertragsbestandteil oder kann nur ergänzend hinzugezogen werden. Eine Auslegung des Vertrags ist
dann nur noch bei gleichrangigen Vertragsbestandteilen – und bei echten Widersprüchen –
erforderlich.
Mit Rangfolgeregelungen können die Parteien
auch bestimmen, ob Zeichnungen Vorrang vor
der Leistungsbeschreibung genießen sollen. Ein
Grundsatz, wonach die zeichnerische Darstellung
Vorrang vor einer Beschreibung genießt, existiert
nicht. In § 1 Abs. 2 VOB/B werden Zeichnungen
als Teil der Leistungsbeschreibung angesehen
und stehen gleichwertig neben der Baubeschreibung und dem Leistungsverzeichnis. Bilden
Zeichnungen die Leistung genauer ab als das
Leistungsverzeichnis, kann ihnen nach den obigen Grundsätzen ein Vorrang eingeräumt werden. Etwas anderes kann gelten, wenn das Leistungsverzeichnis die Leistung erschöpfend beschreibt oder Zeichnungen die Baugegebenheiten nicht zutreffend widerspiegeln. Auch Widersprüche zwischen Zeichnungen können nach den
oben genannten Grundsätzen (z.B. Maßstab 1:50
vor Maßstab 1:100) aufgelöst werden.
IV. Vertretungsmacht
1. Allgemeines
Jeder Vertragspartei steht es zu, sich bei allen
Rechtsgeschäften durch Dritte vertreten zu lassen. Juristische Personen, wie GmbHs und AGs,
werden originär durch ihre Organe (Geschäftsführer, Vorstand usw.) vertreten; Personengesellschaften, wie GbRs, OHGs und KGs, durch
ihre geschäftsführenden Gesellschafter. Zudem
können aber auch rechtsgeschäftlich Bevollmächtigte bestellt werden.
Bei der Bauabwicklung kommt es regelmäßig
vor, dass der Architekt oder Bauleiter bzw. das
Baubüro Ansprechpartner des Auftraggebers
sind. Ob und wieweit sie für den Auftraggeber
tätig werden dürfen, hängt von ihrer Bevollmächtigung ab.
Der Vertragsschluss durch einen Vertreter setzt
eine wirksame Bevollmächtigung und das Handeln des Vertreters im Namen des Vertretenen
voraus. Die Bevollmächtigung eines rechtsgeschäftlich bestellten Vertreters ist an keine bestimmte Form gebunden. Sowohl die Bevollmächtigung eines Vertreters durch den Auftraggeber als auch die Erklärung des Vertreters, er
handele für den Vertretenen, können auch durch
schlüssiges Verhalten erklärt werden. Ausnahmen gelten jedoch für formbedürftige Rechtsgeschäfte, z.B. bei Grundstückskaufverträgen. Fehlt
eine wirksame Bevollmächtigung des Vertreters,
kann das vorzunehmende Rechtsgeschäft durch
den Vertretenen nachträglich genehmigt werden.
Muss sich der Auftraggeber das Handeln des
Vertreters nicht zurechnen lassen, treffen die
Rechtsfolgen den Vertreter, der in den Vertrag
anstelle des Auftraggebers eintritt. Tritt der Vertreter im eigenen Namen auf, kommt der Vertrag mit ihm zustande. Dieser „Mangel“ kann
nachträglich nicht geheilt werden.
2. Zurechnung durch gesetzten Rechtsschein
Von großer Praxisrelevanz in der Bauwirtschaft
ist, dass es Fälle geben kann, bei denen sich der
Vertretene das Handeln einer Person (die tatsächlich nicht bevollmächtigt ist) nach Rechtsscheingrundsätzen zurechnen lassen muss. Dabei steht die Bindungswirkung einer Vollmacht
48
kraft Rechtsschein der rechtsgeschäftlich erteilten Vollmacht gleich.
Der Vertretene muss sich das Handeln eines
Dritten zurechnen lassen, wenn er wissentlich
geschehen lässt, dass der Dritte für ihn als Vertreter auftritt (Duldungsvollmacht) oder es bei
pflichtgemäßer Sorgfalt hätte erkennen und
verhindern können (Anscheinsvollmacht). In
beiden Fällen muss aber der Vertragspartner
nach Treu und Glauben annehmen dürfen, dass
der Vertretene das Handeln des Dritten dulde
und billige. Eine Anscheinsvollmacht wird regelmäßig dann angenommen, wenn der Auftraggeber einen mit der Sache befassten und sachkundigen Mitarbeiter oder einen Architekten zu
Vertragsverhandlungen entsendet. Der Auftraggeber erweckt dadurch den Anschein, dass er
durch einen Bevollmächtigten vertreten werde.
Handelt der Mitarbeiter ohne Anweisung aber in
Kenntnis des Auftraggebers, so liegt eine Duldungsvollmacht vor. Der Paradefall für das Setzen eines Rechtsscheins, an den der Vertretene
gebunden ist, ist z.B. die Anordnung von Leistungsänderungen durch eine nicht bevollmächtigte Person. Die Begleichung der Nachtragsforderung des Auftragnehmers kann dann einen
Rechtsschein für eine Bevollmächtigung setzen.
Aber auch bei Vertragsverhandlungen ist regelmäßig Vorsicht geboten: muss der Vertrag nur
noch urkundlich fixiert werden, wird dem Auftraggeber das Handeln eines Vertreters, der
abweichende Änderungen vornimmt, dann nicht
zugerechnet, wenn der Vertretene nur zur Unterzeichnung bevollmächtigt war und der Vertragspartner diesen Umstand kannte oder kennen konnte. Wird dem Auftraggeber aber ein
Protokoll dieser Verhandlungen/des Vertrags
übersandt, muss der Auftraggeber unverzüglich
widersprechen wenn er erkennt, dass es zu Abänderungen des Vertrages gekommen ist. Tut er
dies nicht, stellt sein Schweigen eine nachträgliche konkludente Genehmigung nach den
Grundsätzen des kaufmännischen Bestätigungsschreibens dar.
3. Bevollmächtigung eines Architekten/ „originäre Architektenvollmacht“
Das Leistungsbild des Architekten in der HOAI
beschreibt auch bestimmte Handlungen, die
auch den Auftraggeber binden. Wenn der Auf-
traggeber den Architekten gerade mit diesen
Tätigkeiten betraut, bevollmächtigt er ihn zugleich hierfür („originäre Architektenvollmacht“).
Von der originären Architektenvollmacht werden
aber keine (oder nur in einem sehr geringem
Umfang) rechtsgeschäftliche Handlungen umfasst. Zur Vollmacht gehören u.a.:
– Technische Abnahme (nicht aber rechtsgeschäftliche Abnahme),
– Aufnahme eines Aufmaßes,
– Entgegennahme von Erklärungen, Anzeigen
etc. Stundenlohnzetteln (nicht aber die Anerkennung von Stundenlohnzetteln),
– Genehmigung von Ausführungsunterlagen in
technischer Hinsicht (nicht jedoch rechtsgeschäftliche Genehmigung von Ausführungsunterlagen).
Nicht umfasst sind z.B.:
– Vertragsänderungen oder Erweiterungen, wie
Vergabe von Zusatzaufträgen oder Änderungsaufträgen, Aufträgen an Sonderfachleute, Vereinbarung der VOB/B,
– Vorbehaltserklärung einer verwirkten Vertragsstrafe,
– Entgegennahme von Behinderungsanzeigen.
Nimmt der Architekt aber in Anwesenheit des
Auftraggebers rechtsgeschäftliche Handlungen
für den Auftraggeber vor und schreitet der Auftraggeber nicht ein, genehmigt er nicht nur die
Handlungen des Architekten, sondern erweckt
dadurch auch den Eindruck, dass der Architekt
bevollmächtigt sei. Es greifen in diesem Fall wieder die oben erläuterten Grundsätze zur Setzung
eines Rechtsscheins.
Der Prüfvermerk auf einer Schlussrechnung stellt
in der Regel keine Genehmigung oder Bestätigung gegenüber dem Auftragnehmer dar, sondern nur eine Wissenserklärung des Architekten
gegenüber dem Aufraggeber.
Dem Auftraggeber steht es natürlich frei, den
Architekten oder Dritte zur Vornahme rechtsgeschäftlicher Handlungen zu bevollmächtigen.
Hierbei ist folgendes zu beachten:
Regelmäßig wird sich aus den Umständen ergeben, dass der Architekt nicht im eigenen Namen,
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sondern für den Auftraggeber handeln wird. Bei
rechtsgeschäftlichen Handlungen muss der Architekt darauf achten, dass der Wille, für den
Auftraggeber tätig zu werden, deutlich zum Ausdruck kommt. Nicht immer kann der Auftragnehmer davon ausgehen, dass der Architekt im
Namen des Auftraggebers handeln will. Aus der
Angabe der Berufsbezeichnung eines Architekten ohne Vertretungszusatz kann z.B. nicht geschlussfolgert werden, dass der Architekt für
einen Dritten tätig werden wollte. Der Architekt
kommt auch selbst als Vertragspartner in Betracht, z.B. wenn der Architekt Leistungen beauftragt, die aus seinem Leistungsbereich entstammen (Statik, Beseitigung von Mängeln, die auf
Planungs- und/oder Bauaufsichtsfehler zurückzuführen sind).
4. Vertretungsmacht in der Vertragsgestaltung
und bei der Vertragsdurchführung
Um Ungewissheit über die Bevollmächtigung zu
vermeiden, bietet es sich an, die Bevollmächti-
gung oder den Ausschluss der Bevollmächtigung
vertraglich explizit zu regeln. Allerdings ist trotz
solcher Regelungen hinsichtlich der oben beschriebenen Setzung von Rechtsscheinen Vorsicht geboten. Die Grundsätze der Anschein- und
Duldungsvollmacht sind natürlich auch dann
anwendbar, wenn der handelnden Person im
Vertrag ausdrücklich keine Vollmacht verliehen
worden ist.
Sollte der Architekt oder ein Dritter rechtsgeschäftliche Handlungen vorgenommen haben
ohne dafür bevollmächtigt gewesen zu sein,
empfiehlt es sich zudem, mit der Genehmigung
ausdrücklichen klarzustellen, dass der Architekt
nicht berechtigt war und ist, rechtsgeschäftliche
Handlungen vorzunehmen und solche Handlungen stets der Zustimmung bedürfen, insbesondere, dass mit der Genehmigung der Handlung
keine Billigung des Handelns des Architekten
einhergeht.
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Ausblick
Heft 05/2015 der Zeitschrift „HochbauRecht“
wird die Blöcke
- Blick in die Praxis,
- Aktuelle Rechtsprechung,
- Nachrichten
enthalten.
Impressum
Herausgeber:
Rechtsanwalt Dr. jur. Thomas Ax, Maîtrise en
Droit International Public (Paris X-Nanterre).
Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ohne
schriftliche Genehmigung des Herausgebers
in irgendeiner Form reproduziert werden.
Redaktionsteam:
Rechtsanwalt Dr. jur. Thomas Ax, Maîtrise en
Droit International Public (Paris X-Nanterre).
ISSN 1862-944X
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Alle in dieser Zeitschrift veröffentlichten Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Kein
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