HochbauRecht Herausgeber: RA Dr. jur. Thomas Ax Redaktion: RA Dr. jur. Thomas Ax Karola Kermbach Darina Lötschert Heft 01-04/2015 Möchten Sie gerne die HochbauRecht auch weiterhin pünktlich zum jeweils 1. des Monats erhalten? Bestellung dann gerne an: anmeldung@axrechtsanwaelte.de, als kostenloses Probeabonnement (3 Ausgaben) und danach für € 6,- inkl. MwSt. je Ausgabe, jederzeit kündbar. 1 HochbauRecht herausgegeben von Dr. jur. Thomas Ax, Maîtrise en Droit International Public (Paris X-Nanterre) Inscrit au barreau de Paris. 01-04/2015 Inhalt Von der Schriftleitung 2 Zu Beginn 3 Beiträge 5 Planungsbedingte Mängel und Umfang des Schadensersatzes Auftragskalkulation für Nachtrag unablässig Schriftliche Mangelanzeige nicht per E-Mail Bei Mängeln: selbstständiges Beweisverfahren als Mittel der Wahl von Thomas Ax Rückforderung von Überzahlungen als vertraglicher Anspruch Nachgefragt bei … Thomas Ax: Was ist eine Arbeitsgemeinschaft (ARGE)? Zahlung der Schlussrechnung des Architekten als Abnahme zu werten Selbstständiges Beweisverfahren zur Begutachtung von Bauschäden von Thomas Ax Aktuelle Vergabe bei Baukonzession führt zu Mehrvergütungsansprüchen Einsichtnahmerecht in das Grundbuch zur Klärung von Sicherungsmöglichkeiten – Bauhandwerkerhypothek – Nachträge erfolgreich durchsetzen von Thomas Ax Anforderung an prüffähige Planung Handeln auf eigenes Risiko bei voreiligem Baubeginn von Thomas Ax Aktuelles aus der Rechtsprechung Arbeitseinstellung zur Durchsetzung von Nachträgen im Hochbau möglich – aber umsichtig zu praktizieren von Thomas Ax Bau- und Vergaberecht kurz belichtet 22 Aus dem Recht der Sicherheitsleistungen Aus dem Gewährleistungsrecht 19 Aus dem Architektenrecht Tarif- und Mindestlohnerklärung kein Eignungsnachweis Aus dem Bürgschaftsrecht Produktbezogene Beschränkung einer Ausschreibung ist ein rügebedürftiger Vergabeverstoß Veranstaltungshinweise Im Vergabeverfahren kein Ausschluss wegen unzulänglicher Unterlagen Korrekturen in der Ausschreibung nach Submission zulässig 24 Intensivschulung: Neues Hessisches Vergabe- und Tariftreuegesetz tritt am 01.03.2015 in Kraft Intensivschulung: Alles über das Vergaberecht 2015/2016 – Bestandsaufnahme, Entwicklungen und alle Neuerungen Die Bestandteile eines Angebots müssen ordnungsgemäß gekennzeichnet/verbunden sein Intensivschulung: Landesvergaberecht Sachsen-Anhalt in der Praxis und aktuelle Rechtsprechung Aufhebung der Vergabe bei Kostenüberschreitung nur bei belastbarer Kostenschätzung Intensivschulung: Berliner Ausschreibungs- und Vergabegesetz (BerlAVG) sowie Brandenburgisches Vergabegesetz (BbgVergG) in der Praxis Angaben zur Ausführung stellen keine Anordnung dar Leistungsbeginn ohne vereinbarte Termine Bürgschaft über 8 % in AGB unwirksam Lehrgang für die Praxis 40 Privates Baurecht – Lehrgang für die Praxis in 6 Teilen Ausblick/ Impressum / Bestellformular 51 1 Von der Schriftleitung Sehr geehrte Leserinnen, sehr geehrte Leser, das Baurecht gehört zu den spannendsten anwaltlichen Betätigungsfeldern. In keinem anderen rechtlichen Bereich werden juristische Erwägungen derart stark durch tatsächliche und technische Grundlagen sowie praktische Erfahrungen mit der Bauwirklichkeit geprägt. Dies fordert vom anwaltlichen Berater eine besondere und spezialisierte Herangehensweise. Als Ax Rechtsanwälte kennen wir sowohl die technischen Besonderheiten als auch die rechtlichen Problemstellungen, welche sich im Zuge einer Baumaßnahme ergeben können. Wir stehen Ihnen als Ax Rechtsanwälte in jedem Zeitpunkt der Bauphase kompetent zur Seite. Wir begleiten Sie bei Ihren juristischen Entscheidungen und stellen Ihnen gerne auf die Situation passend und interessengerecht gefertigte Schriftsätze zur Verfügung. Bei Verhandlungen beraten und vertreten wir Sie versiert und interessengerecht und setzen durch was denn eben geht. Natürlich sichern wir auch nach der Bauphase die zeitnahe Durchsetzung Ihrer Ansprüche. Wir lassen uns von dem Gedanken leiten, dass juristische Konfrontationen wenn denn eben möglich zu vermeiden sind. Kooperatives Verhalten beider Seiten ist nicht nur geboten, sondern führt nach unserer Erfahrung zu weit besseren Ergebnissen. Gleichwohl scheuen wir auch die harte Auseinandersetzung nicht. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass der Weg vor die Gerichte langwierig, steinig und leider auch teuer ist. Der streitige Weg ist immer nur der zweitbeste Weg. Dementsprechend sind wir stets auf die Erreichung einer einvernehmlichen und außergerichtlichen Lösung bedacht. Sollte trotz allem Bemühen die Anrufung eines Gerichtes unumgänglich oder angezeigt sein, vertreten wir Sie selbstverständlich auch insoweit partnerschaftlich und kompetent, in der Sache hart und konsequent, damit Sie Ihre berechtigten Ansprüche auch durchgesetzt bekommen. Rechtlich fundiertes Vorgehen steht bei uns nicht im Widerspruch zu schnellem und den Erforderlichkeiten einer modernen Baustelle angepasstem Handeln. Die Kenntnis der aktuellen Entscheidungen zum Vergabe- und Baurecht ist dabei unumgänglich. Wir haben gerne in dieser Ausgabe der Zeitschrift aktuelle Entscheidungen zusammengestellt. Viel Spaß beim Lesen dieser Ausgabe wünscht Ihnen Ihre HochbauRecht Redaktion. 2 Zu Beginn Hochbaurecht – worum geht es eigentlich? Unter dem Oberbegriff Hochbaurecht versteht man alle Rechtsbereiche, die die Errichtung, Änderung und Beseitigung von Gebäuden betreffen, wobei man zwischen dem privaten Hochbaurecht dem Öffentlichen Baurecht unterscheidet. Das öffentliche Baurecht bestimmt die Zulässigkeit von Bauvorhaben im Interesse der Nachbarn und der Allgemeinheit – das private Hochbaurecht reguliert die Rechtsbeziehungen der am Bau beteiligten Personen, also Bauherr, Bauunternehmer, Architekt etc. Ausgangspunkt für das private Hochbaurecht ist der Bauvertrag. Er ist ein schuldrechtlicher Werkvertrag zwischen Bauherr (Auftraggeber) und Bauunternehmer (Auftragnehmer). Für das Zustandekommen des Bauvertrags geltend die allgemeinen Regeln des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Wie jeder Vertrag wird er mit zwei übereinstimmenden Willenserklärungen geschlossen, durch Angebot und Annahme. Der Bauunternehmer (Auftragnehmer) verpflichtet sich zur Erbringung einer Bauleistung (Errichtung eines Gebäudes, Abtragung eines Walls etc.) und erhält als Gegenleistung vom Bauherrn eine Vergütung. Auch für Bauverträge gilt die Vertragsautonomie, die allerdings bei Bauvorhaben der öffentlichen Hand durch die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) eingeschränkt ist: Der erste Teil der VOB (kurz: VOB/A) schreibt hierfür ein festes Vergabeverfahren vor. Im zweiten Teil der VOB (VOB/B) sind außerdem für alle öffentlichen Bauprojekte Sondervorschriften zu beachten, die zur Ergänzung der Vorschriften des BGB dienen beispielsweise Formvorschriften, Besonderheiten in Hinblick auf Mängelansprüche, bei Leistungsverzögerungen und ein besonderes Widerrufsrecht des Bauherren bezüglich des Bauentwurfs u.v.m. Die VOB ist zwingend bei allen öffentlichen Bauvorhaben einzuhalten und auch in vielen privaten Bauverträgen ist die Geltung der VOB/B aus- drücklich vereinbart. Ist dies der Fall, gilt automatisch auch für private Bauvorhaben die VOB/C (dritter Teil der VOB). Diese ist zum Beispiel maßgeblich für die Beurteilung, ob Baumängel vorliegen. Unabhängig von der Geltung der VOB ist für jedes Bauvorhaben die Leistungsbeschreibung von entscheidender Bedeutung. Grundsätzlich kann jede Arbeit für Herstellung, Änderung und Beseitigung einer baulichen Anlage als Bauleistung in der Leistungsbeschreibung aufgeführt werden und somit Vertragsinhalt sein. Art und Umfang ergeben sich aus dem jeweiligen Bauvertrag. Neben der Pflicht zur Zahlung des Werklohns muss der Bauherr als Hauptpflicht die Bauabnahme vornehmen. Die Bauabnahme ist die Erklärung, mit der der Bauherr als Auftraggeber die erbrachte Bauleistung seines Vertragspartners als vertragsgemäß anerkennt. Die Abnahme kann auf unterschiedliche Art erfolgen, zum Beispiel mit Begehung der baulichen Anlage, durch Schweigen und Fristablauf oder eine Fertigstellungsbescheinigung, die ein Gutachter ausstellt. Liegen allerdings wesentliche Baumängel vor, so ist er zur Verweigerung (auch teilweise möglich) der Abnahme berechtigt und kann vom Auftragnehmer Nachbesserung verlangen. Die Gewährleistungsrechte richten sich nach dem allgemeinen Werkvertragsrecht des BGB und werden durch einige Spezialvorschriften für Bauwerke ergänzt. Mit der Abnahme endet die Vorleistungspflicht des Auftragnehmers, seine Vergütung wird fällig und die Verjährungsfrist für Baumängelansprüche beginnt zu laufen. Darüber hinaus obliegen den Vertragsparteien auch Nebenpflichten, wie beispielsweise die Mitwirkungspflicht des Bauherrn (Auftraggebers), das Baugrundstück in einem baufreien Zustand bereitzustellen oder die Baugenehmigung und andere erforderlichen behördlichen Genehmigungen zu beschaffen. Der Auftrag3 nehmer muss die Anordnungen des Bauherrn befolgen, die Bauleistung selbstverantwortlich durchführen, die Frist einhalten etc. Ein Unterfall des privaten Baurechts ist das sogenannte Architektenrecht. Hier sind die Rechte und Pflichten des Architekten für seine Auftragstätigkeiten geregelt und in unterschiedlichen Rechtsgrundlagen verankert. Der Architekt erbringt vor allem Planungsleistungen, kann aber auch mit der Baubetreuung und -überwachung (Bauleitung) beauftragt werden. Bei einem Architektenvertrag, auf den die generellen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches anwendbar sind, ist auch die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (kurz: HOAI) zu beachten. Sie schreibt zum Beispiel für bestimmte Honorarvereinbarungen die Schriftform zwingend vor oder bestimmt Höchst- und Mindestsätze für die jeweilige Architektenleistung. Hinweis zum Architektenhonorar: Wird im Architektenvertrag der gesetzliche Honorarsatz nicht beachtet, so bleibt der Vertrag zwar wirksam. Doch anstatt des unwirksam vereinbarten Honorars richtet sich das Honorar nach den zwingenden Sätzen der HOAI. Aufgrund seiner dem Bauherrn überlegenen Stellung und Fachkenntnis, treffen den Architekten bereits vor Vertragsschluss Aufklärungspflichten. Er muss den Bauherrn über die jeweils möglichen Risiken und Grenzen des Bauprojektes informieren. So bringt die Tätigkeit eines Architekten berufsspezifische Risiken und Sicherheitsanforderungen mit sich, so dass für Architekten, ähnlich wie für Steuerberater, Rechtsanwälte, Ärzte und andere Berufsgruppen mit hoher Verantwortung, ein spezielles Berufsrecht (Architektenberufsrecht) gilt. Dessen Einhaltung überwacht die Architektenkammer. Insbesondere bei Baumängeln spielt die Haftung des Architekten eine Rolle (Planungsfehler etc.), die unter dem Begriff der Architektenhaftpflicht zusammengefasst wird und auch den Bereich des Versicherungsrechtes betrifft. Darüber hinaus gibt es eine Vielzahl von landesrechtlichen Bau-Vorschriften (z.B. BayBO, SächsBO, BauO NRW u.a.) der einzelnen Bundesländer, die von Architekten ebenfalls beachtet werden müssen. Weil ein Architekt hauptsächlich planerisch tätig ist und dabei eigene geistige Werke schafft, fallen seine Planungsleistung grundsätzlich unter das Urheberrecht. Das Urheberrecht an seinen Entwürfen und Werken schützt ihn vor nicht genehmigter Nachahmung und Ideenklau, insbesondere durch Konkurrenten. Mitunter sind aber auch die späteren Eigentümer eines Gebäudes betroffen: So konnte ein Architekt seinen Auftraggebern auch nach Jahren untersagen, bauliche Veränderungen an dem von ihm entworfenen Gebäude vorzunehmen, die sein Erscheinungsbild ändern würden. Bekanntes Beispiel ist der neue Berliner Hauptbahnhof: Das Architekturbüro untersagte aufgrund seines Urheberrechts der Deutschen Bahn die Einbringung von Flachdecken, weil sie tiefgreifend das Erscheinungsbild des Bahnhofes beeinträchtigen würden (LG Berlin, Urteil v. 28.11.2006, Az.: 16 O 240/05) Für zivilrechtliche Bauprozesse (Mängelhaftung, Klage auf Nachbesserung, Schadenersatz etc.) sind die allgemeinen Zivilgerichte zuständig. In erster Instanz das Amtsgericht (AG), ab 5.000 Euro Streitwert das Landgericht (LG), in zweiter Instanz die Oberlandesgerichte (OLG) und der Bundesgerichtshof (BGH). Wird im Rechtsstreit die Verletzung von Grundrechten geltend gemacht, ist für die verfassungsrechtliche Frage das letztlich das Bundesverfassungsgericht (BverfG) zuständig. Sie haben ein rechtliches Problem und suchen einen Anwalt in Ihrer Nähe, der Sie bei allen Fragen zum Baurecht & Architektenrecht umfassend berät? Bei Ax Rechtsanwälte finden Sie die passende Betreuung für Ihr Rechtsproblem. 4 Beiträge Bei Mängeln: selbstständiges Beweisverfahren als Mittel der Wahl von Thomas Ax Bauen ist komplex, Mängel sind in der Praxis häufig nicht zu vermeiden. Deshalb entdecken Auftraggeber oft noch Jahre nach der Übernahme der Immobilie Baumängel am Objekt. Solange die Gewährleistungsfrist läuft, muss der für das fehlerhafte Bauteil zuständige Unternehmer den Schaden auf eigene Kosten beheben. Was aber, wenn die Zeit knapp wird und die Verjährung droht? Dann ist Eile geboten, so Ax Rechtsanwälte Bauvertragsrecht. Eine Möglichkeit, die Verjährung zu unterbrechen, ist das sogenannte selbstständige Beweisverfahren. Es dient der vorsorglichen Sicherung von Beweisen für einen eventuellen Prozess. Dabei werden bautechnische Fehler festgestellt und die Kosten für deren Beseitigung ermittelt. Dazu stellt der Auftraggeber mithilfe von Ax Rechtsanwälte Bauvertragsrecht einen Antrag auf Beweiserhebung. Das Gericht bestellt einen Sachverständigen, der beim Ortstermin das Problem untersucht. Die Kosten für den Sachverständigen streckt der Antragsteller vor. Im selbstständigen Beweisverfahren klärt der Sachverständige lediglich technische und finanzielle Aspekte, eine richterliche Beurteilung erfolgt nicht. Rechtsfragen werden erst geklärt, wenn der Auftraggeber sich entschließt, mit dem Gutachtenergebnis ein Klageverfahren vor Gericht einzuleiten. Denkbar ist aber auch eine gütliche Einigung auf der Basis der Erkenntnisse des Sachverständigen. Ein selbstständiges Beweisverfahren dauert nach Erfahrung der Ax Rechtsanwälte Bauvertragsrecht oft mindestens ein Jahr, in einigen Fällen erheblich länger, denn alle Parteien dürfen Fragen stellen und Einwendungen zum Gutachten erheben. Schneller lassen sich technische Fragen mit einem Privatgutachten klären: Der Auftraggeber lässt von einem Gutachter seiner Wahl alle seine Fragen klären und erhebt dann mit diesen Erkenntnissen vor Gericht Klage. Beide Verfahren haben in der Praxis Vor- und Nachteile, die im Einzelfall abgewogen werden müssen. Ax Rechtsanwälte Bauvertragsrecht unterstützt ihre Mandanten bei der Klärung der wichtigsten Fragen: Welches Verfahren ist für ihn geeignet? Und welche rechtlichen Schritte muss er dazu veranlassen? Handeln sollten auch Planer und Baufirmen, wenn sie ein selbstständiges Beweisverfahren auf sich zukommen sehen, rät Ax Rechtsanwälte Bauvertragsrecht. Da Planung und Ausführungen miteinander verbunden sind, haften Baufirmen und Planer als Gesamtschuldner. Bei Baumängeln müssen sie klären, wer dafür haftet – der Planer, die Baufirma, ein Handwerker, ein Subunternehmer? In jedem Fall müssen die am Bau Beteiligten ihre Interessen wahren, beispielsweise, wenn der Auftraggeber ein selbstständiges Beweisverfahren beantragt, um etwaige Baumängel feststellen zu lassen. In diesem Fall, so empfiehlt die Ax Rechtsanwälte Bauvertragsrecht, sollten Baufirmen umgehend den Streit verkünden, denn das selbstständige Beweisverfahren liefert bereits die Beweise für ein eventuelles, späteres Gerichtsverfahren. Außerdem läuft häufig schon die Verjährung des Gesamtschuldnerausgleichsanspruchs und sollte gehemmt werden. Da die am Bau Beteiligten zu diesem Zeitpunkt noch nicht wissen, wen der Bauherr zum Schluss belangt, müssen sie sich gegenüber den anderen Gesamtschuldnern absichern. Ax Rechtsanwälte Bauvertragsrecht empfiehlt deshalb Bauunternehmen und Handwerksbetrieben, die ein selbstständiges Beweisverfahren auf sich zukommen sehen, sich umgehend beraten zu lassen. Ganz gleich, ob wir Sie als Ihre ausgelagerte Rechtsabteilung unterstützen oder projektweise begleiten: Wir sind Ihre Full-Service-Kanzlei für alle Antworten des Bauvertragsrechts und Architektenvertragsrechts im nationalen und internationalen Umfeld. Sie entscheiden. Wir unternehmen etwas. Für Sie. Für den Mittelstand. 1. Grundsätzliches zum Verfahren Das Selbständige Beweisverfahren dient der gerichtsverwertbaren oder vergleichsfördernden Sicherung von Beweisen und kann zu jedem Zeitpunkt der Abwicklung eines Bauvorhabens 5 beantragt werden. Es ist ein einseitiges, vornehmlich vom Antragsteller und dem Gericht bestimmtes Verfahren, in dem der oder die Antragsgegner neben prozessualen Rechten (z.B. Ablehnung des Gutachters oder ausforschender Fragen) auch das Recht zur Stellung ergänzender Fragen an den Gutachter haben. Häufiger Gegenstand eines Selbständigen Beweisverfahrens ist die Feststellung von Mängeln vor oder nach der Abnahme sowie von Leistungsständen z.B. bei Insolvenz oder Kündigung. Insbesondere der drohende Ablauf von Gewährleistungsfristen gibt oftmals Anlass, ein Selbständiges Beweisverfahren zur Mängelfeststellung einzuleiten. Neben der gerichtlichen Klärung eines Zustandes, einer Ursache und eines Aufwandes, soll das Selbständige Beweisverfahren auch zur „Vermeidung eines Rechtsstreits“ dienen. 2. Anwenderbezogener Fahrplan 2.1 Vorüberlegung zur Beweissicherung Bevor eine Beweissicherung durchgeführt werden soll, stellen sich strategische Fragen: Welches Ziel soll erreicht werden? Geht es um die Vorbereitung eines voraussichtlich nicht zu vermeidenden Rechtsstreits? Muss die Verjährung zuverlässig gehemmt werden? Sind Dritte mit bindender Wirkung einzubeziehen? Bedarf es kurzfristiger Entscheidungsgrundlagen? Sind gütliche Regelungen möglich? Welche Vor- und Nachteile hat das Selbständige Beweisverfahren? Welche Alternativen gibt es? Anschließend stellen sich taktische Fragen: Wie kann das Ziel erreicht werden? Welche Maßnahme ist zu wählen, insbesondere wann sollen welche Fragen gestellt werden? Wie kann der Zeitbedarf und die Kostenfolge der Beweissicherung beeinflusst werden? All diese Fragen stellen sich dem Antragsteller wie auch dem Antragsgegner eines Selbständigen Beweisverfahrens und natürlich oftmals in erster Linie dem Berater der Parteien, dem Architekten, beratenden Ingenieur, Projektsteuerer oder Anwalt. 2.2 Auswahl des geeigneten Verfahrens Aus der Sicht des Architekten, beratenden Ingenieurs oder Projektsteuerers ist mit dem Auftraggeber (z.B. Bauherr oder Bauunternehmer) zu allererst das Ziel und die geeignete Maßnahme zu beraten. Die Rechtsprechung erwartet zum Beispiel von dem mit der Objektbetreuung (Leistungsphase 9) beauftragten Architekten, dass er beim Auftreten von Mängeln angemessene Maßnahmen wie die Einleitung eines Selbständigen Beweisverfahrens oder alternative Beweissicherungen anregt und die Hinzuziehung des Anwalts zur Abklärung der rechtlichen Möglichkeiten empfiehlt. Alternativ zum gerichtlichen Selbständigen Beweisverfahren kommen für eine Beweissicherung in Betracht. Auswahl an Alternativen Kurzbewertung A. eine gemeinsame, schriftlich protokollierte und von den Parteien unterzeichnete Feststellung (z.B. Aufmaß oder Mängelprotokoll), → schnell, aber nicht immer möglich B. ein Privatgutachten, → schnell, aber nur Parteivortrag C. ein Schiedsgutachten, → regelmäßig nicht überprüfbar D. ein Schlichtungsverfahren (z.B. die baubegleitende Schlichtung nach der Schlichtungsordnung des Vereins zur Förderung der alternativen Streitbeilegung im Baubereich (ASIB) oder → zügig, sachkundig, überprüfbar gemäß der Schlichtungs- und Schiedsordnung für Baustreitigkeiten der ARGE Baurecht des Deutschen Anwaltvereins (SOBau).). Die zuverlässige Unterbrechung der Verjährung erreicht nur das rechtzeitige, vor Fristablauf zugestellte gerichtliche Selbständige Beweisverfahren, gegebenenfalls mit einer Streitverkündung an Dritte (Ankündigung des Regresses). Schneller und oftmals auch kostengünstiger sind Privatgutachten, die aber nur zur Stärkung des Parteivortrages dienen und als solche nur eine „geringere“ Beweissicherungswirkung und niemals eine verjährungsunterbrechende Wirkung haben. Dennoch sind sie oftmals Grundlage für eine Einigung oder einen erfolgreichen Prozessvortrag. Schiedsgutachten haben den Vorteil, eine endgültige Regelung herbeiführen zu können, sind aber nur in Ausnahmefällen durch ein Gericht überprüfbar. Schlichtungsverfahren gewinnen zunehmend an Bedeutung, da sie – zumindest 6 bei interdisziplinärer Besetzung (Ingenieure und Juristen) – hohe Fach-Entscheidungskompetenz mit der Möglichkeit einer kurzfristigen und von Gerichten auf Antrag einer Partei überprüfbaren Entscheidung verbinden. 2.3. Beweisantrag, Beweisbeschluss und Auswahl des Sachverständigen Das Selbständige Beweisverfahren wird durch einen Antrag, z.B. eine Auflistung der zu begutachtenden Leistungen, Mängel, Ursachen und Kosten der Mängelbeseitigungsmaßnahmen eingeleitet. Das Gericht prüft die Zulässigkeit des Antrages und erlässt nach Anhörung des Antraggegners einen Beweisbeschluss, in dem es auch einen Sachverständigen vorschlägt. Der Gutachter soll nach Möglichkeit öffentlich bestellt und vereidigt (ö.b.u.v.) sein. Zur Auswahl eines Sachverständigen greifen die Gerichte auf die Listen und Vorschläge der zuständigen Handels-, Handwerks-, Ingenieur- und Architektenkammern zurück oder wählen aufgrund ihrer Erfahrungen in vorangegangenen Verfahren einen Sachverständigen aus. Die Parteien können Gründe zur Ablehnung des Sachverständigen geltend machen. Es ist möglich, dass sich die Parteien auf einen Sachverständigen einigen, den das Gericht dann auch ernennen wird. Der vom Gericht benannte Sachverständige (Gerichtsgutachter) muss zunächst prüfen und mitteilen, ob er für die Beantwortung der Beweisfragen die notwendige Sachkunde besitzt. Fehlt diese ganz oder teilweise, bestimmt allein das Gericht, ob der Gerichtsgutachter selbst einen Dritten hinzuziehen darf oder ob ein anderer bzw. zusätzlicher Gerichtsgutachter beauftragt wird. Der Gerichtsgutachter ist nicht befugt, den Auftrag auf einen anderen zu übertragen. 2.4. Die Bestellung, Beweiserhebung und der Ortstermin Mit der Bestellung durch das Gericht ist der Gerichtsgutachter gesetzlich zur Erstattung eines gerichtlichen Gutachtens verpflichtet. Wird die Begutachtung erheblich verzögert, kann das Gericht ein Ordnungsgeld gegen den Gerichtsgutachter festsetzen. Der Gerichtsgutachter darf – im Gegensatz zum Privatgutachter – für die Erstellung seines Gutachtens nur verwerten, was er selbst feststellt und dokumentiert oder die Parteien während des gerichtlichen Beweisverfahrens vortragen (Inhalt der Gerichtsakte) oder dem Gerichtsgutachter im Rahmen eines Ortstermins zu Protokoll erklären. Zusätzliche Unterlagen, die der Gerichtsgutachter zur Beantwortung der Beweisfragen für notwendig erachtet, soll er über das Gericht oder sinnvollerweise direkt anfordern. Immer jedoch muss der Gerichtsgutachter darauf achten, dass seine Fragen und die ihm erteilten Informationen im Verfahren „öffentlich“ gemacht werden, also in Protokollen mit Herkunftsnachweis in Kopien an alle Verfahrensbeteiligten gelangen. Anderenfalls setzt sich der Gerichtsgutachter dem Vorwurf der mangelnden Neutralität oder gar Befangenheit aus. Ist die Durchführung eines Ortstermins sinnvoll, muss der Sachverständige die Parteien rechtzeitig laden (soweit keine Eilbedürftigkeit vorliegt, in der Regel 10 Tage vorher). Sind nach Auffassung des Gerichtsgutachters für die Begutachtung Maßnahmen erforderlich, die in die Substanz des Gebäudes eingreifen (Bauteilöffnungen), sollte der Gerichtsgutachter eine gerichtliche Weisung für den Eingriff einholen. Die umfassende und sorgfältige Protokollierung der Ortstermine ist notwendig. Dies beginnt mit der Notierung der anwesenden Personen. Besonders exakt sollte die Befundaufnahme dokumentiert werden. In Beweisverfahren, die baubegleitend erfolgen, ist die gerichtsfeste Verwertbarkeit der gutachterlichen Feststellungen von der detailgetreuen, von den Beteiligten nachvollziehbaren Dokumentation der Vorort vorgefundenen Situation abhängig, weil der begutachtete Bauzustand sich nach dem Ortstermin verändert und nicht mehr – oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand – ein weiteres Mal zu überprüfen ist. Beschreibungen wie zum Beispiel „mehrere ca. 1,5 bis 2 m lange Risse“ sind viel zu unpräzise, um darauf verlässliche Ausführungen zu Ursachen und Kosten zu stützen und nachzuvollziehen. Aus Gutachten, in denen zum Beispiel detaillierte Rissbilder mit Angaben zum Rissverlauf, zu Länge, Breite und Tiefe der Risse, zu den Rissflanken und dem Verschmutzungsgrad enthalten sind, sowie aus dokumentiert entnommenen Proben und Laboruntersuchungen, die das Alter bestimmen und aus dokumentiert gesetzten Gipsmarken, 7 die die Bewegungen der Risse erfassen, lassen sich verwertbare, weil nachvollziehbare Ergebnisse gewinnen. 2.5 Die Gutachtenerstellung Nach Feststellung und Prüfung der Fragestellung des gerichtlichen Beweisbeschlusses und ggf. nach Durchführung des Ortstermins, erstellt der Gerichtsgutachter sein schriftliches Gutachten. Die Ergebnisse des Gutachtens müssen nach wissenschaftlichen Kriterien nachvollziehbar begründet sein, Annahmen oder Rückschlüsse von Folgen auf Ursachen sind kenntlich zu machen, alle zur Begutachtung verwendeten Unterlagen (Fotos, Pläne, Protokolle, Schriftwechsel) dem schriftlichen Gutachten beizufügen. Angewendete Methoden (z.B. zur Feuchtemessung in Bauteilen) sind zu erläutern und die das gutachterliche Urteil tragenden technischen Regelwerke aufzuführen und gegebenenfalls zu erklären, weshalb sie nicht oder nur eingeschränkt Anwendung finden können. Das Gutachten erhält das Gericht und leitet es an die Parteien, regelmäßig mit einer Fristsetzung zur Stellungnahme, weiter. 2.6 Beendigung des Selbständigen Beweisverfahrens Nach Zugang des Gutachtens können die Parteien innerhalb der gerichtlichen Frist Ergänzungsfragen an den Gerichtsgutachter richten und auch dessen mündliche Befragung beantragen. Diese Phase hat für die Parteien oftmals sehr weit reichende Bedeutung: Da das Selbständige Beweisverfahren grundsätzlich die Beweisaufnahme in einem Hauptverfahren ersetzen soll und kann, bedarf es einer besonders sorgfältigen Prüfung der im späteren Hauptverfahren zur Durchsetzung der jeweiligen Rechtsposition beweiserheblichen Tatsachen. Diese gilt es deshalb noch im Selbständigen Beweisverfahren zu sichern, das heißt, festzustellen und ihre Ursachen und Kosten bewerten zu lassen. Enthält das Gutachten aus der Sicht der betroffenen Partei unschlüssige, missverständliche oder unzutreffende Aussagen, müssen unmittelbar nach Vorlage des Gutachtens fristgemäß entsprechend konkrete Fragen an den Gerichtsgutachter gestellt werden, von deren Beantwortung sich die Partei eine Unterstützung ihrer Position erwartet. Dies zu beur- teilen erfordert in der Regel die Hinzuziehung eines Ingenieurs und eines Anwaltes, um sämtliche später eventuell rechtlich notwendigen Fragen auch fachlich zutreffend zu formulieren. Werden in einem späteren Hauptverfahren Ansprüche aus Mängeln hergeleitet, die Gegenstand des Selbständigen Beweisverfahrens waren, verwertet das Gericht das Ergebnis des Selbständigen Beweisverfahrens von Amts wegen. Hat eine Partei das Ergebnis einer Mängelfeststellung im Selbständigen Beweisverfahren widerspruchslos bzw. ohne ergänzende Fragen an den Gerichtsgutachter hingenommen, trifft sie im Hauptprozess die volle Beweislast dafür, dass das im Selbständigen Beweisverfahren erzielte Ergebnis unzutreffend ist. Der „Gegenbeweis“ kann nur mit einem „neuen Gerichtsgutachten“ geführt werden und dazu bedarf es regelmäßig eines GegenPrivatgutachtens, das das Gericht von der Notwendigkeit eines „neuen Gerichtsgutachtens“ überzeugt. Selbständige Beweisverfahren sind deshalb stets von allen Parteien in rechtlicher und fachlicher Hinsicht mit größter vorausschauender Sorgfalt zu führen. Werden keine Ergänzungsfragen gestellt, endet das Selbständige Beweisverfahren mit Zugang des Gutachtens bzw. des Protokolls von der mündlichen Anhörung des Gerichtsgutachters oder mit der Festsetzung des Streitwertes durch das Gericht. Führt das Selbständige Beweisverfahren nicht zu einer gütlichen Lösung, kann der Antragsgegner, wenn das Gutachten zu seinen Gunsten ausgegangen ist und Klage deshalb nicht erhoben wird, bei Gericht beantragen, dass der Antragsteller Klage erheben oder die Kosten des Selbständige Beweisverfahrens tragen möge. Während der Durchführung des Selbständigen Beweisverfahrens ist der Ablauf der Verjährung z.B. der Gewährleistungsrechte gehemmt, allerdings nur betreffend derjenigen Mängel, die Gegenstand des Beweisgutachtens gewesen sind. 8 Mit der Beendigung des Selbständigen Beweisverfahrens endet in der Regel 6 Monate später auch die Wirkung der Verjährungshemmung. 2.7 Die Einbeziehung Dritter und Verjährungshemmung In Bausachen besteht nahezu regelmäßig die Notwendigkeit, weitere am Bauvorhaben Beteiligte in die Beweissicherung einzubeziehen. Wird beispielsweise das Selbständige Beweisverfahren vom Bauherrn wegen Rissen gegen den Rohbauer geführt, stellt sich die Frage, ob nicht auch der Erdbauer, der Tragwerksplaner oder der Grundbauingenieur als eventuell letztlich Verantwortliche, Mitverursacher oder Gesamtschuldner in das Verfahren einbezogen werden sollten, um diesen das Ergebnis des Verfahrens entgegenhalten zu können und auch ihnen gegenüber den Ablauf der Verjährungsfristen zu hemmen. Dies kann mit einem Schriftsatz an das Gericht erfolgen, der einen möglichen Regressanspruch ankündigt und kurz begründet (Streitverkündungsschrift). Der Streit-verkündete muss sich dann am Ergebnis des Gerichtsgutachtens festhalten lassen, hat aber auch die Möglichkeit, durch einen Beitritt zum Verfahren selber Fragen an den Gerichtsgutachter zu stellen und dadurch auf das Ergebnis des Verfahrens Einfluss zu nehmen. Der Streitverkündete kann auch seinerseits Streitverkündungen ausbringen, zum Beispiel gegenüber seinen Subunternehmern. 2.8 Vergütung des Sachverständigen Die Vergütung des im Selbständigen Beweisverfahren eingeschalteten Gerichtsgutachters richtet sich nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG). Im bautechnischen Bereich bewegen sich die Vergütungssätze meist zwischen 70 € und 75 € pro Stunde. Allerdings ist es in einzelnen Fällen für den Sachverständigen möglich, einen höheren Stundensatz zu fordern. Voraussetzung dafür ist die vorherige Zustimmung der Parteien. Bei Zustimmung nur einer Partei kann das Gericht sich über die Ablehnung der anderen Partei hinwegsetzen. Erkennt der Sachverständige während der Begutachtung, dass die Kosten (z.B. für Bauteilöff- nungen oder weiterführende Laboruntersuchungen) höher als erwartet ausfallen, trifft ihn hierfür eine Hinweispflicht gegenüber dem Gericht als seinem Auftraggeber. Das Gericht prüft die Vergütung. Stellt sich heraus, dass der Gerichtsgutachter die notwendige Sachkunde nicht besaß, kann sein Vergütungsanspruch entfallen. Deshalb sieht das Gesetz vor, dass der Gerichtsgutachter „unverzüglich“ prüft, ob der Auftrag in sein Fachgebiet fällt. 2.9 Haftung des Sachverständigen Seit der am 01.08.2002 eingeführten Regelung des § 839a BGB haftet der Gerichtsgutachter als Verfasser des Gutachtens für grob fahrlässige oder vorsätzlich fehlerhaft erstellte Gutachten, soweit ein Gerichtsurteil darauf beruht. Verursacht der Gerichtsgutachter anlässlich seiner Begutachtung Schäden, die nicht durch seinen Gutachterauftrag abgedeckt sind, wie z.B. Bauteilöffnungen, trifft ihn die gesetzliche Haftpflicht. Schäden, die ein vom Sachverständigen beauftragter Unternehmer verursacht, muss der Sachverständige im Wege des Schadensersatzes für den Geschädigten geltend machen oder dem Geschädigten seine Ansprüche gegenüber dem schadenverursachenden Unternehmer abtreten. 3. Schlussbemerkung Das Selbständige Beweisverfahren ist ein ernstzunehmendes gerichtliches Verfahren zur meist bindenden Klärung beweiserheblicher Anspruchsvoraussetzungen in einem gerichtlichen Hauptverfahren. Es ist ein oftmals aufgrund seines formellen Charakters (allseitige Informationspflichten, Fragerechte der Parteien usw.) langwieriges aber sicheres, gerichtsfestes Verfahren mit definierter Verjährungshemmung und Bindung für Streitverkündete. Schnelle gutachterliche Klärungen und Entscheidungen lassen sich besser durch die aufgezeigten Alternativen erreichen. Verjährungshemmende Wirkungen und Bindungen Dritter wären dann allerdings vertraglich zu regeln. Die Empfehlung des einen oder anderen Verfahrens kann nur einzelfallbezogen erfolgen und bedarf immer umfassender und vorausschauender technisch-fachlicher und rechtlicher Kompetenzen, um eine effiziente Lösung zu erreichen. 9 Nachgefragt bei … Thomas Ax Was ist eine Arbeitsgemeinschaft (ARGE)? In einer Arbeitsgemeinschaft (ARGE) erklären die beteiligten Gesellschafter grundsätzlich das Ziel der gemeinsamen Zweckerreichung, die damit verbundene gegenseitige Unterstützung und die Haftungsregelung für das Innenverhältnis dahingehend, dass sich die Haftung nach § 276 BGB unter Ausschluss der leichten Fahrlässigkeit regelt. Das Beteiligungsverhältnis hat keine Bedeutung im Außenverhältnis (als Beziehung zu den Außenstehenden wie Auftraggeber, Gläubiger, Banken u.a.). Hier ist die gesamtschuldnerische Verpflichtung und Haftung der Gesellschafter maßgebend. Wer haftet wofür? Jeder ARGE-Gesellschafter haftet als Gesamtschuldner auf das Ganze, d.h. persönlich in vollem Umfang und mit dem gesamten Vermögen. Anders verhält es sich im Innenverhältnis der ARGE zwischen den beteiligten Gesellschaftern. Bei einer Normal-ARGE haften die Gesellschafter nach ihren Anteilen im Beteiligungsverhältnis. Welche Rechtsbeziehungen bestehen mit wem? Die Normal-ARGE, oft auch als „echte“ ARGE bezeichnet, ist wie jede ARGE eine typische Außengesellschaft. Es bestehen Rechtsbeziehungen zwischen Auftraggeber und ARGE, die im eigenen Namen und für eigene Rechnung den Vertrag mit dem Bauherrn abschließt, den Bauauftrag ausführt und die Abrechnung mit dem Auftraggeber durchführt. Damit dokumentieren die Bauunternehmen gegenüber dem Bauherrn, dass sie die vertraglichen Verpflichtungen gemeinsam erfüllen wollen. Dafür leisten sie Beistellungen an finanziellen Mitteln, Personal, Stoffen und Geräten und führen die Bauleistungen unter einer gemeinsamen Bauleitung aus. Die Führung der Geschäfte steht dabei den Gesellschaftern grundsätzlich gemeinschaftlich zu, sie kann aber auch einzelnen Gesellschaftern übertragen werden, wie dies bei ARGEn üblicherweise der Fall ist. Beispiele zu Normal-ARGE Verknüpfungen einer Normal-ARGE Bei einer Dach-ARGE kann die Haftung im Innenverhältnis ebenfalls nach dem Beteiligungsverhältnis bestimmt werden, wenn keine eindeutige Zurechnung beispielsweise eines Schadens möglich ist. Bei eindeutiger Zuordnung kann der Rückgriff auch in vollem Umfang gegenüber dem verursachenden Gesellschafter erfolgen. Beispiele zu Haftung der ARGE-Gesellschafter Beispiel-Rechnung Haftung der ARGEGesellschafter Dach-ARGE mit den Gesellschaftern und ihren Anteilen: A: 50 % B: 30 % C: 20 % Forderung des Auftraggebers bzw. von Dritten für einen Schaden 100.000 € Zahlung gegenüber Dritten durch die DachARGE 100.000 € Keine eindeutige Zuordnung des Schadens gegenüber A, B, und C Rückgriff für die Zahlung der ARGE gegenüber den Gesellschaftern nach ihren Anteilen: A: 50 % von 100.000 € = 50.000 € B: 30 % von 100.000 € = 30.000 € C: 20 % von 100.000 € = 20.000 € Eindeutige Zuordnung des Schadens gegenüber A als Verursacher Rückgriff für die Zahlung der ARGE gegenüber A: 100.000 € 10 Ist auch die Dach-ARGE eine ARGE? Die Dach-ARGE ist eine Form von Bau-ARGEn. Bei einer ARGE handelt es sich um eine Gelegenheitsgesellschaft nach BGB als GbR. Einen Bauauftrag übernehmen zwei oder mehr Bauunternehmen mit der gegenseitigen Verpflichtung, die vereinbarte Leistung zur Erreichung des gemeinsamen Zwecks quantitativ, qualitäts- und termingerecht zu erbringen. Die Dach-ARGE wird synonym auch als Los-ARGE oder Kopf-ARGE bezeichnet. Sie ist dadurch gekennzeichnet, dass sie die Ausführung des Bauauftrags übernimmt und hierzu die Bauarbeiten auf Einzellose überträgt. Das Los kann entweder aus einem Einzelgesellschafter (gleich Einzellos) oder auch aus einer ARGE bestehen. Die einzelnen Gesellschafter erfüllen bei der Dach-ARGE ihre gesellschaftlichen Pflichten durch ihre selbstständige und eigenverantwortliche Bauleistung für das jeweilige Einzellos. Hierzu wird für das Einzellos ein auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage beruhendes Nachunternehmerverhältnis zwischen DachARGE und Einzellos gebildet. Bei einer DachARGE treten die beteiligten Gesellschafter praktisch wie Nachunternehmer gegenüber der Dach-ARGE auf. Es besteht eine Doppelfunktion der Gesellschafter - einerseits sind die Gesellschafter auf der Ebene der Dach-ARGE Auftraggeber und zum anderen Auftragnehmer für die einzelnen Lose auf bauvertraglicher Rechtsgrundlage. Welche Art von Vertrag ist sinnvoll? Der Dach-ARGE-Vertrag übernimmt weitgehend den Aufbau und Inhalt des normalen ARGEVertrages. Folgende Erfordernisse sind spezifisch für eine Dach-ARGE (mit Bezug auf die Paragraphen des Dach-ARGE-Mustervertrags): Aufteilung der Vertragsarbeiten in Einzellose (§ 2), das endgültige Beteiligungsverhältnis ist nach Abrechnung der Einzellose zu bestimmen, eine Bauleitung als Organ der ARGE (§ 5) ist nicht erforderlich, Regelungen für Personal-, Geräte- und Stoffbereitstellungen (§§ 12 bis 15) entfallen. Zusätzlich sind für das NachunternehmerVerhältnis zwischen Dach-ARGE und Einzellosen Regelungen (§ 25) zu treffen über die Pflicht der technischen Geschäftsführung zur Vorbereitung, zum Abschluss und zur Ausfertigung der Nachunternehmerverträge, inhaltliche Festlegungen zu den Nachunternehmerverträgen, z.B. Bürgschaft Einzellos = Bürgschaft Dach-ARGE, Weitergabe von Arbeiten des Einzelloses an Dritte nur nach Zustimmung der Dach-ARGE, Ausführungsfestlegungen Dach-ARGE = Ausführungsfestlegungen Einzellos, Ausscheiden aus DachARGE = Ausscheiden aus Einzellos Klärungen zur Baustelleneinrichtung bzw. Anteile der gemeinsamen Nutzung u.a. Zusammenarbeit zwischen ARGE und Losen, z.B. übergeordnetes Interesse der Dach-ARGE gegenüber Einzellos, Direktverhandlungen Einzellos - Auftraggeber nur mit Zustimmung der Aufsichtsstelle, Ausschluss des Stimmrechtes bei Aufsichtsstellenbeschlüssen zum Vor- oder Nachteil eines Einzelloses für die am Einzellos beteiligten Gesellschafter, die Rechnungslegungen, z.B. Rechnungen des Einzelloses grundsätzlich an Dach-ARGE, Schlussrechnungen an Dach-ARGE erst nach Eintritt der Schlussrechnungsreife beim Auftraggeber, Verhandlungen über Rechnungskürzungen etc. mit Auftraggeber nur mit Zustimmung des Einzelloses, Auftraggeberzahlungen werden sofort (nach Rückerstattungen von evtl. Barauslagen eines Gesellschafters) an Einzellose weitergegeben, verkürzte Zahlungen des Auftraggebers werden bei Zuordnenbarkeit an das Einzellos weitergegeben, anderenfalls erfolgt Verteilung nach Beteiligungsverhältnis, über Durchsetzung strittiger Forderungen gegenüber Auftraggeber entscheidet Aufsichtsstelle, kein Durchsetzen strittiger Forderungen des Einzelloses gegenüber Dach-ARGE bis zur Übertragung dieser Aufgabe an Einzellose bzw. bis zur Schlussrechnungserklärung, interner Zahlungsausgleich bei Kürzungen des Auftraggebers wegen Saldierung von Rechnungsposten. Beispiele zu Dach-ARGE Dach-ARGE Das folgende Bild veranschaulicht die möglichen Verknüpfungen, wobei ein Los auch von einer Normal-ARGE übernommen werden kann: 11 Welche weiteren rechtlichen Implikation sind zu beachten? Hier sind fundierte Betrachtungen in haftungsrechtlicher und gesellschaftsrechtlich/ vertragsrechtlicher aber auch steuerrechtlicher Hinsicht erforderlich. Mitglieder einer Arge bleiben steuerlich unabhängig, insbesondere wird keine einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung durchgeführt, sofern deren alleiniger Zweck in der Erfüllung eines einzigen Werkvertrages oder Werklieferungsvertrages besteht (§ 180 Abs. 4 AO, § 2a GewStG). Umsatzsteuerlich kann zusätzlich die Arge selbst Unternehmer werden mit den Folgen entsprechender Registrierungs- und Erklärungspflichten. Schließt eine Arbeitsgemeinschaft des Baugewerbes allein die Bauverträge mit dem Auftraggeber ab, entstehen unmittelbare Rechtsbeziehungen nur zwischen dem Auftraggeber und der Arbeitsgemeinschaft, nicht aber zwischen dem Auftraggeber und den einzelnen Mitgliedern der Gemeinschaft. In diesem Fall ist die Arbeitsgemeinschaft Unternehmer (im umsatzsteuerlichen Sinne). Überlassen die Gesellschafter einer Arbeitsgemeinschaft des Baugewerbes dieser für die Ausführung des Bauauftrags Baugeräte (Gerätevorhaltung), kann sich die Überlassung im Rahmen eines Leistungsaustauschs vollziehen. Vereinbaren die Gesellschafter, dass die Baugeräte von den Partnern der Arbeitsgemeinschaft kostenlos zur Verfügung zu stellen sind, ist die Überlassung der Baugeräte keine steuerbare Leistung, wenn der die Geräte beistellende Gesellschafter die Überlassung der Geräte der Arbeitsgemeinschaft nicht berechnet und sich mit dem ihm zustehenden Gewinnanteil begnügt. Wird die Überlassung der Baugeräte seitens des Bauunternehmers an die Arbeitsgemeinschaft vor der Verteilung des Gewinns entsprechend dem Geräteeinsatz ausgeglichen oder wird der Gewinn entsprechend der Gerätevorhaltung aufgeteilt, obwohl sie nach dem Vertrag "kostenlos "zu erbringen ist, handelt es sich im wirtschaftlichen Ergebnis um besonders berechnete sonstige Leistungen, zur unentgeltlichen Gegenstandsüberlassung vgl. Beispiel unten. Das gilt auch dann, wenn die Differenz zwischen vereinbarter und tatsächlicher Geräteüberlassung unmittelbar zwischen den Arbeitsgemeinschaftspartnern abgegolten (Spitzenausgleich) und der Gewinn formell von Ausgleichszahlungen unbeeinflusst verteilt wird. In den Fällen, in denen im Arbeitsgemeinschaftsvertrag ein Spitzenausgleich der Mehr- und Minderleistungen und der darauf entfallenden Entgelte außerhalb der Arbeitsgemeinschaft zwischen den Partnern unmittelbar vereinbart und auch tatsächlich dementsprechend durchgeführt wird, ist ein Leistungsaustausch zwischen den Arbeitsgemeinschaftsmitgliedern und der Arbeitsgemeinschaft nicht feststellbar. Die Leistungen (Gerätevorhaltungen) der Partner an die Arbeitsgemeinschaft sind in diesen Fällen nicht steuerbar. Die Anwendung der vorgenannten Grundsätze ist nicht auf Gerätevorhaltungen im Rahmen von Arbeitsgemeinschaften des Baugewerbes beschränkt, sondern allgemein anwendbar, z.B. auf im Rahmen eines Konsortialvertrags erbrachte Arbeitsanteile. Beispiel: Ein Bauunternehmer ist Mitglied einer Arbeitsgemeinschaft und stellt dieser gegen eine Beteiligung am Gewinn oder Verlust der Gesellschaft Baumaschinen zur Verfügung. Die Überlassung des Gegenstands an die Gesellschaft gegen eine Beteiligung am Gewinn oder Verlust der Gesellschaft ist beim Gesellschafter keine unentgeltliche Wertabgabe, wenn dafür unternehmerische Gründe ausschlaggebend waren. Es handelt sich mangels Sonderentgelt um eine nicht steuerbare sonstige Leistung im Rahmen des Unternehmens. 12 Wird der Gegenstand aus unternehmensfremden Gründen überlassen, liegt beim Gesellschafter unter den Voraussetzungen des § 3 Abs. 9a UStG eine unentgeltliche Wertabgabe vor. Das kann beispielsweise im Einzelfall bei der Über- lassung von Gegenständen an Familiengesellschaften der Fall sein. Unternehmensfremde Gründe liegen nicht allein deshalb vor, weil der Gesellschafter die Anteile an der Gesellschaft nicht in seinem Betriebsvermögen hält. __________________________________________________________________________________ Selbstständiges Beweisverfahren zur Begutachtung von Bauschäden von Thomas Ax In Bausachen geht es nicht selten um die Frage des Vorhandensens, der Ursache und der Beseitigung von Mängeln und Schäden. Größere Mängel und Schäden sind nicht auszuschließen. Dem Bauherrn fehlt in einem solchen Fall meist das Fachwissen beurteilen zu können, ob der Bauunternehmer seine Leistung fachgerecht erbracht hat. Wie geht man vor? Zu entscheiden ist, ob bzgl. der aufgetretener Mängel gleich ein (gerichtliches) selbständiges Beweisverfahren eingeleitet werden soll oder ob es nicht besser wäre, die Baumängel erst einmal durch einen privaten Gutachter im Rahmen eines schriftlichen Gutachtens feststellen zu lassen. Was ist unter einem selbstständigen Beweisverfahren zu verstehen? Bei einem selbständige Beweisverfahren stellt der Antragsteller (entweder Bauherr oder Bauunternehmer) bei dem zuständigen Gericht (vgl. unten) einen Antrag, dass über die im Antragsschriftsatz beschriebenen Punkte Beweis erhoben werden soll. Zumindest in Bausachen wird üblicherweise beantragt, dass die im Beweisantrag gestellten Fragen durch ein schriftliches Sachverständigengutachten beantwortet werden. Soweit das Gericht dem Antrag statt gibt, ergeht der Beweisbeschluss durch das Gericht. Der Antragsteller wird daraufhin vom Gericht aufgefordert, den entsprechenden Kostenvorschuss für den Sachverständigen an die Gerichtskasse zu überweisen. Sobald der Vorschuss bei Gericht eingeht, beauftragt das Gericht den Sachverständigen, der die vorgetragenen Baumängel vor Ort begutachtet und hierüber ein schriftliches Gutachten erstellt. Was ist ein Privatgutachten? Bei einem Privatgutachten wendet sich der Bauherr/Bauunternehmer an einen Gutachter. Dieser sollte hinreichend qualifiziert sein. Es sollte folglich darauf geachtet werden, dass der Gutachter bei der Handwerkskammer oder IHK als solcher gelistet ist und sein Gutachten ordentlich, d. h. unparteiisch, logisch aufgebaut und durch Bilder unterlegt, erstellt. Der Aufbau des Gutachtens sollte dem eines vom Gericht beauftragten Gutachtens entsprechen. Die Rechtsbeziehung zwischen Gutachter und Auftraggeber stellt einen Werkvertrag dar. Der Auftraggeber muss seinen Gutachter laut dem zugrunde liegenden Gutachtervertrag bzw. ,wenn ein Preis für die Erstellung des Gutachtens nicht vereinbart war, nach dem üblichen Preis für dessen Leistungen entlohnen. Bei Neubauten bzw. größeren Bauvorhaben bietet sich die Einschaltung eines Privatgutachters an für die Abnahme von Bauleistungen, bei der baubegleitenden Qualitätskontrolle oder bei der Überprüfung der Abrechnungen von Bauleistungen aller Art. Ein Privatgutachter kann auch während eines laufenden Gerichtsverfahrens eine der Parteien bei der Ergänzung des Vortrags unterstützen bzw. das von der Gegenseite erstellte Gutachten durch ein Gegengutachten widerlegen bzw. vor Gericht in Zweifel ziehen. Das von einer Partei vorgelegte Privatgutachten stellt zivilprozessrechtlich „Sachvortrag“ dar und ist deshalb vom Gericht in jedem Fall zu beachten. Es besteht dabei auch die Möglichkeit, den Privatgutachter als sachverständigen Zeugen in den Prozess einzubeziehen. Gutachterkosten, die dem Bauherrn entstanden sind zur Schadens- bzw. Mangelermittlung stellen in der Regel Mangelfolgeschäden dar. Die Privatgutachterkosten sind dann von der Gegenseite zu ersetzen, wenn die Beauftragung im Einzelfall erforderlich war. Dies nimmt man 13 dann an, wenn eine Partei aufgrund von fachlicher Unkenntnis ihre Rechtsposition ohne den Privatgutachter nicht hinreichend verfolgen kann. Einer in Bezug auf den Mangel fachunkundigen Partei ist es deshalb in der Regel möglich – soweit der Gutachter die vorgetragene Rechtsposition bestätigt -, sich die Gutachterkosten von der Gegenseite erstatten zu lassen. Hierzu ist die Gegenseite auch verpflichtet. Was sind Voraussetzungen für das selbstständige Beweisverfahren? Die Einleitung eines selbständigen Beweisverfahrens ist immer dann ernsthaft zu überlegen, wenn Baumängel bereits in irgendeiner Art und Weise zu Tage getreten sind und ein Klageverfahren im Raume steht. Das selbständige Beweisverfahren ist deshalb auch von der Rechtsprechung als vorweggenommene Tatsachenfeststellung durch gerichtliche Beweiserhebung definiert. In Bausachen wird in der Regel der selbständige Sachverständigenbeweis nach § 485 Abs. 2 ZPO bei Gericht beantragt. Dies ist laut Gesetz dann möglich, wenn ein Rechtsstreit noch nicht bei Gericht anhängig ist. Die schriftliche Begutachtung kann sich nach § 485 Abs. 2 ZPO auf den Zustand einer Person oder auf den Zustand oder Wert einer Sache (§ 485 Abs. 2 Nr. 1 ZPO), auf die Ursache eines Personenschadens, Sachschadens oder Sachmangels (§ 485 Nr. 2 ZPO) oder auf den Aufwand für die Beseitigung eines Personenschadens, Sachschadens oder Sachmangels beziehen (§ 485 Abs. 2 Nr. 3 ZPO). Sinnvoller Weise sollte der Gutachter sowohl den Zustand des betroffenen Gebäudeteils, die Ursache für den Sachmangel und die Mangelbeseitigungskosten ermitteln. Der Antragsteller muss laut Gesetz ein rechtliches Interesse an dem selbständigen Beweisverfahren haben. Dies ist schon der Fall, wenn Ansprüche (u. a. auf Schadensersatz oder Gewährleistung) des Antragstellers in Betracht kommen. Sogar dann, wenn der Antragsgegner zuvor schon jede Vergleichsbereitschaft verweigert hat und sich auf Verjährung beruft. Den Beweisantrag als solches formuliert man üblicherweise in Frageform. Die aufgetretenen Baumängel müssen zumindest nach ihrem äußeren Erscheinungsbild nach in dem Antrag genannt werden. Nicht zulässig ist es, durch das selbständige Beweisverfahren den Sachverhalt erst ausforschen zu wollen. Um eine typische Ausforschung handelt es sich, wenn lediglich Fragen an den Gutachter in der Hoffnung gestellt werden Mängel zu erfahren. Wie läuft das Verfahren dann weiter? Das Gericht wählt den Sachverständigen nach seinem Gebiet in der Regel mit Hilfe einer Anfrage bei der Industrie- und Handelskammer bzw. der zuständigen Handwerkskammer aus. Gutachter sind dort gelistet. Vorschläge einer Partei bzgl. eines bestimmten Sachverständigen muss das Gericht nicht berücksichtigen. Es ist auch nicht unbedingt ratsam, einen Sachverständigen zu benennen, da die andere Partei in dem Fall Zweifel an der Neutralität des Sachverständigen haben könnte und das Gericht aus dem Grund meist einen anderen Sachverständigen benennt. Anders liegt der Fall, wenn Antragsteller und Antragsgegner sich auf einen Sachverständigen verständigen und dies dem Gericht mitteilen. Die vorzutragenden Tatsachen sind von dem Antragsteller im Beweisantrag nach § 487 Nr. 4 ZPO glaubhaft zu machen. Dies erfolgt üblicherweise durch Vorlage der entsprechenden Unterlagen und gegebenenfalls durch eidesstattliche Versicherung des Antragstellers oder einer dritten Person. Zuständig für das selbständige Beweisverfahren ist nach § 486 Abs. 2 Satz 1 ZPO das für die Entscheidung in der Hauptsache zuständige Gericht – soweit noch kein Rechtsstreit anhängig ist andernfalls das Prozessgericht. Wie läuft der Termin mit dem Sachverständigen ab? Nach Ergehen des Beweisbeschlusses und Zahlung des Kostenvorschusses durch den Antragsteller erfolgt der Termin mit dem Sachverständigen. Dieser begutachtet allein anhand der im Beweisbeschluss gestellten Fragen den Sachver14 halt. Sind Arbeiten im Rahmen der Begutachtung durch den Sachverständigen erforderlich (u.a. Aufbau eines Gerüsts, Entnahme von Materialproben) ist es allein Sache des Antragstellers, die Durchführung dieser Arbeiten zu ermöglichen. Diese Arbeiten sind folglich entweder durch den Antragsteller selbst oder durch Dritte in dem Termin bzw. vor dem Termin zur Terminsvorbereitung durchzuführen. Und nach Erstellung des Gutachtens? Nach Vorliegen des Gutachtens können alle Parteien hierzu schriftlich Stellung nehmen. Es kann zudem beantragt werden, dass der Sachverständige vor Gericht nochmals persönlich zu der Thematik angehört wird. Was sind die rechtlichen Wirkungen des selbstständigen Beweisverfahrens? Mit der Zustellung des Antrags auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens tritt nach § 204 Abs. 1 Nr. 7 BGB die Hemmung der Verjährung ein. Die hemmende Wirkung dauert bis zur Beendigung des Verfahrens. Weiterhin ist das Ergebnis eines selbständigen Beweisverfahrens in einem späteren Bauprozess wie eine vor dem Prozessgericht durchgeführte Beweisaufnahme zu behandeln (§ 493 Abs. 1 ZPO). Hierfür muss allerdings zwischen den Parteien des selbständigen Beweisfahrens und dem Hauptsacheverfahren Identität bestehen. Die Beweisverwertung setzt zudem eine Verhandlung der Parteien über das Ergebnis des selbständigen Beweisergebnisses im Hauptprozess voraus (§ 285 Abs. 1 ZPO). Wie ist die Kostenerstattung des selbstständigen Beweisverfahrens geregelt? Es entstehen – soweit beide Parteien anwaltlich vertreten sind – folgende Kosten: 2 Anwälte = 2 X 1,3 Verfahrensgebühr und 2 X 1,2 Terminsgebühr (wenn der Anwalt beim Ortstermin dabei ist) nach Streitwert. Die Verfahrensgebühr der Anwälte wird im Hauptsacheverfahren angerechnet. Weiterhin entstehen Gerichtskosten und die Kosten für den Gutachter. Die Kosten des Beweisverfahrens gehören zu den Kosten des Hauptverfahrens. Nach Beendi- gung des Hauptverfahrens werden diese im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens mit festgesetzt. Findet nach Beendigung des selbständigen Beweisverfahrens kein Hauptsacheprozess statt, kann der Antragsgegner über § 494 a ZPO seine Kosten erstattet bekommen. Hierfür hat der Antragsgegner bei Gericht zu beantragen, dass der Antragsteller binnen einer zu bestimmenden Frist Klage zu erheben hat. Kommt der Antragsteller dieser Anordnung nicht nach, hat das Gericht auf Antrag durch Beschluss auszusprechen, dass er die dem Gegner entstandenen Kosten zu tragen hat (§ 494 a Abs. 2 ZPO). Die Kosten des Antragstellers im selbständigen Beweisverfahren werden bei Gewinnen des Prozesses dem Gegner auferlegt. Was ist als Ergebnis festzuhalten? Ein Privatgutachten sollte immer dann in Auftrag gegeben werden, wenn konkrete Baumängel noch nicht festgestellt sind und eine der am Bau beteiligten Parteien den Zustand des Bauobjekts (Mangelfreiheit) gutachterlich feststellen lassen möchte. Auch ist ein Privatgutachten meist die sinnvollere Alternative, wenn die Baubeteiligten schnell und einvernehmlich eine Klärung herbeiführen möchten. Soll die Begutachtung allerdings der Vorbereitung eines Klageverfahrens dienen, ist die Einleitung eines selbständigen Beweisverfahrens in der Regel die bessere Lösung. Der Vorteil des selbständigen Beweisverfahrens ist die bessere Verwertbarkeit des Gutachtens in dem nachfolgenden Hauptsacheprozess. Je nach Gerichtsstandort kann allerdings die Verfahrensdauer bis zum Vorliegen des Gutachtens und Abschluss des selbstständigen Beweisverfahrens nachteilig sein. erheblich sein kann. Dies hängt ab von der momentanen Auslastung des Gerichts und des mit der Sache beauftragten Sachverständigen. Soweit überlegt werden soll, ob ein Privatgutachten bzw. ein selbständiges Beweisverfahren eingeleitet wird, sollte dies mit einem fachkundigen Rechtsanwalt erörtert werden. Sprechen Sie uns an. 15 Nachträge erfolgreich durchsetzen von Thomas Ax Im Rahmen von Bauverträgen, welche nach einer vom Auftraggeber erstellten Ausschreibung geschlossen wurden, kommt es häufig vor, dass der Auftraggeber während der Bauausführung Leistungen verlangt, welche der Auftragnehmer bei der Unterbreitung seines Angebots nicht berücksichtigt. Häufig liegt dies daran, dass die betreffende Leistung im Leistungsverzeichnis nicht mit einer eigenen Position angegeben war. Das „Verlangen" des Auftraggebers, auf dessen eindeutige Erklärungen man stets hinwirken sollte, kann auch darin liegen, dass eine Leistung für die mangelfreie Ausführung des Werks zwingend erforderlich ist und der Auftraggeber dies eindeutig nachweisbar erkennt. In solchen Fällen besteht für den Auftragnehmer in der Regel die dringend wahrzunehmende Möglichkeit, über eine Bedenkenanzeige gem. § 4 Abs. 3 VOB/B für eine ausdrückliche Erklärung des Auftraggebers zu sorgen. Wird nach alledem eine zusätzliche Leistung gefordert, stellt sich für den Auftragnehmer die Frage, wie er für die in seinen Augen zusätzliche Leistung eine adäquate Vergütung erlangen kann. Den Weg dorthin weisen die einschlägigen Vorschriften der in der Regel als Vertragsgrundlage vereinbarten VOB/B. Besonders zu nennen ist § 2 Abs. 5, Abs. 6 VOB/B. Da es selbst für auf das Baurecht spezialisierte Juristen teilweise schwer, ja sogar unmöglich ist, klar einzuordnen, ob ein Fall von Abs. 5 oder Abs. 6 des § 2 VOB/B vorliegt, empfiehlt es sich dringend, stets die etwas weitergehenden Voraussetzungen des Abs. 6 einzuhalten und den Auftraggeber vor Ausführung der Leistung schriftlich auf den entstehenden Mehrvergütungsanspruch hinzuweisen. Für den Anspruch ist dann nicht erforderlich, dass der Auftraggeber die Mehrvergütung bestätigt, auch wenn es natürlich erstrebenswert ist, eine solche Bestätigung zu erhalten. Spätestens, wenn sich in dieser Phase der Unwille des Auftraggebers abzeichnet, die zusätzliche Vergütung zu leisten, insbesondere, wenn keine schriftliche Nachtragsvereinbarung zustande kommt, ist dringend anzuraten, Ax Rechtsanwälte als auf das Bauvertragsrecht spezialisierte Rechtsanwälte zu kontaktieren. Ax Rechtsanwälte sind im Bereich der Nachträge versiert und verfügen zudem über das für die Argumentation nötige technische Verständnis, so sind die Aussichten darauf, einen Nachtrag erfolgreich durchzusetzen, deutlich erhöht. Ax Rechtsanwälte sind dann insbesondere in der Lage, dem Auftraggeber zu erklären, dass und welche berechtigten Erwartungen ein Auftragnehmer an Inhalt und Gliederung der Ausschreibungsunterlagen haben darf und warum immer wieder anzutreffende Klauseln, welche dem Auftragnehmer das Risiko eines unvollständigen Leistungsverzeichnis aufbürden sollen, unwirksam sind. Wichtig ist es auch, in der Lage zu sein, den vertraglichen Bauentwurf festzustellen und begriffen zu haben, wie die Kalkulation der Vergütung funktioniert, um davon ausgehend darlegen zu können, ob eine Anordnung des Auftraggebers sich als Änderung des Bauentwurfs oder andere Anordnung darstellt, mit welcher in die Grundlagen der Preisbildung eingegriffen wurde. Zur erforderlichen Spezialkenntnis von Ax Rechtsanwälte gehören außerdem die spezifische Kenntnis der Vorschriften der DIN-ATV 18299 ff. VOB/C, insbesondere die Unterscheidung zwischen Nebenleistungen und besonderen Leistungen und die Abrechnungsvorschriften, sowie deren Charakter als Anforderungen an die Aufstellung des Leistungsverzeichnisses. Gepaart mit dem nötigen technischen Verständnis gelingt es Ax Rechtsanwälte dann regelmäßig, auch in schwierigeren Fällen die richtigen Argumentationsketten aufzustellen und damit bereits außergerichtlich zu überzeugen. Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass sämtliche an den Auftraggeber abzugebenden Erklärungen schriftlich an den Auftraggeber direkt (nicht an den Bauleiter oder Architekten) mit Zugangsnachweis übermittelt werden sollten. Zur Information von Bauleiter oder Architekten kann gleichzeitig eine Abschrift versendet werden. 16 Handeln auf eigenes Risiko bei voreiligem Baubeginn von Thomas Ax Klärt der Architekt den Bauherrn vollständig über die Risiken einer widersprüchlichen Baugenehmigung auf, lässt der Bauherr aber gleichwohl den Bau beginnen, so scheidet eine Haftung des Architekten aus, wenn der Bau später stillgelegt wird. Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen. Eine Haftung des Architekten kann aufgrund besonderer Umstände eingeschränkt oder ausgeschlossen sein. Eine Einschränkung oder ein Ausschluss der Haftung kann sich ergeben, wenn der Bauherr auf eigene Gefahr handelt. Beispiel (nach BGH , Urt. v. 25.10.1984 - III ZR 80/83 -, NJW 1985, 1692, bestätigt durch BGH, Urt. v. 25.02.1999 - VII ZR 190/97 -, BauR 1999, 934) nehmigung vollständig über die Risiken der widersprüchlichen Genehmigung, eines möglichen Widerspruchs der Nachbarn und dessen Folgen aufgeklärt. Gleichwohl hatte der Bauherr mit der Errichtung des Bauwerks begonnen. Der Bauherr nimmt das Land auf Schadensersatz in Anspruch. Dieses wendet ein, der Architekt hafte vorrangig (vgl. hierzu Haftung / ... / vorrangige Haftung des Architekten). Das Gericht gibt der Klage dem Grunde nach statt. Das Land könne die Haftung mit dem Hinweis auf die vorrangige Haftung des Architekten nicht abwenden. Der Architekt hafte nicht, da er seinen Aufklärungspflichten vollständig nachgekommen sei. Allerdings sei die Haftung des Landes gemindert infolge eines Mitverschuldens des Bauherrn. Nachdem dieser von dem Architekten über die Risiken der Baugenehmigung aufgeklärt worden sei, habe er kein Vertrauen mehr in die Wirksamkeit der Baugenehmigung setzen dürfen; wenn er gleichwohl mit dem Bau begonnen habe, müsse er sich ein Mitverschulden anrechnen lassen (zu Ermittlung der Höhe des Mitverschuldens wurde der Rechtsstreit in die untere Instanz zurückverwiesen). Hinweis Für eine Bauvorhaben erteilte die zuständige Die Rechtsprechung hat in den vergangenen Bauaufsichtsbehörde eine widersprüchliche Jahren die Anforderungen an die Pflicht des ArBaugenehmigung: einerseits wurde eine Grenzchitekten, eine auf Dauer genehmigungsfähige bebauung unter Unterschreitung der MindestabPlanung zu erstellen, erhöht und spezifiziert. standsflächen genehmigt, andererseits wurde in Unter Berücksichtigung dessen wird sich der der Genehmigung auf die entsprechenden AbArchitekt in Zukunft wahrscheinlich nicht nur standsflächenvorschriften verwiesen. Nachbarn, fragen lassen müssen, ob er den Bauherrn über die schon zuvor ihre Zustimmung zu der geplandie Widersprüchlichkeit der Genehmigung auften Bebauung verweigert hatten, legten Widerklärte, sondern auch, ob er die Widersprüchlichspruch gegen die Baugenehmigung ein und erkeit durch mangelhafte Planung mitverschuldereichten schließlich eine Aufhebung der Baugete. nehmigung und eine Stilllegung des Baus. Der Architekt hatte den Bauherrn zur Zeit der Ge__________________________________________________________________________________ Arbeitseinstellung zur Durchsetzung von Nachträgen im Hochbau möglich – aber umsichtig zu praktizieren von Thomas Ax Ohne Einigung über Zahlung einer Vergütung für eine geänderte oder zusätzliche Leistung besteht grundsätzlich kein Recht zur Arbeitseinstellung um diese „Nachträge" durchzusetzen. Recht zur Arbeitseinstellung nach Treu und Glauben Etwas anderes kann sich nach den Grundsätzen von Treu und Glauben ergeben, durch die die Pflicht des Auftragnehmers zur Vorleistung im Einzelfall überwunden werden kann. Bei unberechtigter Einstellung der Arbeiten kann jedoch nach fruchtlosem Ablauf einer angemessenen Frist zur Fortsetzung der Arbeiten ein wichtiger 17 Grund zur Kündigung des Bauvertrages bestehen. nach dem ursprünglichen Vertrag geschuldete Bauleistung bezogen. Meinungsverschiedenheiten über ein Nachtragsangebot Beispielsweise der Entscheidung OLG Frankfurt, Urteil vom 21.09.2011, Az. 1 U 154/10 lag ein solcher Sachverhalt zugrunde. Während Abbrucharbeiten auf der Basis eines VOB/BVertrages durchgeführt wurden, entstanden Meinungsverschiedenheiten über ein Nachtragsangebot des Abbruchunternehmers. Der Bauherr kündigte an, das Angebot eingehend zu prüfen und dann über die Vergabe des Nachtrages zu entscheiden. Gleichzeitig forderte er den Unternehmer dazu auf, die Arbeiten unverzüglich fortzusetzen und den Bauschutt entsprechend zu entsorgen. Rechtsanwalt Dr. Thomas Ax: Die Arbeitseinstellung ist für jeden Unternehmer am Bau nicht ohne Risiko. Die Prognose, ob die Einstellung der Arbeiten zu Recht oder zu Unrecht erfolgte, ist nur schwer möglich und unterliegt ex post der gerichtlichen Kontrolle. Erschwerend kommt hinzu, dass aufgrund der Vorleistungspflicht des Auftragnehmers kein Zurückbehaltungsrecht gemäß der §§ 273, 320 BGB besteht. Eine Ausnahme kommt nach Treu und Glauben, § 242 BGB, nur in Fällen in Betracht, in denen die Leistungsfortführung für den Auftragnehmer schlechthin unzumutbar ist. Unklarheiten über die Höhe des Vergütungsanspruchs sind hierfür nicht ausreichend. Erforderlich ist vielmehr, dass der Bauherr entweder ein in jeder Hinsicht ordnungsgemäßes Nachtragsangebot ohne Grund endgültig ablehnt oder er sich nachhaltig weigert, in Nachtragsverhandlungen einzutreten, obwohl die Nachtragsforderung offenkundig berechtigt ist. Entstehen kündigungsbedingter Drittunternehmerkosten Das Abbruchunternehmen reagierte, indem es auf dem Postweg darauf hinwies, den Schutt erst abzutransportieren und zu entsorgen, wenn der Bauherr Zahlung von mindestens 70 % des kalkulierten Preises garantierte. Dem kam der Bauherr nicht nach, sondern forderte den Abbruchunternehmer dazu auf, die Arbeiten wieder aufzunehmen. Da sämtliche Aufforderungen erfolglos blieben, kündigte er sodann den bestehenden Vertrag. Der Bauherr verlangte von dem Abbruchunternehmer diejenigen Mehrkosten, die er durch die kündigungsbedingte Beauftragung eines Drittunternehmers aufwenden musste. Anspruch auf Mehrkostenerstattung Das OLG Frankfurt bejahte den Anspruch auf Erstattung der Mehrkosten unabhängig von der Frage, ob der Abbruchunternehmer tatsächlich mit seinen Arbeiten im Verzug war, um die Kündigung aus wichtigem Grund zu ermöglichen. Das umstrittene Recht zur Arbeitseinstellung bei Nichtbeauftragung von Nachtragsleistungen besteht jedenfalls dann nicht, wenn die Nachtragsforderung dem Grunde nach unberechtigt ist. Die unberechtigte Einstellung der Arbeiten war unter den gegebenen Umständen des Einzelfalls als wichtiger Grund zur Kündigung geeignet. Dies insbesondere auch deshalb, weil sich die durchzuführenden Arbeiten auf die Voraussetzungen einer darauf gestützten Arbeitseinstellung des Unternehmers sind die Berechtigung des Nachtrags dem Grund und der Höhe nach. Diese sind nicht gegeben, wenn sich die Anordnung des Bauherrn auf eine vom Vertrag bereits umfasste Leistung erstreckt, es sei denn der Bauherr hat in Bezug auf die gesonderte Vergütungspflicht ein selbständiges Anerkenntnis abgegeben. Zudem muss der Unternehmer prüfbar abgerechnet haben, die Forderung muss auch der Höhe nach berechtigt sein und schließlich muss Fälligkeit bestehen. Das Leistungsverweigerungsrecht des Unternehmers besteht ferner, wenn der Bauherr eine fällige Nachtrags-Forderung nicht bezahlt hat und nach dem fruchtlosen Fristablauf zur Zahlung. Dementsprechend darf dem Bauherrn auch kein Zurückbehaltungsrecht wegen Mängeln zustehen. Da es unerheblich ist, ob der Bauherr sein Zurückbehaltungsrecht geltend macht, oder die Mängel zuvor gerügt hat, bestehen praktisch kaum überwindbar hohe Hürden. Deshalb ist die auf einen Zahlungsverzug gestützte Arbeitseinstellung für jeden Bauunternehmer mit erheblichen Risiken verbunden. 18 Bau- und Vergaberecht kurz belichtet Tarif- und Mindestlohnerklärung kein Eignungsnachweis Die abgeforderte Verpflichtungserklärung zum Tarif- und Mindestlohn kann nicht als Eignungsnachweis gewertet werden. Die Aufzählung in Art. 48 Abs. 2 Richtlinie 204/18/EG (VOL/A 2009, § 7 EG ist insoweit abschließend. Damit findet eine inhaltliche Überprüfung nicht statt (VK Westfalen, Beschluss vom 25.01.2015 – VK 18/14 -). Produktbezogene Beschränkung einer Ausschreibung ist ein rügebedürftiger Vergabeverstoß Ein Auftraggeber muss erkennen, dass er in einer Ausschreibung keine produktbezogene Beschränkung vornehmen darf, weil dies einen rügebedürftigen Vergabeverstoß darstellt. Dies gehört zu den grundlegenden Erkenntnissen der ausschreibenden Stelle (VK MecklenburgVorpommern, Beschluss vom 07.01.2015 – 2 VK 19/14 -). Im Vergabeverfahren kein Ausschluss wegen unzulänglicher Unterlagen Sind Unterlagen, die für die Wertungsstufe von Bedeutung sind, inhaltlich unzureichend, hat die formale Angebotsprüfung auf Vollständigkeit zu erfolgen. Die Unzulänglichkeiten sind auf der materiellen Prüfungsebene zu berücksichtigen und müssen in die Wertung einfließen (OLG Koblenz, Beschluss vom 19.01.2015 – Verg 6/14 -). Korrekturen in der Ausschreibung nach Submission zulässig Ein öffentlicher Auftraggeber stellt nach der Submission fest, dass Teile der Ausschreibung fehlerhaft sind. In diesem Fall kann der öffentliche Auftraggeber das Vergabeverfahren auf einzelne Teilpositionen zurückversetzen, wenn die Teilpositionen die Preisstruktur des Gesamtangebotes in nicht relevanter Weise beeinflussen. Diese Frage ist nicht anhand von starren Ansätzen zu prüfen, sondern anhand der Umstände des Einzelfalls (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12.01.2015 – Verg 29/14 -). Die Bestandteile eines Angebots müssen ordnungsgemäß gekennzeichnet/verbunden sein § 14 Abs. 3 VOB/A sieht vor, dass die Angebote in allen wesentlichen Teilen im Eröffnungstermin gekennzeichnet werden. Dies bedeutet, dass alle wesentlichen Angebotsbestandteile, die zum Zeitpunkt der Angebotseröffnung vorliegen, einheitlich gekennzeichnet oder aber verbunden werden müssen (bsp. Lochung oder Sieglung), um ein nachträglich versehentliches oder bewusstes Austauschen einzelner Bestandteile des Angebots zu verhindern. Dies dient der Sicherung eines transparenten und fairen Verfahrens (VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 14.02.2014 – 3 VK LSA 01/14 -). Aufhebung der Vergabe bei Kostenüberschreitung nur bei belastbarer Kostenschätzung Bei einer Ausschreibung kommt es zu einer deutlichen Überschreitung des geschätzten Auftragswertes. Darin kann ein schwerwiegender Grund für die Aufhebung der Ausschreibung liegen. Dies ist jedoch nur dann der Fall, wenn die vor der Ausschreibung vorgenommene Kostenschätzung falsch war. War die Kostenschätzung hingegen vertretbar, kommt eine Aufhebung nicht in Betracht (VK MecklenburgVorpommern, Beschluss vom 18.09.2014 – 2 VK 8/14 -). Angaben zur Ausführung stellen keine Anordnung dar Die Parteien haben einen Bauvertrag mit einer funktionalen Ausschreibung geschlossen. Im Hinblick auf die Ausführung einer Leistung wurde eine ergänzende Preisabsprache getroffen. Darin ist nicht zwingend eine abändernde Vereinbarung oder eine Anordnung über die Art der Ausführung zu erblicken (BGH, Urteil vom 22.01.2015 – VII ZR 353/12 -). Leistungsbeginn ohne vereinbarte Termine In dem Bauvertrag ist geregelt, dass mit der Ausführung der Bauleistungen 12 Werktage 19 nach Zugang der Aufforderung des Auftraggebers zu beginnen ist. Des Weiteren war geregelt, dass die Aufforderung voraussichtlich bis zum 03.02.2009 zugehen wird. Darin ist keine verbindliche Ausführungsfrist zu erblicken. Dem Auftragnehmer ist allerdings auf dessen Verlangen hin mitzuteilen, wann voraussichtlich mit den Arbeiten zu beginnen ist. Der Auftraggeber kann den Abruf der Leistungen nicht auf unbestimmte Zeit hinausschieben, da er dem Auftragnehmer die Möglichkeit geben muss, die Leistung tatsächlich auch auszuführen. Ein zu langes Hinauszögern ist nicht zumutbar (OLG Frankfurt, Urteil vom 12.06.2012 – 11 U 102/12 – NZB zurückgewiesen, BGH 13.11.2014 – VII ZR 175/12 -). Bürgschaft über 8 % in AGB unwirksam In den Geschäftsbedingungen eines Bauvertrages ist vorgesehen, dass Gewährleistungsansprüche durch eine Gewährleistungsbürgschaft in Höhe von 8 % der Auftrags-/ Abrechnungssumme abzusichern sind. Eine derartige Klausel ist unangemessen und unwirksam (BGH, Urteil vom 22.01.2015 – VII ZR 120/14 -). Planungsbedingte Mängel und Umfang des Schadensersatzes Der Planer hat Planungsfehler zu verantworten. Der Schadensersatzanspruch des Auftraggebers ist nicht auf die Kosten der Beseitigung der handwerklichen Fehler begrenzt. Vielmehr muss der Planungsmangel nachhaltig beseitigt werden können. So führen Fehler des öffentlichen Auftraggebers bei der Vergabe der Sanierungsarbeiten nicht zwingend dazu, dass Abzüge von dessen Schadensersatzanspruch vorzunehmen sind. Ein Abzug ist nur dann gerechtfertigt, wenn die Grenze der Erforderlichkeit eindeutig überschritten wird (OLG Düsseldorf, Urteil vom 02.10.2021 – 21 U 54/9 – NZB zurückgewiesen, BGH 13.11.2014 – VII ZR 302/12 -). Auftragskalkulation für Nachtrag unablässig Der Unternehmer macht einen Mehrkostenanspruch aus Nachträgen gerichtlich geltend. Grundlage ist eine „Nachtragskalkulation“. Ein gerichtsseits eingeschalteter Sachverständiger bestätigt, dass die Preisansätze üblich und angemessen sind. Gleichwohl wurde der Anspruch dem Auftragnehmer nicht zugesprochen, da der Unternehmer keine Auftragskalkulation vorgelegt hat (OLG Dresden, Urteil vom 15.01.2015 – 9 U 764714 -). Schriftliche Mangelanzeige nicht per EMail Eine Mangelanzeige nach § 13 Abs. 5 Nr. 1 Satz 2 VOB/B muss schriftlich erfolgen: Der Auftragnehmer ist verpflichtet, alle während der Verjährungsfrist hervortretenden Mängel, die auf vertragswidrige Leistungen zurückzuführen sind, auf seine Kosten zu beseitigen, wenn es der Auftraggeber vor Ablauf der Frist schriftlich verlangt. Der Anspruch auf Beseitigung der gerügten Mängel verjährt in zwei Jahren, gerechnet vom Zugang des schriftlichen Verlangens an, jedoch nicht vor Ablauf der Regelfristen nach Abs. 4 oder der an ihrer Stelle vereinbarten Fristen. Um eine derartige verjährungsverlängernde Wirkung durch eine Mangelanzeige herbeizuführen, ist die schriftliche Mangelanzeige mit einer eigenhändigen Unterschrift des Bauherrn erforderlich. Eine Mangelanzeige nur per E-Mail genügt nicht, wenn keine qualifizierte elektronische Signatur vorliegt (eine qualifizierte elektronische Signatur ist eine nach dem Deutschen Signaturgesetz fortgeschrittene elektronische Signatur, die auf einem zum Zeitpunkt der Erzeugung gültigen qualifizierten Zertifikat beruht und mit einer sicheren Signaturerstellungseinheit erstellt wurde) (Landgericht Frankfurt/Main, Urteil vom 08.01.2015 – 2-20 O 229/13 -). Rückforderung von Überzahlungen als vertraglicher Anspruch Die Parteien eines Bauvorhabens haben einen BGB-Werkvertrag geschlossen. Im Bauvertrag wurde vereinbart, dass Voraus- und Abschlagszahlungen geleistet werden. Wird der Bauvertrag beendet/gekündigt und stellt sich heraus, dass der Auftragnehmer überzahlt ist, hat der Bauherr einen Rückzahlungsanspruch aus Vertrag (BGH, Urteil vom 08.01.2015 – VII ZR 6714 -). 20 Zahlung der Schlussrechnung des Architekten als Abnahme zu werten Zahlt ein Auftraggeber uneingeschränkt die Schlussrechnung des Architekten, ist dies als Abnahme zu werten, da hieraus geschlossen werden kann, dass der Auftraggeber die Architektenleistungen als vertragsgemäß erbracht ansieht (OLG Dresden, Urteil vom 12.12.2013 – 10 U 1954/12 – NZB zurückgewiesen, BGH, 13.11.2014 – VII ZR 8/14 -). Aktuelle Vergabe bei Baukonzession führt zu Mehrvergütungsansprüchen Der Bundesgerichtshof hat nunmehr entschieden, dass auch bei einer verzögerten Vergabe eines Baukonzessionsvertrages Mehrvergütungsansprüche entstehen (BGH, Urteil vom 18.12.2014 – VII ZR 60/14 -). Einsichtnahmerecht in das Grundbuch zur Klärung von Sicherungsmöglichkeiten – Bauhandwerkerhypothek – nehmen, wenn er ein Sicherungsbedürfnis für seine Werklohnforderungen hat. Der Anspruch kann sogar über das Bestandsverzeichnis und die Abt. I hinaus gehen, wenn der Besteller nicht mehr Eigentümer des Grundstücks ist und dies den Interessen des Bestellers dem Einzelfall entspricht (OLG München, Beschluss vom 09.02.2014 – 34 Wx 43/15 -). Anforderung an prüffähige Planung Schuldet der Planer eine insgesamt prüffähige Planung, bedeutet dies für die Tragwerksplanung, dass der Prüfingenieur die Statik als unbedenklich freigibt. Dazu muss dem Prüfingenieur die Möglichkeit zur Prüfung eröffnet werden. Ihm sind damit die erforderlichen Unterlagen und Nachweise vollständig und rechtzeitig vorzulegen, so dass dem Prüfingenieur ausreichend Zeit zur Wahrnehmung seiner Prüfungsaufgaben zur Verfügung steht (OLG Brandenburg, Urteil vom 26.11.2014 – 4 U 20/09 -). Der Unternehmer darf in das betreffende Grundstück des Bestellers Grundbucheinsicht 21 Aktuelles aus der Rechtsprechung Aus dem Recht der Sicherheitsleistungen Sicherheitsbeinbehalt und Austauschrecht des Auftragnehmers beim VOB/B-Bauvertrag Stellt ein hierzu berechtigter Auftragnehmer eine Gewährleistungsbürgschaft zum Austausch für einen Sicherungseinbehalt, ist dies dahin auszulegen, dass die Bürgschaftsstellung unter der auflösenden Bedingung steht, der Auftraggeber werde seiner Verpflichtung zur effektiven Auszahlung des Bareinbehalts alsbald nachkommen. Anmerkung: Der BGH hat in seinem Urteil vom 10.02.2011 (AZ: – IX ZR 73/10) seine bisherige Rechtsprechung bestätigt. Wird in dem Vertrag ein Sicherheitseinbehalt vereinbart, der durch Bürgschaft abgelöst werden kann, muss der AG dem AN den Einbehalt auszahlen, wenn er eine Bürgschaft erhält. Zahlt er den Einbehalt nicht aus, muss er die Bürgschaft zurückgeben. Anders ist dies, wenn nach dem Vertrag der Auftragnehmer eine Bürgschaft zu stellen hat, diese also als einziges Sicherungsmittel vereinbart ist und der Auftraggeber lediglich deshalb, weil die Bürgschaft nicht gestellt wird, einen Einbehalt vornehmen darf. BGH Urteil vom 10.02.2011 (AZ: – IX ZR 73/10) Aus dem Gewährleistungsrecht Pflicht des Unternehmers zur Nacherfüllung auf bestimmte Art Ist die Mängelbeseitigung nur auf eine bestimmte Weise möglich, ist der Unternehmer verpflichtet, diese vorzunehmen. Der Besteller kann ein dieser Verpflichtung nicht entsprechendes und damit untaugliches Angebot von vornherein zurückweisen. Das erhebliche Interesse des Bestellers an einem sich optisch einfügenden Werk kann auch einen größeren Aufwand zur Mängelbeseitigung als nicht unverhältnismäßig erscheinen lassen. Die abweichende Einschätzung eines Sachverständigen, der den Ansatz einer Wertminderung vor- geschlagen hat, ist nicht maßgeblich. (BGH, Urt. v. 5. 5. 2011− VII ZR 28/10) Aus dem Architektenrecht Schadensersatzansprüche gegen Architekten wegen Beratungsfehler Über seine in der HOAI umschriebenen Aufgaben hinaus kann den Architekt die Vertragspflicht treffen, den Bauherrn bei der Materialwahl zu beraten. Empfiehlt der Architekt ein Material, das dauerhaft nur bei regelmäßigen Erhaltungsarbeiten geeignet ist, muss er den Auftraggeber auch darauf hinweisen (hier: Schutzanstriche für Fensterrahmen aus Kiefernholz in einer stark bewitterten Fassade). Zum Sachverhalt: Der von den kl. Eheleuten mit Architektenleistungen beauftragte Architekt empfahl für das Ende 1999 fertig gestellte und bezogene Wohnhaus der Auftraggeber den Einbau von Fenstern, deren Rahmen aus Kiefernholz bestanden. Die erforderlichen Erhaltungs- und Schutzanstriche nahmen die Auftraggeber in der Folgezeit nicht vor. 2008 entdeckten sie, dass das Kiefernholz der Fensterrahmen weithin gefault war. Das lasten sie dem Bekl. an und begehren daher nach Durchführung eines selbstständigen Beweisverfahrens und Austausch der Fenster insgesamt 14 771,37 Euro Schadensersatz nebst Zinsen. (OLG Koblenz, Hinweisbeschl. v. 30. 5. 2011 − 5 U 297/11) Aus dem Bürgschaftsrecht Wann gerät Bürge in Zahlungsverzug? Die Forderung aus einer selbstschuldnerischen Bürgschaft wird grundsätzlich mit der Fälligkeit der Hauptschuld fällig; einer Leistungsaufforderung des Gläubigers und der Vorlage von die Hauptschuld belegenden Unterlagen bedarf es dazu nicht (im Anschluss an BGH, IBR 2008, 266). Werden dem Bürgen die notwendigen Informationen zur Hauptschuld vom Gläubiger nicht erteilt, gerät er nicht in Verzug, wenn ihn kein 22 eigenes Verschulden daran trifft, dass er sie nicht erhalten hat. Ein eigenes Verschulden trifft den Bürgen, wenn er nicht selbst ausreichende, ihm zumutbare Anstrengungen unternimmt, die ihm fehlenden Informationen zu erlangen. (BGH, Urteil vom 10.02.2011 – VII ZR 53/10) 23 Veranstaltungshinweise Intensivschulung Neues Hessisches Vergabe- und Tariftreuegesetz tritt am 01.03.2015 in Kraft Fachwissen aus erster Hand von der Praxis für die Praxis Das neue Hessische Vergabe- und Tariftreuegesetz (HVTG) wurde am 18.12.2014 in dritter Lesung vom Hessischen Landtag verabschiedet und tritt am 01.03.2015 in Kraft. Das HVTG gilt für die Vergabe und Ausführung öffentlicher Aufträge des Landes Hessen sowie der Gemeinden und Gemeindeverbände und ihrer Eigenbetriebe, ihrer Anstalten des öffentlichen Rechts, sowie kommunale Arbeitsgemeinschaften und Zweckverbände (öffentliche Auftraggeber) und von Auftraggebern im öffentlichen Personennahverkehr. Der Schwellenwert für Aufträge, ab welchem die Vergabeverfahren von diesem Gesetz erfasst werden, beträgt 10 000 Euro ohne Umsatzsteuer. Öffentliche Aufträge sind nach dem HVTG in transparenten und wettbewerblich fairen Verfahren durchzuführen. Sie sind nur an fachkundige, leistungsfähige, gesetzestreue und zuverlässige (geeignete) Unternehmen zu angemessenen Preisen in nicht diskriminierenden, gleichbehandelnden Verfahren zu vergeben. Bei den Beschaffungen des Landes sind grundsätzlich die Aspekte einer nachhaltigen Entwicklung in Bezug auf den Beschaffungsgegenstand und dessen Auswirkungen auf das ökologische, soziale und wirtschaftliche Gefüge zu berücksichtigen. Die Gemeinden und Gemeindeverbände und ihre Eigenbetriebe können eine nachhaltige Entwicklung bei ihren Beschaffungsmaßnahmen und die dazu erlassenen Richtlinien berücksichtigen. Den Unternehmen steht es frei, sich an Teilnahmewettbewerben, Interessenbekundungsverfahren oder Vergabeverfahren zu beteiligen. Eine Nichtbeteiligung trotz Aufforderung zur Abgabe einer Bewerbung oder eines Angebots rechtfertigt keine Nichtberücksichtigung bei weiteren Vergabeverfahren. Unternehmen sind verpflichtet, die für sie geltenden gesetzlichen, aufgrund eines Gesetzes festgesetzten und unmittelbar geltenden tarifvertraglichen Leistungen zu gewähren. Liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass gegen diese Regelung verstoßen wird, ist auf Anforderung dem öffentlichen Auftraggeber oder dem Besteller die Einhaltung dieser Verpflichtung nachzuweisen. Leistungen, die vom Arbeitnehmer-Entsendegesetz erfasst werden, dürfen insbesondere nur an Unternehmen vergeben werden, die sich bei Angebotsabgabe in Textform verpflichten, ihren Beschäftigten bei der Ausführung der Leistung diejenigen Arbeitsbedingungen einschließlich des Entgelts zu gewähren, die nach Art und Höhe mindestens den Vorgaben desjenigen Tarifvertrages entsprechen, an den das Unternehmen aufgrund des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes gebunden ist. Leistungen, die von dem Mindestlohngesetz erfasst werden, dürfen nur an Unternehmen vergeben werden, die sich bei Angebotsabgabe in Textform verpflichten, ihren Beschäftigten bei der Ausführung der Leistung ein Entgelt zu zahlen, das den Vorgaben des Mindestlohngesetzes entspricht. Bewerber und Bieter haben die Einhaltung der nach Bundesrecht oder aufgrund von Bundesrecht für sie geltenden Regelungen von besonders festgesetzten Mindestentgelten (Mindestlohn) als Mindeststandard bei der Bewerbung und im Angebot in Textform besonders zu erklären. 24 Die öffentlichen Auftraggeber oder Besteller weisen in der Bekanntmachung und in den Vergabeunterlagen darauf hin, dass die Bieter sowie deren Nachunternehmen und Verleihunternehmen, soweit diese bereits bei Angebotsabgabe bekannt sind, die erforderlichen Verpflichtungserklärungen (Tariftreueerklärung und Mindestentgelterklärung) abzugeben haben. In der HAD werden Muster für die Abgabe der Tariftreue- und sonstigen Verpflichtungserklärungen bekannt gegeben. Diese sind zu verwenden. Die Gemeinden und Gemeindeverbände und ihre Eigenbetriebe und die Besteller können die Muster verwenden. Fehlt eine geforderte Tariftreue- oder sonstige Verpflichtungserklärung bei Angebotsabgabe und wird sie auch nach Aufforderung des öffentlichen Auftraggebers oder Bestellers nicht innerhalb einer von diesem zu bestimmenden angemessenen Frist vorgelegt, so ist das Angebot von der weiteren Wertung auszuschließen. Die Unternehmen haben ihre Nachunternehmen sowie Unternehmen, die ihnen Arbeitskräfte überlassen (Verleihunternehmen), sorgfältig auszuwählen. Beschaffungen unterhalb der nach § 100 Abs. 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen festgelegten Schwellenwerte werden in Öffentlicher Ausschreibung oder in Beschränkter Ausschreibung oder Freihändiger Vergabe mit und ohne Interessenbekundungsverfahren durchgeführt. Die Vergabe von Aufträgen erfolgt in Öffentlicher Ausschreibung. Soweit die Auftragswerte nicht bestimmte Vergabefreigrenzen erreichen oder überschreiten, oder in begründeten Ausnahmefällen ist eine Beschränkte Ausschreibung oder eine Freihändige Vergabe zulässig. Interessenbekundungsverfahren sind vereinfachte Teilnahmewettbewerbe zur Auswahl von Bewerbern bei Beschränkter Ausschreibung und Freihändiger Vergabe. Hierzu sind Unternehmen aufzufordern, sich nach Maßgabe der in der Bekanntmachung veröffentlichten Bedingungen um die Berücksichtigung bei der Auswahl der aufzufordernden Unternehmen im Vergabeverfahren formlos zu bewerben. Förmliche Teilnahmewettbewerbe bleiben davon unberührt. Vor Beschränkter Ausschreibung und Freihändiger Vergabe ist ein Interessenbekundungsverfahren ab einem geschätzten Auftragswert bei 1. Bauleistungen ab 100 000 Euro je Gewerk (Fachlos), 2. Lieferungen ab 50 000 Euro je Auftrag, 3. und Dienstleistungen ab 50 000 Euro je Auftrag durchzuführen. Werden mehrere Gewerke (Fachlose) ausnahmsweise zusammengefasst, erhöht sich der genannte Wert nicht. Von einem Interessenbekundungsverfahren kann abgesehen werden, wenn 1. die Lieferung oder Leistung aus technischen oder künstlerischen Gründen oder aufgrund des Schutzes von Ausschließlichkeitsrechten nur von einem bestimmten Unternehmen ausgeführt werden kann oder 2. wegen der Dringlichkeit der Lieferung oder Leistung aus zwingenden Gründen infolge von Ereignissen, die der öffentliche Auftraggeber nicht verursacht hat und nicht voraussehen konnte, die Durchführung des Interessenbekundungsverfahrens unzweckmäßig ist oder 3. es aus Gründen der Geheimhaltung erforderlich ist. 25 Alle nationalen und EU-weiten Bekanntmachungen im Rahmen von Vergaben öffentlicher Aufträge nach dem Recht der Europäischen Union und Ausschreibungen nach § 9 des Gesetzes über den öffentlichen Personennahverkehr sind in der HAD zu veröffentlichen (Pflichtbekanntmachung). Die Veröffentlichung und Einsichtnahme in die Bekanntmachungen sind kostenfrei. Eine weitere Bekanntmachung in anderen Medien bleibt unberührt. Wenn kein Teilnahmewettbewerb durchgeführt wird, ist zur Beschränkten Ausschreibung und Freihändigen Vergabe nur zuzulassen, wessen Eignung vorab festgestellt wurde. Geeignet ist, wer die allgemeinen Anforderungen und besonders aufgestellte auftragsbezogene Anforderungen erfüllt. Wenn kein Teilnahmewettbewerb durchgeführt wird, soll bei Beschränkter Ausschreibung und Freihändiger Vergabe die Aufforderung zur Angebotsabgabe nicht auf ein oder immer dieselben Unternehmen beschränkt werden, sondern es ist unter mehreren geeigneten Unternehmen zu streuen. Es sind mindestens fünf geeignete Unternehmen zur Angebotsabgabe aufzufordern; dabei sollen mindestens zwei Unternehmen, bei weniger als vier geeigneten Unternehmen soll möglichst ein Unternehmen nicht am Ort der Ausführung der Beschaffung ansässig sein. Soweit Unternehmen vom öffentlichen Auftraggeber oder vom Besteller bereits ausgewählt sind, sich am Vergabeverfahren zu beteiligen, ist die Anzahl der ausgewählten Unternehmen, nicht aber deren Name und deren Betriebssitz in der Bekanntmachung anzugeben. Die Interessen der Unternehmen, die nach § 2 Abs. 1 des Hessischen Mittelstandsförderungsgesetzes vom 25. März 2013 (GVBl. S. 119) zur mittelständischen Wirtschaft zählen, sind bei der Angebotsaufforderung vornehmlich zu berücksichtigen. Leistungen sollen primär in Losen, in der Menge aufgeteilt (Teillose) und/oder getrennt nach Art oder Fachgebiet (Fachlose), eigenständig ausgeschrieben und vergeben werden. Lose dürfen in einem Vergabeverfahren nur zusammengefasst werden, soweit wirtschaftliche oder technische Gründe das erfordern. Ausreichende Bewerbungs- und Angebotsfristen sind zu gewähren. Bieter- und Bewerbergemeinschaften sind zuzulassen, es sei denn, wettbewerbsbeschränkende Gründe stehen dem entgegen. Die Bildung von Bieter- und Bewerbergemeinschaften darf nicht durch Verfahrens- und Vertragsbedingungen behindert werden. Bietergemeinschaften haben in den Angeboten die Mitglieder sowie eines ihrer Mitglieder als bevollmächtigte Vertreterin oder bevollmächtigten Vertreter für den Abschluss und die Durchführung des Vertrages zu benennen. Fehlen diese Angaben im Angebot, sind sie vor dem Zuschlag beizubringen. Hauptauftragnehmer sind verpflichtet, auf Verlangen des öffentlichen Auftraggebers oder des Bestellers im Angebot oder spätestens vor Beginn der Auftragsausführung die geeigneten Nachunternehmen und Verleihunternehmen zu benennen und die Zustimmung des öffentlichen Auftraggebers oder Bestellers einzuholen. Eine Beschränkte Ausschreibung oder Freihändige Vergabe ist ohne Vorliegen der nach den Vergabeund Vertragsordnungen dafür erforderlichen Voraussetzungen zulässig, wenn folgende Auftragswerte (Vergabefreigrenzen) nicht erreicht werden: 1. 2. Bauleistungen je Gewerk (Fachlos): a) bei Beschränkter Ausschreibung 1 Million Euro, b) bei Freihändiger Vergabe 100 000 Euro, Lieferungen und Leistungen je Auftrag: a) bei Beschränkter Ausschreibung 207 000 Euro, b) bei Freihändiger Vergabe 100 000 Euro, 26 soweit das Recht der Europäischen Union dem nicht entgegensteht. Werden mehrere Gewerke (Fachlose) ausnahmsweise erhöhen sich die Werte nicht. Zur Vermeidung und Verfolgung gesetzwidriger Praktiken bei Vergabeverfahren sind eine sorgfältige Überwachung durchzuführen und eine ausführliche und nachvollziehbare Dokumentation vorzunehmen, die mindestens die folgenden Angaben enthält: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. Bedarfs- und Beschaffungsstelle, Auftrag, Vergabeart, aufgeforderte Bewerber und Bieter (Name, Firma, Ort), Auftragnehmer (Name, Firma, Ort) mit Begründung der Zuschlagsentscheidung, alle Angebote, Übersicht aller nachgerechneten Angebotspreise (Preisspiegel), abgeschlossener Vertragspreis, abgerechnetes Entgelt einschließlich Nachträge, die für das Vergabeverfahren, die Vergabeentscheidung und Abnahme zuständige Person oder zuständigen Personen. Bei der Vergabe eines Auftrags ab einem Auftragswert von 15 000 Euro ohne Umsatzsteuer gibt der öffentliche Auftraggeber oder Besteller bei Beschränkten Ausschreibungen ohne Interessenbekundungsverfahren und bei Freihändigen Vergaben ohne Interessenbekundungsverfahren für drei Monate seinen Namen und Anschrift, den Namen des Auftragnehmers, den Auftragsgegenstand und bei Bauleistungen den Ort der Ausführung in der HAD bekannt. Dies gilt nicht bei Vergabeverfahren, die der Geheimhaltung unterliegen. Soweit es sich bei dem beauftragten Unternehmen um eine natürliche Person handelt, ist deren Einwilligung einzuholen oder die Angabe des Namens zu anonymisieren. Die Beschaffung und anschließende Auftragsausführung sollen durch eine von der Vergabestelle unabhängige Stelle wenigstens stichprobenweise kontrolliert und ausführlich dokumentiert werden. Andere geeignete Kontrollverfahren bleiben freigestellt. Bei einem geschätzten Auftragswert für 1. Bauleistungen ab 50 000 Euro, 2. Lieferungen und Leistungen ab 20 000 Euro sind Bieter mit einem auffällig niedrigen Angebot, welches den Zuschlag erhalten soll, aufzufordern, in einem gesonderten verschlossenen Umschlag die Urkalkulation des Angebots einzureichen. Dieser Umschlag darf nur zur Ermittlung der Angemessenheit eines auffällig niedrigen Angebots in Anwesenheit des Bieters oder Auftragnehmers geöffnet werden. Die Daten sind vertraulich zu behandeln und danach wieder verschlossen zu den Vergabeakten zu nehmen. Öffentliche Auftraggeber oder Besteller können von Bietern verlangen, die Urkalkulation in einem gesonderten verschlossenen Umschlag vor Auftragsvergabe (Zuschlag) einzureichen. Der Umschlag mit der Urkalkulation kann bei einem Nachtrag oder einer Mehrforderung im Rahmen eines abgeschlossenen Vertrags zur Prüfung der Grundlagen der Preise geöffnet werden. Das gilt auch im Falle der eingereichten Urkalkulation. Angebote für Planungsleistungen, die in Freihändiger Vergabe oder im EU-weiten Verhandlungsverfahren vergeben werden, können getrennt nach Dienstleistung und Entgelt in zwei verschlossenen Umschlägen gefordert werden (Zwei-Umschlagsverfahren). Die Dienstleistung muss eine eigenstän27 dige Planungsleistung sein. Allein die Bezugnahme auf die in der Vergabebekanntmachung vorgegebenen oder in einer Honorarordnung enthaltenen Leistungsbilder ist nicht ausreichend für das ZweiUmschlagsverfahren. Die Umschläge mit den Entgelten sind erst nach vorläufig abschließender Wertung sowie Reihung und Ausschluss der Leistungsangebote für die Planungsleistung zu öffnen und zu werten. Der Zuschlag darf nur auf das unter Berücksichtigung aller Umstände wirtschaftlichste Angebot erteilt werden. Der niedrigste Preis allein ist nicht entscheidend. Auf Angebote mit einem unangemessenen hohen oder niedrigen Preis darf der Zuschlag nicht erteilt werden. Erscheint ein Angebotspreis unangemessen niedrig und ist anhand der vorliegenden Unterlagen über die Preisermittlung die Angemessenheit nicht zu beurteilen, ist in Textform vom Bieter Aufklärung über die Kalkulation der Preise für die Gesamtleistung oder Teilleistung unter Festsetzung einer angemessenen Antwortfrist zu verlangen. Bei der Beurteilung der Angemessenheit sind die Wirtschaftlichkeit des Angebots, die Nachhaltigkeit, die gewählte technische Lösung und Eigenschaft, der technische Wert, die Ästhetik, die Zweckmäßigkeit, Umwelteigenschaft, Betriebskosten, Lebenszykluskosten, Rentabilität, der Kundendienst und die technische Hilfe sowie die Qualität und andere günstige Ausführungsbedingungen je nach Auftragsgegenstand zu berücksichtigen. Liegt der Schwellenwert eines Auftrags unterhalb von 10 000 Euro, sind die Verpflichtungen bezüglich Tariftreue und Mindestlohn einzuhalten. Auf die entsprechenden Nachweise kann verzichtet werden. Die Vergabe und Ausführung öffentlicher Aufträge unterhalb von 10 000 Euro können unbeschadet des Haushaltsrechtes durch Verwaltungsvorschrift gesondert geregelt werden. Informieren Sie sich als öffentlicher Auftraggeber und als Bewerber und Bieter über die Neuerungen für die Vergabepraxis! Aufgrund der hohen Nachfrage, freuen wir uns Ihnen weitere Termine anbieten zu können: Termine Kassel 28.04. Gießen 30.04. Frankfurt 11.05. Darmstadt 13.05. jeweils zentral gelegenes Schulungshotel Agenda Aktuelle Entwicklungen im Vergaberecht Das neue Hessische Vergabegesetz Tariftreuepflicht Mindestentgelt Tariftreue- und sonstige Verpflichtungserklärungen Nachunternehmen, Verleihunternehmen Vergabearten Bekanntmachung, Wettbewerb Fördergrundsätze Vergabefreigrenzen Urkalkulation, Zwei-Umschlagsverfahren Zuschlag, Preise 28 Aktuelle Rechtsprechung VK Hessen OLG Frankfurt Beginn 9 Uhr Mittagessen 12 bis 13 Uhr Ende 16 Uhr Schulungsleiter Rechtsanwalt Dr. Thomas Ax, Seniorpartner und Gründer der Rechtsanwaltskanzlei Ax Rechtsanwälte – Vergaberecht und Vertragsrecht. Ax ist seit mehr als 20 Jahren äußerst erfolgreich vergabe- und vertragsrechtlich für öffentliche Auftraggeber und für Bewerber und Bieter in Hessen unterwegs und hat sich als anerkannter Experte, Rechtsanwalt, Professor, Lehrbeauftragter, Verfasser zahlreicher Kommentare, Handbücher, Bücher, Herausgeber und Schriftleiter zahlreicher Zeitschriften u.v.m. einen sehr guten Namen und einen ebenso sehr guten Ruf erarbeitet. Die Rechtsanwaltskanzlei Ax Rechtsanwälte - Vergaberecht und Vertragsrecht mit Sitz in Neckargemünd berät Auftraggeber- oder Unternehmer-Kunden ausschließlich in Sachen Vergabe- und Vertragsrecht mit einem multiprofessionellen Team und zwar: versiert, interessengerecht und konsequent und vor allen Dingen orientiert an den jeweiligen Bedürfnissen der jeweiligen sehr geschätzten Auftraggeber- oder Unternehmer-Kunden. Ax Rechtsanwälte mit einem multiprofessionellen Team für Vergaberecht und Vertragsrecht für Auftraggeber und Unternehmen. Neben der anwaltlichen Dienstleistung bieten Ax Rechtsanwälte auch ein umfassendes Schulungsangebot im Bereich Vergaberecht/Vergabemanagement und Vertragsrecht/Vertragsmanagement. Ax Rechtsanwälte beraten öffentliche Auftraggeber und Bewerber, Bieter und Auftragnehmer rund um die Beauftragung und Erbringung von Bau-, Liefer- und Dienstleistungen auf Grundlage des in der anwaltlichen Praxis erprobten, ganzheitlichen Ansatzes Vergabeund Vertragsmanagement, kurz: VergMan® und Vertragsmanagement, kurz: VertragsMan Bauleistungen, Lieferleistungen, Dienstleistungen. Anmeldungen AX, Rechtsanwälte Bahnhofstr. 54 69151 Neckargemünd Fax: 06223-8688614 E-Mail: mail@ax-rechtsanwaelte.de http://www.ax-rechtsanwaelte.de Teilnahmebeitrag 99,- Euro zzgl. MwSt. Auch als Inhouse-Schulung zu attraktiven Konditionen buchbar. 29 Intensivschulung Alles über das Vergaberecht 2015/2016 – Bestandsaufnahme, Entwicklungen und alle Neuerungen Praxistipps und Workshops zur praktischen Anwendung und Umsetzung 19.05.2015 bis 21.05.2015 in Neckargemünd Hintergrund: Die neuen EU-Vergaberichtlinien bringen erhebliche Neuerungen und Änderungen auch für das deutsche Vergaberecht mit sich. Das deutsche Vergaberecht wird sich nicht nur inhaltlich und strukturell komplett ändern. Lernen Sie bei Alles über das Vergaberecht 2015/2016 die beabsichtigte nationale Umsetzung kennen, die dann im Frühjahr 2016 in Kraft treten wird. Gesetzesänderungen, Neuerungen und Reformüberlegungen auf nationaler Ebene sowie in vielen Bundesländern (Stichworte: Tariftreue, Mindestlohn, Beachtung der ILO-Kernarbeitsnormen, Frauenförderung, Umweltschutz und Berücksichtigung von Energieeffizienz bei der Vergabe öffentlicher Aufträge) machen eine rechtssichere Beschaffung von Bau-, Liefer- und Dienstleistungen in der Praxis immer anspruchsvoller. Lernen Sie bei uns die Besonderheiten kennen und handhaben! Dazu trägt auch die immer unübersichtlicher werdende Entscheidungspraxis der Vergabekammern und Vergabesenate und des BGHs bei. Lernen Sie bei uns die maßgeblichen Entscheidungen kennen und einordnen! Alles über das Vergaberecht 2015/2016 bietet Vorteile: Ihr Schulungsleiter stellt Ihnen kreative und interessengerechte Gestaltungsmöglichkeiten bei nationalen und EU-weiten Beschaffungsvorhaben ausführlich und anschaulich vor. Sie haben die Gelegenheit, sich direkt und individuell einzubringen, aufkommende Fragen intensiv zu erörtern und Erfahrungen auszutauschen. Ihr Schulungsleiter stellt Ihnen alle Neuerungen und die Auswirkungen auf Ihre Beschaffungspraxis vor. Mit praktischen Hinweisen und Beispielen aus der Spruchpraxis der Nachprüfungsinstanzen verdeutlicht Ihnen Ihr Schulungsleiter, unter welchen Voraussetzungen ein Vergabeverfahren von den ersten Überlegungen bis zur Zuschlagserteilung rechtssicher durchgeführt werden kann. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer von Alles über das Vergaberecht 2015/2016 werden – auch durch die praktische Arbeit in Workshops – in die Lage versetzt, die typischen Risiken und Fehlerquellen eines Vergabeverfahrens zu erkennen und bei der eigenen Durchführung von Vergabeverfahren die notwendige Sicherheit zu erlangen. Während Alles über das Vergaberecht 2015/2016 besteht ausreichend Gelegenheit, eigene Erfahrungen auszutauschen und individuelle Fragestellungen mit den anderen Teilnehmerinnen und Teilnehmern und dem Schulungsleiter zu klären. Zielgruppe: Vergabestellen von Bund, Ländern und Kommunen Unternehmen, die sich an Vergabeverfahren beteiligen oder dies beabsichtigen Berater und/oder Sachverständige, die auf Bieterseite tätig sind oder Vergabestellen bei der Durchführung von Vergabeverfahren betreuen Personen, die sich einen Überblick über das geltende Vergaberecht verschaffen wollen. Alles über das Vergaberecht 2015 ist sehr praxisorientiert ausgerichtet und wendet sich auch an Teilnehmerinnen und Teilnehmer ohne juristische Ausbildung. Das Programm bis 14.00 14.00 – 15.30 Alles über das Vergaberecht 2015/2016 – Programm Tag 1: Dienstag, 19.5.2015 Anreise der Teilnehmerinnen und Teilnehmer; ab 13 Uhr: kleiner Imbiss, Registrierung, Ausgabe der Tagungsunterlagen Die neuen EU-Vergaberichtlinien und ihre Umsetzung in Deutschland Die neuen EU-Vergaberichtlinien und deren Auswirkungen auf Vergaben ober- und unterhalb der Schwellenwerte Darstellung der wesentliche Neuerungen Sonstige Entwicklungen (z.B. bei Konzessionsvergaben) 30 15:30 – 16:00 16.00 – 17.30 17.30 19.00 08.30 – 09.00 09.00 – 10.30 10.30 – 11.00 11.30 – 12.30 12.30 – 13.30 13.30 – 14.30 14.30 – 15.00 15.00 – 17.30 17:30 18:00 Umsetzung in Deutschland: inhaltliche und strukturelle Neuausrichtung des deutschen Vergaberechts Kaffeepause Vergaberecht 2015/2016 Übersicht über den aktuellen Stand der Gesetzgebung auf Bundes- und Länderebene Aktuelle Entwicklungen und “Highlights” in der Spruchpraxis der Nachprüfungsinstanzen Ausblick und Tendenzen Ende des ersten Schulungstags Gemeinsames Abendessen mit dem Schulungsleiter in Heidelberg Alles über das Vergaberecht 2015/2016 - Programm Tag 2: Mittwoch, 20.5.2015 Empfang mit Kaffee und Tee Praxisrelevante Dauerbrenner Umgang mit Ausschlussgründen Rechtssichere Wahl und Anwendung von Eignungs- und Zuschlagskriterien Nachforderung fehlender Unterlagen, Umgang mit fehlenden Preisen Berücksichtigung der Energieeffizienz in der Leistungsbeschreibung und als Zuschlagskriterium Zulässigkeit von und Umgang mit Nebenangeboten Zulässigkeit von Bietergemeinschaften und parallele Beteiligung von Bietern an Vergabeverfahren Umgang mit Änderungs- und Anpassungsbedarf im Vergabeverfahren und nach Abschluss des Vertrags Kaffeepause Highlights des Bauvergaberechts in der Praxis, u.a.: Fach- und Teillosvergabe – Pflichten und Freiräume Praxis der Zulassung von Nebenangeboten Folgen der Verzögerung von Vergaben und Bindefristverlängerung sowie Verzögerungen bei den ‘Ausführungsfristen Produktneutralität versus Leistungsbestimmungsrecht Neuerungen im VHB Gemeinsames Mittagessen Praxisworkshop zu einem aktuellen Thema mit ausführlicher Besprechung des Lösungsansatzes Kaffeepause Highlights der Vergabe von Liefer- und Dienstleistungen, u.a.: Rahmenvereinbarungen und Dynamische Elektronische Verfahren (DEV) Vergabe von nachrangigen Dienstleistungen Abgrenzung zur Vergabe von freiberuflichen Leistungen nach VOF Berücksichtigung von unternehmensbezogenen Qualitätskriterien bei der Zuschlagserteilung (bei nachrangigen Dienstleistungen) Ende des zweiten Schulungstages Gemeinsames Abendessen in Neckargemünd 31 08.30 – 09.00 09.00 – 10.30 10.30 – 11.00 11.00 – 12.00 12.00 – 12.30 12.30 – 14.00 Alles über das Vergaberecht 2015/2016 - Programm Tag 3: Donnerstag, 21.5.2015 Empfang mit Kaffee und Tee Rechtsschutz im Vergabeverfahren Rechtsschutz unterhalb der Schwellenwerte und landesrechtliche Besonderheiten GWB-Rechtsschutz oberhalb der Schwellenwerte – aktuelle Entwicklungen in der Rechtsprechung Schadensersatz bei Pflichtverstößen Kaffeepause Landesvergaberecht Überblick über die Kernregelungen in den einzelnen Ländern (Mindestlohn, ILO-Kernarbeitsnormen, umweltfreundliche Beschaffung etc.) Vergabesperren und vorzeitige Tilgung Auswirkungen auf die Vergabepraxis durch Ergänzung der allgemeinen Bestimmungen Rechtskonformität der landesrechtlichen Regelungen? Die Entscheidungen des EuGH gegen die Landesvergabegesetze NRW und Rheinland-Pfalz und weitere Entscheidungen aus der Nachprüfungspraxis Abschließende Diskussion der Themen der Intensivschulung Ausgabe der Teilnahmebescheinigungen; Ausklang mit Imbiss Teilnehmerinnen/Teilnehmer: Die Intensivschulung wendet sich insbesondere an Vergabestellen der kommunalen Verwaltung sowie der Landesverwaltung, Sonstige öffentliche Auftraggeber in Sachsen-Anhalt, Unternehmen, die aufgrund von Fördermittelbescheiden das Vergaberecht anzuwenden haben. Ort: Neckargemünd/Tagungszentrum Ax Rechtsanwälte Intensivschulungspreis: 1399,- Euro zzgl. MwSt. Kaffee, Tee, Mittagessen, Getränke, Schulungsunterlagen eingeschlossen. Anmeldung bei: AX Rechtsanwälte Bahnhofstraße 54 69151 Neckargemünd Tel.: 0151-46197684 Fax: 06223-8688614 anmeldung@ax-rechtsanwaelte.de Allgemeine Teilnahmebedingungen: Im Intensivschulungspreis sind Kaffee, Mittagessen, Getränke, Schulungsunterlagen und Teilnahmezeugnisse enthalten. Ihre Übernachtung ist im Preis nicht inbegriffen. Wenn Sie sich für eine Veranstaltung angemeldet haben, an der Sie aus beruflichen oder privaten Gründen nicht teilnehmen können, akzeptieren wir ohne zusätzliche Kosten einen Ersatzteilnehmer. Eine kostenfreie Stornierung ist bis sieben Werktage vor dem Veranstaltungsbeginn nur in schriftlicher Form möglich. Stornieren Sie später als sieben Werktage vor Veranstaltungsbeginn, müssen wir Ihnen den Gesamtbetrag berechnen. Bitte beachten Sie, dass eine Stornierung nur in schriftlicher Form möglich ist. 32 Intensivschulung Landesvergaberecht Sachsen-Anhalt in der Praxis und aktuelle Rechtsprechung 07.05.2015 in Magdeburg Hintergrund: Der Erlass von Landesvergabegesetzen in nahezu jedem Bundesland hat die Vergabe und Durchführung öffentlicher Aufträge für Länder und Kommunen erheblich verkompliziert. Die Landesvergabegesetze stellen zusätzlich zu den bundesweit geltenden Regelungen des Vergaberechts vor allem Anforderungen an die formalen und inhaltlichen Modalitäten des Vergabeverfahrens, die vertragliche Ausgestaltung des Auftrags und die Auftragsausführung. Eine besondere Herausforderung ist hierbei die Umsetzung von zahlreichen Anforderungen, die im Vergaberecht bislang als „vergabefremde Kriterien“ bezeichnet wurden. Dies betrifft insbesondere die Anforderungen an Tariftreue und Entgeltgleichheit, die Einhaltung der ILO-Kernarbeitsnormen sowie die Berücksichtigung von sozialen, umweltbezogenen und innovativen Aspekten bei der Vergabe. Diese Elemente stehen auch im Mittelpunkt des Landesvergabegesetzes Sachsen-Anhalt (LVG LSA). Mussten die öffentlichen Auftraggeber sich bisher allein an den Gesetzestexten und teilweise an Durchführungsvorschriften orientieren, liegen inzwischen erste Gerichtsentscheidungen sowie praktische Erfahrungen vor, die für auch für die Auftragsvergabe in Sachsen-Anhalt unter dem Landesvergaberecht herangezogen werden können. Inhalt: In der Intensivschulung wird das Landesvergaberecht von Sachsen-Anhalt zunächst in den rechtlichen Rahmen eingeordnet, der bei der Vergabe öffentlicher Aufträge gilt und von den Auftraggebern eingehalten werden muss. Im Rahmen der anschließenden Darstellung der einzelnen landesrechtlichen Regelungen werden dann sowohl die Handlungs- und Gestaltungsspielräume als auch die Risiken aufgezeigt, die sich bei der Anwendung des Landesvergaberechts herausgestellt haben. 08.30 – 09.00 Empfang mit Kaffee und Tee und Ausgabe der Tagungsunterlagen 09.00 – 10.00 Grundlagen des Vergaberechts und Landesvergaberecht Aufbau des deutschen Vergaberechts und Einordnung des Landesrechts von Sachsen-Anhalt Subjektiver und objektiver Anwendungsbereich Ausnahmen vom Anwendungsbereich Prinzipien und Grundzüge des Vergaberechts Anforderungen im Unterschwellenbereich Landesvergaberecht Sachsen-Anhalt im Verhältnis zum bundesrechtlichen Vergaberecht Einleitender Überblick Subjektiver und objektiver Anwendungsbereich des Landesvergaberechts Modifikationen und Ergänzungen der “allgemeinen” Vergabevorschriften von VOB/A, VOL/A und VOF (Eignungsanforderungen; Rechtsnatur der besonderen Anforderungen des Landesvergaberechts) Wertgrenzen 10.00 – 11:00 33 11.00 – 11.15 11.15 – 13.00 13.00 – 14.00 14.00 – 15.15 15.15 – 15.45 15.45 – 16.45 16.45 – 17.00 Pause mit Kaffee und Tee Materielle Anforderungen des Landesvergaberechts Sachsen-Anhalt Soziale Belange bei der Vergabe öffentlicher Aufträge Tariftreue- und Entgeltgleichheit, Besonderheiten im Bereich ÖPNV/SPNV Beachtung der ILO-Kernarbeitsnormen Kontrolle von Nachunternehmern Umweltfreundliche Beschaffung, einschließlich der aktuellen Entwicklungen auf Bundesebene Darstellung und Erläuterung der Vorschriften einschließlich der hierzu existierenden Rundschreiben, Erlasse und Formulare und der hierzu ergangen Rechtsprechung der Nachprüfungsinstanzen und des EuGH Mittagessen Kontroll- und Sanktionsmöglichkeiten des Landesvergaberechts Sachsen-Anhalt Kontrolle der Einhaltung der landesvergaberechtlichen Vorschriften Sanktionen bei Verstoß gegen die Pflichten, insb. Auftragssperren und Eintragungen in das Korruptionsregister Anforderungen an eine vorzeitige Tilgung einer Auftragssperre bzw. einer Eintragung in das Korruptionsregister Darstellung und Erläuterung der Vorschriften einschließlich der hierzu existierenden Rundschreiben, Erlasse und Formulare Pause mit Kaffee und Tee Risiken bei Verstößen gegen das Landesvergaberecht Sachsen-Anhalt Nachprüfungsverfahren gemäß § 102 ff. GWB Rechtsschutz vor der Vergabekammer bei Unterschwellenaufträgen nach § 19 LVG LSA Weitere Rechtsbehelfe benachteiligter Unternehmen Sonstige Risiken Zusammenfassung Teilnehmerinnen/Teilnehmer: Die Intensivschulung wendet sich insbesondere an Vergabestellen der kommunalen Verwaltung sowie der Landesverwaltung, Sonstige öffentliche Auftraggeber in Sachsen-Anhalt, Unternehmen, die aufgrund von Fördermittelbescheiden das Vergaberecht anzuwenden haben. Ort: Seminarhotel Magdeburg Zeit: 8:30 – 17:00 Uhr Ihr Schulungsteam: Rechtsanwalt Dr. jur. Thomas Ax, Maîtrise en Droit International Public (Paris X-Nanterre). Ax berät öffentliche Auftraggeber und Vergabestellen in allen Bereichen des Beschaffungswesens. Je nach Vereinbarung übernimmt Ax die folgenden Leistungen: Vergabemanagement – Ausschreibungsgestaltung Strukturierung des Vergabeprozesses Klärung von Vorfragen, z. B. Ausschreibungspflicht/Verfahrenswahl Erstellen von Ablaufplänen Gestaltung von Verdingungsunterlagen 34 Erstellung von Verfahrensbriefen Entwicklung von Bewertungsmodellen Erstellung von branchenbezogenen Verträgen Vergabemanagement – Laufende Beratung im Vergabeverfahren Behandlung von Bieterfragen und -rügen Moderation des gesamten Vergabeprozesses in den zuständigen Gremien Angebotsauswertung Unterstützung bei der Angebotsauswertung Beratung beim Ausschluss von Bietern Unterbreitung von Vergabevorschlägen Vergabemanagement – Abschluss des Vergabeverfahrens Endverhandlung/Vertragsabschluss Führen von Vertragsverhandlungen Vergabedokumentation Vermeidung von vergaberechtlichen Streitverfahren Für den öffentlichen Auftraggeber bedeutet der Antrag auf Überprüfung einer Vergabeentscheidung eine erhebliche Verzögerung, einen Auftrag zu erteilen und unter Umständen Mehrkosten, die durch die zeitliche Verschiebung entstehen. Im Vordergrund steht für Ax deshalb immer die Vermeidung von vergaberechtlichen Streitverfahren. Rügen bzw. Angriffsflächen für Rügen müssen vermieden werden. Rügen müssen als solche identifiziert und sachgerecht bearbeitet werden. Anwaltliche Vertretung von öffentlichen Auftraggebern bei Vergabekammer und Vergabesenat Gerne übernimmt Ax Mandate zur Vertretung öffentlicher Auftraggeber in vergaberechtlichen Streitverfahren. Dazu gehören die Prüfung von Nachprüfungsanträgen, die Durchsicht/Prüfung der Vergabeakten (ggfs. auch Bearbeitung und Vervielfältigung der Akten vor Versand zur Vergabekammer/OLG), die Erstellung von Erwiderungsschriftsätzen, Wahrnehmung von Verhandlungsterminen, die schriftliche Bewertung der Beschlüsse, die Erarbeitung und Umsetzung von Handlungsempfehlungen usw. In zahlreichen Fällen hat Ax mit sofortigen Beschwerden gegen den öffentlichen Auftraggeber ergangene nachteilige Beschlüsse der zuständigen Vergabekammer zur Aufhebung gebracht. Die Usancen der für den jeweiligen Auftraggeber zuständigen Vergabekammer und des Vergabesenats sind aus vielen zig Nachprüfungsverfahren bekannt. Die schriftsätzlichen und sonstigen Äußerungen haben dort Gewicht. Ax ist in gutem Sinne bekannt und findet bei den Vergabekammern und den Vergabesenaten einfach und unkompliziert Gehör. Intensivschulungspreis: 399,- Euro zzgl. MwSt. Kaffee, Tee, Mittagessen, Getränke, Schulungsunterlagen eingeschlossen. Anmeldung bei: AX Rechtsanwälte Bahnhofstr. 54 69151 Neckargemünd Tel.: 06223/8688613 Fax: 06223/8688614 mail@ax-rechtsanwaelte.de 35 Allgemeine Teilnahmebedingungen: Im Intensivschulungspreis sind Kaffee, Mittagessen, Getränke, Schulungsunterlagen und Teilnahmezeugnisse enthalten. Ihre Übernachtung ist im Preis nicht inbegriffen. Wenn Sie sich für eine Veranstaltung angemeldet haben, an der Sie aus beruflichen oder privaten Gründen nicht teilnehmen können, akzeptieren wir ohne zusätzliche Kosten einen Ersatzteilnehmer. Eine kostenfreie Stornierung ist bis sieben Werktage vor dem Veranstaltungsbeginn nur in schriftlicher Form möglich. Stornieren Sie später als sieben Werktage vor Veranstaltungsbeginn, müssen wir Ihnen den Gesamtbetrag berechnen. Bitte beachten Sie, dass eine Stornierung nur in schriftlicher Form möglich ist. Intensivschulung Berliner Ausschreibungs- und Vergabegesetz (BerlAVG) sowie Brandenburgisches Vergabegesetz (BbgVergG) in der Praxis am 05.05.2015 in Potsdam Hintergrund: Der Erlass von Landesvergabegesetzen in nahezu jedem Bundesland hat die Vergabe und Durchführung öffentlicher Aufträge für Länder und Kommunen erheblich verkompliziert. Die Landesvergabegesetze stellen zusätzlich zu den bundesweit geltenden Regelungen des Vergaberechts vor allem Anforderungen an die formalen und inhaltlichen Modalitäten des Vergabeverfahrens, die vertragliche Ausgestaltung des Auftrags und die Auftragsausführung. Eine besondere Herausforderung ist hierbei die Umsetzung von zahlreichen Anforderungen, die im Vergaberecht bislang als „vergabefremde Kriterien“ bezeichnet wurden. Dies betrifft insbesondere die Vergütung nach dem gesetzlich festgelegten Mindestlohn sowie die Berücksichtigung von sozialen, umweltbezogenen und innovativen Aspekten. Diese Elemente stehen auch im Mittelpunkt des Berliner Ausschreibungs- und Vergabegesetzes (BerlAVG) sowie des Brandenburgischen Vergabegesetzes (BbgVergG). Mussten die öffentlichen Auftraggeber sich bisher allein an den Gesetzestexten und teilweise an Durchführungsvorschriften orientieren, liegen inzwischen erste Gerichtsentscheidungen sowie praktische Erfahrungen vor, die für auch für die Auftragsvergabe in Berlin und Brandenburg unter dem dortigen Landesvergaberecht herangezogen werden können. Inhalt: In der Intensivschulung wird das Landesvergaberecht von Berlin und Brandenburg zunächst in den rechtlichen Rahmen eingeordnet, der bei der Vergabe öffentlicher Aufträge gilt und von den Auftraggebern eingehalten werden muss. Im Rahmen der anschließenden Darstellung der einzelnen landesrechtlichen Regelungen werden dann sowohl die Handlungs- und Gestaltungsspielräume als auch die Risiken aufgezeigt, die sich bei der Anwendung des Landesvergaberechts herausgestellt haben. 08.30 – 09.00 09.00 – 10.00 10.00 – 11:00 Empfang mit Kaffee und Tee und Ausgabe der Tagungsunterlagen Grundlagen des Vergaberechts und Landesvergaberecht Aufbau des deutschen Vergaberechts und Einordnung des Landesrechts Berlin / Brandenburg Subjektiver und objektiver Anwendungsbereich Ausnahmen vom Anwendungsbereich Prinzipien und Grundzüge des Vergaberechts Anforderungen im Unterschwellenbereich Landesvergaberecht Berlin / Brandenburg im Verhältnis zum bundesrecht36 11.00 – 11.15 11.15 – 13.00 13.00 – 14.00 14.00 – 15.15 15.15 – 15.45 15.45 – 16.45 16.45 – 17.00 lichen Vergaberecht Einleitender Überblick Subjektiver und objektiver Anwendungsbereich des Landesvergaberechts Modifikationen und Ergänzungen der “allgemeinen” Vergabevorschriften von VOB/A, VOL/A und VOF (Eignungsanforderungen; Rechtsnatur der besonderen Anforderungen des Landesvergaberechts) Wertgrenzen Pause mit Kaffee und Tee Materielle Anforderungen des Landesvergaberechts Berlin / Brandenburg Tariftreue- und Mindestlohnvorgaben, Besonderheiten im Bereich ÖPNV/SPNV Frauenförderung bei der Vergabe öffentlicher Aufträge Beachtung der ILO-Kernarbeitsnormen Umweltfreundliche Beschaffung, einschließlich der aktuellen Entwicklungen auf Bundesebene Bevorzugung von Ausbildungsbetrieben Darstellung und Erläuterung der Vorschriften einschließlich der hierzu existierenden Rundschreiben, Erlasse und Formulare und der hierzu ergangen Rechtsprechung der Nachprüfungsinstanzen und des EuGH Mittagessen Kontroll- und Sanktionsmöglichkeiten des Landesvergaberechts Berlin / Brandenburg Kontrolle der Einhaltung der landesvergaberechtlichen Vorschriften Sanktionen bei Verstoß gegen die Pflichten, insb. Auftragssperren und Eintragungen in das Korruptionsregister Anforderungen an eine vorzeitige Tilgung einer Auftragssperre bzw. einer Eintragung in das Korruptionsregister Darstellung und Erläuterung der Vorschriften einschließlich der hierzu existierenden Rundschreiben, Erlasse und Formulare Pause mit Kaffee und Tee Risiken bei Verstößen gegen das Landesvergaberecht Berlin / Brandenburg Nachprüfungsverfahren gemäß § 102 ff. GWB Weitere Rechtsbehelfe benachteiligter Unternehmen Sonstige Risiken Zusammenfassung Teilnehmerinnen/Teilnehmer: Die Intensivschulung wendet sich insbesondere an Vergabestellen der kommunalen Verwaltung sowie der Landesverwaltung, Sonstige öffentliche Auftraggeber in den Ländern Berlin und Brandenburg, Unternehmen, die aufgrund von Fördermittelbescheiden das Vergaberecht anzuwenden haben. Ort: Seminarhotel Potsdam Zeit: 8:30 – 17:00 Uhr Ihr Schulungsteam: Rechtsanwalt Dr. jur. Thomas Ax, Maîtrise en Droit International Public (Paris X-Nanterre). Ax berät öffentliche Auftraggeber und Vergabestellen in allen Bereichen des Beschaffungswesens. 37 Je nach Vereinbarung übernimmt Ax die folgenden Leistungen: Vergabemanagement – Ausschreibungsgestaltung Strukturierung des Vergabeprozesses Klärung von Vorfragen, z. B. Ausschreibungspflicht/Verfahrenswahl Erstellen von Ablaufplänen Gestaltung von Verdingungsunterlagen Erstellung von Verfahrensbriefen Entwicklung von Bewertungsmodellen Erstellung von branchenbezogenen Verträgen Vergabemanagement – Laufende Beratung im Vergabeverfahren Behandlung von Bieterfragen und -rügen Moderation des gesamten Vergabeprozesses in den zuständigen Gremien Angebotsauswertung Unterstützung bei der Angebotsauswertung Beratung beim Ausschluss von Bietern Unterbreitung von Vergabevorschlägen Vergabemanagement – Abschluss des Vergabeverfahrens Endverhandlung/Vertragsabschluss Führen von Vertragsverhandlungen Vergabedokumentation Vermeidung von vergaberechtlichen Streitverfahren Für den öffentlichen Auftraggeber bedeutet der Antrag auf Überprüfung einer Vergabeentscheidung eine erhebliche Verzögerung, einen Auftrag zu erteilen und unter Umständen Mehrkosten, die durch die zeitliche Verschiebung entstehen. Im Vordergrund steht für Ax deshalb immer die Vermeidung von vergaberechtlichen Streitverfahren. Rügen bzw. Angriffsflächen für Rügen müssen vermieden werden. Rügen müssen als solche identifiziert und sachgerecht bearbeitet werden. Anwaltliche Vertretung von öffentlichen Auftraggebern bei Vergabekammer und Vergabesenat Gerne übernimmt Ax Mandate zur Vertretung öffentlicher Auftraggeber in vergaberechtlichen Streitverfahren. Dazu gehören die Prüfung von Nachprüfungsanträgen, die Durchsicht/Prüfung der Vergabeakten (ggfs. auch Bearbeitung und Vervielfältigung der Akten vor Versand zur Vergabekammer/OLG), die Erstellung von Erwiderungsschriftsätzen, Wahrnehmung von Verhandlungsterminen, die schriftliche Bewertung der Beschlüsse, die Erarbeitung und Umsetzung von Handlungsempfehlungen usw. In zahlreichen Fällen hat Ax mit sofortigen Beschwerden gegen den öffentlichen Auftraggeber ergangene nachteilige Beschlüsse der zuständigen Vergabekammer zur Aufhebung gebracht. Die Usancen der für den jeweiligen Auftraggeber zuständigen Vergabekammer und des Vergabesenats sind aus vielen zig Nachprüfungsverfahren bekannt. Die schriftsätzlichen und sonstigen Äußerungen haben dort Gewicht. Ax ist in gutem Sinne bekannt und findet bei den Vergabekammern und den Vergabesenaten einfach und unkompliziert Gehör. Intensivschulungspreis: 399,- Euro zzgl. MwSt. Kaffee, Tee, Mittagessen, Getränke, Schulungsunterlagen eingeschlossen. 38 Anmeldung bei: AX Rechtsanwälte Bahnhofstr. 54 69151 Neckargemünd Tel.: 06223/8688613 Fax: 06223/8688614 mail@ax-rechtsanwaelte.de Allgemeine Teilnahmebedingungen: Im Intensivschulungspreis sind Kaffee, Mittagessen, Getränke, Schulungsunterlagen und Teilnahmezeugnisse enthalten. Ihre Übernachtung ist im Preis nicht inbegriffen. Wenn Sie sich für eine Veranstaltung angemeldet haben, an der Sie aus beruflichen oder privaten Gründen nicht teilnehmen können, akzeptieren wir ohne zusätzliche Kosten einen Ersatzteilnehmer. Eine kostenfreie Stornierung ist bis sieben Werktage vor dem Veranstaltungsbeginn nur in schriftlicher Form möglich. Stornieren Sie später als sieben Werktage vor Veranstaltungsbeginn, müssen wir Ihnen den Gesamtbetrag berechnen. Bitte beachten Sie, dass eine Stornierung nur in schriftlicher Form möglich ist. 39 Lehrgang für die Praxis Privates Baurecht – Lehrgang für die Praxis in 6 Teilen Teil 1 (A. Einführung Werkvertrag/Bauvertrag und B. Vertragsabschluss) Teil 2 (C. Schnittstellen) Teil 3 (D. Vertragsabwicklung – Teil 1) Teil 4 (D. Vertragsabwicklung – Teil 2) Teil 5 (E. Sicherheiten) Teil 6 (F. Versicherungen) A. Einführung Werkvertrag/Bauvertrag I. Vertragstypus Bauvertrag Das deutsche Zivilrecht, vornehmlich kodifiziert im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), kennt etliche Vertragstypen, etwa Kauf-, Miete-, Leihe-, Geschäftsbesorgungs-, Dienst- (Arbeits-) oder Werkvertrag. Beim Werkvertrag schuldet der Auftragnehmer einen bestimmten Erfolg seiner Tätigkeit. Das unterscheidet den Werkvertrag vom reinen Dienst- (Arbeits-) Vertrag, bei dem lediglich die Tätigkeit, aber kein mit der Tätigkeit verbundener Erfolg geschuldet wird. Der Werkvertrag ist im BGB in einigen wenigen Paragrafen, §§ 631 – 651 BGB, geregelt. Der Anwendungsbereich der werkvertraglichen Vorschriften aus dem BGB ist groß: Er geht vom Schneidern eines Anzuges bis hin zur Errichtung einer großen Anlage, etwa einem Kraftwerk. Der Bauvertrag ist ein Werkvertrag. II. BGB und VOB/B Wegen des weitreichenden Anwendungsbereiches der werkvertraglichen Vorschriften des BGB bestand schon früh nach dem Inkrafttreten des BGB (01.01.1900) das Bedürfnis der Baubranche, über die sehr abstrakt gehaltenen werkvertraglichen Vorschriften des BGB hinaus weitere vereinheitlichte Vorschriften, zugeschnitten auf das bauvertragliche Geschehen anwenden zu können, um die Besonderheiten der bauvertragli- chen Abwicklung besser zu erfassen. Es liegt auf der Hand, dass der Herstellungsprozess bei einem Bau wesentlich vielschichtiger und komplizierter ist als etwa bei einem Kleidungsstück durch einen Schneider. Vor dem Hintergrund dieses Bedürfnisses entstand 1926 die Verdingungsordnung für Bauleistungen, später Allgemeine Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen (abgekürzt VOB/B) genannt. Der Rechtsnatur nach handelt es sich um ein vorformuliertes Klauselwerk, um Allgemeine Geschäftsbedingungen. Der Deutsche Vergabe- und Verdingungsausschuss für Bauleistungen (DVA), der diese VOB/B formuliert hat, setzte und setzt sich bis heute aus Vertretern beider Lager, also Auftraggeber (Bauherren) und Auftragnehmer (Bauunternehmen) zusammen. Dadurch soll die Ausgewogenheit der VOB/B zwischen Auftraggeber- und Auftragnehmerinteressen gewahrt bleiben. Die VOB/B wurde im Laufe der Zeit immer wieder modifiziert. Die aktuelle VOB/B hat den Stand 2012. Durch die letzte Änderung hat es in puncto Zahlungsverzug eine Anpassung an die im Laufe der Zeit europarechtlich modifizierten BGB-Vorschriften gegeben und zwar dergestalt, dass mit Ablauf von 30 Kalendertagen nach Zugang einer Rechnung „automatisch“ Zahlungsverzug eintritt, ohne dass es einer vorherigen Mahnung – wie bisher – bedarf, § 16 Abs. 5 Ziff. 3 S. 3 VOB/B (2012). Gleichwohl darf ein Auftragnehmer auch nach der neuen VOB/B seine Leistungen wegen Zahlungsverzuges erst dann einstellen, wenn er zuvor dem Auftraggeber eine Nachfrist zur Zahlung mit Androhung der Leistungseinstellung gesetzt hat, § 16 Abs. 5 Ziff. 4 VOB/B (2012). Trotz immer wieder geäußerter Kritik hat sich die VOB/B im Laufe der fast 90 Jahre ihres Bestehens bewährt. Sie bietet ein praktikables Instrument für die Vertragsabwicklung. Zurzeit gibt es eine Arbeitsgruppe beim Bundesministerium der Justiz, die die Aufgabe hat, 40 im Bürgerlichen Gesetzbuch, ergänzend zu den werkvertraglichen Vorschriften, spezielle bauvertragliche Vorschriften zu entwickeln. In dieser Arbeitsgruppe sitzen u.a. Vertreter der Bauverbände, der Architektenkammer und sonstiger Interessensgruppen. Es zeigt sich, dass vielfach auf der Grundlage der VOB/B-Regelungen versucht wird, ein gesetzliches Bauvertragsrecht zu formulieren. Das lässt den Schluss zu, dass die VOB/B aus den Köpfen der Baujuristen und letztlich aus dem Inhalt eines Bauvertragsrechtes, gleich ob es über Gesetz oder Allgemeine Geschäftsbedingungen gestaltet wird, in der heutigen Praxis nicht mehr wegzudenken ist. III. Spannungsverhältnis zwischen Erfolgshaftung/Mängelhaftung/Leistungsumfang (Bausoll)/Vergütung In dem Spannungsverhältnis zwischen Erfolgshaf tung/Mängelhaftung/Leistungsumfang/Vergütun g bewegen sich die meisten Baustreitigkeiten. Die Erfolgshaftung bestimmt letztlich den geschuldeten Leistungsumfang. Geschuldet ist alles an Leistungen, was zur Erreichung des werkvertraglichen Erfolges notwendig ist. Dieser nach der Erfolgshaftung geschuldete Leistungsumfang ist nicht immer identisch mit dem von der vereinbarten Vergütung erfassten Leistungsumfang. Er kann darüber hinausgehen. So kann es vorkommen, dass ein Auftragnehmer wegen Nichterreichung des werkvertraglichen Erfolges in der Mängelhaftung steht, obwohl er alles, so wie im Vertrag vorgegeben, richtig gemacht hat und er trotzdem weiter leisten muss. Gleichwohl kann er unter Umständen aber für diese zur Erreichung des werkvertraglichen Erfolges notwendigen, zusätzlichen Leistungen über die vertraglich vereinbarte Vergütung hinaus noch eine weitere, nachtragsgegenständliche Vergütung verlangen. Ein bauliches Werk ist also nicht nur dann mangelbehaftet, wenn der Auftragnehmer anders oder schlechter geleistet hat, als vertraglich vereinbart (dazu im Einzelnen nachfolgend unter D.III.1), sondern auch dann, wenn der Erfolg – die Funktion – nicht erreicht wird, obwohl die vertraglich vereinbarten Leistungen ordnungsgemäß umgesetzt wurden. Die Rechtsprechung spricht vom funktionalen Mangelbegriff (vgl. hierzu auch unsere Ausführungen unter Ziffer D.III.1.b). So muss ein Dach auch ohne ausdrückliche Erwähnung im Vertrag regendicht sein oder ein Keller ohne ausdrückliche Erwähnung im Vertrag trocken sein usw. Wenn in der vertraglich vereinbarten Beschreibung der auszuführenden Leistungen eine Leistung fehlt, die aber zur Erreichung eines Erfolges (etwa regendichtes Dach) erforderlich ist, schuldet sie der Auftragnehmer gleichermaßen, auch ohne ausdrückliche Erwähnung im Vertrag. Das ist das Wesen und das Besondere an der werkvertraglichen Erfolgshaftung. Dieser werkvertragliche Erfolg ist deshalb nicht immer identisch mit dem vertraglich vereinbarten oder niedergeschriebenen Leistungsinhalt, in der baurechtlichen Alltagssprache auch als „BauSoll“ bezeichnet. Die funktionale Betrachtung löst sich vom konkreten und gegebenenfalls auch detaillierten Leistungsbeschrieb. Im Streitfall wird das funktional geschuldete „Bau-Soll“ durch Auslegung ermittelt. Das Gleiche gilt für die damit auf Vergütungsseite korrespondierende (Streit-)Frage, ob solche, im Vertrag nicht beschriebenen, gleichwohl aus funktionaler Sicht zur Erreichung des werkvertraglichen Erfolges notwendigen Leistungen von der hauptvertraglichen Vergütung erfasst sind oder nicht. Auch hier ist wieder durch Auslegung des Vertrages und all seiner Bestandteile einschließlich der Begleitumstände zu ermitteln, was nach objektiven Kriterien unter Berücksichtigung des jeweiligen Empfängerhorizontes von der hauptvertraglich vereinbarten Vergütung an Leistungen erfasst und abgegolten ist und was nicht. Im Rahmen einer solchen vorzunehmenden Auslegung ist oft entscheidend, ob ein Auftragnehmer bei unklaren oder unvollständigen Leistungsbeschrieben ein damit verbundenes Risiko für die Kalkulation seiner Vergütung übernommen hat oder nicht. Das ist im Einzelfall schwierig zu bestimmen und zu entscheiden. Als Faustregel kann gelten, dass 41 bei versteckten oder nicht erkennbaren Risiken, die aus einer unvollständigen oder sogar falschen Leistungsbeschreibung stammen, der Auftragnehmer nicht das damit verbundene Risiko der Erbringung weiterer, zur Erfolgserreichung notwendiger Leistungen ohne Erhöhung der hauptvertraglichen Vergütung übernommen hat. Gleichwohl gibt es auch hier Ausnahmen, etwa wenn nach Verkehrssitte jedem verständigen Bieter klar sein muss, dass die Nichterwähnung eines bestimmten Details nicht bedeutet, dass es nicht vorhanden ist, so dass er in seiner Preisbildung auf die Nichtexistenz dieses Risikos nicht vertrauen darf, BGH, Urteil vom 22.12.2011 – VII ZR 67/11, NJW 2012, 518 (in dem entschiedenen Fall war eine Bodenbelastung nicht erwähnt; gleichwohl musste nach Verkehrssitte beim Abbruch der Straße mit belastetem Boden gerechnet werden). Grundsätzlich haftet ein Auftraggeber für die Richtigkeit seiner Detailangaben. Das gilt aber dann nicht, wenn auftragnehmerseits kein Vertrauen in die Richtigkeit dieser Detailangaben besteht, etwa weil die Unrichtigkeit erkennbar war oder hätte erkannt werden müssen, etwa aufgrund der spezifischen Bieter-/ Auftragnehmersachkunde. Gleiches gilt, wenn bestimmte Details einer Ausschreibung, die für die Kalkulation der hauptvertraglichen Vergütung durchaus Bedeutung haben, entweder eine auslegungsfähige Bandbreite haben, OLG Brandenburg, Urteil vom 17.01.2002 – 12 U 126/01, IBR 2002, 348, oder erkennbar lediglich als Empfehlung oder vorläufige Angabe ausgewiesen sind, OLG Köln, Urteil vom 03.03.2000 – 11 U 46/98, IBR 2001, 350; BGH, Beschluss vom 19.05.2011 – VII ZR 36/10, IBR 2011, 567 (betr. „ca.-Maße“). In dem vorzitierten Fall (OLG Köln) ging es um Stahlbewehrung, die in der Ausschreibung gewichtsmäßig nur als geschätzt und vorläufig angegeben war, weil das genaue Ausmaß erst nach Vorlage einer Statik ermittelt werden konnte und diese Statik schuldete der Auftragnehmer nach seinem Leistungsumfang. Das heißt, er konnte das genaue Ausmaß des Stahlverbrauches erst nach Auftragserteilung und Erstellung der Statik ermitteln. Das bedeutet, dass er im Rahmen der Angebotsphase den Preis für Stahl nur schätzen konnte. Das mit dieser Schätzung verbundene Risiko der Ab- weichung von der nachher tatsächlich durch die Statik ermittelten Menge hat er damit übernommen. Eine Ausnahme von obiger Risikozuweisung wird nach der Rechtsprechung dann gemacht, wenn falsche oder unvollständige Details, deren Fehlerbehaftung oder Unvollständigkeit nicht erkannt wurde bzw. hätte erkannt werden müssen, erkennbar (für beide Seiten) Geschäftsgrundlage der Kalkulation der Vergütung wurden, BGH, Beschluss vom 23.03.2011 – VII ZR 216/08, NJW-RR 2011, 886; BGH, Urteil vom 30.06.2011 – VII ZR 13/10, BauR 2011, 1646. In solchen Fällen ergibt zwar die Vertragsauslegung, dass der Auftragnehmer zum einen diese Leistung zur Erreichung des werkvertraglichen Erfolges schuldet und zum anderen, dass diese Leistung auch von der hauptvertraglichen Vergütung erfasst und abgegolten ist. Gleichwohl sieht in solchen Grenzfällen der BGH die Geschäftsgrundlage der Preisbildung als entfallen an mit der Folge, dass ein Anspruch auf Anpassung des Preises für eben diese jetzt (unerwartet) erforderliche Leistung bestehen soll. Im Rahmen der Vertragsauslegung spielt weiter eine Rolle, in wessen Risikosphäre die nicht in die hauptvertragliche Vergütung kalkulierte, gleichwohl zur vertraglichen Erfolgshaftung notwendige Leistung fällt. Dabei ist mit vorschnellen Risikozuweisungen vorsichtig umzugehen: Das echte Baugrundrisiko fällt nicht per se in die Risikosphäre des Auftraggebers. Vielmehr ist auch hier die Gestaltung des Vertrages maßgebend bzw. bei Unklarheiten eine Auslegung vorzunehmen, wer welche oder alle Risiken aus dem Baugrund vergütungsmäßig zu tragen hat, wenn diese Risiken Leistungen nach sich ziehen, die zur Erreichung des werkvertraglichen Erfolges notwendig sind, aber von der Kalkulation der hauptvertraglichen Vergütung nicht erfasst sind oder wurden. In solchen Grenzfragen sind die Umstände des Einzelfalles maßgebend. Generalisierende Aussagen, Wertungen oder Maßstäbe können nicht gegeben werden. Im Spannungsverhältnis dieser vier, sich im Anwendungs- und Wirkungsbereich zum Teil über42 schneidenden Themen Erfolgshaftung/ Mängelhaftung/Leistungsumfang (Bausoll) / Vergütung haben die meisten Baustreitigkeiten ihren Ursprung, aber auch zugleich ihre Lösung. nommen werden. Da der Bieter also nicht mehr an sein Angebot gebunden ist, ist bei Aufträgen, die unbedingt erteilt werden sollen, bei den Formulierungen im Auftrags-/Bestellschreiben Vorsicht geboten. B. Vertragsschluss Mit dem Vertragsschluss legen die Parteien den Vertragsgegenstand und somit insbesondere auch den Leistungsumfang endgültig fest. Damit geht das Angebots- und Verhandlungsstadium in die Phase der Vertragsdurchführung über. Änderungen sind dann nur noch über nachträgliche Ergänzungsvereinbarungen oder z.B. die Anordnungsrechte der VOB/B möglich, beides kann kostspielig sein, weshalb auf den Vertragsschluss größte Sorgfalt verwendet werden sollte. Idealerweise ist die Aufforderung zur Abgabe eines Angebotes bereits so gestaltet, dass das Angebot einen eindeutigen Inhalt hat und quasi nur noch mit einem „Ja“ angenommen werden muss. Werden trotzdem noch Verhandlungen mit Abänderungen des Angebotes geführt, so kommt der Vertrag mit dem verhandelten oder später erklärten Inhalt zu Stande. Das darüber geführte Verhandlungsprotokoll dient insbesondere der Beweis- und Dokumentationsfunktion und sollte vorrangiger Vertragsbestandteil werden. I. Allgemeines Der Bauvertrag kommt wie alle Verträge durch zwei übereinstimmende Willenserklärungen – Angebot und Annahme – zu Stande. Im Gegensatz zu anderen Vertragstypen wird das Verhandlungsstadium im Bauwesen allerdings regelmäßig dadurch eingeleitet, dass zunächst der Auftraggeber einen oder mehrere Bieter zur Abgabe eines Angebotes auffordert. Diese Aufforderung ist weder für den Auftraggeber noch den Bieter verbindlich. Erst wenn der Bieter sein Angebot abgegeben hat, ist er daran gebunden. Nach den gesetzlichen Regelungen kann dabei die Bindung der Dauer sehr unterschiedlich lange ausfallen und je nach Schwierigkeit der Materie wenige Tage, aber auch Monate betragen. Werden Angebote nicht „rechtzeitig“ angenommen, so erlöschen sie bzw. die verspätete Annahme stellt ein eigenes Angebot dar. Deshalb ist es dringend zu empfehlen, bei der Aufforderung zur Angebotsabgabe (oder falls dort nicht bestimmt, eben im Angebot selbst) eine Bindefrist zu erklären. Angebote erlöschen aber auch dann, wenn sie durch Änderungen bei der Annahmeerklärung abgeändert werden. Diese Annahme, die den Antrag erweitert, einschränkt oder inhaltlich abändert, stellt zum einen eine Ablehnung des ursprünglichen Angebotes dar und ist aber auch selbst ein neues Angebot. Dieses kann (muss aber nicht) vom ursprünglichen Anbieter ange- 1. Form Auch bei der Form unterliegt der Bauvertrag grundsätzlich keinen Besonderheiten. Er kann somit mündlich abgeschlossen werden. Lediglich in engen Ausnahmefällen sieht das Gesetz höhere Anforderungen an die Form vor (z.B. eine notarielle Beurkundung bei einer Verbindung der Herstellpflicht mit einer Pflicht zur Übertragung von Grundeigentum – also insbesondere bei Bauträgerverträgen). Trotz dieses Grundsatzes ist natürlich dringend anzuraten, Verträge schriftlich abzuschließen. Vorsicht ist allerdings auch dann geboten, da die einmal gewählte Schriftform wieder mündlich abbedungen werden kann. Dies gilt ggf. selbst dann, wenn die häufig verwendete Klausel, dass auch Abänderungen des Vertrages der Schriftform bedürfen, in den Vertragstext aufgenommen wurde. Dadurch, dass für Bauverträge dem Grundsatz nach keine bestimmte Form vorgesehen ist, können vertragliche Bindungen auch durch konkludente Handlungen entstehen. So kann ein Vertragsangebot auch dadurch angenommen werden, dass mit dem Bau begonnen wird bzw. die Leistungen des Auftragnehmers entgegengenommen werden. In diesem Zusammenhang muss besonders auf die Gefährlichkeit des Schriftverkehrs nach geführten Verhandlungen hingewiesen werden. (Bestätigungs-) Schreiben, die den Inhalt geführter Verhandlungen zusam43 menfassen oder wiedergeben sollen, müssen inhaltlich genau überprüft werden. Widerspricht nämlich der Vertragspartner einem solchen Schreiben nicht unverzüglich, kommt ein Vertrag mit dem darin behaupteten Inhalt zu Stande. Dies gilt in der Regel selbst dann, wenn bei den Vertragsverhandlungen tatsächlich keine Einigung erzielt wurde und in dem Schreiben das Besprochene nicht gänzlich korrekt wiedergegeben wird. Somit sollten die Parteien sich bei Vertragsverhandlungen stets eine schriftliche Abfassung vorbehalten und Schreiben im Nachgang der Verhandlungen stets widersprechen. 2. Leistungssoll Das Leistungssoll wird durch die Erklärungen (Angebot, Annahme) der Vertragsparteien beim Vertragsschluss bestimmt. Sind die Erklärungen oder der spätere Vertragstext nicht eindeutig formuliert oder geben das Gewollte nicht wieder, wird der Vertragsschluss hierdurch grundsätzlich nicht berührt. Wie bereits oben erwähnt, ist das Leistungssoll dann durch Auslegung der gesamten Erklärungen (Vertragstext und alle Anlagen) zu ermitteln. Bei der Auslegung des Vertrags ist in erster Linie von dem von den Parteien gewählten Wortlaut auszugehen. Dabei ist vor allem der dem Wortlaut zu entnehmende objektiv erklärte Parteiwillen, so wie ihn der Vertragspartner verstehen musste/durfte, entscheidend. Gemäß §§ 133, 157 BGB darf sich die Auslegung aber nicht zwanghaft an den Wortlaut klammern, selbst wenn der Wortlaut klar und eindeutig ist. Der Vertrag ist als sinnvolles Ganzes auszulegen und bei der Auslegung eines widersprüchlichen oder lückenhaften Vertragstextes sind die Gesamtumstände zu berücksichtigen. Bei Streitigkeiten wird letztendlich die Auslegung ein „objektiver Dritter“ (ordentliches Gericht, Schiedsgericht – ggf. mit sachverständiger Hilfe) durchführen. Da deren Auslegungsergebnis kaum vorhergesehen werden kann, ist bei der Vertragsgestaltung größtmögliche Sorgfalt auf einen eindeutigen Leistungsumfang zu legen. 3. Abbruch von Vertragsverhandlungen Bei Vertragsverhandlungen ist jede Partei darin frei, ob sie letztlich die vertragliche Verbindung eingeht. Grundsätzlich kann jeder jederzeit die Verhandlungen abbrechen, auch wenn die andere Partei bereits erhebliche Aufwendungen für die Verhandlungen (z.B. umfangreiche Kalkulationen und Planungen) getätigt hat. Diese Kosten für die Angebotserstellung und die Verhandlungsphase können in der Regel nicht zurückverlangt werden. Für den Abbruch von Vertragsverhandlungen können alle „vernünftigen“ Erwägungen ausreichend sein. Dazu gehören z.B. auch ein besseres Angebot oder die Verschlechterung von Geschäftschancen. Die Grenzen, bei der sich eine Partei unredlich verhält und damit Ersatzansprüche entstehen könnten, werden in der Praxis kaum erreicht. Sie können in der Regel nur angenommen werden, wenn eine Partei z.B. ihre Abschlussbereitschaft nur vorgetäuscht oder sich bereits umentschieden hat und dies nicht dem Verhandlungspartner mitteilt. Somit kann der Vertragspartei, die im Verhandlungsstadium erhebliche Aufwendungen tätigen muss, nur angeraten werden, auf eine Vergütungsvereinbarung hinzuwirken und/oder zumindest ihre Aufwendungen nachvollziehbar zu dokumentieren. Lockere Absichtserklärungen für ein späteres gemeinsames Bauen oder unbestimmte Vorverträge werden zwangsläufig zu einem späteren Streit über den Beginn und das Ende einer Akquisitionsphase führen. II. Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) Die Standardisierung und Formalisierung von Vertragswerken sind für regelmäßig am Bau tätige Auftraggeber und Auftragnehmer unverzichtbar. Allerdings geht damit auch zwingend einher, dass die Vertragsparteien dabei vielfach Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) verwenden, auch wenn ihnen dies teilweise nicht immer bewusst ist. Denn AGB sind alle Vertragsbedingungen, die für eine Verwendung in einer Vielzahl von Verträgen vorformuliert sind und bei Abschluss eines Vertrages von einer Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei gestellt werden. Die VOB/B wurde bereits erwähnt, weitere bekannte Beispiele sind AVB, BVB und ZVB. Darüber hinaus sind auch standarisierte Verhandlungsprotokolle oder Vertragstexte, aber auch Formulierungen, z.B. in Bestellschreiben oder in Anschreiben zur Angebotslegung, AGB in diesem Sinne. 44 Die Verwendung von AGB birgt das (erhebliche) Risiko, dass diese Regelungen sich nicht nur an den zwingenden gesetzlichen Vorschriften orientieren müssen, sondern dass sie gemäß den §§ 305 ff BGB einer inhaltlichen Kontrolle unterliegen. Vereinfacht gesagt, müssen AGB die vom Gesetz gewollte Ausgewogenheit vertraglicher Beziehungen berücksichtigen, tun sie das nicht, sind sie unwirksam (dazu unten im Einzelnen). Aus der obenstehenden Definition der AGB lässt sich entnehmen, dass das Gegenstück dazu individualvertragliche Regelungen sind. Diese sind gerade nicht für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert, sondern sie werden von den Parteien gemeinsam ausgehandelt und damit auch nicht von einer Seite gestellt. Ein Aushandeln in diesem Sinne liegt allerdings nur dann vor, wenn die Regelung vorgeschlagen und dem Vertragspartner anschließend ernsthaft zur Disposition gestellt wird. Dazu reicht ein Erklären oder Erörtern bei weitem nicht aus. Der Verwender einer Vertragsklausel wird letztlich darlegen und beweisen müssen, dass es ein echtes Verhandeln über die Klausel gab. Dazu wird es in der Regel auch nicht ausreichend sein, wenn z.B. Vertragswerke elektronisch mit der Möglichkeit zur Änderung an die Gegenseite übersendet werden. Im Streitfall wird der Verwender des Vertragswerkes nämlich explizit nachweisen müssen, dass gerade die Klausel, deren Unwirksamkeit nun die Gegenseite behauptet, ernsthaft zur Disposition stand. Überspitzt gesagt wird dieser Nachweis nur dann gelingen, wenn genau an dieser Klausel auch Veränderungen vorgenommen wurden. Aufgrund der drohenden Unwirksamkeit von Klauseln und der daraus resultierenden Auswirkungen auf das gesamte Vertragswerk ist bei der Vertragsgestaltung höchste Vorsicht geboten. Entweder sind AGB so zu gestalten, dass sie rechtssicher sind oder es muss zumindest bereits im Vorfeld eruiert werden, welche Auswirkungen die Unwirksamkeit auf das gesamte Vertragsgefüge hat. Beachtet werden muss dabei auch, dass individuelle Abreden stets uneingeschränkten Vorrang vor AGB genießen. Selbstverständlich kann dieser Grundsatz wiederum nicht durch AGB ausgeschlossen werden. 1. Erscheinungsbild von AGB Für die Einordnung als AGB kommt es weder auf die Vertragsform, Schriftart oder auf die Verbundenheit mit dem Vertrag an. Gleichgültig ist, ob AGB einen äußerlich gesonderten Bestandteil des Vertrags bilden oder in die Vertragsurkunde selbst aufgenommen werden, welchen Umfang sie haben, in welcher Schriftart sie verfasst sind oder welche Form der Vertrag hat. AGB können auch dann vorliegen, wenn sie handschriftlich verfasst worden sind (z.B. beim Ausfüllen von Verhandlungsprotokollen). Liegt ein Vertrag mit zahlreichen formelhaften Klauseln vor, so spricht der Anschein dafür, dass es sich um einen Formularvertrag/AGB handelt, selbst dann, wenn einzelne Felder handschriftlich nachgetragen werden und das Vertragsobjekt selbst betreffende Angaben einzeln ausgehandelt wurden. Woher die Vorformulierung stammt ist unerheblich, so z.B., ob die Regelungen aus einer Formelsammlung oder einem anderen Vertragstext übernommen wurden. Gleichgültig ist auch, wer tatsächlich die Vorformulierung vorgenommen hat. Greift ein Auftraggeber auf Vertragswerke eines Architekten oder Notars zurück, so wird er Verwender der Klauseln und sein Vertragspartner kann sich auf die Unwirksamkeit berufen. 2. Einbeziehung von AGB AGB werden nur dann Vertragsbestandteil, wenn sie wirksam einbezogen werden. Anders als bei Verträgen mit Verbrauchern müssen bei Verträgen zwischen Auftragnehmern die AGB dem Vertragsangebot nicht beigefügt sein, sofern dem Auftragnehmer eine zumutbare Möglichkeit zur Kenntnisnahme ermöglicht wird. Dafür ist z.B. der Hinweis ausreichend, dass die AGB auf Wunsch übersandt werden oder auf einer Homepage einsehbar sind. Probleme ergeben sich vor allem dann, wenn die beiden Vertragspartner einander widersprechende AGB verwenden. Die Rechtsfolgen in dieser Konstellation sind noch immer in Rechtsprechung und Literatur nicht gänzlich geklärt, es droht aber letztlich die Unwirksamkeit der eigenen Regelungen. Kommt es also einer Seite unbedingt auf die Einbeziehung ihrer AGB an, so sollte sie die AGB ausdrücklich in den Vertrag einbeziehen und zum Vertragsgegenstand ma45 chen und die gegenteiligen Regelungen ausdrücklich ausschließen. 3. Unwirksamkeit von AGB Das Kernstück der AGB-rechtlichen Problematik ist, dass Klauseln unwirksam sind, wenn sie verschiedenen Fallgruppen unterfallen, vom gesetzlichen Leitbild erheblich abweichen und dabei den Vertragspartner benachteiligen und schließlich der Vertragspartner sich auf die Unwirksamkeit beruft. Der Regelungsgehalt einer unwirksamen Klausel kann dann nicht auf ein noch zulässiges Maß reduziert werden. Eine solche Klausel ist insgesamt unwirksam. Eine Ausnahme gilt lediglich dann, wenn sich die Klausel teilen lässt und ein wirksamer Rest verbleibt, dem noch ein eigenständiger Sinn zukommt. Die Unwirksamkeit einer Klausel wirkt sich nicht auf den Bestand des Vertrags an sich aus. An die Stelle einer unwirksamen Klausel tritt die gesetzliche Regelung. Ist eine gesetzliche Regelung nicht vorhanden, muss durch Auslegung des Vertrags die entstandene Vertragslücke geschlossen werden. a) Überraschende und unklare Klauseln Gemäß § 305 c Abs. 1 BGB dürfen AGB nicht überraschend sein. Sie dürfen zum einen nicht so ungewöhnlich sein, dass – der Vertragspartner nicht mit ihnen zu rechnen braucht (Überraschungsmoment), – sie unvereinbar mit dem Grundgedanken des Vertragsbildes oder der Höhe des Entgeltes sind, – sie einen Widerspruch zum Verlauf der Vertragsverhandlungen darstellen oder – sie erhebliche von den „normalen“ gesetzlichen Regelungen, den üblichen Vertragsbedingungen oder vom äußeren Erscheinungsbild des Vertrags abweichen. Sie stehen dann nämlich in Widerspruch zur Erwartungshaltung des Vertragspartners und würden ihn „überrumpeln“. Das ist zum Beispiel dann der Fall, wenn die Klausel im Vertragstext kaum auffindbar oder „falsch“ eingeordnet wird. Dem kann bei der Vertragsgestaltung entgegen gewirkt werden. Nicht überraschend ist regelmäßig eine Klausel, die – drucktechnisch so angeordnet wird, dass eine Kenntnisnahme zu erwarten ist, – der Vertragspartner kennt oder mit der er rechnen muss. b) Intransparente und mehrdeutige Klauseln AGB müssen transparent/verständlich sein. Bereits die bloße Unverständlichkeit einer Klausel kann gemäß § 307 BGB zur Unwirksamkeit führen. AGB müssen verständlich und bestimmt formuliert und nicht zur Irreführung geeignet sein. Ein durchschnittlicher Vertragspartner, d. h. ein aufmerksamer und sorgfältiger Teilnehmer am Wirtschaftsverkehr, muss die Nachteile und Belastungen einer Klausel erkennen können. Keine Intransparenz liegt vor, wenn eine Bestimmung zwar verständlich formuliert ist aber mehrere Deutungsmöglichkeiten bietet. In diesem Fall bleibt die Klausel wirksam, die Zweifel bei der Auslegung der Klausel gehen aber zu Lasten des Verwenders. Die Übergänge sind dabei fließend, man könnte auch sagen: Führt die kundenfeindlichste Auslegung nicht zur Unwirksamkeit, wird die Bestimmung nach der kundenfreundlichsten Auslegung angewandt. c) Klauseln, die unangemessen benachteiligen AGB dürfen den Vertragspartner nicht unangemessen benachteiligen (§ 307 BGB). Sie dürfen nicht ohne sachlichen Grund von wesentlichen Gedanken des gesetzlichen Leitbildes abweichen. Gemäß § 307 Abs. 2 BGB besteht sogar eine Vermutung dafür, dass Bestimmungen den Vertragspartner unangemessen benachteiligen, wenn – sie mit wesentlichen Gedanken einer gesetzlichen Regelung, von der sie abweichen, nicht zu vereinbaren sind oder – sie die Rechte und Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränken, dass der Vertragszweck gefährdet wird. In §§ 308 u. 309 BGB sind einzelne Unwirksamkeitsgründe aufgeführt. Sie finden zwar gegenüber Auftragnehmern keine Anwendungen, ihnen kann aber hinsichtlich der Prüfung einer unangemessenen Benachteiligung im Rahmen des § 307 BGB eine Indizwirkung zukommen. 46 4. Beispiele für wirksame und unwirksame Klauseln Im Folgenden lediglich ein kurzer Auszug mit eindrücklichen Beispielen für Probleme bei der Verwendung von AGB. Die Rechtsprechung zur (Un-)Wirksamkeit von verschiedenen AGB ist ständig im Fluss und so ist die rechtliche Unterstützung bei der Gestaltung von Musterverträgen oder allgemeinen Bedingung unumgänglich. a) VOB/B Gegenüber einem Auftragnehmer kann die VOB/B gemäß § 310 Abs. 1 BGB in den Vertrag einbezogen werden, ohne dass eine Prüfung gemäß § 307 BGB stattfindet, wenn die VOB/B als Ganzes vereinbart wird. Ob die VOB/B noch als Ganzes vereinbart ist, wenn von einzelnen „kann“–Bestimmungen abgewichen wurde, ist umstritten. Regelmäßig wird aber durch Regelungen im übrigen Vertragswerk in grundlegende Bestimmungen der VOB/B eingegriffen. Typisches Beispiel ist die Vereinbarung einer förmlichen Abnahme. Diese ist der VOB/B fremd und damit wird grundlegend in sie eingegriffen, was zur Folge hat, dass die gesamte VOB/B sich am AGB-Recht messen lassen muss. Dabei wird von der Rechtsprechung eine Vielzahl an VOB/BParagraphen für unwirksam angesehen (z.B. § 16 Abs. 3 (2) VOB/B mit der Ausschlusswirkung bei Schlusszahlungshinweisen). b) Vertragsstrafe Problematisch sind Klauseln, die eine Regelung zur Vertragsstrafe enthalten. Sie sind zwar zulässig, können aber je nach inhaltlicher Ausgestaltung unwirksam sein. Unwirksam sind insbesondere Bestimmungen, die keine (oder eine zu hohe) Obergrenze enthalten oder die gesamte Vertragsstrafe auch bei nur geringen Verzögerungen verwirken lassen. Unwirksam sind auch verschuldensunabhängige Vertragsstrafenklauseln oder Klauseln, die eine Kumulation von Vertragsstrafen für nur einen Verstoß enthalten. Bei der Gestaltung von Vertragsstrafen für Zwischentermine muss somit größte Sorgfalt verwendet werden. c) Sicherheitsleistung Bestimmungen, die den Inhalt von Sicherheiten regeln, sind unter zwei Gesichtspunkten problematisch. Sie können bereits gemäß § 138 BGB sittenwidrig und aus diesem Grund nichtig sein, wenn die Bestimmungen zur Übersicherung des Gläubigers führen. Zum anderen können sie unwirksam sein, wenn sie die Rechte des Vertragspartners beschneiden. So sind Bestimmungen, die einen Verzicht auf sämtliche Einreden des § 768 BGB vorsehen, bei der Vereinbarung einer Gewährleistungsbürgschaft oder einer selbstschuldnerischen Vertragserfüllungsbürgschaft unwirksam. Ebenso können Regelungen problematisch sein, wenn sie die Ablösemöglichkeiten von Sicherheiten beschränken. d) Funktionalklauseln/Vollständigkeitsklauseln Regelungen, die lediglich die Leistung bestimmen sollen oder ausschließlich Preise vereinbaren (regelmäßig die Positionstexte des Leistungsverzeichnisses) können keine AGB sein. Es ist auch schwerlich vorstellbar, dass solche Regelungen vom gesetzlichen Leitbild abweichen, da das Gesetz zur konkreten Leistung ja keine Regelungen enthält. Trotzdem ist bei der Gestaltung/Verwendung von Funktionalklauseln Vorsicht geboten. Die Wirksamkeit von sog. „Angstklauseln“, die z.B. dem Auftragnehmer „alles zur Leistungserbringung Erforderliche“ auferlegen, hängt stark von der sonstigen Gestaltung des Vertrages ab (z.B. sind die Klauseln unterschiedlich zu bewerten, je nachdem, ob es sich um einen Pauschal- oder einen reinen Einheitspreisvertrag handelt und je nachdem, wer die Planungsverantwortung trägt). III. Rangfolgefragen 1. Allgemeines Bauverträge bestehen regelmäßig aus einer Vielzahl von (Vertrags-) Bestandteilen. Dabei kann es naturgemäß vorkommen, dass sich einzelne Bestimmungen (scheinbar) widersprechen. Durch Auslegung des Vertrags ist dann der Vertragsinhalt zu ermitteln, um diese Widersprüche aufzulösen. Hierbei können zumeist folgende Grundsätze herangezogen werden: - zwingende gesetzliche Regelungen genießen stets Vorrang, - vorrangig vor anderen Vertragsbestandteilen gelten die Bestimmungen des verhandelten und unterzeichneten Vertragstextes sowie (einbezogener) Verhandlungsprotokolle, - Individualvereinbarungen gehen AGB vor (§ 305 b BGB), 47 - speziellere Regelungen gehen den allgemeinen Regelungen vor. 2. Rangfolgeregelungen Rangfolgeregelungen erleichtern die Arbeit mit dem Vertragstext. Eine solche Rangfolgeregelung enthält z.B. § 1 Abs. 2 VOB/B. Mit ihnen bestimmen die Parteien, in welche Reihenfolge die Elemente des Vertragstextes bei der Bestimmung des Vertragsinhalts heranzuziehen sind. Ganz entscheidend ist aber, dass sich eine Rangfolgeproblematik erst ergeben kann, wenn sich zwei Vertragsbestandteile widersprechen. Dies ist regelmäßig zumindest fraglich, wenn ein (nachrangiger) Vertragsbestandteil eine konkrete Vorgabe zum Leistungssoll enthält. Zumeist wird man in dieser Konstellation annehmen müssen, dass schon gar kein Widerspruch vorhanden ist und es somit auf eine Rangfolgeregelung gar nicht ankommt. Bei zwei Bestimmungen, die sich einander tatsächlich widersprechen, genießt diejenige den Vorrang, der die Parteien eine höhere Bedeutung beigemessen haben. Die nachrangige Klausel wird dadurch entweder nicht zum Vertragsbestandteil oder kann nur ergänzend hinzugezogen werden. Eine Auslegung des Vertrags ist dann nur noch bei gleichrangigen Vertragsbestandteilen – und bei echten Widersprüchen – erforderlich. Mit Rangfolgeregelungen können die Parteien auch bestimmen, ob Zeichnungen Vorrang vor der Leistungsbeschreibung genießen sollen. Ein Grundsatz, wonach die zeichnerische Darstellung Vorrang vor einer Beschreibung genießt, existiert nicht. In § 1 Abs. 2 VOB/B werden Zeichnungen als Teil der Leistungsbeschreibung angesehen und stehen gleichwertig neben der Baubeschreibung und dem Leistungsverzeichnis. Bilden Zeichnungen die Leistung genauer ab als das Leistungsverzeichnis, kann ihnen nach den obigen Grundsätzen ein Vorrang eingeräumt werden. Etwas anderes kann gelten, wenn das Leistungsverzeichnis die Leistung erschöpfend beschreibt oder Zeichnungen die Baugegebenheiten nicht zutreffend widerspiegeln. Auch Widersprüche zwischen Zeichnungen können nach den oben genannten Grundsätzen (z.B. Maßstab 1:50 vor Maßstab 1:100) aufgelöst werden. IV. Vertretungsmacht 1. Allgemeines Jeder Vertragspartei steht es zu, sich bei allen Rechtsgeschäften durch Dritte vertreten zu lassen. Juristische Personen, wie GmbHs und AGs, werden originär durch ihre Organe (Geschäftsführer, Vorstand usw.) vertreten; Personengesellschaften, wie GbRs, OHGs und KGs, durch ihre geschäftsführenden Gesellschafter. Zudem können aber auch rechtsgeschäftlich Bevollmächtigte bestellt werden. Bei der Bauabwicklung kommt es regelmäßig vor, dass der Architekt oder Bauleiter bzw. das Baubüro Ansprechpartner des Auftraggebers sind. Ob und wieweit sie für den Auftraggeber tätig werden dürfen, hängt von ihrer Bevollmächtigung ab. Der Vertragsschluss durch einen Vertreter setzt eine wirksame Bevollmächtigung und das Handeln des Vertreters im Namen des Vertretenen voraus. Die Bevollmächtigung eines rechtsgeschäftlich bestellten Vertreters ist an keine bestimmte Form gebunden. Sowohl die Bevollmächtigung eines Vertreters durch den Auftraggeber als auch die Erklärung des Vertreters, er handele für den Vertretenen, können auch durch schlüssiges Verhalten erklärt werden. Ausnahmen gelten jedoch für formbedürftige Rechtsgeschäfte, z.B. bei Grundstückskaufverträgen. Fehlt eine wirksame Bevollmächtigung des Vertreters, kann das vorzunehmende Rechtsgeschäft durch den Vertretenen nachträglich genehmigt werden. Muss sich der Auftraggeber das Handeln des Vertreters nicht zurechnen lassen, treffen die Rechtsfolgen den Vertreter, der in den Vertrag anstelle des Auftraggebers eintritt. Tritt der Vertreter im eigenen Namen auf, kommt der Vertrag mit ihm zustande. Dieser „Mangel“ kann nachträglich nicht geheilt werden. 2. Zurechnung durch gesetzten Rechtsschein Von großer Praxisrelevanz in der Bauwirtschaft ist, dass es Fälle geben kann, bei denen sich der Vertretene das Handeln einer Person (die tatsächlich nicht bevollmächtigt ist) nach Rechtsscheingrundsätzen zurechnen lassen muss. Dabei steht die Bindungswirkung einer Vollmacht 48 kraft Rechtsschein der rechtsgeschäftlich erteilten Vollmacht gleich. Der Vertretene muss sich das Handeln eines Dritten zurechnen lassen, wenn er wissentlich geschehen lässt, dass der Dritte für ihn als Vertreter auftritt (Duldungsvollmacht) oder es bei pflichtgemäßer Sorgfalt hätte erkennen und verhindern können (Anscheinsvollmacht). In beiden Fällen muss aber der Vertragspartner nach Treu und Glauben annehmen dürfen, dass der Vertretene das Handeln des Dritten dulde und billige. Eine Anscheinsvollmacht wird regelmäßig dann angenommen, wenn der Auftraggeber einen mit der Sache befassten und sachkundigen Mitarbeiter oder einen Architekten zu Vertragsverhandlungen entsendet. Der Auftraggeber erweckt dadurch den Anschein, dass er durch einen Bevollmächtigten vertreten werde. Handelt der Mitarbeiter ohne Anweisung aber in Kenntnis des Auftraggebers, so liegt eine Duldungsvollmacht vor. Der Paradefall für das Setzen eines Rechtsscheins, an den der Vertretene gebunden ist, ist z.B. die Anordnung von Leistungsänderungen durch eine nicht bevollmächtigte Person. Die Begleichung der Nachtragsforderung des Auftragnehmers kann dann einen Rechtsschein für eine Bevollmächtigung setzen. Aber auch bei Vertragsverhandlungen ist regelmäßig Vorsicht geboten: muss der Vertrag nur noch urkundlich fixiert werden, wird dem Auftraggeber das Handeln eines Vertreters, der abweichende Änderungen vornimmt, dann nicht zugerechnet, wenn der Vertretene nur zur Unterzeichnung bevollmächtigt war und der Vertragspartner diesen Umstand kannte oder kennen konnte. Wird dem Auftraggeber aber ein Protokoll dieser Verhandlungen/des Vertrags übersandt, muss der Auftraggeber unverzüglich widersprechen wenn er erkennt, dass es zu Abänderungen des Vertrages gekommen ist. Tut er dies nicht, stellt sein Schweigen eine nachträgliche konkludente Genehmigung nach den Grundsätzen des kaufmännischen Bestätigungsschreibens dar. 3. Bevollmächtigung eines Architekten/ „originäre Architektenvollmacht“ Das Leistungsbild des Architekten in der HOAI beschreibt auch bestimmte Handlungen, die auch den Auftraggeber binden. Wenn der Auf- traggeber den Architekten gerade mit diesen Tätigkeiten betraut, bevollmächtigt er ihn zugleich hierfür („originäre Architektenvollmacht“). Von der originären Architektenvollmacht werden aber keine (oder nur in einem sehr geringem Umfang) rechtsgeschäftliche Handlungen umfasst. Zur Vollmacht gehören u.a.: – Technische Abnahme (nicht aber rechtsgeschäftliche Abnahme), – Aufnahme eines Aufmaßes, – Entgegennahme von Erklärungen, Anzeigen etc. Stundenlohnzetteln (nicht aber die Anerkennung von Stundenlohnzetteln), – Genehmigung von Ausführungsunterlagen in technischer Hinsicht (nicht jedoch rechtsgeschäftliche Genehmigung von Ausführungsunterlagen). Nicht umfasst sind z.B.: – Vertragsänderungen oder Erweiterungen, wie Vergabe von Zusatzaufträgen oder Änderungsaufträgen, Aufträgen an Sonderfachleute, Vereinbarung der VOB/B, – Vorbehaltserklärung einer verwirkten Vertragsstrafe, – Entgegennahme von Behinderungsanzeigen. Nimmt der Architekt aber in Anwesenheit des Auftraggebers rechtsgeschäftliche Handlungen für den Auftraggeber vor und schreitet der Auftraggeber nicht ein, genehmigt er nicht nur die Handlungen des Architekten, sondern erweckt dadurch auch den Eindruck, dass der Architekt bevollmächtigt sei. Es greifen in diesem Fall wieder die oben erläuterten Grundsätze zur Setzung eines Rechtsscheins. Der Prüfvermerk auf einer Schlussrechnung stellt in der Regel keine Genehmigung oder Bestätigung gegenüber dem Auftragnehmer dar, sondern nur eine Wissenserklärung des Architekten gegenüber dem Aufraggeber. Dem Auftraggeber steht es natürlich frei, den Architekten oder Dritte zur Vornahme rechtsgeschäftlicher Handlungen zu bevollmächtigen. Hierbei ist folgendes zu beachten: Regelmäßig wird sich aus den Umständen ergeben, dass der Architekt nicht im eigenen Namen, 49 sondern für den Auftraggeber handeln wird. Bei rechtsgeschäftlichen Handlungen muss der Architekt darauf achten, dass der Wille, für den Auftraggeber tätig zu werden, deutlich zum Ausdruck kommt. Nicht immer kann der Auftragnehmer davon ausgehen, dass der Architekt im Namen des Auftraggebers handeln will. Aus der Angabe der Berufsbezeichnung eines Architekten ohne Vertretungszusatz kann z.B. nicht geschlussfolgert werden, dass der Architekt für einen Dritten tätig werden wollte. Der Architekt kommt auch selbst als Vertragspartner in Betracht, z.B. wenn der Architekt Leistungen beauftragt, die aus seinem Leistungsbereich entstammen (Statik, Beseitigung von Mängeln, die auf Planungs- und/oder Bauaufsichtsfehler zurückzuführen sind). 4. Vertretungsmacht in der Vertragsgestaltung und bei der Vertragsdurchführung Um Ungewissheit über die Bevollmächtigung zu vermeiden, bietet es sich an, die Bevollmächti- gung oder den Ausschluss der Bevollmächtigung vertraglich explizit zu regeln. Allerdings ist trotz solcher Regelungen hinsichtlich der oben beschriebenen Setzung von Rechtsscheinen Vorsicht geboten. Die Grundsätze der Anschein- und Duldungsvollmacht sind natürlich auch dann anwendbar, wenn der handelnden Person im Vertrag ausdrücklich keine Vollmacht verliehen worden ist. Sollte der Architekt oder ein Dritter rechtsgeschäftliche Handlungen vorgenommen haben ohne dafür bevollmächtigt gewesen zu sein, empfiehlt es sich zudem, mit der Genehmigung ausdrücklichen klarzustellen, dass der Architekt nicht berechtigt war und ist, rechtsgeschäftliche Handlungen vorzunehmen und solche Handlungen stets der Zustimmung bedürfen, insbesondere, dass mit der Genehmigung der Handlung keine Billigung des Handelns des Architekten einhergeht. 50 Ausblick Heft 05/2015 der Zeitschrift „HochbauRecht“ wird die Blöcke - Blick in die Praxis, - Aktuelle Rechtsprechung, - Nachrichten enthalten. Impressum Herausgeber: Rechtsanwalt Dr. jur. Thomas Ax, Maîtrise en Droit International Public (Paris X-Nanterre). Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ohne schriftliche Genehmigung des Herausgebers in irgendeiner Form reproduziert werden. Redaktionsteam: Rechtsanwalt Dr. jur. Thomas Ax, Maîtrise en Droit International Public (Paris X-Nanterre). ISSN 1862-944X Urheber- und Verlagsrechte: Alle in dieser Zeitschrift veröffentlichten Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Kein Teil dieser Zeitschrift darf außerhalb der Erscheinungsweise: Monatlich in elektronischer Form. Bezugspreis: € 6,- inkl. MwSt. pro Ausgabe. Bestellformular J , ich bestelle das kostenlose Schnup- Meine Daten (bitte ausfüllen) per-Abo der HochbauRecht. Name: Zwei elektronische Monatsausgaben der HochbauRecht kostenlos! Adresse: A Ich gehe keinerlei Verpflichtungen ein. Das Schnupper-Abo endet automatisch ohne Kündigung. Sollte ich weiterhin Interesse an einem Bezug der Zeitschrift haben, werde ich ein entsprechendes Abonnement bestellen. Jede weitere Ausgabe der HochbauRecht kostet dann nur € 6,- inkl. MwSt. Eine Kündigung des Abonnements ist jederzeit möglich. Institution: E-Mail: _____________________________________ Datum, Unterschrift Bitte per Post, Fax (06223-8688614) oder per E-Mail (mail@ax-rechtsanwaelte.de) an Ax Rechtsanwälte. 51
© Copyright 2024