Kopie - cyber

CCC-Sprecher über den TV5-Hack
„Das ist erst der Anfang“
Cyberkriminalität geht uns alle an, sagt Falk Garbsch vom Chaos Computer Club. Wer heut
TV-Sender hackt, kann morgen die Stromversorgung lahmlegen.
Nicht sicher: der Computerzoo in den Büros von TV5. Bild: reuters
taz: Herr Garbsch, wie können die Hacker in das Netzwerk
des Fernsehsenders gelangt sein?
Falk Garbsch: Technisch gibt es viele Möglichkeiten. Es könnte
sein, dass der IS eine Person im Sender platziert oder engagiert
hat, die das System von innen angegriffen hat. Es könnte auch sein,
dass die Hacker von außen Sicherheitslücken gefunden haben und
über diese eingedrungen ist. Oder der IS hat per Mail Trojaner an
Mitarbeiter geschickt. Auf jeden Fall sieht das nach einem Angriff
aus, der sehr lange vorbereitet wurde.
Es ist ja nicht das erste Mal, dass Medien gehackt wurden.
Die New York Post hat es schon getroffen, den Boston Globe
und The Independent. Ist der Angriff auf TV5 mit ihnen
vergleichbar?
Nein, zum einen weil der aktuelle Angriff viel weitreichender war als
die bisherigen. Zum anderen weil keiner der vorherigen so viel
mediale Aufmerksamkeit bekommen hat. Wenn man diesen Angriff
mit einem früheren vergleichen will, dann am ehesten mit dem
Sony-Hack aus dem letzten Jahr.
Gesell
DAS IN
ANNE F
taz-Me
Beim Sony-Hack wurden Mails, Dokumente und Filmkopien
geklaut, darunter die Nordkorea-Satire „The Interview“. Was
hat das mit TV5 zu tun?
Technisch mag der Sony-Hack anders gelaufen sein. Aber hinter
beiden Fällen steht ein massives politisches Interesse. Da werden
Machtspiele im Internet ausgetragen und die ganze Welt kann
zusehen. Das nennen wir „Cyberwarfare“, also Kriegsführung im
Internet. Der TV5-Hack zeigt einmal mehr, dass kriegerische
Konflikte auch auf das Internet ausgeweitet werden. Wir müssen
endlich anfangen, uns damit auseinanderzusetzen, die Ursachen zu
suchen und zu überlegen, wie wir damit umgehen.
Wie meinen Sie das?
Wer heute einen Fernsehsender hackt, kann morgen die Stromoder Wasserversorgung einer ganzen Stadt lahmlegen. Und damit
meine ich nicht nur Terrororganisationen, sondern auch andere
Staaten und Geheimdienste. Der TV5-Hack ist erst der Anfang.
Sicherheitslücken in Software werden mittlerweile für sehr viel Geld
auf dem Schwarzmarkt verkauft. Darum ging es zum Beispiel im
letzten Jahr, als der BND die sogenannten Zero-Day-Exploits kaufen
wollte – Lücken in Computerprogrammen, die nicht öffentlich
bekannt sind. Wer sie kennt, kommt leicht in fremde Systeme.
IM INTERVIEW:
FALK GARBSCH
30, ist studierter Informatiker und
Softwareentwickler und vertritt
den Chaos Computer Club (CCC)
als einer seiner Sprecher. Er lebt
in Hannover.
Wie können sich Unternehmen
schützen?
So lange der Markt für
Sicherheitslücken floriert, haben
Einzelpersonen oder Unternehmen
keine Chance. Wir als Gesellschaft
müssen uns überlegen, wie das
Internet der Zukunft aussehen kann.
Das ist nicht nur ein Thema für Informatiker, sondern geht uns alle
an. Bisher gibt es keine weltweiten Rahmenbedingungen für den
Schutz von Zivilisten sowie die Eindämmung und Bestrafung von
kriegerischen Aktionen im Internet.
THEME
Chaos
TV5
Hacke
Terror
Cybera
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