Mit 18 ist Schluss: Aus der Jugendhilfe in die Selbständigkeit

Mit 18 ist Schluss: Aus der Jugendhilfe in
die Selbstständigkeit
DRK Jahrestagung Hilfen zur Erziehung
05.-07. Mai 2015 in Berlin
Britta Sievers, britta.sievers@igfh.de
Dr. Severine Thomas, severine.thomas@uni-hildesheim.de
www.uni-hildesheim.de/careleaver
www.igfh.de / Projekte
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Gliederung
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Care Leaver Projekte der IGfH und Uni Hildesheim
Einige grundlegende Daten zur Hilfegewährung
Situation der Care Leaver – internationale Studien
Übergang ins Erwachsenenleben
Gestaltungselemente / Angebotsformen im Übergang:
o Wohnen
o Gruppenangebote
o Kompetenztrainings
o Beziehungsarbeit
o Schulische und berufliche Bildung
Hilfeende und Nachbetreuung
Schnittstellen im Überblick
Kritische Übergangskonstellationen
Internationale Perspektiven auf den Übergang
Was brauchen Care Leaver? Was ist gute Praxis?
Care Leaver Projekte
IGfH / Uni Hildesheim
 Projekt „Was kommt nach der stationären Jugendhilfe?“
(Jan. 2012 bis März 2014)
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Bestandsaufnahme der Ausgangssituation für den Übergang aus
stationären Hilfen (rechtlich, statistisch, Schnittstellen zu anderen
Hilfesystemen)
Fokus auf das Handeln der Fachpraxis in der Begleitung der jungen
Menschen
Recherche von Beispielen guter Praxis im In- und Ausland
 Projekt „Rechte im Übergang – Die Begleitung und Beteiligung
von Care Leavern“ (Juni 2014 bis Mai 2016)
•
•
•
Fokus auf die Perspektive der jungen Menschen selbst
Interviews, Beteiligungsworkshops, Hearing
Erarbeitung einer Infobroschüre und Internetseite für Care Leaver (und
Fachpraxis) unter Beteiligung der AdressatInnen
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Hilfen zur Erziehung nach Lebensalter
Arbeitsstelle Kinder- und Jugendhilfestatistik: Monitor Hilfen zur Erziehung 2012,
S. 11 Datengrundlage: Bestandserhebung zum 31.12.2011, eigene Darstellung
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Hilfen für junge Volljährige nach
Hilfearten
Verteilung der Hilfen für junge Volljährige nach Hilfearten (Deutschland;
2010; Summe aus andauernden und beendeten Hilfen; in %)*
4%
Soziale Gruppenarbeit,
§ 29 in Verbindung mit § 41
30%
Erziehungsbeistand und
Betreuungshelfer,
§ 30 in Verbindung mit § 41
45%
Intensive sozialpädagogische
Einzelbetreuung,
§ 35 in Verbindung mit § 41
Vollzeitpflege,
§ 33 in Verbindung mit § 41
6%
Heimerziehung,
§ 34 in Verbindung mit § 41
15%
N = 44.452
Statistisches Bundesamt: Statistiken der Kinder- und
Jugendhilfe – Erzieherische Hilfen, 2011. Eigene Darstellung.
Stationäre Hilfen und Lebensalter
(Deutschland, 2011, Absolute Fallzahlen, Bestand am 31.12.)
25000
20000
15000
Heimerziehung /
Residential
SBW
care
10000
Vollzeitpflege
Foster
care
5000
0
15-18
18-21
21-27
Quelle: Destatis
https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesellschaftStaat/Soziales/Sozialleistungen/KinderJugend
hilfe/Tabellen/HilfenErziehungAusElternhausMerkmale2011.html
Situation der Care Leaver
– internationale Studien
Care Leaver im Vergleich zu ihren Peers:
 häufiger obdachlos, psychisch krank, suchtmittelabhängig oder
mit dem Gesetz im Konflikt
 Verlassen der Schule mit einem geringeren oder keinem
Abschluss
 häufiger arbeitslos, von Arbeitslosigkeit bedroht,
sehr selten im tertiären Bildungssektor,
eventuell „slowtrack“
 häufiger frühe (ungewollte) Elternschaft
 geringere soziale Unterstützung
Care Leaver
= überproportional häufig von sozialer Benachteiligung & Exklusion
betroffen
Übergang ins Erwachsenenleben
 Es entsteht eine neue Lebensphase
zwischen Jugend und Erwachsenenalter
(18-25 Jahre)
 Emerging Aduthood (Arnett 2000)
 YOYO-Übergänge (Walther/Stauber 2002)
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Gestaltungselemente / Angebotsformen im Übergang
Wohnen
 Unterschiedliche Settings des betreuten Wohnens als Kern der
„Verselbständigung“, z.B.
 eigene Verselbständigungs-Wohngruppen des Trägers

„Trainingswohnung“ / „Einliegerwohnung“
im Haus des Trägers

Betreuung in angemieteten Wohnungen

Betreute Wohn- oder Hausgemeinschaften
Finanzierung gemäß § 34 SGB VIII (i.V.mit § 41 SGB VIII) oder als
ambulante Hilfe
Gewährungszeitraum sehr unterschiedlich
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Gestaltungselemente / Angebotsformen im Übergang
Gruppenangebote
 Gruppenangebote



Erwerb von Schlüsselkompetenzen
Vernetzung der Jugendlichen untereinander
Themenangebote für Pflegeeltern und Jugendliche:
z. B. Pubertät, Biographiearbeit, Ablösung von den Pflegeeltern,
Freizeitangebote
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Angebotsformen / Gestaltungselemente im Übergang
Kompetenztrainings
 Kompetenztrainings





Hauswirtschaftliche Fertigkeiten
Finanzen
Körperhygiene/Gesundheit
Umgang mit Behörden
Inanspruchnahme nachgehender Hilfsangebote
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Gestaltungselemente im Übergang
Beziehungsarbeit
 Beziehungskontinuität herstellen und erhalten:


z.B. Weiterbetreuung durch den bisherigen Bezugserzieher im
betreuten Wohnen
Über Patenschafts- oder Mentorenprogramme
 Entwicklung von Netzwerken des jungen Menschen



Arbeit mit der Herkunftsfamilie: Stärkung der Ressourcen und Klärung
der Familienbeziehungen
Förderung der gegenseitigen Unterstützung von Care Leavers z.B. im
Rahmen des betreuten Wohnens.
Gruppenarbeit und Freizeitaktivitäten, die das Ziel haben die Netzwerke
des jungen Menschen zu stärken
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Angebotsformen / Gestaltungselemente im Übergang
Schulische / berufliche Bildung
 Schulbesuch/Übergänge in Arbeit- und Ausbildung





Kooperation HzE und Schule
Beratung / Begleitung durch Bezugserzieher_innen und/oder
z.B. durch Integrationsmanager
Eigene Schul- und Ausbildungsangebote der Träger
Schnittstelle zur Arbeitsverwaltung, Praxismodell: Vorstellung jedes
Care Leavers bei der Arbeitsverwaltung
Vernetzungen, „runde Tische“, Mentorenprogramme
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Hilfeende und Nachbetreuung:
nachfolgende Hilfen für 15-18-Jährige
Nachbetreuung und
Ehemaligenarbeit
Nachbetreuung und Ehemaligenarbeit



Keine verbindlichen Konzepte nachgehender Unterstützungsangebote
nach stationären Erziehungshilfen
Vereinzelt mediale Vernetzung, z.B. über Facebook
Bisher kaum systematische Ehemaligen-Arbeit, typisch:



Einladung zu Sommerfesten
nicht formalisierte Kontakte zu ehemaligen Bezugserziehern
Einrichtung bleiben z. T. wichtiger Bezugspunkt; feste monatliche
Ehemaligentage
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Erfahrungen
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Schnittstellen im Überblick
 SGB VIII:
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§ 13 Jugendsozialarbeit/Jugendberufshilfe
§ 19 Vater/Mutter-Kind-Wohnformen
§ 35a Eingliederungshilfe für seelisch Behinderte
 SGB II (Grundsicherung für Arbeitssuchende)
 SGB III (Arbeitsförderung)
 BAFöG / Berufsausbildungsbeihilfe (BAB)
 SGB XII:
•
•
Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten (§ 67/68)
Eingliederungshilfe für Menschen mit körperlicher und/oder geistiger
Behinderung (§ 53ff. SGB XII)
 Übergang in gesetzliche Betreuung gem. § 1896 BGB
 Gesundheitshilfe / Psychiatrie (SGB V)
 Asyl-/Ausländerrecht (AsylVerfG, AufenthaltsG)
Kritische Übergangskonstellationen
 Hilfegewährungspraxis:



Abhängigkeit von regionaler Bewilligungspraxis
Jugendtypisches Verhalten kaum berücksichtigt,
Normalitätsvorstellung „Auszug mit 18“
mangelnde Mitwirkung indiziert keinen weiteren Hilfebedarf
 Fokus auf Bildung nicht zentral


Übergang in andere Leistungssysteme gefährdet
Bildungschancen
Bildung wird kaum als „biographische Chance“ wahrgenommen
 Wohnungslosigkeit / Soziale Isolation in der eigenen
Wohnung
 Psychisch kranke junge Erwachsene / Care Leaver ohne
klare Diagnose
Internationale Perspektiven auf den
Übergang
 Anspruch auf Erziehungshilfen bis 23 – Rückkehr möglich!
 Gesetzliche Verankerung der Übergangsbegleitung + Nachbetreuung
 Übergangsprogramme für Care Leaver: Wohnen + Bildung
 Selbstorganisation und Selbsthilfe von Care Leaver
 Kampagnen zur Verbesserung der Situation von Care Leaver
 Sensibilisierung für Anforderungen an den Übergang: Hearings mit
Politik, Fachpraxis und Care Leaver
 Stärkung der Rechte von Care Leaver: Advocacy
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Was brauchen Care Leaver?
 Beziehungskontinuität, Spielräume und
wirtschaftliche Sicherheit
 Der Übergang verläuft dann besonders positiv, wenn
Care Leaver Stabilität und Kontinuität im Hilfesystem
und in ihren sozialen Beziehungen vorfinden und die
Gelegenheit erhalten, im Vertrauen auf wichtige
Wegbegleiter die Phase als Übungsfeld zu nutzen,
Fehler machen und Risiken bei der
Entscheidungsfindung eingehen zu dürfen, um in
diesem Prozess Verantwortungsbewusstsein für ihr
Leben zu erlangen (Stein/Wade 2000).
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Was brauchen Care Leaver? - Was ist gute
Praxis?
 Nicht mehrere Übergangsprozesse parallel einleiten!
 Partizipation als Teil der Selbständigkeitsentwicklung und
Fähigkeit zur Verantwortungsübernahme fördern!
 Orte des Zurückkommens schaffen!
 Reversible und flexible Übergängen aus Erziehungshilfen
ermöglichen!
 Abschiede vorbereiten und Abschiednehmen lernen!
 Infrastruktur für Hilfen aus einer Hand verbessern!
 Netzwerke stärken / Gruppenangebote erweitern!
 Bindungen ermöglichen und erhalten: Ehemaligenarbeit und
Patenschaften institutionalisieren!
Beteiligungsworkshops
20./21.02.2015 in Hildesheim
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20./21.06.2015 in Frankfurt / Main
Vielen Dank für Ihre
Aufmerksamkeit !
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