Prof. em. Dr. rer. pol. Norbert Konegen downloads: www.p8-management.de/universitaet konegen@uni-muenster.de SS 2015 Im Rahmen des Projekts “Europäische Bankenunion” (Teilbereich Bankenaufsicht) hat die Europäische Zentralbank (EZB) einen erheblichen Kompetenzzuwachs erfahren. Zwingen die damit verbundenen Folgen die EZB zu einem Spagat zwischen Geld- und Finanzpolitik? Lerneinheiten I. Wichtige Etappen der Europäischen Währungsunion – naive Konstrukteure? II. Die Europäische Zentralbank (EZB) – ein System mit Fehlsteuerungen? III. Die EZB und ihre nicht konventionellen geldpolitischen Instrumente – eine Flucht in die Finanzpolitik? IV. Target II – eine nationale Gelddruckmaschine? V. Europäische Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF) und Europäischer Finanzstabilitätsmechanismus (ESM) – Quellen für Haftungspotentiale? VI. Die EZB und die Bankenunion – Kompetenzzuwachs mit Folgen? VII.Bundesverfassungsgericht und EUV – Urteile mit Konsequenzen? VIII.Europäischer Gerichtshof und EUV – wohin geht die Reise? Quelle: © konegen, ifpol uni münster 2 I. Agenda: Wichtige Etappen der Europäischen Währungsunion – naive Konstrukteure? 1. Ausgewählte Etappen a) Die Theorie optimaler Währungsräume als Leitbild für einen europäischen Währungsraum? b) Der Stufenplan der Wirtschafts- und Währungsunion (WWU). c) Voraussetzungen für einen optimalen Währungsraum bezogen auf die EU d) Wichtige Rechtsgrundlagen der EU e) Eine Chronologie der Eurozone 2. Naive Konstrukteure? – WWU und der optimale Währungsraum a) Beispiele für Vertragsabweichungen/unklare Regelungen b) Der aktuelle Befund: Die ökonomischen Basisdaten im Euroraum divergieren: BIP, Staatsschulden, Arbeitsmarkt Quelle: © konegen, ifpol uni münster 3 1. a) Die Theorie optimaler Währungsräume als Leitbild für einen europäischen Währungsraum? Gegenstand der Theorie optimaler Währungsräume (optimum currency area theory, OCA) ist die Abwägung der Vor- und Nachteile bei Wechselkursflexibilität hinsichtlich konkreter Besonderheiten in Ländern von Währungsräumen. R. Mundell 1961: Ein Währungsraum sei dann optimal, wenn makroökonomische Schocks durch ausreichende Faktormobilität (qualifikatorische, sektorale, räumliche Beweglichkeit von Arbeitnehmer und Kapital) ausgeglichen werden. McKinnon 1963: Ausgleich makroökonomischer Schocks durch Offenheitsgrad der Handelsströme ihrer Mitglieder. P. Kenen: Branchenschocks weniger bedeutend bei Ländern mit stark diversifizieren Außenhandels- und Produktionsstrukturen. R.Vaubel: Stabile Wechselkurse + ähnliche Präferenzstrukturen als Schockabsorber im OCA. De Grauwe: Konvergenz nationaler Wirtschaftspolitiken u.a. Quelle: Gabler, 15.A.: 2321 © konegen, ifpol uni münster, SS 2015 4 1.b) Der Stufenplan der Wirtschafts- und Währungsunion (WWU). Stufe I (1.7. 1990 – 31.12. 1993) Liberalisierung des Kapitalverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten Engere wirtschaftliche Abstimmungen der Regierungen Verstärkte Zusammenarbeit der Zentralbanken Stufe II (1.1.1994 – 31.12.1998) Konvergenz der innerstaatlichen Wirtschafts- und Währungspolitiken (Maastricht-Kriterien von 1993: Art. 126, Protokoll 12 AEUV; Art. 140, Protokoll 13 AEUV). Stufe III (Ab 1.1.1999) Europäischer Rat (Kommissionsbericht) stellt fest, welche Mitgliedstaaten die EU-Konvergenzkriterien erfüllen. Unwiderrufliche Festlegung der Wechselkurse + Abschirmung der Wechselkurse durch Target2 (NZB räumen EZB unbegr. Kredit ein. Einführung der einheitlichen Währung an den Devisenmärkten und im Zahlungsverkehr. Quelle: BMF © konegen, ifpol uni münster, SS 2015 5 1. c) Voraussetzungen für einen optimalen Währungsraum bezogen auf die EU Quelle: eigene Darstellung © konegen, ifpol uni münster, SS 15 6 1.d) Wichtige Rechtsgrundlagen der WWU Grundlage: Europäischer Verfassungsverbund: EU-Vertrag in seiner nach dem Inkrafttreten des Vertrages von Lissabon gültigen Fassung (12/2007); Den durch den Vertrag von Lissabon geänderten EG-Vertrag (nunmehr: Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union –AEUV) 12/2009. Art.3 Abs.4 EUV: WWU als Ziel der EU genannt Im Primärrecht kaum. Beispiele: Art. 119ff., 136ff., 139ff. AEUV. Grundlagen der Wirtschafts- und Währungspolitik: Art. 119 – 144 AEUV Wesentlich Protokolle 12 + 13 Quelle: © konegen, ifpol uni münster 7 1.e) Z.Z. WWU formal 28 , Eurozone 19 Mitgliedsstaaten Quelle: © konegen, ifpol uni münster 8 2. Naive Konstrukteure? – WWU und der optimale Währungsraum „Niemand hat die Absicht den Stabilitätspakt zu ändern“. Es sei denn, die vermuteten politischen Kosten erzwingen eine Änderung Quelle: FAZ 21.6.2014 © konegen, ifpol uni münster, SS 2015 9 2. a) Beispiele für Vertragsabweichungen/unklare Regelungen Art. 121 AEUV „Multilaterale Überwachung“: Nur Verwarnungen gegenüber Mitgliedsstaaten. Art. 126 i.V. mit 139 AEUV (Haushaltsdisziplin 3%-Regel; übermäßige öff. Defizite 60%-Regel). Bisher noch keine Sanktionen durch Rat. Grund u.a.: Auf massivem Druck Frankreichs verzichtet H. Kohl 12/1996 (Dublin-Gipfel) auf die vorgesehene vertragliche Festschreibung automatischer Strafen. Art. 122 AEUV Befugnis des Rates bei Schwierigkeiten. Art. 125 AEUV: No - bailout bzw. Nichtbeistandsklausel. Art. 123/124 AEUV: Verbot jeder Art von Kreditfazilitäten durch EZB/NZB an Mitgliedsstaaten, Zugriff öffentlich-rechtlicher Institutionen auf Banken, unmittelbarer Erwerb von Staatsanleihen durch EZB/NZB sind verboten. Quelle: © konegen, ifpol uni münster 10 … Fortsetzung Art. 130 AEUV: Unabhängigkeit der EZB+NZB. Art. 50 AEUV: „Jeder Mitgliedsstaat kann im Einklang mit seinen verfassungsrechtlichen Vorschriften beschließen, aus der Union auszutreten.“ Art. 140/3 AEUV unklare Regel: Unwiderruflichkeit des Beitritts bezieht sich auf den Wechselkurs! 3 denkbare Auslegungen. Neuberechnung des BIP lässt BIP steigen + Schuldenquote sinken (FAZ 22.1.14): Ab 9/2014 gilt in der EU die neue Methode der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung: Ausgaben für Forschung und Entwicklung (F&E) gelten als Kapitalbildung also als Investition. Ausgaben für Militärgüter gelten ebenfalls als Kapitalbildung/Investition. Quelle: © konegen, ifpol uni münster 11 2. Naive Konstrukteure – „Abgesang auf den Stabilitätspakt“ EU stellt Defizitverfahren (Art. 126 AEUV) gegen 6 Staaten ein (FAZ 2.6.14) Quelle: FAZ 1.6.13 © konegen, ifpol uni münster 12 … der Stabilitätspakt wird flexibler Ab 9/14 zählen F&E Ausgaben + Ausgaben für Militärgüter als Investitionen (Kapitalgüter) d.h. Senkung der Staatsscukdenquoten Quelle: FAZ 22.1.14 © konegen, ifpol uni münster 13 … naive Konstrukteure: „Zeit kaufen“ – ein tragfähiges Krisenmanagement? Quelle: http://www.spiegel.de/fotostrecke/fotostrecke-71336-2.html Quelle: © konegen, ifpol uni münster 14 … naive Konstrukteure – Mängel im Ordnungsrahmen der Europäischen Währungsunion Das Beispiel Griechenland: Von 1981 – 2010 fließen Europäische Fördergelder, die durchschnittlich 2,7% des griechischen BIP betragen. „Wäre die Produktivität aller Wirtschaftsfaktoren in den untersuchten 30 Jahren wenigstens konstant geblieben, hätte das BIP Griechenlands in etwa so hoch liegen müssen wie die Zuwendungen aus Brüssel, also bei 2,7%.“ 2009: Ausbruch der Griechenlandkrise. Regierung gesteht ein, dass das Haushaltsdefizit nicht wie vorgesehen bei 5% des BIP sondern doppelt so hoch liegt. Die offiziellen, vom Europäischen Statistikamt überprüften Daten ergaben für 2009 schließlich ein Defizit von mehr als 15%. Seit 2008 schrumpfte das BIP im 25%, A-quote mehr als 25%. Quelle: FAZ 8.4.2015 © konegen, ifpol uni münster, SS 2015 15 2. b) Der aktuelle Befund: Die ökonomischen Basisdaten im Euroraum divergieren: BIP, Staatsschulden, Arbeitsmarkt Quelle: © konegen, ifpol uni münster 16 Quelle: FAZ 4.4.2015 © konegen, ifpol uni münster, SS 2015 17 Quelle: FAZ 4.4.2015 © konegen, ifpol uni münster, SS 2015 18 Quelle: FAZ 4.4.2015 © konegen, ifpol uni münster, SS 2015 19 Literaturnachweise http://www.cep.eu/publikationen/eu-lexikon.html http://de.wikipedia.org/wiki/Europ%C3%A4ische_Wirtschafts_und_W%C3%A4hrungsunion#Die_zweite_Stufe_der_EWWU http://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Bilderstrecken/Mediathek/Inf ografiken/infografik-europa.html http://de.wikipedia.org/wiki/Europ%C3%A4ische_Wirtschafts_und_W%C3%A4hrungsunion#Die_Theorie_optimaler_W.C3.A4hrungsr.C3.A4u me http://www.bundesfinanzministerium.de/Web/DE/Themen/Europa/Euro_auf_einen _Blick/Europaeische_Wirtschafts_und_Waehrungsunion/europaeische_wirtschaft s_und_waehrungsunion.html Quelle: © konegen, ifpol uni münster, SS 2015 20
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