A Si da ch pt er ie re n tig eu ren nd ie Ei oris i Pr h en ac ier n f is Ei ron h nc Sy Datenkonsistenz „Single source of truth“ St ru Frü kt h ur ie re n Lean Innovation Datendurchgängigkeit – der Befähiger zur Kollaboration Dr. Stefan Rudolf (Complexity Management Academy) / Elisabeth Schrey (WZL) IT-Landschaften in Unternehmen besitzen häufig eine Historie und Vielfalt, die deren Harmonisierung behindern. Dabei liegt gerade in der Datendurchgängigkeit aller Geschäftsprozesse der Schlüssel für große Effizienzsteigerungen. Ein durchgängiger Backbone, der die aktuellsten Daten jeder Funktion zeitgleich zur Verfügung stellt, ist deswegen der ideale Zielzustand. Motivation Wachsende Datenmengen und eine vielfältige IT-Landschaft gehören in vielen Unternehmen zum Alltag. Für produzierende Unternehmen mit einem variantenreichen Produktprogramm ist diese Herausforderung besonders gravierend. Eine Lösung versprechen PLM-Systeme, welche eine Durchgängigkeit im Datenfluss ermöglichen sollen. In der industriellen Praxis ist dies aber noch ein Ideal, weil das Denken und Handeln in Unternehmensfunktionen als in sich abgegrenzte Einheiten mit eigenen informationstechnischen Anforderungen noch dominiert. So entstehen beim Generieren von Daten Redundanzen und Inkonsistenzen, sodass effizientes Arbeiten behindert wird. Um dem entgegenzuwirken, ist als Grundvoraussetzung eine durchgängige Datenstruktur für eine Single Source of Truth zu schaffen. Geschäftsprozesse sind über gemeinsame Datenstrukturen zu verbinden Die Grundlagen dieser durchgängigen Datenstruktur sollen durch die Zusammenhänge von Geschäftsprozessen, IT-Systemen, Produktdaten im Folgenden beschrieben werden. Insgesamt ist die gesamte Vernetzung der Geschäftsprozesse entlang der Wertschöpfungskette anzustreben. Eine vollständige Beschreibung der unternehmensweiten Prozesslandschaft stellt sicher, dass die Ansprüche aller Unternehmensfunktionen und -hierarchien an die Datenstruktur berücksichtigt werden. Eine Übersicht für Referenzprozesse, die in diversen Industrien bereits verwendet wurde, ist das Ergebnis eines Forschungsprojektes des Werkzeugmaschinenlabors (WZL) der RWTH Aachen zusammen mit dem Institut für Arbeitswissenschaft (IAW) der RWTH Aachen und dem Fraunhofer Institut für Produktionstechnologie (IPT) in Aachen. Das Handbuch des Transferbereichs (TFB) 57 gibt einen umfassenden Überblick der zu betrachtenden Geschäftsprozesse und beschreibt deren Strukturen und Rollen sowie mögliche unterstützende Methoden. Der Zusammenhang der 13 beschriebenen Prozesse ist in Abbildung 1 zu sehen. Beispielhaft ist die Auftragsabwicklung zu nennen, welche in die allgemeinen Phasen Auftragserfassung und -prüfung, Angebotserstellung und Auftragsausführung unterteilt wird. Es wurde ein detailliertes Prozessmodell einheitlich im Standard der Business Process Modeling Notation (BPMN) dargestellt und Methoden der Auftragsabwicklung wie Complexity Management Journal 02/2015 13 die belastungsorientierte Auftragsfreigabe (BOA) beschrieben. Optimalerweise werden diese Methoden durch bedarfsgerechte IT-Systeme realisiert. Diese stellen jeder Unternehmensfunktion anwendungsspezifisch alle relevanten Informationen zur Verfügung und ermöglichen es, den Bereichen über Informationen im Austausch zu stehen und diese zu verändern, zu ergänzen oder zu löschen. Informationen liegen für jeden Geschäftsprozess in unterschiedlichen Formaten vor. Beispielsweise benutzen Vertriebsmitarbeiter einen Produktkatalog oder webbasierten Konfigurator und geben Bestellungen per Artikelnummer über ein ERPSystem an relevante Bereiche weiter. Für das Beispiel der Auftragsabwicklung ist ein relevantes IT-System das Customer Relationship Management (CRM), in welchem die Historie aus Kundendaten mit oder ohne direkten Produktbezug gespeichert werden kann. liche Sichten auf das Produkt. Bei diesen Sichten wird zwischen Anforderungs- und Funktionsstrukturen sowie verschiedenen physischen Produktstrukturen unterschieden. Im Vertrieb sind bspw. die Produktfunktionen oder Anwendungsoptionen im Fokus, die über einen Konfigurator in dem Prozessschritt Anfragenerfassung und -prüfung ausgewählt werden können. Jede dieser Sichten beinhaltet die relevanten Informationen, welche in den IT-Systemen bearbeitet werden. Die benötigten Informationen umfassen nicht nur Produktdaten, sondern ebenso Kunden- und Lieferantenangaben in Form von Datenbanken oder Ergebnissen aus Analysen wie Marktprognosen. Weitere wesentliche Informationen treten im Zusammenhang mit der Produktion auf, welche in Fertigung und Montage mit statischen Maschinendaten und dynamischen Prozessdaten arbeitet. In Abbildung 2 ist diese Vernetzung mit beispielhaften IT-Systemen aufgezeichnet. Es ist ebenfalls erkennbar, dass in multinational agierenden Unternehmen IT-Systeme nicht nur an einem Standort miteinander verbunden werden müssen, sondern, dass diese Problematik häufig global ist. Durch Geschäftsprozesse und IT-Systeme entstehen in jedem Unternehmensbereich unterschied- Datendurchgängigkeit und -synchronisation stellen die Kernelemente einer Single Source of Truth dar Die Datendurchgängigkeit stellt dabei an die ITLandschaft einerseits die Anforderung der Systemvernetzung, die im Artikel zum Product Lifecycle Management beschrieben wurde. Andererseits ist Auftragsabwicklung Einzelprojektcontrolling Ideenmanagement Produktprogrammplanung Produktplanung Anforderungsmanagement Funktionsmanagement Produktmanagement Änderungsmanagement Kollaborative Entwicklung Produktentwicklung Risikomanagement Qualitätscontrolling Legende Personalauswahl und -entwicklung Steuerungszugriff Informationsfluss Gestaltung eines belastungsoptimalen Arbeitsumfelds Abb. 1: Prozesslandkarte der gesamten Referenzprozesse 14 Complexity Management Journal 02/2015 Abb. 2: Ideal einer Single Source of Truth es für effiziente Prozesse wichtig, dass die Unternehmensfunktionen zeitgleich auf die gleiche Datenbasis zurückgreifen können im Sinn einer Single Source of Truth. Dazu müssen sich die IT-Systeme ihre jeweilige Datenstruktur aus einer gemeinsamen Datenquelle ziehen, aus der die relevanten Sichten für die Unternehmensfunktionen ausgeleitet werden. Für produktbezogene Daten gilt dabei, dass sowohl die betrachteten Elemente innerhalb der Strukturen als auch die Hierarchieebenen der Produktstruktur je nach Unternehmensfunktion unterschiedlich ausgeprägt sein können. Trotzdem werden von der gleichen Datenbasis für jede Funktion die aktuellsten Daten gezeigt und jede Unternehmensfunktion bekommt die relevanten Daten zur Verfügung gestellt. Der zugrunde liegende Datenbackbone sollte außerdem mit Bibliotheken verbunden sein, die Stammdaten verschiedener Funktionen ordnen und mit denen Elemente aus der Produktdatenstruktur eindeutig verknüpft werden können. Dieser Zusammenhang ist in Abbildung 1 als Datenbackbone dargestellt, der als einziger Informationsfluss die Systeme verbindet und auch Informationen aus Bibliotheken transportiert. Beispielsweise ist hier ein Customer Relation Management zu nennen, in welchem Kundendaten mit den jeweils abgesetzten Produktkonfigurationen verknüpft sind. Der Problematik der unterschiedlichen Produkt- und Stücklistenstrukturen wird so begegnet, dass auf derselben Datenbasis alle Strukturen anwendbar sind. Es gibt bereits erste IT-Systeme, welche diese Flexibilität vor allem im Bereich der Produktplanung und -entwicklung erlauben. Nutzen des Datenbackbones Der Nutzen eines Datenbackbones liegt folglich in der Erhöhung der Datenqualität entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Diese Datendurchgängigkeit kann gerade dann als Beschleuniger in den Geschäftsprozessen fungieren, wenn im Unternehmen der erfolgreiche Ansatz der modularen Complexity Management Journal 02/2015 15 Produktbaukästen genutzt wird. Produktbaukästen unterteilen ein Produkt in standardisierte und flexible Bausteine und unterstützen damit einerseits eine dem Kunden angepasste Variantenvielfalt und andererseits standardisierte Prozesse im Unternehmen. Für die Produktentwicklung bedeutet dies, dass möglichst in Modulen gekapselte Funktionen parallel von verschiedenen Entwicklungsdisziplinen realisiert werden. Hier entsteht häufig das Problem von unterschiedlichen Produktstrukturen, wenn zwischen Funktionen und Modulen keine 1:1-Beziehung besteht. Der Vorteil einer gemeinsamen Datenbasis und der Ableitung von funktionsabhängigen Sichten liegt in der Möglichkeit zur Kollaboration. Je nach Entwicklungsdisziplin und -gegenstand können Maschinenbauer, Elektrotechniker oder Softwareingenieure an einer Funktion arbeiten und zeitgleich die aktuellsten Änderungen anderer Bereiche einsehen. Durch die üblichen Check-in und Check-out Funktionen von PLM-Lösungen wird dabei verhindert, dass zwei Änderungen gleichzeitig an einem Dokument umgesetzt werden können. Auf diese Weise werden in kurzen Zyklen Entwicklungsstände aggregier- und überprüfbar. Dadurch entfallen lange Iterationsschleifen aufgrund mangelnder Kommunikation oder Versionierungsproblemen. Zusammenfassung Zusammenfassend steht fest, dass die Datendurchgängigkeit im Unternehmen die Berücksichtigung aller Funktionen und Geschäftsprozesse erfordert. Diese müssen über eine gemeinsame Datenquelle verfügen, aus welcher beliebige Ansichten auf das Produkt ausgeleitet werden können. Mit der Vernetzung zu Stammdatenbanken entsteht eine Single Source of Truth, die für effiziente Prozesse elementar ist. Für Unternehmen, die stark funktionsorientiert und zeitgleich in verschiedenen Entwicklungsdisziplinen entwickeln, ist die einheitliche Datengrundlage besonders wichtig, um Redundanzen in der Datenhaltung und damit ineffizientes Arbeiten zu verhindern. Literaturhinweise Schuh, G.; Schlick, C.; Schmitt, R.; Lenders, M.; Bender, D.; Bohl, A.; Gärtner, T.; Hatfield, S.; Müller, J.; Mütze-Niewöhner, S.: Systemunabhängige Referenzprozesse für das PLM, Open Space Seminar, 2008 Kontakt Dr. Stefan Rudolf Geschäftsführer Complexity Management Academy GmbH Telefon:+49 241 51031 500 stefan.rudolf@complexity-academy.com Elisabeth Schrey Abteilung Innovationsmanagement Werkzeugmaschinenlabor WZL der RWTH Aachen Lehrstuhl für Produktionssystematik e.schrey@wzl.rwth-aachen.de 16 Complexity Management Journal 02/2015
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