Handreichung zur Videoüberwachung

Datenschutz bei
Videoüberwachungen
Handreichung für die Praxis
Saarbrücken, im April 2015
Unabhängiges Datenschutzzentrum
Saarland
1 Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland
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2 Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
Vorwort
In dieser Handreichung zur Videoüberwachung haben wir erstmals einige praktische Fälle zum Thema Videoüberwachung und Datenschutz
im Saarland aus den vergangenen Jahren zusammengestellt. Sie soll
einen verständlichen Einstieg in die rechtliche Bewertung von Videoüberwachungsmaßnahmen bieten und eine Orientierung bei der praktischen Umsetzung sein.
Der erste Teil umfasst Fallbeispiele aus dem privaten Bereich und der
freien Wirtschaft (nicht-öffentlicher Bereich), im zweiten Teil finden Sie
einige Beispiele aus dem öffentlichen Bereich betreffend Behörden und
Kommunen.
Eine „Orientierungshilfe zur Videoüberwachung durch nicht-öffentliche
Stellen“ mit einer Checkliste und Beschlüsse des Düsseldorfer Kreises
ergänzt die Fallsammlung, ebenso wie eine Orientierungshilfe zur Videoüberwachung für öffentliche Stellen.
Der Düsseldorfer Kreis ist ein freiwilliger Zusammenschluss der Datenschutzbeauftragten im nicht-öffentlichen Bereich.
Diese Zusammenstellung von Fällen und Hinweisen ersetzt keine Prüfung im Einzelfall, kann aber der besseren Einschätzung der Zulässigkeit
des Betreibens von Videokameras im öffentlichen und privaten Bereich
dienen.
Unser vorrangiges Ziel ist es aber, dass viele unzulässige Überwachungsmaßnahmen von vorneherein unterbleiben.
Saarbrücken, im April 2015
Judith Thieser
Die Landesbeauftragte
für Datenschutz und Informationsfreiheit
im Saarland
3 Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
4 Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
Inhaltsverzeichnis
Vorwort ........................................................................................................... 3
1
Videoüberwachung im nicht-öffentlichen Bereich............ 7
1.1
1.2
1.3
1.4
1.9
1.10
Einführung in die Thematik ....................................................................................... 7
Videoüberwachung im Beschäftigungsverhältnis............................................. 7
Videoüberwachung in der industriellen Produktion ........................................ 9
Datenschutzrechtliche Bedingungen für den Einsatz mobiler
Videokameras ...............................................................................................................10
Voraussetzungen für die Herausgabe von Aufzeichnungen durch
den Betreiber einer Videoüberwachungsmaßnahme ....................................17
Videoüberwachung durch den Inhaber eines Gastronomiebetriebs.......19
Datenschutzrechtliche Bewertung von Kameras in einer Apotheke ........21
Anlasslose Prüfung von Videoüberwachungsmaßnahmen in Clubs
und Diskotheken .........................................................................................................24
Kameraeinsatz bei der Bewirtschaftung von Parkflächen ............................27
Wildkameras..................................................................................................................29
2
Videoüberwachung im öffentlichen Bereich ...................... 31
2.1
2.2
2.3
2.4
2.5
2.6
2.7
2.8
2.9
2.10
Einführung in die Thematik .....................................................................................31
Videoüberwachung während einer Prüfung in der Universität des
Saarlandes ......................................................................................................................33
Videoüberwachung an Schulen .............................................................................33
Videoüberwachung in Schwimmbädern ............................................................34
Videoüberwachung von Außenfassaden............................................................34
Einsatz von Webcams ................................................................................................35
Verdeckte Videoüberwachung ...............................................................................36
Videoüberwachung auf Wertstoffhöfen .............................................................37
Videoüberwachung im Museum ...........................................................................38
Videoüberwachung von Kriegsgräberstätten...................................................39
3
Beschlüsse des Düsseldorfer Kreises ..................................... 41
3.1
3.2
Videoüberwachung in und an Taxis .....................................................................41
Unzulässigkeit von Videoüberwachung aus Fahrzeugen
(sog. Dashcams) ...........................................................................................................42
4
Orientierungshilfen....................................................................... 45
4.1
Orientierungshilfe des Düsseldorfer Kreises „Videoüberwachung
durch nicht-öffentliche Stellen“ .............................................................................45
Merkblatt zum datenschutzkonformen Einsatz von
Tierbeobachtungskameras in saarländischen Wäldern ................................58
Orientierungshilfe – Videoüberwachung durch Landesbehörden
und Kommunen gem. SDSG ...................................................................................63
1.5
1.6
1.7
1.8
4.2
4.3
5
Anhang .............................................................................................. 65
5.1
5.2
Auszug aus dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) .....................................65
Auszug aus dem Saarländischen Datenschutzgesetz (SDSG) ....................83
6
Stichwortverzeichnis .................................................................... 87
5 Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
6 Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
1
Videoüberwachung im nichtöffentlichen Bereich
1.1
Einführung in die Thematik
Ob Videoüberwachung unter Nachbarn, der Umgang mit Bilddaten von
Kunden durch Gewerbetreibende, die Überwachung von Mitarbeitern
oder der Einsatz von Drohnen und Dashcams, der thematische Bogen
der Videoüberwachung ist weit gespannt und sowohl in technischer als
auch rechtlicher Hinsicht durch eine große Dynamik geprägt.
Im Berichtszeitraum des 25. Tätigkeitsberichts für die Jahre 2013/2014
sind verschiedene gerichtliche Entscheidungen mit teils richtungsweisendem Charakter ergangen. So wurde durch das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 11. Dezember 2014 - C-212/13 - die Anwendbarkeit der Datenschutzrichtlinie 95/46/EG auf die zweckgerichtete Videoüberwachung öffentlichen Raums durch Privatpersonen festgestellt,
was mit der bisherigen Auslegungspraxis der deutschen Aufsichtsbehörden korrespondiert. Darüber hinaus sind unter anderem das
Dashcam-Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 12. August 2014
- AN 4 K 13.01634 – (s. hierzu Ziffer 1.4.2).
Der Düsseldorfer Kreis1 hat aufgrund der vermehrten Eingaben zur
Thematik am 26. Februar 2014 eine Orientierungshilfe zur Videoüberwachung durch nicht-öffentliche Stellen veröffentlicht. Diese Orientierungshilfe ist im Anhang zu finden und gibt eine umfassende Hilfestellung zur Zulässigkeitsprüfung von Videoüberwachungsmaßnahmen.
Neben der aufsichtsbehördlichen Sanktionierung unzulässiger Videoüberwachungsmaßnahmen wird von dem Unabhängigen Datenschutzzentrum Saarland vor allem ein Schwerpunkt auf Aufklärung und präventive Beratung gelegt. Durch Informationsveranstaltungen und der
Erstellung von themenspezifischen Publikationen soll erreicht werden,
dass von vornherein der Einsatz von unzulässigen Überwachungsmaßnahmen vermieden wird.
1.2
Videoüberwachung im Beschäftigungsverhältnis
Videoüberwachung am Arbeitsplatz ist allgegenwärtig. Dieser Eindruck
korreliert mit der großen Anzahl an Eingaben, die wir zu dieser Thematik erhalten haben. Ob im Baugewerbe, im produzierenden Gewerbe
oder der Gastronomie, überall werden Videokameras eingesetzt, die
auch zur Überwachung der Beschäftigten genutzt werden können.
1
Der Düsseldorfer Kreis ist ein Beratungsgremium der Landesaufsichtsbehörden im
nicht-öffentlichen Bereich des Datenschutzes. Ziel des Düsseldorfer Kreises ist die
bundesweit einheitliche Auslegung des geltenden Rechts in wesentlichen Fragen
des Datenschutzes sowie die Verständigung zwischen den Aufsichtsbehörden über
ein aufsichtsbehördliches Vorgehen, um zu einem verlässlichen, bundesweit möglichst einheitlich angewandten Datenschutzniveau im nicht-öffentlichen Bereich zu
gelangen.
7 Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
Zu unterscheiden ist die Videoüberwachung in öffentlich zugänglichen
Räumlichkeiten sowie die Videoüberwachung am Arbeitsplatz, der einen nicht öffentlich zugänglichen Raum darstellt. Sind bei der ersten
Variante die Voraussetzungen des § 6b Bundesdatenschutzgesetz
(BDSG) neben den Vorschriften zu Beschäftigtendaten aus § 32 BDSG zu
berücksichtigen, gelten für die zweite Variante lediglich die Vorgaben
aus § 32 BDSG.
Eine Prüfung, ob eine Videoüberwachung am Arbeitsplatz aus datenschutzrechtlicher Sicht als zulässig erachtet werden kann, kann immer
erst nach Betrachtung des Einzelfalls entschieden werden. Dabei sind
die Kriterien der Erforderlichkeit, Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit zu beachten. Die Videoüberwachung am Arbeitsplatz stellt
grundsätzlich einen tiefen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen dar, da durch diese Maßnahmen ein permanenter Überwachungsdruck auf die Belegschaft ausgeübt werden kann und man Rückschlüsse auf Leistung und Verhalten der Belegschaft dokumentieren
kann.
Generell ist dazu anzumerken, dass bereits im Jahr 2004 das Bundesarbeitsgericht festgestellt hat, dass eine permanente Videoüberwachung
am Arbeitsplatz und der damit einhergehende permanente Überwachungsdruck in schwerwiegender Weise in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmer eingreift. Eine „Rund-um-die-UhrÜberwachung“ von Mitarbeitern ist aufgrund dieses schwerwiegenden
Eingriffs in die Persönlichkeitsrechte der Beschäftigten unzulässig (BAG
Beschluss vom 14. Dezember 2004 - 1 ARB 34/03 -).
Nur in ganz besonderen Ausnahmefällen kann eine solche Maßnahme
gerechtfertigt sein. Eine permanente Videoüberwachung der Beschäftigten ist beispielsweise denkbar, wenn der Beschäftigte in einem besonders gefahrträchtigen Arbeitsbereich tätig ist und der Arbeitgeber
seiner dem Beschäftigten gegenüber bestehenden Schutzpflicht nachkommen muss. In der Regel fällt die Abwägung zwischen den Interessen eines Arbeitgebers an einer Videoüberwachung und den schutzwürdigen Belangen der Beschäftigten jedoch zugunsten der Beschäftigten aus. Die Zulässigkeit ist im Einzelfall zu überprüfen.
In der Abwägung zwischen den berechtigten Interessen der Arbeitgeber an der Durchführung einer Videoüberwachung mit entgegenstehenden Interessen der Beschäftigten ist insbesondere zu gewichten, ob
dem Beschäftigten überhaupt ein kontrollfreier und damit unbeobachteter Arbeitsbereich zur Verfügung steht. Generell unzulässig ist eine
Videoüberwachung in sensiblen Bereichen wie Umkleidekabinen, sanitäre Einrichtungen und Aufenthaltsräume.
Auch eine Videoüberwachung zur reinen Leistungs- und Verhaltenskontrolle der Beschäftigten ist unzulässig. Da eine Videoüberwachung aber
grundsätzlich dazu geeignet ist, das Verhalten und die Leistung der
Beschäftigten zu dokumentieren, ist die Installation einer Videoüberwachung im Betrieb mitbestimmungspflichtig, soweit ein Betriebsrat im
Unternehmen existiert. Bei der Installation einer Videoüberwachung im
Betrieb empfehlen wir daher den Abschluss einer Betriebsvereinbarung,
die eine Auswertung der Videosequenzen zur Verhaltens- und Leistungskontrolle der Belegschaft ausschließt.
8 Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
1.3
Videoüberwachung in der industriellen Produktion
So wurde das Unabhängige Datenschutzzentrum von einem Mitarbeiter
eines industriellen Produktionsbetriebes darüber informiert, dass der
Eigentümer der Firma eine Videokamera zur Überwachung seiner Mitarbeiter angebracht habe. Der Bitte um Stellungnahme zur Erforderlichkeit der Videoüberwachungsmaßnahme kam der Eigentümer nicht in
ausreichendem Maße nach, so dass sich zwei Mitarbeiter des Datenschutzzentrums vor Ort ein Bild der Videoüberwachungsmaßnahme
machten.
Die angebrachte Netzwerkkamera war so ausgerichtet, dass sie die in
der Produktionshalle tätigen Mitarbeiter überwachen konnte. Die Kamera war geeignet, sowohl Ton- als auch Bildaufzeichnungen anzufertigen. Der Zugriff auf die Kamera konnte über jeden Browser erfolgen.
Bei der Überprüfung vor Ort wurde festgestellt, dass keine Videosequenzen gespeichert wurden. Es wurde bei erfolgtem Zugriff auf die
Kamera lediglich ein Livebild aus der Produktionshalle wiedergegeben,
auf dem Mitarbeiter zu sehen waren. Die Mitarbeiter waren somit einem ständigen Überwachungsdruck ausgesetzt.
Als Begründung für die Installation der Kamera gab der Betreiber mehrere Szenarien an. So sollte beispielsweise der Produktionsablauf in der
Halle kontrolliert werden, damit bei Komplikationen direkt eingegriffen
werden könnte. Dieses Argument war jedoch dadurch zu widerlegen,
dass ständig Mitarbeiter vor Ort waren, die bei Komplikationen einschreiten konnten. Ein weiterer Grund war die Überwachung eines explosionsgefährdeten Bereichs. Allerdings war die Kamera so ausgerichtet, dass der explosionsgefährdete Bereich nicht erfasst wurde. Darüber
hinaus sollte die Kamera auch der Diebstahlprävention dienen. Dass es
bereits einmal zu einem Diebstahl gekommen ist, der zur Anzeige gebracht wurde, konnte uns allerdings nicht belegt werden. Als entscheidender Anlass zur Installation der Kamera wurde uns jedoch mitgeteilt,
dass der Firmeninhaber während eines Kontrollganges kurz vor Schichtende festgestellt hatte, dass einige seiner Mitarbeiter bereits umgezogen auf den Feierabend gewartet haben. Aus diesem Grund eine Kamera zu installieren, die permanent alle Mitarbeiter überwacht, steht jedoch nicht im Verhältnis zum Vergehen der Mitarbeiter. Als milderes
Mittel der Kontrolle hätten hier häufigere Kontrollgänge durch den Inhaber der Firma, der auch auf dem Firmengelände eine Wohnung bewohnt, völlig ausgereicht.
Die eingesetzte Kamera unterstützte das 2-Wege-Audio-System. Sie
hatte ein Mikrofon und einen Audioausgang für einen Lautsprecheranschluss. Die Möglichkeit der Tonaufzeichnung war allerdings deaktiviert.
Wir haben in diesem Zusammenhang allerdings darauf hingewiesen,
dass es § 201 Strafgesetzbuch (StGB) unter Strafandrohung verbietet,
das nicht-öffentlich gesprochene Wort aufzuzeichnen oder abzuhören.
Sofern eine Videokamera über eine solche Audiofunktion verfügt, ist sie
irreversibel zu deaktivieren.
Im Rahmen der Anhörung war der Inhaber des Betriebes schließlich
bereit, die Kamera zu deinstallieren und einen datenschutzkonformen
Zustand herzustellen.
9 Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
1.4
Datenschutzrechtliche Bedingungen für den Einsatz
mobiler Videokameras
Für die Frage der Anwendbarkeit des Bundesdatenschutzgesetzes
(BDSG) im Zusammenhang mit Videoüberwachungsmaßnahmen ist es
grundsätzlich unerheblich, ob stationäre Kameras oder mobile Geräte
(Smartphone, portable Kameras, Drohnen2 etc.) eingesetzt werden. Wie
nachfolgend am Beispiel von Drohnen sowie Dash- und sog. ActionCams3 aufgezeigt wird, kann jedoch mit dem Einsatz von mobilen Kameras bzw. mit Kameras bestückten mobilen Geräten hinsichtlich der
Tiefe des damit verbundenen Eingriffs in das allgemeine Persönlichkeitsrecht und der Anzahl der davon potentiell Betroffenen ein weitaus
größeres Bedrohungsszenario verbunden sein, als dies bei stationären
Kameras der Fall ist.
1.4.1
Fliegender Eingriff in das Persönlichkeitsrecht: Gesetzliche Rahmenbedingungen für den Einsatz von mit Kameras ausgerüsteten Drohnen
In zunehmendem Maße werden Eingaben Betroffener und Anfragen
von Ortspolizeibehörden an die Aufsichtsbehörde herangetragen, die
den Einsatz von mit Videokameras ausgestatteten Drohnen zum Gegenstand haben.
Aufgrund einer nahezu selbstverständlichen Verfügbarkeit im Einzelhandel und zusehends fallender Preise für immer leistungsfähigere Geräte erfolgt ein Einsatz von Drohnen längst nicht mehr bloß in einem
polizeilichen oder militärischen Verwendungszusammenhang. Neben
gewerblichen Akteuren, die Drohnen für verschiedene Zwecke4 einsetzen, sind es immer häufiger Privatpersonen, die solche Geräte im Rahmen ihrer Freizeitgestaltung nutzen, ohne sich oftmals über die rechtlichen Implikationen deren Einsatzes im Klaren zu sein.
Im Vergleich zum Einsatz stationärer Videoüberwachungsmaßnahmen
kann der Einsatz von Drohnen mit einem ungleich größeren Eingriff in
das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Betroffenen verbunden sein, da der potentiell überwachbare Bereich nur von den technischen Gegebenheiten des eingesetzten Geräts begrenzt wird. Mauern,
Zäune oder sonstige Abtrennungen, die Dritten das Betreten des so
geschützten Bereichs oder den Einblick in diesen gerade erschweren
2
3
4
Begrifflich ist dem Grunde nach, abhängig von dem Zweck der Nutzung, zwischen
unbemannten Luftfahrtsystemen (UAS) und Flugmodellen zu unterscheiden. Bei gewerblicher Nutzung handelt es sich um UAS, bei der Nutzung für Zwecke des Sports
und der Freizeitgestaltung kommen sog. Flugmodelle zum Einsatz. Der Begriff
Drohne ist eigentlich einem militärischen Kontext vorbehalten, jedoch mittlerweile
umgangssprachlich so weit verbreitet, dass im weiteren Text der Einfachheit halber
nur noch von Drohne die Rede sein wird.
Dashcams oder On-Board-Cams sind Kameras, die auf dem Armaturenbrett oder an
der Windschutzscheibe von Autos angebracht sind und mit deren Hilfe das Verkehrsgeschehen im unmittelbaren Umfeld des Fahrzeugs aufgezeichnet wird. Sog.
Action-Cams werden vereinzelt von Rad- oder Motorradfahrern eingesetzt und sind
zumeist an Helmen angebracht.
Beispielsweise ist der Einsatz von Drohnen zur Objektüberwachung, im Rahmen von
bautechnischen Arbeiten, im Veranstaltungsmanagement oder in der Tourismuswerbung mittlerweile üblich. Perspektivisch sei in diesem Zusammenhang auch auf
den beabsichtigten Einsatz von Drohnen zur Auslieferung von Paketen durch Online-Händler und Postdienstleister hingewiesen.
10 Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
oder unmöglich machen sollen, stellen im Rahmen des Drohneneinsatzes kein Hindernis dar. Darüber hinaus ist es für Betroffene auch regelmäßig nicht ohne Weiteres möglich, den für den Drohneneinsatz Verantwortlichen zu erkennen.
An dieser Stelle sollen die Anforderungen an einen gesetzeskonformen
Drohneneinsatz und die rechtlichen Handlungs- und Abwehrmöglichkeiten für Betroffene näher dargestellt werden.
Luftverkehrsrechtliche Regelungen
Während für Drohnen, die privat im Rahmen der Freizeitgestaltung eingesetzt werden, nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 Luftverkehrsordnung (LuftVO)
nur dann eine Aufstiegsgenehmigung von der zuständigen Landesluftfahrtbehörde einzuholen ist, wenn diese

eine Gesamtmasse mit mehr als 5 Kilogramm aufweisen,

mit Raketenantrieb, sofern der Treibsatz mehr als 20 Gramm beträgt, ausgestattet sind,

mit Verbrennungsmotor in einer Entfernung von weniger als 1,5
Kilometern von Wohngebieten eingesetzt werden oder

in einer Entfernung von weniger als 1,5 Kilometern von der Begrenzung von Flugplätzen betrieben werden,
sind Drohnen in einem gewerblichen Zusammenhang als Luftfahrzeuge
im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 3 Luftverkehrsgesetz (LuftVG) nach § 16
Abs. 1 Nr. 7 LuftVO grundsätzlich genehmigungspflichtig.
Die handelsübliche Drohne kann somit von Privatpersonen in einem
freizeitlichen Rahmen ohne Beteiligung der Luftfahrtbehörde und ohne
weitere Anforderungen an Eignung oder Zuverlässigkeit der Person des
Nutzers eingesetzt werden.
Im Rahmen des gewerblichen Drohneneinsatzes erteilt die zuständige
Luftfahrtbehörde5, sofern kein Ausschlussgrund nach § 15a Abs. 3 Satz 1
Nr. 1 oder 2 LuftVO (der Betrieb der Drohne erfolgt außerhalb der
Sichtweite des Steuerers oder die Gesamtmasse des Geräts beträgt
mehr als 25 Kilogramm) gegeben ist, nach erfolgter Antragstellung des
Nutzers und Feststellung der Unbedenklichkeit des Einsatzes nach § 16
Abs. 1 Nr. 7 und Abs. 4 LuftVO die Aufstiegsgenehmigung.
§ 16 Absatz 4 LuftVO
Die Erlaubnis wird erteilt, wenn die beabsichtigten Nutzungen nicht zu
einer Gefahr für die Sicherheit des Luftverkehrs oder die öffentliche
Sicherheit oder Ordnung führen können, insbesondere im Fall von
Absatz 1 Nummer 7 die Vorschriften über den Datenschutz nicht
verletzen. […]
Nach § 16 Abs. 4 Satz 1 LuftVO sind mithin von der Luftfahrtbehörde
vor der Erteilung der Aufstiegsgenehmigung auch ausdrücklich datenschutzrechtliche Belange zu prüfen.
5
Im Saarland ist die zuständige Luftfahrtbehörde beim Ministerium für Wirtschaft,
Arbeit, Energie und Verkehr, Referat D/6, Franz-Josef-Röder-Straße 17, 66119 Saarbrücken angesiedelt.
11 Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
Punkt 2.3 der „Gemeinsamen Grundsätze des Bundes und der Länder
für die Erteilung der Erlaubnis zum Aufstieg von unbemannten Luftfahrtsystemen gemäß § 16 Abs. 1 Nummer 7 Luftverkehrs-Ordnung
(LuftVO)“ führt dazu aus, dass die im Rahmen der Antragsprüfung erfolgende Feststellung der Verletzung von Datenschutzvorschriften
durch die beabsichtigte Nutzung immer die Erlaubnisversagung zum
Ergebnis hat.
Die Konzeption des von der saarländischen Luftverkehrsbehörde genutzten Antragsformulars auf Erteilung einer allgemeinen Aufstiegserlaubnis für unbemannte Luftfahrtsysteme legt nahe, dass sich die datenschutzrechtliche Prüfung lediglich in der Selbstverpflichtung des
Antragsstellers erschöpft, datenschutzrechtliche Bestimmungen nicht zu
verletzen (dort Punkt 6. im Antragsformular). Inwiefern der Nutzer bei
Antragstellung jedoch überhaupt die materiell- und formalrechtlichen
Voraussetzungen für einen datenschutzkonformen Drohneneinsatz
kennen kann, muss dahingestellt bleiben.
Ziel der Aufsichtsbehörde ist es daher in Zusammenarbeit mit der Luftfahrtbehörde eine gemeinsame Infobroschüre zu erstellen.
Datenschutzrechtliche Regelungen
Erfolgt der Einsatz der Drohne in einem gewerblichen Kontext, gelten
die Regelungen des BDSG uneingeschränkt.
Maßgebliche Vorschrift für die datenschutzrechtliche Zulässigkeitsprüfung des Einsatzes einer mit Videokamera ausgestatteten Drohne, sofern nicht lediglich Einzelbildaufnahmen angefertigt werden, ist § 6b
BDSG, welche die Videoüberwachung von öffentlich zugänglichen
Räumen durch nicht-öffentliche Stellen regelt.
Für die Anwendbarkeit des § 6b BDSG kommt es darauf an, dass ein
Personenbezug der von der Drohnenkamera erhobenen Bilddaten hergestellt werden kann. Da sich nach § 3 Abs. 1 BDSG der Personenbezug
auf persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder
bestimmbaren Person erstreckt, können ggf. auch Aufnahmen von
Grundstücken und Gebäuden als personenbezogene Informationen
angesehen werden, soweit eine Zuordnung zu natürlichen Personen
möglich ist. Bei Aufnahmen von Personen ist ein Personenbezug dann
zu verneinen, wenn bei Einsatz von Kameras zwar Personen erkennbar
sind, deren Identifizierung jedoch ausgeschlossen ist, da klare Zuordnungsmerkmale (Aussehen, Erscheinungsbild etc.) nicht oder nur sehr
begrenzt wahrnehmbar sind.6
Die Anwendbarkeit von § 6b BDSG ist darüber hinaus nur dann gegeben, wenn beim Einsatz einer mit Kamera ausgerüsteten Drohne öffentlich zugängliche Bereiche wie Straßen und Gehwege (mit-)überwacht
werden.
Eine Beobachtung könnte dann zulässig sein, soweit sie zur Wahrnehmung des Hausrechts oder zur Wahrnehmung berechtigter Interessen
für konkret festgelegte Zwecke erforderlich ist und keine Anhaltspunkte
bestehen, dass schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen (§
6b Abs. 1 Nr. 2 und 3 BDSG).
6
Dies kann z.B. beim Einsatz von Infrarotkameras oder Kameras, die so angebracht
sind, dass aufgrund der großen Distanz zwischen Objekt und Objektiv eine Unterscheidung von einzelnen Personen ausgeschlossen ist, der Fall sein.
12 Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
Ein Drohneneinsatz zur Wahrnehmung des Hausrechts wäre allenfalls
im Zusammenhang mit Maßnahmen des Objektschutzes denkbar, jedoch endet dann die Überwachungsbefugnis grundsätzlich an der
Grenze des vom Hausrecht umfassten Bereichs.
Zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke sind zwar verschiedene Einsatzszenarios vorstellbar, jedoch sind
durch den Betreiber eben auch die schutzwürdigen Interessen Betroffener zu berücksichtigen.
Das Erstellen und Speichern von Bildaufnahmen stellt grundsätzlich
einen Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Betroffenen dar. Bei der gezielten Beobachtung einzelner Personen oder
der Überwachung von Bereichen, die über Betroffene zusätzlich sensible Informationen preisgeben, wie beispielsweise bei der Überwachung
von religiösen, gewerkschaftlichen oder medizinischen Einrichtungen,
überwiegen grundsätzlich die schutzwürdigen Interessen Betroffener.
Bei einem Überflug über ein Festivalgelände oder bei der Aufnahme
einer touristischen Attraktion dürfte ein Überwiegen schutzwürdiger
Interessen Betroffener regelmäßig nicht der Fall sein, jedoch gilt es
dann für den Drohnenbetreiber verschiedene weitere Erfordernisse zu
beachten. So ist u.a. nach § 6b Abs. 2 BDSG auf den Umstand der Beobachtung und die dafür verantwortliche Stelle hinzuweisen. Dies ist
beim Drohneneinsatz innerhalb eines von vorherein begrenzten Bereichs ggf. noch umsetzbar; wie dieser gesetzlichen Hinweispflicht aber
bei einem Einsatz in nicht begrenzten Bereichen - beispielsweise im
Rahmen der Drohnennutzung zur Paketzustellung - nachgekommen
werden kann, bleibt unklar.
Da eine Überwachung, die eine Speicherung von Aufnahmen umfasst,
nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 11. Dezember 2014 zudem eine automatisierte Verarbeitung personenbezogener
Daten darstellt,7 ist ein Verfahrensverzeichnis nach § 4e in Verbindung
mit § 4g Abs. 2 oder 2a BDSG zu erstellen und, sofern von der verantwortlichen Stelle kein Beauftragter für den Datenschutz bestellt ist, das
Verfahren nach § 4d Abs. 1 BDSG der zuständigen Datenschutzaufsichtsbehörde vor Inbetriebnahme zu melden.
Erfolgt der Einsatz der Drohne dagegen in einem privaten Kontext,
findet das BDSG nur unter bestimmten Voraussetzungen Anwendung.
§ 1 Abs. 2 Nr. 3 BDSG
Dieses Gesetz gilt für die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten durch […] nicht-öffentliche Stellen, soweit sie die
Daten unter Einsatz von Datenverarbeitungsanlagen verarbeiten, nutzen
oder dafür erheben oder die Daten in oder aus nicht automatisierten
Dateien verarbeiten, nutzen oder dafür erheben, es sei denn, die Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung der Daten erfolgt ausschließlich für
persönliche oder familiäre Tätigkeiten.
Ein Drohneneinsatz im Rahmen der Ausübung eines Hobbys oder zur
Freizeitgestaltung stellt somit nach dem Willen des Gesetzgebers einen
Bereich persönlicher Lebensführung dar, der außerhalb des datenschutzrechtlichen Regelungsregimes anzusiedeln ist. Jedoch ist diese
Ausnahmeregelung restriktiv auszulegen.
7
Urteil des EuGH vom 11. Dezember 2014 - C-212/13 - Rdnr. 25.
13 Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
Sobald z.B. eine Veröffentlichung von Aufzeichnungen im Internet stattfindet oder ein zielgerichteter Drohneneinsatz zur Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume erfolgt, ist diese Privilegierung im Sinne des §
1 Abs. 2 Nr. 3 BDSG ausgeschlossen und das BDSG vollumfänglich anwendbar.
Handlungs- und Abwehrmöglichkeiten Betroffener
Den mit dem Drohneneinsatz verbundenen Eingriff in das allgemeine
Persönlichkeitsrecht8 Betroffener kann neben der Anrufung der Datenschutzaufsichtsbehörde auch zivilrechtlich begegnet werden. Vorrangig
dann, wenn die Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts in
einem Eindringen in geschützte Bereiche, wie beispielsweise das befriedete und blickgeschützte Grundstück, besteht oder eine zielgerichtete
Beobachtung erkennbar stattfindet, ist die Geltendmachung eines Abwehranspruchs aus § 823 i.V.m. § 1004 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch
(BGB) analog möglich. In diesem Zusammenhang kann auch das Recht
am eigenen Bild, als besondere Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, im Sinne des Kunsturhebergesetzes (KUG) tangiert sein
(§§ 22, 23 KUG), sofern eine Verbreitung oder Veröffentlichung der Aufzeichnungen erfolgt.
Damit Betroffene überhaupt in die Lage versetzt werden, ihre Rechte
wahrnehmen zu können, muss die Person des Drohnenführers ausfindig
gemacht werden. Gestützt auf § 1 Abs. 3 Saarländisches Polizeigesetz
kann eine zeitnahe Kontaktaufnahme mit dem örtlichen Ordnungsamt
oder der örtlichen Polizeidienststelle mit dem Ziel der Identitätsfeststellung des Drohnenführers durch Mitarbeiter eben dieser Stellen zielführend sein.
Das Einschalten der Strafverfolgungsbehörden ist vor allem dann angezeigt, wenn durch den Drohneneinsatz die Verwirklichung von Straftatbeständen droht, wie beispielsweise bei der Anfertigung von Bildaufnahmen höchstpersönlicher Lebensbereiche (§ 201a Strafgesetzbuch
(StGB)), mithin Bereiche der Intimsphäre9, oder der Aufzeichnung des
nichtöffentlich gesprochenen Worts (§ 201 StGB).
Fazit

Private Drohnennutzer sollten Drohnen nur auf Freiflächen einsetzen und geschützte oder befriedete Bereiche der persönlichen Lebensgestaltung nicht oder allenfalls nach Rücksprache mit den potentiell Betroffenen überfliegen.

Gewerbliche Drohnenführer treffen neben der luftverkehrsrechtlichen Pflicht zur Beantragung einer Aufstiegsgenehmigung bei der
Luftfahrbehörde weitreichende formale Verpflichtungen nach dem
BDSG. Eine Kontaktaufnahme mit der Datenschutzaufsichtsbehörde
ist somit vor einem Drohneneinsatz ratsam.

Wenn mit einer Drohne zielgerichtet in geschützte Bereiche eingedrungen wird oder gar die Verwirklichung eines Straftatbestandes
droht, sollten Betroffene zur Identifikation des Drohnenführers die
Ortspolizeibehörde oder die örtliche Polizeidienststelle einschalten.
8
9
Abgeleitet aus Artikel 2 Abs. 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 Grundgesetz.
Siehe dazu im Einzelnen auch die Bundestagsdrucksache 15/2466, S. 5.
14 Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
1.4.2

Erfolgt der Drohneneinsatz erkennbar in einem gewerblichen Kontext, kann, sofern dem Betroffenen die datenschutzrechtlich verantwortliche Stelle bekannt ist, die Luftverkehrsbehörde sowie die Datenschutzaufsichtsbehörde involviert und gegenüber der verantwortlichen Stelle ein Auskunftsanspruch nach § 34 Abs. 1 BDSG geltend gemacht werden.

Die Möglichkeit der Geltendmachung zivilrechtlicher Ansprüche
bleibt Betroffenen jederzeit unbenommen.
Videoüberwachung durch Teilnehmer am Straßenverkehr
Bisher wurde an das Datenschutzschutzzentrum eine vergleichsweise
überschaubare Anzahl an Anfragen und Eingaben im Zusammenhang
mit dem Einsatz von Dash- und Action-Cams herangetragen.
Aufgrund der freien Verfügbarkeit solcher Kameras im Handel wird jedoch künftig mit einem Anstieg der Anzahl der Eingaben zu rechnen
sein.
Datenschutzrechtliche Bewertung
Bereits mit Beschluss vom 26./27. Februar 201310 verlautbarte der Düsseldorfer Kreis die datenschutzrechtliche Unzulässigkeit des Einsatzes
von Außenkameras an Taxis.
Aufgrund der gestiegenen Brisanz des Themas Videoüberwachung aus
Fahrzeugen sah sich der Düsseldorfer Kreis auf Initiative seiner Ad-hocArbeitsgruppe Videoüberwachung veranlasst, dazu eigens den Beschluss vom 25./26. Februar 2014 zu veröffentlichen.
Unzulässigkeit von Videoüberwachung aus Fahrzeugen (sog.
Dashcams)
Mittlerweile nimmt der Einsatz sog. Dashcams auch in Deutschland immer mehr zu, um, so die standardmäßige Begründung, im Falle eines
Unfalls den Hergang nachvollziehen und das Video gegebenenfalls als
Nachweis bei der Regulierung von Schadensfällen und der Klärung von
Haftungsfragen heranziehen zu können.
Die Aufsichtsbehörden des Bundes und der Länder für den Datenschutz
im nichtöffentlichen Bereich machen darauf aufmerksam, dass der Einsatz solcher Kameras - jedenfalls sofern dieser nicht ausschließlich für
persönliche oder familiäre Tätigkeiten erfolgt - datenschutzrechtlich
unzulässig ist.
Soweit mit den Dashcams in öffentlich zugänglichen Bereichen gefilmt
wird und als Hauptzweck der Aufnahmen die Weitergabe von Filmaufnahmen zur Dokumentation eines Unfallhergangs angegeben wird, ist
der Einsatz – auch wenn die Kameras von Privatpersonen eingesetzt
werden – an den Regelungen des Bundesdatenschutzgesetzes zu messen. Gemäß § 6b Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 3 des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) ist eine Beobachtung und Aufzeichnung mittels Videokame10
Siehe hierzu auch den 24. Tätigkeitsbericht des Unabhängigen Datenschutzzentrums Saarland, S. 100.
15 Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
ras nur zulässig, soweit dies zur Wahrnehmung berechtigter Interessen
für konkret festgelegte Zwecke erforderlich ist und keine Anhaltspunkte
bestehen, dass schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen.
Diese Voraussetzungen sind in aller Regel nicht erfüllt, da die schutzwürdigen Interessen der Verkehrsteilnehmer überwiegen. Das informationelle Selbstbestimmungsrecht umfasst das Recht des Einzelnen, sich
in der Öffentlichkeit frei zu bewegen, ohne befürchten zu müssen, ungewollt und anlasslos zum Objekt einer Videoüberwachung gemacht zu
werden. Dashcams zeichnen den Verkehr sowie Personen, die sich in
der Nähe einer Straße aufhalten, ohne Anlass und permanent auf, so
dass eine Vielzahl von Verkehrsteilnehmern betroffen ist, die sämtlich
unter einen Generalverdacht gestellt werden, ohne dass sie von der
Überwachung Kenntnis erlangen oder sich dieser entziehen können.
Das Interesse des Autofahrers, für den eher theoretischen Fall eines
Verkehrsunfalls Videoaufnahmen als Beweismittel zur Hand zu haben,
kann diesen gravierenden Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Verkehrsteilnehmer nicht rechtfertigen.
Da selbst die Polizei Videokameras zur Verfolgung von Straftaten und
Ordnungswidrigkeiten nur auf der Grundlage spezifischer Regelungen
und ausschließlich dann einsetzen darf, wenn gegen die betroffene Person ein entsprechender Anfangsverdacht besteht, können erst recht
sonstige Stellen nicht für sich beanspruchen, den öffentlichen Verkehrsraum anlass- und schrankenlos mittels Kameras zu überwachen.
Das Fazit dieses Beschlusses, dass das schutzwürdige Interesse der übrigen Verkehrsteilnehmer überwiegt, erfuhr auch unlängst Bestätigung
in der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 12. August
2014 - AN 4 K 13.01634. Der Entscheidung lag die Klage eines Rechtsanwalts, welcher eine Dashcam für Beweissicherungszwecke einsetzte,
gegen einen Bescheid des bayerischen Landesamts für Datenschutzaufsicht (LDA) zugrunde. Das LDA verfügte in diesem Bescheid nach § 38
Abs. 5 BDSG gegenüber dem Rechtsanwalt die Einstellung der Videoüberwachung wegen entgegenstehender schutzwürdiger Interessen der
übrigen Verkehrsteilnehmer und Passanten. Das Verwaltungsgericht
gab der Klage zwar wegen eines Formfehlers statt, schloss sich jedoch
in der Sache der datenschutzrechtlichen Bewertung der bayerischen
Kollegen an.
Beweisverwertung von Aufnahmen in zivilgerichtlichen Verfahren
Die essentielle Frage, ob mithilfe von Dashcams gewonnene Aufnahmen in einem zivilgerichtlichen Verfahren überhaupt verwertbar sind,
wurde wiederum zuerst von einem bayerischen Gericht beantwortet.
Jedoch wurden vom Amtsgericht München dazu zwei gegensätzliche
Ansichten vertreten.
Mit Urteil vom 6. Juni 2013 - 343 C 4445/13 - entschied das Gericht,
dass die Aufnahmen in dem Verfahren verwertet werden dürfen, da die
Abwägung der Interessen der beteiligten Parteien zugunsten der Partei
ausfiel, die das Video für ihre Beweiszwecke in das Verfahren einbrachte.
Dieses Urteil des Amtsgerichts München wurden durch die Entscheidung vom 13. August 2014 - 345 C 5551/14 - relativiert. Wohl in Kenntnis des oben angeführten Dashcam-Beschlusses des Düsseldorfer Kreises kam dort das Gericht zum Ergebnis, dass eine Verwertung der Aufnahmen ausgeschlossen sei, da ihre Erstellung zwangsläufig mit einem
16 Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
unzulässigen Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht
der übrigen Verkehrsteilnehmer verbunden ist. Das Interesse des Überwachenden im Bedarfsfall die Aufnahmen zur Beweisführung einzusetzen wiege nicht schwerer als der permanente und anlasslose Eingriff in
das allgemeine Persönlichkeitsrecht der betroffenen Verkehrsteilnehmer.
Auch das Landgericht Heilbronn hat in seinem Urteil vom 17. Februar
2015 - I 3 S 19/14 - aus den gleichen Gründen eine Beweisverwertung
von Dashcam-Aufnahmen ausgeschlossen.
Fazit
1.5

Der Einsatz von Dash- und Actioncams im Rahmen der Ausübung eines Hobbys oder zur Freizeitgestaltung außerhalb des
öffentlichen Verkehrsraums stößt im Hinblick auf § 1 Abs. 2 Nr. 3
BDSG regelmäßig nicht auf datenschutzrechtliche Bedenken. Sofern Dritte aufgenommen werden gilt dies jedoch nur, insoweit
die Aufzeichnungen nicht im Internet oder auf sonstigem Wege
veröffentlicht werden.

Der Einsatz von Dash- und Actioncams im öffentlichen Verkehrsraum ist regelmäßig wegen überwiegender schutzwürdiger
Interessen Betroffener unzulässig. Anderes gilt allenfalls dann,
wenn schlüssig und objektiv nachvollziehbar dargelegt werden
kann, dass der Cam-Einsatz im Rahmen einer persönlichen oder
familiären Tätigkeit im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 3 BDSG erfolgt.

Die saarländische Datenschutzaufsichtsbehörde wird - dem
oben genannten Beschluss der Düsseldorfer Kreise entsprechend - erforderlichenfalls die Einstellung einer unzulässigen Videoüberwachung durch Verkehrsteilnehmer mit Bescheid nach §
38 Abs. 5 BDSG anordnen und sich die Einleitung eines Bußgeldverfahrens nach § 43 Abs. 2 Nr. 1 BDSG vorbehalten.

Für datenschutzrechtlich unzulässig erhobene Bildsequenzen
scheidet eine prozessuale Beweisverwertung regelmäßig aus.
Voraussetzungen für die Herausgabe von Aufzeichnungen durch den Betreiber einer Videoüberwachungsmaßnahme
Ein Petent brachte der Aufsichtsbehörde zur Kenntnis, dass von einem
Handelsunternehmen Aufzeichnungen der Videoüberwachungsanlage,
auf denen er abgebildet sei, seiner früheren Ehefrau zur Verfügung gestellt wurden. Vor dem Hintergrund eines bereits gerichtlich auf Grundlage des Gewaltschutzgesetzes (GewSchG) verfügten Annäherungsverbots habe diese den Kaufhausdetektiv um Zurverfügungstellung dieser
Aufnahmen gebeten, um weitere Maßnahmen gegen ihren früheren
Ehemann ergreifen zu können.
Das Handelsunternehmen bestätigte in seiner Stellungnahme die Herausgabe der Videoaufzeichnungen an die frühere Ehefrau des Petenten
und führte weiter aus, dass diese Übermittlung von Aufzeichnungen
17 Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
durch den Kaufhausdetektiv nach § 28 Abs. 2 Nr. 2 a) Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) zulässig sei.
§ 28 Abs. 2 BDSG
Die Übermittlung oder Nutzung für einen anderen Zweck ist zulässig
1. unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2
oder Nummer 3,
2. soweit es erforderlich ist
a) zur Wahrung berechtigter Interessen eines Dritten oder
b) zur Abwehr von Gefahren für die staatliche oder öffentliche
Sicherheit oder zur Verfolgung von Straftaten
und kein Grund zu der Annahme besteht, dass der Betroffene ein
schutzwürdiges Interesse an dem Ausschluss der Übermittlung oder
Nutzung hat.
Zudem habe sich der Kaufhausdetektiv bei der örtlichen Polizeidienststelle erkundigt, ob die Herausgabe der Aufnahmen erfolgen könne,
was von einem Mitarbeiter der Polizei bestätigt worden sei.
Diese datenschutzrechtliche Bewertung des Sachverhalts hielt einer
näheren rechtlichen Überprüfung nicht stand.
Da der Bereich des Verkaufsraums, in dem die Videoaufnahmen des
Petenten erstellt worden sind, während der Öffnungszeiten des Einkaufsmarktes von Kunden jederzeit betreten werden konnte, war das
Erheben und Verarbeiten von personenbezogenen Daten im Rahmen
der Videoüberwachungsmaßnahme nach § 6b BDSG zu beurteilen.
§ 6b BDSG, als spezielle Norm für Videoüberwachungsmaßnahmen im
öffentlich zugänglichen Raum verdrängt § 28 BDSG, so dass die Übermittlung - als Unterfall der Verarbeitung - von Aufnahmen nicht nach §
28 Abs. 2 Nr. 2 a) BDSG sondern allenfalls nach § 6b Abs. 3 Satz 2 BDSG
zulässig sein könnte. Ein hilfsweiser Rückgriff auf § 28 BDSG zur Legitimation einer Übermittlung ist somit ausgeschlossen.
§ 6b Abs. 3 BDSG
Die Verarbeitung oder Nutzung von nach Absatz 1 erhobenen Daten ist
zulässig, wenn sie zum Erreichen des verfolgten Zwecks erforderlich ist
und keine Anhaltspunkte bestehen, dass schutzwürdige Interessen der
Betroffenen überwiegen. Für einen anderen Zweck dürfen sie nur verarbeitet oder genutzt werden, soweit dies zur Abwehr von Gefahren für
die staatliche und öffentliche Sicherheit sowie zur Verfolgung von Straftaten erforderlich ist.
Durch § 6b Abs. 3 Satz 2 BDSG wird jedoch ausschließlich die Herausgabe von Videodaten an die Strafverfolgungsbehörden legitimiert; eine
Übermittlung von Daten unmittelbar an Privatpersonen zur Verfolgung
eigener Interessen ist davon nicht erfasst.
Die Herausgabe der Aufnahmen des Petenten an dessen frühere Ehefrau durch den Kaufhausdetektiv erfolgte somit datenschutzrechtlich
unzulässig. Dem Handelsunternehmen wurde aufgegeben, Richtlinien
hinsichtlich eines datenschutzkonformen Umgangs mit Videodaten zu
18 Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
erstellen und die Mitarbeiter dahingehend zu informieren. § 43 Abs. 2
Nr. 1 BDSG
Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig unbefugt personenbezogene Daten, die nicht allgemein zugänglich sind, erhebt oder
verarbeitet.
Da vor dem Hintergrund des gerichtlich verfügten Annäherungsverbots
das Verhalten des Petenten einen Straftatbestand nach § 4 GewSchG
erfüllen könnte, hätte die frühere Ehefrau des Petenten mittelbar über
die Strafverfolgungsbehörden die Herausgabe der Videodaten nach §
6b Abs. 3 Nr. 2 BDSG datenschutzrechtlich zulässig erwirken können.
Fazit
Eine unmittelbare Herausgabe von mithilfe einer Videoüberwachungsmaßnahme gewonnenen Aufzeichnungen an private Dritte (Kunden,
Passanten etc.) zur Verfolgung ihnen gegenüber verübter Straftaten
oder um diesen die Geltendmachung zivilrechtlicher Ansprüche zu ermöglichen, ist datenschutzrechtlich nicht zulässig und stellt als unzulässige Übermittlung an Dritte einen Bußgeldtatbestand nach § 43 Abs. 2
Nr. 1 BDSG dar.
1.6
Videoüberwachung durch den Inhaber eines Gastronomiebetriebs
Videoüberwachungsmaßnahmen in Gastronomiebetrieben sind im Prüfungsalltag der Aufsichtsbehörde ein altbekanntes Phänomen. Erfreulicherweise wird in der Mehrzahl der Fälle eine Stellungnahme der Aufsichtsbehörde zur (Un-)Zulässigkeit von Überwachungsmaßnahmen von
den Betreibern angenommen und umgesetzt, ohne dass es weiterer
Maßnahmen bedarf. Der Gastronom in diesem Fall zeigte sich jedoch
von seiner beratungsresistenten Seite.
Die Videoüberwachung des gesamten Gehweges und Straßenzuges vor
dem Gastronomiebetrieb und das Fehlen von Hinweisschildern wurden
unserer Dienststelle durch einen Petenten, der sich als Passant einer
ungerechtfertigten Videoüberwachung ausgesetzt sah, zur Kenntnis
gebracht. Der Inhaber des Gastronomiebetriebes bestätigte die Überwachung des öffentlichen Verkehrsraums und führte in seiner Stellungnahme an, dass diese Überwachungsmaßnahme zum Schutz der Türsteher notwendig sei. Zudem würden die vor dem Gastronomiebetrieb
geparkten Fahrzeuge der Gäste regelmäßig beschädigt. Des Weiteren
wurde angeführt, dass Beeinträchtigungen der Fassade durch Graffiti,
wie sie auch häufig in der Nachbarschaft zu finden seien, drohten. Bestätigungen über gestellte Strafanzeigen, Schadensmeldungen an Versicherungen o. ä., die ein berechtigtes Interesse für konkret festgelegte
Zwecke im Sinne des § 6b Abs. 1 Nr. 3 Bundesdatenschutzgesetz
(BDSG) objektiv nachvollziehbar zu Tage treten lassen, wurden vom
Gastronomen nicht vorgelegt.
Dem Betriebsinhaber, der auch Eigentümer des Gebäudes ist, wurde
von unserer Dienststelle mitgeteilt, dass die Überwachung des nahezu
gesamten öffentlichen Verkehrsraums im Umfeld des Gastronomiebetriebs datenschutzrechtlich unzulässig ist. Auch ist der Schutz von
Rechtsgütern Dritter, somit die Überwachung zum Schutz der an der
19 Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
Straße geparkten Kundenfahrzeuge, kein berechtigtes Interesse im Sinne des § 6b Abs. 1 Nr. 3 BDSG. Die Überwachung eines Toleranzbereichs von einem Meter ab der Hausfassade wäre jedoch als zulässig zu
erachten, da Beschädigungen an der Hausfassade und das Anbringen
von Graffiti im Umfeld des Betriebes regelmäßig anzutreffen sind; insoweit war eine abstrakte Gefährdungslage zu Lasten des Eigentums des
Überwachenden anzuerkennen.
Der Betriebsinhaber zeigte sich mit dem datenschutzrechtlichen Votum
der Aufsichtsbehörde nicht einverstanden und beharrte darauf, dass die
bisher im Einsatz befindliche Videoüberwachung unabdingbar sei.
Dementsprechend erhielt der Gastronom nach erfolgter Anhörung eine
Anordnung auf Grundlage des § 38 Abs. 5 Satz 1 BDSG, mit welcher
dem Inhaber die Beschränkung der Videoüberwachung auf einen Toleranzbereich von einem Meter ab der Gebäudefassade sowie die Anbringung von aussagekräftigen Hinweisschildern unter Androhung eines Zwangsgeldes11 auferlegt wurde.
§ 38 Abs. 5 Satz 1 und 2 BDSG
Zur Gewährleistung der Einhaltung dieses Gesetzes und anderer Vorschriften über den Datenschutz kann die Aufsichtsbehörde Maßnahmen
zur Beseitigung festgestellter Verstöße bei der Erhebung, Verarbeitung
oder Nutzung personenbezogener Daten oder technischer oder organisatorischer Mängel anordnen. Bei schwerwiegenden Verstößen oder
Mängeln, insbesondere solchen, die mit einer besonderen Gefährdung
des Persönlichkeitsrechts verbunden sind, kann sie die Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung oder den Einsatz einzelner Verfahren untersagen, wenn die Verstöße oder Mängel entgegen der Anordnung nach
Satz 1 und trotz der Verhängung eines Zwangsgeldes nicht in angemessener Zeit beseitigt werden. […]
Der Gastronom legte gegen den Bescheid der Aufsichtsbehörde keinen
Rechtsbehelf ein, so dass dieser bestandskräftig wurde. Da laut Überprüfung der um Amtshilfe gebetenen Polizei die Videoüberwachung
durch den Betriebsinhaber nach wie vor in dem unzulässigen Umfang
betrieben wurde und auch keine Hinweisschilder angebracht waren,
wurde das angedrohte Zwangsgeld fällig gestellt und ein Verfahren
über eine Ordnungswidrigkeit auf Grundlage des § 43 Abs. 1 Nr. 11
BDSG eingeleitet.
§ 43 Abs. 1 Nr. 11 BDSG
Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig […] einer vollziehbaren Anordnung nach § 38 Abs. 5 Satz 1 zuwiderhandelt.
Da nach dem Ergebnis einer weiteren Überprüfung durch den Betreiber
immer noch keine datenschutzkonformen Zustände hergestellt wurden,
wurde erneut ein Zwangsgeld fällig gestellt und von der in § 38 Abs. 1
Satz 6 BDSG normierten Möglichkeit der Unterrichtung der Gewerbeaufsicht Gebrauch gemacht werden.
11
Das saarländische Verwaltungsvollstreckungsrecht räumt die Möglichkeit ein, die
Zwangsgeldandrohung bereits mit dem zugrundeliegenden Bescheid zu verbinden
und das Zwangsgeld aufschiebend bedingt festzusetzen (§ 20 Abs. 2 Saarländisches
Verwaltungsvollstreckungsgesetz).
20 Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
§ 38 Abs. 1 Satz 6 BDSG
Stellt die Aufsichtsbehörde einen Verstoß gegen dieses Gesetz oder
andere Vorschriften über den Datenschutz fest, so ist sie befugt, die
Betroffenen hierüber zu unterrichten, den Verstoß bei den für die Verfolgung oder Ahndung zuständigen Stellen anzuzeigen sowie bei
schwerwiegenden Verstößen die Gewerbeaufsichtsbehörde zur Durchführung gewerberechtlicher Maßnahmen zu unterrichten.
Erst nachdem Vollstreckungsbeamte des zuständigen Finanzamts dem
Gastronomen die Beitreibung der Zwangsgeldforderungen ankündigten, teilte dieser mit, dass die Videoüberwachungsmaßnahme nunmehr
entsprechend den Vorgaben des Bescheids der Aufsichtsbehörde ausgestaltet sei. Mitarbeiter des Datenschutzzentrums konnten sich im
Rahmen eines Vororttermins davon überzeugen.
1.7
Datenschutzrechtliche Bewertung von Kameras in einer
Apotheke
Mit einem übermäßigen Einsatz von Kameras in einer in räumlicher Hinsicht vergleichsweise überschaubaren Apotheke und einem in besonderem Maße um das „Wohl“ seiner Mitarbeiter besorgten Apotheker, hatte sich das Datenschutzzentrum ebenfalls auseinanderzusetzen.
Ein Petent, der ausdrücklich darum bat, im Verwaltungsverfahren nicht
namentlich in Erscheinung zu treten, machte unsere Dienststelle auf die
Videoüberwachung in einer Apotheke aufmerksam. Der Aufforderung
des Datenschutzzentrums zur schriftlichen Stellungnahme entsprechend teilte der Bevollmächtigte des Apothekers mit, dass eine permanente Videoüberwachung im Verkaufsraum und des Betäubungsmittelschrankes im nicht öffentlich zugänglichen Vorratsraum erforderlich sei,
da in den vergangenen Jahren erhebliche Inventurdifferenzen zu Tage
getreten seien. Ein vor allem drogenabhängiger Personenkreis habe
nach Ansicht des Apothekers verschreibungspflichtige Medikamente
entwendet. Da somit ein in besonderem Maße „kriminalitätsgefährdeter
Personenkreis“ für das Abhandenkommen von Medikamenten verantwortlich sei, sei die Videoüberwachung somit nicht zuletzt zum Schutz
der Mitarbeiter notwendig. Seit deren Anbringung sei keine nennenswerte Inventurdifferenz mehr aufgetreten. Der Apothekenleiter ließ
durch seinen Bevollmächtigten noch ergänzend eine von allen Mitarbeitern unterzeichnete Erklärung übersenden, wonach alle Apothekenbeschäftigten sich mit der Videoüberwachungsmaßnahme einverstanden zeigten.
In Anbetracht dieser Schilderung war es für die Mitarbeiter des Datenschutzzentrums umso erstaunlicher, dass vor dem geschilderten Hintergrund die Strafverfolgungsbehörden nicht eingeschaltet wurden oder konkret belegt werden konnte, welche Arten von Medikamente im
Einzelnen, wie z.B. Betäubungsmittel, zu welchem Zeitpunkt abhandengekommen sind. Im Rahmen eines Vororttermins wurde von dem Apotheker entgegen seinem früheren Vorbringen nunmehr dargestellt, dass
er seine Mitarbeiter für den Medikamentenschwund verantwortlich mache und diese mit der Videoüberwachung abschrecken und kontrollieren möchte. Konkrete Anhaltspunkte für ein Fehlverhalten einzelner
Mitarbeiter seien jedoch nicht gegeben.
21 Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
Da die angeführten Inventurdifferenzen zu einem Zeitraum festgestellt
wurden, zu dem die Videoüberwachungsmaßnahme bereits im Einsatz
war, ohne dass mit ihrer Hilfe die Umstände des Medikamentenschwunds geklärt, geschweige denn eine Täteridentifikation erfolgen
konnte, war festzustellen, dass offensichtlich keine Abschreckungswirkung von den Kameras ausging und diese Überwachung mithin nicht
geeignet war, die mit ihr verfolgten Zwecke zu erreichen.
Das Tatbestandsmerkmal der Erforderlichkeit im Sinne des § 6b Abs. 1
BDSG ist nur dann zu bejahen, wenn das festgelegte Ziel mit der Überwachung tatsächlich erreicht werden kann (Geeignetheit) und es dafür
kein anderes, gleich wirksames aber mit Blick auf die informationelle
Selbstbestimmung des betroffenen Personenkreises weniger einschneidende Mittel gibt (Verhältnismäßigkeit).
In Anbetracht der Inventurdifferenzen wäre insoweit eine Verkürzung
der Inventurzyklen in Verbindung mit der Einführung eines elektronischen Warenwirtschaftssystem zielführender und vor allem weniger
eingriffsintensiv. Bei der Bewertung der Geeignetheit der Überwachungsmaßnahme war auch der Hinweis des Apothekers von Belang,
dass ihm die Zeit fehle, die Aufzeichnungen regelmäßig auszuwerten.
Insoweit war fraglich, inwiefern das Abhandenkommen von Medikamenten mithilfe der Überwachungsmaßnahme überhaupt festgestellt
werden kann.
Auch für die Videoüberwachung des Betäubungsmittelschranks im
nicht öffentlich zugänglichen Vorratsraum, von welcher nur Beschäftigte
betroffen waren und die somit nach § 32 Abs. 1 BDSG zu beurteilen war,
war das Tatbestandsmerkmal der Erforderlichkeit nicht gegeben.
§ 32 Abs. 1 BDSG
Personenbezogene Daten eines Beschäftigten dürfen für Zwecke des
Beschäftigungsverhältnisses erhoben, verarbeitet oder genutzt werden,
wenn dies für die Entscheidung über die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses oder nach Begründung des Beschäftigungsverhältnisses für dessen Durchführung oder Beendigung erforderlich ist. Zur
Aufdeckung von Straftaten dürfen personenbezogene Daten eines Beschäftigten nur dann erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, wenn
zu dokumentierende tatsächliche Anhaltspunkte den Verdacht begründen, dass der Betroffene im Beschäftigungsverhältnis eine Straftat begangen hat, die Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung zur Aufdeckung
erforderlich ist und das schutzwürdige Interesse des Beschäftigten an
dem Ausschluss der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung nicht überwiegt, insbesondere Art und Ausmaß im Hinblick auf den Anlass nicht
unverhältnismäßig sind.
Das Verschließen des offenstehenden Schranks sowie die Verwahrung
des Schlüssels und die Herausgabe von Betäubungsmitteln durch einen
einzigen Mitarbeiter stellt eine geeignetere und im Hinblick auf die geltenden betäubungsmittelrechtlichen Aufbewahrungs- und Dokumentationsvorschriften12 notwendige Maßnahme dar, um den Betäubungsmittelbestand vor unbefugtem Zugriff zu schützen. Begründete Ver12
§ 1 Abs. 3 und §§ 13 ff Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung (BtMVV) sowie
§ 15 Betäubungsmittelgesetz (BtMG) und die dazu ergangenen Richtlinien des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte über Maßnahmen zur Sicherung
von Betäubungsmittelvorräten im Krankenhausbereich, in öffentlichen Apotheken,
Arztpraxen sowie Alten- und Pflegeheimen.
22 Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
dachtsmomente gegen Beschäftigte, die eine Videoüberwachung nach
§ 32 Abs. 1 Satz 2 BDSG legitimiert hätten, konnten von dem Apotheker
nicht dargelegt werden.
Darüber hinaus waren nach der datenschutzrechtlichen Bewertung
schutzwürdige Interessen der betroffenen Kunden und Mitarbeiter
schwerwiegender als das Interesse des Überwachenden an dem weiteren Betrieb der Kameras.
Im Verkaufsraum wurden im Rahmen der Videoüberwachung auch besondere personenbezogene Daten im Sinne des § 3 Abs. 9 BDSG dahingehend erhoben und verarbeitet, als aufgrund der Ausrichtung der
Kameras die Übergabe der Medikamente an den Apothekenkunden
aufgezeichnet wurde.
§ 3 Abs. 9 BDSG
Besondere Arten personenbezogener Daten sind Angaben über die
rassische und ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse oder
philosophische Überzeugungen, Gewerkschaftszugehörigkeit, Gesundheit oder Sexualleben.
Mittels der klar erkennbaren Umverpackungen der Arzneien konnte
regelmäßig auf gesundheitliche Beeinträchtigungen von Betroffenen
geschlossen werden. Zwar wird im Rahmen des Betriebs einer Apotheke
zwangsläufig mit besonderen personenbezogenen Daten von Kunden,
mithin Daten über deren Gesundheit, umgegangen; ein Erheben und
Speichern dieser Daten mithilfe von Videokameras stellt jedoch eine
neben der eigentlichen Apothekertätigkeit erfolgende automatisierte
Verarbeitung von sensiblen Daten dar. Schutzwürdige Interessen der
betroffenen Kunden überwogen grundsätzlich das Interesse des Apothekers an der Überwachung.
Auch standen schutzwürdige Interessen der betroffenen Mitarbeiter der
Überwachung entgegen, soweit deren Arbeitsplätze permanent im Aufnahmebereich der Videokameras gelegen sind. Aufgrund der nahezu
lückenlosen Überwachung des vergleichsweise überschaubaren Verkaufsraums konnten sich die Beschäftigten der Überwachung durch
ihren Arbeitgeber nicht ohne Weiteres entziehen.
Die nachgereichte und von allen Mitarbeitern unterzeichnete Einwilligungserklärung stellte ebenfalls keine Legitimationsgrundlage für die
Überwachung der Mitarbeiter dar. Voraussetzung für eine wirksame
Einwilligung im Sinne des § 4a Abs. 1 BDSG ist u.a., dass diese auf der
freien Entscheidung des Betroffenen beruht.
§ 4a Abs. 1 BDSG
Die Einwilligung ist nur wirksam, wenn sie auf der freien Entscheidung
des Betroffenen beruht. Er ist auf den vorgesehenen Zweck der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung sowie, soweit nach den Umständen
des Einzelfalles erforderlich oder auf Verlangen, auf die Folgen der Verweigerung der Einwilligung hinzuweisen. Die Einwilligung bedarf der
Schriftform, soweit nicht wegen besonderer Umstände eine andere
Form angemessen ist. Soll die Einwilligung zusammen mit anderen Erklärungen schriftlich erteilt werden, ist sie besonders hervorzuheben.
Da das Merkmal Freiwilligkeit nur dann zu bejahen ist, wenn die Einwilligung nicht in einer Zwangslage oder unter Druck erteilt wurde, ist bei
Einwilligungserklärungen im Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Ar-
23 Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
beitnehmer kritisch zu hinterfragen, inwiefern der Betroffene die Verarbeitung seiner Daten sanktionslos verweigern oder ein einmal erteiltes
Einverständnis folgenlos widerrufen kann. Gerade vor dem Hintergrund
der im Rahmen des Verfahrens vom Apotheker angeführten Zwecke der
Videoüberwachungsmaßnahme und des anscheinend belasteten Verhältnisses zwischen den Arbeitsvertragsparteien, konnte hier mithin
nicht davon ausgegangen werden, dass die Arbeitnehmer vollkommen
frei in ihrer Entscheidung waren.
Insgesamt war somit von einer datenschutzrechtlichen Unzulässigkeit
der im Einsatz befindlichen Videoüberwachungsmaßnahme auszugehen. Der Apotheker wollte sich der Bewertung des Datenschutzzentrums jedoch nicht anschließen. Nach erfolgter Anhörung wurde die
Einstellung der Videoüberwachung während der Öffnungszeiten der
Apotheke auf Grundlage des § 38 Abs. 5 BDSG verfügt. Gegen den Bescheid wurde Klage eingelegt; das Klageverfahren ist bis dato nicht abgeschlossen.
1.8
Anlasslose Prüfung von Videoüberwachungsmaßnahmen in Clubs und Diskotheken
Das Datenschutzzentrum hat im Berichtszeitraum für die Jahre
2013/2014 anlasslos eine Anzahl von Clubs und Diskotheken hinsichtlich dort eingesetzter Videoüberwachungsmaßnahmen geprüft.
Zur Vorbereitung der Prüfungen wurden die ausgewählten Stellen mithilfe eines Fragenkatalogs um Auskunft hinsichtlich der Zwecke und
Ausgestaltung der Videoüberwachungsmaßnahme gebeten. Einige der
angeschriebenen Betreiber waren sich nicht über das Vorhandensein
einer saarländischen Datenschutzaufsichtsbehörde bewusst, denn teilweise wurden die erforderlichen Auskünfte erst nach mehrfacher Erinnerung und entsprechender Androhung, dass ein Bußgeldverfahren
wegen nicht erteilter Auskunft eingeleitet wird, gegeben.
Überraschend war, dass nahezu alle angeschriebenen Stellen eine Vielzahl von Videokameras einsetzten. Von den Betreibern wurden verschiedenste Zwecksetzungen für die Überwachung der öffentlich zugänglichen Räume im Sinne des § 6b Abs. 1 Bundesdatenschutzgesetz
(BDSG) kommuniziert, wie beispielsweise der Schutz der Mitarbeiter des
Sicherheitsdienstes, die Beweissicherung im Schadensfall oder bei Straftaten zu Lasten des Betreibers, als Abschreckung zur Vermeidung von
Straftaten, die Wahrnehmung von Verkehrssicherungspflichten oder der
Schutz der Gäste im Fall von Straftaten. Mitunter wurde von manchen
Clubbetreibern angeführt, dass sie sich als verlängerten Arm der Strafverfolgungsbehörden wähnten und befürchteten, dass ein Weniger an
Videoüberwachung sich sogar nachteilig auf das Verhältnis zu Polizei
und Staatsanwaltschaft auswirken könnte.
Teilweise wurde zudem versucht, die Videoüberwachung rechtlich über
die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) zu legitimieren. Durch
das Betreten des Clubs oder der Diskothek und der Zahlung des Eintrittsgeldes würde der Besucher die AGBs und somit die dort geregelte
Videoüberwachung akzeptieren. Unabhängig davon, dass derartige
Klauseln der Geschäftsbedingungen eine unangemessene Benachteiligung gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) darstel-
24 Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
len können,13 stellen diese zudem keinesfalls eine datenschutzrechtliche
Legitimationsgrundlage dar.
Nach § 4 Abs. 1 BDSG kann die Videoüberwachung nur mit Einwilligung
des Betroffenen oder auf gesetzlicher Grundlage erfolgen. Da das Einholen einer informierten Einwilligung im Sinne des § 4a Abs. 1 BDSG in
diesem Zusammenhang ausscheidet, kann somit die Videoüberwachung öffentlich zugänglicher Bereiche nur auf § 6b BDSG gestützt
werden.
In der Mehrzahl der Fälle erfolgte eine Inaugenscheinnahme der eingesetzten Videoüberwachung vor Ort. Dabei wurde von den Mitarbeitern
der Aufsichtsbehörde festgestellt, dass neben Eingangs-, Kassen- und
sonstigen Durchgangsbereichen teilweise auch Garderoben, Tanzflächen, Theken sowie Ruhebereiche und Lounges im Fokus der Kameras
standen. Teilweise wurden zudem Parkplätze und ganze Straßenzüge
überwacht.
Keine einzige der festgestellten Überwachungsmaßnahmen war datenschutzrechtlich ohne Beanstandung. In keinem einzigen Fall war ein
Verfahrensverzeichnis erstellt worden oder lagen sonstige schriftliche
Festlegungen vor.
Hinweisschilder waren zwar zumeist angebracht, erfüllten aber nicht die
Vorgaben des § 6b Abs. 2 BDSG. Die Schilder waren entweder kaum
erkennbar, ließen nicht auf die für die Überwachung verantwortliche
Stelle schließen oder waren so angebracht, dass der Betroffene bei
Kenntnisnahme des Schildes längst den überwachten Bereich betreten
hatte.
In einigen Fällen wurden von den Betreibern technische Dienstleister
beauftragt, um Aufzeichnungen im Bedarfsfall auswerten zu lassen, ohne dass mit diesen ein Vertrag über eine Auftragsdatenverarbeitung im
Sinne des § 11 BDSG geschlossen wurde.
Technische und organisatorische Maßnahmen im Sinne des § 9 BDSG
und der dazugehörigen Anlage waren allenfalls kursorisch und nicht
revisionssicher ergriffen worden.
Hinsichtlich der im Einzelnen überwachten Bereiche ist festzuhalten,
dass eine Überwachung von Parkplätzen und öffentlichem Verkehrsraum durch Club- und Diskothekenbetreiber regelmäßig datenschutzrechtlich nicht zulässig ist.
Der Einsatz von Kameras in Eingangs-, Kassen- und Durchgangsbereichen sowie im Umfeld von Garderoben kann gerade bei großen oder
stark frequentierten Diskotheken und Clubs als datenschutzrechtlich
zulässig erachtet werden, sofern sichergestellt ist, dass keine Mitarbeiter oder Sicherheitskräfte permanent von der Videoüberwachung betroffen sind. Gäste durchqueren diese Bereiche in aller Regel ohne längere Verweildauer, so dass schutzwürdige Interessen Betroffener der
Videoüberwachung regelmäßig nicht entgegenstehen.
Anders verhält es sich mit der Überwachung von Tanzflächen, Theken
sowie Ruhebereichen und Lounges. Hier überwiegt das schutzwürdige
Interesse der Betroffenen, sich frei und unbeobachtet in ihrer Persönlichkeit entfalten zu können. Von den Betreibern, welche diese Bereiche
13
LG Koblenz, Urteil vom 19.12.2013, 3 O 205/13.
25 Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
überwachen, konnte auch nicht dargelegt werden, aus welchem Grund
die Überwachung gerade dieser Bereiche unabdingbar sein soll. Oftmals wurde in diesem Zusammenhang angeführt, dass es in diesen Bereichen zu Tätlichkeiten oder zu Diebstahlsdelikten zu Lasten der Kunden käme. Auf Nachfrage wie häufig Fälle von Tätlichkeiten bzw. Körperverletzungen mithilfe der Kameras dokumentiert werden konnten,
wurde von allen Betreibern eingestanden, dass dies bisher noch nicht
eingetreten ist. Da die Ausrichtung der Videokameras zudem wegen
der Nutzung von Dome-Kameras für die Betroffenen nicht erkennbar
war, kann dieser Effekt auch nicht auf eine besondere Abschreckungswirkung der Kameras zurückgeführt werden.
Der Schutz von Rechtsgütern Dritter, mithin der häufig als Zweck angeführte Schutz des Eigentums der Gäste, stellt im Übrigen kein berechtigtes Interesse im Sinne des § 6b Abs. 1 Nr. 3 BDSG dar, das eine Videoüberwachung legitimieren könnte.
Oftmals war auch das Tatbestandsmerkmal der Erforderlichkeit der
Überwachungsmaßnahme im Sinne des § 6b Abs. 1 BDSG zu verneinen.
Wenn aufgrund des Einsatzes von Lichteffekten (Blitzlicht-Stroboskop,
Lasershows etc.) und Nebelmaschinen die Aufzeichnungen gar nicht
dazu geeignet sind, überhaupt einzelne Personen erkennen zu können
oder durch einfachste bauliche Maßnahmen Diebstahldelikte zu Lasten
des Betreibers künftig vermieden werden können, wird die Videoüberwachung in diesen Bereichen obsolet.
Einige der Diskothekenbetreiber deaktivierten die Videoüberwachung,
nachdem ihnen durch das Datenschutzzentrum im Nachgang zur Prüfung die erforderlichen Maßnahmen mitgeteilt worden sind, die im Zusammenhang mit einem datenschutzkonformen Betrieb einer Videoüberwachungsmaßnahme zu ergreifen sind. So waren von einigen Diskotheken aufgrund des großflächigen Einsatzes zahlreicher Kameras
nach § 4d Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 i.V.m. § 4f Abs. 1 Satz 6 BDSG betriebliche
Beauftragte für den Datenschutz zu bestellen gewesen, da vor der Etablierung einer Videoüberwachungsmaßnahme eine Vorabkontrolle notwendigerweise durchzuführen war.
§ 4d Abs. 5 BDSG
Soweit automatisierte Verarbeitungen besondere Risiken für die Rechte
und Freiheiten der Betroffenen aufweisen, unterliegen sie der Prüfung
vor Beginn der Verarbeitung (Vorabkontrolle). Eine Vorabkontrolle ist
insbesondere durchzuführen, wenn
1. besondere Arten personenbezogener Daten (§ 3 Abs. 9) verarbeitet werden oder
2. die Verarbeitung personenbezogener Daten dazu bestimmt ist,
die Persönlichkeit des Betroffenen zu bewerten einschließlich
seiner Fähigkeiten, seiner Leistung oder seines Verhaltens,
es sei denn, dass eine gesetzliche Verpflichtung oder eine Einwilligung
des Betroffenen vorliegt oder die Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung für die Begründung, Durchführung oder Beendigung eines rechtsgeschäftlichen oder rechtsgeschäftsähnlichen Schuldverhältnisses mit
dem Betroffenen erforderlich ist.
In einigen Fällen war es ausreichend, dass die Ausrichtung einzelner
Kameras geändert und die vom BDSG vorgegebenen formalen sowie
technischen und organisatorischen Maßnahmen umgesetzt wurden.
26 Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
1.9
Kameraeinsatz bei der Bewirtschaftung von Parkflächen
Aufgrund eines fehlenden Hinweisschilds wurde die Aufsichtsbehörde
auf die Videoüberwachungsmaßnahme an einer Schrankenanlage aufmerksam gemacht.
Die verantwortliche Stelle teilte in ihrer Stellungnahme zu dem Sachverhalt mit, dass die Überwachung der Schrankenanlage notwendig sei,
um eine reibungslose Abfertigung der zufahrtsberechtigten Personen
zu gewährleisten. Mit der Schranke werde der Zugang zu einem aufgrund der innenstädtischen Lage stark frequentierten Bereich kontrolliert, der sowohl der Anlieferung von Gütern für Einzelhändler diene als
auch Zufahrtsstraße für Anwohner sei. Zudem sei die Schrankenanlage
häufiges Ziel teils mutwilliger Beschädigungen, welche von dem Unternehmen durch Vorlage von Videosequenzen und Bilddokumentationen
umfangreich belegt werden konnte.
Die Zufahrtskontrolle betraf lediglich Kraftfahrzeuge; der überwachte
Bereich war ansonsten jederzeit für Fußgänger und Radfahrer frei betret- bzw. befahrbar, so dass ein öffentlich zugänglicher Raum im Sinne
des § 6b Abs. 1 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) gegeben war.
Aufgrund der dokumentierten Schadensereignisse und einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit, dass auch zukünftig Beschädigungen der
Schrankenanlage drohen, war eine konkrete Gefährdungslage zu bejahen. Schutzwürdige Interessen Betroffener standen der Videoüberwachung auch nicht entgegen, da es sich bei dem überwachten Bereich
um einen stark frequentierten Durchgangsbereich handelte, in welchem
sich Betroffene allenfalls für einen kurzen Zeitraum aufhalten.
Der verantwortlichen Stelle wurde die Anbringung von Schildern aufgegeben, die sowohl auf den Umstand der Videoüberwachung als auch
auf die dafür verantwortliche Stelle hinweisen. Im Hinblick auf das Datensparsamkeitsgebot wurde zudem die Neuausrichtung der Kameras
veranlasst, so dass der von den Kameras erfasste Bereich nunmehr auf
das notwendige Minimum beschränkt ist.
Im weiteren Verfahren bat das Unternehmen die Aufsichtsbehörde um
Mitteilung, unter welchen Voraussetzungen die Videoüberwachung von
Parkflächen zulässig ist.
Eine Videoüberwachung von Zufahrtsschranken und Kassenautomaten
kann, sofern eine Gefährdungslage durch Nachweis bereits eingetretener Schadensereignisse belegt oder das Drohen einer solchen objektiv
nachvollziehbar begründet werden kann, datenschutzrechtlich zulässig
sein. Eine anlasslose und permanente Überwachung der Parkflächen ist
dahingegen regelmäßig als datenschutzrechtlich unzulässig zu bewerten. Laut den Ausführungen des Betreibers solle die Überwachung vorrangig dem Schutz der Fahrzeuge der Kunden vor Beeinträchtigungen
dienen. Jedoch ist der Schutz von Rechtsgütern Dritter regelmäßig kein
berechtigtes Interesse im Sinne des § 6b Abs. 1 Nr. 3 BDSG.
Allenfalls denkbar wäre beispielsweise die Einrichtung bestimmter videoüberwachter Bereiche für Dauerparker, unter der Voraussetzung,
dass diese ihr Einverständnis in die Überwachung der Stellplätze erklären.
27 Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
Nach bisherigem Kenntnisstand verfolgte das Unternehmen die projektierte Videoüberwachung der Stellflächen nicht weiter.
Automatisierte Kennzeichenerfassung
Ende Oktober 2014 wurde das Thema automatisierte Kennzeichenerfassung durch Parkhaus- und Campingplatzbetreiber von den Medien
aufgegriffen.
Unter automatisierter Kennzeichenerfassung sind Systeme der kameragestützten Erfassung von Kfz-Kennzeichen zu verstehen. Dabei wird das
erfasste Kfz-Kennzeichen mit Datum und Uhrzeit der Ein- und Ausfahrt
verknüpft, um für die Dauer des Parkvorgangs gespeichert zu werden.
Ziel ist es, eine sekundengenaue Abrechnung der Park- oder Aufenthaltsdauer zu ermöglichen und Betrugsversuche zu Lasten des Betreibers zu vermeiden oder Betrugsfällen beweissicher begegnen zu können. Fahrzeuginsassen oder sonstige Personen werden dabei regelmäßig nicht erfasst.
Im Nachgang zu den Presseveröffentlichungen wurden Parkhaus- und
Campingplatzbetreiber im Saarland um Auskunft gebeten, ob Verfahren
der automatisierten Kennzeichenerfassung eingesetzt werden. Bis dato
ist noch kein solches Unternehmen in Erscheinung getreten, welches
ein derartiges Verfahren im Saarland betreibt. Im Rahmen dieser Überprüfung wurden auch Unternehmen befragt, die Parkraum im Saarland
bewirtschaften ohne ihren Sitz im Saarland zu haben.
Eine einzelfallbezogene datenschutzrechtliche Bewertung dieses Sachverhalts ist daher durch das Datenschutzzentrum bisher nicht erfolgt.
Abhängig von der Ausgestaltung des Verfahrens - Aufzeichnen einer
Videosequenz oder einer Einzelbildaufnahme - kann rechtliche Grundlage für den Umgang mit Kundendaten von Kurzzeitparkenden § 6b
BDSG oder § 28 BDSG sein. Für Dauerparkendende wiederum ist als
Legitimationsgrundlage allenfalls eine informierte Einwilligung des betroffenen Fahrzeughalters im Sinne des § 4 Abs. 1 in Verbindung mit §
4a BDSG heranzuziehen.
Fazit

Eine Videoüberwachung von Parkflächen ist ohne Einwilligung der
Betroffenen regelmäßig datenschutzrechtlich unzulässig. Die Videoüberwachung von Schrankenanlagen und Kassenautomaten kann
beim Vorliegen einer Gefährdungslage datenschutzrechtlich zulässig erfolgen. Jedoch sind dabei durch die überwachende Stelle alle
im Zusammenhang mit der Videoüberwachung notwendigen Maßnahmen und rechtlichen Erfordernisse - wie beispielsweise die Anbringung eines Hinweisschilds im Sinne des § 6b Abs. 2 BDSG – umzusetzen.

Eine automatisierte Kennzeichenerfassung kann unter Berücksichtigung der spezifischen Gegebenheiten des Einzelfalls als datenschutzrechtlich zulässig erachtet werden.
28 Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
1.10
Wildkameras
Der Wald ist ein Bereich, welcher der Erholung der Menschen dient und
einen unersetzbaren Lebensraum für Pflanzen und Tiere bietet. Diesen
gilt es, von äußeren Einflüssen möglichst frei zu halten. Die moderne
Überwachungstechnik hat nunmehr auch Einzug in diesen Bereich gehalten. Jäger setzen – gerade auch im Bereich von Kirrungen - vermehrt
auf den Einsatz von Tierbeobachtungskameras, was einerseits auf den
eklatanten Preisverfall entsprechender Geräte zurückzuführen ist, andererseits im Gegensatz zur Beobachtung vor Ort eine enorme Zeitersparnis mit sich bringt.
Grundsätzlich geregelt ist die Beobachtung öffentlich zugänglicher
Räume mit optisch-elektronischen Einrichtungen (Videoüberwachung)
und die Verarbeitung und Nutzung der durch eine solche Videoüberwachung erhobenen Daten in § 6b Bundesdatenschutzgesetz (BDSG).
Bei Waldgebieten handelt es sich um einen öffentlich zugänglichen
Raum i. S. d. Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG), da gemäß § 25 des
Waldgesetzes für das Saarland (LWaldG) das Betreten des Waldes zum
Zweck der naturverträglichen Erholung jedermann gestattet ist.
Von Seiten der Jägerschaft wird in Bezug auf Kirrungen unter Verweis
auf das Saarländische Jagdgesetz (SJG)14 hingegen die Ansicht vertreten, dass diese keine öffentlich zugänglichen Bereiche im Sinne des
BDSG seien, da es sich hierbei um mit einem Betretungsverbot behaftete besondere jagdliche Einrichtungen handele. Kirrungen als nicht öffentlich zugängliche Bereiche zu qualifizieren, vermag indes nicht zu
überzeugen, da es regelmäßig an der Erkennbarkeit des Betretungsverbotes für den Waldbesucher fehlt. Sollen Teile des öffentlich zugänglichen Waldgebietes nicht öffentlich zugänglich sein, so ist erforderlich,
dass die Ausdehnung dieses Bereichs in Breite, Länge und Höhe für den
Waldbesucher erkennbar wird. Nicht die Kontrollbefugnis des Berechtigten ist maßgeblich, sondern vielmehr dessen nach außen sichtbar
gemachter Wille, den Zutritt zu beschränken und diesen Bereich klar als
nicht öffentlich zugänglich zu kennzeichnen, etwa durch bauliche Abgrenzungen oder durch Beschilderungen; hieran fehlt es bei Kirrungen
regelmäßig.
Eine Videoüberwachung nach § 6b Absatz 1 BDSG kann zulässig sein
zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke. Der Zweck der Videoüberwachung muss vor Inbetriebnahme bei
der verantwortlichen Stelle dokumentiert werden und diese Dokumentation der Aufsichtsbehörde nachgewiesen werden können. Voraussetzung hierbei ist, dass die Videoüberwachung erforderlich ist und keine
Anhaltspunkte bestehen, dass schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen. Dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen, z. B. eines
Spaziergängers oder Wanderers, der von der Kamera erfasst wird, ist in
diesem Zusammenhang ein hoher Stellenwert einzuräumen. Da der
Wald ein Bereich ist, der der Erholung des Menschen dient und in dem
man sich unbeobachtet bewegen können sollte, sind Wildkameras daher in der Regel unzulässig.
14
Insbesondere § 23 Abs. 3 SJG, wonach das Betreten besonderer jagdlicher Einrichtungen nur mit Erlaubnis des Grundeigentümers oder des Jagdausübungsberechtigten zulässig ist.
29 Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
Der Einsatz einer Wildkamera kann lediglich dann erforderlich sein,
wenn es, um das berechtigte Interesse verfolgen zu können, keine objektiv zumutbare Alternative gibt. Da dieses Erforderlichkeitsgebot sowohl in räumlicher als auch in zeitlicher Hinsicht gilt, ist die Überwachung auf einen für den Beobachtungszusammenhang erforderlichen
Zeitraum zu beschränken.
Im Rahmen der Interessenabwägung ist zu berücksichtigen, dass die
Intensität des Eingriffs in das informationelle Selbstbestimmungsrecht
der Betroffenen auch davon abhängt, wie wahrscheinlich es ist, dass
diese überhaupt zum Objekt der Überwachung werden. In diesem Zusammenhang spielt u. a. eine entscheidende Rolle, in welcher Entfernung eine Kamera zu einem Waldweg angebracht ist und ob die Kamera beispielsweise durch eine schräge Anbringung nur den Nahbereich
erfasst.
Auch ist auf den Umstand der Videoüberwachung im Sinne des § 6b
Abs. 2 BDSG durch geeignete Maßnahmen hinzuweisen. Dazu gehört,
dass Anlagenbetreiber unter Angabe von Namen und Anschrift darüber
informieren müssen, durch wen und in welchen Waldstücken (z.B. Reviernummer und –bezeichnung) Tierbeobachtungskameras eingesetzt
werden. Dies ist zweimal jährlich ortsüblich (Amts- oder Gemeindeblatt)
bekanntzugeben und zusätzlich durch entsprechende Piktogramme an
den Wanderkarten in den betroffenen Waldarealen kenntlich zu machen. Alternativ besteht die Möglichkeit, durch gut sichtbare Hinweisschilder in der unmittelbaren Umgebung von Tierbeobachtungskameras auf diese hinzuweisen.
Da Videoüberwachungen mittels Digitaltechnik gemäß § 4d BDSG der
Meldepflicht unterliegen, hat das Unabhängige Datenschutzzentrum
ein Formular für die Meldung von Tierbeobachtungskameras erstellt,
das auf der Internetseite der Aufsichtsbehörde zum Abruf bereit steht.
Das Unabhängige Datenschutzzentrum behält sich vor, bei Zuwiderhandlungen aufsichtsbehördliche Maßnahmen einzuleiten.
30 Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
2
Videoüberwachung im öffentlichen
Bereich
2.1
Einführung in die Thematik
Bei einer Videoüberwachungsmaßnahme handelt es sich um ein automatisiertes Verfahren, weshalb nach § 7 Abs. 2 Saarländisches Datenschutzgesetz (SDSG) die Landesbeauftragte für Datenschutz vor der
beabsichtigten Installation einer Videoüberwachungsanlage durch Behörden oder sonstige öffentliche Stellen des Landes zu beteiligen ist.
Für öffentlich rechtliche Wettbewerbsunternehmen des Landes besteht
ebenso eine Meldepflicht nach § 2 Abs. 2 SDSG i.V.m. § 4d BDSG und §
9 SDSG. Durch die verantwortliche Stelle ist hierfür eine entsprechende
Verfahrensbeschreibung mit den nach § 9 Abs. 1 SDSG festzulegenden
Angaben zu erstellen. Eine von unserer Dienststelle erarbeitete Musterverfahrensbeschreibung finden Sie auf unserer Internetseite zum Download.
Die Videoüberwachung öffentlich zugänglicher Räume durch öffentliche Stellen des Landes erfolgt – sofern im konkreten Fall keine spezielleren Vorschriften gegeben sind – auf der Grundlage des § 34 SDSG.
§ 34 SDSG Videoüberwachung
(1) Die Beobachtung öffentlich zugänglicher Bereiche mit optischelektronischen Einrichtungen (Videoüberwachung) ist nur zulässig, soweit sie
1. in Wahrnehmung des Hausrechts der verantwortlichen Stelle
zum Zweck des Schutzes von Personen, des Eigentums oder des
Besitzes oder der Kontrolle von Zugangsberechtigungen, oder
2. zur Aufgabenerfüllung der verantwortlichen Stelle
erforderlich ist. Für die Gefährdung der in Nummer 1 genannten
Rechtsgüter müssen konkrete Anhaltspunkte bestehen. Die Videoüberwachung nach Nummer 2 ist nur zulässig, wenn Anhaltspunkte für eine
konkrete Gefährdung von Gesundheit, Leib oder Leben, Eigentum oder
sonstigen hochrangigen Rechtsgütern vorliegen. Es dürfen keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen. Die Videoüberwachung darf nur durch die Leitung der verantwortlichen Stelle angeordnet werden. Dabei sind der
Zweck, die räumliche Ausdehnung und die Dauer der Videoüberwachung zu dokumentieren.
(2) Die Möglichkeit der Beobachtung und die verantwortliche Stelle
müssen für Betroffene erkennbar sein.
(3) Personenbezogene Daten dürfen nur erhoben oder gespeichert
werden, wenn dies zum Erreichen der in Absatz 1 genannten Zwecke
erforderlich oder unvermeidlich ist. Die Daten dürfen für einen anderen
Zweck nur verarbeitet werden, wenn dies zur Abwehr von Gefahren für
die öffentliche Sicherheit oder zur Abwehr von Nachteilen für das Wohl
31 Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
des Bundes oder eines Landes oder zur Verfolgung von Straftaten erforderlich ist.
(4) Werden durch Videoüberwachung erhobene Daten einer bestimmten Person zugeordnet, ist diese über die Erhebung entsprechend § 12
Abs. 5 Satz 1 zu benachrichtigen. § 12 Abs. 5 Satz 4 gilt entsprechend.
(5) Die Daten sind unverzüglich, spätestens jedoch nach 24 Stunden zu
löschen, wenn sie zur Erreichung des Zwecks nicht mehr erforderlich
sind oder schutzwürdige Interessen der Betroffenen einer weiteren
Speicherung entgegenstehen.
Fußt die beabsichtigte Videoüberwachung auf der Rechtsgrundlage von
§ 34 Abs. 1 Nr. 1 SDSG so sind die „konkreten Anhaltspunkte“ für den
erforderlichen Schutz von Personen, Eigentum oder Besitz zu benennen.
In der Praxis ist daher der Verfahrensbeschreibung ein gesonderter
Vermerk über Vorkommnisse der Vergangenheit, wie beispielsweise
Einbruchsdiebstähle, Vandalismusschäden, Beschädigungen an bestimmten Objekten und Ähnliches sowie sich hieraus ergebenden Anzeigen bei der Polizei oder Kostenaufwendungen, beizufügen.
Soll die Videoüberwachung nach § 34 Abs. 1 Nr. 2 SDSG durchgeführt
werden, so sind unter der „Aufgabenerfüllung öffentlicher Stellen“ alle
gesetzlich festgeschriebenen Verwaltungsaufgaben zu verstehen und in
der Verfahrensbeschreibung explizit zu benennen.
Darüber hinaus ist durch die verantwortliche Stelle das Interesse an der
Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume mit optisch elektronischen
Einrichtungen gegenüber den „schutzwürdigen Interessen der Betroffenen“ abzuwägen. Schutzwürdige Interessen von Betroffenen überwiegen beispielsweise dort, wo deren Intimsphäre berührt wird. Ebenso ist
zu prüfen, ob für den „angestrebten Zweck“ tatsächlich eine tägliche
Überwachungsdauer von 24 Stunden erforderlich ist, oder nicht vielmehr eine Begrenzung beispielsweise außerhalb der Öffnungszeiten
ausreichend ist.
Gemäß § 34 Abs. 2 SDSG müssen die Möglichkeit der Beobachtung und
die verantwortliche Stelle für Betroffene erkennbar sein. Dies kann
durch entsprechende Hinweisschilder mit mindestens Name und Anschrift der verantwortlichen Stelle sichergestellt werden, die im Blickfeld
des Betroffenen, jedoch räumlich so angebracht werden, dass dem Betroffenen, bevor er das Erfassungsfeld der Kameras betritt, die Möglichkeit gegeben wird sich der Erfassung zu entziehen. Auch hierfür steht
Ihnen ein Muster zum Download zur Verfügung.
Werden Daten aufgezeichnet, so sind diese spätestens nach „24 Stunden zu löschen“, wenn sie zur Erreichung des Zwecks nicht mehr erforderlich sind.
Darüber hinaus ist uns regelmäßig eine technische Beschreibung zur
Systemarchitektur der geplanten Kameras und Aufzeichnungsgeräte
(Zoom, fest, schwenkbar...) und ein Lageplan, aus welchem die Standorte der Kameras und deren Erfassungsbereich sowie auch die Positionierung der erforderlichen Hinweisschilder ersichtlich sind, vorzulegen
32 Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
2.2
Videoüberwachung während einer Prüfung in der
Universität des Saarlandes
Im Frühjahr 2013 erhielten wir den Anruf eines Studenten. Er informierte uns darüber, dass er gerade aus einer Prüfung an der Universität des
Saarlandes komme und die Prüflinge per Videosequenz auf zwei Leinwänden im Frontbereich des Hörsaals projiziert und überwacht wurden.
Ursprünglich wurde die Videoanlage installiert, um im Rahmen von ELearning-Veranstaltungen beispielsweise einen Vortrag direkt ins Netz
zu streamen oder die Aufzeichnung zu Nacharbeitszwecken zur Verfügung zu stellen. Die Anlage zu Überwachungszwecken während einer
Prüfung zu benutzen, war hingegen nicht Sinn und Zweck der Anlage.
Gerade in Prüfungssituationen sind Studenten bereits einer besonderen
Drucksituation ausgesetzt. Diese Situation zu verschärfen, indem die
Studenten per Livestreaming an eine Leinwand im Frontbereich des
Hörsaals projiziert werden, stellt einen unverhältnismäßigen Eingriff in
das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Studenten dar. Im
Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung muss festgestellt werden,
dass die Überwachung der Studenten während der Prüfung mit milderen Mittel, sprich mehr Personal, durchgeführt werden kann.
In Zusammenarbeit mit der Universität wurden folgende Voraussetzungen für eine Nutzung der Videoanlage im Hörsaal festgelegt und durch
die Universität umgesetzt:
1. Es findet keine Videoüberwachung während einer Prüfung statt.
2. An die Eingangstüren des Hörsaals werden Schilder angebracht,
die darüber informieren, dass die Videoanlage nur bei ELearning-Veranstaltungen eingeschaltet wird.
3. Wann eine E-Learning-Veranstaltung stattfindet wird den Studenten im Vorfeld frühzeitig mitgeteilt.
4. Die Universitätsleitung wird alle Professoren und Dozenten in
einem Schreiben darauf hinweisen, dass eine Videoüberwachung während einer Prüfung unzulässig ist. Die Zugriffsrechte
auf die Videoanlage werden derart beschränkt, dass nur der zuständige Techniker die Anlage freischalten kann.
5. Die Zugriffsrechte auf die Videoanlage werden derart beschränkt, dass nur der zuständige Techniker die Anlage freischalten kann.
2.3
Videoüberwachung an Schulen
Eine Videoüberwachung zur Wahrnehmung des Hausrechts auf der
Grundlage des § 34 SDSG ist nur für öffentlich zugängliche Bereiche
zulässig, was bedeutet, dass einer unbestimmten Vielzahl von Personen
der Zutritt grundsätzlich möglich sein muss. In Bezug auf Schulgebäude
ist daher eine einzelfallbezogene Prüfung dieser Voraussetzung unumgänglich. Die öffentliche Zugänglichkeit eines Unterrichtsraumes wird
daher in der Regel zu verneinen sein.
33 Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
Im Gegensatz zu anderen Einsatzbereichen von Videotechnik ist darüber hinaus der Erziehungs- und Bildungsauftrag der Schule in die Erwägungen einzubeziehen. Dabei verträgt sich eine Videoüberwachung
grundsätzlich nicht mit dem Auftrag der Schulen, die Entwicklung der
Schülerinnen und Schüler zu selbstbestimmten mündigen Persönlichkeiten zu fördern. Hinsichtlich der durchzuführenden Erforderlichkeitsprüfung in Korrelation mit der Interessensabwägung der schutzwürdigen Interessen der Betroffenen wird eine Videoüberwachungsmaßnahme auf Zeiten außerhalb des Schulbetriebs zu beschränken sein, da
während des Schulbetriebes die Sicherstellung des Hausrechts den hierfür verantwortlichen Personen zugemutet werden kann und als wesentlich milderes Mittel zur Zielerreichung zu bewerten ist.
2.4
Videoüberwachung in Schwimmbädern
Die Überwachung eines Kassenautomaten kann dann nach § 34 Abs. 1
Nr. 1 SDSG zulässig sein, wenn z.B. in der Vergangenheit Kassenautomaten beschädigt wurden und das Eigentum des Hausherrn nunmehr
geschützt werden soll. Die Gewährleistung eines reibungslosen Betriebsablaufes, also beispielsweise die ordnungsgemäße Zahlung durch
die Badbesucher, dient jedoch nicht dem Schutz des zuvor erwähnten
Rechtsgutes. Ist die Maßnahme unter Berücksichtigung der vorgenannten Voraussetzungen zulässig, so ist der Fokus der Kamera auf den Kassenautomaten so auszurichten, dass keine weiteren Bereiche, zu nennen
wären hier, Durchgänge und Informationsschalter sowie insbesondere
solche Bereiche, die zum Verweilen der Badbesucher gedacht sind, wie
Wartebänke oder Caféterien, erfasst werden. Von einer Überwachung
gänzlich auszuschließen sind in jedem Fall solche Bereiche, die die Intimsphäre der Badegäste berühren (z.B. Umkleiden, Dusch- und Saunabereiche), da hier die berechtigten Interessen der Betroffenen zweifelsfrei überwiegen. Zu berücksichtigen ist ebenso, dass durch Videoüberwachungsmaßnahmen in Bädern auch das dort beschäftige Personal
erfasst wird, hier ist § 31 Abs. 5 SDSG zu beachten, wonach diese Daten
nicht zur Verhaltens- und Leistungskontrolle der Mitarbeiter herangezogen werden dürfen. Sind Mitarbeiter demnach von einer Videoüberwachungsmaßnahme betroffen, ist ausdrücklich die Einbindung des
Personalrates anzuraten.
2.5
Videoüberwachung von Außenfassaden
Sehr oft wurde unsere Dienststelle bereits zur Frage der Zulässigkeit der
Videoüberwachung von Außenfassaden kontaktiert. In vielen Fällen
handelte es sich um historische Gebäude, deren Außenwände durch
Farbbomben, Graffiti oder Gewalteinwirkung beschädigt wurden, was in
der Regel umfassende und kostenintensive Renovierungsmaßnahmen
zur Folge hatte. Sicherlich stellt § 34 Abs. 1 Nr. 1 SDSG im Rahmen des
Eigentumsschutzes hier eine mögliche Rechtsgrundlage dar. Grenzen
die Außenfassaden jedoch unmittelbar an öffentliche Bereiche, wie
Parkanlagen, Fußwege, Fahrradwege oder Straßen, so ist durch den
Betreiber sicherzustellen, dass gemessen ab der Hauswand lediglich ein
1 Meter breiter Streifen von der Kamera erfasst wird. Nach der maßgeblichen Rechtsprechung darf von einem Passanten lediglich ein Arm, eine
Schulter oder eine Tasche auf den Aufzeichnungen erfasst werden,
34 Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
nicht jedoch das Gesicht des Betroffenen. Dem Eigentümer wird im Gegenzug durch eine derartige Kameraeinstellung hinreichend ermöglicht,
Beschädigungen an der Hauswand festzustellen und den Tatvorgang
aufzuzeichnen. Hinsichtlich der erforderlichen täglichen Aufzeichnungsdauer ist zu prüfen, ob eine 24-stündige Überwachung tatsächlich notwendig ist oder vielmehr eine nur auf die Abendstunden begrenzte Überwachung, da die in Rede stehenden Vandalismusschäden
in der Regel von den Tätern im vermeintlichen Schutz der Dunkelheit
herbeigeführt werden.
2.6
Einsatz von Webcams
Geben die Bilder einer Webcam lediglich Landschaftseindrücke einer
Kommune wieder, ohne die Möglichkeit eine Person oder ein Kraftfahrzeugkennzeichen, selbst nur teilweise, erkennen zu können oder eine
entsprechende Verbindung herzustellen, so handelt es sich nicht um die
Verarbeitung personenbezogener Daten i.S.d. SDSG. Eine Zoomfunktion
einer Kamera hingegen, die die Erkennbarkeit einer Person oder aber
ihre Bestimmbarkeit herstellen kann, würde die zuvor gegebene datenschutzrechtliche Bewertung aushebeln.
2.6.1
Webcam an einer Abfall-Verwertungs-Anlage
Einen besonderen Service bieten vereinzelt Abfall-Verwertungs-Anlagen
im Saarland ihren Kunden an: Es werden Bilder von der Zufahrt zur
Verwertungsanlage ins Internet übertragen; potentielle Kunden können
sich so einen Eindruck von dem Andrang an den Anlagen verschaffen.
Gegen den Einsatz von Netzwerkkameras zu diesem Zweck bestehen
aus datenschutzrechtlicher Sicht grundsätzlich keine Bedenken. Es muss
nur sichergestellt sein, dass auf den übertragenen Bildern weder Personen noch Autokennzeichen zu erkennen sind.
In einem uns geschilderten Fall war man sich dieser Problematik bewusst und hatte deshalb eine Verpixelung der Bilder vorgenommen.
Allerdings war diese Verpixelung nicht ausreichend, wie uns durch den
zuständigen Betriebsrat mitgeteilt wurde.
Der Betriebsrat hat uns Bilder vorgelegt, auf denen eindeutig Personen,
in diesem Fall Mitarbeiter der Abfallverwertungsanlage, erkennbar waren.
Die von uns daraufhin angeschriebene Geschäftsleitung meinte, die
Veröffentlichung von Daten von Mitarbeitern im Internet sei in diesem
speziellen Fall zulässig und berief sich zur Begründung auf die Vorschrift des § 23 des Kunsturhebergesetzes, wonach Bilder veröffentlicht
werden dürfen, auf denen Personen nur als Beiwerk neben einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit erscheinen.
Dieser Rechtsauffassung konnte mit Blick auf die Vorschrift des § 31
SDSG, der die Verarbeitung personenbezogener Daten bei Dienst- und
Arbeitsverhältnissen regelt, nicht gefolgt werden. Nach dieser Vorschrift
dürfen Daten von Beschäftigten nur verarbeitet werden, wenn dies zur
Eingehung, Durchführung, Beendigung oder Abwicklung des Dienst-
35 Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
oder Arbeitsverhältnisses oder zur Durchführung organisatorischer,
personeller und sozialer Maßnahmen, insbesondere auch zu Zwecken
der Personalplanung und des Personaleinsatzes, erforderlich ist oder
eine Rechtsvorschrift, ein Tarifvertrag oder eine Dienstvereinbarung
dies vorsieht. Da offensichtlich keine dieser Voraussetzungen für eine
Veröffentlichung von Bildern von Mitarbeitern im Internet vorlag, insbesondere die Durchführung des Arbeitsverhältnisses eine solche Übertragung nicht erfordert, wurde die Geschäftsführung der Abfallverwertungsanlage aufgefordert, durch technische Maßnahmen sicherzustellen, dass die Mitarbeiter im Internet nicht erkennbar sind. Dieser Forderung ist die Geschäftsleitung dann auch nachgekommen.
2.7
Verdeckte Videoüberwachung
Eine verdeckte, also heimliche Videoüberwachung kann nur unter besonderen Voraussetzungen zulässig sein.
Gemäß § 28 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 2 Saarländisches Polizeigesetz (SPolG)
kann die Vollzugspolizei durch den verdeckten Einsatz technischer Mittel, insbesondere zur Anfertigung von Bildaufnahmen oder
-aufzeichnungen, auf richterliche Anordnung personenbezogene Informationen über die in § 26 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 SPolG genannten Personen erheben, soweit das zur vorbeugenden Bekämpfung
1.
von Verbrechen, wenn auf Grund tatsächlicher Anhaltspunkte
anzunehmen ist, dass eine solche Straftat begangen werden
soll,
2.
anderer Straftaten, wenn auf Grund tatsächlicher Anhaltspunkte
anzunehmen ist, dass die Straftat gewerbsmäßig, gewohnheitsmäßig, von Banden oder von Organisationen begangen
werden soll,
erforderlich ist.
In oder aus Wohnungen kann die Vollzugspolizei nach § 28a SPolG personenbezogene Informationen durch den Einsatz verdeckter Bildaufnahmen oder -aufzeichnungen auf richterliche Anordnung nur erheben,
wenn dies zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib oder Leben
einer Person unerlässlich ist.
§ 34 SDSG eröffnet den öffentlichen Stellen des Landes unter Beachtung weiterer Zulässigkeitsvoraussetzungen grundsätzlich die Möglichkeit der Beobachtung öffentlich zugänglicher Bereiche mit optischelektronischen Einrichtungen. Die Möglichkeit der Beobachtung und die
verantwortliche Stelle müssen aber für Betroffene erkennbar sein.
Eine verdeckte Maßnahme auf der Grundlage des § 34 SDSG ist mithin
ausgeschlossen.
In einem Fall hatte eine Kommune wiederholt auf frei zugänglichem
Gelände erhebliche Schadenshöhen aufgrund von Diebstählen hinzunehmen. Sie entschied daher, zu Strafverfolgungszwecken eine verdeckte Videoüberwachungsmaßnahme durchzuführen. Sie selbst zeigte
dies meiner Dienststelle - allerdings erst nach erfolgter Umsetzung der
Maßnahme - an. Da weder das SPolG, welches ausschließlich die Vollzugspolizei des Saarlandes unter besonderen gesetzlich normierten
36 Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
Voraussetzungen zu verdeckten Videoüberwachungsmaßnahmen berechtigt, noch § 34 SDSG für die Kommune, als verantwortliche Stelle,
eine verdeckte Überwachungsmaßnahme gestatten, wurde die Kommune umgehend aufgefordert, den rechtswidrigen Zustand zu beenden
und die Videoüberwachungsanlage zu demontieren.
Die Kommune wurde darüber hinaus ausdrücklich darauf hingewiesen,
dass die Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit
vor der Durchführung einer Videoüberwachungsmaßnahme durch eine
Kommune zu beteiligen und eine entsprechende Verfahrensbeschreibung für das beabsichtigte Verfahren durch die Kommune zu erstellen
ist. § 34 SDSG eröffnet lediglich die Möglichkeit einer offenen Videoüberwachung im Rahmen des Hausrechts zum Schutz von Eigentum.
Durch geeignete Hinweisschilder ist der Betroffene vor Betreten des
Erfassungsbereiches der Kamera auf die Maßnahme hinzuweisen. Zuvor
jedoch ist die Erforderlichkeit unter Einbeziehung der Interessensabwägung, auch mit Blick auf möglicherweise mildere, geeignete Mittel, zu
prüfen.
2.8
Videoüberwachung auf Wertstoffhöfen
Unsere Dienststelle erhielt von mehreren saarländischen Kommunen
Verfahrensbeschreibungen für beabsichtigte Videoüberwachungsmaßnahmen auf Wertstoffhöfen. Sich wiederholende Einbruchsdiebstähle,
sei es die Entwendung von Bargeld, Wertstoffen wie beispielsweise
Kupfer oder neuwertigen Werkzeugen und Maschinen, veranlassten die
jeweiligen Kommunen zu diesem Schritt. Die den Verfahrensbeschreibungen auf Anforderung beigefügten gesonderten Vermerke über die
Vorkommnisse der Vergangenheit, hier Einbruchsdiebstähle, zeigten
auf, dass konkrete Anhaltspunkte für die Gefährdung der Rechtsgüter
Eigentum oder Besitz vorlagen. Mithin war eine Videoüberwachungsmaßnahme auf Grundlage von § 34 Abs. 1 Nr. 1 SDSG in Abwägung mit
den schutzwürdigen Interessen der Betroffenen grundsätzlich möglich.
Ebenso war jedoch zu prüfen, ob für den „angestrebten Zweck“ tatsächlich eine tägliche Überwachungsdauer von 24 Stunden erforderlich ist,
oder ob nicht vielmehr eine Begrenzung, beispielsweise außerhalb der
Öffnungszeiten, ausreichend ist. Da die geschilderten Vorkommnisse
überwiegend nachts auftraten, war die Überwachungsdauer daher außerhalb der Öffnungszeiten der Wertstoffhöfe zu begrenzen.
In einem Fall wurde zur Durchführung der laufenden Videoüberwachung ein Dienstleistungsvertrag über die Aufschaltung einer Alarmanlage mit einer privaten Werk- und Industrieschutzfirma geschlossen. Es
handelt sich hierbei um eine Auftragsdatenverarbeitung nach § 5 SDSG.
Die auftraggebende, öffentliche Stelle bleibt dafür verantwortlich, dass
die Aufgaben nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften erledigt
werden und das Datenschutzrecht eingehalten wird. Da das SDSG auf
private Firmen keine Anwendung findet, hat der Auftraggeber im Rahmen einer vertraglichen Regelung dafür Sorge zu tragen, dass sich der
Auftragnehmer verpflichtet, das SDSG zu befolgen und sich insoweit
der Kontrolle der Landesbeauftragten für Datenschutz zu unterwerfen.
Auch hierfür wurden entsprechende Musterverträge auf der Internetseite meiner Dienststelle zum Download eingestellt.
37 Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
2.9
Videoüberwachung im Museum
Mehrere Anfragen öffentlicher Stellen erreichten uns zur Zulässigkeit
von Videoüberwachungsmaßnahmen in Museen. Gründe hierfür lagen
zum Einen in der Realisierung einer Zugangskontrolle, zum Anderen
darin, Besitz oder Eigentum zu schützen.
§ 34 Abs. 1 Nr. 1 SDSG eröffnet den öffentlichen Stellen grundsätzlich
die Möglichkeit zur Durchführung einer Videoüberwachung aus den
zuvor erwähnten Gründen. Zwar fordert § 34 Abs. 1 Satz 2 SDSG für die
Gefährdung der dort genannten Rechtsgüter das Bestehen konkreter
Anhaltspunkte, unter Berücksichtigung der als besonders wertvoll einzustufenden Ausstellungsobjekte sowie den besonderen Anforderungen an Museen im Umgang mit ihnen anvertrauten Exponaten, kann
jedoch auch das Bestehen einer abstrakten Gefahr für das zu schützende Gut als ausreichend angesehen werden. Die weltweit geltenden
„Ethischen Richtlinien des International Council of Museums (ICOM)“
geben den Museumsbetreibern vor, für eine sichere Aufbewahrung der
Sammlungen zu sorgen und adäquate Vorkehrungen zum Schutz gegen Gefahren wie Diebstahl und Vandalismus zu treffen. Gleichzeitig
haben Museen aber als Bewahrer authentischer Zeugnisse eine besondere Verantwortung, ihre Sammlungen der Öffentlichkeit so frei wie
möglich zugänglich zu machen.
Mit Blick auf die Realisierung einer Zugangskontrolle wird jedoch ein
reines Kamera-Monitoring-Prinzip, also lediglich eine Beobachtung ohne Aufzeichnung, für den angestrebten Zweck ausreichend sein.
Für den angestrebten Zweck, den Besitz oder das Eigentum an den
ausgestellten Objekten zu schützen, kann eine Videoüberwachung mit
Aufzeichnung, welche mit einem Alarmsicherungssystem verbunden ist,
außerhalb der Öffnungszeiten als datenschutzrechtlich unbedenklich
eingestuft werden. Eine flächendeckende Videoüberwachung der Museumsräume während der Öffnungszeiten wird jedoch wegen entgegen
stehender schutzwürdiger Interessen der Betroffenen als unzulässig zu
bewerten sein.
Zu berücksichtigen ist ebenso, dass durch Videoüberwachungsmaßnahmen in Museen auch das dort beschäftige Personal erfasst werden
kann. Hier ist § 31 Abs. 5 SDSG zu beachten, wonach diese Daten nicht
zur Verhaltens- und Leistungskontrolle der Mitarbeiter herangezogen
werden dürfen. Sind Mitarbeiter demnach von einer Videoüberwachungsmaßnahme betroffen, ist ausdrücklich die Einbindung des Personalrates anzuraten.
§ 31 Abs. 5 SDSG
(5) Soweit Daten der Beschäftigten im Rahmen der Durchführung der
technischen und organisatorischen Maßnahmen nach § 11 Abs. 2 gespeichert werden, dürfen sie nicht zu Zwecken der Verhaltens- oder
Leistungskontrolle genutzt werden.
38 Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
2.10
Videoüberwachung von Kriegsgräberstätten
Das Ministerium für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie ist für
sechs Ehrenfriedhöfe, auf denen ausschließlich Kriegstote bestattet sind,
zuständig. Da es sich um Kriegstote verschiedenster Nationalitäten
handelt und ausweislich der Besucherbücher Angehörige aus dem Ausland diese Stätten auch weiterhin aufsuchen, sollen alle Ehrenfriedhöfe
zu jeder Zeit zugänglich sein. Neben Pflegearbeiten zählen die Renovierung beschädigter Gegenstände sowie auch die Wiederbeschaffung
gestohlener Grabkreuze, Gedenktafeln und Skulpturen zum Aufgabenbereich des Ministeriums.
Das zuständige Ministerium teilte unserer Dienststelle mit, dass im
Rahmen einer landesweiten Serie von Metalldiebstählen auch auf zwei
Ehrenfriedhöfen erhebliche Schäden zu verzeichnen waren. Beispielsweise wurden auf einem dieser Friedhöfe 40 bronzene Grabkreuze entwendet. Da auf diesem Friedhof noch 280 Metallkreuze und eine 2,50
Meter hohe Bronzestatue von sehr hohem Wert stehen, bat das Ministerium meine Dienststelle um Prüfung, ob der Einsatz von Kameradummies oder Videoüberwachungsanlagen als Sicherungsmaßnahme
zulässig sei.
Sinn und Zweck einer Videoattrappe ist es, bei dem Betroffenen die
Vorstellung einer funktionsfähigen Videoüberwachungsanlage zu erzeugen, um auf diese Weise unerwünschte Verhaltensweisen zu unterbinden. Insoweit ist der Betroffene dem gleichen Überwachungsdruck
wie durch eine Echtanlage ausgesetzt. Aus diesem Grund sind nach
hiesiger Auffassung auch an die Errichtung von Kameradummies die
gleichen rechtlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen wie bei der Errichtung von Echtanlagen zu stellen.
Aufgrund der Sachdarstellung des Ministeriums ist der Einsatz einer
Videoüberwachungsechtanlage im konkreten Fall auf der Grundlage
von § 34 Abs. 1 Nr. 1 SDSG zum Schutz des Eigentums oder Besitzes
möglich. In der Vergangenheit gab es durch die belegten Diebstähle
"konkrete Anhaltspunkte" für eine Gefährdung der Rechtsgüter i.S.d §
34 Abs. 1 S. 2 SDSG, die eine solche Maßnahme rechtfertigen. Zudem
hat das Ministerium dargelegt, weshalb eine Begrenzung der Öffnungszeiten bei Ehrenfriedhöfen nicht opportun ist.
Eine wenn auch vermeintliche Beobachtung ist ebenso durch geeignete
Hinweisschilder anzuzeigen.
Bei einer echten Videoüberwachungsmaßnahme handelt es sich um ein
automatisiertes Verfahren, weshalb nach § 7 Abs. 2 SDSG die Landesbeauftragte für Datenschutz vor der beabsichtigten Installation einer Videoüberwachungsanlage durch Behörden oder sonstige öffentliche
Stellen des Landes zu beteiligen ist. Durch die verantwortliche Stelle ist
hierfür eine entsprechende Verfahrensbeschreibung „Videoüberwachung“ mit den nach § 9 Abs. 1 SDSG festzulegenden Angaben zu erstellen. Eine entsprechende Musterverfahrensbeschreibung ist auf unserer Internetseite zum Download eingestellt.
Darüber hinaus ist durch die verantwortliche Stelle das Interesse an der
Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume mit optisch-elektronischen
Einrichtungen gegenüber den „schutzwürdigen Interessen der Betroffenen“ abzuwägen. Schutzwürdige Interessen von Betroffenen überwiegen beispielsweise dort, wo deren Intimsphäre berührt wird. Auf Fried-
39 Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
höfen gilt dies sicher dort, wo Trauernde zum Verweilen in stillem Gedenken oder zum Gebet eingeladen werden.
Ebenso ist zu prüfen, ob für den „angestrebten Zweck“ tatsächlich eine
tägliche Überwachungsdauer von 24 Stunden erforderlich ist, oder nicht
vielmehr eine Begrenzung beispielsweise auf die Nacht und den Frühmorgen, eben zu jener Zeit, zu welcher die Diebstähle stattfanden, ausreichend ist.
Gemäß § 34 Abs. 2 SDSG müssen die Möglichkeit der Beobachtung und
die verantwortliche Stelle für Betroffene erkennbar sein. Dies kann
durch entsprechende Hinweisschilder mit mindestens Name und Anschrift der verantwortlichen Stelle sichergestellt werden.
40 Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
3
Beschlüsse des Düsseldorfer Kreises
3.1
Videoüberwachung in und an Taxis
Beschluss der Aufsichtsbehörden für den Datenschutz im nichtöffentlichen Bereich (Düsseldorfer Kreis am 26./27. Februar 2013)
Leben, Gesundheit und Freiheit der Taxifahrer sind hohe Rechtsgüter,
die es nachhaltig zu schützen gilt. Zu diesem Zweck kann auch der Einsatz von Videokameras in Betracht kommen. Allerdings müssen die Persönlichkeitsrechte der Fahrgäste, der angestellten Taxifahrer sowie anderer Verkehrsteilnehmer gewahrt bleiben. Der Einsatz von Videokameras muss daher unter Würdigung der berechtigten Sicherheitsinteressen
und schutzwürdigen Belange aller Betroffenen auf das erforderliche
Mindestmaß beschränkt bleiben.
Die Zulässigkeit einer Videoüberwachung durch Taxi-Unternehmen
bestimmt sich nach § 6b Bundesdatenschutzgesetz (BDSG). Gemäß § 6
b Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3 BDSG ist eine Beobachtung und Aufzeichnung
mittels Videokameras nur zulässig, soweit dies zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke erforderlich ist und
keine Anhaltspunkte bestehen, dass schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen.
1. Innenkameras
Das betroffene Taxi-Unternehmen muss als verantwortliche Stelle vorrangig alternative und weniger einschneidende Schutzmaßnahmen berücksichtigen, bevor eine Videoüberwachung erwogen werden kann. In
Betracht zu ziehen sind beispielsweise die Möglichkeit der anlassbezogenen Auslösung eines „stillen Alarms“ oder eines GPS-gestützten Notrufsignals.
Taxifahrern kann die Möglichkeit eröffnet werden, die Videoaufzeichnung selbsttätig (z.B. über einen Schalter) zu aktivieren, wenn nach ihrer
eigenen Einschätzung eine bedrohliche Situation gegeben ist und es
mithin einen Anlass für die Aufzeichnung gibt.
Eine anlasslose Videoüberwachung, die ohne Einflussnahmemöglichkeit
des Fahrers generell und automatisch einsetzt und bei der sowohl die
Fahrgäste als auch das gesamte Geschehen im Fahrgastbereich permanent aufgezeichnet werden, ist weder erforderlich noch verhältnismäßig. Unter Berücksichtigung sowohl der Sicherheitsinteressen des Fahrpersonals als auch der Persönlichkeitsrechte der betroffenen Fahrgäste
ist die Videoaufzeichnung vielmehr in der Regel auf das Anfertigen einzelner Standbilder der Fahrgäste beim Einsteigen zu beschränken.
Soweit Bilder zulässigerweise aufgezeichnet wurden, sind diese gemäß
§ 6b Abs. 5 BDSG unverzüglich zu löschen, wenn sie zur Erreichung des
Zwecks nicht mehr erforderlich sind. Gab es kein Schadensereignis, sind
die Bildaufnahmen der Innenkameras im Regelfall innerhalb von 24
Stunden, spätestens aber nach 48 Stunden zu löschen.
Dem Transparenzgebot des § 6b Abs. 2 BDSG folgend müssen durch
deutlich sichtbare Beschilderungen an den Fahrgasttüren potentielle
41 Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Videoüberwachung und Datenschutz
Fahrgäste vor dem Einsteigen auf den Umstand der Videoüberwachung
und die hierfür verantwortliche Stelle hingewiesen werden.
Schließlich haben die Taxi-Unternehmen durch geeignete technische
und organisatorische Maßnahmen zu gewährleisten, dass nur berechtigten Personen ein Zugriff auf die Bildaufzeichnungen möglich und ein
unbefugtes Auslesen der Daten ausgeschlossen ist.
2. Außenkameras
Die Voraussetzungen des § 6b Abs. 1, Abs. 3 BDSG sind bei Außenkameras, mit denen der öffentliche Verkehrsraum – etwa zwecks vorsorglicher Beweis sichernder Dokumentation für den Fall eines Schadensereignisses – einer Überwachung unterzogen werden soll, nicht erfüllt.
Unerheblich ist dabei, ob die Kameras mobil sind und eventuell nur die
nähere Umgebung des Taxis erfassen. Mit derartigen Kameras sollen
gezielt personenbezogene Daten (Bilder, auf denen Personen, KfzKennzeichen, Aufschriften auf Fahrzeugen etc. erkennbar sind) erhoben
werden, um später anhand der Aufnahmen beispielsweise Verantwortlichkeiten von Verkehrsteilnehmern und Haftungsfragen klären zu können. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung umfasst jedoch
die Möglichkeit, sich in der Öffentlichkeit frei und ungezwungen zu
bewegen, ohne befürchten zu müssen, ungewollt und anlasslos zum
Objekt einer Videoüberwachung gemacht zu werden. Eine Rechtsgrundlage für diese Datenerhebung gibt es nicht. Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht, wenn § 28 BDSG zugrunde gelegt wird.
Die Ausstattung von Taxis mit "Unfallkameras", wie sie von Versicherungsunternehmen vorgeschlagen wird, ist daher unzulässig. Die Taxiunternehmen müssen sich darüber im Klaren sein, dass nicht das Versicherungsunternehmen, sondern sie selbst in der datenschutzrechtlichen
Verantwortlichkeit stehen.
3.2
Unzulässigkeit von Videoüberwachung aus Fahrzeugen
(sog. Dashcams)
Beschluss der Aufsichtsbehörden für den Datenschutz im nichtöffentlichen Bereich (Düsseldorfer Kreis am 25./26. Februar 2014)
Mittlerweile nimmt der Einsatz sog. Dashcams auch in Deutschland immer mehr zu, um, so die standardmäßige Begründung, im Falle eines
Unfalls den Hergang nachvollziehen und das Video gegebenenfalls als
Nachweis bei der Regulierung von Schadensfällen und der Klärung von
Haftungsfragen heranziehen zu können.
Die Aufsichtsbehörden des Bundes und der Länder für den Datenschutz
im nicht-öffentlichen Bereich machen darauf aufmerksam, dass der Einsatz solcher Kameras - jedenfalls sofern dieser nicht ausschließlich für
persönliche oder familiäre Tätigkeiten erfolgt - datenschutzrechtlich
unzulässig ist.
Soweit mit den Dashcams in öffentlich zugänglichen Bereichen gefilmt
wird und als Hauptzweck der Aufnahmen die Weitergabe von Filmaufnahmen zur Dokumentation eines Unfallhergangs angegeben wird, ist
der Einsatz – auch wenn die Kameras von Privatpersonen eingesetzt
werden – an den Regelungen des Bundesdatenschutzgesetzes zu mes-
42 Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Videoüberwachung und Datenschutz
sen. Gemäß § 6b Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 3 des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) ist eine Beobachtung und Aufzeichnung mittels Videokameras nur zulässig, soweit dies zur Wahrnehmung berechtigter Interessen
für konkret festgelegte Zwecke erforderlich ist und keine Anhaltspunkte
bestehen, dass schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen.
Diese Voraussetzungen sind in aller Regel nicht erfüllt, da die schutzwürdigen Interessen der Verkehrsteilnehmer überwiegen. Das informationelle Selbstbestimmungsrecht umfasst das Recht des Einzelnen, sich
in der Öffentlichkeit frei zu bewegen, ohne befürchten zu müssen, ungewollt und anlasslos zum Objekt einer Videoüberwachung gemacht zu
werden. Dashcams zeichnen den Verkehr sowie Personen, die sich in
der Nähe einer Straße aufhalten, ohne Anlass und permanent auf, so
dass eine Vielzahl von Verkehrsteilnehmern betroffen ist, die sämtlich
unter einen Generalverdacht gestellt werden, ohne dass sie von der
Überwachung Kenntnis erlangen oder sich dieser entziehen können.
Das Interesse des Autofahrers, für den eher theoretischen Fall eines
Verkehrsunfalls Videoaufnahmen als Beweismittel zur Hand zu haben,
kann diesen gravierenden Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Verkehrsteilnehmer nicht rechtfertigen.
43 Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Videoüberwachung und Datenschutz
44 Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Videoüberwachung und Datenschutz
4
Orientierungshilfen
4.1
Orientierungshilfe des Düsseldorfer Kreises
„Videoüberwachung durch nicht-öffentliche Stellen“
Chancen und Risiken einer Videoüberwachung
Videoüberwachung ist vermeintlich in der Lage, bei gewissen Sicherheitsproblemen eine einfache Lösung zu bieten. So können etwa unübersichtliche Gebäudekomplexe zu verschiedensten Tages- und
Nachtzeiten leicht überwacht werden. Die Aufsicht über das System
kann zentral und mit wenig Personalaufwand erfolgen. Die Technik ist
erschwinglich und regelmäßig ohne besondere Kenntnisse zu installieren.
Die datenschutzrechtliche Relevanz der Videoüberwachung wird von
den Betreibern einer Videoüberwachungsanlage jedoch häufig falsch
eingeschätzt. Jeder Mensch hat grundsätzlich das Recht, sich in der
Öffentlichkeit frei zu bewegen, ohne dass sein Verhalten permanent mit
Hilfe von Kameras beobachtet oder aufgezeichnet wird. Die Tatsache
beobachtet zu werden, kann bei vielen Personen eine Änderung ihres
Auftretens bewirken, weil die Gefahr besteht, dass das eigene Verhalten
überprüft und nicht autorisiert z.B. im Internet veröffentlicht wird. Bei
einer ununterbrochenen Überwachung kann das Wissen, dass jede Bewegung und jede Geste von einer Kamera überwacht wird, mit weitreichenden psychologischen Auswirkungen verbunden sein. Der Einzelne
fühlt sich ständig beobachtet und ist dadurch einem permanenten
Überwachungsdruck ausgesetzt.
Mit dem Einsatz von Videoüberwachungsanlagen sind weitere Risiken
verbunden. Es besteht die Gefahr, dass Aufzeichnungen missbraucht
oder für fremde Zwecke genutzt werden. Elektronische Bilder können
ohne Weiteres gespeichert, kopiert und unbegrenzt an eine Vielzahl
von Empfängern in kürzester Zeit und ohne finanziellen Aufwand weitergeleitet werden. Umfassende räumliche und zeitliche Überwachungen ermöglichen die Erstellung von Bewegungs- und Verhaltensprofilen. Hinzu kommt, dass „intelligente“ Videoüberwachungssysteme keine
reine Zukunftsmusik mehr sind. Technisch ist es beispielsweise möglich,
gezielt einzelne Personen automatisiert über eine große räumliche Distanz zu verfolgen und mittels Bilderabgleich in Datenbanken eindeutig
zu identifizieren. Machbar ist es auch, „auffällige“ oder vermeintlich
nicht normale Bewegungen und Verhaltensmuster herauszufiltern, anzuzeigen und gegebenenfalls Alarm auszulösen.
Diese Orientierungshilfe soll darüber informieren, unter welchen Voraussetzungen eine Videoüberwachung zulässig ist und welche gesetzlichen Vorgaben dabei einzuhalten sind. Sofern mit einer Kamera personenbezogene Daten erhoben werden, also z.B. Personen oder KfzKennzeichen erkennbar sind, bedarf es nach dem sog. Verbot mit Erlaubnisvorbehalt einer rechtlichen Grundlage für die Datenverarbeitung.
Zu unterscheiden ist dabei zwischen der Videoüberwachung durch
nicht-öffentliche Stellen in öffentlich zugänglichen Räumen (§ 6b des
Bundesdatenschutzgesetzes [BDSG]), der Videoüberwachung von Beschäftigten (§ 32 Abs. 1 BDSG) und einer sonstigen Videoüberwachung
45 Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Videoüberwachung und Datenschutz
in nicht öffentlich zugänglichen Räumen (§ 28 BDSG). Am Ende finden
Sie einen Fragenkatalog, der Verantwortlichen und Datenschutzbeauftragten als Checkliste dienen kann.
Zulässigkeit einer Videoüberwachung durch nicht-öffentliche
Stellen in öffentlich zugänglichen Räumen
Maßgebliche Vorschrift für die Zulässigkeitsprüfung einer Videoüberwachungsanlage ist § 6b BDSG, welche die Videoüberwachung von öffentlich zugänglichen Räumen durch nicht-öffentliche Stellen regelt.
Nicht-öffentliche Stellen sind private Betreiber von Videotechnik, z. B.
Unternehmen oder Privatpersonen.
Anwendungsbereich und Voraussetzungen des § 6b Absatz 1
BDSG
Im Folgenden wird beschrieben, wann diese Vorschrift Anwendung findet und welche Anforderungen sie an eine Videoüberwachungsanlage
stellt.
Wann liegt eine Videoüberwachung vor?
§ 6b Absatz 1 BDSG definiert die Videoüberwachung als Beobachtung
mit „optisch-elektronischen Einrichtungen“. Von diesem Begriff werden
nicht nur handelsübliche Videokameras, sondern jegliche Geräte, die
sich zur Beobachtung eignen, erfasst. Dabei ist irrelevant, ob sie über
eine Zoomfunktion oder eine Schwenkvorrichtung verfügen, ob die
Kamera stabil montiert oder frei beweglich ist. Auch der Einsatz von
Webcams, Wildkameras, digitalen Fotoapparaten oder Mobiltelefonen
mit integrierter Kamera ist grundsätzlich als Videoüberwachung anzusehen. Voraussetzung ist dabei jeweils die Erhebung personenbezogener Daten, das heißt, dass Personen auf den Aufnahmen erkennbar sein
müssen oder sonst Rückschlüsse auf die Identität einer Person möglich
sind.
Der Begriff der Videoüberwachung umfasst sowohl die Videobeobachtung, bei der eine Live-Übertragung der Bilder auf einen Monitor erfolgt, als auch die Videoaufzeichnung, bei der die Aufnahmen gespeichert werden. Eine Videoüberwachung liegt bereits vor, sobald die
Möglichkeit der Beobachtung gegeben ist, das bedeutet, dass unabhängig von einer möglichen Speicherung oder Aufzeichnung der Bilder
schon bei bloßer Live-Beobachtung mittels optisch-elektronischer Einrichtung die Vorgaben des § 6b BDSG einzuhalten sind. Der Begriff der
Beobachtung erfasst auch die digitale Fotografie, sofern eine gewisse
zeitliche Dauer zugrunde liegt. Damit unterfällt beispielsweise das Anfertigen von Fotos in kurzen Zeitintervallen ebenfalls der Vorschrift. Die
gezielte Beobachtung einzelner Personen wird nicht vorausgesetzt. Die
Überwachungsmaßnahme setzt selbst dann bereits mit der Inbetriebnahme der Kameras ein, wenn die Geräte erst im Bedarfs- oder Alarmfall aufzeichnen.
Bei bloßen Kameraattrappen oder unzutreffenden Hinweisen auf eine
Videoüberwachung gehen die Datenschutzaufsichtsbehörden der meisten Bundesländer davon aus, dass das Bundesdatenschutzgesetz nicht
zur Anwendung kommt, da es sich bei Attrappen um keine optischelektronische Einrichtungen handelt und deshalb keine personenbezogenen Daten erhoben werden. Allerdings erweckt auch das Anbringen
von Kameraattrappen und unzutreffenden Hinweisen bei Personen, die
diese zur Kenntnis nehmen, regelmäßig den Eindruck, dass sie tatsäch-
46 Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Videoüberwachung und Datenschutz
lich videoüberwacht werden. Da die fehlende Funktionsfähigkeit der
Kamera von außen nicht erkennbar ist, kann ein Überwachungsdruck
hervorgerufen werden , der eine Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts darstellen und damit zivilrechtliche Abwehransprüche auslösen
kann. Diese müssen notfalls im Klageweg durchgesetzt werden. Ob
darüber hinaus ein aufsichtsbehördliches Einschreiten gegen eine Attrappe in Betracht kommt, differiert danach, ob die örtlich zuständige
Aufsichtsbehörde hierfür auch eine sachliche Zuständigkeit anerkennt.
Dies erfahren Betroffene ggf. auf Nachfrage.
Was ist ein öffentlich zugänglicher Raum?
Die Anwendung des § 6b BDSG setzt voraus, dass ein öffentlich zugänglicher Raum beobachtet wird. Hierbei handelt es sich um Bereiche
innerhalb oder außerhalb von Gebäuden, die nach dem erkennbaren
Willen des Berechtigten (z.B. des Grundstückseigentümers) von Jedermann genutzt oder betreten werden dürfen. Ein öffentlicher Raum liegt
auch dann vor, wenn für den Zugang besondere allgemeine Voraussetzungen, wie etwa ein bestimmtes Mindestalter, erfüllt sein müssen, ein
Eintrittspreis zu errichten ist oder die Öffnung nur zu bestimmten Zeiten erfolgt. Darauf, ob der überwachte Bereich Privateigentum ist oder
nicht, kommt es nicht an.
Zu den öffentlich zugänglichen Räumen gehören neben öffentlichen
Verkehrsflächen beispielsweise Ausstellungsräume eines Museums,
Verkaufsräume, Schalterhallen, Tankstellen, Biergärten, öffentliche Parkhäuser, Gasträume von Gaststätten oder Hotelfoyers.
Nicht öffentlich zugänglich sind demgegenüber Räume, die nur von
einem bestimmten und abschließend definierten Personenkreis betreten werden können oder dürfen. Hierzu gehören etwa Büros oder Produktionsbereiche ohne Publikumsverkehr. Entscheidend ist hierbei, dass
die Nicht-Öffentlichkeit durch Verbotsschilder oder den Kontext der
Umgebung erkennbar ist. Die eigene private Wohnung zählt z.B. zu den
nicht öffentlich zugänglichen Räumen. Zu beachten ist allerdings, dass
die Einordnung als nicht öffentlich zugänglicher Raum vom Einzelfall
abhängig ist. Das Treppenhaus eines Wohnhauses ist beispielsweise
grundsätzlich ein nicht öffentlich zugänglicher Raum. Befindet sich im
Haus allerdings eine Arztpraxis oder eine Anwaltskanzlei mit offenem
Publikumsverkehr, dann ist dies bereits ausreichend, um das Treppenhaus während der Geschäftszeiten als öffentlich zugänglich einzuordnen. Eine Videoüberwachung nicht-öffentlich zugänglicher Räume kann
unter Umständen nach § 28 BDSG zu beurteilen.
Eine Überwachung öffentlich zugänglicher Räume liegt auch dann vor,
wenn außer einem privaten Grundstück auch der öffentliche Verkehrsraum in der Umgebung und die sich dort befindlichen Personen erfasst
werden. Bei einem Nachbargrundstück handelt es sich nicht um einen
öffentlichen Raum; dessen Beobachtung ist daher nicht von § 6b BDSG
erfasst. Allerdings greift eine Überwachung von Nachbargrundstücken
in die Persönlichkeitsrechte des Nachbarn ein. Dieser kann sich daher
auf zivilrechtlichem Weg mittels Abwehr- und Unterlassungsansprüchen
gegen die Videoüberwachung zur Wehr setzen (zur Videoüberwachung
im Nachbarschaftsverhältnis vgl. unten Nr. 5).
47 Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Videoüberwachung und Datenschutz
Zulässigkeit einer Videoüberwachung öffentlich zugänglicher
Räume
Nach § 6b Absatz 1 BDSG ist das Beobachten öffentlich zugänglicher
Räume per Videoüberwachung nur zulässig, soweit es zur Wahrnehmung des Hausrechts oder zur Wahrnehmung berechtigter Interessen
für konkret festgelegte Zwecke erforderlich ist und keine Anhaltspunkte
für das Vorliegen überwiegender schutzwürdiger Interessen der betroffenen Personen bestehen.
Zweck der Videoüberwachung
Bevor eine Videoüberwachung installiert wird, ist zu konkretisieren, welches Ziel damit erreicht werden soll. Ein berechtigtes Interesse für den
Betrieb einer Videoüberwachungsanlage kann ideeller, wirtschaftlicher
oder rechtlicher Natur sein. Soll die Videoüberwachung dazu eingesetzt
werden, vor Einbrüchen, Diebstählen oder Vandalismus zu schützen, ist
darin grundsätzlich ein berechtigtes Interesse zu sehen, wenn eine tatsächliche Gefahrenlage nachgewiesen werden kann. Zu fordern sind
konkrete Tatsachen, aus denen sich eine Gefährdung ergibt, beispielsweise Beschädigungen oder besondere Vorkommnisse in der Vergangenheit. Ratsam ist es daher, entsprechende Ereignisse sorgfältig zu
dokumentieren (Datum, Art des Vorfalls, Schadenshöhe) oder etwaige
Strafanzeigen aufzubewahren. Auch die Beweissicherung durch die Aufzeichnung kann ein solches berechtigtes Interesse darstellen.
In bestimmten Fällen kann auch eine abstrakte Gefährdungslage ausreichend sein, wenn eine Situation vorliegt, die nach der Lebenserfahrung
typischerweise gefährlich ist, z.B. in Geschäften, die wertvolle Ware verkaufen (z.B. Juweliere) oder die im Hinblick auf Vermögens- und Eigentumsdelikte potentiell besonders gefährdet sind (z.B. Tankstellen).
Darüber hinaus ist im Vorhinein konkret festzulegen und schriftlich zu
dokumentieren, welchem Zweck die Videoüberwachung im Einzelfall
dienen soll. Dabei ist der Überwachungszweck jeder einzelnen Kamera
gesondert und konkret anzugeben.
Geeignetheit und Erforderlichkeit der Videoüberwachung
Vor dem Einsatz eines Videoüberwachungssystems ist zu überprüfen,
ob es tatsächlich für den festgelegten Zweck geeignet und erforderlich
ist. Die Erforderlichkeit einer Videoüberwachung kann nur dann bejaht
werden, wenn der beabsichtigte Zweck nicht genauso gut mit einem
anderen (wirtschaftlich und organisatorisch) zumutbaren, in die Rechte
des Betroffenen weniger eingreifenden, Mittel erreicht werden kann.
Vor der Installation einer Videoüberwachungsanlage muss man sich
deshalb mit zumutbaren alternativen Methoden auseinandersetzen, die
in das Persönlichkeitsrecht des Einzelnen weniger eingreifen. Eine Umzäunung, regelmäßige Kontrollgänge von Bewachungspersonal, der
Einsatz eines Pförtners, der Einbau von Sicherheitsschlössern oder von
einbruchssicheren Fenstern und Türen können beispielsweise ebenfalls
einen wirksamen Schutz gegen Einbruch und Diebstahl bieten. Das Auftragen von spezieller Oberflächenbeschichtung kann Schutz vor Beschädigungen durch Graffiti bieten.
Des Weiteren muss vor Inbetriebnahme einer Kameraanlage eine Überprüfung dahingehend erfolgen, an welchen Orten und zu welchen Zeiten eine Überwachung unbedingt notwendig erscheint. Häufig kann
48 Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Videoüberwachung und Datenschutz
eine Überwachung in den Nachtstunden oder außerhalb der Geschäftszeiten ausreichend sein.
Im Rahmen der Erforderlichkeit ist ferner zu untersuchen, ob eine reine
Beobachtung im Wege des Live-Monitorings ausreichend ist, oder ob
es zum Erreichen des Überwachungszwecks einer (regelmäßig eingriffsintensiveren) Aufzeichnung bedarf. In diesem Zusammenhang ist zu
betonen, dass eine reine Aufzeichnung (blackbox) für präventive Zwecke nicht geeignet ist, da keine direkte Interventionsmöglichkeit besteht. Diese ist nur bei einem Monitoring gegeben, da dann z.B. Sicherheitspersonal unmittelbar eingreifen kann. Das bedeutet, dass eine Videoaufzeichnung zur Verhinderung von Unfällen oder Straftaten nicht
geeignet ist.
Unter dem Aspekt der Datenvermeidung und Datensparsamkeit ist weiterhin zu prüfen, ob durch den Einsatz spezieller Technik bestimmte
Bereiche des Aufnahmefeldes ausgeblendet oder die Gesichter der sich
in diesen Bereichen aufhaltenden Personen „verschleiert“ werden können.
Beachtung der schutzwürdigen Interessen des Betroffenen
Auch wenn eine Videoüberwachung zur Wahrung des Hausrechts oder
zur Wahrnehmung eines berechtigten Interesses erforderlich ist, darf sie
nur in Betrieb genommen werden, wenn schutzwürdige Interessen der
Betroffenen nicht überwiegen. An dieser Stelle ist eine Abwägung zwischen den berechtigten Interessen des Überwachenden und dem von
der Überwachung Betroffenen vorzunehmen. Maßstab der Bewertung
ist das informationelle Selbstbestimmungsrecht als besondere Ausprägung des Persönlichkeitsrechts auf der einen und der Schutz des Eigentums oder der körperlichen Unversehrtheit auf der anderen Seite. Bei
der Abwägung sind die Gesamtumstände jedes Einzelfalls maßgeblich.
Entscheidend ist häufig die Eingriffsintensität der jeweiligen Maßnahme.
Diese wird durch Art der erfassten Informationen (Informationsgehalt),
Umfang der erfassten Informationen (Informationsdichte, zeitliches und
räumliches Ausmaß), den betroffenen Personenkreis, die Interessenlage
der betroffenen Personengruppen, das Vorhandensein von Ausweichmöglichkeiten sowie Art und Umfang der Verwertung der erhobenen
Daten bestimmt. In den Fällen, in denen die Videoaufnahmen nicht nur
auf einen Monitor übertragen, sondern auch aufgezeichnet werden
sollen, ist eine diesbezügliche Abwägung mit den schutzwürdigen Interessen der Betroffenen erneut vorzunehmen.
Grundsätzlich unzulässig sind Beobachtungen, die die Intimsphäre der
Menschen verletzen, etwa die Überwachung von Toiletten, Saunas, Duschen oder Umkleidekabinen. Die schutzwürdigen Interessen überwiegen außerdem häufig dort, wo die Entfaltung der Persönlichkeit im
Vordergrund steht, beispielsweise in Restaurants, Erlebnis- und Erholungsparks, wo Leute kommunizieren, essen und trinken oder sich erholen.
Auch eine permanente Überwachung, der eine betroffene Person nicht
ausweichen kann, stellt einen gravierenderen Eingriff dar als eine Beobachtung, die lediglich zeit-weise erfolgt und nur Teilbereiche des
Raumes erfasst. Dies ist zum Beispiel bei der dauerhaften Überwachung
von öffentlichen Zufahrten und Eingängen zu Mehrfamilienhäusern
relevant, da die Bewohner auf die Nutzung des überwachten Bereichs
angewiesen sind.
49 Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Videoüberwachung und Datenschutz
Grundsätzlich gilt, je mehr persönliche Informationen aufgrund der
Überwachung erhoben werden, desto intensiver ist der Eingriff in die
Grundrechte und in die schutzwürdigen Interessen der Betroffenen.
Ermöglicht die Qualität der Aufnahme keine Personenbeziehbarkeit,
sind schutzwürdige Interessen Betroffener schon deshalb nicht verletzt,
weil es an einer Datenerhebung im Sinne des § 3 Absatz 3 BDSG fehlt.
Einzelne Maßnahmen vor Einrichtung einer Videoüberwachung
Vor dem Einsatz einer Videoüberwachungsanlage gilt es im Vorhinein
einige Maß-nahmen und Voraussetzungen nach dem Bundesdatenschutzgesetz durchzuführen und einzuhalten.
Verfahrensverzeichnis, Vorabkontrolle, Sicherungspflichten
Vor Beginn der Videoüberwachung ist seitens der verantwortlichen
Stelle der konkrete Zweck der Überwachungsmaßnahme schriftlich festzulegen. Zudem sind technische und organisatorische Maßnahmen zu
treffen (§ 9 BDSG), um die Sicherheit der Daten zu gewährleisten.
Vor der Inbetriebnahme einer Videoüberwachung ist eine Vorabkontrolle nach § 4d Absatz 5 BDSG erforderlich, wenn bei dem Einsatz der
Videotechnik von besonderen Risiken für die Rechte und Freiheiten der
Betroffenen auszugehen ist. Nach der Gesetzesbegründung bestehen
besondere Risiken, wenn Überwachungskameras „in größerer Zahl und
zentral kontrolliert eingesetzt werden“ (BT-Drs. 14/5793, S. 62). Der betriebliche Datenschutzbeauftragte hat gemäß § 4d Absatz 6 BDSG die
Vorabkontrolle durchzuführen und das Ergebnis sowie die Begründung
schriftlich zu dokumentieren.
Unabhängig von der Durchführung einer Vorabkontrolle ergibt sich das
Erfordernis der vorherigen Zweckbestimmung aus § 6b Absatz 1 Nr. 3
BDSG, wenn die Videoüberwachung zur Wahrnehmung berechtigter
Interessen erfolgt. Darüber hinaus ist für Verfahren, die automatisiert
Daten verarbeiten, eine Verfahrensübersicht zu erstellen (vgl. § 4g Absatz 2 und 2a BDSG). Eine Videoüberwachung ist jedenfalls dann, wenn
sie mittels digitaler Technik erfolgt, als automatisierte Verarbeitung zu
qualifizieren. Welche Angaben in diese Übersicht aufgenommen werden müssen, zählt § 4e Satz 1 BDSG verbindlich und abschließend auf.
Der dort geforderten allgemeinen Beschreibung der technischorganisatorischen Maßnahmen zum Schutz der Daten kommt bei der
Videoüberwachung besondere Bedeutung zu. Die Videobilddaten unterliegen wegen der sich aus einer unsachgemäßen Handhabung möglicherweise für den Betroffenen ergebenen Beeinträchtigungen entsprechend hohen Schutzkontrollen sowohl hinsichtlich des Zutritts, Zugangs
und Zugriffs, aber auch der Weitergabe an Strafverfolgungsbehörden
im Deliktfall. In der Verfahrensübersicht sind darüber hinaus die zugriffsberechtigten Personen zu benennen.
Die Verfahrensübersicht ist von der verantwortlichen Stelle zu erstellen
und dem betrieblichen Datenschutzbeauftragten zur Verfügung zu stellen. Dieser muss die Inhalte der Verfahrensübersicht bis auf die Angaben zu dem Bereich des Datensicherheitsmanagements auf Antrag jedermann zugänglich machen. Dieses öffentlich zugängliche Papier
nennt man Verfahrens- oder auch „Jedermannverzeichnis“. Sofern keine
Pflicht zur Bestellung eines betrieblichen Datenschutzbeauftragten besteht, fällt dem Leiter der nicht-öffentlichen Stelle die Pflicht zu, die
50 Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Videoüberwachung und Datenschutz
Erfüllung dieser Aufgaben des betrieblichen Datenschutzbeauftragten
in anderer Weise sicherzustellen.
Hinweispflicht
Nach § 6b Absatz 2 BDSG sind der Umstand der Beobachtung und die
verantwortliche Stelle durch geeignete Maßnahmen erkennbar zu machen. Der Hinweis kann mit Hilfe entsprechender Schilder oder graphischer Symbole (z.B. Piktogramm nach DIN 33450) erfolgen. Er ist so
(etwa in Augenhöhe) anzubringen, dass der Betroffene vor dem Betreten des überwachten Bereichs den Umstand der Beobachtung erkennen
kann. Der Betroffene muss einschätzen können, welcher Bereich von
einer Kamera erfasst wird, damit er in die Lage versetzt wird, gegebenenfalls der Überwachung auszuweichen oder sein Verhalten anzupassen. Außerdem muss die für die Datenverarbeitung verantwortliche
Stelle erkennbar sein, das heißt, wer genau die Videodaten erhebt, verarbeitet oder nutzt. Entscheidend ist dabei, dass für den Betroffenen
problemlos feststellbar ist, an wen er sich bezüglich der Wahrung seiner
Rechte ggf. wenden kann. Daher ist die verantwortliche Stelle grundsätzlich mit ihren Kontaktdaten explizit auf dem Hinweisschild zu nennen.
Durchführung einer zulässigen Videoüberwachung
Speicherdauer
Gemäß § 6b Absatz 5 BDSG sind die Daten der Videoüberwachung unverzüglich zu löschen, wenn sie zur Erreichung des Zwecks nicht mehr
erforderlich sind oder schutzwürdige Interessen der Betroffenen einer
weiteren Speicherung entgegenstehen. Das ist der Fall, wenn eine Gefahr nicht weiter abgewendet werden muss oder eine Beweissicherung
nicht notwendig ist. Ist es beispielsweise an einer Tankstelle zu keinem
Überfall oder Diebstahl gekommen, werden Videoaufzeichnungen für
Beweiszwecke nicht mehr benötigt und sind daher zu löschen. Ob eine
Sicherung des Materials notwendig ist, dürfte grundsätzlich innerhalb
von ein bis zwei Tagen geklärt werden können. Das bedeutet, dass
Videoaufzeichnungen grundsätzlich nach 48 Stunden zu löschen sind.
In begründeten Einzelfällen kann eine längere Speicherfrist angenommen werden, etwa wenn an Wochenenden und Feiertagen kein Geschäftsbetrieb erfolgt. Da sich die gesetzliche Speicherdauer am Aufzeichnungszweck orientiert, kann der Zeitpunkt der Löschpflicht je nach
Einzelfall variieren.
Dem Löschungsgebot wird am wirksamsten durch eine automatisierte
periodische Löschung, z.B. durch Selbstüberschreiben zurück liegender
Aufnahmen, entsprochen.
Unterrichtungspflicht
Werden die Kameraaufnahmen einer bestimmten Person zugeordnet,
ist diese Person darüber zu unterrichten (§ 6b Absatz 4 BDSG). Zweck
dieser Regelung ist es, Transparenz zu schaffen und der identifizierten
Person die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung und
die Verfolgung ihrer Rechte zu ermöglichen. Inhaltlich geht die Unterrichtungspflicht über die Hinweispflicht hinaus. Eine Unterrichtung hat
über die Art der Daten, die Zweckbestimmung der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung und die Identität der verarbeitenden Stelle zu erfolgen. Die Notwendigkeit einer Benachrichtigung besteht erst bei einer
tatsächlichen Zuordnung, allein die Möglichkeit dazu macht eine Be-
51 Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Videoüberwachung und Datenschutz
nachrichtigung noch nicht erforderlich. Die Benachrichtigung hat bei
der erstmaligen Zuordnung zu erfolgen.
Tonaufzeichnungen
Für solche Überwachungsmaßnahmen ist im Strafgesetzbuch (StGB) mit
§ 201 (Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes) eine Regelung enthalten, die es unter Strafandrohung verbietet, das nichtöffentlich gesprochene Wort aufzuzeichnen oder abzuhören. Sofern eine Videoüberwachungskamera daher über eine Audiofunktion verfügt, ist diese irreversibel zu deaktivieren.
Überprüfung der Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen
Der Betreiber einer Videoüberwachungsanlage ist verpflichtet, die
rechtlichen Voraussetzungen für den Betrieb in regelmäßigen Abständen zu überprüfen. Insbesondere die Frage der Geeignetheit und Erforderlichkeit der Maßnahme ist zu evaluieren. Lassen sich zum Beispiel
nach Ablauf eines Jahres, in dem die Kamera in Betrieb war, keine Tatsachen (mehr) feststellen, welche die Annahme rechtfertigen, dass das
überwachte Objekt gefährdet ist, oder wurde der mit der Überwachung
angestrebte Zweck nicht erreicht, darf die Videoüberwachung nicht
weiter betrieben werden. Dies kann auch Teilbereiche einer Überwachung betreffen. Das Ergebnis der Überprüfung sollte schriftlich dokumentiert werden.
Besondere Fallkonstellationen
Webcams
Webcams ermöglichen es, Live-Aufnahmen ins Internet einzustellen
und damit einer unbestimmten Zahl von Personen weltweit zugänglich
zu machen. Problematisch ist dabei, dass Persönlichkeitsrechtsverletzungen bei einer Live-Übertragung nicht mehr rückgängig gemacht
werden können. Für zufällig von der Kamera erfasste Personen besteht
daher ein großes Risiko, das durch die steigende Qualität und die einfache Möglichkeit der technischen Vervielfältigung und Bearbeitung der
Aufnahmen noch erhöht wird. Der Einsatz einer Webcam ist nur dann
datenschutzrechtlich unbedenklich, sofern auf den aufgenommenen
Bildern – etwa aufgrund der Kamerapositionierung, fehlender ZoomMöglichkeiten oder niedriger Auflösung – Personen oder KfzKennzeichen nicht erkannt werden können.
Videoüberwachung in der Gastronomie
Die Videoüberwachung des Gastraumes einer Gaststätte ist nach § 6b
BDSG im Regelfall datenschutzrechtlich unzulässig. Jedenfalls die mit
Tischen und Sitzgelegenheiten ausgestatteten Gastronomiebereiche
sind Kundenbereiche, die zum längeren Verweilen, Entspannen und
Kommunizieren einladen und damit nicht mit Videokameras überwacht
werden dürfen. Das dem Freizeitbereich zuzurechnende Verhalten als
Gast einer Gaststätte geht mit einem besonders hohen Schutzbedarf
des Persönlichkeitsrechts des Betroffenen einher. Eine Videoüberwachung stört die unbeeinträchtigte Kommunikation und den unbeobachteten Aufenthalt der Gaststättenbesucher und greift damit besonders
intensiv in das Persönlichkeitsrecht des Gastes ein. Das schutzwürdige
Interesse des Besuchers überwiegt im Normalfall das berechtigte Interesse des Gastronomieinhabers an einer Überwachung, weshalb sich
dessen Interesse nur in seltenen Ausnahmefällen durchsetzen kann.
52 Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Videoüberwachung und Datenschutz
Gleiches gilt für Café- und Gastrobereiche in Bäckereien, Tankstellen,
Hotels etc.
Videoüberwachung von Beschäftigten
Besonders hohe Anforderungen an die Erforderlichkeit der Überwachung nach § 6b BDSG gelten, wenn in öffentlich zugänglichen Räumen
mit Publikumsverkehr gleichzeitig Arbeitsplätze überwacht werden, zum
Beispiel in Verkaufsräumen im Einzelhandel. In solchen Fällen ist nicht
nur die Persönlichkeitssphäre der Kunden betroffen, sondern es kommt
auch zu einer Überwachung der dort tätigen Beschäftigten. Für solche
Bereiche, in denen die Wahrscheinlichkeit von Straftaten zu einem geschäftstypischen Risiko gehört und die Erfassung der Beschäftigten lediglich eine Nebenfolge der zulässigen Überwachung des Publikumsverkehrs darstellt, überwiegt in Einzelfällen das berechtigte Interesse
des Arbeitgebers Straftaten vorzubeugen. Dennoch ist bei der Installation der Videoüberwachung das Einrichten von sog. Privatzonen, d.h.
das dauerhafte Ausblenden von Bereichen, in denen sich Beschäftigte
länger aufhalten, erforderlich. Je weniger Rückzugsmöglichkeiten den
Beschäftigten in nicht überwachten Bereichen zur Verfügung stehen,
desto eher überwiegen deren schutzwürdige Interessen.
Das Erheben, Verarbeiten oder Nutzen von personenbezogenen Daten
der Beschäftigten durch eine Videoanlage kann in der Regel nicht auf §
32 Absatz 1 Satz 1 BDSG gestützt werden. Denkbar sind offene Überwachungsmaßnahmen danach jedoch insbesondere zur Erfüllung der
Schutzpflicht des Arbeitgebers gegenüber den Beschäftigten, wenn
eine Videoüberwachung in besonders gefahrträchtigen Arbeitsbereichen erforderlich ist. Jedoch ist in diesem Zusammenhang der Erfassungsbereich auf den sicherheitsrelevanten Bereich zu beschränken und
der Beschäftigte soweit wie möglich auszublenden. Eine Überwachung
allein zu dem Zweck, einen ordnungsgemäßen Dienstablauf zu gewährleisten, ist nicht gerechtfertigt.
Zur Aufdeckung von Straftaten dürfen personenbezogene Daten eines
Beschäftigten nach § 32 Absatz 1 Satz 2 BDSG nur dann erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, wenn vorab zu dokumentierende tatsächliche Anhaltspunkte den Verdacht begründen, dass der Betroffene im
Beschäftigungsverhältnis eine Straftat begangen hat, die Erhebung,
Verarbeitung oder Nutzung zur Aufdeckung erforderlich ist und das
schutzwürdige Interesse des Beschäftigten an dem Ausschluss der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung nicht überwiegt, insbesondere Art
und Ausmaß im Hinblick auf den Anlass nicht unverhältnismäßig sind.
Eine Videoüberwachung, die in nicht öffentlich zugänglichen Räumen
stattfindet und nicht in Zusammenhang mit dem Beschäftigungsverhältnis steht, ist an den Voraussetzungen des § 28 Absatz 1 Satz 1 Nr. 2
BDSG zu messen. Der Einsatz von Videotechnik muss zur Wahrung berechtigter Interessen des Arbeitgebers erforderlich sein und schutzwürdige Interessen des Beschäftigten dürfen nicht überwiegen. So können
ausnahmsweise auch Eigentumsinteressen des Arbeitgebers eine Videoüberwachung rechtfertigen, wenn der Beschäftigte nicht im Fokus
der Überwachung steht und nicht permanent erfasst wird, z.B. der
nächtliche Wachmann, der die zum Zweck der Verhinderung und Aufklärung von Diebstählen videoüberwachten Lagerräume kontrolliert, in
denen wertvolle Ware aufbewahrt wird. Aber auch hier ist zuvor zu prüfen, ob weniger einschneidende Mittel in Betracht kommen.
53 Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Videoüberwachung und Datenschutz
Für die Bewertung der Zulässigkeit einer solchen Maßnahme ist ergänzend die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zugrunde zu legen. In wenigen Ausnahmefällen kann danach die Überwachung von
Beschäftigten mittels Kameras durch den Arbeitgeber dann zulässig
sein, wenn sie offen erfolgt, die Beschäftigten also wissen, dass ihr Arbeitsplatz videoüberwacht wird. Entscheidend ist, ob der Arbeitgeber
ein berechtigtes Interesse an den Kameraaufnahmen hat, etwa um
Diebstählen oder Vandalismus durch sein Personal vorzubeugen. Hat er
ein solches, berechtigt ihn dieses jedoch nicht ohne Weiteres zur Überwachung. Vielmehr muss sein Interesse mit den schutzwürdigen Interessen des Beschäftigten, nicht in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt
zu werden, abgewogen werden. Das Persönlichkeitsrecht schützt den
Beschäftigten vor einer lückenlosen Überwachung am Arbeitsplatz
durch Videoaufnahmen, die ihn einem ständigen Überwachungsdruck
aussetzen, dem er sich nicht entziehen kann. Deswegen überwiegt das
Beschäftigteninteresse, von einer derartigen Dauerüberwachung verschont zu bleiben, wenn der Arbeitgeber mit der Überwachung nur
befürchteten Verfehlungen seiner Beschäftigten präventiv begegnen
will, ohne dass hierfür konkrete Anhaltspunkte bestehen.
In der Abwägung wird auch gewichtet, ob den Beschäftigten überhaupt
ein kontrollfreier und damit unbeobachteter Arbeitsbereich verbleibt.
Zur Kontrolle von Arbeitsleistungen, Sorgfalt und Effizienz sind Kameras
keinesfalls erlaubt. Sensible Bereiche wie Umkleidekabinen, sanitäre
Räumlichkeiten oder Pausen- und Aufenthaltsräume sind ebenfalls von
der Überwachung auszunehmen.
Eine heimliche Videoüberwachung ist nur in absoluten Ausnahmefällen
zulässig, wenn weniger einschneidende Mittel zur Aufklärung des Verdachts ausgeschöpft sind, die Videoüberwachung praktisch die einzig
verbleibende Möglichkeit zur Aufklärung oder zur Verhinderung des
Missstandes darstellt und insbesondere im Hinblick auf den angerichteten oder zu verhindernden Schaden nicht unverhältnismäßig ist.
Kann die Datenerhebung und -verarbeitung im Beschäftigungsverhältnis nicht auf eine Rechtsgrundlage gestützt werden, ist die Videoüberwachung wegen § 4 Absatz 1 BDSG (Verbot mit Erlaubnisvorbehalt)
unzulässig. Eine etwaige arbeitgeberseitig eingeholte Einwilligung des
Beschäftigten ist irrelevant, da es im Beschäftigungsverhältnis in der
Regel an der Freiwilligkeitsvoraussetzung des § 4a Absatz 1 Satz 1 BDSG
mangelt.
Soweit die Videoüberwachung den gesetzlichen Vorgaben entspricht,
kann sie durch eine datenschutzrechtskonforme Betriebsvereinbarung
näher geregelt werden. Die Verfahren zur Erhebung, Verarbeitung oder
Nutzung personenbezogener Daten sollten näher beschrieben werden.
Dazu gehören insbesondere

Gegenstand der Datenerhebung, -verarbeitung oder –nutzung

Zweckbindung

Datenvermeidung- und Datensparsamkeit

Art und Umfang der erhobenen, verarbeiteten oder genutzten
Daten

Empfänger der Daten
54 Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Videoüberwachung und Datenschutz

Rechte der Betroffenen

Löschfristen

Technische und organisatorische Maßnahmen wie beispielsweise das Berechtigungskonzept
Soweit ein Betriebsrat nicht existiert, sollte der Arbeitgeber entsprechende Dienstanweisungen erstellen.
Zulässige Verfahren zur Videoüberwachung ermöglichen in der Regel
eine Bewertung der Persönlichkeit der betroffenen Beschäftigten einschließlich ihrer Fähigkeiten, ihrer Leistungen und ihres Verhaltens. Daher ist nach § 4d Absatz 5 Satz 2 Nr. 2 BDSG regelmäßig eine Vorabkontrolle durchzuführen.
Sonstige Videoüberwachung durch nicht-öffentliche Stellen,
insbes. Videoüberwachung durch Nachbarn oder Vermieter
Bei der Beurteilung der Zulässigkeit von Videokameras, die an oder in
Wohnhäusern angebracht sind, ist nach dem Erfassungsbereich der
Kameras zu unterscheiden. Die Videoüberwachung des eigenen, allein
genutzten Grundstücks ist zulässig. Allerdings ist zu betonen, dass die
Beobachtungsbefugnis des Hausrechtsinhabers grundsätzlich an den
Grundstücksgrenzen endet. Wer außer seinem Grundstück auch öffentlichen Raum wie Straßen, Gehwege oder Parkplätze überwacht, kann
sich nicht auf sein Hausrecht stützen, da sich dieses Recht nur auf den
privaten Grund und Boden erstreckt. Berechtigte Interessen, beispielsweise der Schutz des Eigentums, stehen in diesen Fällen hinter den
schutzwürdigen Interessen der Personen, die in den Erfassungsbereich
der Kamera geraten, wie Nachbarn, Passanten und sonstige Verkehrsteilnehmer, in der Regel zurück. Die zur Überwachung und zum Schutz
des eigenen Grundstücks zulässig eingesetzte Videoüberwachungstechnik darf daher nicht zur Folge haben, dass – quasi nebenbei – auch
anliegende öffentliche Wege und die sich dort aufhaltenden Personen
mitüberwacht werden.
Sofern sich die Videoüberwachung auf das Grundstück des Nachbarn
erstreckt, ohne dass eine öffentlich zugängliche Fläche betroffen ist, ist
die Anwendbarkeit des Bundesdatenschutzgesetzes zumeist deshalb zu
verneinen, da es sich um eine persönliche bzw. familiäre Tätigkeit im
Sinne des § 1 Absatz 2 Nr. 3 BDSG handelt, welche vom Regelungsbereich des Bundesdatenschutzgesetzes ausgenommen ist. Dies hat zur
Folge, dass die Anlage nicht der Kontrolle der Datenschutzaufsichtsbehörden unterliegt. Videoüberwachten Nachbarn stehen jedoch unabhängig davon unter Umständen zivilrechtliche Unterlassungs- und Abwehransprüche zu. Diese müssten auf dem Zivilrechtsweg gegebenenfalls unter Einschaltung eines Rechtsanwalts geltend gemacht werden.
Darüber hinaus kann das Beobachten fremder Grundstücke mit einer
Videoanlage strafrechtliche Konsequenzen haben, wenn damit der
höchst persönliche Lebensbereich der beobachteten Person verletzt
wird (vgl. § 201a des Strafgesetzbuchs).
Bei einer Videoüberwachung im Innenbereich eines Mehrfamilienhauses handelt es sich in der Regel um nicht-öffentlich zugängliche
Räume, weshalb sich die Zulässigkeit nicht nach § 6b BDSG richtet. In
diesen Fällen greift § 28 BDSG, wonach ähnliche Voraussetzungen für
eine Videoüberwachung gelten wie in den Fällen des § 6b BDSG. Außerdem besteht in diesen Fällen ebenfalls die Möglichkeit, mit zivil-
55 Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Videoüberwachung und Datenschutz
rechtlichen Unterlassungs- und Abwehransprüchen gegen einen etwaigen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht vorzugehen. So stellt eine dauerhafte Überwachung im Innenbereich eines Mehrfamilienhauses, zum
Beispiel in Treppenaufgängen, im Fahrstuhlvorraum und im Fahrstuhl
selbst, einen schweren Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht
der Betroffenen dar. In der hierzu ergangenen zivilrechtlichen Rechtsprechung besteht Einigkeit darüber, dass eine Rundumüberwachung
des sozialen Lebens nicht dadurch gerechtfertigt werden kann, dass der
Vermieter mit der Überwachung Schmierereien, Verschmutzungen oder
einmaligen Vandalismus verhindern möchte. In der Regel überwiegen
daher die schutzwürdigen Interessen der Mieter und Besucher als Betroffene.
56 Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Videoüberwachung und Datenschutz
Checkliste für den Betreiber einer Videoüberwachung öffentlich zugänglicher Räume
Planen Sie die Installation von Videokameras oder betreiben Sie bereits
eine Videoüberwachungsanlage? Folgende Fragen sollten Sie für eine
zulässige Überwachungsmaßnahme beantworten können:
1. Welche Bereiche sollen überwacht werden?
 öffentlich zugänglicher Raum (z.B. Kundenbereiche);
 Mitarbeiterräume;
 öffentliche Flächen (z.B. Gehwege)
2. Dient die Videoüberwachung der
 Wahrung des Hausrechts
oder

Wahrung eines anderen berechtigten Interesses (Zweck)?
Wenn ja, welchem?
Besteht eine Gefährdungslage und auf welche Tatsachen, z.B.
Vorkommnisse in der Vergangenheit, gründet sich diese?
3. Wurde der Zweck der Videoüberwachung schriftlich festgelegt?
4. Warum ist die Videoüberwachung geeignet, den festgelegten
Zweck zu erreichen?
5. Warum ist die Videoüberwachung erforderlich und warum gibt
es keine milderen Mittel, die für das Persönlichkeitsrecht der Betroffenen weniger einschneidend sind?
6. Welche schutzwürdigen Interessen der Betroffenen haben Sie
mit welchem Ergebnis in die Interessenabwägung einbezogen?
7. Ist eine Beobachtung der Bilder auf einem Monitor ohne Aufzeichnung der Bild-daten ausreichend? Wenn nein, warum
nicht?
8. Sofern aufgezeichnet wird, wann werden die Aufnahmen gelöscht? Wenn das Löschen nicht innerhalb von 48 Stunden erfolgt, begründen Sie bitte das spätere Löschen.
9. Zu welchen Zeiten erfolgt die Videoüberwachung und wer hält
sich üblicherweise zu dieser Zeit im überwachten Bereich auf?
10. Wenn eine Videoüberwachung rund um die Uhr erfolgt, warum
halten Sie sie für erforderlich bzw. warum kann sie nicht zeitlich
eingeschränkt werden, z.B. auf außerhalb der Geschäftszeiten
oder die Nachtstunden?
11. Werden bestimmte Bereiche der Überwachung ausgeblendet
oder verpixelt? Wenn nein, warum nicht?
12. Über welche Möglichkeiten verfügt die Videokamera und welche hiervon sind für die Überwachung nicht erforderlich und
ggfs. zu deaktivieren?
- hinsichtlich der Ausrichtung, z.B. schwenkbar oder variabel, Dome-Kamera
57 Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Videoüberwachung und Datenschutz
-
bezüglich der Funktionalität, z.B. Zoomobjektive, Funkkameras, Audiofunktion
13. Wurde geprüft, ob eine Vorabkontrolle erforderlich ist und wurde sie ggf. durch die bzw. den betrieblichen Datenschutzbeauftragten durchgeführt? Wenn nein, warum ist eine Vorabkontrolle nicht erforderlich?
14. Wird auf die Videoüberwachung so hingewiesen, dass der Betroffene vor Betreten des überwachten Bereichs den Umstand
der Beobachtung erkennen kann?
15. Wird in dem Hinweis die verantwortliche Stelle genannt?
16. Unter welchen Voraussetzungen wird Einsicht in die Aufnahmen
genommen? Durch wen?
Ist die Protokollierung der Einsichtnahme sichergestellt?
Wurden die zugriffsberechtigten Personen auf das Datengeheimnis verpflichtet?
17. Wurden die technisch-organisatorischen Maßnahmen zum
Schutz der Daten nach § 9 BDSG (und der Anlage hierzu) getroffen?
18. Gibt es im Unternehmen einen Betriebsrat und wurde mit diesem eine Betriebs-vereinbarung zur Videoüberwachung getroffen?
Rein vorsorglich weisen wir darauf hin, dass eine Beschäftigung mit
diesen Fragen nicht automatisch zur Zulässigkeit der Videoüberwachungsmaßnahme führt.
Haben Sie zu dem Betrieb der Videoüberwachungsanlage konkrete
Fragen, können Sie sich gerne an die für Sie zuständige Datenschutzaufsichtsbehörde wenden. Maßgeblich ist grundsätzlich der Sitz des
Betreibers. Eine Übersicht über die Kontaktdaten erhalten Sie beispielsweise unter: http://www.datenschutz.saarland.de
4.2
Merkblatt zum datenschutzkonformen Einsatz von
Tierbeobachtungskameras in saarländischen Wäldern
Der Betrieb von Tierbeobachtungskameras in saarländischen Wäldern,
also allen Geräten und Einrichtungen, die dazu dienen Bilder und/oder
Filme aufzuzeichnen, unterfällt dem Anwendungsbereich des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG), denn die Betreiber solcher Einrichtungen
nehmen zumindest billigend in Kauf, dass Personen aufgezeichnet werden. Dies hat zur Folge, dass der Einsatz von Tierbeobachtungskameras
grundsätzlich unzulässig und damit verboten ist (§ 4 Abs. 1 BDSG).
Eine Ausnahme von diesem Verbot kann nur dort angenommen werden, wo sowohl in öffentlich zugänglichen Bereichen (§ 6b BDSG) als
auch in nicht-öffentlich zugänglichen Bereichen (§ 28 Abs. 1 Nr. 2
BDSG) eine Abwägung der Interessen zwischen den Betreibern solcher
58 Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Videoüberwachung und Datenschutz
Geräte und den Waldbesuchern keine Anhaltspunkte dafür liefert, dass
die Interessen der Waldbesucher überwiegen.
Zu den besonders geschützten Interessen der Waldbesucher gehört
deren Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m.
Art. 1 Abs. 1 GG) und deren Recht auf Achtung ihres Privat –und Familienlebens (Art. 8 Abs. 1 EMRK). Diese Rechte umfassen die Befugnis des
Einzelnen, selbst über die Preisgabe und Verwendung von persönlichen
Informationen zu bestimmen. Dies setzt voraus, dass der Bürger wissen
können muss, wer was wann und bei welcher Gelegenheit über ihn
weiß.
Gerade im Falle von Tierbeobachtungskameras ist zu berücksichtigen,
dass Spaziergänger sich regelmäßig zum Zwecke der Entspannung und
Erholung im Wald aufhalten und dort nicht damit rechnen müssen, zum
Gegenstand einer Videoüberwachung zu werden.
Tierbeobachtungskameras können daher in saarländischen Wäldern
überhaupt nur dann in zulässiger Weise zum Einsatz kommen wenn
zumindest die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:
•
Tierbeobachtungskameras müssen eine hinreichende Entfernung zu den Waldwegen einhalten. Der Kamerastandort ist in
Form der entsprechenden GPS-Koordinaten anzugeben (Beispiel: N 49.238972, E 6.987111).
•
Ihr Einsatz ist grundsätzlich nur an jagdlichen / jagdwirtschaftlichen Einrichtungen zulässig.
•
An Kirrungen ist der Einsatz von Tierbeobachtungskameras ausnahmsweise zulässig, wenn die Kameras in Hüfthöhe angebracht
werden und mit Neigung zum Boden ausgerichtet werden. Aufnahmen sind nur im Nahbereich zulässig. Die Ausrichtung des
Kameraobjektivs in die Totale ist nicht zulässig.
•
Die Videoüberwachung ist auf den für die Zweckerreichung zeitlich erforderlichen Umfang zu beschränken. So ist z.B. bei der
Beobachtung einer Kirrung die Erforderlichkeit einer ganztätigen
Überwachung grundsätzlich zu hinterfragen.
•
Der Betreiber der Tierbeobachtungskamera hat die nötige
Transparenz herzustellen. Hierzu gehört vor allem, dass er in
seiner Eigenschaft als verantwortlicher Stelle unter Angabe von
Name und Anschrift darüber informieren muss, durch wen und
in welchem Waldstück (z.B. Reviernummer und –bezeichnung)
Tierbeobachtungskameras betrieben werden. Dies hat er zweimal jährlich ortsüblich (Amts- oder Gemeindeblatt) bekanntzugeben und zusätzlich durch entsprechende Piktogramme an den
Wanderkarten im betroffenen Waldareal kenntlich zu machen.
Alternativ besteht die Möglichkeit, durch gut sichtbare Hinweisschilder in der unmittelbaren Umgebung von Tierbeobachtungskameras auf diese hinzuweisen.
•
Der Betrieb von Tierbeobachtungskameras ist der Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit vor Inbetriebnahme anzuzeigen. Ein entsprechendes Meldeformular zum Verfahrensregister nach § 38 Abs. 2 BDSG ist diesem Merkblatt beigefügt.
59 Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Videoüberwachung und Datenschutz
4.2.1
Meldebogen nach §§ 4d, 4e BDSG Tierbeobachtungskameras
Angaben zur verantwortlichen Stelle
Name, Vorname
Straße,
Hausnummer
PLZ
Ort
Angaben zur eingesetzten Tierbeobachtungskamera
Hersteller
Produktbezeichnung
Beschreibung des
Funktionsumfangs
Angaben zum Einsatzszenario
Zweckbestimmung
Beobachtung einer Kirrung
Wissenschaftliches Vorhaben (bitte auf separatem Blatt näher erläutern)
Sonstiges:
Überwachungs- und
Aufnahmezeiten
Rund um die Uhr
Tagsüber
Nachts
60 Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Videoüberwachung und Datenschutz
Sonstiges:
GPS-Koordinate der
Kamera
Technische / organisatorische Maßnahmen
Wie oft wird die Kamera kontrolliert?
Speicherdauer der
Aufnahmen?
Zugriffsberechtigte
Personen
Maßnahmen zur
Transparenz der
Videobeobachtung
Veröffentlichung im gemeindlichen Nachrichtenblatt & Hinweisschilder an den Wanderkarten
Hinweisschilder in unmittelbarer Umgebung
der Kamera
Weitere
Maßnahmen:
Bemerkungen /
Sonstiges
61 Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Videoüberwachung und Datenschutz
Hinweis: Wenn eine verantwortliche Stelle vorsätzlich oder fahrlässig entgegen § 4d Abs. 1 BDSG, auch in Verbindung mit § 4e Satz 2 BDSG, eine Meldung nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig macht,
begeht sie gemäß § 43 Abs. 1 Nr. 1 BDSG eine Ordnungswidrigkeit, die mit
einer Geldbuße bis zu 50.000,- Euro geahndet werden kann.
Ich habe das Merkblatt zum datenschutzkonformen Einsatz von Tierbeobachtungskameras
in
saarländischen Wäldern zur Kenntnis genommen.
Ich versichere, dass die vorstehenden Angaben
richtig und vollständig sind.
Datum
Unterschrift
62 Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Videoüberwachung und Datenschutz
4.3
Orientierungshilfe – Videoüberwachung durch
Landesbehörden und Kommunen gem. SDSG
Bei einer Videoüberwachungsmaßnahme handelt es ich um ein automatisiertes Verfahren, weshalb nach § 7 Abs. 2 SDSG die Landesbeauftragte für Datenschutz vor der beabsichtigten Installation einer Videoüberwachungsanlage durch Behörden oder sonstige öffentliche Stellen
des Landes zu beteiligen ist. Für den öffentlichen Stellen des Landes
gleichgestellte Stellen besteht ebenso Meldepflicht nach § 2 Abs. 2
SDSG i.V.m. § 4d BDSG und § 9 SDSG.
Durch die verantwortliche Stelle ist hierfür eine entsprechende Verfahrensbeschreibung Videoüberwachung mit den nach § 9 Abs. 1 SDSG
festzulegenden Angaben zu erstellen. Eine von unserer Dienststelle erarbeitete Musterverfahrensbeschreibung finden Sie auf unserer Internetseite zum Download.
Anwendungsbereich
Fußt die beabsichtigte Videoüberwachung auf der Rechtsgrundlage von
§ 34 Abs. 1 Nr. 1 SDSG so sind die „konkreten Anhaltspunkte“ für den
erforderlichen Schutz von Personen, Eigentum oder Besitz zu benennen.
In der Praxis ist daher der Verfahrensbeschreibung ein gesonderter
Vermerk über Vorkommnisse der Vergangenheit, wie beispielsweise
Einbruchsdiebstähle, Vandalismusschäden, Beschädigungen an bestimmten Objekten und ähnliches sowie sich hieraus ergebenden Anzeigen bei der Polizei oder Kostenaufwendungen, beizufügen.
Soll die Videoüberwachung nach § 34 Abs.1 Nr. 2 SDSG oder § 6b Abs.
1 Nr. 1 BDSG durchgeführt werden, so sind unter der „Aufgabenerfüllung öffentlicher Stellen“ alle gesetzlich festgeschriebenen Verwaltungsaufgaben zu verstehen und in der Verfahrensbeschreibung explizit
zu benennen.
Darüber hinaus ist durch die verantwortliche Stelle das Interesse an der
Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume mit optisch-elektronischen
Einrichtungen gegenüber den „schutzwürdigen Interessen der Betroffenen“ abzuwägen. Schutzwürdige Interessen von Betroffenen überwiegen beispielsweise dort, wo deren Intimsphäre berührt wird.
Ebenso ist zu prüfen, ob für den „angestrebten Zweck“ tatsächlich eine
tägliche Überwachungsdauer von 24h erforderlich ist, oder nicht vielmehr eine Begrenzung beispielsweise außerhalb der Öffnungszeiten
ausreichend ist.
Gemäß § 34 Abs. 2 SDSG oder 6b Abs. 2 BDSG müssen die Möglichkeit
der Beobachtung und die verantwortliche Stelle für Betroffene erkennbar sein. Dies kann durch entsprechende Hinweisschilder mit mindestens Name und Anschrift der verantwortlichen Stelle sichergestellt werden, die im Blickfeld des Betroffenen, jedoch räumlich so angebracht
werden, dass dem Betroffenen, bevor er das Erfassungsfeld der Kameras betritt, die Möglichkeit gegeben wird sich der Erfassung zu entziehen. Auch hierfür steht Ihnen ein Muster zum Download zur Verfügung.
Werden Daten aufgezeichnet, so sind diese spätestens nach „24 Stunden zu löschen“, wenn sie zur Erreichung des Zwecks nicht mehr erforderlich sind.
63 Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
Darüber hinaus benötigen wir eine technische Beschreibung zur Systemarchitektur der geplanten Kameras und Aufzeichnungsgeräte (Zoom,
fest, schwenkbar...), einen Lageplan aus welchem die Standorte der Kameras und deren Erfassungsbereich ersichtlich sind sowie auch die Positionierung der erforderlichen Hinweisschilder.
64 Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
5
Anhang
5.1
Auszug aus dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG)
Erster Abschnitt
Allgemeine und gemeinsame Bestimmungen
§1
§2
§3
§ 3a
§4
§ 4a
§ 4b
§ 4c
§ 4d
§ 4e
§ 4f
§ 4g
§5
§6
§ 6a
§ 6b
§ 6c
§7
§8
§9
§ 9a
§ 10
§ 11
Zweck und Anwendungsbereich des Gesetzes
Öffentliche und nicht-öffentliche Stellen
Weitere Begriffsbestimmungen
Datenvermeidung und Datensparsamkeit
Zulässigkeit der Datenerhebung, -verarbeitung und –nutzung
Einwilligung
Übermittlung personenbezogener Daten ins Ausland sowie an überund zwischenstaatliche Stellen
Ausnahmen
Meldepflicht
Inhalt der Meldepflicht
Beauftragter für den Datenschutz
Aufgaben des Beauftragten für den Datenschutz
Datengeheimnis
Rechte des Betroffenen
Automatisierte Einzelentscheidung
Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume mit optischelektronischen Einrichtungen
Mobile personenbezogene Speicher- und Verarbeitungsmedien
Schadensersatz
Schadensersatz bei automatisierter Datenverarbeitung durch öffentliche Stellen
Technische und organisatorische Maßnahmen
Datenschutzaudit
Einrichtung automatisierter Abrufverfahren
Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener Daten im
Auftrag
Dritter Abschnitt
Datenverarbeitung nicht-öffentlicher Stellen und öffentlich-rechtlicher Wettbewerbsunternehmen
Dritter Unterabschnitt
Aufsichtsbehörde
§38
Aufsichtsbehörde
Fünfter Abschnitt
Schlussvorschriften
§ 43
§ 44
Bußgeldvorschriften
Strafvorschriften
Anlage (zu § 9 BDSG Satz 1)
65 Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
Erster Abschnitt
Allgemeine und gemeinsame Bestimmungen
§ 1 Zweck und Anwendungsbereich des Gesetzes
(1) Zweck dieses Gesetzes ist es, den Einzelnen davor zu schützen, dass er durch
den Umgang mit seinen personenbezogenen Daten in seinem Persönlichkeitsrecht
beeinträchtigt wird.
(2) Dieses Gesetz gilt für die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten durch
1.
öffentliche Stellen des Bundes,
2.
öffentliche Stellen der Länder, soweit der Datenschutz nicht durch Landesgesetz geregelt ist und soweit sie
3.
a)
Bundesrecht ausführen oder
b)
als Organe der Rechtspflege tätig werden und es sich nicht um
Verwaltungsangelegenheiten handelt,
nicht-öffentliche Stellen, soweit sie die Daten unter Einsatz von Datenverarbeitungsanlagen verarbeiten, nutzen oder dafür erheben oder die
Daten in oder aus nicht automatisierten Dateien verarbeiten, nutzen oder
dafür erheben, es sei denn, die Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung
der Daten erfolgt ausschließlich für persönliche oder familiäre Tätigkeiten.
(3) Soweit andere Rechtsvorschriften des Bundes auf personenbezogene Daten
einschließlich deren Veröffentlichung anzuwenden sind, gehen sie den Vorschriften
dieses Gesetzes vor. Die Verpflichtung zur Wahrung gesetzlicher Geheimhaltungspflichten oder von Berufs- oder besonderen Amtsgeheimnissen, die nicht auf gesetzlichen Vorschriften beruhen, bleibt unberührt.
(4) Die Vorschriften dieses Gesetzes gehen denen des Verwaltungsverfahrensgesetzes vor, soweit bei der Ermittlung des Sachverhalts personenbezogene Daten
verarbeitet werden.
(5) Dieses Gesetz findet keine Anwendung, sofern eine in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum gelegene verantwortliche Stelle
personenbezogene Daten im Inland erhebt, verarbeitet oder nutzt, es sei denn,
dies erfolgt durch eine Niederlassung im Inland. Dieses Gesetz findet Anwendung,
sofern eine verantwortliche Stelle, die nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum belegen ist, personenbezogene Daten im Inland erhebt,
verarbeitet oder nutzt. Soweit die verantwortliche Stelle nach diesem Gesetz zu
nennen ist, sind auch Angaben über im Inland ansässige Vertreter zu machen. Die
Sätze 2 und 3 gelten nicht, sofern Datenträger nur zum Zweck des Transits durch
das Inland eingesetzt werden. § 38 Abs. 1 Satz 1 bleibt unberührt.
§ 2 Öffentliche und nicht-öffentliche Stellen
(1) Öffentliche Stellen des Bundes sind die Behörden, die Organe der Rechtspflege
und andere öffentlich-rechtlich organisierte Einrichtungen des Bundes, der bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts
sowie deren Vereinigungen ungeachtet ihrer Rechtsform. Als öffentliche Stellen
gelten die aus dem Sondervermögen Deutsche Bundespost durch Gesetz hervorgegangenen Unternehmen, solange ihnen ein ausschließliches Recht nach dem
Postgesetz zusteht.
66 Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
(2) Öffentliche Stellen der Länder sind die Behörden, die Organe der Rechtspflege
und andere öffentlich-rechtlich organisierte Einrichtungen eines Landes, einer Gemeinde, eines Gemeindeverbandes und sonstiger der Aufsicht des Landes unterstehender juristischer Personen des öffentlichen Rechts sowie deren Vereinigungen
ungeachtet ihrer Rechtsform.
(3) Vereinigungen des privaten Rechts von öffentlichen Stellen des Bundes und der
Länder, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnehmen, gelten ungeachtet
der Beteiligung nicht-öffentlicher Stellen als öffentliche Stellen des Bundes, wenn
1.
sie über den Bereich eines Landes hinaus tätig werden oder
2.
dem Bund die absolute Mehrheit der Anteile gehört oder die absolute
Mehrheit der Stimmen zusteht.
Andernfalls gelten sie als öffentliche Stellen der Länder.
(4) Nicht-öffentliche Stellen sind natürliche und juristische Personen, Gesellschaften
und andere Personenvereinigungen des privaten Rechts, soweit sie nicht unter die
Absätze 1 bis 3 fallen. Nimmt eine nicht-öffentliche Stelle hoheitliche Aufgaben der
öffentlichen Verwaltung wahr, ist sie insoweit öffentliche Stelle im Sinne dieses
Gesetzes.
§ 3 Weitere Begriffsbestimmungen
(1) Personenbezogene Daten sind Einzelangaben über persönliche oder sachliche
Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (Betroffener).
(2) Automatisierte Verarbeitung ist die Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener Daten unter Einsatz von Datenverarbeitungsanlagen. Eine nicht
automatisierte Datei ist jede nicht automatisierte Sammlung personenbezogener
Daten, die gleichartig aufgebaut ist und nach bestimmten Merkmalen zugänglich
ist und ausgewertet werden kann.
(3) Erheben ist das Beschaffen von Daten über den Betroffenen.
(4) Verarbeiten ist das Speichern, Verändern, Übermitteln, Sperren und Löschen
personenbezogener Daten. Im Einzelnen ist, ungeachtet der dabei angewendeten
Verfahren:
1.
Speichern das Erfassen, Aufnehmen oder Aufbewahren personenbezogener
Daten auf einem Datenträger zum Zweck ihrer weiteren Verarbeitung oder
Nutzung,
2.
Verändern das inhaltliche Umgestalten gespeicherter personenbezogener
Daten,
3.
Übermitteln das Bekanntgeben gespeicherter oder durch Datenverarbeitung gewonnener personenbezogener Daten an einen Dritten in der Weise,
dass
a)
die Daten an den Dritten weitergegeben werden oder
b)
der Dritte zur Einsicht oder zum Abruf bereitgehaltene Daten einsieht oder abruft,
4.
Sperren das Kennzeichnen gespeicherter personenbezogener Daten, um ihre weitere Verarbeitung oder Nutzung einzuschränken,
5.
Löschen das Unkenntlichmachen gespeicherter personenbezogener Daten.
(5) Nutzen ist jede Verwendung personenbezogener Daten, soweit es sich nicht um
Verarbeitung handelt.
(6) Anonymisieren ist das Verändern personenbezogener Daten derart, dass die
Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse nicht mehr oder nur
67 Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
mit einem unverhältnismäßig großen Aufwand an Zeit, Kosten und Arbeitskraft
einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person zugeordnet werden können.
(6a) Pseudonymisieren ist das Ersetzen des Namens und anderer Identifikationsmerkmale durch ein Kennzeichen zu dem Zweck, die Bestimmung des Betroffenen
auszuschließen oder wesentlich zu erschweren.
(7) Verantwortliche Stelle ist jede Person oder Stelle, die personenbezogene Daten
für sich selbst erhebt, verarbeitet oder nutzt oder dies durch andere im Auftrag
vornehmen lässt.
(8) Empfänger ist jede Person oder Stelle, die Daten erhält. Dritter ist jede Person
oder Stelle außerhalb der verantwortlichen Stelle. Dritte sind nicht der Betroffene
sowie Personen und Stellen, die im Inland, in einem anderen Mitgliedstaat der
Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über
den Europäischen Wirtschaftsraum personenbezogene Daten im Auftrag erheben,
verarbeiten oder nutzen.
(9) Besondere Arten personenbezogener Daten sind Angaben über die rassische
und ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse oder philosophische Überzeugungen, Gewerkschaftszugehörigkeit, Gesundheit oder Sexualleben.
(10) Mobile personenbezogene Speicher- und Verarbeitungsmedien sind Datenträger,
1.
die an den Betroffenen ausgegeben werden,
2.
auf denen personenbezogene Daten über die Speicherung hinaus durch
die ausgebende oder eine andere Stelle automatisiert verarbeitet werden
können und
3.
bei denen der Betroffene diese Verarbeitung nur durch den Gebrauch des
Mediums beeinflussen kann.
(11) Beschäftigte sind:
1.
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer,
2.
zu ihrer Berufsbildung Beschäftigte,
3.
Teilnehmerinnen und Teilnehmer an Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sowie an Abklärungen der beruflichen Eignung oder Arbeitserprobung (Rehabilitandinnen und Rehabilitanden),
4.
in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen Beschäftigte,
5.
nach dem Jugendfreiwilligendienstegesetz Beschäftigte,
6.
Personen, die wegen ihrer wirtschaftlichen Unselbständigkeit als arbeitnehmerähnliche Personen anzusehen sind; zu diesen gehören
auch die in Heimarbeit Beschäftigten und die ihnen Gleichgestellten,
7.
Bewerberinnen und Bewerber für ein Beschäftigungsverhältnis sowie
Personen, deren Beschäftigungsverhältnis beendet ist,
8.
Beamtinnen, Beamte, Richterinnen und Richter des Bundes, Soldatinnen und Soldaten sowie Zivildienstleistende.
§ 3a Datenvermeidung und Datensparsamkeit
Die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten und die Auswahl und Gestaltung von Datenverarbeitungssystemen sind an dem Ziel auszurichten, so wenig personenbezogene Daten wie möglich zu erheben, zu verarbeiten
oder zu nutzen. Insbesondere sind personenbezogene Daten zu anonymisieren
oder zu pseudonymisieren, soweit dies nach dem Verwendungszweck möglich ist
68 Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
und keinen im Verhältnis zu dem angestrebten Schutzzweck unverhältnismäßigen
Aufwand erfordert.
§ 4 Zulässigkeit der Datenerhebung, -verarbeitung und -nutzung
(1) Die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten sind nur
zulässig, soweit dieses Gesetz oder eine andere Rechtsvorschrift dies erlaubt oder
anordnet oder der Betroffene eingewilligt hat.
(2) Personenbezogene Daten sind beim Betroffenen zu erheben. Ohne seine Mitwirkung dürfen sie nur erhoben werden, wenn
1.
eine Rechtsvorschrift dies vorsieht oder zwingend voraussetzt oder
2.
a) die zu erfüllende Verwaltungsaufgabe ihrer Art nach oder der Geschäftszweck eine Erhebung bei anderen Personen oder Stellen erforderlich macht oder
b) die Erhebung beim Betroffenen einen unverhältnismäßigen Aufwand
erfordern würde
und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass überwiegende schutzwürdige Interessen des Betroffenen beeinträchtigt werden.
(3) Werden personenbezogene Daten beim Betroffenen erhoben, so ist er, sofern
er nicht bereits auf andere Weise Kenntnis erlangt hat, von der verantwortlichen
Stelle über
1.
die Identität der verantwortlichen Stelle,
2.
die Zweckbestimmungen der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung und
3.
die Kategorien von Empfängern nur, soweit der Betroffene nach den Umständen des Einzelfalles nicht mit der Übermittlung an diese rechnen muss,
zu unterrichten. Werden personenbezogene Daten beim Betroffenen aufgrund
einer Rechtsvorschrift erhoben, die zur Auskunft verpflichtet, oder ist die Erteilung
der Auskunft Voraussetzung für die Gewährung von Rechtsvorteilen, so ist der
Betroffene hierauf, sonst auf die Freiwilligkeit seiner Angaben hinzuweisen. Soweit
nach den Umständen des Einzelfalles erforderlich oder auf Verlangen, ist er über
die Rechtsvorschrift und über die Folgen der Verweigerung von Angaben aufzuklären.
§ 4a Einwilligung
(1) Die Einwilligung ist nur wirksam, wenn sie auf der freien Entscheidung des Betroffenen beruht. Er ist auf den vorgesehenen Zweck der Erhebung, Verarbeitung
oder Nutzung sowie, soweit nach den Umständen des Einzelfalles erforderlich oder
auf Verlangen, auf die Folgen der Verweigerung der Einwilligung hinzuweisen. Die
Einwilligung bedarf der Schriftform, soweit nicht wegen besonderer Umstände eine
andere Form angemessen ist. Soll die Einwilligung zusammen mit anderen Erklärungen schriftlich erteilt werden, ist sie besonders hervorzuheben.
(2) Im Bereich der wissenschaftlichen Forschung liegt ein besonderer Umstand im
Sinne von Absatz 1 Satz 3 auch dann vor, wenn durch die Schriftform der bestimmte Forschungszweck erheblich beeinträchtigt würde. In diesem Fall sind der Hinweis
nach Absatz 1 Satz 2 und die Gründe, aus denen sich die erhebliche Beeinträchtigung des bestimmten Forschungszwecks ergibt, schriftlich festzuhalten.
(3) Soweit besondere Arten personenbezogener Daten (§ 3 Abs. 9) erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, muss sich die Einwilligung darüber hinaus ausdrücklich
auf diese Daten beziehen.
69 Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
§ 4b Übermittlung personenbezogener Daten ins Ausland sowie an über- oder
zwischenstaatliche Stellen
(1) Für die Übermittlung personenbezogener Daten an Stellen
1.
in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union,
2.
in anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen
Wirtschaftsraum oder
3.
der Organe und Einrichtungen der Europäischen Gemeinschaften
gelten § 15 Abs. 1, § 16 Abs. 1 und §§ 28 bis 30a nach Maßgabe der für diese
Übermittlung geltenden Gesetze und Vereinbarungen, soweit die Übermittlung im
Rahmen von Tätigkeiten erfolgt, die ganz oder teilweise in den Anwendungsbereich des Rechts der Europäischen Gemeinschaften fallen.
(2) Für die Übermittlung personenbezogener Daten an Stellen nach Absatz 1, die
nicht im Rahmen von Tätigkeiten erfolgt, die ganz oder teilweise in den Anwendungsbereich des Rechts der Europäischen Gemeinschaften fallen, sowie an sonstige ausländische oder über- oder zwischenstaatliche Stellen gilt Absatz 1 entsprechend. Die Übermittlung unterbleibt, soweit der Betroffene ein schutzwürdiges
Interesse an dem Ausschluss der Übermittlung hat, insbesondere wenn bei den in
Satz 1 genannten Stellen ein angemessenes Datenschutzniveau nicht gewährleistet
ist. Satz 2 gilt nicht, wenn die Übermittlung zur Erfüllung eigener Aufgaben einer
öffentlichen Stelle des Bundes aus zwingenden Gründen der Verteidigung oder der
Erfüllung über- oder zwischenstaatlicher Verpflichtungen auf dem Gebiet der Krisenbewältigung oder Konfliktverhinderung oder für humanitäre Maßnahmen erforderlich ist.
(3) Die Angemessenheit des Schutzniveaus wird unter Berücksichtigung aller Umstände beurteilt, die bei einer Datenübermittlung oder einer Kategorie von Datenübermittlungen von Bedeutung sind; insbesondere können die Art der Daten, die
Zweckbestimmung, die Dauer der geplanten Verarbeitung, das Herkunfts- und das
Endbestimmungsland, die für den betreffenden Empfänger geltenden Rechtsnormen sowie die für ihn geltenden Standesregeln und Sicherheitsmaßnahmen herangezogen werden.
(4) In den Fällen des § 16 Abs. 1 Nr. 2 unterrichtet die übermittelnde Stelle den
Betroffenen von der Übermittlung seiner Daten. Dies gilt nicht, wenn damit zu
rechnen ist, dass er davon auf andere Weise Kenntnis erlangt, oder wenn die Unterrichtung die öffentliche Sicherheit gefährden oder sonst dem Wohl des Bundes
oder eines Landes Nachteile bereiten würde.
(5) Die Verantwortung für die Zulässigkeit der Übermittlung trägt die übermittelnde Stelle.
(6) Die Stelle, an die die Daten übermittelt werden, ist auf den Zweck hinzuweisen,
zu dessen Erfüllung die Daten übermittelt werden.
§ 4c Ausnahmen
(1) Im Rahmen von Tätigkeiten, die ganz oder teilweise in den Anwendungsbereich
des Rechts der Europäischen Gemeinschaften fallen, ist eine Übermittlung personenbezogener Daten an andere als die in § 4b Abs. 1 genannten Stellen, auch wenn
bei ihnen ein angemessenes Datenschutzniveau nicht gewährleistet ist, zulässig,
sofern
1.
der Betroffene seine Einwilligung gegeben hat,
2.
die Übermittlung für die Erfüllung eines Vertrags zwischen dem Betroffenen und der verantwortlichen Stelle oder zur Durchführung von vorvertraglichen Maßnahmen, die auf Veranlassung des Betroffenen getroffen
worden sind, erforderlich ist,
70 Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
3.
die Übermittlung zum Abschluss oder zur Erfüllung eines Vertrags erforderlich ist, der im Interesse des Betroffenen von der verantwortlichen Stelle mit einem Dritten geschlossen wurde oder geschlossen werden soll,
4.
die Übermittlung für die Wahrung eines wichtigen öffentlichen Interesses
oder zur Geltendmachung, Ausübung oder Verteidigung von Rechtsansprüchen vor Gericht erforderlich ist,
5.
die Übermittlung für die Wahrung lebenswichtiger Interessen des Betroffenen erforderlich ist oder
6.
die Übermittlung aus einem Register erfolgt, das zur Information der Öffentlichkeit bestimmt ist und entweder der gesamten Öffentlichkeit oder
allen Personen, die ein berechtigtes Interesse nachweisen können, zur
Einsichtnahme offen steht, soweit die gesetzlichen Voraussetzungen im
Einzelfall gegeben sind.
Die Stelle, an die die Daten übermittelt werden, ist darauf hinzuweisen, dass die
übermittelten Daten nur zu dem Zweck verarbeitet oder genutzt werden dürfen, zu
dessen Erfüllung sie übermittelt werden.
(2) Unbeschadet des Absatzes 1 Satz 1 kann die zuständige Aufsichtsbehörde einzelne Übermittlungen oder bestimmte Arten von Übermittlungen personenbezogener Daten an andere als die in § 4b Abs. 1 genannten Stellen genehmigen, wenn
die verantwortliche Stelle ausreichende Garantien hinsichtlich des Schutzes des
Persönlichkeitsrechts und der Ausübung der damit verbundenen Rechte vorweist;
die Garantien können sich insbesondere aus Vertragsklauseln oder verbindlichen
Unternehmensregelungen ergeben. Bei den Post- und Telekommunikationsunternehmen ist der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit zuständig. Sofern die Übermittlung durch öffentliche Stellen erfolgen soll,
nehmen diese die Prüfung nach Satz 1 vor.
(3) Die Länder teilen dem Bund die nach Absatz 2 Satz 1 ergangenen Entscheidungen mit.
§ 4d Meldepflicht
(1) Verfahren automatisierter Verarbeitungen sind vor ihrer Inbetriebnahme von
nicht-öffentlichen verantwortlichen Stellen der zuständigen Aufsichtsbehörde und
von öffentlichen verantwortlichen Stellen des Bundes sowie von den Post- und
Telekommunikationsunternehmen dem Bundesbeauftragten für den Datenschutz
und die Informationsfreiheit nach Maßgabe von § 4e zu melden.
(2) Die Meldepflicht entfällt, wenn die verantwortliche Stelle einen Beauftragten für
den Datenschutz bestellt hat.
(3) Die Meldepflicht entfällt ferner, wenn die verantwortliche Stelle personenbezogene Daten für eigene Zwecke erhebt, verarbeitet oder nutzt, hierbei in der Regel
höchstens neun Personen ständig mit der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung
personenbezogener Daten beschäftigt und entweder eine Einwilligung des Betroffenen vorliegt oder die Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung für die Begründung, Durchführung oder Beendigung eines rechtsgeschäftlichen oder rechtsgeschäftsähnlichen Schuldverhältnisses mit dem Betroffenen erforderlich ist.
(4) Die Absätze 2 und 3 gelten nicht, wenn es sich um automatisierte Verarbeitungen handelt, in denen geschäftsmäßig personenbezogene Daten von der jeweiligen Stelle
1.
zum Zweck der Übermittlung,
2.
zum Zweck der anonymisierten Übermittlung oder
3.
für Zwecke der Markt- oder Meinungsforschung
gespeichert werden.
71 Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
(5) Soweit automatisierte Verarbeitungen besondere Risiken für die Rechte und
Freiheiten der Betroffenen aufweisen, unterliegen sie der Prüfung vor Beginn der
Verarbeitung (Vorabkontrolle). Eine Vorabkontrolle ist insbesondere durchzuführen, wenn
1.
besondere Arten personenbezogener Daten (§ 3 Abs. 9) verarbeitet werden oder
2.
die Verarbeitung personenbezogener Daten dazu bestimmt ist, die Persönlichkeit des Betroffenen zu bewerten einschließlich seiner Fähigkeiten,
seiner Leistung oder seines Verhaltens,
es sei denn, dass eine gesetzliche Verpflichtung oder eine Einwilligung des Betroffenen vorliegt oder die Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung für die Begründung, Durchführung oder Beendigung eines rechtsgeschäftlichen oder rechtsgeschäftsähnlichen Schuldverhältnisses mit dem Betroffenen erforderlich ist.
(6) Zuständig für die Vorabkontrolle ist der Beauftragte für den Datenschutz.
2Dieser nimmt die Vorabkontrolle nach Empfang der Übersicht nach § 4g Abs. 2
Satz 1 vor. Er hat sich in Zweifelsfällen an die Aufsichtsbehörde oder bei den Postund Telekommunikationsunternehmen an den Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit zu wenden.
§ 4e Inhalt der Meldepflicht
Sofern Verfahren automatisierter Verarbeitungen meldepflichtig sind, sind folgende Angaben zu machen:
1.
Name oder Firma der verantwortlichen Stelle,
2.
Inhaber, Vorstände, Geschäftsführer oder sonstige gesetzliche oder nach
der Verfassung des Unternehmens berufene Leiter und die mit der Leitung der Datenverarbeitung beauftragten Personen,
3.
Anschrift der verantwortlichen Stelle,
4.
Zweckbestimmungen der Datenerhebung, -verarbeitung oder -nutzung,
5.
eine Beschreibung der betroffenen Personengruppen und der diesbezüglichen Daten oder Datenkategorien,
6.
Empfänger oder Kategorien von Empfängern, denen die Daten mitgeteilt
werden können,
7.
Regelfristen für die Löschung der Daten,
8.
eine geplante Datenübermittlung in Drittstaaten,
9.
eine allgemeine Beschreibung, die es ermöglicht, vorläufig zu beurteilen,
ob die Maßnahmen nach § 9 zur Gewährleistung der Sicherheit der Verarbeitung angemessen sind.
§ 4d Abs. 1 und 4 gilt für die Änderung der nach Satz 1 mitgeteilten Angaben sowie für den Zeitpunkt der Aufnahme und der Beendigung der meldepflichtigen
Tätigkeit entsprechend.
§ 4f Beauftragter für den Datenschutz
(1) Öffentliche und nicht-öffentliche Stellen, die personenbezogene Daten automatisiert verarbeiten, haben einen Beauftragten für den Datenschutz schriftlich zu
bestellen. Nicht-öffentliche Stellen sind hierzu spätestens innerhalb eines Monats
nach Aufnahme ihrer Tätigkeit verpflichtet. Das Gleiche gilt, wenn personenbezogene Daten auf andere Weise erhoben, verarbeitet oder genutzt werden und damit
in der Regel mindestens 20 Personen beschäftigt sind. Die Sätze 1 und 2 gelten
nicht für die nichtöffentlichen Stellen, die in der Regel höchstens neun Personen
ständig mit der automatisierten Verarbeitung personenbezogener Daten beschäf-
72 Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
tigen. Soweit aufgrund der Struktur einer öffentlichen Stelle erforderlich, genügt
die Bestellung eines Beauftragten für den Datenschutz für mehrere Bereiche. Soweit nicht-öffentliche Stellen automatisierte Verarbeitungen vornehmen, die einer
Vorabkontrolle unterliegen, oder personenbezogene Daten geschäftsmäßig zum
Zweck der Übermittlung, der anonymisierten Übermittlung oder für Zwecke der
Markt- oder Meinungsforschung automatisiert verarbeiten, haben sie unabhängig
von der Anzahl der mit der automatisierten Verarbeitung beschäftigten Personen
einen Beauftragten für den Datenschutz zu bestellen.
(2) Zum Beauftragten für den Datenschutz darf nur bestellt werden, wer die zur
Erfüllung seiner Aufgaben erforderliche Fachkunde und Zuverlässigkeit besitzt. Das
Maß der erforderlichen Fachkunde bestimmt sich insbesondere nach dem Umfang
der Datenverarbeitung der verantwortlichen Stelle und dem Schutzbedarf der personenbezogenen Daten, die die verantwortliche Stelle erhebt oder verwendet. Zum
Beauftragten für den Datenschutz kann auch eine Person außerhalb der verantwortlichen Stelle bestellt werden; die Kontrolle erstreckt sich auch auf personenbezogene Daten, die einem Berufs- oder besonderen Amtsgeheimnis, insbesondere
dem Steuergeheimnis nach § 30 der Abgabenordnung, unterliegen. Öffentliche
Stellen können mit Zustimmung ihrer Aufsichtsbehörde einen Bediensteten aus
einer anderen öffentlichen Stelle zum Beauftragten für den Datenschutz bestellen.
(3) Der Beauftragte für den Datenschutz ist dem Leiter der öffentlichen oder nichtöffentlichen Stelle unmittelbar zu unterstellen. Er ist in Ausübung seiner Fachkunde
auf dem Gebiet des Datenschutzes weisungsfrei. Er darf wegen der Erfüllung seiner
Aufgaben nicht benachteiligt werden. Die Bestellung zum Beauftragten für den
Datenschutz kann in entsprechender Anwendung von § 626 des Bürgerlichen Gesetzbuches, bei nicht-öffentlichen Stellen auch auf Verlangen der Aufsichtsbehörde, widerrufen werden. Ist nach Absatz 1 ein Beauftragter für den Datenschutz zu
bestellen, so ist die Kündigung des Arbeitsverhältnisses unzulässig, es sei denn,
dass Tatsachen vorliegen, welche die verantwortliche Stelle zur Kündigung aus
wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen. Nach der
Abberufung als Beauftragter für den Datenschutz ist die Kündigung innerhalb eines
Jahres nach der Beendigung der Bestellung unzulässig, es sei denn, dass die verantwortliche Stelle zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer
Kündigungsfrist berechtigt ist. Zur Erhaltung der zur Erfüllung seiner Aufgaben
erforderlichen Fachkunde hat die verantwortliche Stelle dem Beauftragten für den
Datenschutz die Teilnahme an Fort- und Weiterbildungsveranstaltungen zu ermöglichen und deren Kosten zu übernehmen.
(4) Der Beauftragte für den Datenschutz ist zur Verschwiegenheit über die Identität
des Betroffenen sowie über Umstände, die Rückschlüsse auf den Betroffenen zulassen, verpflichtet, soweit er nicht davon durch den Betroffenen befreit wird.
(4a) Soweit der Beauftragte für den Datenschutz bei seiner Tätigkeit Kenntnis von
Daten erhält, für die dem Leiter oder einer bei der öffentlichen oder nichtöffentlichen Stelle beschäftigten Person aus beruflichen Gründen ein Zeugnisverweigerungsrecht zusteht, steht dieses Recht auch dem Beauftragten für den Datenschutz
und dessen Hilfspersonal zu. Über die Ausübung dieses Rechts entscheidet die
Person, der das Zeugnisverweigerungsrecht aus beruflichen Gründen zusteht, es sei
denn, dass diese Entscheidung in absehbarer Zeit nicht herbeigeführt werden kann.
Soweit das Zeugnisverweigerungsrecht des Beauftragten für den Datenschutz
reicht, unterliegen seine Akten und andere Schriftstücke einem Beschlagnahmeverbot.
(5) Die öffentlichen und nicht-öffentlichen Stellen haben den Beauftragten für den
Datenschutz bei der Erfüllung seiner Aufgaben zu unterstützen und ihm insbesondere, soweit dies zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich ist, Hilfspersonal sowie
Räume, Einrichtungen, Geräte und Mittel zur Verfügung zu stellen. Betroffene können sich jederzeit an den Beauftragten für den Datenschutz wenden.
§ 4g Aufgaben des Beauftragten für den Datenschutz
(1) Der Beauftragte für den Datenschutz wirkt auf die Einhaltung dieses Gesetzes
und anderer Vorschriften über den Datenschutz hin. Zu diesem Zweck kann sich
der Beauftragte für den Datenschutz in Zweifelsfällen an die für die Datenschutzkontrolle bei der verantwortlichen Stelle zuständige Behörde wenden. Er kann die
Beratung nach § 38 Abs. 1 Satz 2 in Anspruch nehmen. Er hat insbesondere
73 Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
1.
die ordnungsgemäße Anwendung der Datenverarbeitungsprogramme, mit
deren Hilfe personenbezogene Daten verarbeitet werden sollen, zu überwachen; zu diesem Zweck ist er über Vorhaben der automatisierten Verarbeitung personenbezogener Daten rechtzeitig zu unterrichten,
2.
die bei der Verarbeitung personenbezogener Daten tätigen Personen
durch geeignete Maßnahmen mit den Vorschriften dieses Gesetzes sowie
anderen Vorschriften über den Datenschutz und mit den jeweiligen besonderen Erfordernissen des Datenschutzes vertraut zu machen.
(2) Dem Beauftragten für den Datenschutz ist von der verantwortlichen Stelle eine
Übersicht über die in § 4e Satz 1 genannten Angaben sowie über zugriffsberechtigte Personen zur Verfügung zu stellen. Der Beauftragte für den Datenschutz macht
die Angaben nach § 4e Satz 1 Nr. 1 bis 8 auf Antrag jedermann in geeigneter Weise
verfügbar.
(2a) Soweit bei einer nichtöffentlichen Stelle keine Verpflichtung zur Bestellung
eines Beauftragten für den Datenschutz besteht, hat der Leiter der nichtöffentlichen Stelle die Erfüllung der Aufgaben nach den Absätzen 1 und 2 in anderer Weise sicherzustellen.
(3) Auf die in § 6 Abs. 2 Satz 4 genannten Behörden findet Absatz 2 Satz 2 keine
Anwendung. Absatz 1 Satz 2 findet mit der Maßgabe Anwendung, dass der behördliche Beauftragte für den Datenschutz das Benehmen mit dem Behördenleiter
herstellt; bei Unstimmigkeiten zwischen dem behördlichen Beauftragten für den
Datenschutz und dem Behördenleiter entscheidet die oberste Bundesbehörde.
§ 5 Datengeheimnis
Den bei der Datenverarbeitung beschäftigten Personen ist untersagt, personenbezogene Daten unbefugt zu erheben, zu verarbeiten oder zu nutzen (Datengeheimnis). Diese Personen sind, soweit sie bei nicht-öffentlichen Stellen beschäftigt werden, bei der Aufnahme ihrer Tätigkeit auf das Datengeheimnis zu verpflichten. Das
Datengeheimnis besteht auch nach Beendigung ihrer Tätigkeit fort.
§ 6 Rechte des Betroffenen
(1) Die Rechte des Betroffenen auf Auskunft (§§ 19, 34) und auf Berichtigung, Löschung oder Sperrung (§§ 20, 35) können nicht durch Rechtsgeschäft ausgeschlossen oder beschränkt werden.
(2) Sind die Daten des Betroffenen automatisiert in der Weise gespeichert, dass
mehrere Stellen speicherungsberechtigt sind, und ist der Betroffene nicht in der
Lage festzustellen, welche Stelle die Daten gespeichert hat, so kann er sich an jede
dieser Stellen wenden. Diese ist verpflichtet, das Vorbringen des Betroffenen an die
Stelle, die die Daten gespeichert hat, weiterzuleiten. Der Betroffene ist über die
Weiterleitung und jene Stelle zu unterrichten. Die in § 19 Abs. 3 genannten Stellen,
die Behörden der Staatsanwaltschaft und der Polizei sowie öffentliche Stellen der
Finanzverwaltung, soweit sie personenbezogene Daten in Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben im Anwendungsbereich der Abgabenordnung zur Überwachung
und Prüfung speichern, können statt des Betroffenen den Bundesbeauftragten für
den Datenschutz und die Informationsfreiheit unterrichten. In diesem Fall richtet
sich das weitere Verfahren nach § 19 Abs. 6.
(3) Personenbezogene Daten über die Ausübung eines Rechts des Betroffenen, das
sich aus diesem Gesetz oder aus einer anderen Vorschrift über den Datenschutz
ergibt, dürfen nur zur Erfüllung der sich aus der Ausübung des Rechts ergebenden
Pflichten der verantwortlichen Stelle verwendet werden.
§ 6a Automatisierte Einzelentscheidung
(1) Entscheidungen, die für den Betroffenen eine rechtliche Folge nach sich ziehen
oder ihn erheblich beeinträchtigen, dürfen nicht ausschließlich auf eine automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten gestützt werden, die der Bewertung
einzelner Persönlichkeitsmerkmale dienen. Eine ausschließlich auf eine automatisierte Verarbeitung gestützte Entscheidung liegt insbesondere dann vor, wenn
74 Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
keine inhaltliche Bewertung und darauf gestützte Entscheidung durch eine natürliche Person stattgefunden hat.
(2) Dies gilt nicht, wenn
1.
die Entscheidung im Rahmen des Abschlusses oder der Erfüllung eines
Vertragsverhältnisses oder eines sonstigen Rechtsverhältnisses ergeht
und dem Begehren des Betroffenen stattgegeben wurde oder
2.
die Wahrung der berechtigten Interessen des Betroffenen durch geeignete Maßnahmen gewährleistet ist und die verantwortliche Stelle dem Betroffenen die Tatsache des Vorliegens einer Entscheidung im Sinne des
Absatzes 1 mitteilt sowie auf Verlangen die wesentlichen Gründe dieser
Entscheidung mitteilt und erläutert.
(3) Das Recht des Betroffenen auf Auskunft nach den §§ 19 und 34 erstreckt sich
auch auf den logischen Aufbau der automatisierten Verarbeitung der ihn betreffenden Daten.
§ 6b Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume mit
optisch-elektronischen Einrichtungen
(1) Die Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume mit optisch-elektronischen
Einrichtungen (Videoüberwachung) ist nur zulässig, soweit sie
1.
zur Aufgabenerfüllung öffentlicher Stellen,
2.
zur Wahrnehmung des Hausrechts oder
3.
zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke
erforderlich ist und keine Anhaltspunkte bestehen, dass schutzwürdige Interessen
der Betroffenen überwiegen.
(2) Der Umstand der Beobachtung und die verantwortliche Stelle sind durch geeignete Maßnahmen erkennbar zu machen.
(3) Die Verarbeitung oder Nutzung von nach Absatz 1 erhobenen Daten ist zulässig, wenn sie zum Erreichen des verfolgten Zwecks erforderlich ist und keine Anhaltspunkte bestehen, dass schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen.
Für einen anderen Zweck dürfen sie nur verarbeitet oder genutzt werden, soweit
dies zur Abwehr von Gefahren für die staatliche und öffentliche Sicherheit sowie
zur Verfolgung von Straftaten erforderlich ist.
(4) Werden durch Videoüberwachung erhobene Daten einer bestimmten Person
zugeordnet, ist diese über eine Verarbeitung oder Nutzung entsprechend den §§
19a und 33 zu benachrichtigen.
(5) Die Daten sind unverzüglich zu löschen, wenn sie zur Erreichung des Zwecks
nicht mehr erforderlich sind oder schutzwürdige Interessen der Betroffenen einer
weiteren Speicherung entgegenstehen.
§ 6c Mobile personenbezogene Speicher- und Verarbeitungsmedien
(1) Die Stelle, die ein mobiles personenbezogenes Speicher- und Verarbeitungsmedium ausgibt oder ein Verfahren zur automatisierten Verarbeitung personenbezogener Daten, das ganz oder teilweise auf einem solchen Medium abläuft, auf das
Medium aufbringt, ändert oder hierzu bereithält, muss den Betroffenen
1.
über ihre Identität und Anschrift,
2.
in allgemein verständlicher Form über die Funktionsweise des Mediums
einschließlich der Art der zu verarbeitenden personenbezogenen Daten,
3.
darüber, wie er seine Rechte nach den §§ 19, 20, 34 und 35 ausüben kann,
und
75 Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
4.
über die bei Verlust oder Zerstörung des Mediums zu treffenden Maßnahmen
unterrichten, soweit der Betroffene nicht bereits Kenntnis erlangt hat.
(2) Die nach Absatz 1 verpflichtete Stelle hat dafür Sorge zu tragen, dass die zur
Wahrnehmung des Auskunftsrechts erforderlichen Geräte oder Einrichtungen in
angemessenem Umfang zum unentgeltlichen Gebrauch zur Verfügung stehen.
(3) Kommunikationsvorgänge, die auf dem Medium eine Datenverarbeitung auslösen, müssen für den Betroffenen eindeutig erkennbar sein.
§ 7 Schadensersatz
Fügt eine verantwortliche Stelle dem Betroffenen durch eine nach diesem Gesetz
oder nach anderen Vorschriften über den Datenschutz unzulässige oder unrichtige
Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung seiner personenbezogenen Daten einen
Schaden zu, ist sie oder ihr Träger dem Betroffenen zum Schadensersatz verpflichtet. Die Ersatzpflicht entfällt, soweit die verantwortliche Stelle die nach den Umständen des Falles gebotene Sorgfalt beachtet hat.
§ 8 Schadensersatz bei automatisierter Datenverarbeitung
durch öffentliche Stellen
(1) Fügt eine verantwortliche öffentliche Stelle dem Betroffenen durch eine nach
diesem Gesetz oder nach anderen Vorschriften über den Datenschutz unzulässige
oder unrichtige automatisierte Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung seiner personenbezogenen Daten einen Schaden zu, ist ihr Träger dem Betroffenen unabhängig von einem Verschulden zum Schadensersatz verpflichtet.
(2) Bei einer schweren Verletzung des Persönlichkeitsrechts ist dem Betroffenen der
Schaden, der nicht Vermögensschaden ist, angemessen in Geld zu ersetzen.
(3) Die Ansprüche nach den Absätzen 1 und 2 sind insgesamt auf einen Betrag von
130.000 Euro begrenzt. Ist aufgrund desselben Ereignisses an mehrere Personen
Schadensersatz zu leisten, der insgesamt den Höchstbetrag von 130.000 Euro
übersteigt, so verringern sich die einzelnen Schadensersatzleistungen in dem Verhältnis, in dem ihr Gesamtbetrag zu dem Höchstbetrag steht.
(4) Sind bei einer automatisierten Verarbeitung mehrere Stellen speicherungsberechtigt und ist der Geschädigte nicht in der Lage, die speichernde Stelle festzustellen, so haftet jede dieser Stellen.
(5) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Betroffenen mitgewirkt, gilt § 254 des Bürgerlichen Gesetzbuchs.
(6) Auf die Verjährung finden die für unerlaubte Handlungen geltenden Verjährungsvorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechende Anwendung.
§ 9 Technische und organisatorische Maßnahmen
Öffentliche und nicht-öffentliche Stellen, die selbst oder im Auftrag personenbezogene Daten erheben, verarbeiten oder nutzen, haben die technischen und organisatorischen Maßnahmen zu treffen, die erforderlich sind, um die Ausführung der
Vorschriften dieses Gesetzes, insbesondere die in der Anlage zu diesem Gesetz
genannten Anforderungen, zu gewährleisten. Erforderlich sind Maßnahmen nur,
wenn ihr Aufwand in einem angemessenen Verhältnis zu dem angestrebten
Schutzzweck steht.
§ 9a Datenschutzaudit
Zur Verbesserung des Datenschutzes und der Datensicherheit können Anbieter von
Datenverarbeitungssystemen und -programmen und datenverarbeitende Stellen
ihr Datenschutzkonzept sowie ihre technischen Einrichtungen durch unabhängige
und zugelassene Gutachter prüfen und bewerten lassen sowie das Ergebnis der
76 Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
Prüfung veröffentlichen. Die näheren Anforderungen an die Prüfung und Bewertung, das Verfahren sowie die Auswahl und Zulassung der Gutachter werden durch
besonderes Gesetz geregelt.
§ 10 Einrichtung automatisierter Abrufverfahren
(1) Die Einrichtung eines automatisierten Verfahrens, das die Übermittlung personenbezogener Daten durch Abruf ermöglicht, ist zulässig, soweit dieses Verfahren
unter Berücksichtigung der schutzwürdigen Interessen der Betroffenen und der
Aufgaben oder Geschäftszwecke der beteiligten Stellen angemessen ist. Die Vorschriften über die Zulässigkeit des einzelnen Abrufs bleiben unberührt.
(2) Die beteiligten Stellen haben zu gewährleisten, dass die Zulässigkeit des Abrufverfahrens kontrolliert werden kann. Hierzu haben sie schriftlich festzulegen:
1.
Anlass und Zweck des Abrufverfahrens,
2.
Dritte, an die übermittelt wird,
3.
Art der zu übermittelnden Daten,
4.
nach § 9 erforderliche technische und organisatorische Maßnahmen.
Im öffentlichen Bereich können die erforderlichen Festlegungen auch durch die
Fachaufsichtsbehörden getroffen werden.
(3) Über die Einrichtung von Abrufverfahren ist in Fällen, in denen die in § 12 Abs. 1
genannten Stellen beteiligt sind, der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und
die Informationsfreiheit unter Mitteilung der Festlegungen nach Absatz 2 zu unterrichten. Die Einrichtung von Abrufverfahren, bei denen die in § 6 Abs. 2 und in § 19
Abs. 3 genannten Stellen beteiligt sind, ist nur zulässig, wenn das für die speichernde und die abrufende Stelle jeweils zuständige Bundes- oder Landesministerium zugestimmt hat.
(4) Die Verantwortung für die Zulässigkeit des einzelnen Abrufs trägt der Dritte, an
den übermittelt wird. Die speichernde Stelle prüft die Zulässigkeit der Abrufe nur,
wenn dazu Anlass besteht. Die speichernde Stelle hat zu gewährleisten, dass die
Übermittlung personenbezogener Daten zumindest durch geeignete Stichprobenverfahren festgestellt und überprüft werden kann. Wird ein Gesamtbestand personenbezogener Daten abgerufen oder übermittelt (Stapelverarbeitung), so bezieht
sich die Gewährleistung der Feststellung und Überprüfung nur auf die Zulässigkeit
des Abrufes oder der Übermittlung des Gesamtbestandes.
(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten nicht für den Abruf allgemein zugänglicher Daten.
Allgemein zugänglich sind Daten, die jedermann, sei es ohne oder nach vorheriger
Anmeldung, Zulassung oder Entrichtung eines Entgelts, nutzen kann.
§ 11 Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener
Daten im Auftrag
(1) Werden personenbezogene Daten im Auftrag durch andere Stellen erhoben,
verarbeitet oder genutzt, ist der Auftraggeber für die Einhaltung der Vorschriften
dieses Gesetzes und anderer Vorschriften über den Datenschutz verantwortlich. Die
in den §§ 6, 7 und 8 genannten Rechte sind ihm gegenüber geltend zu machen.
(2) Der Auftragnehmer ist unter besonderer Berücksichtigung der Eignung der von
ihm getroffenen technischen und organisatorischen Maßnahmen sorgfältig auszuwählen. Der Auftrag ist schriftlich zu erteilen, wobei insbesondere im Einzelnen
festzulegen sind:
1.
der Gegenstand und die Dauer des Auftrags,
2.
der Umfang, die Art und der Zweck der vorgesehenen Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung von Daten, die Art der Daten und der Kreis der
Betroffenen,
77 Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
3.
die nach § 9 zu treffenden technischen und organisatorischen Maßnahmen,
4.
die Berichtigung, Löschung und Sperrung von Daten,
5.
die nach Absatz 4 bestehenden Pflichten des Auftragnehmers, insbesondere die von ihm vorzunehmenden Kontrollen,
6.
die etwaige Berechtigung zur Begründung von Unterauftragsverhältnissen,
7.
die Kontrollrechte des Auftraggebers und die entsprechenden Duldungsund Mitwirkungspflichten des Auftragnehmers,
8.
mitzuteilende Verstöße des Auftragnehmers oder der bei ihm beschäftigten Personen gegen Vorschriften zum Schutz personenbezogener Daten
oder gegen die im Auftrag getroffenen Festlegungen,
9.
der Umfang der Weisungsbefugnisse, die sich der Auftraggeber gegenüber dem Auftragnehmer vorbehält,
10.
die Rückgabe überlassener Datenträger und die Löschung beim Auftragnehmer gespeicherter Daten nach Beendigung des Auftrags.
Er kann bei öffentlichen Stellen auch durch die Fachaufsichtsbehörde erteilt werden. Der Auftraggeber hat sich vor Beginn der Datenverarbeitung und sodann
regelmäßig von der Einhaltung der beim Auftragnehmer getroffenen technischen
und organisatorischen Maßnahmen zu überzeugen. Das Ergebnis ist zu dokumentieren.
(3) Der Auftragnehmer darf die Daten nur im Rahmen der Weisungen des Auftraggebers erheben, verarbeiten oder nutzen. Ist er der Ansicht, dass eine Weisung des
Auftraggebers gegen dieses Gesetz oder andere Vorschriften über den Datenschutz verstößt, hat er den Auftraggeber unverzüglich darauf hinzuweisen.
(4) Für den Auftragnehmer gelten neben den §§ 5, 9, 43 Abs. 1 Nr. 2, 10 und 11,
Abs. 2 Nr. 1 bis 3 und Abs. 3 sowie § 44 nur die Vorschriften über die Datenschutzkontrolle oder die Aufsicht, und zwar für
1.
a) öffentliche Stellen,
b) nicht-öffentliche Stellen, bei denen der öffentlichen Hand die Mehrheit der Anteile gehört oder die Mehrheit der Stimmen zusteht und
der Auftraggeber eine öffentliche Stelle ist,
die §§ 18, 24 bis 26 oder die entsprechenden Vorschriften der Datenschutzgesetze der Länder,
2.
die übrigen nicht-öffentlichen Stellen, soweit sie personenbezogene Daten im Auftrag als Dienstleistungsunternehmen geschäftsmäßig erheben,
verarbeiten oder nutzen, die §§ 4f, 4g und 38.
(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend, wenn die Prüfung oder Wartung automatisierter Verfahren oder von Datenverarbeitungsanlagen durch andere Stellen
im Auftrag vorgenommen wird und dabei ein Zugriff auf personenbezogene Daten
nicht ausgeschlossen werden kann.
[…]
78 Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
Dritter Abschnitt
Datenverarbeitung nicht-öffentlicher Stellen und
öffentlich-rechtlicher Wettbewerbsunternehmen
Dritter Unterabschnitt
Aufsichtsbehörde
§ 38 Aufsichtsbehörde
(1) Die Aufsichtsbehörde kontrolliert die Ausführung dieses Gesetzes sowie anderer
Vorschriften über den Datenschutz, soweit diese die automatisierte Verarbeitung
personenbezogener Daten oder die Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener Daten in oder aus nicht automatisierten Dateien regeln einschließlich des
Rechts der Mitgliedstaaten in den Fällen des § 1 Abs. 5. Sie berät und unterstützt
die Beauftragten für den Datenschutz und die verantwortlichen Stellen mit Rücksicht auf deren typische Bedürfnisse. Die Aufsichtsbehörde darf die von ihr gespeicherten Daten nur für Zwecke der Aufsicht verarbeiten und nutzen; § 14 Abs. 2 Nr.
1 bis 3, 6 und 7 gilt entsprechend. Insbesondere darf die Aufsichtsbehörde zum
Zweck der Aufsicht Daten an andere Aufsichtsbehörden übermitteln. Sie leistet den
Aufsichtsbehörden anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union auf Ersuchen
ergänzende Hilfe (Amtshilfe). Stellt die Aufsichtsbehörde einen Verstoß gegen
dieses Gesetz oder andere Vorschriften über den Datenschutz fest, so ist sie befugt, die Betroffenen hierüber zu unterrichten, den Verstoß bei den für die Verfolgung oder Ahndung zuständigen Stellen anzuzeigen sowie bei schwerwiegenden
Verstößen die Gewerbeaufsichtsbehörde zur Durchführung gewerberechtlicher
Maßnahmen zu unterrichten. Sie veröffentlicht regelmäßig, spätestens alle zwei
Jahre, einen Tätigkeitsbericht. § 21 Satz 1 und § 23 Abs. 5 Satz 4 bis 7 gelten entsprechend.
(2) Die Aufsichtsbehörde führt ein Register der nach § 4d meldepflichtigen automatisierten Verarbeitungen mit den Angaben nach § 4e Satz 1. Das Register kann von
jedem eingesehen werden. Das Einsichtsrecht erstreckt sich nicht auf die Angaben
nach § 4e Satz 1 Nr. 9 sowie auf die Angabe der zugriffsberechtigten Personen.
(3) Die der Kontrolle unterliegenden Stellen sowie die mit deren Leitung beauftragten Personen haben der Aufsichtsbehörde auf Verlangen die für die Erfüllung ihrer
Aufgaben erforderlichen Auskünfte unverzüglich zu erteilen. Der Auskunftspflichtige kann die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung ihn selbst
oder einen der in § 383 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 der Zivilprozessordnung bezeichneten
Angehörigen der Gefahr strafgerichtlicher Verfolgung oder eines Verfahrens nach
dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten aussetzen würde. Der Auskunftspflichtige
ist darauf hinzuweisen.
(4) Die von der Aufsichtsbehörde mit der Kontrolle beauftragten Personen sind
befugt, soweit es zur Erfüllung der der Aufsichtsbehörde übertragenen Aufgaben
erforderlich ist, während der Betriebs- und Geschäftszeiten Grundstücke und Geschäftsräume der Stelle zu betreten und dort Prüfungen und Besichtigungen vorzunehmen. Sie können geschäftliche Unterlagen, insbesondere die Übersicht nach
§ 4g Abs. 2 Satz 1 sowie die gespeicherten personenbezogenen Daten und die
Datenverarbeitungsprogramme, einsehen. § 24 Abs. 6 gilt entsprechend. Der Auskunftspflichtige hat diese Maßnahmen zu dulden.
(5) Zur Gewährleistung der Einhaltung dieses Gesetzes und anderer Vorschriften
über den Datenschutz kann die Aufsichtsbehörde Maßnahmen zur Beseitigung
festgestellter Verstöße bei der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener Daten oder technischer oder organisatorischer Mängel anordnen. Bei
schwerwiegenden Verstößen oder Mängeln, insbesondere solchen, die mit einer
besonderen Gefährdung des Persönlichkeitsrechts verbunden sind, kann sie die
Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung oder den Einsatz einzelner Verfahren untersagen, wenn die Verstöße oder Mängel entgegen der Anordnung nach Satz 1 und
trotz der Verhängung eines Zwangsgeldes nicht in angemessener Zeit beseitigt
werden. Sie kann die Abberufung des Beauftragten für den Datenschutz verlangen,
wenn er die zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderliche Fachkunde und Zuverlässigkeit nicht besitzt.
79 Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
(6) Die Landesregierungen oder die von ihnen ermächtigten Stellen bestimmen die
für die Kontrolle der Durchführung des Datenschutzes im Anwendungsbereich
dieses Abschnittes zuständigen Aufsichtsbehörden.
(7) Die Anwendung der Gewerbeordnung auf die den Vorschriften dieses Abschnittes unterliegenden Gewerbebetriebe bleibt unberührt.
[…]
Fünfter Abschnitt
Schlussvorschriften
§ 43 Bußgeldvorschriften
(1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig
1.
2.
entgegen § 4d Abs. 1, auch in Verbindung mit § 4e Satz 2, eine Meldung
nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig macht,
entgegen § 4f Abs. 1 Satz 1 oder 2, jeweils auch in Verbindung mit Satz 3
und 6, einen Beauftragten für den Datenschutz nicht, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig bestellt,
2a.
entgegen § 10 Absatz 4 Satz 3 nicht gewährleistet, dass die Datenübermittlung festgestellt und überprüft werden kann,
2b.
entgegen § 11 Absatz 2 Satz 2 einen Auftrag nicht richtig, nicht vollständig oder nicht in der vorgeschriebenen Weise erteilt oder entgegen § 11
Absatz 2 Satz 4 sich nicht vor Beginn der Datenverarbeitung von der Einhaltung der beim Auftragnehmer getroffenen technischen und organisatorischen Maßnahmen überzeugt,
3.
entgegen § 28 Abs. 4 Satz 2 den Betroffenen nicht, nicht richtig oder
nicht rechtzeitig unterrichtet oder nicht sicherstellt, dass der Betroffene
Kenntnis erhalten kann,
3a.
entgegen § 28 Absatz 4 Satz 4 eine strengere Form verlangt,
4.
entgegen § 28 Abs. 5 Satz 2 personenbezogene Daten übermittelt oder
nutzt,
4a.
entgegen § 28a Abs. 3 Satz 1 eine Mitteilung nicht, nicht richtig, nicht
vollständig oder nicht rechtzeitig macht,
5.
entgegen § 29 Abs. 2 Satz 3 oder 4 die dort bezeichneten Gründe oder
die Art und Weise ihrer glaubhaften Darlegung nicht aufzeichnet,
6.
entgegen § 29 Abs. 3 Satz 1 personenbezogene Daten in elektronische
oder gedruckte Adress-, Rufnummern-, Branchen- oder vergleichbare
Verzeichnisse aufnimmt,
7.
entgegen § 29 Abs. 3 Satz 2 die Übernahme von Kennzeichnungen nicht
sicherstellt,
7a.
entgegen § 29 Abs. 6 ein Auskunftsverlangen nicht richtig behandelt,
7b.
entgegen § 29 Abs. 7 Satz 1 einen Verbraucher nicht, nicht richtig, nicht
vollständig oder nicht rechtzeitig unterrichtet,
8.
entgegen § 33 Abs. 1 den Betroffenen nicht, nicht richtig oder nicht vollständig benachrichtigt,
8a.
entgegen § 34 Absatz 1 Satz 1, auch in Verbindung mit Satz 3, entgegen
§ 34 Absatz 1a, entgegen § 34 Absatz 2 Satz 1, auch in Verbindung mit
Satz 2, oder entgegen § 34 Absatz 2 Satz 5, Absatz 3 Satz 1 oder Satz 2
oder Absatz 4 Satz 1, auch in Verbindung mit Satz 2, eine Auskunft nicht,
80 Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erteilt oder entgegen § 34 Absatz 1a Daten nicht speichert,
8b.
entgegen § 34 Abs. 2 Satz 3 Angaben nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig übermittelt,
8c.
entgegen § 34 Abs. 2 Satz 4 den Betroffenen nicht oder nicht rechtzeitig
an die andere Stelle verweist,
9.
entgegen § 35 Abs. 6 Satz 3 Daten ohne Gegendarstellung übermittelt,
10.
entgegen § 38 Abs. 3 Satz 1 oder Abs. 4 Satz 1 eine Auskunft nicht, nicht
richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erteilt oder eine Maßnahme nicht duldet oder
11.
einer vollziehbaren Anordnung nach § 38 Abs. 5 Satz 1 zuwiderhandelt.
(2) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig
1.
unbefugt personenbezogene Daten, die nicht allgemein zugänglich sind,
erhebt oder verarbeitet,
2.
unbefugt personenbezogene Daten, die nicht allgemein zugänglich sind,
zum Abruf mittels automatisierten Verfahrens bereithält,
3.
unbefugt personenbezogene Daten, die nicht allgemein zugänglich sind,
abruft oder sich oder einem anderen aus automatisierten Verarbeitungen
oder nicht automatisierten Dateien verschafft,
4.
die Übermittlung von personenbezogenen Daten, die nicht allgemein
zugänglich sind, durch unrichtige Angaben erschleicht,
5.
entgegen § 16 Abs. 4 Satz 1, § 28 Abs. 5 Satz 1, auch in Verbindung mit §
29 Abs. 4, § 39 Abs. 1 Satz 1 oder § 40 Abs. 1, die übermittelten Daten für
andere Zwecke nutzt,
5a.
entgegen § 28 Absatz 3b den Abschluss eines Vertrages von der Einwilligung des Betroffenen abhängig macht,
5b.
entgegen § 28 Absatz 4 Satz 1 Daten für Zwecke der Werbung oder der
Markt- oder Meinungsforschung verarbeitet oder nutzt,
6.
entgegen § 30 Absatz 1 Satz 2, § 30a Absatz 3 Satz 3 oder § 40 Absatz 2
Satz 3 ein dort genanntes Merkmal mit einer Einzelangabe zusammenführt oder
7.
entgegen § 42a Satz 1 eine Mitteilung nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig macht.
(3) Die Ordnungswidrigkeit kann im Fall des Absatzes 1 mit einer Geldbuße bis zu
fünfzigtausend Euro, in den Fällen des Absatzes 2 mit einer Geldbuße bis zu dreihunderttausend Euro geahndet werden. Die Geldbuße soll den wirtschaftlichen
Vorteil, den der Täter aus der Ordnungswidrigkeit gezogen hat, übersteigen. Reichen die in Satz 1 genannten Beträge hierfür nicht aus, so können sie überschritten
werden.
§ 44 Strafvorschriften
(1) Wer eine in § 43 Abs. 2 bezeichnete vorsätzliche Handlung gegen Entgelt oder
in der Absicht, sich oder einen anderen zu bereichern oder einen anderen zu schädigen, begeht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Die Tat wird nur auf Antrag verfolgt. Antragsberechtigt sind der Betroffene, die
verantwortliche Stelle, der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit und die Aufsichtsbehörde.
81 Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
Anlage (zu § 9 Satz 1)
Werden personenbezogene Daten automatisiert verarbeitet oder genutzt, ist die
innerbehördliche oder innerbetriebliche Organisation so zu gestalten, dass sie den
besonderen Anforderungen des Datenschutzes gerecht wird. Dabei sind insbesondere Maßnahmen zu treffen, die je nach der Art der zu schützenden personenbezogenen Daten oder Datenkategorien geeignet sind,
1.
Unbefugten den Zutritt zu Datenverarbeitungsanlagen, mit denen personenbezogene Daten verarbeitet oder genutzt werden, zu verwehren (Zutrittskontrolle),
2.
zu verhindern, dass Datenverarbeitungssysteme von Unbefugten genutzt
werden können (Zugangskontrolle),
3.
zu gewährleisten, dass die zur Benutzung eines Datenverarbeitungssystems Berechtigten ausschließlich auf die ihrer Zugriffsberechtigung unterliegenden Daten zugreifen können, und dass personenbezogene Daten
bei der Verarbeitung, Nutzung und nach der Speicherung nicht unbefugt
gelesen, kopiert, verändert oder entfernt werden können (Zugriffskontrolle),
4.
zu gewährleisten, dass personenbezogene Daten bei der elektronischen
Übertragung oder während ihres Transports oder ihrer Speicherung auf
Datenträger nicht unbefugt gelesen, kopiert, verändert oder entfernt werden können, und dass überprüft und festgestellt werden kann, an welche
Stellen eine Übermittlung personenbezogener Daten durch Einrichtungen
zur Datenübertragung vorgesehen ist (Weitergabekontrolle),
5.
zu gewährleisten, dass nachträglich überprüft und festgestellt werden
kann, ob und von wem personenbezogene Daten in Datenverarbeitungssysteme eingegeben, verändert oder entfernt worden sind (Eingabekontrolle),
6.
zu gewährleisten, dass personenbezogene Daten, die im Auftrag verarbeitet werden, nur entsprechend den Weisungen des Auftraggebers verarbeitet werden können (Auftragskontrolle),
7.
zu gewährleisten, dass personenbezogene Daten gegen zufällige Zerstörung oder Verlust geschützt sind (Verfügbarkeitskontrolle),
8.
zu gewährleisten, dass zu unterschiedlichen Zwecken erhobene Daten getrennt verarbeitet werden können.
Eine Maßnahme nach Satz 2 Nummer 2 bis 4 ist insbesondere die Verwendung von
dem Stand der Technik entsprechenden Verschlüsselungsverfahren.
82 Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
5.2
Auszug aus dem Saarländischen Datenschutzgesetz
(SDSG)
Erster Teil
Allgemeiner Datenschutz
Erster Abschnitt
Allgemeine Bestimmungen
§1
§2
§3
§4
Aufgabe
Anwendungsbereich
Begriffsbestimmungen
Zulässigkeit der Datenverarbeitung; Datenvermeidung und Datensparsamkeit
Dritter Teil
Besonderer Datenschutz
§ 34
Videoüberwachung
Erster Teil
Allgemeiner Datenschutz
Erster Abschnitt
Allgemeine Bestimmungen
§ 1 Aufgabe
Aufgabe dieses Gesetzes ist es, die Einzelne oder den Einzelnen davor zu schützen,
dass sie oder er durch die Verarbeitung personenbezogener Daten durch öffentliche Stellen in unzulässiger Weise in ihrem oder seinem Recht beeinträchtigt wird,
selbst über die Preisgabe und Verwendung ihrer oder seiner Daten zu bestimmen
(informationelles Selbstbestimmungsrecht).
§ 2 Anwendungsbereich
(1) Dieses Gesetz gilt für die Verarbeitung personenbezogener Daten durch die
Behörden und sonstigen öffentlichen Stellen des Landes, der Gemeinden und Gemeindeverbände sowie der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden
juristischen Personen des öffentlichen Rechts (öffentliche Stellen). Als öffentliche
Stellen gelten auch Vereinigungen ungeachtet ihrer Rechtsform, die Aufgaben
öffentlicher Verwaltung wahrnehmen und an denen eine oder mehrere der in Satz
1 genannten Stellen mit absoluter Mehrheit der Anteile oder absoluter Mehrheit
der Stimmen beteiligt sind; Gleiches gilt für weitere Beteiligungen dieser Vereinigungen. Nehmen nicht-öffentliche Stellen hoheitliche Aufgaben der öffentlichen
Verwaltung wahr, sind sie insoweit öffentliche Stellen im Sinne dieses Gesetzes. Für
den Landtag und für die Gerichte, den Rechnungshof sowie für die Behörden der
Staatsanwaltschaft gilt dieses Gesetz nur, soweit sie Verwaltungsaufgaben wahrnehmen; darüber hinaus gelten für die Behörden der Staatsanwaltschaft, soweit sie
keine Verwaltungsaufgaben wahrnehmen, nur die Vorschriften des Zweiten Teils.
(2) Soweit öffentlich-rechtliche Unternehmen am Wettbewerb teilnehmen, gelten
für sie nur der Zweite Teil sowie der § 7 Abs. 1 und die §§ 9, 30 bis 32. Mit Ausnahme der Vorschriften über die Aufsichtsbehörde sind im Übrigen die für nicht öffentliche Stellen geltenden Vorschriften des Bundesdatenschutzgesetzes einschließlich der Straf- und Bußgeldvorschriften anwendbar.
83 Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
(3) Die Vorschriften dieses Gesetzes gehen denen des Verwaltungsverfahrensgesetzes vor, soweit bei der Ermittlung des Sachverhalts personenbezogene Daten
verarbeitet werden. Im Übrigen gehen besondere Rechtsvorschriften, soweit sie auf
die Verarbeitung personenbezogener Daten anzuwenden sind, den Vorschriften
dieses Gesetzes vor.
(4) Amts- und Funktionsbezeichnungen dieses Gesetzes werden in weiblicher oder
männlicher Form geführt.
§ 3 Begriffsbestimmungen
(1) Personenbezogene Daten sind Einzelangaben über persönliche oder sachliche
Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (Betroffene
oder Betroffener).
(2) Datenverarbeitung ist das Erheben, Speichern, Verändern, Übermitteln, Sperren,
Löschen sowie Nutzen personenbezogener Daten.
Im Einzelnen ist
1.
Erheben das Beschaffen von Daten über die Betroffene oder den Betroffenen,
2.
Speichern das Erfassen, Aufnehmen oder Aufbewahren von Daten auf
einem Datenträger zum Zweck ihrer weiteren Verarbeitung,
3.
Verändern das inhaltliche Umgestalten gespeicherter Daten,
4.
Übermitteln das Bekanntgeben gespeicherter oder durch Datenverarbeitung gewonnener Daten an eine Dritte oder einen Dritten in der
Weise, dass die Daten durch die verantwortliche Stelle weitergegeben
oder zur Einsichtnahme bereitgehalten werden oder dass die oder der
Dritte zum Abruf in einem automatisierten Verfahren bereitgehaltene
Daten abruft,
5.
Sperren das Kennzeichnen gespeicherter Daten, um ihre weitere Verarbeitung einzuschränken,
6.
Löschen das Unkenntlichmachen gespeicherter Daten,
7.
Nutzen jede sonstige Verwendung von Daten,
ungeachtet der dabei angewendeten Verfahren.
(3) Verantwortliche Stelle ist jede der in § 2 Abs. 1 genannten Stellen, die personenbezogene Daten für sich selbst verarbeitet oder durch andere verarbeiten lässt.
(4) Empfängerin oder Empfänger ist jede Person oder Stelle, die personenbezogene Daten erhält.
(5) Dritte oder Dritter ist jede Person oder Stelle außerhalb der verantwortlichen
Stelle, es sei denn, es handelt sich hierbei um die Betroffene oder den Betroffenen
oder Stellen, die im Geltungsbereich der Rechtsvorschriften zum Schutz personenbezogener Daten der Mitgliedstaaten der Europäischen Union personenbezogene
Daten im Auftrag verarbeiten (§ 5).
(6) Automatisiert ist eine Datenverarbeitung, wenn sie durch Einsatz eines gesteuerten technischen Verfahrens selbsttätig abläuft.
(7) Eine Akte ist jede amtlichen oder dienstlichen Zwecken dienende Unterlage.
(8) Anonymisieren ist das Verändern personenbezogener Daten derart, dass die
Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse nicht mehr oder nur
84 Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
mit einem unverhältnismäßig großen Aufwand an Zeit, Kosten und Arbeitskraft
einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person zugeordnet werden können. Pseudonymisieren ist das Ersetzen des Namens und anderer Identifikationsmerkmale durch ein Kennzeichen zu dem Zweck, die Bestimmung der oder des
Betroffenen auszuschließen oder wesentlich zu erschweren.
(9) Mobile personenbezogene Speicher- und Verarbeitungsmedien sind Datenträger,
1.
die an die Betroffene oder den Betroffenen ausgegeben werden,
2.
auf denen personenbezogene Daten über die Speicherung hinaus
durch die ausgebende oder eine andere Stelle automatisiert verarbeitet
werden können und
3.
bei denen die oder der Betroffene diese Verarbeitung nur durch den
Gebrauch des Mediums beeinflussen kann.
§ 4 Zulässigkeit der Datenverarbeitung; Datenvermeidung und Datensparsamkeit
(1) Die Verarbeitung personenbezogener Daten ist nur zulässig, wenn
a)
dieses Gesetz oder eine andere Rechtsvorschrift sie erlaubt oder
b)
die oder der Betroffene eingewilligt hat.
Die Einwilligung bedarf der Schriftform, soweit nicht wegen besonderer Umstände
eine andere Form angemessen ist. Soll die Einwilligung zusammen mit anderen
Erklärungen schriftlich erteilt werden, ist die oder der Betroffene auf die Einwilligungserklärung schriftlich besonders hinzuweisen. Die oder der Betroffene ist in
geeigneter Weise über die Bedeutung der Einwilligung, insbesondere über den
Verwendungszweck der Daten, bei einer beabsichtigten Übermittlung an Dritte
über diese aufzuklären; sie oder er ist unter Darlegung der Rechtsfolgen darauf
hinzuweisen, dass sie oder er die Einwilligung verweigern und mit Wirkung für die
Zukunft widerrufen kann.
(2) Die Verarbeitung personenbezogener Daten über die rassische oder ethnische
Herkunft, politische Meinungen, religiöse oder weltanschauliche Überzeugungen,
Gewerkschaftszugehörigkeit, Gesundheit oder Sexualleben ist nur auf Grund einer
besonderen Rechtsvorschrift zulässig. Dies gilt nicht, wenn
1.
die oder der Betroffene eingewilligt hat,
2.
die Datenverarbeitung ausschließlich in ihrem oder seinem lebenswichtigen Interesse liegt und eine Einwilligung nicht oder nicht rechtzeitig
eingeholt werden konnte,
3.
die Angaben aus allgemein zugänglichen Quellen stammen und von
der oder dem Betroffenen selbst offenbart wurden,
4.
die Datenverarbeitung im Rahmen der Vorschriften der §§ 30, 31, 32
oder 33 erforderlich ist,
5.
ein rechtliches Interesse an der Verarbeitung der Daten besteht oder
6.
die Datenverarbeitung zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder zur Strafverfolgung erforderlich ist.
(3) Entscheidungen, die für die Betroffene oder den Betroffenen eine rechtliche
Folge nach sich ziehen oder sie oder ihn erheblich beeinträchtigen, dürfen nicht
ausschließlich auf eine automatisierte Verarbeitung ihrer oder seiner personenbezogenen Daten gestützt werden, die der Bewertung einzelner Persönlichkeits-
85 Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
merkmale dienen. Dies gilt nicht, wenn
1.
eine Rechtsvorschrift dies ausdrücklich vorsieht,
2.
damit dem Begehren der oder des Betroffenen stattgegeben wird oder
3.
der oder dem Betroffenen die Tatsache einer Entscheidung nach Satz 1
mitgeteilt und ihr oder ihm Gelegenheit gegeben wird, hierzu Stellung
zu nehmen. Die verantwortliche Stelle ist verpflichtet, nach Eingang der
Stellungnahme ihre Entscheidung erneut zu prüfen.
(4) Bei der Verarbeitung personenbezogener Daten haben sich die Art der Datenverarbeitung sowie die Auswahl und Gestattung hierzu bestimmter technischer
Einrichtungen an dem Ziel auszurichten, so wenig personenbezogene Daten wie
möglich zu verarbeiten.
[…]
Dritter Teil
Besonderer Datenschutz
§ 34 Videoüberwachung
(1) Die Beobachtung öffentlich zugänglicher Bereiche mit optisch-elektronischen
Einrichtungen (Videoüberwachung) ist nur zulässig, soweit sie
1.
in Wahrnehmung des Hausrechts der verantwortlichen Stelle zum
Zweck des Schutzes von Personen, des Eigentums oder des Besitzes
oder der Kontrolle von Zugangsberechtigungen, oder
2.
zur Aufgabenerfüllung der verantwortlichen Stelle
erforderlich ist. Für die Gefährdung der in Nummer 1 genannten Rechtsgüter müssen konkrete Anhaltspunkte bestehen. Die Videoüberwachung nach Nummer 2 ist
nur zulässig, wenn Anhaltspunkte für eine konkrete Gefährdung von Gesundheit,
Leib oder Leben, Eigentum oder sonstigen hochrangigen Rechtsgütern vorliegen.
Es dürfen keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass schutzwürdige Interessen der
Betroffenen überwiegen. Die Videoüberwachung darf nur durch die Leitung der
verantwortlichen Stelle angeordnet werden. Dabei sind der Zweck, die räumliche
Ausdehnung und die Dauer der Videoüberwachung zu dokumentieren.
(2) Die Möglichkeit der Beobachtung und die verantwortliche Stelle müssen für
Betroffene erkennbar sein.
(3) Personenbezogene Daten dürfen nur erhoben oder gespeichert werden, wenn
dies zum Erreichen der in Absatz 1 genannten Zwecke erforderlich oder unvermeidlich ist. Die Daten dürfen für einen anderen Zweck nur verarbeitet werden,
wenn dies zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder zur Abwehr
von Nachteilen für das Wohl des Bundes oder eines Landes oder zur Verfolgung
von Straftaten erforderlich ist.
(4) Werden durch Videoüberwachung erhobene Daten einer bestimmten Person
zugeordnet, ist diese über die Erhebung entsprechend § 12 Abs. 5 Satz 1 zu benachrichtigen. § 12 Abs. 5 Satz 4 gilt entsprechend.
(5) Die Daten sind unverzüglich, spätestens jedoch nach 24 Stunden zu löschen,
wenn sie zur Erreichung des Zwecks nicht mehr erforderlich sind oder schutzwürdige Interessen der Betroffenen einer weiteren Speicherung entgegenstehen.
86 Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
6
Stichwortverzeichnis
A
Abwehranspruch................................ 14
Action-Cams ........................................ 10
AGB ......................................................... 24
allgemeine Persönlichkeitsrecht................................................. 14, 17
Allgemeinen
Geschäftsbedingungen ................... 24
Anordnung ........................................... 20
Apotheke .............................................. 21
Arbeitsplätze ....................................... 53
Aufgabenerfüllung ............................ 31
Aufstiegsgenehmigung .................. 11
Auftragsdatenverarbeitung .... 25, 37
Aufzeichnung ...................................... 49
Außenfassade...................................... 34
Außenkamera ...................................... 15
B
berechtigte Interessen .................... 48
berechtigtes Interesse ..................... 27
Beschäftigungsverhältnis .................. 7
Betäubungsmittel .............................. 22
betriebliche
Datenschutzbeauftragte ................. 50
Betriebsrat ....................................... 8, 35
Betriebsvereinbarung ......................... 8
Beweisverwertung ............................. 16
Bußgeldverfahren .............................. 24
Gastronomie........................................ 52
Gastronomiebetrieb ......................... 19
Geeignetheit ........................................ 22
Gewerbeaufsicht ................................ 20
Graffiti .................................................... 34
H
Hausrecht ............................................. 48
Hausrechts ........................................... 31
heimliche Videoüberwachung ..... 36
Herausgabe .................................. 17, 19
Hinweispflicht ..................................... 51
Hinweisschild ............................... 19, 25
höchstpersönlicher
Lebensbereich .................................... 14
I
industrielle Produktion ....................... 9
informationelles
Selbstbestimmungsrecht......... 13, 30
K
Kassenautomat ................................... 27
Kaufhausdetektiv ............................... 17
Kennzeichenerfassung .................... 28
Kfz-Kennzeichen ................................ 28
Kommune ............................................. 36
Kunsturhebergesetz ......................... 14
L
C
Campingplatz ...................................... 28
Checkliste ............................................. 57
Club......................................................... 24
Live-Monitoring ................................. 49
Löschfristen ......................................... 55
Luftfahrtbehörde ............................... 11
M
D
Dashcams ............................................. 10
Diskotheken ......................................... 24
Drohnen ................................................ 10
Düsseldorfer Kreis ................................ 7
E
Mehrfamilienhaus ............................. 55
Meldebogen ........................................ 60
Meldepflicht ........................................ 30
Merkblatt .............................................. 58
mitbestimmungspflichtig .................. 8
mobile Videokameras ...................... 10
Museum ................................................ 38
N
Ehrenfriedhöfe .................................... 39
Einwilligung ........................... 23, 25, 28
Erforderlichkeit ............................ 22, 48
Netzwerkkamera................................... 9
F
O
Freiwilligkeit......................................... 23
öffentlich zugänglichen .................. 29
öffentlich zugänglicher Raum ...... 47
Offizin..................................................... 21
optisch-elektronische
Einrichtungen ...................................... 46
G
Garderobe ............................................ 25
87 Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
Ordnungswidrigkeit ......................... 20
Orientierungshilfe ................. 7, 45, 63
P
Parkfläche ............................................. 27
Parkhaus ............................................... 28
persönliche oder familiäre
Tätigkeit ................................................ 17
U
Überwachung......................................... 9
Umkleidekabine ................................. 49
unbemannte Luftfahrtsysteme ..... 10
Universität des Saarlandes ............ 33
Unterrichtungspflicht ....................... 51
V
R
Restaurant ............................................ 49
S
Schrankenanlage ............................... 27
Schulen .................................................. 33
Schwimmbäder .................................. 34
Speicherdauer ..................................... 51
Strafverfolgungsbehörden ............ 18
T
Tanzfläche ............................................ 25
Taxi .......................................................... 41
Technische und
organisatorische Maßnahmen ..... 25
Theke ...................................................... 25
Tierbeobachtungskamera .............. 58
Tonaufzeichnung .................................. 9
Tonaufzeichnungen .......................... 52
Treppenaufgänge .............................. 56
Verfahrensbeschreibung ................ 31
Verfahrensübersich ........................... 50
Verhältnismäßigkeit ......................... 22
Verkaufsraum ............................... 18, 21
Videoaufzeichnung ........................... 17
Videoüberwachung .......................... 19
Videoüberwachungsmaßnahme . 21
Vorabkontrolle ................................... 26
W
Wald ....................................................... 29
Webcam ................................................ 35
Wertstoffhöfe...................................... 37
Wildkamera.......................................... 29
Wohnhäuser ........................................ 55
Z
Zufahrtskontrolle ............................... 27
Zwangsgeld ......................................... 20
Zweck ..................................................... 29
88 Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen