Bundesrat eröffnet Vernehmlassung zur Revision

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Bundesrat eröffnet Vernehmlassung zur Revision des
öffentlichen Beschaffungsrechts des Bundes
Bern, 01.04.2015 - Der Bundesrat hat heute das Vernehmlassungsverfahren zur Revision
des Bundesgesetzes und der Verordnung über das öffentliche Beschaffungswesen
eröffnet. Ziel der Revision ist einerseits die Umsetzung des revidierten WTO-Abkommens
über das öffentliche Beschaffungswesen. Andererseits sollen die öffentlichen
Beschaffungsordnungen des Bundes und der Kantone – unter Beibehaltung der
föderalen Kompetenzregelung – einander so weit wie möglich angeglichen werden.
Die Revision des Beschaffungsrechts des Bundes hat zum Ziel, das revidierte WTOÜbereinkommen über das öffentliche Beschaffungswesen auf Stufe Bund umzusetzen und
so Schweizer Unternehmen im Ausland einen erweiterten Marktzutritt zu ermöglichen.
Gleichzeitig haben die vorliegenden Entwürfe zum Ziel, die Beschaffungsordnungen von
Bund und Kantonen – unter Beibehaltung der föderalen Kompetenzregelung – einander
inhaltlich so weit wie möglich anzugleichen. Diese Harmonisierungsbestrebungen von Bund
und Kantonen stellen die bedeutsamste Neuerung dar und entsprechen einem Anliegen
von Politik und Wirtschaft. Insgesamt soll mit der Vorlage der Wettbewerb gestärkt, das
Beschaffungsverfahren flexibilisiert und modernisiert sowie die Rechtssicherheit und die
Anwenderfreundlichkeit des Beschaffungsrechts schweizweit verbessert werden.
Die harmonisierten Revisionstexte des Vorentwurfs für ein Bundesgesetz und der
kantonalen Vorlage für ein revidiertes Konkordat wurden durch eine paritätisch aus
Vertreterinnen und Vertretern des Bundes und der Kantone zusammengesetzte
Arbeitsgruppe erarbeitet. Nach der Vernehmlassung der Kantone zu ihrer Vorlage (IVöB)
wird nun die weitgehend analoge Bundesvorlage den interessierten Kreisen zur
Vernehmlassung unterbreitet.
Das Vernehmlassungverfahren dauert bis zum 1. Juli 2015.
Dateianhänge:
Vergleichsdokument, aus welchem die Unterschiede zwischen den Entwürfen für ein revidiertes BöB
und die revidierte IVöB ersichtlich sind (pdf, 359kb)
Revidiertes WTO-Übereinkommen über das öffentliche Beschaffungswesen (Agreement on
Government Procurement 2012, GPA 2012) (pdf, 501kb)
Adresse für Rückfragen:
Jonas Spirig, Kommunikation BBL
Tel. 058 465 50 03; infodienst@bbl.admin.ch
Herausgeber:
Der Bundesrat
Internet: http://www.bundesrat.admin.ch/
Eidgenössisches Finanzdepartement
Internet: http://www.efd.admin.ch
Schweizerische Bundeskanzlei
http://www.news.admin.ch/message/index.html?lang=de
Erläuternder Bericht des EFD
Revision des Bundesgesetzes über das öffentliche Beschaffungswesen
vom 1. April 2015
1
Übersicht
Das öffentliche Beschaffungsrecht regelt ein wichtiges Segment der Schweizer
Volkswirtschaft. Seine Grundlage ist das WTO-Beschaffungsübereinkommen
(GPA), das auf Ebene Bund durch das Bundesgesetz über das öffentliche Beschaffungswesen (BöB) und die zugehörige Verordnung (VöB) sowie von den Kantonen
durch ein Konkordat (IVöB) umgesetzt wird. Aufgrund der 2012 abgeschlossenen
Revision des GPA sind Anpassungen im nationalen Recht erforderlich. Gleichzeitig
sollen die Beschaffungsordnungen von Bund und Kantonen inhaltlich so weit wie
möglich einander angeglichen werden.
Ausgangslage
Das revidierte WTO-Übereinkommen über das öffentliche Beschaffungswesen wurde
am 30. März 2012 formell verabschiedet (GPA 2012). Es trat am 6. April 2014 in
Kraft, nachdem das erforderliche Quorum der unterzeichnenden Mitgliedstaaten erreicht worden war. Zentral bei der Revision des Übereinkommens von 1994 (GPA
1994), dem die Schweiz mit Wirkung ab 1. Januar 1996 beigetreten ist, waren insbesondere das Vereinfachen und Modernisieren der Texte, das Anpassen an die technische Entwicklung sowie der erweiterte Geltungsbereich. Sämtliche Vertragsstaaten
sind verpflichtet, die Änderung des GPA im nationalen Recht umzusetzen. Die Schweiz
wird das GPA 2012 erst ratifizieren, nachdem die Anpassungen des innerstaatlichen
Rechts vollzogen worden sind. Am 2. Juli 2014 erteilte der Bundesrat dem Eidgenössischen Finanzdepartement den Auftrag, gemeinsam mit dem Eidgenössischen Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung das Beschaffungsrecht des Bundes zu
revidieren und dabei die Beschaffungsregimes der Kantone und des Bundes anzugleichen.
Für die Schweiz liegt die Bedeutung der Revision unter anderem in der Stärkung des
Wettbewerbs, der Klärung von Unterstellungsfragen, der Flexibilisierung des Beschaffungsvorgangs und in der Anpassung an die künftigen Herausforderungen, z. B.
bei der elek-tronischen Vergabe. Zudem wird der Marktzugang von Schweizer Unternehmen in den GPA-Mitgliedstaaten verbessert.
Die Revision des GPA erfordert Anpassungen im Bundesrecht wie im kantonalen
Recht. Bund und Kantone wollen die internationalen Vorgaben parallel umsetzen.
Dabei sollen die Beschaffungsordnungen des Bundes und in der Kantone im Interesse
der Gesetzesadressaten so weit als möglich harmonisiert werden. Die Gesetzgebungsverfahren des Bundes und der Kantone erfolgen je separat, basieren jedoch auf den
Regelungsvorschlägen einer paritätisch aus Vertretern des Bundes und der Kantone
zusammengesetzten Arbeitsgruppe. Nach Abschluss der GPA-Verhandlungen hat
diese Arbeitsgruppe unter der Federführung der Beschaffungskonferenz des Bundes
und Leitung einer juristischen Fachperson während eines Jahres verschiedene Themen analysiert und den vorliegenden Gesetzesentwurf verabschiedet.
Ziele und Inhalt der Vorlage
Auf Ebene Bund sind das BöB sowie die VöB von der Revision des GPA 1994 betroffen. Beide Erlasse haben seit ihrem Inkrafttreten verschiedene Teilrevisionen erfahren, wobei Regelungsgehalte nicht immer streng stufengerecht abgebildet wurden. Im
Resultat sind sie relativ unübersichtlich und nicht immer einfach lesbar geworden.
Die Vorlage hat zum Ziel, das GPA 2012 auf Stufe Bund umzusetzen und gleichzeitig
einen Beitrag zur Angleichung des Beschaffungsrechts in der Schweiz zu leisten. Zu
2
diesem Zweck wird das BöB sprachlich überarbeitet und modern strukturiert. Dabei
sollen neue Begriffsdefinitionen eingeführt und diverse bisher auf Verordnungsstufe
geregelte Bestimmungen, wie diejenigen betreffend «übrige Beschaffungen», ins Gesetz integriert werden. Die materiellen Änderungen betreffen im Wesentlichen Unterstellungsfragen, neue Beschaffungsinstrumente und Folgebeschaffungen, aber auch
die Themen Verhandlungen und Rechtsschutz. Letzterer soll ausgebaut werden, was
jedoch keine Auswirkungen auf die für die öffentlichen Ausschreibungen massgeblichen Schwellenwerte hat. Diese werden beibehalten.
In Anlehnung an die kantonale Regelung unterscheidet das Gesetz neu zwischen dem
sogenannten Staatsvertragsbereich, d. h. öffentlichen Aufträgen, die internationalen
Vereinbarungen unterstehen, und dem Nicht-Staatsvertragsbereich, d. h. öffentlichen
Aufträgen, die das internationale Recht nicht erfasst (sogenannter Binnenmarkt).
Volkswirtschaftliche Bedeutung der vorliegenden Revision
Die Gesamtsumme von Zahlungen im Zusammenhang mit dem öffentlichen Beschaffungswesen in der Schweiz beträgt zurzeit schätzungsweise 40 Milliarden Franken
jährlich. Allein die zentrale Bundesverwaltung beschaffte im Jahr 2013 Güter und
Dienstleistungen im Wert von 5.3 Milliarden Franken.
Gemäss Schätzungen der WTO hat die Revision des GPA insgesamt einen erweiterten
Marktzugang im Wert von 80 Milliarden US-Dollar pro Jahr zur Folge. Auch in der
Schweiz führt die Anwendung der GPA-Regeln zu mehr Wettbewerb unter den Anbieterinnen. Öffentliche Auftraggeberinnen haben eine noch grössere Auswahl an Angeboten und können sich für dasjenige mit dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis entscheiden. Dies kann die Kosten bei der öffentlichen Hand reduzieren. Die verbesserte
Orientierungssicherheit lässt auch bei den Anbieterinnen ein gewisses Sparpotenzial
entstehen. Gleichzeitig wird ihnen infolge der Erweiterung des Geltungsbereichs des
GPA und dessen Umsetzung im nationalen Recht der Marktzugang in den Mitgliedstaaten erleichtert.
3
Inhaltsverzeichnis
Erläuternder Bericht des EFD
1 Änderung des Bundesgesetzes über das öffentliche Beschaffungswesen
1 .... 2015
5 5 5 6 9 10 1 Grundzüge der Vorlage
1.1 Ausgangslage
1.1.1 Revision des WTO-Beschaffungsübereinkommens
1.1.2 Anpassungsbedarf im nationalen Recht
1.1.3 Grundlagen des schweizerischen Beschaffungsrechts
1.1.4 Entwicklung
1.1.5 Unterschiede zwischen dem Bundesrecht und dem kantonalen
Recht
1.1.6 Gründe für die Revision
1.2 Die beantragte Neuregelung
1.2.1 Vorarbeiten
1.2.2 Zielsetzung des Entwurfs für ein neues Beschaffungsgesetz
1.2.3 Wichtigste Neuerungen
1.3 Erledigung parlamentarischer Vorstösse
11 12 12 12 14 15 16 2 Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln
18 3 Auswirkungen
3.1 Finanzielle und personelle Auswirkungen auf den Bund
3.1.1 Auswirkungen auf die Volkswirtschaft
3.1.2 Auswirkungen auf die Umwelt
92 92 92 93 4 Verhältnis zur Legislaturplanung
93 5 Rechtliche Aspekte
5.1 Verfassungsmässigkeit
5.2 Rechtsvergleich
5.3 Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz
5.4 Erlassform
93 93 94 95 95 6 Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen
95 7 Umsetzung
95 Anhang I: Übersicht über weitere direkt oder indirekt
beschaffungsrelevante Bundeserlasse
97 4
Erläuternder Bericht
1
Grundzüge der Vorlage
1.1
Ausgangslage
1.1.1
Revision des WTO-Beschaffungsübereinkommens
Das WTO-Übereinkommen über das öffentliche Beschaffungswesen vom 15. April 1994 (nachfolgend GPA 1994)1 trat am 1. Januar 1996 in Kraft. Bis heute sind 43
Mitglieder diesem plurilateralen Übereinkommen beigetreten, wobei diese Zahl die
EU mit ihren heute 28 Mitgliedstaaten beinhaltet. Das Übereinkommen wird gemäss
WTO-Terminologie als plurilateral bezeichnet, weil es nicht für sämtliche WTOMitgliedstaaten verbindlich ist, sondern nur für diejenigen, die ihm beigetreten sind.
Die Schweiz gehört zu den Erstunterzeichnerstaaten.
Das GPA bildet die rechtliche Grundlage für die beschaffungsrelevanten Freihandelsabkommen der zweiten Generation (nebst Chile und Mexiko auch Kolumbien, Peru,
Golfstaaten, Ukraine, Panama, Costa Rica etc.), des bilateralen Beschaffungsabkommens EU-Schweiz (nachfolgend BilatAbk)2 sowie der EFTA-Konvention3 und gilt
als wichtiger Meilenstein zur Liberalisierung des internationalen Handels. Es regelt
den Zugang zu öffentlichen Aufträgen und statuiert folgende Grundsätze der Liberalisierung des öffentlichen Beschaffungswesens:
Förderung des Wettbewerbs
Transparenz
Nichtdiskriminierung
wirtschaftliche Verwendung öffentlicher Mittel.
Weiter enthält es Bestimmungen zum Beschaffungsverfahren (Vergabeverfahren,
Qualifikation der Anbieterinnen, Ausschreibung, Fristen für Angebote, Verhandlungen, Zuschlag, Streitbeilegung usw.) und zu den Schwellenwerten.
Gestützt auf Art. XXIV:7 Bst. a, b und c GPA 1994 leiteten die Mitgliedstaaten im
Jahr 1997 Revisionsverhandlungen ein, welche bis Dezember 2011 andauerten und
am 30. März 2012 formell abgeschlossen wurden:4 Kernstück der Revision ist die
Verbesserung der Rahmenbedingungen für den Wettbewerb. Dieses Ziel soll vor allem durch erhöhte Transparenz (Unterstützung der elektronischen Vergabe usw.) und
den konsequenten Kampf gegen die Korruption – welche den Wettbewerb massiv verfälscht – erreicht werden. Zentral bei der Revision sind zudem das Vereinfachen und
Klären des Textes, die Anpassung an die technischen Entwicklungen, namentlich im
Bereich der elektronischen Instrumente, sowie die Erweiterung des persönlichen und
sachlichen Geltungsbereichs. Das GPA 2012 deckt neu z. B. ausdrücklich elektronische Auktionen ab, anerkennt das Erreichen von Umweltzielen als Angebotskriterium
und verbessert durch geänderte Beschwerdemöglichkeiten den Rechtsschutz der Anbieterinnen. Ausserdem schafft es Klarheit hinsichtlich der Aufnahmeregeln für neue
1
2
3
4
Agreement on Government Procurement, SR 0.632.231.422.
Abkommen vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der
Europäischen Gemeinschaft über bestimmte Aspekte des öffentlichen Beschaffungswesens, SR 0.172.052.68.
Übereinkommen zur Errichtung der Europäischen Freihandelsassoziation, SR 0.632.31.
Vgl. Botschaft des Bundesrates zur GPA-Revision, (....).
5
Mitglieder, was Ländern wie China, Russland und allenfalls Indien in Zukunft den
Beitritt erleichtern dürfte.
Gemäss Schätzungen der WTO führt die Revision insgesamt zu einem erweiterten
Marktzugang im Wert von rund 80 Milliarden US-Dollar pro Jahr. Den Schweizer
Anbieterinnen öffnet das revidierte Übereinkommen folglich den Zugang zu neuen
Beschaffungsmärkten, unter anderem in den kanadischen Provinzen, in gewissen Ballungsgebieten Japans, aber auch im öffentlichen Personennahverkehr in Israel und
Korea. Die Schweiz unterstellt dem Abkommen in Zukunft insbesondere die Beschaffungen der Bundesgerichte. Zudem hat sie angesichts der Marktzugangsbegehren anderer Mitgliedstaaten auf Basis der Reziprozität einer Erweiterung der Ausschreibungspflicht auf gewisse Dienstleistungsaufträge zugestimmt, z. B. im Bereich der
Satellitentelekommunikation. Gleichzeitig hat die Schweiz Vorbehalte beim Marktzugang gegen jene GPA-Mitgliedstaaten aufgehoben, die ihr eine Gleichbehandlung
gewähren. Dadurch wird beispielsweise kanadischen Anbieterinnen der Zugang zu
den Ausschreibungen der Kantone ermöglicht, nachdem sich Kanada bereit erklärt
hat, der Schweiz den Zugang zu den Ausschreibungen der kanadischen Provinzen zu
gewähren. Zudem öffnen die Schweiz und Kanada gegenseitig ihre Beschaffungsmärkte für Maschinen spezialisierter Industriezweige (wie Produktion und Verteilung
von Gas) sowie für Informatikprodukte und Software.
1.1.2
Anpassungsbedarf im nationalen Recht
Jeder Mitgliedstaat hat seine Gesetzgebung dem GPA 2012 anzupassen (Art. XXII:4
GPA 2012). Nachdem zwei Drittel der Mitgliedstaaten des GPA 2012 ihre Ratifikationsinstrumente bei der WTO in Genf hinterlegt hatten, traten die Änderungen für die
Parteien, die bereits ratifiziert hatten, am 6. April 2014 in Kraft. Danach tritt das Protokoll für jede Partei des GPA 1994 innert 30 Tagen nach der Hinterlegung ihrer jeweiligen Ratifikationsinstrumente in Kraft. Es liegt im Interesse der Schweizer Wirtschaft, dass die Schweiz das revidierte WTO-Beschaffungsübereinkommen möglichst
rasch umsetzt und das erweiterte Marktzugangspotenzial erschliesst. Solange die
Schweiz nicht ratifiziert hat, gilt für sie weiterhin das GPA 1994 und Schweizer Anbieterinnen haben keinen Rechtsanspruch auf einen Zugang zu den neu erschlossenen
Märkten.
Grundsätzlich erlangen völkerrechtliche Verträge in der Schweiz mit ihrer völkerrechtlichen Verbindlichkeit auch landesrechtliche Geltung, ohne dass sie in das innerstaatliche Recht überführt werden müssen. Für Rechtsansprüche von Einzelpersonen
gilt dies unter dem Vorbehalt, dass die entsprechenden Vertragsbestimmungen unmittelbar anwendbar («self-executing») sind. Gemäss Bundesgericht ist eine völkerrechtliche Norm dann self-executing, wenn sie einen Bezug zu Rechten und Pflichten von
Privatpersonen hat und justiziabel ist, d. h. genügend bestimmt und klar formuliert ist,
um im Einzelfall Grundlage eines Entscheids zu bilden. Wenn sie sich zusätzlich an
die rechtsanwendenden Behörden richtet, können diese die Norm direkt anwenden.
So haben sowohl das Bundesgericht als auch das Bundesverwaltungsgericht ihre Entscheide wiederholt direkt auf Bestimmungen des GPA 1994 gestützt.5 Ist eine völkerrechtliche Norm hingegen programmatischer Natur («non self-executing»), muss sie
5
6
Z. B. im Urteil 2P.151/1999 vom 30. Mai 2000.
zuerst innerstaatlich konkretisiert werden, um schliesslich von Gerichten und Behörden direkt angewendet werden zu können.
Wie das GPA 1994 besteht auch das GPA 2012 aus sowohl unmittelbar anwendbaren
Bestimmungen als auch konkretisierungsbedürftigen Grundsätzen. Es enthält eine
Reihe von Verpflichtungen, die zwingend in nationales Recht umzusetzen sind. Diese
sind unter anderem daran zu erkennen, dass sie in der englischen Fassung oftmals den
Ausdruck «shall» enthalten. Andere Regelungen des GPA 2012 gestehen den Mitgliedstaaten wiederum die Möglichkeit zu, ihre Gesetzgebung den eigenen Bedürfnissen entsprechend anzupassen. Das sind die Bestimmungen beispielhafter Natur (mit
Ausdrücken wie «may» und «such as» in englischer Originalsprache). Einige Themen
des GPA – wie der Beitritt neuer Mitgliedstaaten und Lösung von Konflikten zwischen Mitgliedstaaten – betreffen die nationale Gesetzgebung hingegen nicht direkt.
Die folgende Tabelle gibt eine Übersicht der massgebenden Bestimmungen des GPA
2012:
Artikel
Art. I
Themen
Begriffsbestimmungen.
Art. II
Geltungsbereich (Vergabestellen: siehe insbesondere § 4 bis 8).
Sicherheit und allgemeine Ausnahmen (siehe insbesondere § 2).
Allgemeine Grundsätze (§ 1 bis 7).
Art. IV:4 enthält auch ein nicht zwingendes Flexibilisierungselement, das in Verbindung mit Art.
XII erlaubt, Ausschreibungen nach anderen Beschaffungsmethoden als dem offenen, selektiven
oder freihändigen Vergabeverfahren durchzuführen.
Entwicklungsländer (betrifft die Beitrittsbedingungen für neue Vertragsparteien).
Art. III
Art. IV
Art. V
Art. VI
Art.
VII
Information über das Beschaffungswesen (siehe
insbesondere § 1 bis 3).
VI,
Art. VII
Art. VIII
Neue Transparenzanforderungen bei Übermittlung
in elektronischer Form. An zentrale Vergabestellen auf zentraler Regierungsebene werden höhere
Anforderungen gestellt als an solche auf subzentraler Regierungsebene.
Bekanntmachungen (siehe insbesondere § 1 bis 3).
Teilnahmebedingungen (siehe insbesondere § 1
bis 3).
Adressaten
Vertragsparteien und
Vergabestellen
Vertragsparteien und
Vergabestellen
Vertragsparteien
Vertragsparteien und
Vergabestellen
Vertragsparteien,
Vergabestellen
und
Ausschuss
Vertragsparteien und
Ausschuss (VI:3)
Vergabestellen
Vergabestellen
Vergabestellen
und
Vertragsparteien
7
Art. IX
Art. X
Art. XI
Art. XII
Art. XIII
Art. XIV
Art. XV
Art. XVI
Art. XVII
Art. XVIII
Art. XIX
Art. XX
Art. XXI
8
Qualifikation der Anbieterinnen (siehe insbesondere § 2 bis 6 und § 8, 10, 11, 14 und 15).
Technische Spezifikationen und Vergabeunterlagen (siehe insbesondere § 1, 2, 4, 5, 7, 8, 10 und
11).
Fristen (siehe insbesondere § 1 bis 3, 6 und 8).
Die Vergabestellen dürfen die Fristen dem Aufwand für die elektronische Bearbeitung der öffentlichen Ausschreibungen entsprechend kürzen.
Verhandlungen (siehe insbesondere § 2).
Lockerung der Verhandlungsanforderungen (in
Verbindung mit Art. IV:4 zu beurteilen).
Freihändige Vergabe (siehe insbesondere die Voraussetzungen für die Anwendung des freihändigen Verfahrens nach § 1 und die Transparenzvorschrift nach § 2).
Elektronische Auktionen (entscheidet sich eine
Vergabestelle für die elektronische Ausschreibungsmethode, kommen zwingend die Bestimmungen von Art. XIV zur Anwendung).
Neue internationale Rechtsgrundlage zur Regelung der elektronischen Auktionen.
Behandlung der Angebote und Zuschlagserteilung
(siehe insbesondere § 1 bis 5 sowie § 7).
Vergabestellen
und
Vertragsparteien
Vergabestellen
Transparenz von Beschaffungsinformationen
(siehe insbesondere § 1 bis 4).
Neue Auflagen betreffend Aufbewahrung, Zugänglichkeit und Rückverfolgbarkeit der elektronischen Publikationen; bei den Statistiken wird
den Kantonen (Annex 2) und den öffentlichen Betrieben (Annex 3) eine gewisse Flexibilität eingeräumt.
Weitergabe von Informationen (siehe insbesondere § 1 bis 3).
Interne Überprüfungsverfahren (siehe insbesondere § 1 bis 7).
Änderungen und Berichtigungen des Geltungsbereichs (siehe insbesondere § 1 bis 8).
Konsultationen und Streitbeilegung (siehe insbesondere § 1 und 3).
Institutionen (siehe insbesondere § 1 und 3 betreffend Überprüfung der Umsetzung des GPA 2012
sowie § 4 (Beobachter).
Vergabestellen
und
Vertragsparteien
/
Ausschuss (Statistiken
XVI:4, 5 und 6)
Vergabestellen
Vertragsparteien und
Vergabestellen
Vergabestellen
Vergabestellen
Vergabestellen
Vertragsparteien und
Vergabestellen
Vertragsparteien und
Vergabestellen
Vertragsparteien und
Ausschuss
Vertragsparteien
Ausschuss
Art. XXII
1.1.3
Schlussbestimmungen (siehe insbesondere § 1 und
2 sowie § 4 bis 18).
Vertragsparteien und
Ausschuss
Grundlagen des schweizerischen Beschaffungsrechts
Das GPA 1994 stellt die Grundlage des schweizerischen Beschaffungsrechts dar. Im
Rahmen seiner Umsetzung wurden primär das Bundesgesetz über das öffentliche Beschaffungswesen (BöB)6 und die zugehörige Verordnung (VöB)7 erlassen. Die VöB
ist vor allem ein Ausführungserlass zum BöB, jedoch auch Grunderlass, da im 3. Kapitel alle Beschaffungen, die nicht dem BöB unterstehen, und im 4. Kapitel den Planungs- und Gesamtleistungswettbewerb geregelt werden.
BöB, VöB, die Verordnung über die Nichtunterstellung unter das öffentliche Beschaffungsrecht8 und die Verordnung über die Organisation des öffentlichen Beschaffungswesens der Bundesverwaltung (Org-VöB)9 regeln die Vorgaben für die Vergabestellen des Bundes. Die gemäss den internationalen Beschaffungsabkommen
massgeblichen Schwellenwerte werden vom Eidgenössischen Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) im Einvernehmen mit dem Eidgenössischen
Finanzdepartement (EFD) alle zwei Jahre auf Verordnungsstufe geregelt. Dabei werden die Schwellenwerte aufgrund der entsprechenden Entscheidungen des WTOAusschusses über das öffentliche Beschaffungswesen von Sonderziehungsrechten
(SZR) und Euros in Schweizer Franken umgerechnet.
Die Kantone setzten das GPA autonom mit der Interkantonalen Vereinbarung vom
25. November 1994/15. März 2001 über das öffentliche Beschaffungswesen
(IVöB)10, den Vergaberichtlinien zur IVöB (VRöB) sowie kantonalen Ausführungserlassen um, indem sie die VRöB integral oder teilweise in ihren Kompetenzbereich
überführten.
BöB und VöB traten gemeinsam mit dem GPA 1994 am 1. Januar 1996 in Kraft und
erfuhren seither diverse Änderungen. Insbesondere das BilatAbk, in Kraft seit
1. Juni 2002, brachte Teilrevisionen des Bundesrechts, namentlich der VöB, aber auch
der IVöB, mit sich. Das BilatAbk erweiterte einerseits den Anwendungsbereich des
GPA innerhalb der Schweiz auf Bezirks- und Gemeindeebene. Anderseits wurden Beschaffungen in den Sektoren Schienenverkehr, Telekommunikation, Gas- und Wasserversorgung sowie die Beschaffungen durch private Unternehmen in den Sektoren
der Wasser-, Elektrizitäts- und Verkehrsversorgung dem GPA unterstellt. Dass die
internationalen Verpflichtungen aus dem GPA auf Gesetzesstufe (BöB) und diejenigen des BilatAbk auf Verordnungsebene (VöB) umgesetzt wurden, führte zu einer
weiteren Zersplitterung des Beschaffungsrechts.
Mit der ebenfalls von der Schweiz ratifizierten EFTA-Konvention bzw. mit deren revidierter Version vom 21. Juni 2001 wurde die mit dem BilatAbk angestrebte Öffnung
der Beschaffungsmärkte zwischen der Schweiz und der EU auf die übrigen EFTA6
7
8
9
10
Bundesgesetz vom 16. Dezember 1994 über das öffentliche Beschaffungswesen, SR
172.056.1.
Verordnung vom 11. Dezember 1995 über das öffentliche Beschaffungswesen, SR
172.056.11.
Verordnung vom 18. Juli 2002 des UVEK über die Nichtunterstellung unter das öffentliche Beschaffungsrecht, SR 172.056.111.
Verordnung vom 24. Oktober 2012 über die Organisation des öffentlichen Beschaffungswesens der Bundesverwaltung, SR 172.056.15.
SR 172.056.5
9
Staaten ausgedehnt. Bis heute hat die Schweiz zudem eine beachtliche Zahl bilateraler
Freihandelsabkommen abgeschlossen, z. B. mit Chile oder Peru. Da gewisse marktzugangsrelevante Beschaffungsabkommen mit Drittstaaten bereits auf der Grundlage
der Regeln des GPA 2012 ausgehandelt wurden, werden mit dem revidierten Beschaffungsrecht auch die Verpflichtungen dieser Freihandelsabkommen umgesetzt (Kolumbien, Peru, Golfstaaten, Ukraine, Panama, Costa Rica etc.).
Ergänzt wird das Beschaffungsrecht unter anderem durch das Binnenmarktgesetz
(BGBM)11 sowie das Kartellgesetz (KG)12. Das für Kantone und Gemeinden geltende
BGBM erweitert das Diskriminierungsverbot von Anbieterinnen aus GPA bzw.
EU/EFTA-Staaten gegenüber schweizerischen Anbieterinnen um das Diskriminierungsverbot zwischen inländischen, ortsansässigen und ortsfremden Anbieterinnen.
Das KG ist beispielsweise im Zusammenhang mit Submissionskartellen und anderen
Absprachen von Anbieterinnen von Bedeutung.
1.1.4
Entwicklung
Das Schweizer Beschaffungsrecht ist föderal geregelt: Bund und Kantone setzen die
internationalen Vorgaben autonom um, weshalb bis Ende des 20. Jahrhunderts unterschiedliche Beschaffungsordnungen entstanden. Die damit einhergehenden Probleme
für Vergabestellen und Anbieterinnen lieferten dem Parlament schon bald Grund für
zahlreiche Vorstösse. Zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang insbesondere die
mittlerweile abgeschriebene Motion Jenny13. Der Bundesrat anerkannte in seiner Stellungnahme vom 21. November 2001 erstmals Handlungsbedarf in Bezug auf eine Revision des Beschaffungsrechts. Auch der Bericht der Parlamentarischen Verwaltungskontrolle zum öffentlichen Beschaffungswesen der Schweiz vom 14. März 200214
kam zum Schluss, dass die Normen des Beschaffungswesens der Schweiz nicht mehr
den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Gegebenheiten entsprechen und zu einer
volkswirtschaftlich und aussenwirtschaftspolitisch schädlichen Rechtsunsicherheit
führen würden. Gestützt darauf wurden in der Folge die Ziele für eine Revision des
BöB festgelegt.
Im Mai 2008 eröffnete der Bundesrat schliesslich die Vernehmlassung über einen
Vorentwurf zur Totalrevision des Bundesgesetzes über das öffentliche Beschaffungswesen (nachfolgend VE-BöB 2008). Der darin enthaltene Vorschlag, das schweizerische Beschaffungsrecht teilweise zu vereinheitlichen, fand mehrheitlich Zustimmung
bei den Wirtschaftsverbänden, wurde jedoch von allen Kantonen verworfen. Nach
Auswertung der eingegangenen Stellungnahmen15 und wegen Verzögerungen bei der
Revision des GPA entschied sich der Bundesrat am 17. Juni 2009 für ein etappiertes
Vorgehen:
11
12
Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über den Binnenmarkt, SR 943.02.
Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen, SR 251.
13
Motion 01.3515, Missbräuche und Willkür bei der Vergabe von öffentlichen Bauaufträgen (S, 3. Oktober 2001, Jenny).
14
Parlamentarische Verwaltungskontrolle: Die Liberalisierung des öffentlichen Beschaffungswesens in der Schweiz in juristischer und ökonomischer Hinsicht, Bern 2002.
15
Vgl. Bericht des EFD über die Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens betreffend den
Vorentwurf zur Totalrevision des Bundesgesetzes über das öffentliche Beschaffungswesen. Abrufbar unter: http://www.admin.ch/ch/d/gg/pc/documents/1606/Bericht.pdf
(Stand: 31.03.2015).
10
-
Die Arbeiten an der Totalrevision des BöB wurden sistiert, bis Klarheit über
das revidierte GPA bestehen würde.
Konjunkturpolitisch dringliche Elemente des VE-BöB 2008, die auf Verordnungsstufe eingeführt werden konnten, wurden zeitlich vorgezogen: Mit der
auf 1. Januar 2010 in Kraft gesetzten Revision der VöB wurden effiziente beschaffungsrechtliche Rahmenbedingungen für die laufenden Konjunkturprogramme geschaffen. Die Vergabeverfahren wurden modernisiert und flexibilisiert,
namentlich
mittels
einer
Regelung
betreffend
neue
Informationstechnologien, einer elektronischen Publikationsplattform sowie
mit der sogenannten «funktionalen Ausschreibung» und dem Dialog. Dies
brachte Kosteneinsparungen, Zeitgewinn und klarere rechtliche Rahmenbedingungen für die Anbieterinnen und die öffentliche Hand mit sich. Ferner
enthielt die Revision Bestimmungen, die sich nur indirekt konjunkturfördernd
auswirkten, jedoch zur Klärung gewisser Sachverhalte beitrugen und in der
Vernehmlassung zum VE-BöB 2008 weitgehend unbestritten geblieben waren (z. B. Möglichkeiten der Fristverkürzung und die Regelung der Vorbefassung).
Mit der Botschaft vom 19. Mai 2010 zur Änderung des Bundesgesetzes über
das öffentliche Beschaffungswesen (aufschiebende Wirkung von Beschwerden)16 wurde dem Parlament eine Teilrevision des BöB unterbreitet, die sich
auf Massnahmen zur Beschleunigung des Beschaffungsverfahrens beschränkte. Ziel der beantragten Regelung war es, den wirtschaftlichen Einsatz
der öffentlichen Mittel zu fördern und dabei weiterhin einen genügenden
Rechtsschutz zu gewährleisten. Weder der Nationalrat noch der Ständerat traten auf die Vorlage ein.
-
-
1.1.5
Unterschiede zwischen dem Bundesrecht und dem
kantonalen Recht
Die geltenden Beschaffungsordnungen von Bund und Kantonen weisen Unterschiede
auf. Differenzen finden sich insbesondere in folgenden Bereichen:17 Persönlicher und
sachlicher Geltungsbereich, Schwellenwerte, Anforderungen an die Ausschreibung,
Auswahlkriterien (Unterscheidung zwischen Eignungs- und Zuschlagskriterien und
deren Gewichtung), Preisverhandlungen (sind beim Bund zulässig, nicht aber bei den
Kantonen; Wichtigkeit des Kriteriums Preis), Ausschluss von laufenden und künftigen Verfahren, Berücksichtigung vergabefremder wie sozialpolitisch motivierter Kriterien bei einer Beschaffung sowie generell die Begründung der Zuschläge.
Zurzeit liegt der Schwellenwert für Güter und Dienstleistungen, ab welchem eine öffentliche Ausschreibung durchzuführen ist, bei den Kantonen bei 350 000 Franken,
beim Bund bei 230 000 Franken. Während im kantonalen Recht unterschwellige
Vergaben angefochten werden können (vgl. Art. 9 Abs. 2 BGBM), gibt es bei den
«übrigen Beschaffungen» im Bund keinen Rechtsschutz. Im Gegensatz zum Bund unterscheiden die Kantone zudem zwischen Bauhaupt- und Baunebengewerbe und kennen die Tradition der öffentlichen Offertöffnung, nicht aber den Dialog.
16
17
BBl 2010 4051
Vgl. Zufferey Jean-Baptiste, Etude comparative en droit des marchés publics de la Confédération et des Cantons, Fribourg 2003.
11
Derartige Differenzen erhöhen die Komplexität des Beschaffungswesens und führen
damit zu Unsicherheiten bei den Verfahrensbeteiligten. Nicht nur kleinere und mittlere Unternehmen (KMU) weisen anlässlich der vom Bundesamt für Bauten und Logistik (BBL) organisierten Informationsveranstaltungen für Anbieterinnen seit Jahren
wiederholt darauf hin, dass die heutige Rechtslage auf Stufe Bund und Kantone nicht
nur höchst komplex, sondern auch administrativ sehr aufwendig und kostspielig sei.
Eine weitere Folge dieser unterschiedlichen Regelungen ist das Fehlen einer einheitlichen Spruchpraxis der zuständigen Gerichte. Immerhin steht seit dem Inkrafttreten
des Bundesgerichtsgesetzes (BGG)18 der Weg ans Bundesgericht als gemeinsame
letzte Gerichtsinstanz offen.
1.1.6
Gründe für die Revision
Anstösse für die jetzt vorgeschlagene Revision des BöB kommen aus dem internationalen wie aus dem nationalen Bereich:
Der Bundesrat verabschiedete am 21. März 2012 das GPA 2012 unter Vorbehalt der
Genehmigung durch das Parlament. Die Hinterlegung der Ratifizierungsurkunde der
Schweiz bei der WTO kann erst nach der Anpassung des einschlägigen Bundes- und
Kantonsrechts erfolgen (vgl. 1.1.1).
In den letzten Jahren hat sich die Ansicht etabliert, die gesetzlichen Grundlagen von
Bund und Kantonen im Bereich des öffentlichen Beschaffungswesens seien im Interesse der Schweizer Wirtschaft, wo möglich und sinnvoll, einander anzugleichen.
Vom Parlament wurde schon verschiedentlich angeregt, das Beschaffungsrecht zu revidieren (vgl. 1.1.4). Ein aktuelles Beispiel ist die Motion Bourgeois19, mit welcher
der Bundesrat beauftragt wurde, in Zusammenarbeit mit den Kantonen dafür zu sorgen, dass die Gesetze von Bund und Kantonen im Bereich des Beschaffungswesens
bei der nächsten Revision so weit wie möglich harmonisiert werden.
Des Weiteren erfuhren BöB und VöB bereits verschiedene Teilrevisionen, wobei Regelungsgehalte nicht immer streng stufengerecht abgebildet wurden. Im Resultat sind
die Erlasse relativ unübersichtlich und nicht immer einfach lesbar. Die Angleichung
der Beschaffungsordnungen von Bund und Kantonen soll es Anbieterinnen, insbesondere auch solchen aus dem KMU-Bereich, künftig erleichtern, sich im Gesetz zurecht
zu finden.
Am 2. Juli 2014 beauftragte der Bundesrat das EFD, gemeinsam mit dem WBF auf
der Grundlage der mit den Kantonen erarbeiteten Revisionstexte (vgl. 1.2.1) mit dem
Gesetzgebungsverfahren zur Revision des BöB zu beginnen.
1.2
Die beantragte Neuregelung
1.2.1
Vorarbeiten
Die Federführung für die Revision des BöB und der VöB liegt bei der Beschaffungskonferenz des Bundes (BKB). Zuständig für Anpassungen der IVöB und der zugehörigen Vergaberichtlinien (Empfehlungen; VRöB) ist die Bau-, Planungs- und Umweltdirektoren-Konferenz (BPUK).
18
19
12
Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht, SR 173.110.
Motion 12.3577, Programme zur Steigerung der Energieeffizienz. Berücksichtigung des
schweizerischen Arbeitsmarkts (N, 14. Juni 2012, Bourgeois).
Im Juni 2012 erteilten BKB und BPUK einer paritätisch zusammengesetzten Arbeitsgruppe mit dem Namen AURORA den Auftrag, Vorschläge für die Revision der einschlägigen Erlasse von Bund und Kantonen zu unterbreiten. Nebst einer inhaltlich und
formal konsistenten Umsetzung des revidierten GPA beim Bund und bei den Kantonen sollten auch die Beschaffungsordnungen des Bundes und der Kantone unter Beibehaltung der föderalen Kompetenzaufteilung so weit als möglich einander angeglichen werden. Von Oktober 2012 bis September 2013 wurden auf Basis des GPA 2012
unter der Leitung von Professor Hans Rudolf Trüeb Entwürfe für die Anpassung der
Bundesgesetzgebung sowie der IVöB erarbeitet. Anlässlich von Hearings erhielten
verschiedene Interessengruppen und Fachleute die Gelegenheit, ihre Anliegen einzubringen. Diese wurden nach Möglichkeit berücksichtigt.
Auch die Vor- und Nachteile eines Rechtsschutzes unterhalb der staatsvertraglichen
Schwellenwerte einerseits sowie die Möglichkeit von Verhandlungen anderseits wurden in der Arbeitsgruppe und mit weiteren Fachleuten diskutiert. Am 20. Dezember 2013 verabschiedete die Arbeitsgruppe AURORA einen ersten Erlasstext sowie
einen Bericht, der im Rahmen eines gemeinsamen Redaktionsausschusses punktuell
ergänzt wurde.
Diese Vorarbeiten bilden die Basis des vorliegenden Vorentwurfs (VE). Die Gesetzgebungsverfahren von Bund und Kantonen erfolgen separat: Die Vernehmlassung
zum Entwurf der revidierten IVöB wurde im 4. Quartal 2014 durchgeführt. Da den
Bestrebungen zur parallelen Harmonisierung der nationalen Beschaffungsordnungen
grosse Priorität eingeräumt wird und um die Ergebnisse der jeweiligen Vernehmlassung möglichst gut und vergleichbar auswerten zu können, sind der Vorentwurf BöB
und der Entwurf der revidierten IVöB bezüglich der harmonisierten Bereiche inhaltlich weitgehend identisch. Abweichungen gibt es bei Themen, die für den Bund und
die Kantone schon im GPA 2012 unterschiedlich geregelt sind (wie der subjektive
Geltungsbereich) oder bei Bestimmungen, die nur für den Bund relevant sind (z. B.
die Ausnahmeregelung betreffend Entwicklungshilfe in Art. 12 Abs. 1 Bst. h VEBöB). Eine Abweichung besteht auch beim auf das BGBM gestützten Behördenbeschwerderecht der Wettbewerbskommission (WEKO), welches der Bundesrat beibehalten will. Schliesslich sind im Rahmen der vor Eröffnung der Vernehmlassung
durchgeführten bundesverwaltungsinternen Konsultation unterschiedliche Anliegen
der Verwaltungseinheiten verblieben, welche nicht in den Vorentwurf aufgenommen
wurden, um möglichst vergleichbare Ergebnisse aus den Vernehmlassungen auf Bundes- und kantonaler Ebene zu erlauben. Sobald die Auswertung sowohl der Vernehmlassung zur IVöB als auch zum Vorentwurf BöB vorliegen, werden die Ergebnisse
aus den beiden Vernehmlassungen sowie die verbleibenden Differenzen aus der bundesverwaltungsinternen Konsultation in einer weiteren Verhandlungsrunde zwischen
Bund und Kantonen gemeinsam bewertet. Gestützt darauf werden die harmonisierten
Erlasstexte sowohl materiell wie auch redaktionell überarbeitet und angepasste Lösungen für die Vorlage an das eidgenössische Parlament ausgearbeitet werden. Bei
diesen Arbeiten wird der inhaltlichen Angleichung der Beschaffungsregeln grösste
Beachtung zuteil werden. In Planung ist zudem, auch eine neue Ausnahmeklausel betreffend Sicherheitsaspekte in die Verhandlungen einzubringen; konkret wird es darum gehen, den heutigen Art. 3 Abs. 1 Bst. e BöB um das Thema zivile Sicherheit zu
ergänzen.
13
1.2.2
Zielsetzung des Entwurfs für ein neues Beschaffungsgesetz
Umsetzen des GPA 2012
Mit der vorgeschlagenen Revision soll das GPA 2012 auf Stufe Bund und Kantone
möglichst zeitnah in nationales Recht umgesetzt werden. Die bisherigen Ziele des Beschaffungswesens – wirtschaftlicher Einsatz der öffentlichen Mittel, Gleichbehandlung und Nichtdiskriminierung der Anbieterinnen, Förderung des Wettbewerbs sowie
Transparenz der Verfahren – werden beibehalten. Ein besonderes Augenmerk der
Vorlage gilt den Massnahmen gegen Kollusion und Korruption. Zudem wird der
Rechtsschutz in Vergabesachen massvoll ausgebaut.
Klären und strukturieren
Die Erfahrungen und Entwicklungen seit Inkrafttreten des BöB im Jahr 1996 wurden
bei der Revision mitberücksichtigt und gaben wertvolle Impulse für die Optimierung
der gesetzlichen Grundlagen. So zeigte sich bei der praktischen Anwendung, dass gewisse Sachverhalte und Begriffe der Klarstellung bedürfen.
In Anlehnung an das GPA 2012 wurde das BöB mit Begriffsdefinitionen ergänzt und
terminologisch angepasst. Der Entwurf enthält einen ausführlichen Katalog von Begriffsdefinitionen (Art. 2 Bst. a bis o VE-BöB), der sich an Art. I GPA 2012 orientiert.
Insbesondere die Neuregelung des subjektiven Geltungsbereichs (Art. 4 f. VE-BöB)
bzw. die Definition des «öffentlichen Auftrags» (Art. 8 VE-BöB) dienen dazu, gewisse Unterstellungsfragen (z. B. in Bezug auf Konzessionen und Abgeltungen) zu
klären.
Im Verhältnis zum GPA 1994 sieht das GPA 2012 eine andere Struktur vor: Definition, Geltungsbereich, Ausnahmen, Grundsätze, Verfahren, Zuschlag, Rechtsschutz
etc. Der Aufbau des Vorentwurfs orientiert sich an der neuen Struktur des GPA 2012
sowie am Ablauf eines Beschaffungsverfahrens. Der Entwurf besteht aus 65 Artikeln,
verteilt auf neun Kapitel. Der grössere Umfang im Vergleich zum geltenden BöB
(rund 30 zusätzliche Artikel) ist darauf zurückzuführen, dass wesentliche Inhalte, die
bislang auf Verordnungsstufe geregelt wurden, neu stufengerecht im Gesetz enthalten
sind – z. B. die bisher im 3. Kapitel der VöB geregelten «übrigen Beschaffungen»
sowie das Einsichtsrecht gemäss Art. 5 VöB. Wo nötig, wird das revidierte Gesetz
jedoch auch in Zukunft durch eine ausführende Verordnung präzisiert.
Flexibilisieren und modernisieren
Das Gesetz will den öffentlichen Auftraggeberinnen und den Anbieterinnen – unter
Vorbehalt der beschaffungsrechtlichen Grundsätze – möglichst grossen Handlungsspielraum gewähren und gleichzeitig den Einsatz moderner Informationstechnologien
im öffentlichen Beschaffungswesen fördern. Materiell betreffen die vorgeschlagenen
Änderungen des BöB insbesondere die Einführung flexibler Beschaffungsinstrumente, die wiederum die Schaffung innovativer Lösungen ermöglichen. So werden
seit 2010 in der VöB vorgesehene Instrumente wie elektronische Auktionen, Folgebeschaffungen, aber auch der Dialog zwischen Auftraggeberin und Anbieterinnen sowie die Möglichkeit des Abschlusses von Rahmenverträgen (mit Abrufverfahren) formell-gesetzlich normiert. Bei wirksamem Wettbewerb soll künftig sämtlichen – und
nicht nur wie bis anhin den gemäss BilatAbk unterstellten – Sektorenauftraggeberinnen die Möglichkeit offen stehen, sich und ihre Tätigkeiten vom Beschaffungsrecht
«ausklinken» zu lassen. Zur Flexibilisierung des öffentlichen Beschaffungswesens
trägt auch bei, dass neu mehrere an einer Beschaffung beteiligte Auftraggeberinnen,
14
welche einerseits BöB und andererseits IVöB unterstellt sind, eine Rechtswahl treffen
können. Analog und zur optimalen Ressourcennutzung kann bei der Beschaffung nationaler Infrastrukturen das anwendbare Beschaffungsrecht definiert werden. Die vorgeschlagenen Normen fördern auch ein modernes Beschaffungsmanagement der öffentlichen Hand (z. B. durch schlanke innerbetriebliche Abläufe und optimale
Volumenbündelung).
Angleichen des nationalen Beschaffungsrechts
Im Rahmen der Revision sollen entsprechend den parlamentarischen und bundesrätlichen Vorgaben die nationalen Beschaffungsregeln soweit möglich und sinnvoll einander angeglichen werden. Folglich wird die Umsetzung des GPA 2012 ins nationale
Recht zu einer Harmonisierung der Beschaffungsregimes beim Bund und bei den
Kantonen beitragen, was einem im Rahmen der 2008 durchgeführten Vernehmlassung ausgedrückten Bedürfnis der Wirtschaft entspricht (vgl. 1.1.4).
Verschiedene Regelungen, die sich bisher für den Bund, die Kantone oder beide bewährt haben, wurden im vorliegenden Gesetzesentwurf übernommen. Ein Beitrag zur
Angleichung der nationalen Beschaffungsrechtsquellen ist die Einführung des bis anhin vor allem auf kantonaler Ebene gebräuchlichen Begriffs des «Staatsvertragsbereichs» ins Bundesgesetz (Art. 2 Bst. l VE-BöB).
Des Weiteren werden diverse Neuerungen in Bezug auf den Rechtsschutz vorgeschlagen (Art. 53 ff. VE-BöB): Mit einheitlichen Regeln zur Begründung und Eröffnung
von Verfügungen, einheitlichen Beschwerdegründen und -objekten, einer einheitlichen Beschwerdefrist von 20 Tagen sowie einer einheitlichen Regelung zur aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde soll der Rechtsschutz im Beschaffungswesen kanalisiert werden. Zudem sollen die für den Rechtsschutz relevanten Schwellenwerte
angeglichen werden, was für den Bund zur Folge hat, dass die «Streitwertgrenze» in
Vergabeverfahren gesenkt und künftig bereits ab einem Auftragswert von 150 000
Franken Rechtsschutz gewährt werden soll. Die Kantone wollen im Gegenzug dazu
weitergehende Möglichkeiten zur Verhandlungsführung in der IVöB statuieren. Anzumerken bleibt, dass der Ausbau des Rechtsschutzes im Bundesrecht keine Auswirkungen auf die für die öffentlichen Ausschreibungen massgeblichen Schwellenwerte
zeitigt. Diese werden beibehalten.
Der Erfolg der angestrebten Angleichung der Beschaffungsordnungen wird massgeblich davon abhängen, wie weit die gemeinsam erarbeiteten Vorschläge auf Ebene
Bund einerseits und auf kantonaler Ebene anderseits umgesetzt werden können.
1.2.3
Wichtigste Neuerungen
Der Gesetzesentwurf überführt insbesondere die verpflichtenden Bestimmungen des
GPA 2012 und somit auch der beschaffungsrelevanten Abkommen mit Drittstaaten
ins schweizerische Recht. Es werden zudem gesamtschweizerisch einheitliche beschaffungsrechtliche Grundsätze und Regelungen für einen funktionierenden Binnenmarkt vorgeschlagen.
Als wichtige Neuerungen sind nebst den Begriffsdefinitionen unter anderem die Klärung von Unterstellungsfragen (subjektiver Geltungsbereich) sowie der Folgebeschaffungen zu erwähnen, aber auch die strengere Regelung beim Vertragsabschluss sowie
der Katalog mit Sanktionen etwa bei schwerwiegender Verletzung der Bestimmungen
zur Bekämpfung der Korruption. Flexible Instrumente (wie Dialog, Rahmenverträge,
elektronische Vergabe, elektronische Auktionen sowie verkürzte Fristen) werden auf
15
Gesetzesstufe eingeführt und Teile der geltenden VöB werden ins Gesetz integriert.
Bei einem Abbruch des Vergabeverfahrens wird neu eine Publikationspflicht statuiert;
zudem wird die Regelung betreffend Befangenheit aufgrund der Besonderheiten des
Beschaffungsverfahrens im Vergleich zum Verfügungsverfahren des allgemeinen
Verwaltungsrechts angepasst.
Um die Beschaffungsordnungen von Bund und Kantonen einander anzugleichen, will
der Bund den Rechtsschutz ausbauen und künftig bereits bei einem Auftragswert ab
150 000 Franken gewähren. Sofern es sich um Beschaffungen ausserhalb des Staatsvertragsbereichs handelt – sei es, weil die massgeblichen Schwellenwerte nicht erreicht werden oder weil es sich beispielsweise um Dienstleistungen handelt, die nicht
in Anhang 2 dieses Vorentwurfs aufgeführt sind – wird ein einfaches und rasches
Verfahren vorgeschlagen.
Die vorgeschlagene Revision trägt zur Klärung, Flexibilisierung und Modernisierung
des Beschaffungsrechts bei und erhöht damit auch die Benutzerfreundlichkeit. Wertvoll ist neben alledem, dass die bewährte Praxis und Rechtsprechung von Bund und
Kantonen in den neuen Entwurf eingeflossen sind. All dies soll letztlich Anbieterinnen den Marktzutritt erleichtern und damit den Wettbewerb sowie die Wirtschaftlichkeit stärken. Im Übrigen ist die Revision vom Ziel geleitet, an Bewährtem festzuhalten.
1.3
Erledigung parlamentarischer Vorstösse
Folgende Vorstösse aus dem Parlament sind zurzeit noch hängig und können mit vorliegender Gesetzesvorlage als erledigt betrachtet werden:
2014 P
14.3208 Bekämpfung der Korruption im öffentlichen Beschaffungswesen.
(S, 20.03.2014, Engler)
2014 M
14.3045 Publikation Basisinformationen aller Beschaffungen des
Bundes ab 50 000 Schweizer Franken.
(N, 05.03.14, Graf)
2013 M
13.4278 Bei öffentlichen Ausschreibungen umwelt- und sozialverträgliche elektronische Geräte beschaffen.
(N, 13.12.2013, Rytz)
2012 M
12.3577 Programme zur Steigerung der Energieeffizienz. Berücksichtigung des schweizerischen Arbeitsmarkts (Bst. a). (N,
14.06.12, Bourgeois)
2012 M
12.3914 Ausschreibungsverfahren in den drei Amtssprachen des Bundes.
(N, 28.09.2012, de Buman)
2012 P
12.3910 Bundesgesetz über das öffentliche Beschaffungswesen.
Stopp dem Missstand.
(N, 28.09.12, Darbellay)
2012 M
12.3739 Öffentliche Beschaffungen des Bundes. Gleiche Rechte für
die Sprachregionen.
(N, 19.09.2012, Hodgers)
16
2004 M
04.3061
Lehrlingsausbildung als Vergabekriterium für öffentliche
Aufträge.
(N, 10.03.04, Galladé)
Die Motionen 14.3045, 12.3914, 12.3739 sowie das Postulat 12.3910 werden auf
Verordnungsstufe umgesetzt.
17
2
Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln
1. Kapitel
Zweck und Begriffe
Art. 1
Zweck
Dieser Zweckartikel bringt eine systematische Ordnung sowohl der Gesetzeszwecke
als auch der allgemeinen Grundsätze, die bei öffentlichen Beschaffungen zu beachten
sind. Diese Grundsätze sind: Wirtschaftlichkeit unter Berücksichtigung der Nachhaltigkeit; Bst. a), Transparenz (Bst. b), Gleichbehandlung und Nichtdiskriminierung der
Anbieterinnen (Bst. c) sowie Förderung des wirksamen Wettbewerbs unter den Anbieterinnen (Bst. d). Der wirksame Wettbewerb wird in erster Linie durch die Art und
Weise der Ausschreibung gesteuert. Daher gilt es bei den Ausschreibungen, Massnahmen insbesondere gegen Wettbewerbsabreden und Korruption vorzusehen. Letztere
wird – neben Submissionskartellen – als wesentliches Element der Wettbewerbsverfälschung und Wettbewerbsverhinderung im öffentlichen Beschaffungswesen betrachtet. Bst. d ändert die entsprechenden Spezialgesetze nicht, es handelt sich vielmehr um eine spezifische beschaffungsrechtliche Ergänzung. Die Abgrenzungen
ergeben sich in der Praxis. Das GPA 2012 sieht namentlich in der Präambel und in
Art. IV:4 eine griffigere internationale Rechtsgrundlage für die Korruptionsbekämpfung vor.
Die Berücksichtigung der Nachhaltigkeit beim wirtschaftlichen Einsatz der öffentlichen Mittel steht im Einklang mit der Bundesverfassung20 (Art. 2 Abs. 2 BV) sowie
den parlamentarischen und bundesrätlichen Vorgaben. Auch das GPA 2012 erwähnt
explizit in Art. X:6 (und in engem Zusammenhang mit dem Nichtdiskriminierungsgebot in Art. X:1) die Realisierung umweltpolitischer Zielsetzungen. Es nennt nebst
der wirtschaftlichen lediglich die ökologische Dimension der Nachhaltigkeit, weil unter den GPA-Mitgliedstaaten im Zuge der Revision kein Konsens über den Anwendungsbereich der sozialen Dimension der Nachhaltigkeit erzielt werden konnte. Angesichts des mangelnden Konsenses haben sich die GPA-Mitgliedstaaten geeinigt,
gemäss Mandat in Art. XXII:8 GPA 2012 ein Arbeitsprogramm über die beschaffungsrelevanten Aspekte des Begriffs der Nachhaltigkeit einzuleiten. Im Rahmen dieses Arbeitsprogramms sollen die GPA-Mitgliedstaaten aus der Warte der Nichtdiskriminierungsverpflichtungen von Art. IV GPA 2012 prüfen, inwiefern die
Nachhaltigkeit – in allen drei Dimensionen, d. h. Wirtschaftlichkeit, ökologische und
soziale Aspekte – bei der Vergabe von öffentlichen Beschaffungen berücksichtigt
werden kann oder nicht berücksichtigt werden darf.
Das GPA 2012 beschränkt sich somit auf die wirtschaftliche und ökologische Dimension der Nachhaltigkeit. Die Nachhaltigkeit im Sinne des Gesetzesentwurfs ist jedoch
weiter zu verstehen, sie gewinnt Konturen in der Strategie Nachhaltige Entwicklung
2012 - 2015 des Bundesrates. Dieser hat sich letztmals im Jahr 2012 dafür ausgesprochen, dass der Bund bei seinem Konsumverhalten eine Vorbildfunktion einnehme,
«indem er im Rahmen seiner Beschaffungstätigkeit Produkte nachfragt und Bauwerke
realisiert, die wirtschaftlich, umweltschonend und gesundheitsverträglich sind und die
sozial verantwortungsvoll produziert werden».21 Schon heute finden Umweltkriterien
regelmässig Eingang in die Ausschreibungen der öffentlichen Hand. Der «sozialen
Nachhaltigkeit» wird unter anderem dadurch Rechnung getragen, dass bei Leistungen,
20
21
18
SR 101
Strategie Nachhaltige Entwicklung 2012-2015, S. 32.
die im Ausland beschafft werden, mindestens die acht Kernübereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) eingehalten werden müssen. Damit Umweltund Sozialkriterien bei der Ausschreibung angewendet werden können, braucht es
stets einen konkreten Bezug zur jeweiligen Beschaffung. Zudem darf die Berücksichtigung der Nachhaltigkeit nicht zu einer Diskriminierung von Anbieterinnen führen.
Wirtschaftlichkeit ist nicht gleichbedeutend mit dem tiefsten Preis. Die Qualität der
Leistungen und weitere Parameter, deren Wahl im Ermessen der Auftraggeberin liegt,
sind ebenso zu berücksichtigen. Die Zielsetzung der wirtschaftlichen Verwendung der
öffentlichen Mittel gibt einer Anbieterin keinen Rechtsanspruch darauf, die Beschaffung des «richtigen» Produkts zu erstreiten.22 Allemal wird der Preis indessen als Zuschlagskriterium in die Bewertung miteinzubeziehen sein.
Der Grundsatz der Transparenz gebietet unter anderem, dass eine Auftraggeberin die
Gewichtung der Zuschlagskriterien zum Voraus präzisieren und bekannt geben
muss.23 Der Vorentwurf enthält verschiedene Transparenzbestimmungen (z. B. Art.
13 Bst. d, Art. 25 Abs. 5 VE-BöB). Diese betreffen praktisch ausschliesslich die Aktivinformation, d. h. die Informationstätigkeit der Behörde von sich aus bzw. von Amtes wegen und haben in der Regel keinen Einfluss auf die Passivinformation (Information auf Gesuch hin). Sofern durch den Vorentwurf oder im Rahmen der
Erläuterungen nicht ausdrücklich ausgeschlossen, gilt parallel zu den verschiedenen
Bestimmungen der behördlichen Information das Recht auf Zugang zu amtlichen Dokumenten des Beschaffungswesens gestützt auf das Öffentlichkeitsgesetz (BGÖ)24.
Der Grundsatz der Gleichbehandlung bedeutet, dass einer Anbieterin einerseits keine
Nachteile auferlegt werden dürfen, die für andere nicht gelten, und dass ihr anderseits
keine Vorteile gewährt werden dürfen, die anderen Anbieterinnen verwehrt sind. So
ist es z. B. nicht zulässig, eine Anbieterin im Rahmen der Eignungsprüfung nach einem strengeren Massstab als ihre Wettbewerberinnen zu beurteilen.
Zweckbestimmungen dienen der Auslegung der nachfolgenden materiellen Bestimmungen. Die Reihenfolge der Aufzählung in Art. 1 bedeutet nicht, dass der erste
Grundsatz Priorität vor den nachstehend genannten hätte. Alle Grundsätze verlangen
gleichermassen Beachtung. Zielkonflikte sind durch eine Abwägung aller Interessen
und eine pareto-optimale Gewichtung zu lösen. Als pareto-optimal gilt eine Gewichtung, wenn jede Änderung der Gewichtung zu einem insgesamt geringeren Gesamtnutzen führen würde. Diese Ziele werden durch weitere Bestimmungen des Vorentwurfs (z. B. zu den Anforderungen an eine Ausschreibung, zur Publikation oder zum
Rechtsschutz) ausgeführt.
Art. 2
Begriffe
Der im Vergleich zum geltenden Recht grosse Katalog von Legaldefinitionen dient
dazu, das Beschaffungsrecht zu vereinfachen und dessen Anwendung in der Praxis zu
vereinheitlichen. Im Einklang mit den Begriffsbestimmungen des GPA 2012 strebt
der Entwurf eine konzise Verwendung der zentralen beschaffungsrechtlichen Begriffe
an. Die Definitionen wurden weitgehend aus Art. I GPA 2012 übernommen und, soweit erforderlich, präzisiert.
22
23
24
Vgl. BVGer B-822/2010 vom 10. März 2010, E. 4.2.
Vgl. BKB 2003-032 vom 15. Juni 2004, E. 3a; Entscheid der BKB vom 01. September
2000, veröffentlicht in VPB 65.11. E. 2a.
Bundesgesetz vom 17. Dezember 2004 über das Öffentlichkeitsprinzip der Verwaltung,
SR 152.3.
19
Auf eine Definition des öffentlichen Auftrags (vgl. dazu Art. II GPA 2012) wurde an
dieser Stelle verzichtet; der objektive Geltungsbereich des Gesetzes wird direkt von
Art. 8 ff. VE-BöB normiert.
Bst. e: «Ausschreibungsunterlagen» ist ein Oberbegriff. Er deckt nicht nur die Unterlagen bei öffentlichen Ausschreibungen (d. h. Beschaffungen im offenen oder selektiven Verfahren), sondern auch die Offertunterlagen bei Einladungsverfahren ab.
Bst. f: Während Art. I Bst. f GPA 2012 die elektronische Auktion als iterativen Vorgang bzw. als Prozess umschreibt, bei dem sich die Anbieterinnen gegenseitig überoder unterbieten können, wird sie hier als Instrument bezeichnet. Mit Iteration ist die
wiederholte Anwendung derselben Funktion gemeint. Gegenstand der Angebote können neben dem Preis auch andere Kriterien sein. Denkbar wäre beispielsweise, dass
Anbieterinnen unter dem Kriterium der Realisierungsdauer zusätzliche Punkte in der
Bewertung ihrer Angebote erhalten, sofern sie die Verpflichtung eingehen, eine Leistung schneller zu erbringen (z. B. kürzere Lieferfrist von Gütern). Die elektronische
Auktion kann die Bewertung von Angeboten (etwa für Standardgüter) erleichtern. Die
Modalitäten, insbesondere wann welche Mindestangaben bekannt zu geben sind und
wie eine Auktion beginnt und endet, sind in Art. 25 VE-BöB geregelt. Ausführungen
zur Authentifizierung finden sich in der Verordnung.
Bst. g: Die Definition der «gewerblichen Waren oder Dienstleistungen» entspricht
jener von Art. I Bst. a GPA 2012 und lässt Raum für eine Beurteilung im Einzelfall.
In der Regel soll mit gewerblichen Waren oder Dienstleistungen ein (Erwerbs-)Einkommen erzielt respektive ein Umsatz generiert werden. Wenn beispielsweise MeteoSchweiz IT-Systeme für ihr kommerzielles Datengeschäft beschafft, das sie in Konkurrenz zu Drittanbietern betreibt, ist diese Stelle gewerblich tätig. Für ihre
Beschaffungen im Rahmen des Leistungsauftrags des Bundes untersteht sie demgegenüber dem Beschaffungsrecht.
Bst. h: Öffentliche Unternehmen sind z. B. die Schweizerische Post AG, die Schweizerischen Bundesbahnen AG (SBB) und die Alp Transit Gotthard AG25.
Bst. k: Zu den staatlichen Behörden zählen im Sinne dieses Gesetzes auch die «Einrichtungen des öffentlichen Rechts». Dieser Begriff ist im Bundesrecht für die Unterstellung der Sektorenauftraggeberinnen massgeblich. Er umfasst laut der Legaldefinition in Annex 3 zum Anhang I (Schweiz) des GPA 2012 Einrichtungen, (i) die zum
besonderen Zweck gegründet wurden, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben zu
erfüllen, und die keinen industriellen oder kommerziellen Charakter haben, (ii) die
Rechtspersönlichkeit besitzen und (iii) deren Tätigkeit überwiegend vom Staat, den
Gebietskörperschaften oder anderen Einrichtungen des öffentlichen Rechts finanziert
wird oder deren Leitung einer Kontrolle durch letztere unterliegt oder deren Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgane mehrheitlich aus Mitgliedern bestehen, die
vom Staat, den Gebietskörperschaften oder anderen Einrichtungen des öffentlichen
Rechts ernannt wurden.
Bst. j: Die Definition des Rahmenvertrags gibt die aktuelle Praxis und Lehre zu einem
bisher nicht im Gesetz geregelten Thema wieder und soll zu mehr Rechtssicherheit
führen. Die Konditionen (Preise und gegebenenfalls Mengen) sollen Gegenstand des
Rahmenvertrags sein. Erteilt eine Auftraggeberin mehreren Rahmenvertragspartnerinnen einen Zuschlag, handelt es sich vertragsrechtlich jeweils um bilaterale Vertragsverhältnisse.
25
20
Vgl. BVGer B-4902/2013 vom 14. März 2014, E. 1.1.
Bst. o: Der Begriff «wiederkehrende Leistungen» erstreckt sich auf alle Auftragsarten,
d. h. auf Liefer-, Dienstleistungs- und Bauaufträge. Der Klarheit halber ist darauf hinzuweisen, dass die hier verwendeten Begriffe des Auftrags und der Auftraggeberin
nicht identisch sind mit denen in Art. 394 ff. Obligationenrecht (OR)26. Insbesondere
kommen als Vertragstypen nicht nur Aufträge nach Art. 394 OR in Frage, sondern
ebenso Kauf-, Werk-, Innominatverträge usw.
2. Kapitel
Geltungsbereich
1. Abschnitt
Subjektiver Geltungsbereich
Der subjektive Geltungsbereich des Gesetzes bestimmt sich nach Massgabe der staatsvertraglich eingegangenen Verpflichtungen. Im Vordergrund stehen die Annexe 1 bis
7 zum Anhang I (Schweiz) des GPA 2012, die beschaffungsrelevanten Kapitel und
Anhänge der Freihandelsabkommen mit Drittstaaten sowie die Art. 2 und 3 BilatAbk.
Die Übereinkommen unterscheiden zwischen der Unterstellung zentraler und subzentraler Verwaltungseinheiten auf der einen und sogenannten Sektorenauftraggeberinnen auf der anderen Seite.
Das BilatAbk weitete den subjektiven Geltungsbereich des GPA 1994 nach zwei Seiten hin aus: Zum einen führte es zur Unterstellung der Verwaltungseinheiten auf Stufe
Bezirke und Gemeinden, zum anderen dehnte es den Marktzutritt für Anbieterinnen
auf Aufträge von Auftraggeberinnen aus den Sektoren Schienenverkehr, Gas- und
Fernwärmeversorgung sowie Förderung fossiler Brennstoffe und auf private Sektorenunternehmen aus. Das Verhältnis zwischen der Sektorenunterstellung nach dem
GPA und dem BilatAbk ist komplex und nicht in allen Punkten transparent.
Art. 3
Grundsatz
Der Geltungsbereich des Gesetzes reicht über die staatsvertraglichen Verpflichtungen
des GPA 2012, der Freihandelsverträge mit Drittstaaten und des BilatAbk (Staatsvertragsbereich gemäss Art. 2 Bst. l VE-BöB) hinaus. Sowohl der subjektive als auch der
objektive Geltungsbereich werden erweitert. So sind auch Empfängerinnen von Finanzhilfen des Bundes dem Gesetz unterstellt, wenn die von ihnen beschafften Leistungen zu mehr als 50 Prozent durch öffentliche Gelder finanziert werden. Zudem
werden Aufträge ausserhalb des Staatsvertragsbereichs erfasst: Dem Gesetz unterstellt sind damit beispielsweise auch Dienstleistungen und Bauleistungen, die nicht in
den Anhängen 2 und 3 des Vorentwurfs aufgeführt sind, sowie sämtliche Beschaffungen (Waren, Dienstleistungen, Bauleistungen) mit einem Auftragswert unterhalb der
international festgelegten Schwellenwerte. Für diese Aufträge gilt eine Reihe von Besonderheiten: Zum einen steht mit dem Einladungsverfahren eine zusätzliche Verfahrensart zur Verfügung, zum anderen sind die Anforderungen bezüglich Sprachen und
Fristen flexibler. Zudem sind ausländische Anbieterinnen zu Aufträgen ausserhalb des
Staatsvertragsbereichs nur dann zugelassen, wenn ihr Sitzstaat Gegenrecht gewährt.
Und schliesslich wird, trotz der Einführung eines Beschwerderechts für Beschaffungen im «Nicht-Staatsvertragsbereich», kein umfassender Rechtsschutz gegen Verfügungen der Auftraggeberinnen gewährt.
Der Einbezug weiterer Beschaffungsvorhaben in das binnenrechtliche Vergaberegime
ist aus Gründen des Verfassungsrechts geboten. Insbesondere die Wirtschaftsfreiheit
26
SR 220
21
und das Gebot der Wettbewerbsneutralität (Art. 94 Abs. 1 und 4 BV) verlangen ein
transparentes und diskriminierungsfreies Verfahren bei der Vergabe öffentlicher Aufträge. Entsprechend sind bereits unter geltendem Recht Aufträge ausserhalb des
Staatsvertragsbereichs einer eingehenden vergaberechtlichen Ordnung unterstellt
(3. Kapitel der VöB). Daran wird festgehalten, wobei diese Unterstellung nun stufengerecht im Gesetz erfolgt.
Art. 4
Auftraggeberin
Die subjektive Unterstellung erfolgt anhand der Legaldefinition der «Auftraggeberin». Im GPA 2012 ist die allgemeine Unterstellung für den Bund und die Kantone je
unterschiedlich geregelt. Die kantonalen Beschaffungsbehörden sowie die Behörden
auf Bezirks- und Gemeindeebene werden generell-abstrakt unterstellt.
Abs. 1
Massgebend für die Unterstellung der zentralen und dezentralen Verwaltungseinheiten des Bundes ist die indikative Liste in Annex 1 zum Anhang I (Schweiz) des GPA
2012, die sich an den Anhängen I und II der Regierungs- und Verwaltungsorganisationsverordnung (RVOV)27 orientiert. Während die Aufzählung der dem GPA 1994
unterstellten Verwaltungseinheiten abschliessend war28, lässt die exemplarische Liste
im GPA 2012 Raum für Entwicklungen und Anpassungen. Unterstellt sind beispielsweise das Eidgenössische Institut für Geistiges Eigentum (IGE), das Schweizerische
Heilmittelinstitut (swissmedic), die Pensionskasse des Bundes (PUBLICA), die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (FINMA), die Eidgenössische Alkoholverwaltung
(EAV), aber auch die Eidgenössischen Technischen Hochschulen in Lausanne
(EPFL) und Zürich (ETHZ), das Paul Scherrer Institut (PSI), Schweiz Tourismus
(ST), die Schweizerische Exportrisikoversicherung (SERV) und der Swiss Investment
Fund for Emerging Markets (SIFEM AG). Binnenverweise, d. h. Verweise von einem
landesrechtlichen Erlass auf einen anderen – wie vorliegend auf das Regierungs- und
Verwaltungsorganisationsgesetz (RVOG)29 – sind immer gleitend. Da folglich für die
Unterstellung jeweils die zum Zeitpunkt der Ausschreibung geltende Fassung der
RVOV zu beachten ist (Bst. a), werden auch Behörden und Verwaltungseinheiten erfasst, die bis oder erst nach Inkrafttreten des Gesetzes entstehen und deshalb vorher
noch nicht im Anhang zur RVOV aufgeführt sind.
Das Gesetz gilt – vorbehältlich spezialgesetzlicher Regelungen – nicht nur für die
zentralen und dezentralen Verwaltungseinheiten, sondern auch für die rechtsetzenden
oder –anwendenden Behörden (Bst. b bis d). Die Ausnahme für Militärgerichte (Bst.
b) ergibt sich aus dem Umstand, dass diese Gerichte als militärische Formationen der
Armee angehören und im Vergleich zu zivilen Gerichten nicht über feste Standorte
und eine Verwaltung mit eigenem Einkauf verfügen, sondern ihre Leistungen über
verschiedene Verwaltungseinheiten des Bundes beziehen. Dementsprechend sind andere, bereits unterstellte Vergabebehörden für die Beschaffungsbedürfnisse der Militärgerichte zuständig (z. B. die zentralen Beschaffungsstellen).
Obwohl keine entsprechende staatsvertragliche Pflicht besteht, sollen neu auch Empfänger und Empfängerinnen von Finanzhilfen des Bundes dem Bundesbeschaffungsrecht unterstellt werden (Bst. e). Diese werden jedoch nur zu öffentlichen Auftraggeberinnen gemäss VE-BöB, wenn sie Waren, Dienstleistungen oder Bauleistungen
27
28
29
22
SR 172.010.1
Vgl. BVGer B-6177/2008 vom 20. Oktober 2008, E. 3.
Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz vom 21. März 1997, SR 172.010.
beschaffen, die zu mehr als der Hälfte mit öffentlichen Geldern finanziert werden. Die
IVöB kennt eine ähnliche Regelung, weshalb für Objekte und Leistungen, die zu mehr
als 50 Prozent mit öffentlichen Geldern subventioniert sind, das kantonale Beschaffungsrecht anwendbar ist (Art. 4 Abs. 3 Bst. b E-IVöB). Um die Anwendung und
insbesondere die Abgrenzung dieser Bestimmungen zu erleichtern, kommt die Unterstellung gemäss VE-BöB subsidiär, d.h. nur dann zum Zug, wenn die IVöB nicht anwendbar ist.
Abs. 2
Die Sektorenunterstellung im GPA und im BilatAbk erfolgt für den Bund und für die
Kantone einheitlich. Während der öffentliche Verkehr in der Luft und auf Flüssen per
se nicht unterstellt ist, findet das Gesetz auf sogenannte Verkehrsendeinrichtungen
Anwendung (Bst. c und d). Dabei handelt es sich um Häfen, Flughäfen, Umschlagplätze, Terminals und ähnliche Einrichtungen, welche die Schnittstelle am Ende der
jeweiligen Verkehrsverbindungen bilden.
Eine besondere Stellung nehmen die Postdienste ein. Dieser Bereich betrifft einzig
die Bundesebene (GPA); das BilatAbk findet auf Unternehmen, die Postdienste erbringen, keine Anwendung. Im GPA 1994 waren die Postdienste bzw. war die Post
noch im Annex 1 aufgelistet. Entsprechend wurden die Post- und Automobildienste
der Schweizerischen Post (ursprünglich noch der PTT-Betriebe) dem Beschaffungsrecht unterstellt, soweit sie nicht Tätigkeiten in Konkurrenz zu Dritten ausüben (Art.
2 Abs. 1 Bst. d BöB). Diese Regelung war in der Praxis insbesondere mit Blick auf
Beschaffungen für den Gesamtkonzern teilweise mit schwierigen Abgrenzungsfragen
verbunden. So stellten sich gerade mit zunehmender Liberalisierung des Postmarktes
(z. B. Paketpost) regelmässig Fragen zur Konkurrenzsituation. Im GPA 2012 sind nun
die Unternehmen, die Postdienste erbringen, neu und beschränkt auf ihre Tätigkeiten
aufgrund eines ausschliesslichen Rechts (reservierter Dienst) im Annex 3 (Sektorenunterstellung) aufgeführt. Folgerichtig und entsprechend der Systematik erfolgt ihre
Unterstellung hier im Gesetz nun ebenfalls im Bereich der Sektorenauftraggeberinnen
(Bst. e). Demnach sind Unternehmen, die Postdienste anbieten, nur dann und soweit
dem Gesetz unterstellt, als sie einen reservierten Dienst gemäss Art. 18 Postgesetz
(PG)30 anbieten und für diese Tätigkeit Liefer-, Dienstleistungs- oder Bauaufträge
vergeben. Somit bleibt die Post bei Beschaffungen für den Monopolbereich (Beförderung von Briefen bis 50 g) wie bis anhin ausschreibungspflichtig. Zu denken ist
etwa an den Kauf von Sortiermaschinen für leichte Briefe und Behältnisse für den
Transport solcher Briefe. Will die Post jedoch z. B. Leistungen für die Paketpost einkaufen oder für den Konzern IT-Produkte oder IT-Dienstleistungen beschaffen, die
nicht unmittelbar der Erbringung des reservierten Dienstes dienen, ist sie nicht Auftraggeberin im Sinne von Art. 4 Abs. 2 Bst. e VE-BöB. Sollen Liefer-, Bau- oder
Dienstleistungsaufträge unmittelbar der Erbringung von Postdiensten sowohl innerhalb wie ausserhalb des reservierten Dienstes dienen, so ist darauf abzustellen, für
welche Postdienste die Beschaffung überwiegend eingesetzt wird.
Bst. f betrifft den Schienenverkehr: In diesem Sektor sind insbesondere die SBB, Unternehmen im überwiegenden Eigentum der SBB (wie die Alp Transit Gotthard AG)
sowie andere Betreiber von Eisenbahnanlagen, die unter einem beherrschenden Einfluss des Bundes stehen (z. B. Matterhorn Gotthard Infrastruktur AG) dem Gesetz
unterstellt. Faktischer Anknüpfungspunkt ist der Bau und der Betrieb von Schienen.
30
Postgesetz vom 17. Dezember 2010, SR 783.0.
23
Nicht unmittelbar damit zusammenhängende Tätigkeiten der unterstellten Unternehmen sind ausgenommen. Für jede Beschaffung ist im Einzelfall zu prüfen, ob ein unmittelbarer oder mittelbarer Zusammenhang zum Schienenverkehr besteht. Auch Anbieterinnen von Dienstleistungen des Schienenverkehrs unterstehen dem
Beschaffungsrecht, sofern die in Frage stehenden Tätigkeiten unmittelbar etwas mit
dem Bereich Verkehr zu tun haben.31 Ein unmittelbarer Bezug zum Bereich Verkehr
ist namentlich beim Bau und Betrieb der Bahninfrastruktur, bei der Beschaffung und
beim Unterhalt von Schienen und Rollmaterial, bei den klassischen Bahnhofsbereichen (Bahnhofshalle, Wartesaal, Schalterhalle, Ticketautomaten etc.) gegeben. Der
unmittelbare Bezug fehlt aber z. B. im Bereich der kommerziellen Drittnutzung von
Bahnhofteilen oder wenn die SBB Güter und Dienstleistungen für ihr Reisebüro
RailAway einkauft.
Die Unterstellung des städtischen Nahschienenverkehrs gemäss GPA 2012 sowie die
entsprechenden Schwellenwerte werden in der revidierten IVöB geregelt.
Die Sektorenunterstellung erfolgt unter dem Vorbehalt, dass in einem Tätigkeitsbereich kein Wettbewerb herrscht. Während das GPA 2012 den Begriff des «uneingeschränkten Wettbewerbs» verwendet und das BilatAbk darauf abstellt, ob andere Unternehmen die Möglichkeit haben, diese Tätigkeiten «in demselben geografischen
Gebiet zu den im Wesentlichen gleichen Bedingungen» anzubieten, wird hier in Übereinstimmung mit dem kartellrechtlichen Vokabular auf den «wirksamen Wettbewerb»
abgestellt. Sind Sektorenauftraggeberinnen bei ihren Tätigkeiten dem wirksamen
Wettbewerb ausgesetzt, unterstehen sie nicht dem öffentlichen Beschaffungsrecht.
Bei wirksamem Wettbewerb kann der Bundesrat Beschaffungen in diesem Markt
ganz oder teilweise von der Unterstellung unter das öffentliche Beschaffungsrecht befreien (Ausklinkverfahren gemäss Art. 7 VE-BöB).
Ob wirksamer Wettbewerb vorliegt oder nicht, ist anhand der indikativen Kriterien zu
entscheiden, die der Ausschuss für das öffentliche Beschaffungswesen in Anwendung
von Art. XIX:8 Bst. b GPA 2012 dereinst festlegen wird. Nicht förderlich für die
Rechtssicherheit wäre, wenn künftig jede Auftraggeberin selbst entscheiden könnte,
ob in ihrem jeweiligen Tätigkeitsbereich wirksamer Wettbewerb herrscht. Bei der Beurteilung der wettbewerbsrelevanten Aspekte nehmen die WEKO und das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr und Kommunikation (UVEK) eine zentrale
Rolle ein: So konnte die Ausklinkung des Telekommunikationssektors im Jahr 2002
und des Güterschienenverkehrs auf der Normalspur im Jahr 2007 nur im Lichte eines
vorgängigen Prüfberichts der WEKO beurteilt werden. Selbstverständlich werden der
WEKO im Sinne einer Richtschnur die zukünftigen – zurzeit unter dem Vorsitz der
EU in Verhandlung stehenden – indikativen Kriterien zur Verfügung gestellt. Am Erfordernis eines formellen Ausklinkverfahrens wird daher festgehalten. Sektorenauftraggeberinnen und Tätigkeiten, die schon nach bisherigem Recht von der Unterstellung befreit sind, bleiben dies weiterhin. Ein neues Ausklinkverfahren ist nicht nötig.
Abs. 3 entspricht Art. 2d VöB und dient der Klarstellung. Die beschaffungsrechtlichen
Vorgaben gelten auch für Dritte, die stellvertretend oder im Auftrag einer Auftraggeberin beschaffen. Durch die Vorschaltung einer (zentralen) Beschaffungsstelle oder
die Auslagerung dieser Arbeiten an Dritte kann das Gesetz nicht unterlaufen werden.
Art. 5
31
24
Anwendbares Recht
Vgl. BKB 2003-021 vom 5. November 2003, E. 1 f.
Im Zusammenhang mit dem anwendbaren Recht stellt sich unter anderem die Frage
von Ausschreibungen betreffend die Suche und Wahl von privaten Investoren, z. B.
bei «Public Private Partnership» (PPP). PPP bezeichnet in der Regel die partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen der öffentlichen Hand und privaten Wirtschaftsakteuren mit dem Ziel, öffentliche Aufgaben zu erfüllen.32 Die Anwendbarkeit des Beschaffungsrechts auf PPP-Projekte ergibt sich nicht etwa aus Verfahren zur
Finanzierung von Beschaffungen, sondern ist – insbesondere anhand der abzuschliessenden Verträge – fallweise zu beurteilen.33 Da PPP-Projekte sehr vielfältige Formen
annehmen können und der vorhandene Spielraum nicht unnötig eingegrenzt werden
soll, wird auf eine gesetzliche Regelung verzichtet.
Abs. 1 und 2
Bereits das geltende Recht enthält in Art. 2c VöB und auf kantonaler Ebene in Art. 8
Abs. 3 und 4 IVöB Kollisionsregeln für gemeinsame Beschaffungen von Auftraggeberinnen gleicher oder verschiedener Stufen. Diese Regeln werden hier ergänzt und
systematisch neu geordnet. In der Regel kommt das Recht am Sitz der Hauptauftraggeberin zur Anwendung. Wer Hauptauftraggeberin ist, bestimmt sich nach monetären
Kriterien. Wird z. B. eine gemeinsame Beschaffung von Bund und Kantonen mehrheitlich mit kantonalen Geldern finanziert, ist kantonales Recht anwendbar.
Abs. 3 und 4
Die in Abs. 3 und 4 vorgesehene Rechtswahl der beteiligten Auftraggeberinnen dient
der optimalen Ressourcennutzung. Beispiele für wahlberechtigte Unternehmen nach
Abs. 3 sind: Flughafen Zürich AG, BLS AG oder Kernkraftwerk Leibstadt AG.
Zwecks Rechtssicherheit sollte die Rechtswahl nicht von Fall zu Fall, sondern über
eine gewisse Zeitspanne Bestand haben. Die Rechtswahl führt in keinem Fall dazu,
dass eine Auftraggeberin oder deren Beschaffungen von der Unterstellung unter das
Beschaffungsrecht befreit werden. Die Verordnung regelt die Einzelheiten, z. B. die
Bekanntmachung der Rechtswahl.
Abs. 5
Verschiedene Sektorenerlasse des Bundes enthalten spezifische Vorschriften zum anwendbaren Vergaberecht, so z. B. Art. 8 Bundesgesetz über die zukünftige Entwicklung der Bahninfrastruktur (ZEBG)34, Art. 38 f. Nationalstrassenverordnung (NSV)35,
Art. 15 Abs. 2 Strukturverbesserungsverordnung (SVV)36 oder Art. 3a Stromversorgungsgesetz (StromVG)37 für die Konzessionsvergabe für Übertragungs- und Verteilnetze. Diese spezialgesetzlichen Kollisionsregeln gehen den allgemeinen Bestimmungen von Art. 5 VE-BöB vor.
Art. 6
Anbieterinnen
Abs. 1
Im Rahmen der völkerrechtlichen Verpflichtungen, namentlich der im GPA 2012, im
BilatAbk und in beschaffungsrelevanten Abkommen mit Drittstaaten bewirkten
32
33
34
35
36
37
Vgl. Verein PPP Schweiz, Allgemeine Fragen zum PPP-Modell. Abrufbar unter:
www.ppp-schweiz.ch/faq/ (Stand: 15. Januar 2015).
Vgl. Galli/Moser/Lang/Steiner, Praxis des öffentlichen Beschaffungsrechts, 3. Auflage,
Zürich, 2013. Rz. 270 ff.
SR 742.140.2
SR 725.111
SR 913.1
SR 734.7
25
Marktöffnung, wird ausländischen Anbieterinnen der rechtsgleiche Marktzutritt ermöglicht.
Abs. 2
Der Gegenrechtsvorbehalt in Abs. 2 entspricht der heutigen Regelung in Art. 4 BöB.
Der Marktzutritt reicht jeweils nur soweit, als gegenseitige Verpflichtungen eingegangen wurden. Die Gegenausnahme des Alpentransit-Gesetzes (AtraG)38 bleibt wie unter geltendem Recht vorbehalten.
Abs. 3
Gegenrecht bedeutet vergleichbaren und effektiven Marktzutritt schweizerischer Anbieterinnen zu ausländischen Beschaffungsmärkten. Zur besseren Orientierung ist
dem Bund (SECO) aufgetragen, eine indikative Liste der Staaten zu führen, die Gegenrecht gewähren. Diese Liste wird regelmässig aktualisiert und veröffentlicht. Sie
führt insbesondere Länder auf, mit denen die Schweiz beschaffungsrechtliche Abkommen abgeschlossen hat. Diese Informationen werden sodann mit einem elektronischen Link zu den jeweiligen Abkommen und Anhängen verknüpft. Die Verordnung regelt die Einzelheiten.
Art. 7
Befreiung der Sektorenauftraggeberinnen
Abs. 1
Das sogenannte Ausklinkverfahren bei wirksamem Wettbewerb zwischen den Auftraggeberinnen ist bereits unter dem geltenden Recht bekannt (Art. 2b VöB sowie
Verordnung des UVEK über die Nichtunterstellung unter das öffentliche Beschaffungswesen). Es stand bisher nur für Auftraggeberinnen nach Art. 2a VöB bzw. Art.
4 Abs. 2 Bst. cbis IVöB, d. h. für nach dem BilatAbk unterstellte Auftraggeberinnen
zur Verfügung. Mit Rücksicht auf die Anmerkung 2 zum Annex 3 zum Anhang I
(Schweiz) des GPA 2012 soll das Ausklinkverfahren neu auf alle Sektorenmärkte erstreckt werden, soweit in diesen wirksamer Wettbewerb besteht. Dem Interkantonalen
Organ für das öffentliche Beschaffungswesen (InöB) stehen Antrags- und Konsultationsrechte zu. Schon nach geltendem Recht von der Unterstellung befreite Sektorenmärkte und darin tätige Auftraggeberinnen bleiben dies, ohne dass es eines neuen
Ausklinkvervahrens bedarf.
Die Anforderungen an die Ausklinkung sind für staatliche Behörden und öffentliche
Sektorenunternehmen gemäss Annex 3 zum Anhang I zum GPA 2012 auf der einen
und für Auftraggeberinnen nach Art. 3 BilatAbk auf der anderen Seite je gleich auszugestalten. Wird auf Antrag einer Auftraggeberin ein Tätigkeitsbereich von der Unterstellung befreit, so soll diese Befreiung auch für die anderen im entsprechenden
Bereich tätigen Auftraggeberinnen gelten, selbst wenn sich diese nicht am Verfahren
beteiligt haben (erga omnes Wirkung).
Die Befreiung von der Unterstellung tritt erst mit Abschluss des Verfahrens gemäss
Art. XIX GPA 2012 ein. Dieses Verfahren sieht eine Notifikation der Vertragspartner
sowie daran anschliessend ein Einwendungs- und Konsultationsverfahren vor. Können Differenzen nicht einvernehmlich ausgeräumt werden, kann jede Vertragspartei
des GPA ein spezielles Schiedsgericht anrufen.
Abs. 2 und 3
38
26
SR 742.104
Was unter «wirksamem Wettbewerb» zu verstehen ist, richtet sich nach der Praxis der
WEKO. Der Bundesrat hat daher im Rahmen der Ausklinkung nebst den Kantonen
und den betroffenen Wirtschaftskreisen die WEKO zu konsultieren. Dabei sind die
indikativen Kriterien, die gestützt auf Art. XIX:8 Bst. b GPA 2012 im Beschaffungsausschuss der WTO in Erarbeitung sind, zu berücksichtigen.
Bei der Regelung des Verfahrens zur Befreiung von der Unterstellung hat der Bundesrat das InöB zu konsultieren.
2. Abschnitt
Objektiver Geltungsbereich
Der Begriff des «öffentlichen Auftrags» definiert den objektiven Geltungsbereich des
Beschaffungsrechts. Während das GPA 1994 den Begriff nicht umschrieb, sondern
voraussetzte, findet sich in Art. II:2 GPA 2012 der Versuch einer Begriffsbestimmung. Danach ist das Übereinkommen anwendbar auf öffentliche Beschaffungen (i)
von Waren, Dienstleistungen oder einer Kombination von beidem; (ii) die nicht im
Hinblick auf den gewerblichen Verkauf oder Wiederverkauf erworben werden; (iii)
durch vertragliche Mittel (d. h. nicht auf dem Weg der Verstaatlichung oder Enteignung); (iv) soweit diese Leistungen nicht nach den jeweiligen Länderanhängen vom
Geltungsbereich ausgeschlossen sind und (v) ihr Wert den Schwellenwert nach den
Länderanhängen übersteigt.
Im Binnenrecht (BöB, VöB und IVöB/VRöB) wurde bisher auf eine Definition des
öffentlichen Auftrags verzichtet. Die Rechtsprechung hat fallweise Kriterien für die
objektive Unterstellung formuliert. Dies führte zu einer Rechtsunsicherheit, die beseitigt werden soll.
In Art. 2 Abs. 1 Ziff. 5 der Richtlinie 2014/24/EU39 findet sich folgende Definition:
«Für die Zwecke dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck «öffentliche Aufträge»
zwischen einem oder mehreren Wirtschaftsteilnehmern und einer oder mehreren öffentlichen Auftraggeberinnen schriftlich geschlossene entgeltliche Verträge über die
Ausführung von Bauleistungen, die Lieferung von Waren oder die Erbringung von
Dienstleistungen». Diese Definition vermischt die verschiedenen Auftragsarten mit
der Grundfrage, wann überhaupt eine öffentliche Beschaffung vorliegt. Aus systematischen Gründen sind diese beiden Themen auseinander zu halten.
Art. 8
Öffentlicher Auftrag
Abs. 1
Eine öffentliche Beschaffung ist ein Geschäft, mit welchem sich die öffentliche Hand
gegen Bezahlung die Sachmittel und Leistungen beschafft, die sie für die Erfüllung
ihrer Aufgaben benötigt. Die beschaffte Leistung muss es der öffentlichen Auftraggeberin ermöglichen oder erleichtern, eine ihr zugewiesene öffentliche Aufgabe zu erfüllen. Öffentliche Auftraggeberinnen im Sinne dieses Gesetzes sind Verwaltungseinheiten, Behörden sowie Unternehmen, die eine Leistung beschaffen, eine öffentliche
Aufgabe übertragen oder eine Konzession verleihen (vgl. Art. 4 VE-BöB). Im Rahmen der Erläuterungen werden bisweilen die Vergabe- und die Beschaffungsstelle als
Synonym verwendet.
39
Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014
über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG, ABl.
der EU L 094 vom 28. März 2014, S. 65.
27
Anstelle des Begriffs der «öffentlichen Beschaffung» oder des «Beschaffungsgeschäfts» wird im Einklang mit dem europäischen Recht meist vom «öffentlichen Auftrag» gesprochen. Dieser ist jedoch nicht deckungsgleich mit dem Auftrag im Obligationenrecht.
Erstes Begriffselement ist die Erfüllung einer staatlichen Aufgabe. Staatliche Aufgaben sind all jene Aufgaben, die der Staat aufgrund eines Rechtssatzes zu erfüllen hat.
Sie reichen von polizeilichen Aufgaben bis zur Daseinsvorsorge und dem Umweltschutz. Demgegenüber fallen Aufgaben, die rein privaten Interessen dienen, nicht in
den Geltungsbereich des Beschaffungsrechts.40 Eine Besonderheit und in manchen
Fällen verwandt mit der Public Private Partnership bilden Sponsoringverträge. Ob und
gegebenenfalls wie Sponsoringverträge als öffentlicher Auftrag zu qualifizieren sind,
ist wie bei der Public Private Partnership anhand des konkreten Vertragsinhalts zu
beurteilen. Dabei ist neben des Merkmals, dass eine öffentliche Aufgabe verfolgt
wird, auch zu prüfen, ob durch die beabsichtigte Transaktion in den Anbieterwettbewerb eingegriffen wird und welche anderen (spezialgesetzlichen) Bestimmungen das
Auswahlermessen der Behörde eingrenzen.
Nur entgeltliche Verträge unterstehen dem Gesetz. Dies ist nach zwei Seiten hin zu
präzisieren: Zum einen ist es nicht erforderlich, dass die Gegenleistung regelmässig
in Form von Geld erfolgt. Auch geldwerte Vorteile (wie die Möglichkeit, ein ausschliessliches Recht zu nutzen) fallen unter die Legaldefinition. Zum anderen muss
die (geldwerte) Gegenleistung nicht notwendigerweise von der Auftraggeberin erbracht werden. Auch das seitens Dritter erhaltene Entgelt, das in direktem Zusammenhang zum öffentlichen Auftrag steht, erfüllt die Anforderung der Entgeltlichkeit.
Immer muss indessen ein Austauschverhältnis (Synallagma) vorliegen, in welchem
die öffentliche Auftraggeberin als Abnehmerin der Leistung auftritt. Einseitige Verträge wie Schenkungen oder unvollkommen zweiseitige Verträge wie eine Gebrauchsleihe stellen keine öffentlichen Aufträge dar.
Schliesslich kann nur dann von einem öffentlichen Auftrag gesprochen werden, wenn
die Auftraggeberin die charakteristische Leistung beschafft, nicht aber, wenn sie diese
zur Verfügung stellt. Charakteristisch ist immer diejenige Leistung, die (mit Geld oder
geldwerten Vorteilen) entgolten wird. Nicht erforderlich ist, dass die öffentliche Auftraggeberin die so beschaffte charakteristische Leistung auch selber nutzt. Die Nutzung durch Dritte (Begünstigte der staatlichen Aufgabe) ändert nichts an der Qualifikation als öffentlicher Auftrag. Vereinfacht gesagt handelt es sich bei öffentlichen
Beschaffungen um «Einkäufe des Staates».
Während das Unionsrecht die Schriftform des Beschaffungsvertrags vorschreibt, wird
im Rahmen der Definition auf dieses Kriterium verzichtet. Aus Beweisgründen sind
öffentliche Aufträge jedoch regelmässig schriftlich abzuschliessen (so auch Art. 29
Abs. 1 VöB).
Abs. 2
Die Frage, ob auch Vergaben von Konzessionen dem Beschaffungsrecht zu unterstellen sind, ist komplex und wird kontrovers diskutiert. Im Gegensatz zu «Baukonzessionen» – welche namentlich in der EU und den EFTA-Staaten (ausser der Schweiz und
Korea) unterstellt sind – werden sogenannte «Dienstleistungskonzessionen» weder
vom GPA 1994 noch vom GPA 2012 erfasst. Es besteht somit im Lichte der völker-
40
28
Statt vieler: Urteil des BGer 2C_198/2012 vom 16. Oktober 2012.
rechtlichen Verpflichtungen der Schweiz keine Verpflichtung, die Vergabe von Konzessionen zu unterstellen. Falls die Schweiz eines Tages Baukonzessionen einführen
sollte, müsste die Vergabe gegenüber den genannten Staaten Gegenstand einer öffentlichen Ausschreibung sein (gemäss Anhang 6 der jeweiligen GPA-Verpflichtung verfügt die Schweiz bereits explizit über ein Gegenrecht).
Konzessionen sind vielgestaltig – die Konzession gibt es nicht. Die Unterstellung unter das Beschaffungsrecht erfolgt immer dann, wenn eine staatliche Aufgabe infrage
steht. Dabei spielt es keine Rolle, ob gesetzliche Monopole oder ganz einfach Aufgaben übertragen und z. B. durch Abgeltungen (nicht jedoch Finanzhilfen gemäss Subventionsgesetz41) oder auf andere Weise entschädigt werden, die dem Staat vorbehalten sind. Damit sind nicht irgendwelche diffuse öffentliche Interessen angesprochen,
sondern Bereiche, in denen den Staat eine Erfüllungsverantwortung trifft. Als Beispiele mögen Politikbereiche wie die Polizei, d. h. der Schutz der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, die Gesundheits- oder die Sozialpolitik dienen. Ist der Staat etwa
von Gesetzes wegen gehalten, Arbeitslosen die Wiedereingliederung in das Erwerbsleben zu erleichtern (durch sog. arbeitsmarktrechtliche Massnahmen) und lässt er
diese Aufgabe durch Dritte erbringen und aus den Mitteln der Arbeitslosenversicherung finanzieren, dann ist die Übertragung dieser staatlichen Aufgabe öffentlich nach
den Regeln des Beschaffungsrechts auszuschreiben. Dies erlaubt einen Wettbewerb
unter den Anbieterinnen solcher Leistungen und sichert einen wirtschaftlichen Umgang mit den Geldern der Arbeitslosenversicherung.
Konzessionen, die nicht im Zusammenhang mit staatlichen Aufgaben stehen (z. B.
Sondernutzungskonzessionen) werden nicht erfasst. Für Kantone und Gemeinden gilt
in diesem Zusammenhang weiterhin die Ausschreibepflicht nach Art. 2 Abs. 7
BGBM. Auch bei Monopolkonzessionen und Konzessionen öffentlicher Dienste bietet das Beschaffungsrecht mit seinem Fokus auf Wettbewerb und Wirtschaftlichkeit
nicht in allen Fällen den passenden Rahmen für die Konzessionsvergabe. Spezialgesetzliche Regeln gehen daher vor und werden vorbehalten (vgl. z. B. Art. 3a
StromVG42 und Art. 38 ff. WRG43). So kennt zum Beispiel Art. 6 des Eisenbahngesetzes44 für die Infrastrukturkonzessionen keine Ausschreibungspflicht. Auch das
Personenbeförderungsgesetz45 kennt keine allgemeine Ausschreibungspflicht. Auszuschreiben sind Angebote auf der Strasse (Art. 32 Abs. 1 PBG); solche auf der Schiene
können ausgeschrieben werden (Art. 32 Abs. 3 PBG). Wo eine Ausschreibung erfolgt,
werden schon heute die Ausschreibungsverfahren mit dem Verfahren zur Erteilung
oder Erneuerung der Konzession koordiniert. Der Vergabeentscheid aus dem Ausschreibungsverfahren sowie die Erteilung oder Erneuerung der Konzession sind Teil
derselben Verfügung (Art. 32b PBG). Weitere Bereiche, die vom Beschaffungsrecht
ausgenommen bleiben, finden sich im Fernmelderecht. Dies betrifft einerseits die Erteilung einer Funkkonzession gemäss Art. 24 FMG46 und anderseits die Übertragung
der Verwaltung und Zuteilung bestimmter Adressierungselemente auf Dritte gemäss
Art. 28 Abs. 2 FMG. Mit der vorliegenden Revision des Beschaffungsrechts sind,
soweit notwendig, auch die spezialgesetzlichen Ausnahmen explizit zu regeln (vgl.
Art. 63 VE-BöB).
41
42
43
44
45
46
Bundesgesetz vom 5. Oktober 1990 über Finanzhilfen und Abgeltungen, SR 616.1.
Bundesgesetz vom 23. März 2007 über die Stromversorgung, SR 734.7.
Bundesgesetz vom 22. Dezember 1916 über die Nutzbarmachung der Wasserkräfte, SR
721.80.
Eisenbahngesetz vom 20. Dezember 1957, SR 742.101.
Bundesgesetz vom 20. März 2009 über die Personenbeförderung, SR 745.1.
Fernmeldegesetz vom 30. April 1997, SR 784.10.
29
Art. 9
Auftragsarten
Abs. 1
Öffentliche Aufträge gemäss diesem Gesetz sind Bauaufträge, Lieferaufträge und
Dienstleistungsaufträge sowie gemischte Aufträge. Diese Gliederung wird bereits im
BöB sowie in der IVöB und in den VRöB verwendet. Im geltenden BöB wird die
Vergabe öffentlicher Liefer-, Dienstleistungs- und Bauaufträge schon im Zweckartikel erwähnt. Welche konkreten Leistungen Gegenstand von Liefer-, Bau-und Dienstleistungsaufträgen im Staatsvertragsbereich sein können, ergibt sich aus den Anhängen 1, 2 und 3 des Gesetzes (Abs. 3). Werden in einem Auftrag Bau- und
Dienstleistungen kombiniert, wie dies bei Total- oder Generalunternehmerverträgen
der Fall ist, ist der gesamte öffentliche Auftrag als Bauleistung zu qualifizieren.
Abs. 2
Unter gemischten Leistungen sind öffentliche Aufträge zu verstehen, welche sich aus
verschiedenen Auftragsarten gemäss Art. 9 VE-BöB zusammensetzen. Dies ist bei ITProjektverträgen regelmässig der Fall. Die Zuordnung gemischter Leistungen ist für
die Bestimmung des Schwellenwerts (vgl. Art. 10 VE-BöB) relevant. Entsprechend
der von der Rechtsprechung entwickelten Schwergewichtstheorie soll sich auch hier
bei einer gemischten Leistung die vergaberechtliche Natur des Gesamtgeschäfts nach
der in finanzieller Hinsicht überwiegenden Teilleistung richten.47 Als Pendant zum
Zerstückelungsverbot in Art. 17 Abs. 2 VE-BöB wird hier ein Misch- und Bündelungsverbot statuiert. So ist es beispielsweise nicht zulässig, im Schatten der nach Art.
12 VE-BöB vom Beschaffungsrecht ausgenommenen Tatbestände weitere – unterstellte – Dienstleistungen und Güter zu beschaffen, wenn dadurch das Gesetz umgangen wird. Eine rechtswidrige Absicht der Auftraggeberin wird nicht vorausgesetzt.
Abs. 3
Im Staatsvertragsbereich unterstehen diesem Gesetz die Aufträge nach Massgabe der
Anhänge 1 bis 3, wobei Anhang 1 die Positivliste für das Material für Verteidigung
und Sicherheit enthält. Anhang 1 Bst. a erfasst nicht nur militärische, sondern auch
andere mit der Sicherheit beauftragte Auftraggeberinnen (z. B. Grenzwache, Zollbehörden) und unterstellt sämtliche Güter, die nicht von solchen Auftraggeberinnen beschafft werden, dem Gesetz. Anhang 2 enthält die Positivliste für Dienstleistungen
und Anhang 3 die Positivliste für Bauleistungen. Diese Anhänge entsprechen den Annexen 4, 5 und 6 des Anhangs I (Schweiz) zum GPA 2012.
In den Staatsvertragsbereich fallen ausschliesslich die in der Positivliste abschliessend
genannten Dienstleistungskategorien. Während beispielsweise Informatikdienstleistungen (CPC Klassifikation 84) unterstellt sind, trifft dies auf den Personalverleih
(CPC Klassifikation 872) nicht zu – selbst wenn er im Informatikbereich erfolgt.48
Die nicht aufgeführten Dienstleistungen sind daher nach Massgabe der Vorschriften
für Vergaben ausserhalb des Staatsvertragsbereichs auszuschreiben. Während der
Rechtsmittelweg für diese Beschaffungen nach geltendem Recht nicht offen steht49,
soll künftig auch bei Aufträgen ausserhalb des Staatsvertragsbereichs Rechtsschutz
47
48
49
30
Vgl. BRK 1997-015 (VPB 63.15), E. 1d; BRK 2001-007 (VPB 66.5), E. 2a; BRK 2003025 vom 16. Dezember 2003, E. 1; BRK 2005-004 vom 11. August 2005, E. 2a/bb;
BVGer B-5084/2007 vom 28. Oktober 2008, E. 1.2; BVGer B-1773/2008 vom 25. September 2008, E. 4.3; BVGer B-1470/2010 vom 29. September 2010, E. 1.3.
Vgl. BVGer B-1687/2010 vom 21. Juni 2011, E. 5.2 ff.
Vgl. BVGer B-3060/2010 vom 27. August 2010, E. 3.7.
gewährt werden. Voraussetzung für diesen Rechtsschutz in Form eines einfachen und
raschen Verfahrens ist ein Auftragswert ab 150 000 Franken.
Art. 10
Schwellenwerte
Abs. 1
Die Schwellenwerte des Staatsvertragsbereichs sind in Annex 1, 2 und 3 (Sektoren)
zum Anhang I der Schweiz zum GPA 2012, in Art. 3 Abs. 4 BilatAbk sowie in den
Anhängen der marktzugangsrelevanten Abkommen mit Drittstaaten enthalten. Die
Schwellenwerte werden künftig in einer neuen Verordnung über die Schwellenwerte
im öffentlichen Beschaffungswesen (Schwellenwertverordnung, SWV) publiziert.
Diese wird die bisherige Verordnung des WBF über die Anpassung der Schwellenwerte im öffentlichen Beschaffungswesen50 ersetzen und gibt – analog zum Anhang
der IVöB – einen Überblick über die für die Wahl des jeweiligen Beschaffungsverfahrens einschlägigen Schwellenwerte.
Während es den Vertragsstaaten erlaubt ist, tiefere Schwellenwerte vorzusehen, dürfen sie ihre Schwellenwerte nicht über die staatsvertraglichen Vorgaben hinaus erhöhen. Das Gesetz findet – mit den in den jeweiligen Bestimmungen enthaltenen Einschränkungen – auch auf unterschwellige Beschaffungen Anwendung, wobei dort
zusätzliche Verfahren (Art. 22 VE-BöB: Einladungsverfahren) zur Verfügung stehen
und nicht umfassend Rechtsschutz gewährt wird.
Abs. 2
Da die Schwellenwerte des GPA sowie die Freihandelsabkommen mit Drittstaaten in
Sonderziehungsrechten (SZR) und die Schwellenwerte des BilatAbk in Euro ausgedrückt sind, unterliegen die Werte in Schweizer Franken einer periodischen Anpassung. Massgebend für die Umrechnung ist die entsprechende Entscheidung des WTOAusschusses über das öffentliche Beschaffungswesen. Die Schwellenwerte werden
daher nicht auf Gesetzesstufe wiedergegeben. Das WBF passt sie periodisch, d. h. alle
zwei Jahre, den veränderten Wechselkursen an. Die Anpassung der Schwellenwerte
erfolgt nach vorgängiger Konsultation der Kantone sowie mit dem Einverständnis des
EFD.
Abs. 3 und 4
Diese Bestimmung entspricht inhaltlich dem geltenden Art. 14 VöB. Im Staatsvertragsbereich ist für die Ermittlung des Auftragswerts bei einem Bauwerk jeweils der
Gesamtwert aller Bauleistungen (Hoch- und Tiefbau) massgebend. Bei Lieferungen
und Dienstleistungen im Staatsvertragsbereich sowie bei sämtlichen Aufträgen ausserhalb des Staatsvertragsbereichs ist hingegen der jeweilige Wert des einzelnen Auftrags entscheidend. Die sogenannte Bagatellklausel, eine spezielle Bauwerkregel im
Staatsvertragsbereich, hat sich in der Praxis etabliert. Sie bedeutet eine Erleichterung
für die Vergabe von Bauaufträgen, die je einzeln den Wert von zwei Millionen Franken nicht erreichen und zusammengerechnet 20 Prozent des Werts des gesamten Bauwerks nicht überschreiten.
Art. 11
50
Beschaffungen ausserhalb des Staatsvertragsbereichs
SR 172.056.12
31
Art. 6 Abs. 3 BilatAbk dehnt die Grundsätze der Inländerbehandlung und Nicht-Diskriminierung mittelbar auf den Bereich unterhalb der massgeblichen staatsvertraglichen Schwellenwerte aus. Im Gegensatz zu den Beschaffungen der subzentralen Auftraggeberinnen (Kantone, Gemeinden und andere Träger kantonaler oder kommunaler
Aufgaben) bleibt die subjektive Unterstellung auf der Stufe Bund im Staatsvertragsbereich und ausserhalb des Staatsvertragsbereichs (mit Ausnahme der Empfängerinnen von Bundessubventionen, Art. 4 Abs. 1 Bst. e VE-BöB) dieselbe. Demgegenüber
erweitert das Gesetz den Begriff der unterstellten Aufträge (sogenannte objektive Unterstellung) nach drei Seiten hin:
Bst. a: Erstens werden Aufträge auch unterhalb der staatsvertraglichen Schwellenwerte auf Gesetzesstufe erfasst (bisher im 3. Kapitel der VöB). Bereits ab einem Auftragswert von 150 000 Franken sollen öffentliche Aufträge in einem Einladungsverfahren vergeben werden. Art. 11 Bst. a VE-BöB führt nicht zur Öffnung oder
Erweiterung des subjektiven Geltungsbereichs nach Art. 4 VE-BöB. Zweitens erfolgt
eine Erweiterung hinsichtlich der erfassten Auftragsarten: Während das Staatsvertragsrecht bei den militärischen Gütern sowie den Dienst- und Bauleistungen mit Positivlisten operiert, erfasst das Binnenrecht alle Arten öffentlicher Aufträge, unabhängig von deren Klassifikation.
Bst. b und c: Drittens sollen auch Beschaffungen in den Bereichen Landesverteidigung und Sicherheit (Bst. b), die vom Geltungsbereich des GPA 2012 ausgenommen
sind, einer vergaberechtlichen Ordnung unterstellt werden. Der in Bst. b definierte
umfassende Rüstungsbegriff ist in direktem Zusammenhang mit Anhang 1 des Gesetzes zu sehen. Für die Definition des Begriffs Kriegsmaterial kann auf das Kriegsmaterialgesetz (vgl. Art. 5 KMG)51 zurückgegriffen werden.52
Ebenfalls unterstellt werden Aufträge für die internationale Entwicklungs- und Ostzusammenarbeit, Förderung des Friedens und der menschlichen Sicherheit (Bst. c),
soweit diese Leistungen nicht nach Art. 12 vom Geltungsbereich des Gesetzes ausgenommen sind.
Bst. d: Ausserhalb des Staatsvertragsbereichs liegt auch die Beschaffung von Waren,
Dienstleistungen und Bauleistungen durch Empfängerinnen von Finanzhilfen des
Bundes, sofern diese Beschaffungen überwiegend mit öffentlichen Geldern getätigt
werden.
Art. 12
Ausnahmen
Diese Bestimmung sieht einen Katalog von Leistungen vor, die vom Geltungsbereich des Gesetzes ausgenommen sind (wobei zumindest bei einigen Leistungen eine
freiwillige Unterstellung denkbar ist). Es handelt sich dabei um eine abschliessende
Aufzählung. Alle Ausnahmen sind bereits im Staatsvertragsrecht enthalten oder ergeben sich aus einem Vorbehalt der Schweiz anlässlich ihres Beitritts zum Staatsvertrag. Die folgende Aufzählung lehnt sich an den Katalog der Ausnahmen in Art.
II:3 GPA 2012 an, wobei die Formulierungen der bisher geltenden Art. 3 BöB und
Art. 10 IVöB nach Möglichkeit beibehalten werden.
Abs. 1 Bst. a bis h
Diese Liste führt die Ausnahmen von Art. II:2 GPA 2012 und die Aufzählung in Art.
II:3 GPA 2012 ins nationale Recht ein.
51
52
32
SR 514.51
BRK 2003-004 vom 27. März 2003, E. 3 f.
Der Ausnahmetatbestand von Bst. c bezieht sich primär auf die Erteilung von Finanzhilfen (vgl. Art. 3 Abs. 1 Subventionsgesetz). Diese geldwerten Vorteile dienen einzig
der Förderung oder dem Erhalt einer vom Empfänger gewählten Aufgabe53 und sind
vom Geltungsbereich des Gesetzes ausgenommen.
Bst. f: Stellt eine öffentliche Auftraggeberin Personal ein, handelt es sich nicht um
einen öffentlichen Auftrag. Dies gilt auch für Arbeitsverhältnisse, welche sich nach
dem OR richten. Wird zum Erbringen der Leistungen Personal im Sinne des Personalverleihs beigezogen, ist dies dem revidierten Gesetz grundsätzlich unterstellt. Da
der Personalverleih nicht durch die in Anhang 2 aufgeführten Dienstleistungskategorien erfasst wird, fällt er nicht in den Staatsvertragsbereich und ist nach den Bestimmungen über die Vergabe von Aufträgen ausserhalb des Staatsvertragsbereichs zu behandeln. Rechtsschutz besteht ab einem Auftragswert von 150 000 Franken (Art. 54
VE-BöB).
Bst. g: Wird ein Staat vor einem nationalen oder internationalen Schieds- oder sonstigem Gericht oder einer Schlichtungsbehörde eingeklagt, bedarf er zu seiner Verteidigung in der Regel externer Ressourcen. Zu denken ist beispielsweise an Investitionsschutzstreitigkeiten, Klagen vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag,
Streitschlichtungsverfahren im Rahmen der WTO und analoge Verfahren unter den
Freihandelsabkommen. Bei manchen Verfahren, insbesondere solchen nach Investitionsschutzabkommen, läuft vorab eine sogenannte «cooling off»-Periode von in der
Regel 12 Monaten. Die Nicht-Anwendung eines Vergabeverfahrens wegen Dringlichkeit fällt in solchen Konstellationen ausser Betracht und ein Vertretungsmandat
müsste ausgeschrieben werden, wenn das Gesetz keine Ausnahmeklausel enthält. Gegen eine Ausschreibung bzw. für eine Ausnahme sprechen Gründe wie die Prozesstaktik, die Fristenwahrung und das besondere Vertrauensverhältnis, das durch den
Beizug einer Anwältin oder eines Anwalts gegründet wird. Noch bevor eine Ausschreibung stattfinden kann, müsste in den genannten Verfahren anwaltlicher Rat beigezogen werden, schon nur, um dann das Mandat korrekt auszuschreiben. Die hierfür
beigezogene Kanzlei könnte sich dann aber wegen Vorbefassung nicht mehr für das
Hauptmandat bewerben. Die Vorbefassung durch Vorab-Information aller potenziellen Anbieterinnen zu neutralisieren, würde wiederum der Prozesstaktik zuwiderlaufen. Im Ergebnis müsste genau jene Person bzw. Kanzlei für das Vertretungsmandat
ausscheiden, zu der bereits ein besonderes Vertrauensverhältnis aufgebaut wurde.
Dies wäre nicht im Interesse der beklagten Partei.
Auch Art. 10 Bst. d) i) und ii) der Richtlinie 2014/24/EU sieht eine analoge Ausnahmeklausel vor. Diese Klausel steht mit der Positivliste nach Annex 5 zum GPA («Beratungsdienstleistungen auf dem Gebiet des Rechts des Herkunftslandes und des Völkerrechts, Teil von CPC 861») in Einklang. Mit dem Vertretungsmandat
«zusammenhängende Dienstleistungen» sind insbesondere Dokumentations- und
Übersetzungsdienstleistungen sowie Expertenmandate.
Bst. h: Beschaffungen für Massnahmen der internationalen humanitären Nothilfe und
im Bereich Agrar- und Ernährungshilfe sind nicht dem Gesetz unterstellt, wenn das
Element der Kurzfristigkeit vorliegt (erster Tatbestand). Ausgenommen wäre beispielsweise die Beschaffung von Nothilfematerial sowie Nahrungs- und Arzneimitteln für die überlebenden Opfer nach einem Erdbeben oder einer Überschwemmung.
Im Rahmen der Vorsorge und Planung bleibt das Beschaffungsrecht hingegen anwendbar (z. B. Rahmenverträge, aufgrund derer die Leistung im Notfall abgerufen
53
Vgl. BRK 1999-010 vom 26. Februar 2000, E. 1b.
33
werden kann). Im Bereich der internationalen Zusammenarbeit schliesst die Schweiz
mit den Empfängerstaaten wenn möglich internationale Abkommen über die gemeinsam durchzuführenden Projekte. Die Vertragsparteien einigen sich in diesen Abkommen auch darüber, wie respektive nach welchen Grundsätzen Beschaffungen im Hinblick auf die Umsetzung der Projekte durchgeführt werden sollen (zweiter
Tatbestand). Dasselbe gilt für die Zusammenarbeit mit internationalen Organisationen
respektive wenn die Schweiz Aufträge vergibt im Rahmen von international koordinierten Aktionen (dritter Tatbestand). Die Massnahmen der internationalen Zusammenarbeit bezwecken unter anderem die Förderung der lokalen Kapazitäten inklusive
des Privatsektors (vgl. z. B. Art. 5 und 6 Bundesgesetz vom 19. März 1976 über die
internationale Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe54). Um dieses Ziel
zu erreichen, können die zuständigen Bundesämter lokale Ausschreibungen mit auf
lokale Anbieterinnen beschränktem Anbieterkreis im Empfängerstaat durchführen.
Dies soll auch möglich sein, wenn beispielsweise aus politischen Gründen kein internationales Abkommen mit dem Empfängerstaat abgeschlossen werden kann (vgl.
zweiter Tatbestand). Als äquivalent im Sinne des vierten Tatbestands gilt ein Verfahren, wenn dadurch ein wirtschaftlicher Einsatz der öffentlichen Gelder gewährleistet
wird und die Grundsätze des Beschaffungsrechts beachtet werden. Aufgrund des
Transparenzgebots ist bei Beschaffungen, welche nach Bst. h vom Geltungsbereich
des Gesetzes ausgenommen sind, ein interner Bericht zu verfassen. «Intern» ist so zu
verstehen, dass der Bericht nicht aktiv veröffentlicht werden muss; eine allfällige Publikation liegt im Ermessen der Auftraggeberin.
Abs. 2
Diese Regelung entspricht dem geltenden Recht (Art. 3 Abs. 2 BöB, Art. 10 Abs. 2
IVöB). Der Wettbewerbsgedanke soll vor übergeordneten Zielen wie dem Schutz des
Lebens oder der öffentlichen Sicherheit zurücktreten. Neben den polizeilichen
Schutzinteressen werden auch private Rechtspositionen erwähnt, die dem Vergaberecht vorgehen. Im Gegensatz zu Abs. 1 steht die Ausschreibung dieser Beschaffungsvorhaben im pflichtgemässen Ermessen der Auftraggeberin.
Abs. 3
In dieser Bestimmung werden vier Fälle nicht unterstellter Beschaffungen behandelt:
Monopole, Instate-, Inhouse- und Quasi-Inhouse-Beschaffungen. Für die Sektorenunternehmen sind diese Ausnahmen vom Geltungsbereich (die zur Nichtanwendung des
Beschaffungsrechts insgesamt führen) im Lichte der Notes relatives zum Annex 4
zum Anhang I (Schweiz) zum GPA 1994 sowie in Übereinstimmung mit Anhang VIII
zum BilatAbk auszulegen und anzuwenden.
Bst. a: Nach Ziffer l B.2 des Annex 7 zum Anhang I (Schweiz) des GPA 2012 ist die
Beschaffung von Waren und Dienstleistungen ausgenommen, wenn diese nur von einer einzigen Anbieterin, die über ein ausschliessliches Recht (Monopol) verfügt, erbracht werden können. Als Beispiel mag die Beschaffung von Trinkwasser dienen. In
solchen Fällen dürfte regelmässig auch eine freihändige Vergabe nach Massgabe von
Art. XIII:1 Bst. b GPA 2012 zulässig sein.
Bst. b: Die «Instate»-Ausnahme bedeutet, dass eine Beschaffung zwischen (unterstellten) Auftraggeberinnen nicht öffentlich ausgeschrieben werden muss. Es besteht eine
Nähe zum Postulat der «einmaligen Ausschreibung». Diese Ausnahme ist bereits in
54
34
SR 974.0
Ziff. I B.1 des Annex 7 zum Anhang I (Schweiz) des GPA 2012 vorgesehen. Das EURecht ist in diesem Punkt strenger.55
Keine Rolle spielt, ob die rechtlich selbstständige Auftraggeberin, welche die in Frage
stehende Leistung erbringen soll, dem Beschaffungsrecht am Ort ihres Sitzes oder
dem Bundesrecht unterstellt ist. Voraussetzung für den Wegfall der Ausschreibungspflicht ist, dass der Wettbewerb nicht verfälscht wird. Entsprechend gibt es beispielsweise keinen Freipass für Auftraggeberinnen, generell und ohne Ausschreibung einer
Institution des ETH-Bereichs oder kantonalen Universitäten Aufträge für Gutachten
oder Produktprüfungen zu erteilen, soweit diese Leistungen im Wettbewerb mit privaten Anbieterinnen erbracht werden. Die Beurteilung, ob eine Leistung im Wettbewerb mit privaten Anbieterinnen erbracht wird, ist im Einzelfall vorzunehmen.
Bst. c: Eine «Beschaffung» erfolgt dann «inhouse», wenn die Leistung durch eigene
Ressourcen der Auftraggeberin erbracht wird, diese somit auf den Beizug Dritter verzichtet («Make»-Entscheid). Derartige Aufträge müssen nicht ausgeschrieben werden.
Bst. d: Schwieriger waren in der Vergangenheit Leistungen zu beurteilen, die von
ausgelagerten, unter öffentlichem Einfluss stehenden Anbieterinnen erbracht wurden.
Als Beispiele mögen die RUAG AG oder auch die kantonal kontrollierten ITAnbieterinnen Abraxas AG und Bedag AG dienen. Für solche Konstellationen hat die
Lehre eine Übernahme der vom EuGH entwickelten Kriterien empfohlen. Ausgangspunkt dieser Rechtsprechung ist der «Teckal»-Entscheid.56 Bst. d kodifiziert die wesentlichen Entscheidgründe dieser Praxis. Allerdings erfolgt eine autonome, GPAkonforme und nicht notwendigerweise dynamische Kodifikation der Teckal-Praxis.
Hinsichtlich der Kontrollanforderungen wird sich die Praxis an der indikativen Kriterienliste orientieren, die der Beschaffungsausschuss der WTO in Anwendung von Art.
XIX:8 Bst. b GPA 2012 verabschieden wird. In Übereinstimmung mit der Note 2 relative zum Annex 4 zum GPA 1994 ist eine Anbieterin im Wesentlichen für eine (Sektoren-)Auftraggeberin tätig, wenn sie 80 Prozent oder mehr der Leistungen in einem
bestimmten Markt für diese Auftraggeberin erbringt (ebenso die Note 2 zum Anhang
VI zum BilatAbk).
3. Kapitel
Allgemeine Grundsätze
Art. 13
Verfahrensgrundsätze
Art. IV GPA 2012 enthält einen Abschnitt über die Grundsätze, die bei öffentlichen
Auftragsvergaben einzuhalten sind. Zu diesen Grundsätzen gehören die Nichtdiskriminierung bzw. die Inländerbehandlung, das Bekenntnis zu einem transparenten und
unparteiischen Verfahren, die Bekämpfung der Korruption sowie der Verzicht auf
Kompensationsgeschäfte. Ähnliche Grundsätze finden sich in den Vergaberichtlinien
der EU. Die staatsvertraglichen Vorgaben finden sich in verschiedenen Bestimmungen des Binnenrechts wieder, unter anderem in Art. 8 BöB, Art. 6 und 7 VöB sowie
Art. 11 IVöB. Mit der Revisionsvorlage sollen diese Grundsätze in einer Bestimmung
zusammengeführt werden. Das in Art. IV:6 GPA 2012 verankerte Verbot von Kompensationsgeschäften ist auf Leistungen im Staatsvertragsbereich direkt anwendbar.
Jede Beschaffung kann unterschiedliche Anforderungen an das Beschaffungsverfahren stellen. Das Gesetz lässt (im Rahmen des numerus clausus der Verfahrensarten)
55
56
Vgl. Urteil des EuGH C-159/11 vom 19. Dezember 2012.
Vgl. Urteil des EuGH C-107/98 vom 18. November 1999.
35
hinreichend Spielraum, um die Gestaltung des Verfahrens an die jeweilige Beschaffung anzupassen. Diese Gestaltungsfreiheit wird von den Verfahrensgrundsätzen eingegrenzt. Auch bei diesen besteht Gleichwertigkeit. Die Reihenfolge der Aufzählung
bedeutet keine Prioritätsordnung, die Grundsätze sind allesamt zu beachten.
Bst.a: Von den allgemeinen Zielen im Zweckartikel sind die Grundsätze des Verfahrens zu unterscheiden. Während Art. 1 VE-BöB die Ziele und den Zweck des Beschaffungsrechts generell festhält, befasst sich Art. 13 mit den Anforderungen an das
Vergabeverfahren. Diese Grundsätze – Transparenz, Objektivität und Unparteilichkeit – stehen im Dienst der übergeordneten Ziele.
Bst. b: Korrupte Praktiken stehen nicht nur im Widerspruch zu den Grundprinzipien
des Vergaberechts, sie verursachen auch erhebliche volkswirtschaftliche Kosten. Gemäss einer Pressemitteilung57 der Europäischen Kommission vom 6. Juni 2011 werden allein in den Ländern der EU die durch Korruption entstandenen Kosten auf rund
120 Milliarden Euro pro Jahr veranschlagt. Die Vermeidung von Korruption und Interessenskonflikten stellt eines der Kernanliegen der GPA-Revision dar. Es wird bereits in der Präambel des GPA 2012 thematisiert und findet in Art. IV:4 eine eingehende Regelung. Im EU-Recht sind parallele Bestrebungen im Gange, die
Korruptionsbekämpfung zu verstärken und einen zusätzlichen Schutz gegen Korruptionsrisiken zu bieten.
Grundlage der internationalen Bemühungen zur Korruptionsbekämpfungen bildet das
Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Korruption58, das am 24. Oktober
2009 für die Schweiz in Kraft trat. Art. 9 des Übereinkommens betrifft das öffentliche
Beschaffungswesen. Demgemäss soll jeder Vertragsstaat die erforderlichen Massnahmen treffen, um geeignete Systeme für das Beschaffungswesen einzurichten, die auf
Transparenz, Wettbewerb und objektiven Entscheidungskriterien beruhen und unter
anderem bei der Verhütung von Korruption wirksam sind.
Bereits seit dem 30. Juli 2000 für die Schweiz in Kraft steht die OECD-Konvention
zur Bestechungsbekämpfung59, welche dazu verpflichtet, die Bestechung ausländischer Amtsträger im internationalen Geschäftsverkehr unter Strafe zu stellen. Zudem
hat die OECD im Bereich des öffentlichen Beschaffungswesens eine Empfehlung zur
Antikorruptionsprävention ausgearbeitet, wonach einem Unternehmen der Zugang zu
öffentlichen Beschaffungsverfahren in der Schweiz verwehrt bleiben soll, wenn es der
Korruption im In- oder Ausland überführt wurde. Gestützt darauf wird namentlich
vorgeschlagen, dass eine Auftraggeberin eine der Korruption überführte Anbieterin
aus einem Beschaffungsverfahren ausschliessen bzw. den Zuschlag an diese widerrufen kann (vgl. Art. 46 Bst. h VE-BöB).
Bst. c: Das Gebot der Gleichbehandlung von in- und ausländischen Anbieterinnen gilt
(unter dem Vorbehalt von Art. 6 Abs. 3 BilatAbk) nur im Staatsvertragsbereich. Zum
einen sind ausländische Anbieterinnen gleich zu behandeln wie inländische (und umgekehrt), zum andern muss auch die Gleichbehandlung von inländischen und ausländischen Anbieterinnen jeweils unter sich gewährleistet sein. Der Grundsatz der Inländerbehandlung schliesst eine Vergabe aufgrund protektionistischer Motive aus. So ist
es z. B. nicht zulässig, die Herkunft eines gewissen Produkts oder die Tatsache, dass
57
58
59
36
Abrufbar unter: http://europa.eu/rapid/press-release_IP-11678_de.htm?locale=en#footnote-1 (Stand: 23. Januar 2014).
Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Korruption vom 31. Oktober 2003, SR
0.311.56.
Übereinkommen über die Bekämpfung der Bestechung ausländischer Amtsträger im internationalen Geschäftsverkehr vom 17. Dezember 1997, SR 0.311.21.
der Sitz einer Anbieterin in der Nähe liegt oder eine Anbieterin eine gewisse wirtschaftliche und fiskalische Bedeutung für eine Region hat, bei Beschaffungen des
Bundes zu berücksichtigen.60 Der Grundsatz der Gleichbehandlung ist auch dann verletzt, wenn eine Auftraggeberin einzig einer Anbieterin die Gelegenheit bietet, ihr
Angebot anzupassen.61 Grundsätzlich ist festzuhalten, dass das Gleichbehandlungsgebot über die Gleichstellung inländischer und ausländischer Anbieterinnen sowie die
Vermeidung von Protektionismus hinausgeht. So ist z. B. auch zu vermeiden, dass
eine Anbieterin einen Informationsvorsprung erlangt; lässt sich dies nicht vermeiden,
ist der Informationsvorsprung möglichst auszugleichen.
Bst. d: Anbieterinnen haben Anspruch auf Schutz ihrer Daten und Geschäftsgeheimnisse. Werden diese Daten nicht konsequent geschützt, kann sich kein funktionierender Anbieterwettbewerb einstellen. Mangelnde Transparenz kann zu Korruption und
Misswirtschaft führen, hingegen kann zu grosse Transparenz abgestimmte Verhaltensweisen begünstigen und sich antikompetitiv auswirken.
Art. 14 Einhaltung der Arbeitsschutzbestimmungen und Arbeitsbedingungen
Abs. 1 und 2
Während Sozialstandards auf der einen und die Grundsätze der Inländerbehandlung
und Nichtdiskriminierung auf der anderen Seite in einem Spannungsverhältnis stehen,
hat sich die Auffassung durchgesetzt, dass die Einhaltung minimaler Arbeitsschutzbestimmungen und Arbeitsbedingungen sowie die Gleichbehandlung zwischen Frau
und Mann für einen funktionierenden Wettbewerb unverzichtbar sind. Im Inland sind
insbesondere die Bestimmungen des Obligationenrechts, des Arbeitsgesetzes (ArG)62
und seiner Ausführungsverordnungen beachtlich. Darüber hinaus sind auch die Bestimmungen von Gesamt- und Normalarbeitsverträgen sowie, wo solche Instrumente
fehlen, die orts- und branchenüblichen Arbeitsbedingungen einzuhalten. Das missbräuchliche Unterbieten der Arbeitsbedingungen, die Verletzung der Arbeitsschutzbestimmungen und die ungleiche Behandlung zwischen Frau und Mann dürfen nicht
durch die Vergabe öffentlicher Aufträge belohnt werden.
Im Sinne der Harmonisierung zwischen Bundes- und kantonalem Recht wird vorgeschlagen, vom bisher in Art. 8 Abs. 1 Bst. b BöB für Bundesbeschaffungen statuierten
Leistungsortsprinzip teilweise abzuweichen und das Recht an die für die Kantone geltenden Grundsätze aus dem BGBM anzugleichen: Während ausländische Anbieterinnen, welche eine Leistung in der Schweiz erbringen, den am Leistungsort geltenden
Arbeitsschutzbestimmungen und Arbeitsbedingungen weiterhin genügen müssen,
werden die Anbieterinnen mit Sitz oder Niederlassung in der Schweiz neu mindestens
diejenigen Arbeitsschutzbestimmungen und Arbeitsbedingungen einhalten, die an ihrem Sitz- oder Niederlassungsort Geltung haben. Daraus dürfte gesamthaft keine Diskriminierung von ausländischen gegenüber inländischen Anbieterinnen entstehen.
Denn je nach lokal geltenden Mindestbedingungen (z. B. Mindestlöhne in nicht allgemein verbindlich erklärten Gesamtarbeitsverträgen) wird die ausländische Anbieterin gegenüber der inländischen Anbieterin einmal eher einen Vorteil geniessen
(wenn z. B. die inländische Anbieterin von einem Ort mit höheren Mindestlöhnen
60
61
62
BRK 11/97 vom 4. Dezember 1997, E. 2.
BRK 2005-002 vom 30. Mai 2005, E. 4c.
Bundesgesetz vom 13. März 1964 über die Arbeit in Industrie, Gewerbe und Handel, SR
822.11.
37
stammt, als sie am Leistungsort gelten) und einmal eher benachteiligt sein (im umgekehrten Fall).
Die Einhaltung minimaler Arbeits- und Sozialstandards hat aufgrund von Missständen in Produktionsbetrieben in den vergangenen Jahren Beachtung gefunden. Während sich das GPA 2012 nicht explizit mit dieser Frage befasst, gehört die Berücksichtigung minimaler Arbeitsstandards schon lange zum Acquis sowohl der Schweiz
als auch der EU. Bereits heute entspricht es der Praxis des Bundes und der Kantone,
bei innerschweizerischen Vergaben die Einhaltung der inländischen Arbeitsschutzbestimmungen und Arbeitsbedingungen und bei internationalen Vergaben mindestens
die Einhaltung der Kernübereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation
(ILO) zu verlangen. Kernübereinkommen der ILO sind:
–
Übereinkommen Nr. 29 vom 28. Juni 1930 über Zwangs- oder Pflichtar63
beit
–
Übereinkommen Nr. 87 vom 9. Juli 1948 über die Vereinigungsfreiheit
und den Schutz des Vereinigungsrechtes64
–
Übereinkommen Nr. 98 vom 1. Juli 1949 über die Anwendung der
Grundsätze des Vereinigungsrechtes und des Rechtes zu Kollektivverhandlungen65
–
Übereinkommen Nr. 100 vom 29. Juni 951 über die Gleichheit des Entgelts männlicher und weiblicher Arbeitskräfte für gleichwertige Arbeit66
–
Übereinkommen Nr. 105 vom 25. Juni 1957 über die Abschaffung der
Zwangsarbeit67
–
Übereinkommen Nr. 111 vom 25. Juni 1958 über die Diskriminierung in
Beschäftigung und Beruf68
–
Übereinkommen Nr. 138 vom 26. Juni 1973 über das Mindestalter für die
Zulassung zur Beschäftigung69
–
Übereinkommen Nr. 182 vom 17. Juni 1999 über das Verbot und unverzügliche Massnahmen zur Beseitigung der schlimmsten Formen der Kinderarbeit70
Die acht Kernübereinkommen sind in Anhang 4 VE-BöB aufgelistet. Eine grosse
Mehrheit der 185 ILO-Vertragsstaaten, inklusive Schweiz, hat sämtliche ILOKernübereinkommen ratifiziert. Weiter sind gemäss der ILO-Erklärung von 1998 über
grundlegende Prinzipien und Rechte bei der Arbeit alle Mitgliedstaaten verpflichtet,
allein aufgrund ihrer Mitgliedschaft in der ILO die grundlegenden Rechte, die Gegenstand der acht Kernübereinkommen sind, in gutem Glauben und gemäss der Verfassung einzuhalten, zu fördern und zu verwirklichen.
63
64
65
66
67
68
69
70
38
SR 0.822.713.9
SR 0.822.719.7
SR 0.822.719.9
SR 0.822.720.0
SR 0.822.720.5
SR 0.822.721.1
SR 0.822.723.8
SR 0.822.728.2
In Bezug auf die Anbieterinnen aus EU-/EFTA-Staaten gilt das Abkommen zwischen
der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten anderseits über die Freizügigkeit (FZA)71, das in Art.
22 Abs. 2 Anhang I auf die Richtlinie 96/71/EG über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen72 Bezug nimmt. Darin garantieren die Mitgliedstaaten allen entsandten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern
unabhängig von dem auf das jeweilige Arbeitsverhältnis anwendbare Recht die Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen gemäss Art. 3 der Richtlinie. Gemäss Art. 16
Abs. 1 und 2 FZA trifft die Schweiz alle erforderlichen Massnahmen, damit gleichwertige Rechte und Pflichten wie in der Richtlinie Anwendung finden. Soweit für die
Anwendung des Abkommens Begriffe des Gemeinschaftsrechts herangezogen werden, wird auch die einschlägige Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen
Gemeinschaften vor dem Zeitpunkt der Unterzeichnung des Abkommens berücksichtigt (Art. 16 Abs. 2 FZA).
Abs. 3
Auf Verlangen haben Anbieterinnen nachzuweisen, dass sie die Arbeitsschutzbestimmungen und die Arbeitsbedingungen sowie den Grundsatz der Gleichbehandlung von
Frau und Mann einhalten. Die Auftraggeberin kann die Einhaltung der Minimalstandards entweder selber überwachen oder durch Dritte überwachen lassen. Durch geeignete Abreden in den Beschaffungsverträgen, insbesondere durch Konventionalstrafen, soll abweichendes Verhalten sanktioniert werden. Absatz 3 umfasst auch die
Einhaltung der Melde- und Bewilligungspflichten gemäss dem Bundesgesetz gegen
die Schwarzarbeit (BGSA)73, insbesondere im Bereich des Sozialversicherungs-,
Ausländer- und Quellensteuerrechts. Dies ist notwendig, weil die Schwarzarbeit neu
einen Tatbestand für den Ausschluss oder Widerruf (Art. 46 Bst. i VE-BöB) darstellt.
Folglich muss die Auftraggeberin die Einhaltung dieser Pflichten kontrollieren lassen
können.
Abs. 4
Der Informationsaustausch zwischen der Auftraggeberin und den diversen Kontrollorganen des Arbeitsmarkts sowie den spezialgesetzlichen Behörden wird in Absatz 4
geregelt. Damit die Auftraggeberin die in Art. 47 VE-BöB vorgesehenen Sanktionen
anwenden kann, müssen sie und die zuständigen Organe und Behörden die notwendigen Informationen austauschen können, z. B. über das Vorliegen eines Verstosses gegen die minimalen Lohn- und Arbeitsbedingungen. Kontrollorgane sind insbesondere:
Kontrollorgane gemäss Art. 4 BGSA
Behörden nach Art. 11 BGSA, insbesondere in den Bereichen Sozialversicherungs-, Quellensteuer- und Ausländerrecht
Paritätische Vollzugsorgane im Sinn von Art. 3 Bundesgesetz über die Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen74
71
72
73
74
SR 0.142.112.681
Richtlinie 96/71/EG des europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 1996,
ABl. Nr. L 18, 1997, S. 1 in der zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des Abkommens geltenden Fassung.
Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über Massnahmen zur Bekämpfung der Schwarzarbeit,
SR 822.41.
Bundesgesetz vom 28. September 1956 über die Allgemeinverbindlichkeit von Gesamtarbeitsverträgen, SR 221.215.311.
39
-
Tripartite Kommissionen im Sinne von Art. 360b OR
Kantonale Vollzugsbehörden im Sinne von Art. 41 ArG
Durchführungsorgane im Sinne von Art. 85 Bundesgesetz über die Unfallversicherung (UVG)75 sowie
Gleichstellungsbüros.
Art. 15
Ausstand
Abs. 1
Anbieterinnen haben Anspruch auf die Beurteilung ihrer Angebote durch eine unabhängige Behörde. Die Ausstandsregeln des allgemeinen Verfahrensrechts gelten
grundsätzlich auch für die öffentlichen Auftraggeberinnen. Sie greifen nach bisheriger
Praxis bereits dann, wenn der blosse Anschein einer Befangenheit oder die blosse Gefahr einer Interessenkollision besteht (Art. 10 Abs. 1 Bst. d VwVG76). Das Zusammentreffen verschiedener Umstände, die für sich allein genommen keinen genügenden Intensitätsgrad für eine Ausstandspflicht aufweisen, kann ebenfalls zur
begründeten Besorgnis der Befangenheit führen. Zudem können insbesondere wirtschaftliche Interessen, in Form wirtschaftlicher Beziehungsnähe (z. B. eines Arbeitsverhältnisses, von Beteiligungen) oder im Rahmen eines Konkurrenzverhältnisses,
den Anschein von Befangenheit wecken, wobei objektive Gründe auf eine gewisse
Intensität hindeuten müssen. Ausstandsbegründende Umstände liegen umso eher vor,
je intensiver und aktueller die Beziehungsnähe ist.77 Kontakte der Auftraggeberin zu
Lieferanten im Rahmen bestehender Vertragsbeziehungen erreichen diese Intensität
in aller Regel nicht.
Es gilt jedoch zu verhindern, dass die Anforderungen betreffend Ausstand überspannt
werden, etwa gerade mit Blick auf die relativ kleinen Anbietermärkte im hoch spezialisierten IT-Bereich. Deshalb kann die oben erläuterte Praxis zur Unabhängigkeit des
verfassungsmässigen Richters nicht ohne Weiteres auf den Beschaffungsvorgang
übertragen werden. So lassen sich beispielsweise personelle Wechsel zwischen Anbieterinnen und öffentlichen Auftraggeberinnen nicht ausschliessen. Die Bundesverwaltung beschäftigt z. B. im IT-Bereich Mitarbeitende, bei denen es wahrscheinlich
ist, dass sie bei einer potenziellen Anbieterin tätig gewesen sind. Und Kontakte in
Fachgremien sind je nach Umständen positiv zu bewerten, da sie die Fach- und Branchenkompetenz der Auftraggeberin schärfen. Die Unabhängigkeit ist daher nicht abstrakt, sondern immer vor dem Hintergrund der Aufgaben und Funktionen des Beschaffungsrechts zu beurteilen. In anderen Worten ist im Unterschied zu Art. 10
VwVG ein blosser Anschein der Befangenheit nicht ausreichend, sondern die Befangenheit muss sich konkret auswirken.
Bst. e ist ein Auffangtatbestand. Aus Praktikabilitätsüberlegungen und um Doppelspurigkeiten zu vermeiden bleibt der Nachweis vorbehalten, dass die Umstände, welche die Unabhängigkeit in Frage stellen (z. B. Nachbarschaft zwischen Personen auf
Seiten der Auftraggeberin und auf Seiten der Anbieterin), für den Ausgang des Verfahrens nicht relevant wurden.
Abs. 2 und 3
75
76
77
40
Bundesgesetz vom 20. März 1981 über die Unfallversicherung, SR 832.20.
Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren, SR 172.021.
Vgl. BVGer B-4852/2012 vom 15. November 2012, E. 4 ff.
Mit einer Befangenheitsrüge kann nicht bis zum Zuschlag zugewartet werden. Vielmehr muss eine Anbieterin dieses Begehren vorbringen, sobald sie Kenntnis von Tatsachen erlangt, die eine Befangenheit als wahrscheinlich erscheinen lassen. Die Auftraggeberin entscheidet über das Begehren durch einen Zwischenentscheid, wobei die
als befangen gerügte Person bei diesem Entscheid nicht mitwirkt. Der Grundsatz, wonach eine Anbieterin angebliche Unregelmässigkeiten unmittelbar nach verlässlicher
Kenntnisnahme rügen muss, gilt für das gesamte Vergabeverfahren. Eine Anbieterin
kann daher auch bei anderen Rechtsverstössen nicht mit einer Rüge zuwarten, bis der
Zuschlag an eine Wettbewerberin geht. Vielmehr trifft sie eine unmittelbare Rügeobliegenheit, deren Missachtung zum Verlust des Beschwerderechts führen kann.
Art. 16
Vorbefassung
Abs. 1
Diese Bestimmung entspricht dem bisher geltenden Art. 21a Abs. 1 VöB. Die Regelung der Vorbefassung findet ihre Grundlage im Gleichbehandlungsgebot78 sowie im
Gebot der Wettbewerbsförderung und des wirtschaftlichen Einsatzes der öffentlichen
Mittel. Nach der Praxis des Bundesgerichts liegt eine Vorbefassung vor, wenn eine
Anbieterin bei der Vorbereitung eines Beschaffungsverfahrens mitgewirkt hat, beispielsweise durch das Verfassen von Projektgrundlagen, durch das Erstellen von Ausschreibungsunterlagen oder durch das Informieren der Auftraggeberin über bestimmte
technische Spezifikationen des zu beschaffenden Gutes.79 Nur eine sogenannte qualifizierte Vorbefassung kann zum Verbot der Teilnahme am Beschaffungsverfahren
führen. Diese Rechtsfolge tritt nicht ein, wenn der bestehende Wissensvorsprung gegenüber den anderen Anbieterinnen nur geringfügig ist oder wenn die Mitwirkung der
vorbefassten Anbieterin bei der Vorbereitung des Beschaffungsverfahrens nur untergeordneter Natur ist, zudem auch, wenn die ausgeschriebene Leistung nur von wenigen Anbieterinnen erbracht werden kann oder wenn die Mitwirkung der vorbefassten
Anbieterin sowie deren Wissensvorsprung gegenüber den übrigen Anbieterinnen
zwecks Herstellung von Transparenz offen gelegt wird.80
Der Grundsatz der Gleichbehandlung verpflichtet die Auftraggeberin, keiner Anbieterin Vorteile einzuräumen, die deren Konkurrentinnen nicht erhalten. Wird der durch
die Vorbefassung entstandene Wettbewerbsvorteil ausgeglichen, darf die Auftraggeberin auf den Ausschluss der vorbefassten Anbieterin verzichten (diese hat jedoch
keinen Anspruch auf Ausgleich des Wettbewerbsvorteils). Es liegt im Ermessen der
Auftraggeberin zu entscheiden, ob sie im konkreten Einzelfall hinreichend Zeit und
die notwendigen Mittel hat, den durch die Vorbefassung entstandenen Wettbewerbsvorteil auszugleichen. Gleicht die Auftraggeberin den Wettbewerbsvorteil einer vorbefassten Anbieterin nicht aus, muss diese vom weiteren Verfahren ausgeschlossen
werden. Nur ausnahmsweise, d. h. wenn der Ausschluss dazu führen würde, dass kein
wirksamer Wettbewerb mehr bestände (z. B. wenn für die geplante Beschaffung nur
noch eine potenzielle Anbieterin übrig bliebe), darf die Auftraggeberin die vorbefasste
Anbieterin trotz des Wettbewerbsvorteils weiterhin im Verfahren belassen.
Abs. 2
78
79
80
Vgl. BRK 2006-004 vom 26. Juni 2006, E. 2.
Vgl. Urteil des BGer 2P.164/2004 vom 25. Januar 2005, E. 3.1.
Vgl. BRK B-4621/2008 vom 6. Oktober 2006, E. 5.2 f.
41
Eine Vorbefassung einzelner Anbieterinnen lässt sich nicht immer vermeiden. Massgebend ist in diesem Zusammenhang, dass die Auftraggeberin die speziellen Kenntnisse der vorbefassten Anbieterin auch den anderen Bewerbern zugänglich macht, um
so die Chancengleichheit zu wahren. Was regelmässig vorkommt, jedoch nicht eine
Vorbefassung im beschaffungsrechtlichen Sinn darstellt, sind beispielsweise Daueraufträge, die periodisch neu ausgeschrieben werden. Dort bringt es die Natur der Sache mit sich, dass eine bereits mit den Leistungen befasste Anbieterin über einen Informationsvorsprung verfügt. Es widerspräche dem Gleichbehandlungsprinzip, die
bisherigen Leistungserbringer generell von periodisch neu auszuschreibenden Leistungen auszuschliessen.81 Es empfiehlt sich jedoch, hier nach Möglichkeit den Informationsvorsprung ebenfalls auszugleichen.
Dem Ausgleich der Informationsasymmetrien kommt somit ebenso grosses Gewicht
zu wie deren Vermeidung. Abs. 2 entspricht weitgehend dem bisherigen Art. 21a Abs.
2 VöB und zählt exemplarisch Möglichkeiten auf, wie die Auftraggeberin den Wettbewerbsvorteil einer vorbefassten Anbieterin ausgleichen kann: Das Transparenzgebot verlangt nicht nur eine Anzeige von Informationsasymmetrien, sondern auch eine
Offenlegung aller relevanten Informationen mit dem Ziel, dass sämtliche Anbieterinnen über gleich lange Spiesse verfügen (Bst. a). Die Ausgleichsmassnahme «Bekanntgabe der an der Vorbereitung Beteiligten» (Bst. b) stellt gemäss Praxis des Bundesverwaltungsgerichts für sich allein noch kein Mittel zum Ausgleich eines
Wettbewerbsvorteils dar.82 Hingegen ist die Verlängerung der Mindestfristen (Bst. c)
ein grundsätzlich geeignetes Mittel, um den Informationsrückstand wettzumachen
und damit den Wettbewerbsvorteil auszugleichen.83
Abs. 3
Eine öffentliche Ausschreibung dient der Beschaffung von Leistungen, nicht der
Marktabklärung. Die Auftraggeberin ist gehalten, sich vor der Ausschreibung ein Bild
über die auf dem Markt angebotenen Lösungen zu verschaffen. Zu diesem Zweck
kann es erforderlich sein, eine Marktabklärung durch einen unabhängigen Dritten
durchführen zu lassen. Solange die Resultate dieser Erkundungen in den Ausschreibungsunterlagen reflektiert werden, führen solche Marktabklärungen nicht zur Vorbefassung der im Vorfeld der Ausschreibung allenfalls kontaktierten Anbieterinnen.
Art. 17
Bestimmung des Auftragswerts
Die Bestimmung entspricht weitgehend der bisherigen Regelung in Art. 14a, 15 und
15a VöB. Für die verschiedenen Auftragsarten gelten je verschiedene Schwellenwerte. Diese sind in den Verpflichtungslisten der internationalen Beschaffungsabkommen verankert. Die Umrechnungskurse zu den Sonderziehungsrechten des
GPA84 und der Freihandelsabkommen mit Drittstaaten sowie zu den Euro-Beträgen
der Schwellenwerte des BilatAbk können der Verordnung des WBF über die Anpassung der Schwellenwerte im öffentlichen Beschaffungswesen entnommen werden.
Abs. 1
81
82
83
84
42
Vgl. BRK B-4621/2008 vom 6. Oktober 2006, E. 5.5.
Vgl. BVGer B-1172/2011 vom 31. März 2011, E. 5.
Vgl. BVGer B-1358/2013 vom 23. Juli 2013.
Abrufbar unter: http://www.wto.org/english/tratop_e/gproc_e/thresh_e.htm (Stand: 8. Mai
2014).
Der erste Absatz befasst sich mit der Bestimmung des Auftragswerts. Ob der massgebende Schwellenwert erreicht wird oder nicht, beurteilt sich nach einer pflichtgemässen Schätzung der Auftraggeberin, die auf eigenen Kenntnissen und spezifischen
Marktabklärungen basiert. Es empfiehlt sich grosszügig zu kalkulieren. Stellt sich
nach Eingang der Angebote heraus, dass ein höherstufiges Verfahren hätte angewendet werden müssen (z. B. offenes anstatt Einladungs- oder freihändiges Verfahren),
ist das Verfahren abzubrechen.
Abs. 2
Bei mehreren gleichartigen Liefer- oder Dienstleistungsaufträgen und insbesondere
bei Aufteilungen in Lose bestimmt sich der Auftragswert nach dem kumulierten Gesamtwert,85 da ein öffentlicher Auftrag nicht in der Absicht aufgeteilt werden darf,
die Anwendbarkeit dieses Gesetzes zu umgehen. Das sogenannte Zerstückelungsverbot ist bereits im geltenden Recht verankert (Art. 7 Abs. 1 BöB); es bildet ein Kernstück des Vergaberechts (Art. II:6 GPA 2012). Eine unzulässige Aufteilung setzt nicht
eine rechtswidrige Absicht der öffentlichen Auftraggeberin voraus; die objektive
Folge, dass im Ergebnis die Schwellenwerte unterlaufen werden, ist ausreichend.
Abs. 3 und 4
Massgebend ist jeweils die Gesamtheit der ausgeschriebenen Leistungen und Vergütungen, sofern zwischen diesen ein enger rechtlicher oder sachlicher Zusammenhang
besteht. Ein solcher liegt z. B. vor, wenn die Leistungen vernünftigerweise im Geschäftsverkehr nicht unabhängig voneinander beschafft werden, insbesondere, wenn
sie demselben Zweck dienen, von derselben Person erbracht werden sollen oder wenn
die Aufteilung der Verantwortlichkeiten unerwünscht ist.86 Nebst Verlängerungsoptionen sind auch mengenmässige Optionen in die Bestimmung des Auftragswerts einzubeziehen.
Abs. 5
Bei Dauerverträgen ist vorab zu unterscheiden, ob eine bestimmte oder unbestimmte
Laufzeit vereinbart ist. Der Auftragswert von Verträgen mit fester Laufzeit entspricht
der kumulierten Vergütung während der vereinbarten Vertragsdauer, auch wenn eine
vorzeitige Kündigung unter Umständen vertraglich vorbehalten wird. Die Auftraggeberin soll nur in Ausnahmefällen eine Vertragsdauer von mehr als vier Jahren vereinbaren und hat die Ausnahme zu begründen. Es handelt sich hierbei um eine rein verwaltungsinterne Anweisung, die nicht justiziabel ist. Verträge über längere Zeiträume
sind insbesondere dann verhältnismässig, wenn betriebswirtschaftliche Gründe, wie
das Bedürfnis nach Investitionsschutz oder die Berücksichtigung von Produktelebenszyklen eine längere Dauer und damit eine massvolle Beschränkung des Marktzugangs
rechtfertigen. So erfordern zum Beispiel die Wartung und der Betrieb von ITSystemen, die aus Gründen der Wirtschaftlichkeit oft über eine lange Zeit abgeschrieben werden, längerfristige Dauerverträge. Ob eine Vertragsdauer von mehr als vier
Jahren und die damit einhergehende Wettbewerbsbeschränkung während dieser Zeit
gerechtfertigt erscheinen, gilt es im Einzelfall zu prüfen. Für die Verlängerung bereits
bestehender Verträge gelten grundsätzlich dieselben Bedingungen, wobei die Verlängerung eines bereits bestehenden Vertrags strenger zu beurteilen wäre als das Eingehen eines neuen Vertrags.
85
86
Vgl. BRK 2003-021 vom 5. November 2003, E. 1.
Vgl. Erläuternder Bericht des EFD vom 1. Januar 2010, S. 9, abrufbar unter:
www.news.admin.ch/NSBSubscriber/message/attachments/17793.pdf (Stand: 2. April
2014).
43
Abs. 6
Bei Verträgen mit unbestimmter Laufzeit ist die geschätzte monatliche Vergütung mit
48 zu multiplizieren. Grundsätzlich sind Verträge mit unbestimmter Laufzeit nicht so
auszugestalten, dass andere Anbieterinnen unangemessen lange vom Markt ausgeschlossen werden.
Art. 18
Einsichtsrecht
Abs. 1
Diese Bestimmung übernimmt die Regelung von Art. 5 Abs. 1 VöB, wonach die Anbieterin bei fehlendem Wettbewerb (namentlich bei freihändigen Vergaben) ein Einsichtsrecht in ihre Preiskalkulation zu gewähren hat. Neu ist keine separate Vereinbarung zwischen der Auftraggeberin und der Anbieterin mehr erforderlich; das
Einsichtsrecht gilt direkt gestützt auf das Gesetz. Es soll sicherstellen, dass Leistungen
abseits vom Wettbewerbsdruck zu wirtschaftlichen Bedingungen eingekauft werden
können. Stellt sich im Rahmen der Überprüfung heraus, dass der vereinbarte Preis
unangemessen ist, wird die Pflicht zur Rückerstattung oder künftigen Preisreduktion
mittels einer selbstständig anfechtbaren Verfügung (Art. 55 Abs. 1 Bst. h VE-BöB)
durchgesetzt. Nicht möglich ist es hingegen, aufgrund des Resultats der Überprüfung
den Preis zu erhöhen. Die Einzelheiten sind in der entsprechenden Richtlinie des
EFD87 geregelt. Verletzt eine Anbieterin ihre Pflichten im Zusammenhang mit der
behördlichen Einsicht, droht ihr ein bis zu fünfjähriger Ausschluss von künftigen Beschaffungsverfahren (Art. 47 Abs. 1 VE-BöB).
Abs. 2 entspricht der heutigen Praxis. Es handelt sich um einen Akt der Amtshilfe.
Abs. 3 ermächtigt den Bundesrat, Ausnahmen zum Einsichtsrecht gemäss Abs. 1 sowie weitere Einzelheiten wie die Preisprüfung zu regeln (Art. 17 und 18 VE-VöB).
4. Kapitel
Vergabeverfahren
Art. 19
Verfahrensarten
Abs. 1 und 2
Wie bis anhin besteht auch künftig eine feste Anzahl zulässiger Verfahren: Offenes
und selektives Verfahren (Abs. 1) sowie Einladungs- und freihändiges Verfahren
(Abs. 2). Neubildungen oder Mischformen sind nicht erlaubt. Dies bedeutet indessen
nicht, dass die idealtypischen Verfahrensarten nicht mit ausschreibungsspezifischen
Elementen ergänzt werden dürfen. Grenze und Bedingung bildet der Grundsatz, dass
jederzeit erkennbar bleiben muss, welches gesetzlich vorgesehene Verfahren zur Anwendung gelangt. Die typenbestimmenden Elemente des Verfahrens müssen jederzeit
kenntlich bleiben. Ebenso müssen sich die Spezifika an den allgemeinen vergaberechtlichen Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit, Gleichbehandlung und Transparenz
messen lassen.
Soweit sie nicht vom Gesetz vorgegeben ist, steht die Wahl des Verfahrens der Auftraggeberin zu. Sie darf stets ein höherrangiges Verfahren wählen (d. h. offenes oder
selektives Verfahren statt Einladungsverfahren; Einladungsverfahren statt Freihandverfahren), auch wenn das Gesetz nur eine einfachere Verfahrensform verlangt.
87
44
Richtlinie des EFD vom 28. Dezember 2009 über die Vereinbarung des Einsichtsrechts
bei Beschaffungen des Bundes.
Ebenso entscheidet sie zwischen offenem und selektivem Verfahren nach praktischen
Gesichtspunkten, insbesondere mit Rücksicht auf die Komplexität der zu beschaffenden Leistungen und die Anzahl der zu erwartenden Angebote. Das Freihandverfahren,
bei dem ein Zuschlag direkt und ohne vorgehende Ausschreibung erfolgt, steht nur in
bestimmten Ausnahmesituationen sowie bei Beschaffungen bis 150 000 Franken zur
Verfügung.
Art. 20
Offenes Verfahren
Abs. 1 und 2
Das offene Verfahren ist die «Mutter aller Vergabeverfahren». Beim offenen Verfahren werden Leistungen direkt ausgeschrieben. Eine Vorselektion der Anbieterinnen
erfolgt nicht. Sämtliche interessierten Anbieterinnen reichen ihre Angebote direkt ein.
Ungeeignete Anbieterinnen können von der Auftraggeberin entweder mit einem
selbstständig anfechtbaren Entscheid vom Verfahren ausgeschlossen (Art. 55 Abs. 1
Bst. f VE-BöB) oder beim Zuschlagsentscheid nicht berücksichtigt werden.
Sowohl das offene als auch das nachstehend beschriebene selektive Verfahren gewähren den vollen Marktzugang. Die Auftraggeberin kann frei zwischen den beiden Verfahrensarten wählen. Bei beiden Verfahren ist es möglich, die Angebotsfrist (nicht
aber die Teilnahmefrist) zu verkürzen (Art. 49 VE-BöB).
Art. 21
Selektives Verfahren
Abs. 1 und 2
Das selektive Verfahren beginnt ebenfalls mit einer öffentlichen Ausschreibung. Interessierte Anbieterinnen müssen zuerst ihre Teilnahme am Verfahren beantragen.
Abs. 3 und 4
Die Auftraggeberin prüft die Eignung der Anbieterinnen, die einen Antrag auf Teilnahme am Verfahren gestellt haben. Während die Wahl der zugelassenen Anbieterinnen beim Einladungsverfahren im (pflichtgemässen) Ermessen der Auftraggeberin
liegt, wird beim selektiven Verfahren die Zahl der Bewerberinnen in einer strukturierten Eignungsprüfung reduziert. Der Eignungsentscheid (Präqualifikation) ist selbstständig anfechtbar (Art. 55 Abs. 1 Bst. b VE-BöB). Nur präqualifizierte Anbieterinnen
werden eingeladen, eine Offerte einzureichen.
Sofern der wirksame Wettbewerb gewährleistet bleibt, besteht im selektiven Verfahren zusätzlich zur vorgezogenen Eignungsprüfung die Möglichkeit, die Anzahl derjenigen, die eine Offerte einreichen dürfen, aus Effizienzgründen zu beschränken. Dabei
unterliegt die Auftraggeberin gemäss Rechtsprechung einer doppelten Pflicht: Einerseits muss die Notwendigkeit der Begrenzung der Anbieterzahl sachlich begründet
sein. Anderseits sind bereits bei der Ausschreibung die Absicht, die Anzahl der Anbieterinnen zu begrenzen, sowie die maximal zugelassene Anbieterzahl bekannt zu
geben.88
Art. 22
Abs. 1 und 2
88
Einladungsverfahren
Vgl. BRK 003/98 vom 8. Oktober 1998 (VPB 65.41), E. 4 f.
45
Das Einladungsverfahren ist im Völkerrecht nicht vorgesehen; es findet ausserhalb
des Staatsvertragsbereichs unter Beachtung der dort geltenden Schwellenwerte Anwendung: Gemäss aktuellem Recht ist das Einladungsverfahren bei der Beschaffung
von Waren bei einem Auftragswert ab 50 000 Franken vorgeschrieben. In der neuen
Schwellenwertverordnung wird dieser Schwellenwert demjenigen für Dienstleistungen und Bauleistungen angeglichen, womit das Freihandverfahren bis zu einem Auftragswert von 150 000 Franken zulässig ist. Das Einladungsverfahren ist damit anwendbar für die Beschaffung sämtlicher Waren, Dienstleistungen und Bauleistungen
ab 150 000 Franken bis zur Höhe der international festgelegten Schwellenwerte. Abs.
2 entspricht dem geltenden Recht (Art. 35 Abs. 3 Bst. g und h VöB).
Abs. 3
Da Beschaffungen von Waffen, Munition und Kriegsmaterial nach Art. 11 VE-BöB
vom Staatsvertragsbereich ausgenommen sind, können sie ohne summenmässige Begrenzung im Einladungsverfahren erfolgen.
Abs. 4 und 5
Die Wahl bzw. Beschränkung der zugelassenen Anbieterinnen beim Einladungsverfahren liegt im Ermessen der Auftraggeberin. Diese Regelung entspricht dem geltenden Art. 35 Abs. 1 VöB. Um einen minimalen Wettbewerb zu garantieren, sollten
mindestens drei Angebote eingeholt werden. Diese Voraussetzung ist in der Praxis
erfüllt, wenn wenigstens drei Anbieterinnen angefragt werden, es müssen nicht auch
so viele Angebote eingehen. Die Verordnung regelt die Einzelheiten.
Minimalfristen im Einladungsverfahren werden angesichts der Bemühungen um die
Beschleunigung von Beschaffungsverfahren nicht vorgesehen. Ausserdem wird in der
Praxis bei Standardprodukten (z. B. Schreibutensilien), bei denen Anbieterinnen auf
ihre (allenfalls rabattierten) Preislisten zurückgreifen können, oft lediglich eine Angebotsfrist von wenigen Tagen eingeräumt. Diese Möglichkeit soll nicht unnötig eingeschränkt werden. Der weitere Verfahrensgang entspricht demjenigen beim offenen
und selektiven Verfahren.
Art. 23
Freihändiges Verfahren
Die freihändige Vergabe war bereits in Art. XV GPA 1994 vorgesehen, sie ist es
ebenso im Unionsrecht (Art. 32 der Richtlinie 2014/24/EU bzw. Art. 50 der Richtlinie
2014/25/EU) sowie in Art. 16 BöB. Wie das GPA 1994 enthält auch der Ingress zu
Art. XIII GPA 2012 (Freihändige Vergabe) den Vorbehalt, dass die Auftraggeberinnen solche Verfahren nicht mit der Absicht anwenden dürfen, den Wettbewerb unter
den Anbieterinnen zu verhindern oder Anbieterinnen eines anderen Vertragsstaats zu
diskriminieren.
Abs. 1
Beim freihändigen Verfahren (auch Freihandvergabe oder Freihandverfahren genannt) vergibt die Auftraggeberin den Beschaffungsauftrag direkt und ohne Ausschreibung einer Anbieterin. Die Auftraggeberin tritt also direkt mit einer Anbieterin
in Verhandlungen, ohne vorab eine Ausschreibung durchzuführen. Entsprechend handelt es sich bei der freihändigen Vergabe nicht um ein mit dem offenen oder selektiven
Verfahren gleichwertiges Instrument, da nicht begriffsnotwendig ein Wettbewerb
zwischen den Anbieterinnen stattfindet. Die Grundsätze des Vergaberechts – Wirtschaftlichkeit, Transparenz, Wettbewerb – kommen nur in abgeschwächter Form zum
Tragen.
46
Abs. 2
Abs. 2 überführt die Liste der Ausnahmetatbestände von Art. XIII:1 Bst. a bis h GPA
2012, die eine freihändige Vergabe erlauben, ins nationale Recht. Die Liste entspricht
– mit wenigen Modifikationen – dem geltenden Recht (Art. 13 Abs. 1 VöB). Nach
ständiger Praxis der Gerichte sind diese Tatbestände aufgrund ihres Ausnahmecharakters eng auszulegen.89 Es handelt sich durchwegs um Fälle, in welchen das offene
und das selektive Verfahren nicht durchführbar oder nicht zweckmässig wären, z. B.
weil ein Wettbewerb aus Gründen des Schutzes von Immaterialgüterrechten nicht
möglich wäre. Gleiches gilt für Folgebeschaffungen oder aus unvorhersehbaren Gründen dringliche Beschaffungen.
Bst. b: Das Bestehen einer Wettbewerbsabrede wird eine Auftraggeberin in der Regel
nicht in Eigenregie feststellen können. Bestehen jedoch Anhaltspunkte für eine Abrede, kann die WEKO kontaktiert und eine erste Einschätzung eingeholt werden. Liegen hinreichende Gründe für die Annahme einer Wettbewerbsabrede vor, soll der
Auftraggeberin die Möglichkeit des freihändigen Verfahrens offen stehen, sofern ausserhalb des Submissionskartells kein Restwettbewerb mehr möglich ist.
Bst. c: Dieser Tatbestand entspricht der bisherigen bewährten Regelung. Er ist dann
erfüllt, wenn ein Auftrag aufgrund seiner technischen oder künstlerischen Besonderheiten oder aus Gründen des Schutzes des geistigen Eigentums nur an eine bestimmte
Anbieterin erteilt werden kann. Dies ist z. B. dann der Fall, wenn diese Anbieterin
mangels angemessener Alternativen als einzige in der Lage ist, ein entsprechendes
Produkt zu liefern bzw. eine entsprechende Bau- oder Dienstleistung zu erbringen.
Zur Rechtfertigung des freihändigen Verfahrens ist die Auftraggeberin nicht nur zur
Darlegung technischer Gründe verpflichtet, sondern sie muss auch glaubwürdig erläutern und (wenn möglich) belegen, dass diese technischen Gründe die freihändige
Vergabe unbedingt erfordern.90 Vertragliche Abmachungen, die den Wettbewerb in
einer öffentlichen Beschaffung einschränken (z. B. eine Architektenklausel) stellen
weder eine technische noch eine künstlerische Besonderheit dar und sind somit keine
zulässigen Gründe, um sich auf die Ausnahme gemäss Bst. c zu berufen. Wird gegen
eine freihändige Vergabe der Rechtsweg beschritten, trägt die beschwerdeführende
Anbieterin die Beweislast, dass sie willens und in der Lage ist, substituierbare Leistungen zu erbringen.91
Bst. d: Die Anwendung der Dringlichkeitsklausel gemäss Bst. d erfordert kumulativ
folgende Voraussetzungen: Das Auftreten eines unvorhersehbaren Ereignisses, welches Ursprung einer dringlichen Situation ist. Diese darf weder von der Auftraggeberin verschuldet (z. B. durch Unsorgfalt) noch Resultat ihrer Planung sein. Die Dringlichkeit muss derart sein, dass die Auftraggeberin ihren Pflichten nicht nachkommen
könnte, falls sie ein offenes oder selektives Verfahren oder ein Einladungsverfahren
durchführen würde.
Bst. e betrifft Folgebeschaffungen. Die Bestimmung sieht freihändige Vergaben neu
vor, wenn Leistungen zur Ersetzung, Ergänzung oder Erweiterung bereits erbrachter
Lieferungen, Bau- oder Dienstleistungen der ursprünglichen Anbieterin vergeben
werden müssen, weil ein Anbieterwechsel aus wirtschaftlichen oder technischen
Gründen nicht möglich ist, erhebliche Schwierigkeiten bereitet oder substanzielle
Mehrkosten nach sich ziehen würde. Solche Gründe können etwa darin liegen, dass
89
90
91
Vgl. BRK 2000-007 vom 3. November 2000, E. 4a.
Vgl. BRK 2000-007 vom 3. November 2000, E. 4b.
Vgl. BVGer 3402/2009 vom 6. Juli 2010, E 3.2.7 und 4.3.
47
Materialien, Dienstleistungen, Anlagen und Leistungen (wie Computerprogramme,
Software) nicht beliebig austauschbar sind. Gerade wenn die Kompatibilität mit bestehenden Komponenten gesichert sein muss, wäre eine offene oder selektive Ausschreibung nicht zielführend. Die Auftraggeberin hat in der schriftlichen Begründung
nachvollziehbar darzulegen, weshalb sie davon ausgeht, dass es an der Austauschbarkeit von oder Kompatibilität mit Material, Software, Dienstleistungen oder Anlagen
aus einer ursprünglichen Beschaffung fehlt bzw. weshalb ein Anbieterwechsel zu erheblichen Schwierigkeiten oder substanziellen Mehrkosten führen würde. Hinsichtlich der erwarteten Mehrkosten liegt die Schwelle hoch: Nicht jede Erhöhung der erwarteten Kosten berechtigt zum Ausschluss des Wettbewerbs. Vielmehr muss
feststehen, dass die Mehrkosten unverhältnismässig sind, d. h. in keinem vernünftigen
Verhältnis zum Angebotspreis stehen. Zu den erwarteten Kosten werden auch Überführungs- und Einrichtungskosten sowie solche für die Einarbeitung, also für das Aneignen des Spezialwissens sowie der Kenntnisse der Gegebenheiten vor Ort, gerechnet.
In Art. XV GPA 1994 waren noch drei verschiedene Tatbestände der Folgebeschaffung vorgesehen (Bst. d «zusätzliche Lieferungen», Bst. f «zusätzliche Baudienstleistungen», Bst. g «neue Baudienstleistungen»). Diese drei Tatbestände wurden in Art.
XIII:1 Bst. c GPA 2012 auf Betreiben einzelner Mitgliedstaaten in einer einzigen Bestimmung zusammengeführt.
Die heutige Regelung in Art. 13 Abs. 1 Bst. h VöB (neue gleichartige Bauaufträge)
entfällt. Bst. e wird künftig auch für diese Beschaffungen einschlägig sein.
Bst. i: Zusätzlich zu den im GPA 2012 aufgezählten Tatbeständen (vgl. insbesondere
Art. XIII:1 Bst. h GPA 2012) erlaubt Bst. i die freihändige Vergabe auch dann, wenn
die Auftraggeberin in einem «vorausgehenden Verfahren», d. h. in einem Planungsoder Gesamtleistungswettbewerb, die Lösung einer planerischen Aufgabe erarbeiten
liess und im Anschluss daran dem Gewinner oder der Gewinnerin gewisse Folgeleistungen, die eng mit der planerischen Aufgabe zusammenhängen, freihändig vergeben
möchte. Hierzu gehören weitere Planerleistungen (z. B. vertiefte Planung) oder auch
die Koordination der Umsetzung dieser Planung (wie Bauleitung), nicht hingegen die
Realisierung der Planung (z. B. Bauarbeiten). Nebst Wettbewerben kann auch ein entsprechend ausgestalteter Studienauftrag den Anforderungen genügen.
Abs. 3
Wie bereits Art. XIII:2 GPA 2012 und Art. 13 Abs. 2 VöB vorsehen, erstattet die
Auftraggeberin über jeden freihändig vergebenen Auftrag einen Bericht. Eine Veröffentlichung des Berichts erübrigt sich, da Zuschläge summarisch zu begründen sind
(Art. 53 Abs. 3 VE-BöB).
Werden Aufträge im freihändigen Verfahren oder aufgrund einer Ausnahmebestimmung vergeben, ist ihre Kostenäquivalenz mangels Anbieterwettbewerb ungewiss.
Als quid pro quo bzw. «Ausgleich» für den Verzicht auf ein Wettbewerbsverfahren
sieht Art. 5 VöB in solchen Fällen bereits heute die Möglichkeit vor, mit Anbieterinnen ein Einsichtsrecht in die Kalkulationsgrundlagen zu vereinbaren. Diese Regelung
hat sich im Grundsatz bewährt. Neu ergibt sich der Anspruch auf Einsicht und Überprüfung der Kalkulation direkt aus dem Gesetz (Art. 18 VE-BöB).
Art. 24
Abs. 1
48
Planungs- und Gesamtleistungswettbewerb
Planungs- und Gesamtleistungswettbewerbe spielen bei öffentlichen Beschaffungen
eine wichtige Rolle. Planungswettbewerbe können zur Erarbeitung von Lösungsvorschlägen als Ideenwettbewerb zu allgemein umschriebenen und abgegrenzten Aufgaben oder als Projektwettbewerb zu konkret umschriebenen Aufgaben und zur Vergabe
der teilweisen oder umfassenden Realisierung der Lösung lanciert werden. Gesamtleistungswettbewerbe werden zur Erarbeitung von Lösungsvorschlägen zu konkret
umschriebenen Aufgaben und zur Vergabe der Realisierung dieser Lösung durchgeführt.
Das Staatsvertragsrecht enthält keine Regeln für die Durchführung von Wettbewerben. Immerhin findet sich in Art. XIII:1 Bst. h GPA 2012 der Hinweis, dass eine freihändige Vergabe an den Gewinner oder die Gewinnerin eines Wettbewerbs nur dann
zulässig ist, wenn die Organisation des Wettbewerbs – insbesondere in Bezug auf die
Publizität – den Grundsätzen dieses Übereinkommens entspricht, die Teilnehmenden
bzw. deren Projekte von einer unabhängigen Jury beurteilt werden und dem Gewinner
oder der Gewinnerin ein Vertrag in Aussicht gestellt wird. Das Staatsvertragsrecht
setzt mithin erst auf einer zweiten Stufe, nach Abschluss des Wettbewerbs ein. Es
wirkt indessen auf die Gestaltung des Wettbewerbs zurück. Wird der Auftrag nicht an
den Gewinner oder die Gewinnerin des Wettbewerbs vergeben oder entspricht das
Wettbewerbsverfahren nicht den Grundsätzen des GPA 2012, muss ein offenes oder
selektives Verfahren durchgeführt werden. Der Planungs- und Gesamtleistungswettbewerb ist daher kein eigener submissionsrechtlicher Verfahrenstyp.92 Vielmehr ist
der Wettbewerb, wenn er in eine freihändige Vergabe an den Gewinner oder die Gewinnerin münden soll, in einem GPA-konformen (in der Regel offenen oder selektiven) Verfahren durchzuführen.
Die SIA Ordnungen 142/2009 (Wettbewerbe) und 143/2009 (Studienaufträge) haben
eine grosse praktische Bedeutung. Dabei gilt es zu beachten, dass es sich bei den SIANormen um private Regelwerke handelt. Zum einen finden diese Regelwerke nur
dann Anwendung, wenn in den Ausschreibungsunterlagen darauf hingewiesen wird.
Zum anderen können sie die (zwingenden) Bestimmungen des anwendbaren Beschaffungsrechts nicht derogieren. Sie können aber im Rahmen der Auslegung und Lückenfüllung Beachtung finden.93
Abs. 2
Die diesbezüglichen Bestimmungen stipulieren eine Reihe besonderer Regeln für die
Beschaffung von Planungs- und Bauleistungen. Wie bisher (Art. 40 bis 57 VöB) werden die Einzelheiten dieser Wettbewerbe auf Verordnungsstufe geordnet.
Art. 25
Elektronische Auktionen
Beschaffungsvorhaben werden zunehmend auf elektronischem Weg abgewickelt. Das
senkt nicht nur die Transaktionskosten, sondern erhöht die Transparenz und fördert
den Marktzutritt ortsfremder Anbieterinnen. Das Gemeinschaftsrecht enthielt bereits
in den Richtlinien 2004/17/EG bzw. 2004/18/EG eine Grundlage für elektronische
Auktionen. Art. 35 der Richtlinie 2014/24/EU sowie Art. 53 der Richtlinie
2014/25/EU sehen ebenfalls entsprechende Instrumente vor.
92
93
Galli/Moser/Lang/Steiner, Praxis des öffentlichen Beschaffungsrechts, 3. Auflage, Zürich
2013, Rz. 990.
Vgl. BRK 1999-011 vom 9. Dezember 1999, E. 4d/bb, veröffentlicht in VPB/2000 Nr.
63.
49
Die Einführung elektronischer Auktionen stellt hinsichtlich Vereinfachung und Modernisierung der Beschaffungsverfahren eine wesentliche Neuerung dar: Während
elektronische Auktionen im GPA 1994 noch nicht erwähnt waren, werden sie im GPA
2012 eingehend geregelt. Um eine einfache sowie sichere Benützung durch die Anbieterinnen sicherzustellen, verwenden die Auftraggeberinnen bei der elektronischen
Abwicklung eines Beschaffungsvorhabens allgemein verfügbare und kompatible Systeme und Software und stellen Sicherungsmechanismen auf, um die eingereichten Angebote vor unbefugten Zugriffen zu schützen (Art. IV:3 GPA 2012). Aus Transparenzgründen muss jede Bekanntmachung einer Beschaffung über die eingesetzte
Beschaffungsmethode Auskunft geben sowie einen Hinweis enthalten, ob Verhandlungen oder eine elektronische Auktion stattfinden (Art. VII:2 Bst. f GPA 2012). Das
GPA 2012 versteht die elektronische Auktion nicht als besondere Form der Verhandlungen, sondern als ein Instrument sui generis.
Abgesehen vom Betrieb elektronischer Plattformen und der Einreichung der Angebote auf elektronischem Wege, fehlte im Schweizer Recht bisher eine gesetzliche Regelung. Diese Regelungslücke soll mit Art. 25 VE-BöB geschlossen werden.
Abs. 1 und 2
Die elektronische Auktion ist kein eigenständiges Vergabeverfahren, sondern ein Instrument, das im offenen oder selektiven Verfahren, im Einladungsverfahren oder im
Rahmen eines Abrufverfahrens nach dem Zuschlag von Rahmenverträgen eingesetzt
werden kann. Die Besonderheit der elektronischen Auktion besteht darin, dass die
Offerten anhand eines iterativen, automatisierten Verfahrens bewertet werden.
Die elektronische Auktion erstreckt sich auf die Preise, wenn der Zuschlag für den
niedrigsten Preis erteilt wird, oder auf die Preise und/oder die Werte für quantifizierbare Komponenten, wenn der Zuschlag für das wirtschaftlich günstigste Angebot erteilt wird. Zurzeit bleibt dieses Instrument auf die Beschaffung standardisierter Leistungen beschränkt.
Die Ausschreibungsunterlagen weisen auf die Anforderungen an Authentifizierung
und Verschlüsselung hin, welche die Anbieterinnen bei der Einreichung ihrer Angebote zu erfüllen haben. Der Sicherheit dieser Verfahren (insbesondere der Nicht-Abstreitbarkeit der Angebote) gebührt grosse Beachtung. Zudem ist sicherzustellen, dass
die Eingaben der Teilnehmenden in pseudonymisierter Form erfolgen. Für die Bearbeitung von pseudonymisierten Daten (diese können unter Beizug einer Referenztabelle auf eine bestimmte Person zurückgeführt werden) ist das Datenschutzgesetz
(DSG)94 anwendbar.
Abs. 3 bis 5
Die elektronische Auktion kommt erst in einem zweiten Verfahrensschritt zur Anwendung, wobei mehrere Bewertungsrunden stattfinden können. In einer ersten Phase
prüft die Auftraggeberin die Eignungskriterien und die technischen Spezifikationen
und nimmt (manuell) eine erste Bewertung der Angebote vor.
Kommt eine elektronische Auktion zur Anwendung, ist die vollständige und periodische Information der Anbieterinnen durch die Auftraggeberin ein wichtiges Element
zur Herstellung von Transparenz und der Gleichbehandlung der Anbieterinnen. Vor
Beginn jeder Auktion stellt die Auftraggeberin jeder Anbieterin die Informationen
über die automatische Bewertungsmethode, einschliesslich der mathematischen For-
94
50
Bundesgesetz vom 19. Juni 1992 über den Datenschutz, SR 235.1.
mel, das Ergebnis ihrer ersten Angebotsbewertung und alle weiteren relevanten Informationen zur Abwicklung der Auktion zur Verfügung. Bei mehreren nacheinander
durchgeführten Auktionsrunden informiert die Auftraggeberin alle Anbieterinnen in
jeder Phase über ihren jeweiligen Rang.
Alle im Anschluss an die erste Evaluation zugelassenen Anbieterinnen werden gleichzeitig und auf elektronischem Wege aufgefordert, neue, bereinigte Angebote einzureichen. Sofern dies vorab bekanntgegeben wurde, kann die Anbieterzahl begrenzt
werden – dies insbesondere aus Gründen der Effizienz und Administrierbarkeit der
elektronischen Auktion.
Art. 26
Verhandlungen
Anders als die Instrumente des Dialogs und der elektronischen Auktion bildeten Verhandlungen in Vergabeverfahren bereits Gegenstand des GPA 1994 und sind auch im
GPA 2012 – wenn auch sprachlich in gestraffter Form – wieder vorgesehen. Massgebend ist zum einen der Grundsatz der Transparenz, zum anderen die Gleichbehandlung unter den Anbieterinnen.
Auf Bundesebene sind Verhandlungen, auch reine Preisverhandlungen, seit Inkrafttreten des BöB zulässig (Art. 20 BöB, Art. 26 VöB). Sie dürfen jedoch nicht mit der
Absicht oder der Wirkung durchgeführt werden, einzelne Anbieterinnen zu bevorteilen oder andere zu benachteiligen, indem z. B. einer willkürlich ausgewählten Anbieterin eine Nachbesserung ihrer Offerte zugestanden wird. Zwar können gemäss Rechtsprechung Leistungsänderungen oder -reduktionen Gegenstand von Verhandlungen
bilden, diese dürfen aber nicht dazu dienen, die Konformität von Angeboten, welche
die ursprünglich gestellten Anforderungen nicht erfüllt haben, nachträglich herbeizuführen. Angebote, die unvollständig sind oder anderweitig nicht den Ausschreibungsunterlagen entsprechen, sind vom Verfahren auszuschliessen. So ist es nicht gestattet,
ein Angebot, das als zwingend bezeichnete technische Spezifikationen nicht erfüllt,
im Rahmen von Verhandlungen derart zu bereinigen und zu ergänzen, dass die Ausschreibungskonformität nachträglich hergestellt wäre.95
Für die Zulässigkeit von Preisverhandlungen sprechen viele Gründe. Zum einen ist
die Abgrenzung zwischen Preisverhandlungen und anderen Verhandlungen in der
Praxis oft schwierig, da sich diese Vorgänge praktisch immer auf das Preis-Leistungsverhältnis auswirken. Zum andern sind in Verfahren, in denen lediglich das Ziel der
Beschaffung vorgegeben wird, Verhandlungen über sämtliche Leistungselemente inklusive Preis unabdinglich. Preisverhandlungen können schliesslich ein adäquates
Mittel sein, um allfällige Preisabsprachen zu verhindern oder aufzubrechen. Ohne die
Möglichkeit der Preisverhandlung müsste die Auftraggeberin in diesen Fällen das
Verfahren allenfalls abbrechen und wiederholen. Bis zu einem rechtskräftigen Entscheid über das Vorliegen einer Preisabsprache kann aber viel Zeit vergehen. Die
Rechtmässigkeit eines Verfahrensabbruchs bliebe dementsprechend lange unklar.
Gerade bei komplexen Beschaffungen ist die Verhandlungsmöglichkeit ein unverzichtbares Element. Durch Verhandlungen lassen sich z. B. Einsparungen im Einkauf
erzielen, was dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit von Beschaffungen entspricht.
Zudem ermöglichen Verhandlungen einer Auftraggeberin im Sinne einer Flexibilisierung, während einer laufenden Ausschreibung klüger zu werden und den Leistungsgegenstand (innerhalb vorgegebener Schranken) zu optimieren.
95
Vgl. BRK 2006-016 vom 05.12.2006, E. 3.
51
Im kantonalen Recht sind Verhandlungen bzw. reine Abgebotsrunden bisher ausser
im freihändigen Verfahren nicht erlaubt (Art. 11 IVöB, Art. 30 VRöB). Im Vordergrund steht dabei einerseits die Befürchtung, dass Anbieterinnen in ihren Offerten
Verhandlungsmargen einbauen, die durch das Führen von vorgängig anzukündigenden Verhandlungen wieder eliminiert werden müssten. Anderseits wird argumentiert,
dass Verhandlungen aufwendig seien, hohe Anforderungen an die Kompetenzen der
Beteiligten setzen würden und das Risiko unerwünschter «Beziehungskorruption»
zwischen Auftraggeberinnen und Anbieterinnen erhöhen könnten. Anbieterinnen verweisen zudem auf die Gefahren fehlender Transparenz und des Missbrauchs der
Nachfragemacht durch die Auftraggeberinnen. Der allenfalls erhöhten Korruptionsgefahr kann – anstatt mit einem allgemeinen Verhandlungsverbot – mit innerbetrieblichen Massnahmen, wie z.B. klaren Kompetenzregelungen, Vier-Augen-Prinzip, Rotationen, «Reporting» und Kontrollsystemen begegnet werden. Dem Argument, dass
Preisverhandlungen die Gefahr eines Missbrauchs der Nachfragemacht erhöhen, kann
schliesslich entgegnet werden, dass das Kartellgesetz einen hinreichenden Schutz bietet. Klare Vorgaben für das Führen von Verhandlungen sind jedoch unentbehrlich.
Um diesen grundlegenden Unterschied zwischen den Rechtsordnungen des Bundes
und der Kantone zu beseitigen, soll die Möglichkeit der Verhandlungsführung neu
auch im kantonalen Recht verankert werden. Der vorliegende Entwurf schöpft den
Handlungsspielraum des GPA 2012 zumindest teilweise aus und gestattet Verhandlungen aus begründetem Anlass und innerhalb formaler Schranken. Damit ermöglicht
er weiterhin einen Kompromiss zwischen den Anliegen der Auftraggeberinnen und
den schützenswerten Interessen der Anbieterinnen.
Abs. 1
Verhandlungen können die Leistungen (d. h. das Volumen), die Modalitäten ihrer Erbringung (d. h. die Qualität) und den Preis betreffen. Die Änderung eines Parameters
wird eine Änderung des oder der anderen Parameter nach sich ziehen. Verhandlungen
sind aber nur unter der alternativen Voraussetzung von Art. XII:1 GPA 2012 zulässig:
Entweder erfolgte in der Ausschreibung ein ausdrücklicher Vorbehalt oder die Bewertung ergibt, dass keines der Angebote nach den bekannt gegebenen Zuschlagskriterien eindeutig das wirtschaftlich günstigste ist. Weiter dürfen gemäss Art. XII:2
GPA Anbieterinnen, die an Verhandlungen teilnehmen, nur im Einklang mit den Kriterien gemäss Ausschreibung oder Ausschreibungsunterlagen abgelehnt werden. Zudem muss allen Anbieterinnen nach Abschluss der Verhandlungen die gleiche Frist
gewährt werden, um neue oder überarbeitete Angebote einzureichen. «Spontane»
Verhandlungsrunden werden dadurch ausgeschlossen.
Abs. 2
Neben einem Vorbehalt in der Ausschreibung setzen Verhandlungen regelmässig einen begründeten Anlass voraus. Die in Abs. 2 enthaltene Aufzählung von Gründen
für eine Verhandlung ist nicht abschliessend zu verstehen. Gründe für eine Verhandlung können sein:
Bst. a: Aufgrund der eingegangenen Angebote erweisen sich Leistungsänderungen als
erforderlich. Z. B. ist es denkbar, dass eine Anbieterin eine Unternehmervariante einbringt, die in der Folge allen Anbieterinnen zur Nachtragsofferte unterbreitet wird.
Statt eines Abbruchs und einer Neuauflage erweist sich die Verhandlung als überlegene Variante. Sie findet dort ihre Grenze, wo der Leistungsgegenstand so stark verändert wird, dass sich ein neuer Anbieterkreis ergibt. Dann führt kein Weg an einer
Neuausschreibung vorbei.
52
Bst. b: Wenn nur eine Anbieterin offeriert, kann ihr der Auftrag freihändig zugeschlagen werden. Da im freihändigen Verfahren Verhandlungen stets zulässig waren (sowohl nach kantonalem als auch nach Bundesrecht) und dies auch künftig sein sollen,
erweist sich dieser Tatbestand als blosse Verdeutlichung der aktuellen Praxis.
Bst. c: Bei komplexen Leistungen gelingt es in der ersten Iteration regelmässig nicht,
die Erwartungen der Auftraggeberinnen umfassend zu verstehen und zu adressieren.
Falls kein Dialog stattfindet, soll daher auch in solchen Fällen eine zusätzliche Runde
stattfinden können, um letztlich das Beschaffungsbedürfnis zu befriedigen.
Abs. 3
Weder besteht eine Verpflichtung, überhaupt Verhandlungen zu führen, noch ist die
Auftraggeberin verpflichtet, mit sämtlichen Anbieterinnen in Verhandlungen zu treten. Zu Verhandlungen werden (im Sinne der Verfahrenseffizienz) nur jene Anbieterinnen eingeladen, die für den Zuschlag vernünftigerweise in Frage kommen. In der
Regel sollen nicht weniger als drei Anbieterinnen aufgeboten werden.
Abs. 4 statuiert generelle Anforderungen an die Transparenz und Fairness der Verhandlungen im Allgemeinen sowie der Verhandlungsführung im Besonderen. Bst. b
konkretisiert das vergaberechtliche Vertraulichkeitsprinzip (Art. 13 Bst. d VE-BöB).
Die Auftraggeberinnen müssen alle vorgenommenen Schritte hinreichend dokumentieren.
Art. 27
Bekanntgabe und Protokollierung
Diese Bestimmung hält die formalen Anforderungen an die Verhandlungsführung
fest. Sie entspricht dem geltenden Art. 26 Abs. 2 und 3 VöB (wobei die Vorgabe einer
Mindestanzahl zur Verhandlung einzuladender Anbieterinnen neu in Art. 26 Abs. 3
VE-BöB geregelt ist).
Verhandlungen finden nicht im rechtsfreien Raum statt. Sie unterstehen den gesetzlichen Anforderungen sowie den Grundsätzen der Verhältnismässigkeit und Fairness.
Mit den vorgehenden Hinweisen (Art. 26 VE-BöB) und der Protokollierung der Voten
soll sichergestellt werden, dass die rechtlichen Vorgaben eingehalten werden. Die
Protokolle sind jeweils von beiden Seiten zu unterzeichnen.
Art. 28
Dialog
Das Instrument des Dialogs – der Begriff ist an die Terminologie der EU-Richtlinien
angelehnt – ist weder im GPA 1994 noch im GPA 2012 vorgesehen. Die Formulierung «Methoden wie» («such as») in Art. IV:4 Bst. a GPA 2012 weicht den numerus
clausus von möglichen Verfahren in Art. VII:3 GPA 1994 auf. Im Gegensatz zu Art.
XIV:2 GPA 1994 enthält Art. XII GPA 2012 nicht mehr die Einschränkung, dass der
Gegenstand der (weiterhin vorbehaltenen) Verhandlungen vorab die Feststellung von
Stärken und Schwächen der Angebote sein muss. Dadurch entsteht ein Spielraum für
Verfahren wie den Dialog (vgl. auch Art. VII:2 Bst. f GPA 2012 gegenüber Art. IX:6
Bst. b GPA 1994). Art. VII:2 Bst. f GPA 2012 enthält die Bedingungen, die in der
Ausschreibung erfüllt sein müssen.
In der EU wurde der sogenannte wettbewerbliche Dialog als Instrument zur Erhöhung
der Flexibilität bei besonders komplexen Vorhaben bereits mit Art. 29 der Richtlinie
2004/18/EG eingeführt und stiess von Anfang an auf grosses Interesse. Art. 48 der
neuen Richtlinie 2014/24/EU dient dazu, das Verfahren des wettbewerblichen Dialogs
zu optimieren und zu vereinfachen.
53
Eine helvetische Variante des wettbewerblichen Dialogs wurde auf Bundesebene mit
der Revision der VöB im Jahr 2010 eingeführt. Anders als in der EU wird der Dialog
in der VöB nicht als eigenständiges Verfahren ausgestaltet, sondern als Instrument,
das im offenen oder selektiven Verfahren eingesetzt werden kann. Dieser Ansatz lässt
sich besser in das Bundesvergaberecht eingliedern.96 Im Recht der Kantone ist dieses
Instrument bisher nicht vorgesehen.
Abs. 1
Bei besonders komplexen Vorhaben, bei intellektuellen Dienstleistungen oder bei innovativen Vorhaben ist die Auftraggeberin oft nicht oder nur mit unverhältnismässigem Aufwand im Stande, ohne Mitwirkung der Anbieterinnen den Beschaffungsgegenstand so zu bestimmen, dass er ihren Bedürfnissen gerecht wird, oder zu
beurteilen, welche Lösungen der Markt anbietet. Wird eine Lösung von der Auftraggeberin einseitig favorisiert, kann dies zur Folge haben, dass die Ressourcen und das
Innovationspotenzial des Markts nicht voll erschlossen werden.
Die Komplexität kann in technischen oder rechtlichen Eigenarten gründen oder Folge
der gewählten Finanzierungslösung sein (insbesondere bei Public Private Partnerships).97 In solchen Fällen ist die Suche nach Lösungswegen oder Vorgehensweisen idealerweise Teil der Beschaffung (und nicht der vorgelagerten Marktabklärung),
da es sich mangels spezifischer Kenntnisse der Auftraggeberin aufdrängt, die möglichen Lösungswege und Vorgehensweisen mit den Anbieterinnen in einem strukturierten Verfahren zu besprechen und gemeinsam weiterzuentwickeln.
In der Ausschreibung ist in geeigneter Form darauf hinzuweisen, dass die Auftraggeberin beabsichtigt, einen Dialog durchzuführen. Anbieterinnen sollen bereits zu diesem frühen Zeitpunkt wissen, worauf sie sich einlassen. Die Durchführung des Dialogs liegt in der Folge weitgehend im Ermessen der Auftraggeberin.
Abs. 2
Das Transparenzgebot ist auch beim Dialog zu beachten. Die Auftraggeberin gibt in
den Ausschreibungsunterlagen ihre Wünsche und Anforderungen bekannt und weist
darauf hin, aufgrund welcher (Eignungs-)Kriterien sie die Dialogpartnerinnen auswählt. Den ausgewählten Anbieterinnen gibt sie bestimmte Mindestangaben zum Ablauf des Dialogs ausreichend früh (in der Ausschreibung oder den Ausschreibungsunterlagen) bekannt, so dass sie sich angemessen vorbereiten können. Der Dialog wird
in erster Linie bilateral mit den einzelnen Anbieterinnen geführt und soll sich auf deren Lösungen und Vorschläge stützen.98 Gemeinsame, d. h. multilaterale Dialoge, bei
denen einzelne Lösungen und Vorschläge miteinander kombiniert und Anbieterinnenübergreifend diskutiert und entwickelt werden können, sind theoretisch denkbar, aber
in der Praxis nur schwierig realisierbar.
Je nach Umfang des zu beschaffenden Gegenstands bzw. der Komplexität der sich
stellenden Fragen kann die Auftraggeberin den Dialog in verschiedene aufeinander
folgende Phasen aufteilen, bei denen der Beschaffungsgegenstand laufend eingegrenzt werden kann. Es bleibt auf Verordnungsstufe zu regeln, wie der Vergütungsmechanismus genau ausgestaltet werden soll und ob allenfalls auch nur denjenigen
96
97
98
54
Erläuternder Bericht des EFD vom 1. Januar 2010, S. 17 f.
Vgl. Erläuterungen der Europäischen Kommission zum wettbewerblichen Dialog in der
klassischen Richtlinie (2004/18/EG), S. 1-4.
Vgl. Erläuterungen der Europäischen Kommission zum wettbewerblichen Dialog in der
klassischen Richtlinie (2004/18/EG), S. 7 f.
Anbieterinnen eine Entschädigung gezahlt werden soll, die der Verwendung von Geschäftsgeheimnissen zugestimmt, den Zuschlag jedoch nicht erhalten haben.
Abs. 3
Ziel des Dialogs ist es, die seitens der Auftraggeberin formulierten funktionalen Anforderungen bzw. die Lösungswege oder Vorgehensweisen anhand des Know-hows
und der Erfahrungen der Anbieterinnen zu konkretisieren. Dazu kann es erforderlich
sein, das Verfahren in Phasen zu gliedern. Zeigt sich während des Verfahrens, dass
eine der Dialogpartnerinnen vernünftigerweise nicht für den Zuschlag in Frage
kommt, braucht die Auftraggeberin den Dialog mit dieser Anbieterin nicht fortzuführen. Eine Mitteilung an diese Anbieterin in Form einer anfechtbaren Verfügung kann
sogleich oder erst zum Zeitpunkt des Zuschlags erfolgen.
Abs. 4
In diesem Absatz werden das Gleichbehandlungs-, das Vertraulichkeits- und das
Transparenzprinzip wiederholt. Die Weitergabe vertraulicher Informationen erfordert
grundsätzlich die Zustimmung der betroffenen Anbieterinnen. Insbesondere muss gewährleistet sein, dass das Urheberrecht und das Lauterkeitsrecht gewahrt bleiben.99
Abs. 5
Aus Gründen der Nachvollziehbarkeit und gerichtlichen Überprüfung sind alle Stationen des Dialogs zu dokumentieren. Falls eine Entschädigung an die Dialogpartnerinnen erfolgt, sollte auch deren Aufwand angemessen festgehalten werden.
Abs. 6
Die im Dialog verbliebenen Anbieterinnen werden über den Abschluss des Dialogs
und die relevanten Inhalte orientiert und aufgefordert, innert Frist ihr endgültiges vollständiges Angebot einzureichen.100 Die Auftraggeberin beurteilt die eingereichten
Angebote anhand der in der Ausschreibung oder in den Ausschreibungsunterlagen
festgelegten Zuschlagskriterien und wählt das wirtschaftlich günstigste Angebot aus.
Die Verordnung regelt die Einzelheiten.
Art. 29
Rahmenverträge
Das Institut der Rahmenverträge ist weder im GPA 1994 noch im GPA 2012 vorgesehen. Art. XV:7 GPA 2012 erwähnt lediglich, dass «Optionen» nicht dafür eingesetzt
werden dürften, «die Verpflichtungen nach diesem Übereinkommen zu umgehen».
Rahmenverträge und Optionen weisen Gemeinsamkeiten auf: Beide Male wird nicht
ein abschliessend bestimmtes Leistungsvolumen ausgeschrieben, sondern das Recht
der Auftraggeberin, gewisse Leistungen über einen bestimmten Zeitraum zu beziehen.
In den Mitgliedstaaten der EU haben sich schon länger zentrale Vergabestellen etabliert mit der Aufgabe, Leistungen für eine Mehrzahl von Vergabestellen einzukaufen.
Dazu ist die Rahmenvereinbarung das Instrument der Wahl. Für die Beschaffung
grosser Mengen trugen (und tragen) diese Verfahren zur Verbesserung des Wettbewerbs und zur Rationalisierung des öffentlichen Beschaffungswesens bei. Insbesondere aus dem Bereich der Arzneimittelbeschaffung ist die Rahmenvereinbarung heute
nicht mehr weg zu denken.
99
Vgl. Urteil des Zürcher Obergerichts vom 24.05.2012, Geschäfts-Nr. LK020010, durch
das Bundesgericht bestätigt mit Entscheid 4A_397/2012 vom 11. Januar 2013.
100 Vgl. Erläuterungen der Europäischen Kommission zum wettbewerblichen Dialog in der
klassischen Richtlinie (2004/18EG), S. 9 f.
55
Der Begriff der Rahmenvereinbarung wurde im Gemeinschaftsrecht in den Richtlinien 2004/17/EG (Art. 14 und 29) und 2004/18/EG (Art. 32) eingeführt. Das breit
angewandte und europaweit als effiziente Beschaffungsmethode angesehene Instrument ist auch in den neuen Richtlinien 2014/24/EU (Art. 33) und 2014/25/EU (Art.
51) vorgesehen.
Abs. 1
Beim Abschluss eines Rahmenvertrags mit einem oder mehreren Anbieterinnen soll
nicht ein besonderes Verfahren zur Anwendung gelangen. Vielmehr beanspruchen die
allgemeinen Verfahren auch für die Ausschreibung und den Abschluss eine Rahmenvertrags Geltung. Gleiches gilt für die allgemeinen Grundsätze des Vergabeverfahrens
(vgl. Art. 13 VE-BöB), die sowohl für den Abschluss des Rahmenvertrags als auch
(mit Ausnahme der Bestimmungen über den Rechtsschutz) für den individuellen Abruf der Leistungen beachtlich sind.
Inhalt und Umfang des Einzelauftrags sowie das Verfahren zu dessen Vergabe hängen
direkt vom Rahmenvertrag und dessen Regelungsdichte ab. Wurden sämtliche Bedingungen bereits im Rahmenvertrag festgelegt, gelten dieselben Bedingungen auch für
den darauf basierenden Einzelauftrag. Die Leistungen sind im Einzelauftrag detailliert
zu beschreiben. In der Regel wird dieser nur noch Liefermengen und Termine sowie
allenfalls besondere kommerzielle Bedingungen (Rabatte) enthalten.
Der Hinweis auf die Wettbewerbswirkungen der Rahmenverträge nimmt auf
Art. XV:7 GPA 2012 Bezug. So wäre es unzulässig, einen Rahmenvertrag «für den
IT-Bedarf der Bundesverwaltung in den Jahren 2013 bis 2017» auszuschreiben. Damit würde eine beträchtliche Anzahl sachlich getrennter Märkte für Jahre dem Wettbewerb entzogen. Rahmenverträge müssen stets auf einen spezifischen Markt beschränkt bleiben. Die Leistungen sind hinreichend zu beschreiben. Ein
Rahmenvertrag bildet keinen Ersatz für eine mangelhafte Leistungsbeschreibung.
Sind bei einer Ausschreibung Einheitspreise verlangt, sieht die Auftraggeberin ein
optionales Mengengerüst vor, aus dem sich (multipliziert mit den Einheitspreisen) ein
geschätzter Gesamtpreis errechnet. Alternativ kann sie einen Gesamtpreis für alle
Leistungen unter einem Rahmenvertrag vorsehen.
Der Gesamtpreis bildet Grundlage des Zuschlags und ist nach Art. 50 VE-BöB zu
publizieren. Mangels anderer Abreden begründen weder der Gesamtpreis noch ein
Mengengerüst eine Pflicht der Auftraggeberin, die unter einem Rahmenvertrag angebotenen Leistungen zu beziehen. Ist die vorgesehene Laufzeit erreicht (inklusive Option) – bzw. rechtzeitig vor diesem Zeitpunkt –, sind die Leistungen neu auszuschreiben.
Abs. 2
In Art. 15a Abs. 1 VöB wird die Vertragsdauer bei wiederkehrenden Leistungen auf
fünf Jahre befristet, nachdem die Rekurskommission für das öffentliche Beschaffungswesen darauf hingewiesen hat101, dass sich der Bundesgesetzgeber der speziellen Problematik von Verträgen mit einer (über)langen Dauer offenbar nicht bewusst
gewesen sei und daher im BöB keine entsprechende Regelung vorgesehen habe.102
Eine Begrenzung ist auch für Rahmenverträge, die typischerweise auf Dauer angelegt
sind, beachtlich.
101
102
56
BRK 2000-007 vom 3. November 2000, E. 3 Bst. c/ii.
Vgl. Erläuternder Bericht des EFD vom 1. Januar 2010, S. 9 f.
Ein Rahmenvertrag für eine Dienstleistung, die ein dauerndes oder langwährendes
Bedürfnis der Vergabebehörde befriedigen soll, soll daher nur für eine begrenzte
Dauer vergeben werden. Die Leistungen sollen in periodischen Zeitabständen wieder
neu ausgeschrieben werden. Entsprechend der Berechnungsformel in Art. 17 Abs. 6
VE-BöB und in Anlehnung an die Regelung in der EU soll die Laufzeit eines Rahmenvertrags höchstens vier Jahre betragen. Eine automatische Verlängerung ist nicht
zulässig. Ein Rahmenvertrag mit unbestimmter Dauer, der während Jahren nicht gekündigt werden kann, räumt der Zuschlagsempfängerin einen Wettbewerbsvorteil ein
und kann den Markzutritt der Konkurrenz und damit den Wettbewerb beeinträchtigen.
Eine längere Vertragsdauer kann daher nur in Ausnahmefällen vorgesehen werden.
Eine Ausnahme von der vierjährigen Maximaldauer ist z. B. dann gerechtfertigt, wenn
wegen der Komplexität des Leistungsgegenstands, wegen erheblicher Anfangsinvestitionen oder wegen der besonderen Kenntnisse und Fähigkeiten, die sich eine Anbieterin erst aneignen muss und die bei einem Wechsel verloren gehen, eine längere Vertragsdauer zu Effizienzgewinnen führt. Dies ist beispielsweise der Fall bei der
Beschaffung von Waren, deren Unterhalt und Instandhaltung durch die Herstellerin
oder eine speziell beauftragte Firma sicherzustellen ist. Oder bei Rahmenverträgen
mit einer Revisionsstelle oder mit Expertinnen und Experten für die berufliche Vorsorge, die jedenfalls bei einer grösseren Vorsorgeeinrichtung bis zu einem Jahr Einarbeitungszeit benötigen. Eine längere Vertragsdauer lässt sich auch dann rechtfertigen, wenn mehrere Rahmenverträge zugeschlagen werden und zwischen den
Anbieterinnen über ein Abrufverfahren weiterhin ein Restwettbewerb besteht.
Im Weiteren verlängert sich der Rahmenvertrag um die Dauer von Einzelverträgen,
die während der Geltung des Rahmenvertrags geschlossen wurden. Allerdings ist
beim Abschluss solcher Einzelverträge darauf zu achten, dass die vierjährige Maximaldauer nicht bzw. nur in Ausnahmefällen überschritten wird.
Abs. 3
Wird ein Rahmenvertrag mit nur einer Anbieterin geschlossen, kommen bei der
Vergabe stets die Bedingungen des Rahmenvertrags zur Anwendung. Im Hinblick auf
die Vergabe des Einzelauftrags kann die Auftraggeberin, falls die Bedingungen im
Rahmenvertrag nicht im Voraus abschliessend festgelegt wurden, die beteiligte Anbieterin schriftlich zur Vervollständigung des Angebots auffordern. Ohne erneute
Ausschreibung dürfen die Leistungen indessen durch den Einzelvertrag nicht wesentlich geändert oder erweitert werden.
Abs. 4
Schliesst eine Auftraggeberin (z. B. aus Gründen des Ressourcenbedarfs, der Versorgungssicherheit, der Vermeidung einer Abhängigkeit von einer einzelnen Lieferantin,
zur Senkung der Transaktionskosten oder aus anderen zureichenden Gründen) Rahmenverträge mit mehreren Anbieterinnen ab, kann sie im Hinblick auf die Vergabe
des Einzelauftrags den Wettbewerb gemäss dem in Abs. 4 vorgesehenen Abrufverfahren neu eröffnen. In diesem Abrufverfahren werden konkretisierte Bedingungen
gestellt, z. B. bei werkvertraglichen Leistungen (Bst. a). Die Einhaltung der allgemeinen Grundsätze, insbesondere das Prinzip der wirtschaftlichen Beschaffung, ist durchgehend zu gewährleisten.
Alternativ können Leistungen auch ohne Konsultation der Vertragspartnerinnen direkt anhand der Kriterien abgerufen werden, die im Rahmenvertrag festgelegt wurden.
Dies kann sich zum Beispiel bei kleinen Beschaffungsvolumen mit Rücksicht auf die
57
Transaktionskosten rechtfertigen. Auch bei solchen direkten Abrufen sind die allgemeinen Grundsätze (Gleichbehandlung, Transparenz, Wirtschaftlichkeit, Wettbewerb
unter den Anbieterinnen) zu berücksichtigen. Die Abrufkriterien sind allemal transparent bekannt zu machen und rechtsgleich anzuwenden.
Auch beim Abschluss von mehreren Rahmenverträgen kann dem Grundsatz des wirtschaftlich günstigsten Angebots (Art. 43 VE-BöB) entsprochen werden, sofern anhand der Gesamtheit der Umstände beurteilt wird, was «wirtschaftlich am günstigsten» ist: Rahmenverträge, richtig eingesetzt, führen zur Senkung von
Transaktionskosten und zu Zeiteinsparungen. Damit wird die Wirtschaftlichkeit der
Beschaffung gefördert. Mit dem Abrufverfahren wiederum kann zusätzlich sichergestellt werden, dass das wirtschaftlich günstigste Angebot den Einzelauftrag erhält.
Sind Rahmenvertragspartnerinnen mit Entscheiden beim Abrufverfahren nicht einverstanden, können sie sich dagegen vor dem Zivilgericht wehren. Nicht offen steht
ihnen der Beschwerdeweg gemäss Art. 54 f. VE-BöB.
5. Kapitel
Vergabeanforderungen
Sowohl das GPA 1994 als auch das GPA 2012 verwenden eine Reihe teils überlappender Begriffe für die Anforderungen, die bei einer öffentlichen Ausschreibung in
persönlicher, formeller und sachlicher Hinsicht zu erfüllen sind («Teilnahmebedingungen», «Eignungskriterien», «Auswahl- und Vergabekriterien», «technische Spezifikationen», «Formerfordernisse», «Qualifikation der Anbieterin», «Selektionskriterien», «Bewertungskriterien» und «Zuschlagskriterien»). Der vorliegende Entwurf
strafft und klärt die Begriffe, wobei die aus dem geltenden Recht bekannte Trias «Eignungskriterien, technische Spezifikationen und Zuschlagskriterien» als Leitfaden
dient. Überdies hat sich in der Praxis bewährt, formalisierte Teilnahmebedingungen
aufzustellen. Die Anforderungen an die Form und die Verzeichnisse geeigneter Anbieterinnen werden in einer besonderen Bestimmung geregelt.
Teilnahmebedingungen, Eignungskriterien, Verzeichnisse, Registrierungssysteme,
technische Spezifikationen und Zuschlagskriterien dürfen nicht mit der Absicht oder
der Wirkung gewählt werden, den Marktzutritt zu erschweren und unnötige Hemmnisse für den internationalen Handel zu schaffen.
Während sich die Eignungskriterien auf die Fähigkeiten und Eigenschaften der Anbieterin beziehen, sind die technischen Spezifikationen und die Zuschlagskriterien
stets angebotsbezogen. Erfüllt eine Anbieterin die Eignungskriterien und entspricht
ihr Angebot den technischen Spezifikationen, prüft die Auftraggeberin, ob und inwiefern das Angebot die leistungsbezogenen Zuschlagskriterien erfüllt.
Schon im Jahr 2010 bekannte sich der Bundesrat zu einer nachhaltigen Beschaffung103; entsprechend fand der Gedanke der Nachhaltigkeit Eingang in Art. 27 Abs.
2 VöB. In analoger Weise haben auch die Kantone die «Nachhaltigkeit» in den Katalog der relevanten Zuschlagskriterien aufgenommen (Art. 32 Abs. 1 VRöB). Auf europäischer Ebene zeigt sich eine ähnliche Entwicklung. Die EU-Kommission hielt bereits im Grünbuch vom 27. Januar 2011 über die Modernisierung der europäischen
Politik im Bereich des öffentlichen Auftragswesens fest: «Ein weiteres zusätzliches
Ziel besteht darin, den Auftraggeberinnen eine bessere Nutzung der öffentlichen Auftragsvergabe im Sinne gemeinsamer gesellschaftlicher Ziele zu ermöglichen. Dazu
103
58
Vgl. Erläuternder Bericht des EFD vom 1. Januar 2010, S. 21.
zählen der Umweltschutz, eine höhere Ressourcen- und Energieeffizienz und die Bekämpfung des Klimawandels sowie die Förderung von Innovationen und sozialer Eingliederung und auch die Gewährleistung der bestmöglichen Bedingungen für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen von hoher Qualität».104
In Art. IX:1 bis 3 GPA 2012 ist eine Grundlage für die Führung von Registrierungssystemen vorgesehen. Solche Systeme sollen die Transaktionskosten senken, gleichzeitig aber den Marktzutritt nicht behindern. Die Bestimmung betreffend Verzeichnisse über geeignete Anbieterinnen wurde nun in Anlehnung an Art. 22 VRöB über
ständige Listen sowie an Art. 52 der Richtlinie 2004/18/EG bzw. Art. 64 der Richtlinie
2014/24/EU über amtliche Verzeichnisse zugelassener Wirtschaftsteilnehmerinnen
ausgearbeitet. Neben dem Bund sehen gegenwärtig lediglich zwei Kantone, Wallis
und Thurgau, eine entsprechende Regelung in ihren Erlassen vor. Die anderen Kantone haben davon aus Gründen des freien Marktzutritts abgesehen.
Art. 30
Teilnahmebedingungen
Abs. 1 und 2
Teilnahmebedingungen sind von den Anbieterinnen unabhängig vom Leistungsgegenstand unterschiedslos zu erfüllen und nachzuweisen. In der Praxis hat sich die
Selbstdeklaration anhand formalisierter Nachweise bewährt. Falschdeklarationen
können straf- und vergaberechtliche Sanktionen nach sich ziehen. Die Bezahlung fälliger Steuern und Sozialversicherungsbeiträge umfasst neben den Bundesteuern und abgaben (inkl. MWSt., AHV-, IV-, EO-, ALV-, BVG- und UVG-Beiträge) auch kantonale und kommunale Steuern.
Die Gleichbehandlung von Frau und Mann bzw. die Einhaltung der Lohngleichheit
kann entweder selbst oder durch Dritte ermittelt werden, z. B. mit dem Instrument
LOGIB. Es ist der Auftraggeberin freigestellt, welche Erklärungen bzw. Nachweise
betreffend Verpflichtung zur Einhaltung der Lohngleichheit, der Arbeitsschutzbestimmungen und Arbeitsbedingungen sie verlangen will (vgl. Anhang I Ziffer 6 VEVöB).
Art. 31
Eignungskriterien
Abs. 1 definiert die Eignungskriterien als die für die Auftragserfüllung wesentlichen
objektiven und überprüfbaren Kriterien. Obwohl diese Kriterien stets auf die Person
der Anbieterin bezogen sind, sind sie mit Rücksicht auf den Leistungsgegenstand zu
definieren. Die gewählten Kriterien sollen den Anbieterkreis nicht weiter einschränken, als dies durch den Beschaffungsgegenstand gerechtfertigt ist (Art. VIII:1 GPA
2012).
Abs. 2 sieht für die Aufstellung der Eignungskriterien eine Kann-Vorschrift vor. Es
folgt eine nicht abschliessende Aufzählung der Themen, die durch die Eignungskriterien abzudecken sind. Es handelt sich dabei ausschliesslich um anbieterbezogene Anforderungen, so die fachliche, finanzielle, wirtschaftliche, technische und organisatorische Leistungsfähigkeit und Erfahrung der Anbieterinnen.
Abs. 3
104
Grünbuch der Europäischen Kommission vom 27. Januar 2011 über die Modernisierung
der europäischen Politik im Bereich des öffentlichen Auftragswesens, Wege zu einem effizienteren europäischen Markt für öffentliche Aufträge, S. 5.
59
Es liegt im Ermessen der Auftraggeberin, die erforderlichen Nachweise für die einzelnen Eignungskriterien zu definieren und einzuverlangen. Eine Pflicht der Auftraggeberin, die Nachweise durch aktive Rückfragen zu validieren, wird damit nicht statuiert. Bei offensichtlichen Zweifeln an der Verlässlichkeit eines Nachweises wird
sich freilich eine Validierung aufdrängen.
Abs. 4
In Abs. 4 wird die Regelung von Art. VIII:2 GPA 2012 umgesetzt, wonach die Auftraggeberin bei der Festlegung der Teilnahmebedingungen für die Teilnahme an der
Beschaffung nicht verlangen darf, dass die Anbieterin bereits einen oder mehrere öffentliche Aufträge erhalten hat. Dies dient der Sicherung der Transparenz und der
Nichtdiskriminierung und soll den Marktzutritt nicht gefährden. Damit sollen langjährige «Seilschaften» zwischen Auftraggeberinnen und Anbieterinnen verhindert
werden. Die Einholung von Referenzen anderer Auftraggeberinnen bleibt weiterhin
zulässig (vgl. Art. VIII:2 Bst. b GPA 2012). Allemal müssen jedoch vergleichbare
Aufträge öffentlicher oder privater Auftraggeberinnen als Referenz zugelassen werden.
Das Bundesgericht erachtet es als grundsätzlich zulässig, die Referenzen einerseits als
Eignungskriterium, anderseits auch als Zuschlagskriterium zu verwenden (z. B. bei
den Eignungskriterien zwei Referenzen zu verlangen und für zusätzliche Referenzen
bei den Zuschlagskriterien Punkte zu vergeben). Im Weiteren ist es nicht unzulässig,
auch Referenzen einzuholen, welche die Anbieterin nicht angegeben hat. Wird jedoch
aufgrund einer solchen Referenz zum Nachteil der betroffenen Anbietern abgestellt,
muss sich diese dazu äussern können (rechtliches Gehör).105
Art. 32
Verzeichnisse
Das GPA sieht in Art. IX:7 bis 13 GPA 2012 eine «multi-use list» vor. Verzeichnisse
dienen der effizienten Abwicklung einer Ausschreibung, indem die Eignung einer Anbieterin nicht jedes Mal wieder von neuem geprüft werden muss. Gleichzeitig bergen
Verzeichnisse die Gefahr einer Bevorzugung der verzeichneten Anbieterinnen. Diese
beiden Gesichtspunkte sind abzuwägen. Ähnliche Effizienzgewinne lassen sich auch
mit der Einführung von Anbieterprofilen auf der elektronischen Plattform simap.ch
realisieren. Auch dort muss indessen sichergestellt werden, dass die hinterlegten Angaben jederzeit aktuell sind und Anbieterinnen ohne Profil nicht benachteiligt werden.
Abs. 1 und 2
Abs. 1 präzisiert Art. 19 VE-BöB und räumt den Auftraggeberinnen die Möglichkeit
ein, ein Verzeichnis über geeignete Anbieterinnen zu führen. Das Transparenzgebot
gilt auch für die Führung solcher Verzeichnisse. Die Angaben, die zu den Verzeichnissen zu publizieren sind, werden in Abs. 2 abschliessend aufgeführt. Die Aufnahme
neuer Anbieterinnen, die sich über die gestellten Anforderungen ausweisen, muss innert angemessener Frist erfolgen (Art. IX:10 GPA 2012). Die Veröffentlichung erfolgt periodisch auf der elektronischen Plattform von Bund und Kantonen sowie –
nach Wahl der Auftraggeberin – in weiteren Publikationsorganen. Die Angaben sind
laufend nachzuführen. Die Zugänglichkeit der in einem Verzeichnis aufgenommenen
Inhalte richtet sich nach dem Öffentlichkeitsgesetz.
Abs. 3
105
60
Vgl. BGE 139 II 489, E. 3.2 f.
Zur Qualitätssicherung ist ein Verfahren vorzusehen, um die Eintragung sowie die
Überprüfung der Eignung jeder Anbieterin jederzeit zu garantieren. Ein solches Prüfungsverfahren soll nicht nur im Zeitpunkt der Gesuchstellung, sondern jederzeit stattfinden können und notfalls auch zur Streichung von Anbieterinnen aus dem Verzeichnis führen.
Abs. 4
Unabhängig vom Eintrag in einem Verzeichnis muss es allen Anbieterinnen offenstehen, fallweise ihre Eignung im Hinblick auf eine konkrete Ausschreibung durch individuelle Nachweise zu belegen.
Abs. 5
Wird die Liste nicht mehr weitergeführt, sind alle darin verzeichneten Anbieterinnen
zu notifizieren. Dieser organisatorische Entscheid kann nicht mit Beschwerde angefochten werden.
Art. 33
Zuschlagskriterien
Abs. 1
Abs. 1 führt neu unter anderem den Gedanken der Lebenszyklus-Bewertung ein. Lebenszykluskosten ist der Oberbegriff für Her-stellungs-, Betriebs- und Entsorgungskosten. In Anlehnung an Art. 21 Abs. 1 BöB wird eine nicht abschliessende Reihe
von möglichen Zuschlagskriterien aufgezählt, die teilweise als sogenannte Sekundärziele zu qualifizieren sind. Ihre Berücksichtigung darf nicht zu einer versteckten Diskriminierung einzelner Anbieterinnen führen.
Das Kriterium der «Nachhaltigkeit» beinhaltet die drei Dimensionen Wirtschaftlichkeit, Umwelt und Soziales. Der Aspekt der Umweltverträglichkeit beispielsweise
kann Faktoren wie Wasser-, Boden- und Luftbelastungen beinhalten. Der Aspekt der
Sozialverträglichkeit ermöglicht es unter anderem, die Beschäftigung von Personen
mit einer gesundheitlichen Einschränkung mitzuberücksichtigen – Voraussetzung ist
allerdings, dass diese Arbeitsplätze einen Bezug zur konkreten Beschaffung haben.
Die Empfehlungen «Nachhaltige Beschaffung»106 informieren die Vergabestellen des
Bundes, wie ökologische und soziale Anliegen bei einer konkreten Beschaffung mitberücksichtigt werden können.
Bei personenbezogenen Vergaben (z. B. Expertinnen und Experten, Revisionsstelle)
können auch Präsentationen durch die Anbieterinnen zulässige Zuschlagskriterien
sein, sofern Gesichtspunkte wie Preis und Qualität angemessen berücksichtigt werden.
Abs. 2
Die Möglichkeit der Berücksichtigung der Lehrlingsausbildung als Zuschlagskriterium findet sich bereits im geltenden Recht (Art. 21 Abs. 1 BöB). Es handelt sich um
ein «Kann-Kriterium», das aufgrund einer parlamentarischen Initiative107 eingeführt
wurde. Die Berücksichtigung erfolgt im pflichtgemässen Ermessen der Auftraggebe-
106
EFD/BBL/BKB, Nachhaltige Beschaffung. Empfehlungen für die Beschaffungsstellen
des Bundes, Bern, 2014. Abrufbar unter: https://www.bkb.admin.ch/bkb/de/home/hilfsmittel/merkblaetter.html (abgerufen am: 20. Februar 2015).
107 03.445 Parlamentarische Initiative, Öffentliches Beschaffungswesen. Ausbildung von
Lehrlingen als Kriterium (N, 20. Juni 2003, Lustenberger).
61
rinnen und unter Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes. Die Anzahl Ausbildungsplätze ist in Relation zur Gesamtzahl an Arbeitsstellen der betreffenden Anbieterinnen mit Niederlassung oder Sitz in der Schweiz zu setzen. Es ist mithin das relative Verhältnis, nicht die absolute Zahl massgeblich.108
Abs. 3
Die Zuschlagskriterien und ihre (relative) Gewichtung sind im Sinne der Transparenz
in der Ausschreibung oder in den Ausschreibungsunterlagen (inklusive Offertunterlagen bei Einladungsverfahren) bekannt zu geben. Bei funktionalen Ausschreibungen,
insbesondere auf dem Weg des Dialogs, kann ausnahmsweise auf eine Vorausmitteilung der Gewichtung verzichtet werden: Sind Lösungen, Lösungswege oder Vorgehensweisen Gegenstand einer Beschaffung, wäre es unpraktikabel, von der Auftraggeberin bereits im Voraus die Gewichtung der Zuschlagskriterien zu verlangen.
Charakteristisch für derartige Beschaffungen ist gerade, dass die Auftraggeberin nur
das Ziel vorgibt, den Weg dorthin aber allenfalls nicht kennt oder bewusst nicht vorgeben will. Die Ungewissheit der möglichen Angebotsinhalte verunmöglicht eine
pflichtgemässe Gewichtung der Kriterien im Voraus. Die Auftraggeberin hat aber immerhin die Rangfolge der Kriterien im Voraus festzulegen und die Bewertung nachvollziehbar festzuhalten.
Art. 34
Technische Spezifikationen
Abs. 1
Das GPA 2012 sieht vor, dass die Auftraggeberinnen weder technische Spezifikationen ausarbeiten, annehmen oder anwenden, noch Verfahren für die Konformitätsbescheinigung vorschreiben dürfen, in der Absicht oder mit der Folge, unnötige Hemmnisse für den internationalen Handel zu schaffen (Art. X:1 GPA 2012). Zudem enthält
es eine nicht abschliessende Aufzählung der Anforderungen, die unter die technischen
Spezifikationen fallen (Art. I Bst. u GPA 2012).
Abs. 2
In Übereinstimmung sowohl mit Art. VI:2 GPA 1994 als auch mit Art. X:2 GPA 2012
definiert die Auftraggeberin die technischen Spezifikationen bezüglich Leistung und
Funktionsanforderungen und bezieht sich dabei auf internationale Normen oder andere Standardisierungsdokumente, auf in der Schweiz verwendete technische Vorschriften, anerkannte nationale Normen oder weitere Standardisierungsdokumente sowie Branchenempfehlungen. Andere Standardisierungsdokumente als technische
Normen sind beispielsweise europäische Bewertungsdokumente für Bauprodukte gemäss dem Bauproduktegesetz (BauPG)109. Als vorhanden sind internationale Normen
oder Standardisierungsdokumente im Sinne dieser Vorschrift insbesondere dann anzusehen, wenn sie gemäss den technischen Vorschriften in der Schweiz bezeichnet
worden sind.
Abs. 3 enthält die in Art. VI:3 GPA 1994 und Art. X:4 GPA 2012 wie auch in Art.
16a Abs. 4 VöB sowie in § 15 VRöB vorgesehene Leitproduktklausel. Grundsätzlich
ist es vergaberechtswidrig, bestimmte Handelsmarken oder -namen, Patente, Urheberrechte, Muster oder Typen sowie Anforderungen mit Bezug auf einen bestimmten
Ursprung, eine Anbieterin oder eine Produzentin in der Leistungsbeschreibung zu
108
109
62
Vgl. BGer-Urteil 2P.242/2006 vom 16. März 2007, E. 4.2.1 ff.
Bundesgesetz vom 8. Oktober 1999 über Bauprodukte, SR 933.0.
nennen. Eine Ausnahme wird gemacht, wenn die Leistung nicht auf eine andere hinreichend präzise oder verständliche Art und Weise beschrieben werden kann. Dies
kommt in der Praxis vor, weshalb ein striktes Verbot nicht praktikabel ist. Die Auftraggeberin darf auf ein Datenblatt eines bestimmten Produkts jedoch nur dann zurückgreifen, wenn die technischen Anforderungen so offen formuliert werden, dass
ein anderes Produkt sie noch erfüllen kann. Verlangt die Auftraggeberin ausnahmsweise technische Spezifikationen, die sich an Produkten oder Dienstleistungen von
bestimmten Anbieterinnen orientieren, hat sie Konkurrenzprodukte oder Dienstleistungen ebenfalls zuzulassen, sofern diese nachweislich die gewünschten Anforderungen erfüllen. Sie hat in den Ausschreibungsunterlagen auf diese Möglichkeit hinzuweisen, indem sie den Zusatz «oder gleichwertig» oder eine entsprechende
Bezeichnung verwendet.110
Abs. 4
Entsprechend Art. X:6 GPA 2012 werden in Abs. 4 die technischen Spezifikationen
zur Förderung oder Erhaltung der natürlichen Ressourcen oder des Umweltschutzes
gesondert vorgesehen. Diese Regelung steht unter dem Vorbehalt der Schranken gemäss Art. 13 (vgl. Art. X:1 bis 5 GPA 2012) und darf insbesondere nicht zu Protektionismus oder anderen handelshemmenden Auswirkungen führen. Nebst dem Diskriminierungsverbot (Art. IV GPA 2012) sind die Bestimmungen von Art. XXII:6 bis 8
GPA 2012 zu beachten (keine neuen bzw. Abbau von bestehenden diskriminierenden
Massnahmen [stand still], Inhalt zukünftiger Verhandlungen sowie Umsetzung des
Arbeitsprogramms über die nachhaltige Entwicklung des GPA 2012). Zudem darf die
Formulierung technischer Spezifikationen nicht zu einer verdeckten Verzerrung des
Wettbewerbs führen.
Art. 35
Bietergemeinschaften und Subunternehmerinnen
Abs. 1
Bietergemeinschaften sind wie schon nach geltendem Recht (Art. 21 VöB) grundsätzlich zulässig. Sie sind, ebenso wie Subunternehmerinnen, die wesentliche Leistungen
erbringen, immer offen zu legen. Ein (justiziabler) Anspruch der Anbieterinnen auf
Bildung einer Bietergemeinschaft besteht indessen nicht; die Auftraggeberin verfügt
diesbezüglich über ein weites Ermessen. Häufig können die zu beschaffenden Leistungen ohne Weiteres aus einer Hand angeboten werden.
Abs. 2
Das Vergaberecht soll wirtschaftliche und wettbewerbsneutrale Beschaffungen ermöglichen; es dient nicht der Förderung gewisser Wirtschaftszweige oder Organisationsformen. Bietergemeinschaften können aus begründetem Anlass beschränkt oder
sogar ausgeschlossen werden. Ein solcher Ausschluss ist insbesondere dann gerechtfertigt, wenn ein übermässiger Koordinationsaufwand den Beschaffungszweck gefährdet oder unnötige Transaktionskosten generiert werden.
Ähnliche Überlegungen leiten die Zulassung oder den Ausschluss von Subunternehmerinnen. Bereits die Prüfung der Eignungskriterien kann die Auftraggeberin bei einer Vielzahl von Subunternehmerinnen vor Schwierigkeiten stellen (wobei Subunternehmerinnen unter Umständen nicht alle Eignungskriterien erfüllen müssen).
110
Vgl. Erläuternder Bericht des EFD vom 1. Januar 2010 zu Art. 16a Abs. 4 VöB, S. 11.
63
Werden sowohl Bietergemeinschaften als auch Subunternehmerinnen ausgeschlossen, dürfte eine qualifizierte Begründung erforderlich sein. Umgekehrt wird eine Zulassung von Subunternehmerinnen den Ausschluss von Bietergemeinschaften aufwiegen.
Abs. 3
Mehrfachbewerbungen von Subunternehmerinnen sind wettbewerbsrechtlich unerwünscht. Zum einen können sie die Kollusion zwischen den Anbieterinnen erleichtern, zum anderen wird ein – unter Umständen massgeblicher – Teil der Angebote
vergaberechtlich (da identisch) neutralisiert. Der Anbieterwettbewerb wird dadurch
geschwächt. Daher bedarf es eines zureichenden Grundes (z. B. besondere Kenntnisse
und Erfahrungen, Immaterialgüterrechte oder Total- oder Generalunternehmerverträge), um Mehrfachbewerbungen zuzulassen.
Abs. 4
Diese Bestimmung will Angebote «virtueller» Anbieterinnen, die selber keine oder
nur periphere Aufgaben übernehmen, verhindern. Die Zwischenschaltung solcher Anbieterinnen, die primär ihren Namen zur Verfügung stellen, resultiert zwangsläufig in
Zusatzkosten. Auftraggeberinnen sollen die Leistungen direkt von den Leistungserbringerinnen beschaffen. In begründeten Fällen kann von diesem Grundsatz abgewichen werden. Der charakteristische Leistungsinhalt bestimmt sich nach Massgabe der
Ausschreibung.
Art. 36
Lose und Teilleistungen
Abs. 1
Lose und Teilleistungen dürfen nicht für die Zersplitterung eines Auftrags oder als
Instrument zur Flucht vor der Anwendung der Schwellenwerte eingesetzt werden
(Art. II:6 GPA 2012). Als Grundsatz wird festgehalten, dass eine Anbieterin die ausgeschriebenen Leistungen insgesamt anbieten muss. Teilangebote für einzelne Leistungsteile werden nicht berücksichtigt.
Abs. 2
Eine Leistung kann nach Ermessen der Auftraggeberin gesamthaft oder in Teilen (Losen) ausgeschrieben werden. Einerseits kann die Volumenbündelung Preisvorteile
bringen. Anderseits fördert die Aufteilung einer Beschaffung in einzelne Lose den
Wettbewerb und erhöht insbesondere die Chancen der KMU, an umfangreichen Beschaffungen teilnehmen zu können.
Anbieterinnen steht kein Recht zur Entbündelung zu. Eine Entbündelung kann sich
indessen infolge Terminvorgaben oder der Vermeidung von Abhängigkeiten empfehlen. Lose können insbesondere nach geografischen (z. B. Ost- und Westschweiz),
sachlichen (wie Maler-, Gipserarbeiten), quantitativen oder zeitlichen Gesichtspunkten gebildet werden. Evaluation und Zuschlag erfolgen für jedes Los je separat. Allemal gilt der Grundsatz, dass durch die Aufgliederung der Gesamtleistung in Lose die
massgebende Verfahrensart nicht umgangen wird.
Der Zuschlag erfolgt für jedes Los jeweils gesondert. Die Anbieterinnen können Angebote für einzelne Lose oder für alle Lose unterbreiten. In den Ausschreibungsunterlagen kann indessen die Anzahl Lose pro Anbieterin beschränkt werden.
Abs. 3
64
Den Anbieterinnen steht es grundsätzlich frei, Angebote für ein Los oder für mehrere
Lose einzureichen. Diese Wahlfreiheit kann beschränkt werden. So kann eine Auftraggeberin (z. B. zur Vermeidung von Abhängigkeiten) festlegen, dass jedes Los einer anderen Anbieterin zugeschlagen wird oder dass eine Anbieterin nur eine bestimmte Zahl von Losen erhalten kann. Diese Einschränkung der Wahlfreiheit darf
jedoch nicht dazu benutzt werden, bestimmte Anbieterinnen oder Anbietergruppen zu
bevorzugen.
Abs. 4 und 5
Durch eine Entbündelung der Leistungen entsteht Abstimmungsbedarf an den Schnittstellen. Will die Auftraggeberin die verschiedenen Zuschlagsempfängerinnen verpflichten, bei der Leistungserbringung zusammenzuarbeiten, teilt sie das in der Ausschreibung mit (Abs. 4). Das Gleiche gilt, wenn sich die Auftraggeberin den Zuschlag
von Teilleistungen vorbehalten will, auch wenn ein Gesamtangebot eingereicht wird
(Abs. 5).
Art. 37
Varianten
Abs. 1
Die Bestimmung entspricht dem heutigen Art. 22a Abs. 1 VöB. Sogenannte Unternehmervarianten weisen Vor- und Nachteile auf. Zum einen ermöglichen sie bessere
Lösungen als die in der Ausschreibung definierten. Zum anderen erschweren sie den
Vergleich der verschiedenen Angebote und erhöhen den Transaktionsaufwand einer
Ausschreibung. Daher kann die Auftraggeberin Unternehmervarianten beschränken
(z. B. auf einen einzelnen Bereich) oder ganz ausschliessen. Eine Begründung ist nicht
erforderlich. Erfolgt keine Beschränkung oder kein Ausschluss, sind Variantenvorschläge zulässig. Auf jeden Fall muss aber ein Angebot zur «Amtsvariante» unterbreitet werden.
Abs. 2
Varianten zielen nicht darauf, eine andere Leistung als die ausgeschriebene zu beschaffen. Vielmehr kann durch Varianten ein anderer Lösungsansatz oder ein anderer
Lösungsweg beschrieben werden. Varianten müssen somit immer eine leistungsbezogene, inhaltliche Abweichung von den Ausschreibungsbedingungen enthalten, jedoch
mit dem Beschaffungsgegenstand funktional gleichwertig sein. Bewegen sie sich ausserhalb des ausgeschriebenen Leistungsgegenstands, sind sie unbeachtlich. Abs. 2
übernimmt die Regelung von Art. 22a Abs. 2 VöB. Bei unterschiedlichen Preisarten
wird der Vergleich der Angebote sehr schwierig. Wählt eine Anbieterin lediglich eine
andere Preisart (z. B. Globalpreis anstelle von Einheitspreis), liegt keine Variante,
sondern ein ausschreibungswidriges Angebot vor. Immerhin steht es den Auftraggeberinnen frei, im Einzelfall den «Amtsvorschlag» hinsichtlich der Preisart derart offen
zu umschreiben, dass auch unterschiedliche Preisarten zulässig sind.111 Erforderlich
ist allemal, dass die verschiedenen Offerten vergleichbar und bewertbar sind.
Art. 38
Formerfordernisse
Die Angebote müssen stets schriftlich eingereicht werden (Art. XV:4 GPA 2012). Das
Gesetz lässt Raum für die elektronische Abgabe von Angeboten unter Verwendung
111
Vgl. Erläuternder Bericht des EFD vom 1. Januar 2010 zu Art. 22a Abs. 2 VöB, S. 15.
65
einer unbestreitbaren Identifikation der Anbieterinnen. Die Formerfordernisse, insbesondere für die Einhaltung der Angebotsfrist und die Vollständigkeit der Unterlagen,
sind in der Ausschreibung bzw. in den Ausschreibungsunterlagen zu definieren.
Eine Missachtung der Formvorschriften kann zum Ausschluss einer Offerte führen
oder die Ungültigkeit des Vergabeverfahrens nach sich ziehen. Allerdings vermag
nicht jede Unregelmässigkeit eine solche Sanktion zu rechtfertigen. Aus Gründen der
Verhältnismässigkeit darf und muss vom Ausschluss einer Offerte oder von der Ungültigerklärung des Verfahrens abgesehen werden, wenn der festgestellte Mangel relativ geringfügig ist und der Zweck, den die in Frage stehende Formvorschrift verfolgt, dadurch nicht ernstlich beeinträchtigt wird (Verbot des überspitzten
Formalismus).112
6. Kapitel
Ablauf des Vergabeverfahrens
Art. 39
Inhalt der Ausschreibungen
In diesem Artikel werden die Anforderungen von Art. VII:2 und 3 GPA 2012 hinsichtlich des Mindestinhalts der öffentlichen Ausschreibung umgesetzt. Soweit ein
Hinweis publikationspflichtig ist, gilt dies auch für dessen Berichtigung. Die Bestimmung entspricht dem bisherigen Anhang 4 zur VöB (Mindestangaben für die öffentliche Ausschreibung eines Auftrags im offenen oder im selektiven Verfahren).
Bst. m: Anliegen zu den Amtssprachen im öffentlichen Beschaffungswesen bildeten
wiederholt Gegenstand von parlamentarischen Vorstössen.113 Um dieser Thematik
vertieft nachzugehen, veranlasste der Bundesrat eine gesamtheitliche Studie. Den
Empfehlungen dieser Untersuchung folgend, beschloss er am 30. April 2014, dass in
Ausschreibungsverfahren des Bundes die Eingaben der Verfahrensteilnehmenden
künftig in allen Amtssprachen zuzulassen seien. Im Einladungsverfahren solle nach
Möglichkeit mindestens ein Angebot von einer Anbieterin aus einer anderen Sprachregion eingeholt werden. Dieser Beschluss wird auf Verordnungsstufe umgesetzt. Zudem hat die Beschaffungskonferenz des Bundes Empfehlungen zur Förderung der
Mehrsprachigkeit im öffentlichen Beschaffungswesen abgegeben. Die Bundesverwaltung ist bestrebt, eine faire und zweckdienliche Lösung zu schaffen und der Mehrsprachigkeit im öffentlichen Beschaffungswesen mehr Rechnung zu tragen. Da dies
mit mehr Aufwand für die Verwaltung und damit höheren Kosten einhergeht, wurde
in den Vorentwürfen ein Mittelweg zwischen Förderung der Sprachenvielfalt und effizienter Verwaltungstätigkeit gewählt. Diese Gewichtung (höhere Kosten für die
Steuerzahlenden vs. Mehrsprachigkeit) wird zum politischen Diskurs vorgelegt.
Es soll der Auftraggeberin jedoch weiterhin freistehen, die Projektsprache zu definieren und – beispielsweise bei Bauwerken – an die geografischen Gegebenheiten anzupassen.
112
113
66
Vgl. BGer-Urteil 2D_50/2009 vom 25. Februar 2010, E. 2.4.
Z. B. 12.3739 Motion, Öffentliche Beschaffungen des Bundes. Gleiche Rechte für die
Sprachregionen (N, 19. September 2012, Hodgers); 12.3914 Motion, Ausschreibungsverfahren in den drei Amtssprachen des Bundes (N, 28. September 2012, de Buman);
12.3910 Postulat, Bundesgesetz über das öffentliche Beschaffungswesen. Stopp dem
Missstand (N, 28. September 2012, Darbellay);
13.4042 Motion, Beschaffungswesen. Möglichkeit, das Angebot in der Amtssprache eigener Wahl einzureichen (N, 2. Dezember 2012, Bourgeois);
14.3885 Interpellation, Öffentliches Beschaffungswesen. Gesamtes Vergabeverfahren in
der Amtssprache des Standortes der Bauten (N, 25. September 2014, Cassis).
Bst. p: Die Gewichtung der Zuschlagskriterien muss nicht bei jedem Beschaffungsvorhaben angegeben werden. Bei funktionalen Ausschreibungen kann darauf verzichtet werden (Art. 33 Abs. 3 VE-BöB).
Art. 40
Inhalt der Ausschreibungsunterlagen
Die Auftraggeberinnen stellen den Anbieterinnen Ausschreibungsunterlagen zur Verfügung, die alle erforderlichen Angaben enthalten, um Angebote oder Teilnahmeanträge einzureichen. Die Ausschreibungsunterlagen werden in der Regel zeitgleich mit
der Ausschreibung und ebenfalls in elektronischer Form zur Verfügung gestellt.
Bst. c: Eignungskriterien sind Mindestanforderungen an die Eignung der Anbieterinnen und werden daher in der Regel nicht gewichtet. Eine Ausnahme bildet die Präqualifikation im selektiven Verfahren. Da im selektiven Verfahren lediglich eine bestimmte Anzahl geeigneter Anbieterinnen zur Einreichung der Offerte zugelassen
wird, muss in der Präqualifikation eine Rangliste resultieren. Dies kann nur über die
Bewertung einzelner Eignungskriterien erreicht werden.
Bst. d: Die Gewichtung der Zuschlagskriterien muss nur angegeben werden, wenn
keine Ausnahme nach Art. 33 Abs. 3 VE-BöB vorliegt. Sollen Lösungen, Lösungswege oder Vorgehensweisen beschafft werden, ist eine vorgängige Gewichtung der
Zuschlagskriterien wenig praktikabel.
Bst. g: Bei Beschaffungen des Bundes ist die Offertöffnung in der Regel nicht öffentlich. Es gibt aber durchaus Fälle, in denen die Offerten öffentlich geöffnet werden.
Dieser Handlungsspielraum der Vergabestellen soll nicht eingeschränkt werden.
Art. 41
Angebotsöffnung
Abs. 1
Angebote werden nach dem Eingang in einem formalisierten Verfahren geöffnet und
auf ihre formelle Vollständigkeit geprüft. Damit werden unerlaubte Nachbesserungen
der Offerten im Interesse der Gleichbehandlung der Anbieterinnen verhindert. Die
kantonalrechtliche Tradition der öffentlichen Offertöffnung hat sich beim Bund nicht
durchgesetzt. Dies hat zwei Gründe: Zum einen bestand beim Bund schon in der Vergangenheit die Möglichkeit der Offertverhandlung. Wenn die Anbieterinnen die Offerten ihrer Konkurrenten kennen, kann nicht effizient verhandelt werden. Zum anderen birgt die öffentliche Offertöffnung die Gefahr des Preisaustausches zwischen den
Anbieterinnen. Ein solcher Preisaustausch ist wettbewerbsrechtlich unerwünscht, da
er abgestimmte Verhaltensweisen bei künftigen Ausschreibungen begünstigt.
Abs. 2
Die eingegangenen Angebote werden nach deren Öffnung in einem Protokoll festgehalten. Dabei erfolgt lediglich eine formelle Prüfung und Verwahrung der Angaben.
Inhaltliche Bemerkungen zu den Angeboten gehören nicht in das Offertöffnungsprotokoll. Das Protokoll wird zu den Vergabeakten genommen. Es ist nach Massgabe des
Öffentlichkeitsgesetzes zugänglich, wobei allfällige Geschäftsgeheimnisse und vertrauliche Angaben der Anbieterinnen gebührend zu schützen wären. Die Herausgabe
des Offertöffnungsprotokolls kann erst nach rechtskräftigem Zuschlagsentscheid erfolgen.
Art. 42
Prüfung und Bewertung der Angebote
67
Abs. 1
Abs. 1 und 2 entsprechen weitgehend geltendem Recht und führen die Grundsätze von
Art. 25 VöB und § 28 VRöB zusammen.
Zunächst sind die eingereichten Angebote auf die Einhaltung der Formvorschriften zu
überprüfen (rechtzeitige Eingabe, Vollständigkeit, Unterschriften etc.). Danach sind
die Angebote technisch und rechnerisch zu bereinigen und anhand der Eignungs- und
Zuschlagskriterien zu prüfen. Anschliessend ist eine bereinigte Vergleichstabelle über
die Angebote zu erstellen, welche die Grundlage für den Zuschlagsentscheid bilden
soll.
Offensichtliche Rechenfehler sind von Amtes wegen zu korrigieren (Abs. 1). Dies
bedeutet, dass solche Fehler einer Berücksichtigung des Angebots nicht entgegenstehen. Das korrigierte Angebot ist vielmehr in die Evaluation einzubeziehen. Der hier
verwendete Begriff des «Rechenfehlers» entspricht dem zivilrechtlichen Begriff von
Art. 24 Abs. 3 OR. Es handelt sich demnach um eine fehlerhaft durchgeführte arithmetische Operation mit im Angebot richtig aufgeführten Grössen. Dies ist etwa dann
der Fall, wenn beispielsweise für eine Materiallieferung von 1 000 m3 bei einem Preisangebot von 2 Franken/m3 schliesslich der Gesamtpreis mit 200 Franken anstatt 2 000
Franken berechnet wird. Ein solcher Fehler ist zu korrigieren und hindert die Verbindlichkeit des Angebotes nicht. Klar von offensichtlichen Rechenfehlern zu unterscheiden sind hingegen absichtliche oder versehentliche Kalkulationsfehler (z. B. Liefern
und Einbringen einer bestimmten Betonqualität à 150 statt 250 Franken, weil die
Transportkosten vergessen wurden) oder Fehler in der Preiserklärung der Anbieterin
(z. B. Kantholz ab Sägewerk à 35 Franken pro m3 anstatt 350 Franken pro m3). In
diesen Fällen ist eine Berichtigung unzulässig.
Die Prüfung und Bewertung der Angebote werden in der Praxis dokumentiert. Dies
gebietet das Transparenzgebot und zeigt beispielsweise im Fall einer späteren Überprüfung auf, aus welchen Gründen es zum konkreten Zuschlag kam. Einzelheiten sind
in der Verordnung geregelt.
Abs. 2
Die Offertbereinigung hat zum Ziel, die Vergleichbarkeit von Offerten insbesondere
mit Blick auf diejenigen Angaben, die sich auf das Preis-Leistungs-Verhältnis beziehen, sicherzustellen. Sie ist grundsätzlich auf die Korrektur von unbeabsichtigten Fehlern begrenzt und darf nicht zur Änderung der Angebote oder Nachbesserung von
Mängeln (mit Ausnahme von Rechnungsfehlern) führen.114
Es liegt im pflichtgemässen Ermessen der Auftraggeberin, ob und – vorbehältlich der
Gleichbehandlung der Anbieterinnen – wie die Angebote bereinigt werden sollen.
Falls es zwecks objektiver Vergleichbarkeit zu einer Angebotsbereinigung kommt, ist
sowohl deren Ablauf als auch dessen Inhalt nachvollziehbar zu dokumentieren.
Abs. 3
Diese Bestimmung findet in Art. XV:6 GPA 2012 eine Grundlage und ist bereits unter
dem geltenden Recht bekannt (Art. 25 Abs. 4 VöB). Sie ermächtigt die Auftraggeberin, im Falle ungewöhnlich niedriger Angebote bei der Anbieterin nachzufragen, ob
die Teilnahmebedingungen und die Modalitäten der Auftragserfüllung richtig verstanden wurden. Kann die Anbieterin die Einhaltung dieser Bedingungen nicht oder nicht
überzeugend garantieren und allfällige Zweifel an einer korrekten Auftragserfüllung
114
68
Vgl. BVGer B-2675/2012 vom 23. Juli 2012, E. 4.
nicht ausräumen, kann das Angebot ausgeschlossen werden (vgl. Art. 46 Bst. a VEBöB).
Ungewöhnlich tiefe Angebote stellen per se kein vergaberechtliches Problem dar. Unzulässig sind hingegen sogenannte unlautere Angebote im Sinne des UWG. Unlauter
ist ein Angebot, wenn ein Unternehmen die Differenz zu kostendeckenden Preisen
mit illegalen Mitteln deckt, etwa durch Verletzung von Gesamtarbeitsverträgen oder
durch Verwendung von Einsparungen, die aus Steuer- und Abgabehinterziehungen
resultieren. Der Ausschluss eines ungewöhnlich tiefen Angebots kann zudem im Einzelfall geboten sein, wenn infolge Preisumlagerungen von Einheits- in Pauschalpreispositionen der öffentlichen Hand ein erhebliches Vergaberisiko entsteht. Ein Ausschluss einer Anbieterin ist auch dann gerechtfertigt, wenn vertiefte Abklärungen zum
Ergebnis führen, dass sie effektiv nicht in der Lage ist, die verlangten Leistungen zum
angebotenen Preis zu erbringen bzw. die Auftragsmodalitäten zu erfüllen. Hingegen
wäre es sachwidrig und damit unzulässig, derartigen Bedenken in qualitativer Hinsicht bei der Preisbewertung Rechnung zu tragen, um auf diese Weise einen unerwünschten Zuschlag zu verhindern.115
Abs. 4
Die Bewertung der Angebote darf nur nach Massgabe der in der Ausschreibung oder
in den Ausschreibungsunterlagen mitgeteilten Zuschlagskriterien erfolgen. Zur besseren Vergleichbarkeit der Angebote sind die Resultate der Prüfung in einer Bewertungsmatrix festzuhalten. In der Praxis verfügt die Vergabebehörde sowohl beim Erstellen der Beurteilungsmatrix als auch beim Bewerten der Kriterien über ein
erhebliches Ermessen.116
Abs. 5
Bei komplexen Beschaffungsvorhaben mit einer Vielzahl technischer Spezifikationen
und Zuschlagskriterien bedeutet die Prüfung der Offerten einen erheblichen Aufwand.
Z. B. kann es erforderlich sein, im Rahmen der Angebotsbewertung einen Labor- oder
Feldtest durchzuführen, um bestimmte Eigenschaften der Leistung beurteilen zu können. Gestützt auf den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit muss es der Auftraggeberin
erlaubt sein, nach einer ersten Prüfung die Anzahl der Angebote zu reduzieren und
nur die so verbleibenden Angebote in einem zweiten Schritt einer weiteren Prüfung
und Bewertung zu unterziehen. Im Sinne des Gleichbehandlungs- und Transparenzgebots empfiehlt es sich, die Anwendung dieser Norm und die Anzahl der Anbieterinnen, welche nach der ersten Prüfung zu Ende evaluiert werden, bereits in der Ausschreibung bekannt zu geben. In allen Fällen ist sicherzustellen, dass trotz Reduktion
der Angebote ein echter Wettbewerb gewährleistet ist.
Art. 43
Zuschlag
Abs. 1
Ein kardinaler Grundsatz des GPA verlangt, dass der Zuschlag an das wirtschaftlich
günstigste Angebot erfolgt (Art. XV:5 Bst. a GPA 2012: «most advantageous tender»). Daher besteht im Beschaffungsrecht ein Rechtsanspruch auf die Erteilung des
Auftrags an diejenige Anbieterin, die das wirtschaftlich günstigste Angebot eingereicht hat.117 Dieses wird ermittelt, indem Qualität und Preis einer Leistung sowie je
115
116
117
Vgl. BRK 2003-032 vom 15. Juni 2004, E. 2 ff.
Vgl. BGer-Urteil 2D_49/2011 vom 25. September 2012, E. 7.4.
Vgl. BGer-Urteil 2D_49/2011 vom 25. September 2012, E. 1.3.1.
69
nach Leistungsgegenstand weitere Kriterien berücksichtigt werden. Die Berücksichtigung sogenannter Sekundärziele (wie Ressourcen- und Energieeffizienz, Förderung
von Innovationen, soziale Eingliederung) darf jedoch nicht in einer versteckten Diskriminierung oder einer ungerechtfertigten Verweigerung des Marktzutritts resultieren. Während Anliegen des Umweltschutzes sowie Sozialziele zunehmende Bedeutung in der Vergabepraxis einnehmen, ist ihr diskriminierendes Potenzial nicht zu
unterschätzen.
Abs. 2
Für die Beschaffung weitgehend standardisierter Güter kann (in Anlehnung an Art.
21 Abs. 3 BöB) ausschliesslich auf deren Preis abgestellt werden. Bereits Art. X:7
Bst. c und Art. XV:5 Bst. b GPA 2012 lassen es zu, dass Angebote allein nach ihrem
Preis bewertet werden. Die Auftraggeberin hat diesbezüglich ein Ermessen. Werden
keine Zuschlagskriterien bekannt gegeben, ist der Auftrag ausschliesslich nach dem
Kriterium des niedrigsten Preises zu vergeben.
Eine generelle vorrangige Bedeutung des Preises lässt sich jedoch selbst für standardisierte Güter nicht per se ableiten. Sofern es für eine möglichst nachhaltige Beschaffungspraxis erforderlich ist, kann das Preiskriterium auch bei einfacheren Beschaffungen (im Vergleich zu den übrigen anwendbar erklärten Zuschlagskriterien)
durchaus untergeordnet gewichtet werden. Voraussetzung ist dabei, dass der wirtschaftliche Einsatz der öffentlichen Mittel gemäss Art. 1 Bst. a VE-BöB im Einzelfall
gewahrt bleibt. Die Bedeutung des Preises hängt immer auch vom angewendeten Bewertungssystem ab.
Art. 44
Vertragsschluss
Abs. 1
Der Zuschlag eines Auftrags ist eine Verfügung nach öffentlichem Recht, der im Anschluss daran geschlossene Vertrag ist privatrechtlicher Natur. Auch wenn die Anbieterin mit dem wirtschaftlichsten Angebot Anspruch auf den Zuschlag hat, besteht kein
Anspruch auf einen Vertragsschluss. Der Vertragsschluss liegt im Ermessen der Auftraggeberin.
Die Bestimmung entspricht weitgehend der Regelung in Art. 22 Abs. 1 BöB, wobei
neu ausdrücklich festgehalten wird, dass auch der Ablauf der Beschwerdefrist für
Rechtsmittel gegen den Zuschlag abzuwarten ist: Obwohl einer allfälligen Beschwerde gegen den Zuschlagsentscheid von Gesetzes wegen keine aufschiebende
Wirkung zukommt, darf der Beschaffungsvertrag erst nach Ablauf der Beschwerdefrist bzw. nach der Abweisung eines Gesuchs um Gewährung der aufschiebenden
Wirkung geschlossen werden.118 Infolge der Übermittlungsfristen solcher Gesuche
sowie der Benachrichtigung durch das zuständige Gericht besteht in der Praxis eine
Stillstandsperiode von insgesamt 25 Tagen. Diese kann etwas länger dauern, wenn
ausländische Anbieterinnen offeriert haben.
Ein vorzeitig abgeschlossener Beschaffungsvertrag ist nicht schlechthin nach Art. 20
OR nichtig. Das Vergaberecht, das primär der wirtschaftlichen Beschaffungstätigkeit
verpflichtet ist, gebietet keine derart weitgehende Sanktion. Der inhaltliche Mangel
besteht nicht im verfrühten Vertragsschluss, sondern in einem allfälligen, im Rahmen
eines Beschwerdeverfahrens zu klärenden Verstoss gegen die Regeln und Grundsätze
118
70
Vgl. BVGer B-3402/2009 vom 2. Juli 2009, E. 7.1.
des Vergaberechts. Bei erfolgreichem Ausgang des Verfahrens ist eine Anweisung
des Gerichts an die Auftraggeberin denkbar, die Leistungen (bei weiterem Bedarf)
neu auszuschreiben und den verfrüht geschlossenen Vertrag nach Massgabe dessen
Kündigungsregeln auf einen Termin nach Abschluss der erneuten Ausschreibung zu
kündigen.
Die freihändige Vergabe mit einem Beschaffungswert ab 150 000 Franken unterliegt
gleich wie eine Zuschlagsverfügung im offenen und im selektiven Verfahren bzw. im
Einladungsverfahren der Beschwerde. Folglich ist auch im freihändigen Verfahren
mit dem Vertragsschluss zuzuwarten, bis die Beschwerdefrist abgelaufen ist. Ein Zuschlag kann allenfalls sogar nach Vertragsschluss wieder aufgehoben werden, ohne
dass dadurch freilich die privatrechtliche Gültigkeit des Vertrags infrage gestellt
wäre.119
Hinsichtlich der Anwendbarkeit des Privatrechts ist im Beschaffungsrecht zwischen
der internen Willensbildung der Auftraggeberin einerseits und dem Vertragsschluss
zwischen Auftraggeberin und Anbieterin anderseits zu unterscheiden. Aus dem Umstand, dass am Ende des Vergabeverfahrens mit der berücksichtigten Anbieterin ein
privatrechtlicher Vertrag abgeschlossen wird, lässt sich keine allgemeine privatrechtliche Haftung des Gemeinwesens gegenüber nicht berücksichtigten Anbieterinnen,
geschweige denn gegenüber nur mittelbar beteiligten Dritten, ableiten.120
Abs. 2
Wurde das Gesuch um Gewährung der aufschiebenden Wirkung abgelehnt, darf der
Beschaffungsvertrag mit der Zuschlagsempfängerin ohne Weiteres geschlossen werden. Einem allfälligen Weiterzug des Massnahmenentscheids ans Bundesgericht (der
im Übrigen nur bei Verletzung verfassungsmässiger Rechte und Fragen von grundsätzlicher vergaberechtlicher Bedeutung möglich ist121) kommt mangels gesetzlicher
Anordnung keine aufschiebende Wirkung zu. Immerhin ist der Vertragsschluss dem
befassten Gericht anzuzeigen. Damit ist die Beschwerdeführerin auf den sogenannten
Sekundärrechtsschutz verwiesen.
Art. 45
Abbruch
Abs. 1
Ein Beschaffungsverfahren wird entweder durch eine Zuschlags- oder durch eine Abbruchverfügung abgeschlossen. Ein Abbruch ist aus zureichenden Gründen in jedem
Verfahrensstand möglich (Art. XV:5 GPA 2012, Art. 30 BöB). Über das Beschaffungsbedürfnis entscheidet allein die Auftraggeberin; die Aufzählung möglicher Abbruchgründe in Abs. 1 ist exemplarisch. Massgebend ist einzig, dass sich die Auftraggeberin auf hinreichend sachliche Gründe stützt und mit dem Abbruch weder eine
gezielte Diskriminierung einer Anbieterin noch die Behinderung des Wettbewerbs beabsichtigt oder bewirkt.122
In der Praxis kann es vorkommen, dass «überspezifiziert» wird. Ein Abbruch ist daher
zusätzlich zu den in Bst. b genannten Gründen auch zulässig, wenn kein Angebot die
technischen Spezifikationen oder weiteren Anforderungen erfüllt. Auch veränderte
119
120
121
122
Vgl. BVGer B-3402/2009 vom 2. Juli 2009, E. 7.2.
Vgl. BGer-Urteil 4A_397/2012 vom 11. Januar 2013, E. 2.2.
Vgl. Art. 83 lit. f Ziff. 2 in Verbindung mit Art. 98 BGG.
Vgl. BGE 134 II 192, E. 2.3 f.
71
Rahmenbedingungen (Bst. c) und die daraus resultierende Möglichkeit eines günstigeren Angebots rechtfertigen einen Abbruch des Verfahrens – beispielsweise, wenn
die Auftraggeberin im Laufe des Verfahrens neue Erkenntnisse erlangt (z. B. von
neuen Techniken). Ein Abbruch ist jedoch auch aufgrund einer wesentlichen Bedarfsänderung (Bst. f) möglich oder wenn die eingereichten Angebote die geschätzten Kosten deutlich übersteigen (Bst. d).
Bei einer Abbruchverfügung sind die Anforderungen an die Begründungsdichte etwas
höher als bei einer Zuschlagsverfügung: Aus einer Abbruchverfügung muss direkt
hervorgehen, aus welchen sachlichen Gründen die Auftraggeberin das Verfahren abbricht und ob der Abbruch definitiv ist oder eine Wiederholung des Verfahrens in
Betracht gezogen wird.123
Eine Publikationspflicht in Bezug auf den Abbruch war bislang weder im BöB noch
in der VöB vorgesehen, hingegen war die Publikation des Abbruchs auch nicht gesetzlich ausgeschlossen.124 Diese Rechtsunsicherheit wird beseitigt, indem der Abbruch künftig zu publizieren ist (Art. 50 Abs. 1 VE-BöB). Auf eine individuelle Eröffnung kann verzichtet werden.
Abs. 2
Der Entscheid, von einem Zuschlag abzusehen und das Verfahren abzubrechen, ist
nicht justiziabel. Bei einem Abbruch haben Anbieterinnen keinen Anspruch auf Entschädigung ihrer Auslagen für die Einreichung des Angebots.
Art. 46
Ausschluss vom Verfahren und Widerruf des Zuschlags
Die Möglichkeit, Anbieterinnen wegen Fehlverhaltens oder anderer Gründe auszuschliessen, sah bereits Art. VIII Bst. h GPA 1994 (Teilnahmebedingungen) vor. Allerdings war die Formulierung wenig griffig und nur die Tatbestände des Konkurses
und der unwahren Erklärungen wurden beispielhaft aufgezählt. Im revidierten GPA
wurden die Tatbestände, die einen Ausschluss vom Verfahren begründen, erweitert.
Art. VIII:4 GPA 2012 führt exemplarisch folgende Ausschlussgründe auf:
a)
Konkurs,
b)
unwahre Aussagen,
c)
erhebliche oder anhaltende Mängel bei der Erfüllung einer wesentlichen Anforderung oder Verpflichtung früherer Aufträge,
d)
rechtskräftiges Urteil betreffend ein schweres Verbrechen oder sonstige
schwere Delikte,
e)
berufliches Fehlverhalten, Handlungen oder Unterlassungen, die die kommerzielle Integrität der Anbieterin beeinträchtigen oder
f)
Nichtbezahlung von Steuern.
Gefordert wird allemal eine «supporting evidence». Dass die Auftraggeberin negative
Erfahrungen aus früheren Aufträgen ebenso wie die Resultate aus einer Abklärung
durch die WEKO (Submissionsabreden, Kollusion) berücksichtigen kann, stellt eine
zentrale Neuerung von Art. VIII:4 GPA 2012 dar. Nach dem Wortlaut im GPA 2012
berechtigt eine frühere Vertragsverletzung in einem untergeordneten Punkt allerdings
123
124
72
Vgl. BVGer 2449/2012 vom 6. September 2012, E. 4.2 ff.
Vgl. BVGer B-2449/2012 vom 6. September 2012, E. 3.4.1.
auch dann nicht zum Ausschluss der betreffenden Anbieterin, wenn diese Vertragsverletzung wiederholt erfolgt ist.125
Sanktionen im Rahmen von öffentlichen Vergaben erschöpfen sich nicht in der Möglichkeit, Anbieterinnen von einem Verfahren auszuschliessen. Darüber hinaus muss
ein wirksames Instrumentarium auch die Möglichkeit enthalten, eine Anbieterin aus
einem amtlichen Verzeichnis zu streichen und einen bereits erteilten Zuschlag zu widerrufen. Die Auftraggeberinnen haben diesbezüglich ein grosses Ermessen. Ebenso
kann es sich von Fall zu Fall empfehlen, die betroffene Ausschreibung abzubrechen.
Art. 46 VE-BöB enthält eine nicht abschliessende Liste von Tatbeständen, die einen
Ausschluss, einen Widerruf des Zuschlags oder die Streichung aus einem Verzeichnis
rechtfertigen. Mit der Kann-Formulierung ist angedeutet, dass nicht jede Verfehlung
einer Anbieterin zwingend solche Folgen haben muss. Beispielsweise, wenn die Verletzung einer Vorschrift als Bagatelle betrachtet und sofort korrigiert werden kann,
wäre ein Ausschluss nicht gerechtfertigt. Bei Lohngleichheitskontrollen im Beschaffungswesen des Bundes besteht z. B. eine Toleranzschwelle von 5 Prozent, weil nicht
auszuschliessen ist, dass in der standardisierten Überprüfung gewisse in einem Unternehmen lohnrelevante Faktoren nicht berücksichtigt werden. Dies soll verhindern,
dass ein Unternehmen zu Unrecht sanktioniert wird. Liegt jedoch ein rechtkräftiges
Urteil wegen schwerer Delikte vor, dürfte ein Ausschluss regelmässig geboten sein
(so auch Art. 57:1 der Richtlinie 24/2014/EU).
Bst. d: Der «Unrechtsgehalt» ist unterschiedlich. Erfasst wird einerseits die rechtskräftige Verurteilung der Anbieterin oder ihrer Organe wegen eines Verbrechens (gegen beliebige Dritte) sowie anderseits ein Verbrechen oder Vergehen «zum Nachteil
der jeweiligen Auftraggeberin», d. h. Fälle, in denen noch kein rechtskräftiges Urteil
vorliegt, die Auftraggeberin jedoch geschädigte Person im Sinne von Art. 115 Strafprozessordnung (StPO)126 ist.
Bst. h: Ein Teil der «Bestimmungen zur Bekämpfung der Korruption» findet sich im
Strafgesetzbuch (Art. 322ter ff. StGB). Bst. h betrifft jedoch auch Normen des internationalen Rechts sowie Bestimmungen zivilrechtlicher Natur, welche die Bekämpfung der Korruption zum Inhalt haben – beispielsweise als eigenständige Vertragsklausel oder Bestandteil von Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Die
beschaffungsrechtlichen Konsequenzen der Verletzung dieser Bestimmungen wird
gestützt auf eine Empfehlung der OECD127 in einem eigenem Tatbestand geregelt.
Bst. m: Erfasst wird zudem die mangelhafte Ausführung früherer Aufträge (Teilsatz
1) oder der Fall, dass die Anbieterin in anderer Weise erkennen liess, keine verlässliche und vertrauenswürdige Vertragspartnerin zu sein (Teilsatz 2). Letzteres ist ein
Auffangtatbestand; seine Anwendung bedarf einer sorgfältigen Interessenabwägung.
Auch bei den anderen Tatbeständen sind der Grundsatz der Verhältnismässigkeit und
das Verbot des überspitzten Formalismus zu beachten.128 Dies ist auch deshalb angezeigt, weil die Auftraggeberin in den meisten Fällen allein gestützt auf Verdachtsgründe eine Anbieterin aus dem laufenden Verfahren ausschliessen, sie aus einem
Verzeichnis streichen oder einen Zuschlag widerrufen könnte. Hat die Auftraggeberin
Sachverhalte in einem Rechtsgebiet zu beurteilen, in welchem sie keine besonderen
125
Vgl. Stöckli/Beyeler, Neues GPA, neue Urteile, neue Tendenzen, in: Zufferey/Stöckli
(Hrsg.), Aktuelles Vergaberecht 2012, Zürich, 2012, S. 36.
126 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007, SR 312.0.
127 Organisation for Economic Co-Operation and Development.
128 Vgl. BGer-Urteil 2C_782/2012 vom 10. Januar 2013, E. 2.3.
73
Fachkenntnisse aufweist (z. B. Verstoss gegen anerkannte Berufsregeln, Verletzung
der Bestimmungen über die Schwarzarbeit oder bei Wettbewerbsabreden), kann sie
bei Bedarf die entsprechenden Fachbehörden konsultieren.
Der Ausschluss einer Anbieterin vom Vergabeverfahren kann durch individuell eröffnete Verfügung oder implizit durch Zuschlagserteilung an eine andere Anbieterin erfolgen. Auf eine individuell eröffnete Verfügung besteht bereits unter dem aktuellen
Recht kein Anspruch.129 Diese Praxis soll auch unter dem neuen Recht beibehalten
werden.
Art. 47
Sanktionen
Werden die Bestimmungen des Beschaffungsrechts durch die Auftraggeberinnen in
krasser Weise verletzt, hat dies Administrativuntersuchungen und für die verantwortlichen Personen Disziplinarmassnahmen zur Folge. Die Auftraggeberin wiederum hat
die Möglichkeit, eine Anbieterin zu sanktionieren, wenn diese sich rechtswidrig verhält.
Sanktionen müssen gemäss Legalitätsprinzip in einem Gesetz im formellen Sinn geregelt sein. Verwarnungen haben schriftlich zu erfolgen und bilden in der Regel eine
Reaktion auf erstmalige Widerhandlungen, die nach keiner weitergehenden Sanktion
rufen.
Im Weiteren setzt die Verhängung einer Sanktion ein Verschulden der fehlbaren Person voraus, wobei die fahrlässige Verletzung in den häufigsten Fällen ausreichend
sein dürfte (z. B. bei Verletzung von Arbeitnehmerschutzvorschriften). Der Anbieterin bleiben gegen die Sanktionierung die im Gesetz genannten Rechtsmittelmöglichkeiten (vgl. Art. 55 Abs. 1 Bst. g VE-BöB). Bei der Verhängung einer Massnahme hat
die Auftraggeberin dem Verhältnismässigkeitsprinzip und der Schwere der Verfehlung Rechnung zu tragen.
Abs. 1
Bei schwerwiegenden Widerhandlungen kann die Auftraggeberin fehlbare Anbieterinnen verwarnen oder sie von künftigen Vergaben ausschliessen, wobei diese Massnahmen einzeln oder – wo angezeigt – kumulativ zur Verfügung stehen sollen. Diese
Sanktionen sind möglich, wenn eine Anbieterin oder ihre Organe rechtskräftig wegen
eines Verbrechens im Zusammenhang mit einem öffentlichen Auftrag verurteilt worden sind oder ein Verbrechen oder Vergehen zum Nachteil der jeweiligen Auftraggeberin begangen haben. Eine Verwarnung oder ein Ausschluss von weiteren öffentlichen Aufträgen der jeweiligen Auftraggeberin ist zudem möglich, wenn eine
Anbieterin Bestimmungen zur Bekämpfung der Korruption verletzt hat. Schliesslich
können auch ein Verstoss gegen anerkannte Berufsregeln (z. B. SIA-Normen) oder
Handlungen, die die berufliche Ehre oder Integrität beeinträchtigen, sowie die Missachtung von Pflichten in Bezug auf das behördliche Einsichtsrecht (Art. 18 VE-BöB)
zu einer Verwarnung oder gar zu einem Ausschluss führen.
Es steht im pflichtgemässen Ermessen der jeweiligen Auftraggeberin, ob sie eine
Sanktion ausspricht oder nicht. Ein Ausschluss von künftigen Vergaben einer Auftraggeberin stellt eine schwere Sanktion dar, die bei einmaligen Verstössen in der Regel nicht gerechtfertigt wäre. Bei wiederholten und schweren Widerhandlungen kann
diese Sanktion, nach erfolgter Verwarnung, angemessen sein (im Kanton Zürich gab
129
74
Vgl. BRK 2002-016 vom 4. Februar 2003, E. 1.
es z. B. in den letzten elf Jahren lediglich zwei Ausschlüsse, in einem Fall für ein Jahr,
im anderen für fünf Jahre). Der je nach Schwere des Verstosses mehr oder weniger
lange Ausschluss von künftigen Aufträgen beschränkt sich immer auf die Rechtspersönlichkeit der jeweiligen Auftraggeberin. Die Vergabestellen des Bundes sollen z. B.
der SBB und der Post nicht vorschreiben, welche Anbieterinnen künftig nicht mehr
berücksichtigt werden dürfen (und umgekehrt).
Eine Anbieterin, die in schwerwiegender und wiederholter Weise gewisse Bestimmungen über die Schwarzarbeit missachtet hat und deswegen rechtskräftig verurteilt
worden ist, wird gemäss Art. 13 BGSA sanktioniert. Sie wird entweder von der zuständigen kantonalen Behörde während maximal fünf Jahren von künftigen Aufträgen
des öffentlichen Beschaffungswesens auf kommunaler, kantonaler und eidgenössischer Ebene ausgeschlossen, oder es können ihr während einer bestimmten Dauer Finanzhilfen gekürzt werden. Ein zusätzlicher Sanktionstatbestand infolge Verletzung
des BGSA im Gesetz erübrigt sich daher.
Abs. 2
Die Sanktionsmöglichkeiten Verwarnung und Ausschluss bestehen unbeschadet weiterer rechtlicher Schritte gegen die fehlbare Anbieterin. In diesem Zusammenhang ist
an Untersuchungen und Sanktionen der Wettbewerbsbehörden, der Strafverfolgungsbehörden oder paritätischer Kommissionen zu denken, soweit diese nicht die Voraussetzung der Sanktionierung nach dieser Bestimmung bilden.
Eine Anbieterin kann nach diesem Absatz nur sanktioniert werden für Verstösse gegen die genannten Sachverhalte, welche sie oder ihre Organe selbst begangen haben.
Bei Verstössen von Subunternehmerinnen und beigezogenen Dritten und deren Organe sind diese gestützt auf Abs. 3 zu sanktionieren.
Einem Vorschlag der WEKO folgend wird zudem eine Anzeigepflicht bei hinreichenden Anhaltspunkten einer Kollusion zwischen den Anbieterinnen in das Gesetz aufgenommen. Eine Notifikation der WEKO kann auch unabhängig von der Sanktionierung der betroffenen Anbieterin erfolgen. Bereits Art. 33 Org-VöB sieht eine solche
Notifikationspflicht für die Vergabestellen des Bundes vor. Diese Bestimmung kann
nach Inkrafttreten des Gesetzes gestrichen werden.
Abs. 3
Sofern die Tatbestände von Abs. 1 und 2 durch Dritte wie Konsortialpartnerinnen,
Subunternehmerinnen, Unterlieferantinnen oder deren Organe erfüllt werden, treffen
sie die gleichen Sanktionen wie die Anbieterin.
Abs. 4
Mit dieser Bestimmung wird die gesetzliche Grundlage für eine zentrale Liste der
sanktionierten Anbieterinnen geschaffen. Die Kantone sehen in der IVöB eine entsprechende Liste vor. Bund und Kantone werden die so erhobenen Daten in geeigneter
Weise austauschen. Damit wird es möglich, Vergaberechtsverstösse schweizweit zu
ahnden. Die Bestimmung ist als Spezialbestimmung im Sinne von Art. 4 BGÖ zu
verstehen: Die Liste ist nicht öffentlich, d. h. sie wird weder aktiv publiziert noch ist
der Zugang nach Massgabe der Bestimmungen des Öffentlichkeitsgesetzes (Passivinformation) vorbehalten. Anfragen seitens der Auftraggeberinnen können nur mit Bezug auf eine spezifische Anbieterin erfolgen, die an einer konkreten Ausschreibung
teilnimmt. Nach Ablauf der Sanktion wird die Anbieterin aus der Liste gestrichen.
Über abgelaufene Sanktionen wird keine Auskunft erteilt.
Abs. 5
75
Eine weitere Sanktionsmöglichkeit statuiert Abs. 5, der den ganzen oder teilweisen
Entzug bzw. die ganze oder teilweise Rückforderung von finanziellen Beiträgen vorsieht, falls die Auftraggeberin die beschaffungsrechtlichen Vorgaben nicht beachtet
hat.
7. Kapitel
Fristen und Veröffentlichungen, Statistik
Art. IX:1 GPA 1994 verwies für die Bekanntmachung der Ausschreibung auf das Publikationsorgan nach Anhang II, d. h. für Beschaffungen der zentralen Auftraggeberinnen die Onlineplattform simap.ch und für die Kantone und Gemeinden auf das jeweilige amtliche Publikationsorgan. Art. XVIII GPA 1994 sah überdies vor, dass die
Auftraggeberinnen spätestens 72 Tage nach jedem Zuschlag eine einschlägige Bekanntmachung veröffentlichen.
Das Gemeinschaftsrecht statuierte sowohl in der Richtlinie 2004/17/EG als auch in
der Richtlinie 2004/18/EG umfangreiche Pflichten betreffend Veröffentlichung und
Transparenz. Auch die neuen Richtlinien 2014/24/EU sowie 2014/25/EU enthalten
diverse Bestimmungen zu diesem Thema.
Zur Verbesserung der Transparenz führt das GPA 2012 einen separaten Art. VI betreffend «Information über das Beschaffungswesen» ein. Darin wird vorgesehen, dass
die Vertragsstaaten im Publikationsorgan gemäss Anhang III (in elektronischer oder
Papierform) die Bekanntmachungen betreffend Beschaffungen, die Anzeigen zur
Aufnahme auf die mehrfach verwendbare Anbieterliste und die Bekanntmachungen
betreffend Zuschlagserteilung und damit zusammenhängende Informationen veröffentlichen. Art. VII:1 GPA 2012 stipuliert zudem, dass die Publikation in einem weit
verbreiteten und zumindest für die angekündigte Dauer der Publikation leicht zugänglichen Publikationsorgan erfolgen soll. Art. XVI:3 über die «Transparenz von Beschaffungsinformationen» enthält Bestimmungen zur Aufbewahrung der Unterlagen,
Berichte und Daten zur Rückverfolgbarkeit der elektronischen Abwicklung.
Im geltenden Recht fehlt eine übersichtliche Darstellung, welche Entscheide und Mitteilungen zu veröffentlichen sind. Die Art. 39, 40 und 50 VE-BöB sollen diesbezüglich Abhilfe schaffen und die Transparenzerfordernisse des GPA 2012 umsetzen.
Gleichzeitig werden in Art. 49 VE-BöB die Vorgaben von Art. XI GPA 2012 zur
Verkürzung der Minimalfristen umgesetzt.
Art. 48
Fristen
Abs. 1
Unterstellte Beschaffungen können sich hinsichtlich Volumen und Komplexität erheblich unterscheiden. Das Gesetz sieht daher nur Mindestfristen vor. Bei umfangreichen Beschaffungen sollten diese Fristen wie unter geltendem Recht (Art. 19 Abs. 2
VöB) angemessen verlängert werden. Diese Bestimmung geht als Lex specialis Art.
19 VwVG vor.
Die Frist für eine schriftliche Eingabe ist – vorbehältlich abweichender Instruktionen
der Auftraggeberin – gewahrt, wenn diese am letzten Tag der Frist (spätestens um
Mitternacht) der Vergabebehörde eingereicht oder zu deren Handen der Schweizerischen Post oder einer schweizerischen diplomatischen oder konsularischen Vertretung übergeben wird. Beim Einreichen eines Angebots auf dem Postweg ist für die
76
Fristwahrung der Poststempel relevant.130 Abweichend davon ist es der Auftraggeberin im Einklang mit der bisherigen Praxis freigestellt, die Frist in der Ausschreibung
unter Bestimmung des Tages und der Uhrzeit so festzusetzen, dass das vollständige
Angebot zur Fristwahrung zu diesem Zeitpunkt eingehen muss. Dann spielt das Datum der Postaufgabe keine Rolle, und es wird einzig darauf abgestellt, ob das Angebot
zu diesem Zeitpunkt vollständig und in der verlangten Form bei der Auftraggeberin
eingeht.
Abs. 2
Die Minimalfristen für das offene Verfahren richten sich nach der Bestimmung in Art.
XI:3 Bst. a GPA 2012. Sie entsprechen der heutigen Regelung in Art. 19 Abs. 3 VöB.
Die Frist von 40 Tagen gilt auch ab dem Zeitpunkt der Publikation von substanziellen
Berichtigungen und beginnt diesfalls noch einmal neu zu laufen. Kleinere Rechenfehler oder Berichtigungen, die keinen substanziellen Mehraufwand für die Anbieterinnen und keine Änderung des Anbieterkreises zur Folge haben, führen nicht zu einem
Neubeginn des Fristenlaufs. Für diesen massgebend ist neben der Wesentlichkeit der
Berichtigung jedoch auch deren Zeitpunkt, d. h. ob es den Anbieterinnen in der verbleibenden Zeit noch möglich ist, die Anpassung zu berücksichtigen.
Abs. 3
Im Gegensatz zu Fristverkürzungen sind Fristverlängerungen im Ermessen der Auftraggeberin ohne Einschränkungen möglich, solange sie rechtsgleich angewendet
werden. Diese Vorschrift findet sich im geltenden Recht in Art. 19 Abs. 2 BöB.
Abs. 4
Ausserhalb des Staatsvertragsbereichs beträgt die Frist zur Einreichung von Angeboten nicht weniger als 20 Tage. Eine Unterschreitung dieser Minimalfrist ist nur ausnahmsweise möglich (z. . bei standardisierten Waren und Dienstleistungen).
Art. 49
Fristverkürzung im Staatsvertragsbereich
Abs. 1
Bei elektronischer Publikation einer Beschaffung, bei elektronischer Publikation der
Ausschreibungsunterlagen sowie bei elektronischer Entgegennahme der Angebote
kann die Minimalfrist von 40 Tagen für die Einreichung der Angebote um je fünf
Tage, also um insgesamt 15 Tage, verkürzt werden (Art. XI:5 GPA 2012).
Abs. 2 bis 4
Weitere Verkürzungen auf bis zu 10 Tage für die Einreichung der Angebote sind möglich, wenn spätestens 40 Tage und frühestens 12 Monate vor der Publikation der Ausschreibung eine Vorankündigung ergangen ist bzw. bei wiederkehrenden Leistungen
die Auftraggeberin auf die Fristverkürzung hingewiesen hat. Diese Regelung findet
sich bereits in Art. 19 f. BöB.
Abs. 5
Diese singuläre Bestimmung, die auf den Einkauf gewerblicher Waren und Dienstleistungen Anwendung findet, setzt Art. XI:7 GPA 2012 um. Soweit (aus anderen
Gründen) eine Verkürzung auf 10 Tage zulässig ist, steht dies Art. XI:7 GPA 2012
nicht entgegen.
130
Vgl. BRK 2002-015 vom 29. Januar 2003, E. 2.
77
Art. 50
Veröffentlichungen
Abs. 1
Der Einsatz moderner Informationstechnologien verbessert die Transparenz des öffentlichen Beschaffungswesens und erleichtert den Marktzutritt. Sowohl im offenen
als auch im selektiven Verfahren werden die Ausschreibung, der Zuschlag sowie der
Abbruch auf einer gemeinsam von Bund und Kantonen betriebenen Internetplattform
für öffentliche Beschaffungen publiziert. Zudem besteht auch in Bezug auf freihändig
erteilte Zuschläge im Staatsvertragsbereich eine Publikationspflicht.
Aufgrund der raschen Entwicklung im Bereich der Domainnamen und des E-Governments wird darauf verzichtet, die Publikationsplattform im Gesetz zu benennen. Heute
ist das die Plattform «simap.ch» - sie steht in Deutsch, Französisch, Italienisch und
weitgehend auch in Englisch zur Verfügung. Träger und Verantwortlicher von
«simap.ch» ist der Verein für ein Informationssystem über das öffentliche Beschaffungswesen in der Schweiz: Verein simap.ch. Der Bund sowie sämtliche Kantone sind
Vereinsmitglieder und leisten Beiträge. Ausser dem Bund und allen Kantonen verwenden auch zahlreiche Städte und Gemeinden der Schweiz diese Internetplattform
als Publikationsorgan. Die Vorgaben von Art. VII:1 GPA 2012 werden damit eingehalten.
Die Ausschreibungsunterlagen werden in der Regel zeitgleich mit der Ausschreibung
und ebenfalls elektronisch zur Verfügung gestellt. Werden die Ausschreibungsunterlagen bei der Veröffentlichung der Ausschreibung gemäss Abs. 1 nicht auf der Internetplattform öffentlich zugänglich gemacht, hat die Auftraggeberin die Unterlagen
interessierten Anbieterinnen auf anderem Weg zur Verfügung zu stellen (z. B. als CDRom oder Hardcopy via Postweg).
Der Zugang zu den Publikationen über Ausschreibungen und Zuschläge ist unentgeltlich. Zusatzleistungen (z. B. Hinterlegung gewisser Eignungsnachweise, elektronische Ablage der Angebote, Abonnementsdienste und Support- oder andere Serviceleistungen) können kostenpflichtig sein.
Abs. 2
Die Ausschreibung und die Ausschreibungsunterlagen sind regelmässig in der bzw.
in einer Amtssprache verfasst, die am Sitz der Auftraggeberin gilt. Das gebieten die
Praktikabilität und der Grundsatz der haushälterischen Mittelverwendung. Bei Bauaufträgen ist auf die sprachlichen Verhältnisse am Ort der Baute Rücksicht zu nehmen
– dies allerdings nur für Ausschreibung und Zuschlag, nicht notwendigerweise auch
für die Ausschreibungsunterlagen. Die Verordnung sieht weitergehende Regelungen
vor.
Abs. 3
Ausschreibungen in anderen Sprachen müssen von einer Zusammenfassung in einer
der WTO-Amtssprachen begleitet werden. Amtssprachen der WTO sind Englisch,
Französisch und Spanisch. Im Staatsvertragsbereich ist mindestens eine Zusammenfassung der Ausschreibung in französischer Sprache beizufügen, wenn die Ausschreibung nicht bereits in dieser Sprache erfolgt.
Diese Bestimmung geht Artikel 33a VwVG vor.
Abs. 4
Die Publikation des Zuschlags hat auch unter der Geltung des GPA 2012 innert 72
Tagen nach dem Erlass der Zuschlagsverfügung zu erfolgen. Art. XVI:2 GPA 2012
will eine minimale Transparenz über erfolgte Zuschläge garantieren und steht nicht
78
im Dienste des Rechtsschutzes. Demgegenüber hat sich in der Schweiz die Praxis eingebürgert, Zuschläge zeitgleich zu publizieren und individuell zu eröffnen.
Art. 51
Aufbewahrung der Unterlagen
Abs. 1 und 2
Bereits in Art. XX:4 GPA 1994 war eine Aufbewahrungsfrist von drei Jahren für «die
Unterlagen zu sämtlichen Aspekten des Beschaffungsverfahrens» vorgesehen. Art.
XVI:3 GPA 2012 weist in die gleiche Richtung. Von der Aufbewahrungspflicht erfasst werden alle Dokumente, welche den Ablauf des Verfahrens und die Rechtmässigkeit des Zuschlags nachvollziehbar dokumentieren. Die dreijährige Frist beginnt
ab rechtskräftigem Abschluss des Vergabeverfahrens zu laufen, d. h. ab Rechtskraft
des Zuschlagsentscheids oder der das Verfahren abschliessenden Verfügung.
In Bezug auf Angebote, denen der Zuschlag nicht erteilt wurde, ist die Auftraggeberin
nicht zur Aufbewahrung verpflichtet. Es steht ihr vielmehr frei, die entsprechenden
Unterlagen aufzubewahren, zurückzuschicken oder zu vernichten. Auch dies gilt nur,
soweit es mit weitergehenden Bestimmungen betreffend die Aufbewahrungspflicht,
die sich namentlich im Archivierungsgesetz131, im Obligationenrecht bzw. im Ausführungsrecht dazu finden, vereinbar ist.
Art. 52
Statistik
Schon Art. XIX:5 GPA 1994 sah vor, dass die Vertragsstaaten eine Statistik ihrer Beschaffungen führen. Solche Statistiken haben keinen Selbstzweck. Sie erlauben (auf
aggregierter und anonymisierter Basis) eine Überprüfung der eingegangenen völkerrechtlichen Verpflichtungen.
Im Gemeinschaftsrecht war sowohl in Art. 67 der Richtlinie 2004/17/EG wie auch in
Art. 75 der Richtlinie 2004/18/EG vorgesehen, dass die Mitgliedstaaten der Kommission jährlich einen statistischen Bericht über die in Anwendung dieser Richtlinien vergebenen Aufträge erstatten. Nun sind Art. 85 der Richtlinie 2014/24/EU sowie Art.
101 der Richtlinie 2014/25/EU massgebend, wonach die statistische Berichterstattung
nach einer Initialphase bis April 2017 nur noch alle drei Jahre erfolgen muss.
Die staatsvertraglichen Anforderungen an statistische Erhebungen der zentralen und
subzentralen Vergabestellen sind je unterschiedlich. Art. XVI:4 GPA 2012 normiert
den Mindestinhalt. Die Berichte erstrecken sich jeweils auf ein Jahr und müssen innerhalb von zwei Jahren nach dem Ablauf des Berichtszeitraums eingereicht werden.
Sie enthalten für die Auftraggeberinnen des Bundes
Angaben zu Anzahl und Gesamtwert aller einschlägigen Aufträge für sämtliche betroffenen Vergabestellen,
Angaben zu Anzahl und Gesamtwert aller einschlägigen, von jeder Vergabestelle vergebenen Aufträge nach Waren- und Dienstleistungskategorie auf
der Grundlage eines einheitlichen, international anerkannten Klassifikationssystems sowie
Angaben zu Anzahl und Gesamtwert aller einschlägigen, von jeder Vergabestelle freihändig vergebenen Aufträge.
Abs. 1
131
Bundesgesetz vom 26. Juni 1998 über die Archivierung, SR 152.1.
79
Der Entwurf sieht vor, dass der Bund – auch für die Sektorenauftraggeberinnen – innerhalb von zwölf Monaten nach Ablauf eines Kalenderjahrs zuhanden des SECO
eine Statistik über die Beschaffungen des Vorjahrs erstellt. Dabei ist zu beachten, dass
gemäss GPA eine Statistik betreffend Aufträge sowohl ober- als auch unterhalb der
staatsvertraglichen Schwellenwerte zu erstellen ist. Diese Statistik wird elektronisch
geführt und periodisch dem Ausschuss für das öffentliche Beschaffungswesen (Art.
XXI GPA 2012) übermittelt. Abs. 1 ist so zu verstehen, dass die jeweiligen Auftraggeberinnen für ihren Bereich die entsprechenden Daten sammeln, eine Statistik vorbereiten und dem SECO zukommen lassen.
Abs. 2
ProvCPC ist die offizielle Nomenklatur der UNO, auf die die WTO referenziert. Die
CPV-Klassifikation wird von der EU verwendet und hat sich auch in der Schweiz
etabliert. Die Statistik der Beschaffungen durch Auftraggeberinnen des Bundes enthält neben den Angaben zur Anzahl und zum Gesamtwert der Aufträge eine Gliederung in die verschiedenen CPV-Klassierungen (Bst. a). Zudem werden auch Anzahl
und Gesamtwert der öffentlichen Aufträge erfasst, die im freihändigen Verfahren vergeben werden (Bst. b).
Abs. 3
Üblicherweise wird im Beschaffungsrecht (sowohl bei der Bestimmung des Auftragswerts als auch bei der Bewertung der Angebotspreise) der Auftragswert exklusiv der
gesetzlich vorgeschriebenen Mehrwertsteuer betrachtet. In Abweichung zu dieser Praxis enthält die Statistik jeweils den Gesamtwert inklusive Mehrwertsteuer. Dadurch
werden die Gesamtkosten von Beschaffungen ersichtlich.
Abs. 4
Das SECO veröffentlicht die Gesamtstatistik unter Vorbehalt des Datenschutzes und
der Wahrung von Geschäftsgeheimnissen. Die Gesamtstatistik (vgl. Art. 31 VöB) gibt
Auskunft über die Beschaffungen des Bundes, der Sektorenauftraggeberinnen und der
Kantone (ohne Gemeinden). Sie kann ausser den Mindestangaben gemäss Abs. 2 weitere Informationen enthalten, beispielsweise die Verteilung der Zuschläge auf die
Sprachregionen und die Zuschlagsempfängerinnen.
8. Kapitel
Rechtsschutz
Wie bereits das GPA 1994 sieht auch das GPA 2012 in Art. XVIII vor, dass die Vertragsstaaten «zügige, wirksame, transparente und nichtdiskriminierende Überprüfungsverfahren auf Verwaltungs- oder Gerichtsebene» festlegen, damit die Anbieterinnen Beschwerde gegen behauptete Rechtsverletzungen erheben können.
Art. XX GPA 1994 regelte das Überprüfungsverfahren nur rudimentär und überliess
das Feld weitgehend dem innerstaatlichen Recht; das GPA 2012 ist diesbezüglich nur
wenig ausführlicher. Art. XX:7 GPA 1994 wie Art. XVIII:7 GPA 2012 stellen es beispielsweise ins Ermessen der Vertragsstaaten zu bestimmen, ob einer Beschwerde gegen einen Vergabeentscheid aufschiebende Wirkung zukommt oder nicht.
Nach geltendem Recht sind Verfügungen ausserhalb des Staatsvertragsbereichs nicht
mit Beschwerde anfechtbar (Art. 39 VöB). Mit Blick auf die Rechtsweggarantie (Art.
29a BV) stellt sich die Frage, ob nicht alle Verfügungen anfechtbar sein sollten und
damit bereits ab einem Auftragswert von 1 Franken Rechtsschutz gewährt werden
sollte. Dagegen sprechen Kosten- und Effizienzgründe, die in einem Spannungsfeld
80
zum Rechtsschutzbedürfnis der Anbieterinnen stehen. Ein Rechtsschutz bei sämtlichen öffentlichen Aufträgen würde zu deutlich höheren administrativen Aufwendungen und zu Verzögerungen des Beschaffungsprozesses, jedoch kaum zu mehr Wettbewerb führen. Dies stünde im Widerspruch zum Grundsatz des wirtschaftlichen
Einsatzes der öffentlichen Mittel und zum Ziel, das Beschaffungsverfahren zu vereinfachen. Der Gesetzesentwurf eröffnet daher den Zugang zum Gericht für Beschaffungsvorhaben mit einem Auftragswert ab 150 000 Franken und sieht für Beschaffungen ausserhalb des Staatsvertragsbereichs ein rasches und einfaches Verfahren vor.
Damit wird der Rechtsschutz im Vergleich zum geltenden Recht erheblich erweitert.
Hingegen wird in Bezug auf dem Gesetz unterstellte Beschaffungen im Rahmen der
internationalen Entwicklungshilfe eine Ausnahme statuiert (Art. 54 Abs. 5 VE-BöB).
Art. 53
Eröffnung von Verfügungen
Abs. 1
An offenen und selektiven Vergabeverfahren kann sich eine Vielzahl von Parteien
beteiligen. Die Eröffnung der Ausschreibung, des Zuschlags (auch in freihändigen
Verfahren, Art. 23 VE-BöB, sowie in Einladungsverfahren, Art. 16 Abs. 3 VE-VöB)
und des Abbruchs (Art. 45 VE-BöB) erfolgt immer (auch) durch Publikation. Alle
anderen Verfügungen werden nach Wahl der Auftraggeberin individuell oder durch
Publikation auf der elektronischen Plattform eröffnet. Infolge des speziellen Charakters des Verfahrens und des Schutzes der Geschäftsgeheimnisse der Anbieterinnen
besteht im Verfügungsverfahren kein Anspruch auf rechtliches Gehör.
Abs. 2
Das Staatsvertragsrecht schreibt die summarische Begründung des Zuschlags lediglich auf Ersuchen einer Anbieterin vor (Art. XVI:1 GPA 2012). Die mindestens zehntägige Beschwerdefrist nach Art. XVIII:3 GPA 2012 beginnt erst mit der summarischen Begründung zu laufen. Der blosse Hinweis, wonach der Zuschlag dem
wirtschaftlich günstigsten Angebot erteilt wurde, genügt nicht. Allerdings kann eine
mangelhafte Begründung im Beschwerdeverfahren unter Umständen geheilt werden.132
Neu werden alle Verfügungen summarisch begründet, ohne dass es eines konkreten
Ersuchens bedarf. Als Teil der Begründung des Zuschlags sind z. B. die Gründe kurz
darzulegen, weshalb das Angebot der Zuschlagsempfängerin mit Rücksicht auf die
Zuschlagskriterien den anderen Angeboten überlegen ist. Diese Begründung soll die
unterlegenen Anbieterinnen in die Lage versetzen, den Zuschlagsentscheid in den
Grundzügen nachvollziehen zu können.
Falls die Publikation einer Verfügung auf simap.ch keine summarische Begründung
enthält, wird die Beschwerdefrist nach Art. 58 VE-BöB nicht ausgelöst. Die Frist beginnt dann ab der individuellen Eröffnung des begründeten Entscheids zu laufen.
Als Ergänzung zur summarischen Begründung sehen Auftraggeberinnen regelmässig
ein sogenanntes Debriefing mit den Anbieterinnen vor. Der Anstoss zu einem Debriefing kann von der Anbieterin oder von der Auftraggeberin kommen. Das Debriefing
soll es den unterlegenen Anbieterinnen ermöglichen, die Gründe für ihre Nichtberücksichtigung besser zu verstehen, sodass unnötige Beschwerden nach Möglichkeit vermieden werden können.
132
Vgl. BVGer B-2675/2012 vom 23. Juli 2012, E. 3.
81
Abs. 3
Der Mindestinhalt der Zuschlagsbegründung wird von Art. XVI:1 GPA 2012 vorgegeben. Jede Anbieterin hat Anspruch auf Kenntnis der «Gründe, aus denen ihr Angebot nicht berücksichtigt wurde» und der «relativen Vorteile des Angebots der erfolgreichen Anbieterin». Dies sind zwei Seiten derselben Medaille. Im Rahmen der
(regelmässig zu publizierenden) Zuschlagsverfügung wird man sich auf die ausschlaggebenden Merkmale und die Vorteile des berücksichtigten Angebots (Bst. c)
beschränken, wobei dessen Gesamtpreis (Bst. b) wenn möglich inklusive all seiner
Optionen anzugeben ist. Im individuellen Debriefing können auch die relativen
Schwächen der Angebote der unterlegenen Anbieterinnen zur Sprache kommen.
Abs. 4
Angebote auf öffentliche Ausschreibungen enthalten regelmässig Geschäftsgeheimnisse der Anbieterinnen. Daher ist die Einsicht in die Konkurrenzofferten untersagt.
In gleicher Weise sind Geschäftsgeheimnisse im Rahmen der summarischen Begründung und des Debriefings zu schützen. Diese und weitere Verweigerungsgründe sind
bereits in Art. XVII:3 GPA 2012 angelegt.
Art. 54
Beschwerde
Abs. 1 und 2
Der Zugang zum Gericht steht bei sämtlichen Beschaffungsvorhaben mit einem Auftragswert ab 150 000 Franken offen. Er besteht nicht nur unabhängig davon, ob es
sich um eine Auftraggeberin nach Art. 4 Abs. 1 VE-BöB oder eine Sektorenauftraggeberin handelt, sondern auch unbekümmert darum, ob ein Bau-, Dienstleistungs- oder Lieferungsauftrag vorliegt. Dies ist möglich, weil künftig alle Zuschläge ab diesem Wert zu publizieren sind. Zuständig für Beschwerden gegen Verfügungen der
Auftraggeberinnen ist auf Bundesebene (d. h. bei Beschaffungsvorhaben, die nach
Massgabe des BöB ausgeschrieben werden) das Bundesverwaltungsgericht. Der
Rechtsschutz bei einem Auftragswert ab 150 000 Franken wird aufgrund eines Kompromisses mit den Kantonen vorgeschlagen (diese wollen im Gegenzug unter bestimmten Bedingungen Verhandlungen zulassen). Die für die öffentlichen Ausschreibungen massgeblichen Schwellenwerte werden beibehalten und durch die
Erweiterung des Rechtsschutzes nicht tangiert.
Unabhängig vom Auftragswert steht Anbieterinnen der Rechtsweg immer dann offen,
wenn sie aus einem Verzeichnis gestrichen oder in ein solches aufgenommen werden
oder wenn sie nach Art. 47 VE-BöB sanktioniert werden, z. B. durch eine Sperre von
künftigen Aufträgen.
Unter bestimmten Voraussetzungen (Erreichen der staatsvertraglichen Schwellenwerte und Beurteilung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung) können Urteile
des Bundesverwaltungsgerichts innert 30 Tagen mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ans Bundesgericht weiter gezogen werden (Art. 83 Bst. f, 85
und 100 Abs. 1 BGG). Der Beschwerde an das Bundesgericht kommt – wie derjenigen
ans Bundesverwaltungsgericht – grundsätzlich keine aufschiebende Wirkung zu (Art.
103 BGG). Die Verwaltungsbeschwerde an den Bundesrat ist ausgeschlossen (Art. 74
VwVG).
Abs. 3
Für Beschaffungen des Bundesstrafgerichts, des Bundespatentgerichts und der Bundesanwaltschaft ist das Bundesverwaltungsgericht die zuständige Beschwerdeinstanz
82
(Abs. 1). Gegen Verfügungen im Zusammenhang mit Beschaffungen des Bundesverwaltungsgerichts kann direkt beim Bundesgericht Beschwerde geführt werden. Betrifft eine Beschwerde eine Beschaffung des Bundesgerichts selbst, ist aufgrund der
potenziellen Interessenkonflikte Art. 37 Abs. 3 BGG zu beachten. Soweit das Bundesgericht sich nicht zur selbstständigen Beurteilung der Beschwerde in der Lage
sieht, sind ausserordentliche Richterinnen und Richter einzusetzen. Dabei würde das
Urteilsgremium zufällig durch Los aus der Zahl der kantonalen Obergerichtspräsidenten bzw. –präsidentinnen bestimmt.
Abs. 4
Für Aufträge ausserhalb des Staatsvertragsbereichs steht ein einfaches und rasches
Verfahren zur Verfügung. Damit wird ein Doppeltes erreicht: Zum einen eröffnet sich
damit Anbieterinnen auch bei Beschaffungen unterhalb der staatsvertraglichen
Schwellenwerte und ausserhalb der eingegangenen Verpflichtungen der Zugang zum
Gericht. Im Hinblick auf die Rechtsweggarantie nach Art. 29a BV ist ein solcher Ausbau des Rechtsschutzes angebracht. Zum anderen übersteigen die Transaktionskosten
eines Beschwerdeverfahrens bei kleineren Beschaffungen rasch den Auftragswert. Es
gilt daher eine Abwägung zu treffen zwischen dem Anspruch auf Individualrechtsschutz und dem wirtschaftlichen Umgang mit den Mitteln der Verwaltung sowie den
Ressourcen der Gerichte.
Das einfache und rasche Verfahren ermöglicht diese Balance. Es sieht keine aufschiebende Wirkung von Beschwerden vor, erschöpft sich in einem Schriftenwechsel und
mündet innert 60 Tagen in eine Instruktionsverhandlung vor dem zuständigen Einzelrichter bzw. der zuständigen Einzelrichterin. Dieser bzw. diese nimmt die Beweise ab
und entscheidet vor Ort über die Beschwerde, falls keine Einigung zwischen den Verfahrensparteien gefunden werden kann. Der Entscheid wird auf Antrag der unterlegenen Partei summarisch begründet. Er ist endgültig und kann daher nicht mit einem
Rechtsmittel angefochten werden. Die Verordnung regelt die Einzelheiten.
Dieses einfache und rasche Verfahren findet keine Anwendung bei Beschwerden gegen Sanktionen oder gegen die infolge des behördlichen Einsichtsrechts verfügte
Rückerstattung von Vergütungen oder Preisreduktionen (Art. 55 Abs. 1 Bst. g und h
VE-BöB). In diesen Fällen ist regelmässig das ordentliche Verfahren nach dem
VwVG durchzuführen.
Abs. 5
Kein Rechtsschutz besteht bei Beschaffungen im Bereich der internationalen Entwicklungs- und Ostzusammenarbeit, der humanitären Hilfe sowie der Förderung des
Friedens und der menschlichen Sicherheit. Diese Ausnahme rechtfertigt sich, weil auf
internationaler Ebene die Tendenz besteht, die internationale Zusammenarbeit ganz
vom Anwendungsbereich des öffentlichen Beschaffungsrechts auszunehmen. Aufträge z. B. in der Entwicklungszusammenarbeit und humanitären Hilfe sind immer
von der politischen Situation im Empfängerland abhängig. Der Ruf der Schweiz als
zuverlässige Partnerin in den Empfängerländern ist in diesem sensiblen Bereich zentral, und der Erfolg der Projekte hängt oft nicht zuletzt vom Vertrauensverhältnis zwischen den Partnern sowie von diversen weichen Faktoren ab. Ein Beschwerderecht
würde zu einem erheblichen Mehraufwand für Programmverantwortliche und Vergabestellen führen, der im Bereich der internationalen Zusammenarbeit nicht in einem
angemessenen Verhältnis zum Mehrwert der gerichtlichen Überprüfung steht.
83
Auch aus wirtschafts- und verwaltungsökonomischen Gesichtspunkten wäre die Gewährleistung des Rechtschutzes in diesem spezifischen Bereich für die Erfüllung der
Ziele der Entwicklungs- und Ostzusammenarbeit nicht zielführend.
Art. 55
Beschwerdeobjekt
Abs. 1
Die Beschwerdeobjekte werden in Abs. 1 abschliessend aufgezählt. Weitere Zwischenverfügungen können nicht angefochten werden, auch wenn sie (aus Sicht der
Beschwerdeführenden) einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bedeuten. Insbesondere sogenannte Parkierungsschreiben, nach denen die Offerte einer Anbieterin
bis zum Zuschlagsentscheid nicht weiter geprüft wird, sind nicht anfechtbar.
Die Ausschreibung (Bst. a) umfasst auch deren Berichtigung. Während der Entscheid
über die Auswahl der Anbieterinnen im selektiven Verfahren angefochten werden
kann (Bst. b), gilt dies nicht in Bezug auf die im Rahmen eines Einladungsverfahrens
(Art. 22 Abs. 4 VE-BöB) eingeladenen Anbieterinnen. Bei dieser Auswahl ist die
Auftraggeberin frei. Ein Zuschlag (Bst. d) kann unabhängig davon angefochten werden, ob er im offenen, selektiven oder freihändigen Verfahren133 ergeht. Der Ausschluss aus dem Verfahren (Bst. f) umfasst auch die Reduktion der Anbieterinnen
(«Downselection») im Rahmen eines Dialogs oder einer elektronischen Auktion, sofern ein solcher Ausschluss durch separat eröffnete Zwischenverfügung erfolgt. Ebenfalls wehren können sich Anbieterinnen, die nach behördlicher Einsichtnahme (Art.
18 VE-BöB) dazu verpflichtet wurden, Vergütungen zurückzuerstatten oder Preise zu
reduzieren (Bst. h).
Abs. 2
Es entspricht dem Gebot der Fairness, dass Einwendungen gegen Anordnungen in der
Ausschreibung sofort gerügt werden müssen. Mit anderen Worten darf eine Anbieterin mit der Beschwerde gegen den Zuschlag keine Rügen mehr vorbringen, die sie
bereits mit einer Beschwerde gegen die Ausschreibung hätte vorbringen können.
Diesbezüglich hat sie (bei Verzicht auf eine Anfechtung) ihr Beschwerderecht verwirkt.
Etwas schwieriger gestaltet sich die Rechtslage bei Anordnungen, die nicht in der
Ausschreibung selbst, sondern in den Ausschreibungsunterlagen enthalten sind. Diese
können nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung als «integrierender Bestandteil der
Ausschreibung» betrachtet werden134 (anders noch die Praxis der ehemaligen Rekurskommission für das öffentliche Beschaffungswesen135 sowie die aktuelle Praxis des
Bundesverwaltungsgerichts). Die Praxis der kantonalen Gerichte ist diesbezüglich uneinheitlich.
Zum einen entspricht es einem Bedürfnis der öffentlichen Auftraggeberin, die Anbieterinnen auf Anordnungen zu behaften, wenn sie diese nicht sofort in Frage stellen.
Dazu dient u. a. die Rügeobliegenheit der am Verfahren teilnehmenden Anbieterinnen
(als Ausfluss des Verhaltens nach Treu und Glauben). Zum andern sollen die Anbieterinnen aus der öffentlichen Ausschreibung erkennen können, ob ein publizierter
Auftrag für sie interessant ist. Nach aktueller Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erfolgen Rügen daher verspätet, soweit Bedeutung und Tragweite der
133
134
135
84
Vgl. BGE 137 II 313, E. 2.3.
Vgl. BGE 129 I 313; BGer-Urteil 2C_225/2009 vom 16. Oktober 2009, E. 4.2.
Vgl. BRK 2001-011 vom 16. November 2001, E. 3b.
fraglichen Anordnung der Auftraggeberin bereits zu einem früheren Zeitpunkt ohne
Weiteres erkennbar waren. Immerhin gilt diese Praxis nur dann, wenn nicht ungewöhnliche «Spielregeln» ohne ausdrücklichen Verweis in die Ausschreibungsunterlagen aufgenommen werden. Einer Anbieterin kann nicht zugemutet werden, diese
Unterlagen bereits zu einem frühen Zeitpunkt einer umfassenden Rechtsprüfung zu
unterziehen.136 Sind Anordnungen und ihre Tragweite indessen bei pflichtgemässer
Sorgfalt erkennbar, so sind diesbezügliche Rügen gegen den Zuschlagsentscheid auch
dann verwirkt, wenn die Anordnungen in den Ausschreibungsunterlagen und nicht in
der Ausschreibung enthalten waren.
Abs. 3
Vergaberechtliche Sanktionen wie der Ausschluss oder die Sperre haben verwaltungsstrafrechtlichen Charakter. Daher können die an Beschleunigung und Rechtssicherheit
orientierten Spezialvorschriften des Vergaberechts nicht unbesehen übertragen werden. Der Rechtsschutz des Sanktionierten ist höher zu gewichten.
Folglich finden bei Beschwerden gegen die Verhängung einer Sanktion nach Art. 47
VE-BöB die Bestimmungen dieses Gesetzes zum rechtlichen Gehör im Verfügungsverfahren (Art. 53 Abs. 1 VE-BöB), zur aufschiebenden Wirkung (Art. 56 VE-BöB)
und zur Beschränkung der Beschwerdegründe (Art. 55 Abs. 1 VE-BöB) keine Anwendung. Stattdessen gelten das allgemeine Verwaltungsverfahrensrecht sowie die
verfahrensrechtlichen Regeln des Verwaltungsstrafrechts. Für Beschwerden gegen
Sanktionen nach Art. 47 VE-BöB ist auf Bundesebene im Weiteren Art. 21 Abs. 2
VStrR137 zu beachten, wonach die Anbieterin berechtigt ist, eine gerichtliche Beurteilung der Strafverfügung zu verlangen.
Abs. 4
In Beschaffungsverfahren mit einem Auftragswert von weniger als 150 000 Franken
besteht kein Rechtsschutz. Die (direkten und indirekten) Kosten gerichtlicher Überprüfungsverfahren von Vergaben im Betrag von weniger als 150 000 Franken (Lieferungen und Dienstleistungen) übersteigen deren Nutzen regelmässig. Daher besteht
kein Bedarf an einem weiter gehenden Rechtsschutz.
Art. 56
Aufschiebende Wirkung
Gemäss Art. 55 VwVG hat die Beschwerde aufschiebende Wirkung. Die Nichtgewährung des Suspensiveffekts als Abweichung vom VwVG muss daher auf Gesetzesstufe geregelt werden.
Abs. 1
Art. XVIII:7 GPA 2012 überlässt es dem Ermessen der Vertragsstaaten zu bestimmen,
ob dem Überprüfungsverfahren ein automatischer Suspensiveffekt zukommt oder
nicht. Dagegen sprechen primär Praktikabilitätsüberlegungen. Würde eine Beschwerde automatisch die Vollstreckbarkeit des Zuschlagsentscheids aufschieben und
den Vertragsschluss bis zum Entscheid der Beschwerdeinstanz verhindern, so bestünde die Gefahr von Verzögerungen und erheblichen Mehrkosten bei der Beschaffung.138 Ebenso unvorteilhaft würde sich die Situation für die berücksichtigte Anbieterin auswirken. Bereits das geltende Recht sieht daher von diesem Automatismus ab
(Art. 28 Abs. 1 BöB).
136
137
138
Vgl. BVGer B-738/2012 vom 14. Juni 2012, E. 3.1 und 4.4.
Bundesgesetz vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht, SR 313.0.
Vgl. BVGer B-4904/2013 vom 29. Oktober 2013, E. 3.
85
Abs. 2
Unter der Geltung des BöB und der IVöB hat sich die Praxis herausgebildet, während
der Dauer der Beschwerdefrist auf den Abschluss des Beschaffungsvertrags zu verzichten. Diese Sperrperiode dauert bis zu dem Zeitpunkt, an dem eine Auftraggeberin
vernünftigerweise davon ausgehen darf, dass keine Beschwerde erhoben und kein Gesuch um aufschiebende Wirkung gestellt wurde. Im Zweifelsfall empfiehlt sich eine
Rückfrage beim zuständigen Gericht.
Abs. 3
Einem Antrag auf Gewährung der aufschiebenden Wirkung wird von den Gerichten
regelmässig superprovisorisch bis zur Stellungnahme der Auftraggeberin stattgegeben. Während des Superprovisoriums darf kein Vertrag geschlossen und keine den
Zuschlagsentscheid präjudizierende Handlung vorgenommen werden. Nach Eingang
der Stellungnahme wird über die Aufrechterhaltung des Massnahmenentscheids verfügt.
Wird die aufschiebende Wirkung beantragt, werden in der Praxis im Sinne einer
prima-facie-Würdigung anhand der Akten als Erstes die Erfolgschancen der Beschwerde geprüft. Bei offensichtlich unbegründeten Beschwerden wird die aufschiebende Wirkung verweigert. In allen anderen Fällen, d.h. wenn die Beschwerde nicht
aussichtslos ist oder Zweifel darüber bestehen, ist eine Interessenabwägung vorzunehmen: Kriterien für den Entscheid, ob die aufschiebende Wirkung gewährt wird, sind
einerseits die Interessen der beschwerdeführenden Partei an der Aufrechterhaltung der
Möglichkeit, den Zuschlag zu erhalten. Anderseits sind die öffentlichen Interessen,
welche die Auftraggeberin wahrnimmt, zu berücksichtigen, wobei dem öffentlichen
Interesse an einer möglichst raschen Umsetzung des Vergabeentscheids ein erhebliches Gewicht zukommt. In die Abwägung miteinzubeziehen sind auch allfällige Interessen Dritter, namentlich der übrigen an einem Beschaffungsgeschäft Beteiligten.
Zugleich besteht ein gewichtiges öffentliches Interesse an der Gewährung effektiven
Rechtsschutzes sowie an der Verhinderung von Vorkehren, welche das Rechtsmittel
illusorisch werden lassen.139
Abs. 4
Wird einer Beschwerde aufschiebende Wirkung erteilt, kann sich das Beschaffungsvorhaben um Monate oder Jahre verzögern. Dadurch können sowohl der Auftraggeberin als auch der Zuschlagsempfängerin, die gewisse Ressourcen vorhalten muss,
Schaden erwachsen. Dieser Schaden kann nach Massgabe des Bundeszivilrechts geltend gemacht werden. Absatz 4 enthält zu diesem Zweck eine Schutznorm, die rechtsmissbräuchliche oder treuwidrige, z. B. rein dilatorische Beschwerden untersagt.
Art. 57
Anwendbares Recht
Das Verfügungs- und Beschwerdeverfahren richtet sich nach den allgemeinen Bestimmungen des VwVG, soweit die Bestimmungen im vorliegenden Gesetz nichts Abweichendes anordnen. Mit Rücksicht auf die Einheit des Verwaltungsverfahrens werden Abweichungen von den allgemeinen Regeln nur dort vorgesehen, wo sie im
Hinblick auf das Vergabeverfahren unbedingt erforderlich sind.
Art. 58
139
86
Beschwerdefrist und Beschwerdegründe
Vgl. BVGer B-4904/2013 vom 29. Oktober 2013, E. 3.
Abs. 1
Art. XVIII:3 GPA 2012 verlangt eine ausreichende Frist für die Vorbereitung und
Einreichung einer Beschwerde. Die Frist muss mindestens zehn Tage ab dem Zeitpunkt betragen, zu dem der Anlass der Beschwerde bekannt ist oder vernünftigerweise
bekannt sein sollte. Der «Anlass für die Beschwerde» erschöpft sich nicht in der Tatsache, dass eine Anbieterin nicht für den Zuschlag berücksichtigt wurde. Vielmehr
wird Kenntnis der wesentlichen Entscheidgründe vorausgesetzt.
Die Länge der Frist wird einerseits begrenzt durch das Beschleunigungsgebot und das
Bestreben, den Beschaffungsvorgang zeitnah abzuschliessen. Anderseits besteht bei
zu kurzer Frist das Risiko unbegründeter «Spontanbeschwerden». Diese lassen sich
durch ein professionelles Debriefing (dessen Organisation und Durchführung ebenfalls ein paar Tage Zeit benötigt) verhindern. In Abwägung aller Umstände scheint
eine Frist von 20 Tagen als angemessen, womit die heutige Regelung (Art. 30 BöB)
übernommen wird.
Abs. 2
Sowohl für das Verfügungs- wie auch für das Beschwerdeverfahren gelten in Vergabesachen keine Gerichtsferien. Damit laufen die Fristen unbesehen allfälliger Sperrzeiten. Dieser Grundsatz hatte bisher nur im Bereich der vorsorglichen Massnahmen
(aufschiebende Wirkung der Beschwerde) allgemeine Geltung. Neu soll er – im Einklang mit zahlreichen kantonalen Regelungen – für das gesamte Verfahren gelten.
Abs. 3 und 4
Im Beschwerdeverfahren sind die Rügen auf Rechtsverletzungen und Ermessensfehler (Über- und Unterschreitung sowie Missbrauch des Ermessens der Auftraggeberin)
beschränkt. Die Unangemessenheit des Zuschlags kann im Beschwerdeverfahren
nicht geltend gemacht werden – womit die Regelung im geltenden Art. 31 BöB beibehalten wird. Ein Zuschlag ist z. B. dann rechtswidrig, wenn eine Anbieterin aus
Gründen ihrer Herkunft nicht berücksichtigt wird. Weiter kann eine dem Gesetz widersprechende Ausschreibung gerügt werden, sei es, dass formale Voraussetzungen
nicht erfüllt sind, sei es, dass eine falsche Gewichtung der Kriterien erfolgt. Die Überprüfung der Angemessenheit des Zuschlags, insbesondere des Bewertungsvorgangs,
ist hingegen (mangels Justiziabilität technischer und wirtschaftlicher Kriterien) nicht
möglich.
Abs. 5
Die einzige Rüge, die im freihändigen Verfahren nach Art. 23 VE-BöB vorgebracht
werden kann, betrifft die Wahl des falschen Verfahrens.
Art. 59
Akteneinsicht
Bei der Frage nach dem Einsichtsrecht in Unterlagen geraten zwei Grundsätze des
Beschaffungsrechts miteinander in Konflikt: Einerseits gefährdet eine zu weit gehende Akteneinsicht den lauteren Wettbewerb und damit die Gleichbehandlung der
Anbieterinnen, anderseits ist eine gewisse Transparenz für einen effektiven Rechtsschutz unabdingbar. Dieser Konflikt wird gelöst, indem je nach Verfahrensstand das
Akteneinsichtsrecht unterschiedlich weit gewährt wird.
Abs. 1
Für das Vergabeverfahren (Verfügungsverfahren) wird das Akteneinsichtsrecht gemäss Art. 26 bis 28 VwVG wie bisher explizit ausgeschlossen. Dies rechtfertigt sich
87
im Hinblick auf die Geschäftsgeheimnisse und den Schutz des wirksamen Anbieterwettbewerbs. Spätestens nach dem Zuschlag kann den Anbieterinnen auf Verlangen
Einsicht in das Offertöffnungsprotokoll gewährt werden.
Abs. 2
Das Akteneinsichtsrecht kommt erst im Beschwerdeverfahren zum Tragen. Es setzt
ein Gesuch der Beschwerdeführerin voraus und beschränkt sich auf die Einsichtnahme in die Bewertung ihres Angebots und in weitere entscheidrelevante Verfahrensakten. Die besondere Interessenlage, die bereits im Verfügungsverfahren bestand,
gilt es auch hier zu beachten. Insbesondere sind Rechte Dritter angemessen und wirksam zu schützen, etwa durch Schwärzung.
Die Einsicht darf auch dann verweigert werden, wenn ein Gesuch sogenannte «verwaltungsinterne Akten» betrifft. Verwaltungsinterne Akten sind Dokumente, denen
in einem Verfahren kein Beweischarakter zukommt, weil sie ausschliesslich der verwaltungsinternen Meinungsbildung dienen und nur für den behördeninternen Gebrauch vorgesehen sind (z. B. Entwürfe, Notizen, Hilfsbelege usw.). Das Bundesverwaltungsgericht hat die Parteimemoranden des Rechtsberaters einer Auftraggeberin
als verwaltungsinterne Akten qualifiziert, wobei es festgehalten hat, dass den Geheimhaltungsinteressen der Auftraggeberin unter Umständen Genüge getan werden kann,
wenn die Akteneinsicht wenigstens bis zur Erledigung des Beschwerdeverfahrens aufgeschoben wird. Gutachten und Berichte zu umstrittenen Sachverhaltsfragen zählen
hingegen nicht zu den verwaltungsinternen Akten.140 Die Praxis betreffend verwaltungsinterne Akten wird in der Lehre kritisiert, insbesondere seit Inkrafttreten des Öffentlichkeitsgesetzes, welches keine Kategorie generell nicht zugänglicher interner
Dokumente kennt. Aufgrund der Besonderheiten des Beschaffungsverfahrens soll
dennoch an dieser Praxis festgehalten werden.
Art. 60
Beschwerdeentscheid
Abs. 1
Das Gericht kann in der Sache selbst entscheiden oder den Streitgegenstand mit verbindlichen Weisungen an die Vorinstanz oder an den Auftraggeber zurückweisen. Es
wird von Fall zu Fall entscheiden müssen, welches Vorgehen sich im betreffenden
Verfahren als geeignet erweist. Leidet ein Entscheid an unheilbaren formellen Mängeln, wird eine Aufhebung und eine Wiederholung der Ausschreibung (von dem Zeitpunkt an, an dem der Fehler seinen Anfang nahm) kaum zu vermeiden sein. Eine Zuschlagserteilung an die Beschwerdeführerin wird nur in liquiden Fällen möglich sein.
Bedarf es zusätzlicher Abklärungen des Sachverhalts, bleibt wiederum nur die Rückweisung.
Abs. 2
Ist der Vertrag abgeschlossen und heisst das Gericht anschliessend die Beschwerde
gut, kann es nur noch die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Verfügung feststellen
(sogenannter Sekundärrechtsschutz). Die Aufhebung des Zuschlags, der bereits durch
einen privatrechtlichen Vertrag konsumiert wurde, führt in diesem Fall nicht zum Ziel.
Dem Verwaltungsrichter beziehungsweise der Verwaltungsrichterin ist ein Eingriff in
den privatrechtlichen Vertrag bereits aus Gründen der Zuständigkeit verwehrt. In ei-
140
88
Vgl. BVGer B-6177/2008 vom 4. Dezember 2008, E. 5.1.
nem solchen Fall bleibt der Beschwerdeführerin lediglich noch die Möglichkeit, Schadenersatz geltend zu machen. Wurde der Vertrag verfrüht geschlossen oder ging dem
Vertragsschluss zu Unrecht keine Ausschreibung bzw. Einladungsverfahren voraus,
kann das Gericht die Auftraggeberin anweisen, den Vertrag (nach Massgabe der darin
enthaltenen Bestimmungen) auf den nächsten Zeitpunkt hin zu kündigen und den Beschaffungsgegenstand ordentlich dem Wettbewerb zu unterstellen.
Abs. 3
Bisher waren Schadenersatzbegehren im Rahmen des Sekundärrechtsschutzes in einem separaten Verfahren nach Massgabe des eidgenössischen Verantwortlichkeitsgesetzes (VG)141 zu verfolgen. Neu erlaubt Abs. 3 der Beschwerdeführerin eine «adhäsionsweise» Beurteilung des Ersatzbegehrens vor der gleichen Instanz. Dadurch
werden Doppelspurigkeiten und unnötige Transaktionskosten vermieden. Voraussetzung dazu bildet, dass das Schadenersatzbegehren liquid ist.
Abs. 4
Die Beschränkung der Ersatzforderung wird beibehalten. Ersetzt werden lediglich die
Offertkosten, d. h. die der Anbieterin im Zusammenhang mit der Vorbereitung und
Einreichung des Angebots erwachsenen Kosten. Dies umfasst nicht das gesamte negative Interesse. Weitere Schadenspositionen können von der Beschwerdeinstanz
nicht zugesprochen werden. Jedoch verfügt eine Anbieterin allenfalls – bei gegebenen
Voraussetzungen – über einen von den Zivilgerichten zu beurteilenden Anspruch aus
culpa in contrahendo.
Art. 61
Revision
Kommt es zu einem Revisionsgesuch, wurde der Vertrag in der Regel bereits geschlossen. Dem Gericht verbleibt somit analog zu Art. 60 Abs. 2 VE-BöB nur noch
die Möglichkeit, die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Verfügung festzustellen.
Auch im Rahmen des Revisionsverfahrens kann daher nur Sekundärrechtsschutz beansprucht werden.
9. Kapitel
Schlussbestimmungen
Art. 62
Vollzug
Die Vorlage enthält eine umfassende Ermächtigung des Bundesrates, unter Beachtung
der massgebenden Staatsverträge (insbesondere GPA, BilatAbk, Freihandelsabkommen) Ausführungsvorschriften zu erlassen. Es steht ihm frei, diese Kompetenz generell dem EFD oder fallweise einem Bundesamt, beispielsweise dem Bundesamt für
Bauten und Logistik, zu übertragen.
Art. 63
Aufhebung und Änderung anderer Erlasse
Abs. 1
Die vorgeschlagene Totalrevision führt zu einer Aufhebung des geltenden BöB.
Abs. 2
Behördenbeschwerderecht
141
Bundesgesetz vom 14. März 1958 über die Verantwortlichkeit des Bundes sowie seiner
Behördemitglieder und Beamten, SR 170.32.
89
Das Bundesgesetz über den Binnenmarkt enthält in Art. 5 BGBM bestimmte Mindestanforderungen an die öffentliche Beschaffung der Kantone und Gemeinden. Gemäss
dieser Bestimmung müssen umfangreiche öffentliche Aufträge öffentlich ausgeschrieben werden und es sind die Grundsätze der Nichtdiskriminierung und der Transparenz einzuhalten. Mit dieser Bestimmung wird gewährleistet, dass ausserkantonale
Anbieterinnen einen gleichberechtigten Zugang zu den kantonalen und kommunalen
Beschaffungsmärkten haben. Zudem enthält das Binnenmarktgesetz in Art. 9 Abs. 1
und 2 BGBM eine Rechtsschutzgarantie und die WEKO ist generell zuständig für die
Überwachung der Einhaltung des BGBM durch Bund, Kantone und Gemeinden. Die
WEKO kann Beschwerde gegen binnenmarktrechtswidrige Verfügungen erheben,
Gutachten erstatten und Empfehlungen abgeben und sie kann vor Bundesgericht angehört werden.
Die materiellen Mindeststandards von Art. 5 BGBM werden bereits durch die revidierte IVöB (IVöB 2015) gewährleistet. Aus diesem Grund können die binnenmarktrechtlichen Mindeststandards im Bereich der öffentlichen Beschaffung in Bezug auf
diejenigen Kantone, die der IVöB 2015 beitreten, im BGBM aufgehoben werden. Für
Kantone, die nicht Mitglied der IVöB 2015 sind, gelten die binnenmarktrechtlichen
Mindeststandards im Bereich der öffentlichen Beschaffung weiter (Art. 5 BGBM).
Der Rechtsschutz im Bereich der öffentlichen Beschaffung besteht in Kantonen, die
der IVöB 2015 beitreten, einheitlich ab einem Auftragswert von 150 000 Franken.
Der binnenmarktrechtliche Rechtsschutz im Bereich der öffentlichen Beschaffung
(Art. 9 Abs. 2 BGBM) wird deshalb für Konkordatskantone aufgehoben. Für die übrigen Kantone gilt der heutige binnenmarktrechtliche Rechtsschutz vorbehältlich der
bundesgerichtlichen Rechtsprechung weiterhin für alle öffentlichen Beschaffungen,
unabhängig vom Auftragswert (Art. 9 Abs. 2 BGBM).
Die binnenmarktrechtliche Aufsichtsfunktion der WEKO im Bereich der kantonalen
und kommunalen Beschaffung wird beibehalten. Zur Gewährleistung des funktionierenden Binnenmarkts soll die WEKO auch im Bereich der kantonalen und kommunalen Beschaffung weiterhin Empfehlungen und Gutachten erstatten, vor Bundesgericht
angehört werden sowie Beschwerde führen können. Nachdem die binnenmarktrechtlichen Mindeststandards im Bereich der öffentlichen Beschaffung im BGBM aufgehoben (Art. 5 BGBM) und ausschliesslich in der IVöB 2015 verankert werden, sind
die genannten Aufsichtsinstrumente der WEKO für diejenigen Kantone, die der IVöB
2015 beitreten, auf die Überwachung der Einhaltung der IVöB 2015 zu übertragen.
Zu diesem Zweck wird in Art. 8 Abs. 1 und 2, Art. 9 Abs. 2bis und Art. 10 Abs. 1
BGBM neu auf die IVöB 2015 verwiesen.
Vernehmlassung zum VE-BöB und Vernehmlassung zum Entwurf der revidierten IVöB
(E-IVöB)
Wie zwischen Bund und Kantonen vereinbart, wird die Vernehmlassung zum VEBöB – aufgrund der Ergebnisse der erfolgreichen Harmonisierung der Beschaffungserlasse im Rahmen der Arbeitsgruppe AURORA – mit grundsätzlich der gleichen
Vorlage durchgeführt, welche die Kantone in die Vernehmlassung geschickt haben.
Mit Bezug auf das Behördenbeschwerderecht der WEKO enthält der vorliegende Vorentwurf des Bundes entsprechend dem Entscheid des Bundesrates indessen eine Abweichung gegenüber der Vernehmlassung der Kantone zum E-IVöB.
In der Vernehmlassung zum E-IVöB wurde eine Regelung des Behördenbeschwerderechts in der IVöB (und nicht im BGBM) unterbreitet, und zwar mit zwei Varianten:
90
Beschwerdeerhebung durch das InöB oder die WEKO.142 Der vorliegende Vorentwurf des Bundes entspricht demgegenüber der heutigen Regelung, wonach das Behördenbeschwerderecht der WEKO im BGBM verankert bleibt. Für die Durchsetzung
des Beschwerderechts ist zwingend notwendig, dass es durch eine unabhängige Behörde ausgeübt wird und im Bundesrecht verankert bleibt. Nur damit werden die freie
Ausübung des Beschwerderechts gegenüber kantonalen und kommunalen Vergabestellen und eine Kontinuität der bestehenden Regelung gewährleistet. Die WEKO ist
als ausserparlamentarische Kommission und von den Vergabestellen und Anbieterinnen unabhängige Behörde am besten geeignet, das Beschwerderecht auszuüben. Mit
dieser Lösung ist zudem Art. 89 Abs. 2 Bst. d BGG Rechnung getragen, gemäss welchem eine Behörde nur dann zur Beschwerde vor Bundesgericht legitimiert ist, wenn
das Beschwerderecht in einem Bundesgesetz vorgesehen ist. Das Beschwerderecht
der WEKO soll weiterhin dazu dienen, beschaffungsrechtliche Fragen des Binnenmarkts wie den interkantonalen Marktzutritt und die Diskriminierung ortsfremder Anbieterinnen gerichtlich zu klären.
Abs. 3
Dieses Gesetz regelt die Kompetenz zur Beurteilung von Beschwerden gegen Beschaffungsentscheide von nationalen Gerichten. Dies führt zu einer Änderung von
Art. 83 Bst. f BGG.
Art. 64
Übergangsrecht
Abs. 1
Ein Beschaffungsverfahren dauert in der Regel längere Zeit. Aus Praktikabilitätsgründen soll bei Beschaffungen, die vor Inkrafttreten des Gesetzes öffentlich ausgeschrieben oder vergeben wurden, das anwendbare Recht nicht ändern. Das neue Recht ist
somit erst auf Beschaffungsverfahren anwendbar, in denen nach seinem Inkrafttreten
eine öffentliche Ausschreibung erfolgt. In Fällen, in denen nicht öffentlich ausgeschrieben wird (z. B. in einem Einladungsverfahren oder freihändigen Verfahren) ist
der Zeitpunkt der Auftragsvergabe der Anknüpfungspunkt zur Bestimmung des anwendbaren Rechts. Massgebend ist der Zeitpunkt der Zuschlagspublikation oder individuellen Zustellung gemäss Art. 53 VE-BöB.
Das revidierte Gesetz ist somit anwendbar auf Zusatz- und Folgeaufträge, die nach
seinem Inkrafttreten öffentlich ausgeschrieben oder vergeben werden. Dies gilt auch,
wenn die Vergabe des ursprünglichen Auftrags nach altem Recht erfolgt ist.
Auch beim Abschluss von Rahmenverträgen ist der Moment der Ausschreibung – und
falls diese fehlt, des publizierten Zuschlags – massgebend. Das Vergabeverfahren gilt
mit dem Zuschlag für den Rahmenvertrag als abgeschlossen; der Bezug der einzelnen
Leistungen erfolgt gemäss den Vorgaben des Obligationenrechts.
Sollte in einem Verfahren ohne Ausschreibung noch vor dem Zuschlag, aber erst nach
Inkrafttreten des neuen Gesetzes ein Entscheid auf Ausschluss oder Abbruch getroffen werden, müsste dieser Entscheid nach altem Recht angefochten werden.
Art. 65
142
Referendum und Inkrafttreten
Vgl. den E-IVöB und die Erläuterungen dazu. Abrufbar unter www.bpuk.ch/bpuk/konkordate/ivoeb/e-ivoeb (Stand: 5. März 2015).
91
Gegen das Gesetz kann das fakultative Referendum ergriffen werden (Abs. 1). Die
Revisionsverhandlungen zum GPA wurden im März 2012 abgeschlossen. In der Regel werden internationale Abkommen innert eines Jahres, spätestens jedoch innerhalb
von 24 Monaten in Landesrecht umgesetzt. Allerdings nimmt die mit der Umsetzung
des GPA 2012 angestrebte parallele Harmonisierung der nationalen Beschaffungserlasse ebenfalls Zeit in Anspruch. Der Bundesrat wird entscheiden, wann der Erlass in
Kraft tritt (Abs. 2).
3
Auswirkungen
3.1
Finanzielle und personelle Auswirkungen auf den
Bund
Der Umfang der finanziellen Auswirkungen der Vorlage auf die Bundesfinanzen und
den Personalbedarf lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt nicht genau abschätzen. Es ist
zu vermuten, dass auf Seite des Bundes mit höheren Kosten und Mehraufwand gerechnet werden muss.
Vor allem nach Inkrafttreten des revidierten Gesetzes bzw. in dessen Initialphase ist
mit einem erhöhten Aufwand sämtlicher betroffener Stellen zu rechnen (Beratung,
Schulung, Umsetzung, Rechtsprechung etc.). Die Kürzung der generellen Maximalfrist für Rahmenverträge von fünf auf künftig vier Jahre (Art. 29 VE-BöB) wird
bei den betroffenen Stellen zu einem Mehraufwand von rund 20 Prozent und damit zu
höheren Kosten führen. Auch die Realisierung der auf Verordnungsstufe vorgeschlagenen Massnahmen zur Förderung sprachlicher Minderheiten sowie der Ausbau des
Rechtsschutzes werden – über die Initialphase hinaus – zusätzlichen Aufwand sowie
Mehrkosten in der Verwaltung und bei den zuständigen Gerichten mit sich bringen.
Dem werden jedoch ein (durch den verstärkten Anbieterwettbewerb indizierter) erhöhter Nutzen sowie eine steigende Qualität der zu beschaffenden Produkte und
Dienstleistungen gegenübergestellt.
Um die Auswirkungen der Revision auf Verwaltung und Wirtschaft eingehend abzuklären, wird gegenwärtig eine Studie zur Abschätzung der Regulierungsfolgen (Regulierungsfolgenabschätzung; RFA) durchgeführt.
3.1.1
Auswirkungen auf die Volkswirtschaft
Das öffentliche Beschaffungsrecht regelt ein beträchtliches Segment der schweizerischen Volkswirtschaft: Im Jahr 2004 wendeten Gemeinden, Kantone und der Bund
rund 34 Milliarden Franken für die Beschaffung von Bauten, Gütern und Dienstleistungen auf, was etwa 25 Prozent der gesamten Staatsausgaben und 8 Prozent des Bruttoinlandprodukts entspricht. Gegenwärtig wird die Gesamtsumme von Zahlungen im
Zusammenhang mit dem öffentlichen Beschaffungswesen in der Schweiz auf etwa
41,7 Milliarden Franken pro Jahr geschätzt.143
Im Jahr 2013 beschaffte allein die zentrale Bundesverwaltung Güter und Dienstleistungen im Wert von 5.3 Millliarden Franken.144 Aus diesen Zahlen lässt sich ableiten,
143
144
92
Vgl. Stöckli/Beyeler, Das Vergaberecht der Schweiz, Zürich, 2012. S. 1.
Vgl. Faktenblatt BBL betreffend «Beschaffungszahlungen 2013». Abrufbar unter:
https://www.bkb.admin.ch/bkb/de/home/oeffentliches-beschaffungswesen/statistik-beschaffungszahlungen.html (Stand: 9. März 2015).
dass die Ausgestaltung des Beschaffungsrechts einen wichtigen Faktor für den Wirtschaftsstandort der Schweiz darstellt:
Die Angleichung des Beschaffungsrechts von Bund und Kantonen erhöht die Orientierungssicherheit bei den Anbieterinnen und kann bei den betroffenen Unternehmen
zu einer Kostenreduktion führen, insbesondere bei der Informationsbeschaffung. Mit
der unternehmensübergreifenden elektronischen Abwicklung des gesamten Beschaffungsablaufs – von der Bedarfsmeldung bis zur Fakturierung – sind ebenfalls betriebsinterne und volkswirtschaftliche Sparpotenziale verbunden.
Der rechtssichere Einsatz moderner Informationstechnologien im öffentlichen Beschaffungswesen trägt indirekt zur Technologieförderung bei.
Zu den Zwecken des BöB gehört die Liberalisierung der öffentlichen Beschaffungsmärkte (Präambel GPA 2012). Mit der Vorlage wird somit ein Fundament der Wirtschaftsordnung bekräftigt und aufgrund der gleichzeitigen Stärkung der Transparenz
der Zugang zum öffentlichen Beschaffungsmarkt erleichtert und so ganz generell der
Wettbewerb gefördert.
3.1.2
Auswirkungen auf die Umwelt
Die im GPA 2012 neu statuierte Berücksichtigung der Nachhaltigkeit, insbesondere
in Bezug auf ihren ökologischen Aspekt, wurde in der Schweiz bereits im 2010 auf
Verordnungsstufe eingeführt. Die konsequente und kontinuierliche Berücksichtigung
von Umweltaspekten bei Beschaffungen kann langfristig einen Beitrag zum Schutz
der Natur und der Umwelt leisten. Dies ist eine wichtige Voraussetzung, um den Wettbewerb auch künftig zu ermöglichen und spielen zu lassen, und kommt letztlich auch
der Gesellschaft als Ganzes zugute.
4
Verhältnis zur Legislaturplanung
Die Vorlage ist in der Botschaft zur Legislaturplanung 2011-2015145 angekündigt sowie unter Ziel 2 der bundesrätlichen Ziele 2015 erwähnt.
5
Rechtliche Aspekte
5.1
Verfassungsmässigkeit
Die Rechtsetzungskompetenz des Bundes auf dem Gebiet des öffentlichen Beschaffungswesens leitet sich aus verschiedenen Bestimmungen der Bundesverfassung ab:
Formale Verfassungsgrundlage ist Art. 173 Abs. 2 BV. Die Kompetenz zum Erlass
von die Bundesbehörden und öffentliche Unternehmungen bindenden Vorschriften
ergibt sich aus der Organisationskompetenz (Art. 164 Abs. 1 Bst. g BV). In Einzelfragen existiert zudem eine explizit geregelte Bundeskompetenz (Art. 65 BV betreffend Führung einer gesamtschweizerischen Beschaffungsstatistik sowie Art. 63 Abs.
1 BV betreffend Berufsbildung).
145
BBl 2012 607
93
5.2
Rechtsvergleich
Im öffentlichen Beschaffungswesen existieren zahlreiche internationale Abkommen,
allen voran das GPA und das Bilaterale Abkommen mit der EU. Daher gilt es grundsätzlich, den so genannten Staatsvertragsbereich vom weiteren Anwendungsbereich
des innerstaatlichen Beschaffungsrechts zu unterscheiden. Im Staatsvertragsbereich –
gemeint sind die internationalen Verpflichtungen der Schweiz im Zusammenhang mit
dem öffentlichen Beschaffungswesen – gilt der Vorrang des Völkerrechts. Eine autonome Umsetzung oder Auslegung der völkerrechtlichen Vorgaben ist nur, aber immerhin soweit möglich, als der jeweilige Staatsvertrag dies erlaubt.
Das GPA gibt Grundsätze vor und konkretisiert diese zum Teil sehr detailliert. Die
nationalen Beschaffungsgesetze der Mitgliedstaaten unterscheiden sich in der Regel
nur in denjenigen Punkten, die das GPA bewusst offen gelassen oder deren Regelung
es an die Mitgliedsstaaten delegiert hat. Der Vergleich mit den Rechtserlassen verschiedener Industriestaaten ergab vielfältige Impulse für den vorliegenden Gesetzesentwurf.
Das GPA 2012 und damit das schweizerische Beschaffungsrecht sind zudem stark
von den Richtlinien der EU geprägt: Bereits die Richtlinien 2004/18/EG146,
93/38/EWG147 und 2004/17/EG148 hatten zumindest indirekt einen Einfluss auf das
Vergaberecht in der Schweiz.149 Im Dezember 2011 entschied die EU, dass angesichts
der wirtschaftlichen, sozialen und politischen Entwicklung eine Revision ihrer Beschaffungsregeln angebracht sei. Ziel der Revision war einerseits eine vereinfachte
und praxisgerechtere Regelung. Anderseits sollten damit Voraussetzungen für öffentliche Beschaffungen zum besten Preis-Leistungs-Verhältnis und unter Achtung der
Transparenz- und Wettbewerbsgrundsätze geschaffen und das revidierte GPA umgesetzt werden. Die Richtlinien 2014/23/EU150, 2014/24/EU151 und 2014/25/EU152 traten am 17. April 2014 in Kraft und müssen von den Mitgliedstaaten bis April 2016 in
nationales Recht umgesetzt werden (mit Ausnahme der elektronischen Auftragsvergabe, die bis September 2018 einzuführen ist).
146
147
148
149
150
151
152
94
Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 1991
über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge, ABl. der EU L 134 vom 30. April 2004, S. 114.
Richtlinie 93/38/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 zur Koordinierung der Auftragsvergabe durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung
sowie im Telekommunikationssektor, ABl. der EU L199 vom 9. August 1993, S. 84.
Richtlinie 2004/17/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004
zur Koordinierung der Zuschlagserteilung durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-,
Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste, ABl. der EU L 134 vom 30. April 2004, S. 1.
Vgl. BKB/Marco Fetz, Das EG-Vergaberecht: Einzelne Neuerungen. Darstellung und
erste Analyse der Stärken und Schwächen. Bern, 2004.
Richtlinie 2014/23/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014
über die Konzessionsvergabe, ABl. der EU L 094 vom 28. März 2014, S. 1.
Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014
über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG, ABl.
der EU L 094 vom 28. März 2014, S. 65.
Richtlinie 2014/25/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014
über die Vergabe von Aufträgen durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energieund Verkehrsversorgung sowie der Postdienste und zur Aufhebung der Richtlinie
2004/17/EG, ABl. der EU L 094 vom 28. März 2014, S. 243.
Die neue Richtlinie 2014/24/EU soll den Vergabestellen unter anderem ermöglichen,
die öffentliche Auftragsvergabe verstärkt zur Unterstützung gemeinsamer gesellschaftlicher Ziele zu nutzen und bei öffentlichen Vergabeverfahren ökologische und
soziale Kriterien zu berücksichtigen.
5.3
Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen
der Schweiz
Das BöB dient der Umsetzung der Verpflichtungen der Schweiz aus dem GPA, dem
bilateralen Abkommen mit der EU, den EFTA-Übereinkommen und weiteren Freihandelsabkommen in nationales Recht. Ein gemeinsames Ziel dieser Staatsverträge
ist eine international einheitliche Handhabung von Beschaffungsverfahren. Die
Staatsverträge legen deshalb die Grundsätze wie Nicht-Diskriminierung, Transparenz, wirtschaftliche Verwendung öffentlicher Gelder sowie den Ablauf und die Definitionen von Beschaffungsverfahren fest. Hauptsächlich geht es in der Revision darum, die staatsvertraglichen Vorgaben des GPA 2012 in nationales Recht umzusetzen.
Wie gross der verbleibende Handlungsspielraum für autonomes nationales Recht im
Einzelfall ist, ergibt sich aus den Erläuterungen zu den jeweiligen Gesetzesbestimmungen.
5.4
Erlassform
Mit dieser Vorlage wird den eidgenössischen Räten die Änderung eines Bundesgesetzes vorgeschlagen. Bundesgesetze unterstehen gemäss Art. 141 Abs. 1 Bst. a BV dem
fakultativen Referendum.
6
Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen
Der Gesetzesentwurf sieht keine neuen Rechtsetzungsdelegationen an den Bundesrat
vor. Bereits unter dem geltenden Recht bestehende Rechtsetzungsdelegationen sind
neu in Art. 7 Abs. 3, Art. 10 Abs. 2, Art. 24 Abs. 2 VE-BöB enthalten. Bei Art. 10
Abs. 2 VE-BöB handelt es sich um eine Delegationsnorm, die eine zügige Anpassung
der Schwellenwerte ermöglicht. Der Bundesrat wird somit auch nach der Revision des
BöB befugt sein, die Schwellenwerte gemäss den völkerrechtlichen Vorgaben auf
Verordnungsstufe festzulegen.
Art. 62 Abs. 1 VE-BöB ermächtigt den Bundesrat in genereller Weise zum Erlass von
Ausführungsbestimmungen. Je nach Regelungsbereich wird diese Rechtssetzungskompetenz dem für das Beschaffungswesen zuständigen Bundesamt übertragen.
Diese Delegationen rechtfertigen sich im Interesse einer schlanken Gesetzesregelung
und im Hinblick darauf, dass die konkrete Umsetzung flexibel auf die Erfahrungen
beim Vollzug abgestimmt werden soll.
7
Umsetzung
Soweit erforderlich, erfolgt die Umsetzung auf Bundesebene mittels Ausführungsbestimmungen in einer Verordnung, die für sämtliche dem Bundesrecht unterstellte Auftraggeberinnen gilt. Der Entwurf dieser Verordnung ist namentlich aufgrund der Integration diverser Bestimmungen ins Gesetz weniger umfangreich als die heute
geltende VöB. Nebst Ausführungen zur Nachhaltigkeit, zum Vergabeverfahren sowie
95
zum mit dem Vorentwurf eingeführten «einfachen und raschen Verfahren», zur Statistik und zur Rechtswahl nach Art. 5 VE-BöB, beinhaltet er im Wesentlichen Bestimmungen betreffend die Befreiung von der Unterstellung unter das öffentliche Beschaffungsrecht, Massnahmen zur Verhinderung von Korruption sowie Anordnungen
zum Planungs- und Gesamtleistungswettbewerb.
96
Anhang I: Übersicht über direkt oder indirekt beschaffungsrelevante
Bundeserlasse
Bundesgesetz vom 16. Dezember 1994 über das öffentliche Beschaffungswesen
(BöB; SR 172.056.1)
Verordnung vom 11. Dezember 1995 über das öffentliche Beschaffungswesen
(VöB; SR 172.056.11)
Verordnung vom 14. Dezember 1998 über das Immobilienmanagement und die Logistik des Bundes (VILB; 172.010.21)
Verordnung vom 24. Oktober 2012 über die Organisation des öffentlichen Beschaffungswesens der Bundesverwaltung (Org-VöB; SR 172.056.15)
Verordnung des WBF vom 2. Dezember 2013 über die Anpassung der Schwellenwerte im öffentlichen Beschaffungswesen für die Jahre 2014 und 2015 (SR
172.056.12)
Verordnung vom 9. Dezember 2014 über die Informatik und Telekommunikation in
der Bundesverwaltung (Bundesinformatikverordnung, BinfV; SR 172.010.58)
Verordnung des UVEK vom 18. Juli 2002 über die Nichtunterstellung unter das öffentliche Beschaffungswesen (SR 172.056.111)
Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über Massnahmen zur Bekämpfung der Schwarzarbeit (BGSA; SR 822.41 Bundesgesetz gegen die Schwarzarbeit)
Bundesgesetz vom 8. März 1960 über die Nationalstrassen (NSG; SR 725.11)
Verordnung vom 7. November 2007 über die Nationalstrassen (NSV; SR 725.111)
Bundesgesetz vom 4. Oktober 1991 über den Bau der schweizerischen Eisenbahnalpentransversale (ATB; SR 742.104)
Verordnung vom 28. Februar 2001 über den Bau der schweizerischen Eisenbahnalpentransversale (AtraV; SR 742.104.1)
Bundesgesetz vom 19. Dezember 1986 über den unlauteren Wettbewerb (UWG; SR
241)
Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (VwVG; SR
172.021)
97
Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über den Binnenmarkt (BGBM; SR 943.02)
Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über die technischen Handelshemmnisse (THG;
SR 946.51)
Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (KG; SR 251)
Bundesgesetz vom 7. Oktober 2005 über den eidgenössischen Finanzhaushalt (FHG;
SR 611.0)
Finanzhaushaltverordnung vom 5. April 2006 (FHV; SR 611.01)
Eisenbahngesetz vom 20. Dezember 1957 (EBG; SR 742.101)
Verordnung vom 18. Dezember 1995 über Abgeltungen, Darlehen und Finanzhilfen
nach Eisenbahngesetz (ADFV; SR 742.101.1)
Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz vom 21. März 1997 (RVOG; SR
172.010)
Regierungs- und Verwaltungsorganisationsverordnung vom 25. November 1998
(RVOV; SR 172.010.1)
Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz,
BGG; SR 173.110)
Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesverwaltungsgericht (Verwaltungsgerichtsgesetz, VGG; SR 173.32)
98
Eidgenössisches Finanzdepartement EFD
Bundesamt für Bauten und Logistik BBL
Beschaffungskonferenz des Bundes
1. April 2015
Erläuternder Bericht
zur Revision der Verordnung über das öffentliche
Beschaffungswesen (VE-VöB)
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
4 2 Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln
5 Art. 3 Nachhaltigkeit
5 Art. 4 Anwendbares Recht
5 Art. 5 Gegenrecht
5 Art. 6 Geltungsbereich
5 Art. 7-10 Antrag / Anhörung / Befreiung von der Unterstellung / Feststellungsverfügungen
6 Art. 11 Massnahmen gegen Korruption
6 Art. 12 Einhaltung der Arbeitsschutzbestimmungen, der Arbeitsbedingungen und der Lohngleichheit von Frau und Mann
7 Art. 13 und 14 Einsichtsrecht und Preisprüfung
8 Art. 16 Einladungsverfahren
8 Art. 17 Freihändiges Verfahren
9 Art. 18 Leistungsbeschreibung
9 Art. 19 Inhalt der Ausschreibungsunterlagen
9 Art. 20 Rechtsform von Bietergemeinschaften
9 Art. 21 Eingaben der Anbieterinnen
10 Art. 23 Authentifizierung bei elektronischer Auktion
10 Art. 24 Dialog
10 Art. 25 Dokumentation
11 Art. 26 Debriefing
11 Art. 27 Vertragsschluss
11 Art. 29 Vergütungsanspruch der Anbieterinnen
12 Art. 30 Immaterialgüterrechte
12 Art. 31 Liste der sanktionierten Anbieterinnen
12 Art. 32 Veröffentlichungen
12 Art. 52 Anwendungsbereich
13 Art. 54 Fristen
13 Art. 55 Instruktionsverhandlung
13 Art. 60 Finanzierung und Vergütungen
13 Art. 63 Aufhebung und Änderung bisherigen Rechts
14 3 Erläuterungen zu den Anhängen
14 Anhang 1 Nachweise
14 Anhang 2 Mindestangaben in einer Ausschreibung eines Wettbewerbs
14 Anhang 3 Von der Unterstellung befreite Bereiche und Teilbereiche
14 2
3
1 Einleitung
Die Revision des Übereinkommens der Welthandelsorganisation (WTO) über das öffentliche
Beschaffungswesen (GPA; SR 0.632.231.422), auf dem das Bundesgesetz über das öffentliche Beschaffungswesen (BöB; SR 172.056.1) beruht, ist mittlerweile abgeschlossen. Die
Verordnung über das öffentliche Beschaffungswesen (VöB; SR 172.056.11) wurde bereits
mehrfach revidiert. Die Totalrevision des Gesetzes bedingt nun eine erneute Revision der
VöB. Um eine stufengerechte Ordnung zu schaffen, wurden in diesem Rahmen Bestimmungen von der VöB in das BöB integriert. Zudem soll die VöB an die neue Struktur des Gesetzes
angepasst und ihre Lesbarkeit verbessert werden. Eine Totalrevision erweist sich deshalb
als erforderlich.
Die Verordnung soll zusammen mit dem neuen BöB in Kraft treten.
Vorliegend werden nur neue und geänderte Bestimmungen der Verordnung erläutert. Wo
das revidierte BöB nicht zu einer Änderung der VöB führte, wurden die bisherigen Bestimmungen, die sich bewährt haben, beibehalten.
Der Grundsatz des VE-BöB (Art. 3) gilt auch für den VE-VöB. Demnach sind die Bestimmungen auf öffentliche Aufträge der unterstellten Auftraggeberinnen innerhalb und ausserhalb
des Staatsvertragsbereichs anwendbar, sofern keine abweichenden Regelungen gelten.
4
2 Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln1
1. Kapitel: Allgemeine Bestimmungen
Art. 3
Nachhaltigkeit
Die Berücksichtigung der Nachhaltigkeit beim wirtschaftlichen Einsatz der öffentlichen Mittel
ist im VE-BöB im Zweckartikel (Art. 1 Bst. a) aufgeführt. Die Nachhaltigkeit wird in Artikel 33
Absatz 1 VE-BöB auch als mögliches Zuschlagskriterium genannt. Bei der Beurteilung, ob
eine Beschaffung den Anforderungen der Nachhaltigkeit genügt, muss der gesamte Lebensweg beachtet werden.
Es ist Aufgabe der Beschaffungskonferenz des Bundes (BKB), die nachhaltige Beschaffung
zu fördern. Der Bundesrat will Waren, Dienstleistungen und Bauleistungen beschaffen, die
über ihren gesamten Lebensweg hohe wirtschaftliche, ökologische und soziale Anforderungen erfüllen. Die Reihenfolge, in der die drei Dimensionen der Nachhaltigkeit aufgeführt sind
(Wirtschaftlichkeit, Ökologie und Soziales), ist kein Hinweis auf deren Bedeutung. Diese Bestimmung darf nicht zur Rechtfertigung von Protektionismus und der Diskriminierung ausländischer Anbieterinnen dienen.
Art. 4
Anwendbares Recht
Gemäss dem neuen Artikel 5 Absatz 3 VE-BöB können mehrere an einer Beschaffung beteiligte und einem unterschiedlichen Recht unterstellte Auftraggeberinnen wählen, welchem
Recht einer beteiligten Auftraggeberin das Beschaffungsverfahren unterstellt werden soll. Es
scheint sinnvoll, dieses Recht nicht fallweise, sondern für eine bestimmte Dauer zu wählen.
Das gewählte Recht (Bundes- oder kantonales Recht) muss gemäss Öffentlichkeitsprinzip
bei allen Ausschreibungen bekanntgegeben werden.
Nach Artikel 5 Absatz 4 VE-BöB können künftig auch private oder öffentliche Unternehmen
mit ausschliesslichen oder besonderen Rechten wählen, ob sie ihre Beschaffungen dem
Recht an ihrem Sitz oder dem Bundesrecht unterstellen. Für die Dauer und die Bekanntmachung gelten die obgenannten Grundsätze.
Art. 5
Gegenrecht
Das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) ist im Namen des Bundesrats für die Freihandelsabkommen zuständig. Es führt eine aktuelle Liste der Staaten, die Gegenrecht gewähren.
Da gemäss Gesetz (Art. 6 VE-BöB) auch Angebote von Anbieterinnen in/aus Staaten zulässig sind, die kein Vertragsstaat des GPA sind, aber Gegenrecht gewähren, können die Anbieterinnen und die Auftraggeberinnen durch die Liste Auskunft erlangen, inwieweit ein Staat
Gegenrecht gewährt.
2. Kapitel: Befreiung von der Unterstellung unter das öffentliche Beschaffungsrecht
Art. 6
Geltungsbereich
Die Befreiungsmöglichkeiten werden gemäss Annex 3 zu Anhang I GPA, der die Beschaffungsstellen nach dem GPA bestimmt, auf Auftraggeberinnen mit einer Tätigkeit nach Artikel 4 Absatz 2 VE-BöB ausgedehnt.
1
Originalfassung: Französisch.
5
Art. 7-10
Antrag / Anhörung / Befreiung von der Unterstellung / Feststellungsverfügungen
Diese Artikel übernehmen den Wortlaut der Verordnung des UVEK vom 18. Juli 2002 (SR
172.056.111) über die Nichtunterstellung unter das öffentliche Beschaffungsrecht mit einer
Änderung: Die vorliegende Verordnung sieht vor, dass das Interkantonale Organ für das öffentliche Beschaffungswesen (InöB) einen Antrag auf Befreiung von der Unterstellung einreichen kann (Art. 8 Abs. 1).
3. Kapitel: Allgemeine Grundsätze
Art. 11
Massnahmen gegen Korruption
In diesem Artikel sind Beispiele geeigneter Massnahmen aufgeführt. Es handelt sich nicht
um eine abschliessende Liste. Nebst der erwähnten verwaltungsinternen Massnahmen kann
die Auftraggeberin zur Verhinderung und Bekämpfung von Korruption auch in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen entsprechende Klauseln vorsehen sowie im Beschaffungsvertrag mit der Zuschlagsempfängerin vereinbaren (etwa Integritätsklauseln, Konventionalstrafen, Massnahmen zur Sicherstellung rechtskonformer Geschäftsprozesse). Die Auftraggeberin kann im Vertrag mit der Zuschlagsempfängerin die Pflicht zur Überbindung dieser
Massnahmen auf deren Subunternehmerinnen vorsehen.
Das Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Korruption vom 31. Oktober 2003
(SR 0.311.56) ist für die Schweiz seit dem 24. Oktober 2009 in Kraft. Wie weitere völkerrechtliche Verträge, denen die Schweiz beigetreten ist (Übereinkommen der OECD über die
Bekämpfung der Bestechung ausländischer Amtsträger im internationalen Geschäftsverkehr,
Strafrechtsübereinkommen des Europarates über Korruption und Zusatzprotokoll), verpflichtet es die Vertragsstaaten, geeignete Massnahmen gegen Korruption zu treffen. Die Schweiz
hat in dieser Hinsicht bereits die Straftatbestände gegen Korruption in- und ausländischer
Amtsträger und von Privatpersonen neu gestaltet. Diese Vorgaben werden zum jetzigen Zeitpunkt als ausreichend gegen Korruption im Beschaffungswesen erachtet.
Bst. a:
Ein besonderes Interesse, das zu einem Interessenkonflikt bei der Vergabe führen kann, liegt
etwa dann vor, wenn ein Angebot einer Anbieterin eingeht, zu welcher die Mitarbeitenden
der Auftraggeberin eine besondere Beziehungsnähe haben. Darunter fallen zum Beispiel
enge aktuelle oder frühere (private) Geschäftsbeziehungen (z.B. Kundenbeziehung, strategische Partnerschaft, Beteiligungsform, Anstellungsverhältnis), Partnerschaft (Ehe, eheähnliche Gemeinschaften), Verwandtschaft oder Schwägerschaft, ein wirtschaftliches oder anderes Abhängigkeitsverhältnis oder mehrjährige militärische Kameradschaft. In einem solchen Fall haben die Mitarbeitenden umgehend ihre Vorgesetzten zu informieren.
Bst. b:
Die Auftraggeberin kann durch die Offenlegung der Interessen für eine Beschaffung jeweils
die Mitarbeitenden einsetzen, die am besten geeignet sind, die Angebote neutral und ohne
persönliche Interessen zu beurteilen.
Mitarbeitende, die in Beschaffungen involviert sind, haben deshalb periodisch schriftlich zu
erklären, dass sie keine privaten Verbindungen zu offerierenden Anbieterinnen haben (Unbefangenheitserklärung). Diese Unbefangenheitserklärung bewirkt eine weitere Sensibilisierung der Mitarbeitenden und stellt eine Massnahme zur Korruptionsprävention dar. Sie wird
in der Bundesverwaltung schon heute verlangt. Neue Mitarbeitende von Beschaffungsstellen
unterzeichnen die Unbefangenheitserklärung in der Regel bereits bei ihrer Anstellung.
6
Analog dazu sind auch Dritte, die von Beschaffungsstellen beispielsweise zur Ausarbeitung
von Ausschreibungsunterlagen oder zur Auswertung von Angeboten beigezogen werden,
mittels Unbefangenheitserklärung an ihre Pflicht zu erinnern, ihre Interessenbindungen offenzulegen.
Die Unbefangenheitserklärung kann allgemeiner Natur sein oder sich auf ein besonderes
Projekt beziehen.
Bst. c:
Die Auftraggeberinnen machen alle im Beschaffungswesen involvierten Mitarbeitenden regelmässig auf die Bestimmungen des Bundespersonalgesetzes vom 24. März 2000
(SR 172.220.1), den Verhaltenskodex der Bundesverwaltung und die übrigen diesbezüglich
geltenden Bestimmungen aufmerksam.
Art. 12
Einhaltung der Arbeitsschutzbestimmungen, der Arbeitsbedingungen und
der Lohngleichheit von Frau und Mann
Abs. 1
Das Einhalten der Arbeitsschutzbestimmungen, der Arbeitsbedingungen sowie der Lohngleichheit von Frau und Mann ist eine zeitlich unbeschränkte Auflage, die sowohl vor der
Vergabe als auch während der Ausführung des Auftrags gilt, da die Einhaltung bei eigens für
den betreffenden Auftrag eingestellten Mitarbeitenden nicht bereits im Vorfeld kontrolliert
werden kann.
Die Auftraggeberin bestimmt, welche Nachweise (z.B. Selbstdeklaration, Logib-Selbsttest
etc.) einzureichen sind. Weitere Möglichkeiten, um die Einhaltung der Lohngleichheit nachzuweisen, sind Gegenstand einer laufenden parlamentarischen Initiative (14.4307 Motion
Moret: Anbieter im öffentlichen Beschaffungswesen: Einhaltung der Lohngleichheit nachwei2
sen). Die Empfehlungen der BKB zur nachhaltigen Beschaffung enthalten ebenfalls diesbezügliche Angaben, insbesondere für ausländische Anbieterinnen. Kontrollen durch die Behörden werden dadurch aber in keiner Weise eingeschränkt. Der Nachweis kann von der
Auftraggeberin und während der Vertragserfüllung auch von der Bedarfsstelle verlangt werden.
Die Kontrolle, ob die genannten Bestimmungen eingehalten werden, kann auch nach Vollendung der vertraglichen Pflichten durchgeführt werden. So kann beispielsweise eine Anbieterin bezüglich ihrer Angaben zur Einhaltung der Lohngleichheit zwischen Frau und Mann
auch nach erbrachter Leistung kontrolliert werden. Die Kontrolle wird sich jedoch in der Regel
auf den Zeitraum beziehen, in welchem das Beschaffungsverfahren durchgeführt und der
Vertrag erfüllt wurde.
Abs. 2
Gemäss VE-BöB sind für im Ausland erbrachte Leistungen mindestens die Kernübereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) einzuhalten (Art. 14 Abs. 1 VE-BöB). Der
VE-VöB unterscheidet ebenfalls zwischen im Ausland erbrachten und in der Schweiz erbrachten Leistungen.
Abs. 3
Die genannten Bestimmungen sind nicht nur im Rahmen des Beschaffungsverfahrens einzuhalten und nachzuweisen, sondern die Pflicht zu deren Einhaltung wird auch im Vertrag
mit der Zuschlagsempfängerin festgehalten. Die Zuschlagsempfängerin muss sich zudem
2
Nachhaltige Beschaffung, Empfehlungen für die Beschaffungsstellen des Bundes, Juni 2014, Ziff. 2.
7
vertraglich verpflichten, die Einhaltung dieser Bestimmungen ebenfalls vertraglich an allfällige Subunternehmerinnen bzw. beigezogene Dritte zu übertragen. Konventionalstrafen wirken abschreckend und müssen bei Vergaben die Regel sein. Ferner wird auf die Bestimmungen des Bundesgesetzes über die flankierenden Massnahmen bei entsandten Arbeitnehmerinnen und über die Kontrolle der in Normalarbeitsverträgen vorgesehenen Mindestlöhne
(Entsendegesetz, EntsG; SR 823.20) hingewiesen. Das Entsendegesetz statuiert in Artikel 5
eine zivilrechtliche Solidarhaftung des Erstunternehmers im Bauhaupt- oder Baunebengewerbe für die Nichteinhaltung der Netto-Mindestlöhne und der Arbeitsbedingungen durch
seine Subunternehmerinnen. Diese Bestimmungen sind auch bei öffentlichen Beschaffungen
anwendbar.
Abs. 4
Dieser Absatz entspricht dem bisherigen Artikel 6 Absatz 4 VöB. Es wurden lediglich sprachliche Anpassungen vorgenommen.
Art. 13 und 14 Einsichtsrecht / Preisprüfung
Diese beiden Artikel verankern die heutige Praxis nach den Richtlinien des EFD vom 28. Dezember 2009 über die Vereinbarung des Einsichtsrechts bei Beschaffungen des Bundes.
4. Kapitel: Vergabeverfahren
Art. 16
Einladungsverfahren
Abs. 1
Die Auftraggeberin hält sich auch beim Einladungsverfahren an die allgemein geltenden
Grundsätze wie den wirtschaftlichen Einsatz der öffentlichen Mittel, die Transparenz, die
Gleichbehandlung der Anbieterinnen sowie die Förderung des wirksamen Wettbewerbs.
Deshalb wird sie – analog zur öffentlichen Ausschreibung – vor der Einladung den Leistungsgegenstand, die technischen Spezifikationen, Eignungskriterien sowie vergleich- und messbare Zuschlagskriterien festlegen und mit der Einladung zur Angebotsabgabe bekannt geben. Die Vorgänge, namentlich die Evaluation und der Zuschlag, sind auf geeignete und
nachvollziehbare Weise intern zu dokumentieren.
Abs. 2
Die Bezeichnung Wirtschaftsraum darf nicht mit Gemeinde, Stadtgebiet oder Bezirk gleichgesetzt werden. Das Kriterium ist erfüllt, wenn die Anbieterin und die Auftraggeberin ihren
Sitz oder die Niederlassung in unterschiedlichen Kantonen haben.
Um den Empfehlungen der Studie zu den Sprachbarrieren im öffentlichen Beschaffungswesen nachzukommen, hat der Bundesrat am 30. April 2014 beschlossen, im Einladungsverfahren wann immer möglich ein Angebot aus einer anderen Sprachregion zu verlangen, damit die Sprachregionen angemessener vertreten sind.
Zur Erfüllung verschiedener Vorstösse ist die Anforderung des unterschiedlichen Sprachraums in die Verordnung aufgenommen worden. Somit können mit diesem Vorentwurf folgende Vorstösse aus dem Parlament als erledigt betrachtet werden:
-
2012 M 12.3914
-
2012 P 12.3910
-
2012 M 12.3739
Ausschreibungsverfahren in den drei Amtssprachen des Bundes. (N, 28.09.2012, de Buman)
Bundesgesetz über das öffentliche Beschaffungswesen.
Stopp dem Missstand. (N, 28.09.12, Darbellay)
Öffentliche Beschaffungen des Bundes. Gleiche Rechte für die
Sprachregionen. (N, 19.09.2012, Hodgers)
8
Um die Sprachenvertretung einzuhalten, können die Auftraggeberinnen Angebote aus Ländern berücksichtigen, mit denen die Schweiz ein Freihandelsabkommen abgeschlossen hat.
Abs. 3
Vergaben im Einladungsverfahren und ab einem Auftragswert von 150°000 Franken sollen
neu mit Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht angefochten und in einem einfachen
und raschen Verfahren überprüft werden können. Deshalb ist der Zuschlag ab einem Auftragswert von 150 000 Franken mittels Veröffentlichung im simap.ch oder durch individuelle
Zustellung zu eröffnen (vgl. Art. 53 VE-BöB).
Art. 17
Freihändiges Verfahren
Das freihändige Verfahren ist in Artikel 23 VE-BöB ausreichend geregelt, weshalb keine weiteren Ausführungen im VE-VöB nötig sind. Darin wird lediglich präzisiert, dass das freihändige Verfahren auch die Rüstungsbeschaffung nach Artikel 11 Buchstabe b VE-BöB betrifft.
Art. 18
Leistungsbeschreibung
Dieser Artikel übernimmt den bisherigen Artikel 16a VöB ohne Absatz 4. Dieser ist nun in
Artikel 34 Absatz 3 VE-BöB enthalten. Die Erläuterungen zur finalen und funktionalen Beschreibung bei der VöB-Revision vom 1. Januar 2010 sind nach wie vor aktuell:
«Die Auftraggeberin kann auf die konkrete Umschreibung der zu beschaffenden Leistung
verzichten und stattdessen nur die Ziele vorgeben, die sie mit der Beschaffung erreichen will
(vgl. Art. VI:2 Bst. a GPA). Diese «finale» bzw. «funktionale» Beschreibung wird verwendet,
um beispielsweise bereits bei der Präzisierung und Konkretisierung des Beschaffungsgegenstandes bestmöglich auf das Sachwissen und die Kreativität der potentiellen Anbieterinnen
abstützen zu können. Diese Art der Ausschreibung kann insbesondere zur Suche nach
neuen Lösungen, Lösungswegen oder Vorgehensweisen oder bei anderen komplexen Beschaffungsvorhaben eingesetzt werden. Eine blosse Umschreibung des Ziels fördert die Innovationskraft der Anbieterinnen. Weil die Anbieterinnen allenfalls für ihren Aufwand An3
spruch auf eine Vergütung haben (vgl. Art. 23 Abs. 1 ) und das Vergleichen der Angebote
anspruchsvoll ist, dürfte die Auftraggeberin zurückhaltend von der finalen» bzw. «funktiona4
len» Umschreibung Gebrauch machen (vgl. Abs. 3 sowie den Vernehmlassungsbericht zu
5
Art. 21 Abs. 2 VE-BöB ).»
Art. 19
Inhalt der Ausschreibungsunterlagen
Abs. 2
Neben der Verankerung der heutigen Praxis übernimmt der Absatz den Gedanken des bisherigen Artikels 17 Absatz 3 VöB. Auf diese Weise hat keine Anbieterin einen Vorteil durch
zusätzliche Informationen, und das Gebot der Gleichbehandlung wird eingehalten.
Die Dauer für die Beantwortung von Fragen zu den Ausschreibungsunterlagen ist abhängig
von der Komplexität des Beschaffungsvorhabens sowie von der Anzahl der eingetroffenen
Fragen. In der Regel sollten die Antworten innert circa fünf bis sieben Arbeitstagen zur Verfügung gestellt werden.
Art. 20
Rechtsform von Bietergemeinschaften
Bevor Anbieterinnen eine Bietergemeinschaft bilden, müssen sie wissen, ob eine besondere
Rechtsform für die Ausführung des Auftrags nötig ist oder nicht. Dieser Punkt muss, wie alle
3 Entspricht Art. 29 Abs. 1 VE VöB
4 Entspricht Art. 29 Abs. 2 VE VöB
5 Vorentwurf zur Totalrevision des Bundesgesetzes über das öffentliche Beschaffungswesen, Bericht über die Ergebnisses des Vernehmlas-
sungsverfahrens vom 18. November 2009, S. 12 (http://www.admin.ch/ch/d/gg/pc/documents/1606/Ergebnis.pdf, Stand 20.02.2015)
9
für die Einreichung eines Angebots erforderlichen Angaben, in der Ausschreibung enthalten
sein.
Art. 21
Eingaben der Anbieterinnen
Aufgrund der Empfehlungen in der Studie zu den Sprachbarrieren im Beschaffungswesen
hat der Bundesrat am 30. April 2014 beschlossen, in Ausschreibungsverfahren Eingaben in
allen Amtssprachen der Schweiz zuzulassen. Den Auftraggeberinnen steht es hingegen frei,
in der Verfahrenssprache zu kommunizieren, selbst wenn dies eine andere Sprache ist. Sie
müssen aber ungeachtet der Sprache, in denen das Angebot eingereicht wird, das Gebot der
Gleichbehandlung der Anbieterinnen einhalten.
Zu präzisieren ist, dass es sich um die Amtssprachen der Schweiz handelt, weil diese nicht
mit den WTO-Sprachen übereinstimmen.
Die Auftraggeberinnen haben jedoch die Möglichkeit, andere Sprachen als die Amtssprachen
der Schweiz zuzulassen. Bei Projekten im Ausland kann sich der Einbezug der Lokalsprache
als sinnvoll erweisen.
Art. 23
Authentifizierung bei elektronischer Auktion
Die Verwendung elektronischer Signaturen ermöglicht eine sichere Authentifizierung der Beteiligten und grenzt das Missbrauchsrisiko ein. Der Erhalt einer elektronischen Signatur durch
eine ausländische Anbieterin in der Schweiz kann, auch wenn ihm grundsätzlich nichts entgegensteht, mit recht viel Aufwand verbunden sein. Es gibt bisher keine Anerkennung für in
anderen Ländern ausgestellte elektronische Signaturen. Deshalb soll für die Auftraggeberinnen die Möglichkeit einer auf andere Weise, beispielsweise über ein Login, erfolgenden Identifizierung offen bleiben.
Das Gesetz über die elektronische Signatur wird zurzeit revidiert. Das revidierte Gesetz wird
einfachere und gleichermassen sichere neue Identifizierungsmöglichkeiten bieten und die
Identifizierung nicht nur natürlicher, sondern auch juristischer Personen ermöglichen.
Art. 24
Dialog
In Anbetracht des Kosten- und Zeitaufwands seitens der Auftraggeberinnen und der Anbieterinnen ist der Dialog ein geeignetes Instrument bei Ausschreibungen, bei denen die Anzahl
Anbieterinnen beschränkt ist oder bereits gesenkt wurde wie beispielsweise im selektiven
Verfahren. In diesem Verfahren ist die Zahl der Anbieterinnen nach der Prüfung der Eignungskriterien bereits reduziert.
Abs. 1
Der Wettbewerb wird durch den Dialog mit mehreren Anbieterinnen begünstigt. Die Zahl der
Anbieterinnen – mindestens drei – entspricht der bereits bisher beim selektiven Verfahren
und Einladungsverfahren geltenden.
Abs. 2
Damit Geschäftsgeheimnisse und Urheberrechte gewahrt bleiben, dürfen im Rahmen des
Dialogs entwickelte Lösungen und Vorgehensweisen der jeweiligen Anbieterinnen ohne deren ausdrückliche Zustimmung nicht weitergegeben oder von der Auftraggeberin verwendet
werden. Damit soll das Interesse der Anbieterinnen zur Teilnahme am Dialog gewahrt bleiben, das sie bei einer Gefahr der Ausnutzung ihrer Arbeit durch Dritte verlieren würden. Die
ausdrückliche Zustimmung der Anbieterin kann im Rahmen des Dialogs eingeholt werden
und ist in diesem Fall im entsprechenden Protokoll festzuhalten, oder sie wird schriftlich erteilt.
10
Die Lösungen und Vorgehensweisen können nach Artikel 28 Absatz 2 Buchstabe b VE-BöB
zur späteren Nutzung erworben werden.
Abs. 3
Der Dialog erfolgt im Rahmen eines festgelegten Verfahrens (offen, selektiv, Einladung oder freihändig). Es besteht kein Anlass, andere als die üblichen Fristen vorzusehen.
Die definitiven Fristen werden in der Ausschreibung genannt oder es wird zumindest eine
Zeitspanne bestimmt. Damit gilt für alle Anbieterinnen der gleiche Zeitraum für die Eingabe
und Vorbereitung der nachfolgenden Dialogphasen.
Abs. 4
Neben dem Zeitaufwand für das Entwickeln von Lösungen und Vorgehensweisen braucht es
mehrere Mitarbeitende für die Teilnahme am Dialog. In der Praxis werden die Anbieterinnen
die erforderlichen Mittel kaum ohne jede Gegenleistung bereitstellen. Eine Entschädigung
des Aufwands und der Teilnahme am Dialog ist angemessen, damit die Anbieterinnen ein
Interesse haben, Ressourcen für das Erarbeiten von Lösungen und Verfahrensweisen einzusetzen. Die Zuschlagsempfängerin hat jedoch keinen Anspruch auf Vergütung. Bei einem
Widerruf des Zuschlags gilt die Anbieterin nicht mehr als Zuschlagsempfängerin und hat somit Anspruch auf eine Vergütung, sofern nicht sie den Widerruf verursacht. Hierzu ist auch
auf das Merkblatt der BKB «Vergütung im Dialog» vom Mai 2014 zu verweisen.
Abs. 5
Die Einzelheiten des Dialogs werden in einer Vereinbarung geregelt, die mit den Anbieterinnen abgeschlossen wird. Darin werden der Ablauf der Dialogmodule und die Personen bestimmt, die vertreten sein müssen. Unter Modulen sind die einzelnen Phasen eines Dialogs
zu verstehen. Im Hinblick auf Gleichbehandlung der Anbieterinnen müssen alle Dialogvereinbarungen zum gleichen Verfahren inhaltlich übereinstimmen.
Abs. 6
Die Zustimmung zur Dialogvereinbarung ist eine Voraussetzung, damit das Gebot der Gleichbehandlung eingehalten wird.
Art. 25
Dokumentation
Mit der Dokumentation der Angebotsbewertung kann die Zuschlagserteilung nachvollziehbar
dargelegt werden. Damit wird Transparenz geschaffen, da aufgezeigt wird, ob die Auftraggeberin den Vorgaben entsprechend sachlich und objektiv entschieden hat und die Zuschlagsempfängerin aufgrund der besten Erfüllung der Kriterien gewählt wurde.
Art. 26
Debriefing
Das Debriefing, das kurz nach der Zuschlagserteilung erfolgt, besteht aus einem Treffen mit
nicht berücksichtigten Anbieterinnen, bei dem die Auftraggeberin die Gründe für die Nichtberücksichtigung erläutert. Oft können auf diese Weise Beschwerden verhindert werden. Die
Anbieterinnen können die erhaltenen Rückmeldungen für künftige Angebote nutzen.
Art. 27
Vertragsschluss
Wie beim bisherigen Artikel 29 Absatz 2 VöB ist unter einer anderen Form, die elektronische
Form zu verstehen wie beispielsweise ein Mailaustausch (siehe Art. 38 Abs. 2 VE-BöB). In
Notfällen wie Rettungseinsätzen ist ein telefonischer Vertragsabschluss möglich. Im Anschluss daran folgt in der Regel eine schriftliche Bestätigung (mindestens per E-Mail).
11
Art. 29
Vergütungsanspruch der Anbieterinnen
Die Bestimmung ist einerseits sprachlich und andererseits materiell überarbeitet worden. In
materieller Hinsicht erfolgte eine Präzisierung dahingehend, dass explizit darauf hingewiesen
wird, dass der Anspruch auf Vergütung für die Verfahrensteilnahme grundsätzlich ausgeschlossen wird (Abs. 1). Ausnahmen sind für Vorleistungen vorgesehen, die über den gewöhnlichen Verfahrensaufwand hinausgehen und üblicherweise nur gegen Entgelt erbracht
werden wie bspw. planerische Vorleistungen (Abs. 2). Es liegt im Ermessen der Auftraggeberin, die Höhe und Modalitäten der Vergütung zu bestimmen. Sie gibt in den Ausschreibungsunterlagen die Abgeltungsmodalitäten bekannt sowie insbesondere auch, ob in einem
konkreten Fall keine Vergütung geleistet wird.
Art. 30
Immaterialgüterrechte
Die Bestimmung betreffend Übertragung der Immaterialgüterrechte wurde formell angepasst.
Eine Änderung in materieller Hinsicht ergibt sich durch den neuen Absatz 3. In Anlehnung an
Artikel 17 des Gesetzes vom 9. Oktober 1992 über das Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (URG; SR 231.1) sind Immaterialgüterrechte wie beispielsweise Urheberrechte an
Software gemäss Absatz 3 grundsätzlich der Auftraggeberin zu übertragen, falls sie in Erfüllung eines Beschaffungsvertrages geschaffen wurden. Damit werden nicht wie bis anhin nur
die Übertragung von vorbestehenden Immaterialgüterrechten, sondern auch Fälle erfasst,
wonach Immaterialgüterrechte in Erfüllung eines Beschaffungsvertrages geschaffen werden.
Entsprechend wurde die Marginalie auch geändert. Der neue Absatz war insbesondere deshalb erforderlich, weil damit die Nutzungs- und Verwertungsrechte von nicht vorbestehenden
Immaterialgüterrechten geregelt werden und das Abhängigkeitsverhältnis des Bundes gegenüber der Auftragnehmerin aufgehoben wird. Ein Abhängigkeitsverhältnis des Bundes gegenüber der Auftragnehmerin ist wettbewerbshindernd und damit mit den Prinzipien des Beschaffungsrechts, insbesondere der Förderung des Wettbewerbs, nicht vereinbar.
Art. 31
Liste der sanktionierten Anbieterinnen
Der Inhalt der Liste der sanktionierten Anbieterinnen, welche die BKB führt, wurde in Absatz 2
zur besseren Verständlichkeit präzisiert. Die Liste soll zentral geführt werden und für die Auftraggeberinnen jederzeit verfügbar sein (Abs. 3). Zudem können Anbieterinnen Auskunft verlangen, ob sie in der Liste verzeichnet sind (Abs. 4).
Abs. 3
Bei der Bekanntgabe von Personendaten ist das Bundesgesetz über den Datenschutz (DSG;
SR°235.1) vom 19. Juni 1992 zu berücksichtigen.
5. Kapitel
Veröffentlichungen und Statistik
Art. 32
Veröffentlichungen
Abs. 2 und 3
Absatz 2 hält fest, welche Vergaben veröffentlicht werden müssen, und Absatz 3 bestimmt,
mit Verweis auf Artikel 50 Absatz 4 VE-BöB, welche Angaben die zu veröffentlichende Liste
enthalten muss.
6
Diese beiden Absätze ergeben sich aus der Umsetzung der Motion Graf-Litscher zur Publikation der Basisinformationen aller Beschaffungen des Bundes ab 50 000 Franken. Damit
sollen die Transparenz verbessert und Missbrauch verhindert werden. Die BKB führt eine
Liste mit den Angaben aller Auftraggeberinnen und veröffentlicht diese in maschinenlesbarer
Form auf simap.ch.
6
Motion Graf-Litscher, Publikation der Basisinformationen aller Beschaffungen des Bundes ab 50°000 Franken (14.3045,
Graf-Litscher).
12
Da es hier nicht um die Schaffung eines weiteren Kontrollinstruments zusätzlich zum Beschaffungscontrolling nach Artikel 12 Absatz 1 der Verordnung vom 24. Oktober 2012 über
die Organisation des öffentlichen Beschaffungswesens der Bundesverwaltung
(SR 172.056.15) geht, sind die Auftraggeberinnen für die Richtigkeit der übermittelten Angaben verantwortlich.
Auch für diese Veröffentlichungen gilt das Gebot der Vertraulichkeit nach Artikel 13 Buchstabe d VE-BöB.
6. Kapitel: Planungs- und Gesamtleistungswettbewerb
Die einzige materielle Änderung gegenüber der bisherigen VöB betrifft Artikel 44 Absatz 4
VE-VöB (bisheriger Art. 50 Abs. 4 VöB). Sie besteht darin, dass für die Mitglieder des Preisgerichts und die Sachverständigen künftig die Ausstandsgründe im VE-BöB gelten.
7. Kapitel: Einfaches und rasches Verfahren
Im Zuge der inhaltlichen Angleichungen der Beschaffungsordnungen von Bund und Kantonen ist bezüglich Rechtsschutz ein Kompromissvorschlag erarbeitet worden. Gemäss revidiertem Gesetz wird ab 150°000 Franken und ausserhalb des Staatsvertragsbereichs
Rechtsschutz gewährt, wobei bei diesen Fällen ein einfaches und rasches Verfahren angewendet wird. Die Einzelheiten des einfachen und raschen Verfahrens werden im 7. Kapitel
des Gesetzes geregelt. Nach Eingang der Beschwerde erhält die Auftraggeberin die Möglichkeit, dazu Stellung zu nehmen. Anschliessend führt der Einzelrichter oder die Einzelrichterin eine Instruktionsverhandlung durch. Im Rahmen dieser Verhandlung wird in erster Linie
versucht, zwischen den Parteien eine Einigung zu erzielen. Bei fehlender Einigung fällt der
Einzelrichter oder die Einzelrichterin den Entscheid.
Art. 52
Anwendungsbereich
Beschwerden gegen Verfügungen nach Artikel 55 Absatz 1 Buchstabe g des VE-BöB sind
vom Anwendungsbereich der vorliegenden Bestimmung ausgeschlossen. Somit ist das einfache und rasche Verfahren nicht für die Beschwerden gegen die Verhängung einer Sanktion
vorgesehen. Bei diesen Beschwerden ist das ordentliche Verfahren durchzuführen.
Art. 54
Fristen
Abs. 3
Um Missverständnisse zu vermeiden, muss bei Nichtabgabe einer Stellungnahme ausdrücklich der Verzicht erklärt werden.
Art. 55
Instruktionsverhandlung
Abs. 2
Die Einigung soll nicht in erster Linie finanzielle Vereinbarungen betreffen, mit denen der
Aufwand der Offerte entschädigt werden soll.
8. Kapitel : Überwachungsbehörde
Art. 60
Finanzierung und Vergütungen
Abs. 2
Zur besseren Verständlichkeit wurde die Bestimmung sprachlich angepasst. In materieller
Hinsicht ergibt sich keine Änderung.
13
9. Kapitel: Schlussbestimmungen
Art. 63
Aufhebung und Änderung bisherigen Rechts
Abs. 1
Mit der Totalrevision der VöB wird die Verordnung vom 11. Dezember 1995 aufgehoben.
Abs. 2
Die Verordnung des UVEK vom 18. Juli 2002 über die Nichtunterstellung unter das öffentliche
Beschaffungsrecht ist durch ihre Aufnahme in den VE-VöB hinfällig und wird aufgehoben.
Abs. 3
Da die Meldepflicht bei Behinderung des freien Wettbewerbs künftig im VE-BöB (Art. 47
Abs. 2) verankert ist, wird der entsprechende Artikel der Verordnung vom 24. Oktober 2012
über die Organisation des öffentlichen Beschaffungswesens der Bundesverwaltung aufgehoben.
3 Erläuterungen zu den Anhängen
Anhang 1
Nachweise
Anhang 1 entspricht bis auf einige Formulierungsänderungen, im französischen Wortlaut unverändert, dem bisherigen Anhang 3 VöB. Ausserdem wurde die Ziffer 6 dahingehend ergänzt, dass die Erklärung zur Einhaltung der Arbeitsbedingungen auch die Arbeitsschutzbestimmungen und die Lohngleichheit von Frau und Mann umfasst.
Anhang 2
Mindestangaben in einer Ausschreibung eines Wettbewerbs
Anhang 2 entspricht unverändert dem bisherigen Anhang 6 VöB.
Anhang 3
Von der Unterstellung befreite Bereiche und Teilbereiche
Der Anhang der Verordnung des UVEK vom 18. Juli 2002 über die Nichtunterstellung unter
das öffentliche Beschaffungswesen wird unverändert übernommen.
14
Dieser Text ist ein Vorabdruck. Verbindlich ist die Version, die im Bundesblatt
(http://www.admin.ch/bundesrecht/00568/) veröffentlicht wird.
172.056.1
Bundesgesetz
über das öffentliche Beschaffungswesen
(BöB)
Vom ...
Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft,
gestützt auf Artikel 173 Absatz 2 der Bundesverfassung1,
in Ausführung des WTO-Übereinkommens vom 30. März 20122
über das öffentliche Beschaffungswesen (WTO-Übereinkommen),
der Artikel 3 und 8 des Abkommens vom 21. Juni 19993 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über bestimmte Aspekte
des öffentlichen Beschaffungswesens und von Artikel 3 des Anhangs R des Übereinkommens vom 4. Januar 19604 zur Errichtung der Europäischen Freihandelsassoziation sowie weiterer internationaler Übereinkommen, welche Marktzugangsverpflichtungen im Bereich des öffentlichen Beschaffungswesens enthalten,
nach Einsicht in die Botschaft des Bundesrates vom...,
beschliesst:
1. Kapitel
Zweck und Begriffe
Art. 1
Zweck
Dieses Gesetz bezweckt:
a.
den wirtschaftlichen Einsatz der öffentlichen Mittel, unter Berücksichtigung
der Nachhaltigkeit;
b.
die Transparenz des Beschaffungsverfahrens;
c.
die Gleichbehandlung und Nichtdiskriminierung der Anbieterinnen;
d.
die Förderung des wirksamen Wettbewerbs unter den Anbieterinnen, insbesondere durch Massnahmen gegen Wettbewerbsabreden und Korruption.
Art. 2
Begriffe
Soweit eine Definition nicht in den nachfolgenden Bestimmungen enthalten ist,
bedeuten in diesem Gesetz:
SR ..........
1
SR 101
2
SR …
3
SR 0.172.052.68
4
SR 0.632.31
1
Gesetz
5
6
7
2
AS 2015
a.
Anbieterin5: natürliche oder juristische Person, öffentliche Einrichtung oder
Gruppe dieser Personen oder Einrichtungen, die auf dem Markt die Ausführung von Bauleistungen, die Errichtung von Bauwerken, die Lieferung von
Waren beziehungsweise die Erbringung von Dienstleistungen anbieten oder
sich um Teilnahme an einer öffentlichen Ausschreibung bewerben;
b.
Arbeitsbedingungen: Vorschriften der Gesamtarbeitsverträge und der Normalarbeitsverträge oder, wo diese fehlen, die orts- und branchenüblichen
Arbeitsbedingungen;
c.
Arbeitsschutzbestimmungen: massgebliche Vorschriften des öffentlichen Arbeitsrechts, einschliesslich der Bestimmungen des Arbeitsgesetzes vom 13.
März 19646 und des zugehörigen Ausführungsrechts sowie der Bestimmungen zur Unfallverhütung;
d.
Ausschreibung: öffentliche Anzeige einer Auftraggeberin7 mit der Einladung, einen Teilnahmeantrag zu stellen oder ein Angebot abzugeben;
e.
Ausschreibungsunterlagen: Detailinformationen zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags;
f.
Elektronische Auktion: Instrument, bei dem Anbieterinnen mittels elektronischer Hilfsmittel und mehrfacher Iterationen Preise oder andere quantifizierbare Angebotskriterien eingeben, woraus eine Rangliste oder Neuordnung
der Angebote resultiert;
g.
Gewerbliche Waren oder Dienstleistungen: Waren oder Dienstleistungen,
die im Allgemeinen auf dem Markt zum Verkauf angeboten oder verkauft
werden und gewöhnlich von nichtöffentlichen Käufern zu nichtöffentlichen
Zwecken erworben werden;
h.
Öffentliche Unternehmen: Unternehmen, auf die staatliche Behörden aufgrund von Eigentum, finanzieller Beteiligung oder der für die Unternehmen
einschlägigen Vorschriften unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden
Einfluss ausüben können. Ein beherrschender Einfluss wird vermutet, wenn
ein Unternehmen mehrheitlich durch den Staat oder durch andere öffentliche
Unternehmen finanziert wird, hinsichtlich seiner Leitung der Aufsicht durch
den Staat oder durch andere öffentliche Unternehmen unterliegt oder dessen
Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgan mehrheitlich aus Mitgliedern
besteht, die vom Staat oder von anderen öffentlichen Unternehmen ernannt
worden sind;
i.
Private Unternehmen: natürliche Personen und Unternehmen jeder Rechtsform, die keine öffentlichen Unternehmen sind;
j.
Rahmenvertrag: Vereinbarung zwischen einer oder mehreren Auftraggeberinnen und einer oder mehreren Anbieterinnen, die zum Ziel hat, die Bedingungen für die Aufträge, die im Laufe eines bestimmten Zeitraums vergeben
Im Interesse der besseren Lesbarkeit wird in diesem Gesetz die weibliche Form verwendet.
SR 822.11
Im Interesse der besseren Lesbarkeit wird in diesem Gesetz die weibliche Form verwendet.
Gesetz
AS 2015
werden sollen, festzulegen, insbesondere in Bezug auf deren Preis und gegebenenfalls die in Aussicht genommenen Mengen;
k.
Staatliche Behörden: der Staat, die Gebietskörperschaften, Einrichtungen
des öffentlichen Rechts und Verbände, die aus einer oder mehreren dieser
Körperschaften oder Einrichtungen des öffentlichen Rechts bestehen;
l.
Staatsvertragsbereich: internationale Verpflichtungen der Schweiz im Zusammenhang mit dem öffentlichen Beschaffungswesen;
m. Technische Spezifikationen: zwingende Anforderungen an den Beschaffungsgegenstand, die Merkmale einschliesslich Qualität, Leistung, Sicherheit und Abmessungen oder die Produktionsverfahren festlegen oder die Anforderungen an Terminologie, Symbole, Verpackung Kennzeichnung und
Beschriftung regeln;
n.
Verzeichnis: Liste mit Anbieterinnen, die nach Beschluss der Auftraggeberin
aufgrund ihrer Eignung die Voraussetzungen zur Übernahme öffentlicher
Aufträge erfüllen;
o.
Wiederkehrende Leistungen: Leistungen, die über einen längeren Zeitraum
immer wieder in gleicher Art und Qualität benötigt werden.
2. Kapitel
Geltungsbereich
1. Abschnitt: Subjektiver Geltungsbereich
Art. 3
Grundsatz
Sofern im Folgenden nicht abweichend geregelt, findet dieses Gesetz auf öffentliche
Aufträge der unterstellten Auftraggeberinnen innerhalb und ausserhalb des Staatsvertragsbereichs Anwendung.
Art. 4
Auftraggeberinnen
1 Diesem
Gesetz unterstehen als Auftraggeberinnen, soweit keine gesetzliche Ausnahmebestimmung anwendbar ist:
8
a.
die Verwaltungseinheiten der zentralen und dezentralen Bundesverwaltung
nach Artikel 2 des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes vom
21. März 19978 und den dazu gehörenden Ausführungsvorschriften in der
zum Zeitpunkt der Ausschreibung aktuellen Fassung;
b.
die eidgenössischen richterlichen Behörden (ausgenommen Militärgerichte);
c.
die Bundesanwaltschaft;
d.
die eidgenössischen Parlamentsdienste; und
SR 172.010
3
Gesetz
e.
AS 2015
Empfängerinnen und Empfänger von Finanzhilfen des Bundes, sofern sie
Waren, Dienstleistungen und Bauleistungen beschaffen, die zu mehr als 50
Prozent der Gesamtkosten mit öffentlichen Geldern finanziert werden.
2 Staatliche
Behörden sowie öffentliche und private Unternehmen, die öffentliche
Dienstleistungen erbringen und die mit ausschliesslichen oder besonderen Rechten
ausgestattet sind, unterstehen diesem Gesetz, soweit sie Tätigkeiten in einem der
nachfolgenden Sektoren in der Schweiz ausüben, jedoch nur bei Beschaffungen für
den beschriebenen Tätigkeitsbereich, nicht aber für ihre übrigen Tätigkeiten und nur
soweit diese Tätigkeiten nicht dem wirksamen Wettbewerb ausgesetzt und nach
Artikel 7 von der Unterstellung befreit sind:
a.
das Bereitstellen oder das Betreiben fester Netze zur Versorgung der Öffentlichkeit im Zusammenhang mit der Produktion, dem Transport oder der Verteilung von Trinkwasser oder die Versorgung dieser Netze mit Trinkwasser;
b.
das Bereitstellen oder das Betreiben fester Netze zur Versorgung der Öffentlichkeit im Zusammenhang mit der Produktion, Fortleitung oder der Verteilung von elektrischer Energie und die Versorgung dieser Netze mit elektrischer Energie;
c.
die Versorgung von Beförderungsunternehmen im Luftverkehr mit Flughäfen oder anderen Verkehrsendeinrichtungen;
d.
die Versorgung von Beförderungsunternehmen im See- oder Binnenschiffsverkehr mit Häfen oder anderen Verkehrsendeinrichtungen;
e.
das Bereitstellen von Postdiensten aufgrund eines ausschliesslichen Rechts
(reservierter Dienst im Sinne des Postgesetzes vom 17. Dezember 20109);
f.
das Bereitstellen oder Betreiben von Netzen zur Versorgung der Öffentlichkeit im Bereich des Schienenverkehrs; vom Staatsvertragsbereich ausgenommen sind alle Tätigkeiten, die nicht unmittelbar mit dem Bereich Verkehr in Verbindung stehen;
g.
das Bereitstellen oder Betreiben fester Netze zur Versorgung der Öffentlichkeit im Zusammenhang mit der Produktion, dem Transport oder der Verteilung von Gas oder Wärme oder die Versorgung dieser Netze mit Gas oder
Wärme; oder
h.
die Nutzung eines geografisch abgegrenzten Gebiets zum Zwecke der Suche
oder Förderung von Erdöl, Gas, Kohle oder anderen Festbrennstoffen.
3
Führt eine Drittperson die Beschaffung für eine oder mehrere Auftraggeberinnen
durch, so untersteht diese Drittperson diesem Gesetz wie die von ihr vertretene
Auftraggeberin.
Art. 5
1 Beteiligen
Anwendbares Recht
sich mehrere dem Bundesrecht unterstellte Auftraggeberinnen, für die je
verschiedene Schwellenwerte gelten, an einer Beschaffung, so sind für die gesamte
9
4
SR 783.0
Gesetz
AS 2015
Beschaffung die Schwellenwerte derjenigen Auftraggeberin massgebend, die den
grössten Anteil an der Finanzierung trägt.
2
Beteiligen sich mehrere dem Bundesrecht und dem kantonalen Recht unterstellte
Auftraggeberinnen an einer Beschaffung, ist das Beschaffungsrecht des Gemeinwesens anwendbar, dessen Auftraggeberin den grössten Teil an der Finanzierung trägt.
Überwiegt der kantonale Anteil insgesamt den Bundesanteil, findet dieses Gesetz
keine Anwendung.
3
Mehrere an einer Beschaffung beteiligte Auftraggeberinnen sind im gegenseitigen
Einvernehmen befugt, eine gemeinsame Beschaffung in Abweichung von den vorstehenden Grundsätzen dem Recht einer beteiligten Auftraggeberin zu unterstellen.
4 Öffentliche
oder private Unternehmen mit ausschliesslichen oder besonderen
Rechten, die ihnen durch den Bund verliehen wurden oder die Aufgaben im nationalen Interesse erbringen, können wählen, ob sie ihre Beschaffungen dem Recht an
ihrem Sitz oder dem Bundesrecht unterstellen.
5
Spezialgesetzliche Bestimmungen zur Anwendung des Beschaffungsrechts bleiben
vorbehalten.
Art. 6
Anbieterinnen
1
Dieses Gesetz ist anwendbar auf Anbieterinnen aus der Schweiz, aus Vertragsstaaten des Übereinkommens vom 30. März 2012 über das öffentliche Beschaffungswesen sowie aus anderen Staaten, denen gegenüber die Schweiz sich vertraglich zur
Gewährung des Marktzutritts verpflichtet hat, jeweils im Rahmen der gegenseitig
eingegangenen Verpflichtungen.
2
Anbieterinnen aus anderen Staaten werden ausserhalb des Staatsvertragsbereichs
zum Angebot zugelassen, sofern diese Staaten Gegenrecht gewähren. Beschaffungen
im Rahmen des Alpentransit-Gesetzes vom 4. Oktober 199110 unterstehen nicht dem
Gegenrechtsvorbehalt.
3
Der Bundesrat führt eine Liste der Staaten, die vergleichbaren und effektiven
Marktzutritt zu ihren Beschaffungsmärkten gewähren. Die Liste wird periodisch
nachgeführt und publiziert.
Art. 7
Befreiung der Sektorenauftraggeberinnen
1
Wenn in einem Sektorenmarkt nach Artikel 4 Absatz 2 wirksamer Wettbewerb
herrscht, befreit der Bundesrat auf Antrag einer Auftraggeberin hin oder auf Antrag
des Interkantonalen Organs für das öffentliche Beschaffungswesen (InöB) die Beschaffungen in diesem Markt ganz oder teilweise von der Unterstellung unter dieses
Gesetz. Die Befreiung gilt auch für die Beschaffungen der anderen im gleichen
Sektorenmarkt tätigen Auftraggeberinnen.
2
Der Bundesrat konsultiert die Wettbewerbskommission, die Kantone und die
betroffenen Wirtschaftskreise. Die Wettbewerbskommission kann ihr Gutachten
unter Wahrung der Geschäftsgeheimnisse publizieren.
10
SR 742.104
5
Gesetz
3
AS 2015
Der Bundesrat kann das Verfahren nach Konsultation des InöB näher regeln.
2. Abschnitt: Objektiver Geltungsbereich
Art. 8
Öffentlicher Auftrag
1
Ein öffentlicher Auftrag ist ein zwischen einer oder mehreren Auftraggeberinnen
und einer oder mehreren Anbieterinnen zur Erfüllung einer staatlichen Aufgabe
geschlossener Vertrag. Dieser Vertrag ist gekennzeichnet durch seine Entgeltlichkeit
sowie den Austausch von Leistung und Gegenleistung, wobei die charakteristische
Leistung durch die Anbieterin erbracht wird.
2
Die Verleihung einer Konzession oder die Übertragung einer staatlichen Aufgabe
gilt als öffentlicher Auftrag, wenn der Anbieterin ausschliessliche oder besondere
Rechte zukommen, die sie im öffentlichen Interesse wahrnimmt, und ihr dafür direkt
oder indirekt ein Entgelt oder eine Abgeltung zukommt. Spezialgesetzliche Bestimmungen gehen vor.
Art. 9
1
Auftragsarten
Es werden folgende Auftragsarten unterschieden:
a.
Bauaufträge;
b.
Lieferaufträge; und
c.
Dienstleistungsaufträge.
2
Gemischte Leistungen setzen sich aus Teilleistungen verschiedener Auftragsarten
zusammen und bilden ein Gesamtgeschäft. Die Qualifikation des Gesamtgeschäfts
folgt der finanziell überwiegenden Auftragsart. Aufträge dürfen nicht mit der Absicht oder Wirkung gemischt oder gebündelt werden, Bestimmungen dieses Gesetzes zu umgehen.
3
Im Staatsvertragsbereich unterstehen diesem Gesetz die Aufträge nach Massgabe
der Anhänge 1 – 3.
Art. 10
Schwellenwerte
1
Dieses Gesetz ist auf öffentliche Aufträge nach Massgabe der Schwellenwerte in
der Schwellenwertverordnung vom …11 anwendbar.
2
Das Eidgenössische Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF)
passt die Schwellenwerte nach Konsultation des InöB und im Einvernehmen mit
dem Eidgenössischen Finanzdepartement (EFD) periodisch den Vorgaben der internationalen Verpflichtungen an.
3
Werden für die Realisierung eines Bauwerks mehrere Bauaufträge vergeben, ist
der Gesamtwert der Bauarbeiten massgebend. Erreicht der Gesamtwert den Schwellenwert des Staatsvertragsbereichs, finden die Bestimmungen dieses Gesetzes für
11
6
SR …
Gesetz
AS 2015
Beschaffungen ausserhalb des Staatsvertragsbereichs Anwendung, wenn der Wert
jedes einzelnen Auftrags 2 Millionen Franken nicht erreicht, und der Wert dieser
Aufträge zusammengerechnet 20 Prozent des Gesamtwerts des Bauwerks nicht
überschreitet (Bagatellklausel).
Art. 11 Beschaffungen ausserhalb des Staatsvertragsbereichs
Die Bestimmungen zu den Beschaffungen ausserhalb des Staatsvertragsbereichs
finden Anwendung auf:
a.
alle Aufträge unterstellter Auftraggeberinnen, die nicht dem Staatsvertragsbereich nach Massgabe der Schwellenwerte in der Schwellenwertverordnung
oder der Anhänge 1 – 3 unterstehen;
b.
die Beschaffung von Waffen, Munition, Kriegsmaterial oder, sofern sie für
Verteidigungszwecke unerlässlich sind, sonstigen Waren, Dienstleistungen,
Bauten, Forschung oder Entwicklung;
c.
Aufträge für die internationale Entwicklungs- und Ostzusammenarbeit, die
humanitäre Hilfe sowie die Förderung des Friedens und der menschlichen
Sicherheit, soweit eine Beschaffung nicht von der Geltung des Gesetzes ausgenommen ist;
d.
Beschaffungen der Auftraggeberinnen nach Art. 4 Abs. 1 Bst. e.
Art. 12
1
Ausnahmen
Dieses Gesetz findet keine Anwendung auf:
a.
die Beschaffung von Waren und Dienstleistungen im Hinblick auf den gewerblichen Verkauf oder Wiederverkauf und zur Verwendung in der Produktion oder im Angebot von Waren oder Dienstleistungen für einen gewerblichen Verkauf oder Wiederverkauf;
b.
den Erwerb, die Miete oder die Pacht von Land, bestehenden Gebäuden oder
sonstigen Immobilien sowie der entsprechenden Rechte daran;
c.
nichtvertragliche Leistungen oder die Unterstützung, die eine Auftraggeberin bietet, einschliesslich Kooperationsvereinbarungen, Zuschüsse, Darlehen,
Kapitalbeihilfen, Bürgschaften und Steueranreize;
d.
die Beschaffung von Zahlstellen- oder Wertpapierverwahrungsdienstleistungen, Liquidations- und Verwaltungsdienstleistungen für regulierte Finanzinstitutionen oder von Dienstleistungen betreffend den Verkauf, die Rückzahlung und den Vertrieb öffentlicher Schulden einschliesslich Darlehen,
Staatsanleihen und anderen Wertschriften;
e.
Aufträge an Behinderteninstitutionen, Wohltätigkeitseinrichtungen und
Strafanstalten;
f.
die Verträge des öffentlichen Personalrechts;
g.
folgende Rechtsdienstleistungen:
7
Gesetz
h.
AS 2015
1.
Vertretung des Bundes oder eines öffentlichen Unternehmens durch eine Anwältin oder einen Anwalt in einem nationalen oder internationalen Schiedsgerichts-, Schlichtungs- oder Gerichtsverfahren und damit
zusammenhängende Dienstleistungen,
2.
Rechtsberatung durch eine Anwältin oder einen Anwalt im Hinblick auf
ein mögliches Verfahren nach Ziffer 1, wenn eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass die Angelegenheit, auf die sich die Beratung bezieht, Gegenstand eines solchen Verfahrens werden wird.
Beschaffungen:
1. im Rahmen internationaler humanitärer Nothilfe sowie Agrar- und Ernährungshilfe,
2. gemäss den besonderen Verfahren oder Bedingungen eines internationalen Abkommens betreffend die Stationierung von Truppen oder die
gemeinsame Umsetzung eines Projekts durch Unterzeichnerstaaten,
3. die gemäss den besonderen Verfahren oder Bedingungen einer internationalen Organisation durchgeführt werden, oder die durch internationale Finanzhilfen, Darlehen oder andere Unterstützung mitfinanziert werden, falls die dabei anwendbaren Verfahren oder Bedingungen mit
diesem Gesetz nicht vereinbar wären, oder
4. im Rahmen der internationalen Zusammenarbeit, soweit ein äquivalentes lokales Verfahren im Empfängerstaat beachtet wird.
Die Auftraggeberin erstellt über jeden nach Massgabe von Bst. h vergebenen
Auftrag einen internen Bericht.
2
Die Auftraggeberin kann von der Ausschreibung eines öffentlichen Auftrags
absehen, wenn:
3
8
a.
dadurch die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet würde;
b.
der Schutz von Gesundheit und Leben von Mensch, Tier und Pflanzen dies
erfordert; oder
c.
dadurch bestehende Schutzrechte des geistigen Eigentums verletzt würden.
Keiner öffentlichen Ausschreibung bedarf die Beschaffung von Leistungen:
a.
bei Anbieterinnen, denen ein ausschliessliches Recht zur Erbringung solcher
Leistungen zusteht;
b.
bei anderen, rechtlich selbstständigen Auftraggeberinnen, die ihrerseits dem
Beschaffungsrecht unterstellt sind, soweit die Auftraggeberinnen diese Leistungen nicht im Wettbewerb mit privaten Anbieterinnen erbringen;
c.
bei unselbstständigen Organisationseinheiten einer unterstellten Auftraggeberin; und
d.
bei öffentlichen Unternehmen, über die die Auftraggeberin eine Kontrolle
ausübt, die der Kontrolle über ihre eigenen Dienststellen entspricht, soweit
diese Unternehmen ihre Leistungen im Wesentlichen für die Auftraggeberin
erbringen.
Gesetz
AS 2015
3. Kapitel
Allgemeine Grundsätze
Art. 13
Verfahrensgrundsätze
Bei der Vergabe öffentlicher Aufträge sind folgende Grundsätze zu beachten:
a.
Die Auftraggeberin führt Vergabeverfahren transparent, objektiv und unparteiisch durch.
b.
Sie trifft Massnahmen gegen Interessenkonflikte, Wettbewerbsabreden und
Korruption unter Beachtung der geltenden internationalen Übereinkommen.
c.
Sie achtet in allen Phasen des Verfahrens auf die Gleichbehandlung der Anbieterinnen.
d.
Sie wahrt den vertraulichen Charakter der Angaben der Anbieterinnen. Vorbehalten bleiben die nach der Zuschlagserteilung zu publizierenden Mitteilungen und die im Rahmen dieses Gesetzes zu erteilenden Auskünfte.
Art. 14
Einhaltung der Arbeitsschutzbestimmungen und Arbeitsbedingungen
1 Die
Auftraggeberin vergibt einen öffentlichen Auftrag nur an ausländische Anbieterinnen, welche die am Ort der Leistung massgeblichen Arbeitsschutzbestimmungen und Arbeitsbedingungen einhalten. Für die im Ausland erbrachten Leistungen
müssen mindestens die Kernübereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation
(ILO) nach Massgabe von Anhang 4 eingehalten werden. Die Anbieterinnen verpflichten ihre Subunternehmerinnen, diese Anforderungen einzuhalten.
2 Die
Auftraggeberin vergibt den Auftrag nur an Anbieterinnen, welche die Gleichbehandlung von Frau und Mann in Bezug auf die Lohngleichheit gewährleisten.
3
Sie kann die Einhaltung der Arbeitsschutzbestimmungen, der Arbeitsbedingungen
der Melde- und Bewilligungspflichten gemäss Artikel 6 des Bundesgesetzes vom
17. Juni 200512 gegen die Schwarzarbeit sowie der Gleichbehandlung von Frau und
Mann durch die Anbieterinnen kontrollieren oder diese Aufgabe einer spezialgesetzlichen Behörde oder einer anderen geeigneten Instanz, insbesondere einem paritätischen Kontrollorgan, übertragen. Zu diesem Zweck kann die Auftraggeberin der
Behörde und dem Kontrollorgan die erforderlichen Auskünfte erteilen sowie Unterlagen zur Verfügung stellen. Auf Verlangen hat die Anbieterin die Einhaltung der
Arbeitsschutzbestimmungen und Arbeitsbedingungen nachzuweisen.
4 Die
Kontrollorgane sowie die mit der Einhaltung der Arbeitsschutzbestimmungen
und Arbeitsbedingungen befassten Behörden erstatten der Auftraggeberin Bericht
über die Ergebnisse der Kontrolle und über allfällige getroffene Massnahmen.
Art. 15
Ausstand
1 Am
Beschaffungsverfahren dürfen auf Seiten der Auftraggeberin oder des Preisgerichts keine Personen mitwirken, die:
12
SR 822.41
9
Gesetz
AS 2015
a.
an einem Auftrag ein unmittelbares persönliches Interesse haben;
b.
mit einer Anbieterin oder deren Organen durch Ehe oder eingetragene Partnerschaft verbunden sind oder mit ihr eine faktische Lebensgemeinschaft
führen;
c.
mit einer Anbieterin oder deren Organen in gerader Linie oder bis zum dritten Grade in der Seitenlinie verwandt oder verschwägert sind;
d.
Vertreterin einer Anbieterin sind oder für eine Anbieterin in der gleichen Sache tätig waren; oder
e.
aufgrund anderer Umstände die für die Durchführung öffentlicher Beschaffungen erforderliche Unabhängigkeit vermissen lassen.
2
Ein Ausstandsbegehren ist unmittelbar nach Kenntnis des Ausstandsgrundes vorzubringen.
3 Über
Ausstandsbegehren entscheidet die Auftraggeberin unter Ausschluss der
betreffenden Person.
Art. 16
Vorbefassung
1 Anbieterinnen,
die an der Vorbereitung der Beschaffung beteiligt waren, sind zum
Angebot nicht zugelassen, wenn der ihnen dadurch entstandene Wettbewerbsvorteil
nicht mit geeigneten Mitteln ausgeglichen werden kann und dieser Ausschluss den
wirksamen Wettbewerb unter den Anbieterinnen nicht gefährdet.
2
Geeignete Mittel, um den Wettbewerbsvorteil auszugleichen, sind insbesondere:
a.
die Weitergabe aller wesentlichen Angaben über die Vorarbeiten;
b.
die Bekanntgabe der an der Vorbereitung Beteiligten;
c.
die Verlängerung der Mindestfristen.
3 Eine
der öffentlichen Ausschreibung vorgelagerte Marktabklärung durch die Auftraggeberin führt nicht zur Vorbefassung der angefragten Anbieterinnen.
Art. 17
1
Bestimmung des Auftragswerts
Die Auftraggeberin schätzt den voraussichtlichen Auftragswert.
2
Ein Auftrag darf nicht aufgeteilt werden, um die Anwendung dieses Gesetzes zu
umgehen.
3
Für die Schätzung des Auftragswerts ist die Gesamtheit der auszuschreibenden
Leistungen und Vergütungen, soweit sie sachlich oder rechtlich eng zusammenhängen, zu berücksichtigen. Alle Bestandteile der Vergütung sind einzurechnen, einschliesslich Verlängerungsoptionen und Optionen auf Folgeaufträge sowie sämtliche
zu erwartenden Prämien, Gebühren, Kommissionen und Zinsen, ohne die anwendbare Mehrwertsteuer.
4
Ausserhalb des Staatsvertragsbereichs wird das massgebliche Verfahren für Bauaufträge anhand des Werts der einzelnen Aufträge bestimmt.
10
Gesetz
AS 2015
5
Bei Verträgen mit bestimmter Laufzeit errechnet sich der Auftragswert anhand der
kumulierten Vergütungen über die bestimmte Laufzeit, einschliesslich allfälliger
Verlängerungsoptionen.
6 Bei
Verträgen mit unbestimmter Laufzeit errechnet sich der Auftragswert anhand
der monatlichen Vergütung multipliziert mit 48.
Art. 18
Einsichtsrecht
1
Wird ein Auftrag, dessen Gesamtwert 1 Million Franken erreicht oder überschreitet, einer Anbieterin ohne Wettbewerb vergeben, so steht der Auftraggeberin ein
Einsichtsrecht in die Preiskalkulation sowie ein Anspruch auf Überprüfung der
anrechenbaren Kosten zu. Ergibt die Überprüfung einen zu hohen Preis, verfügt die
Auftraggeberin die Rückerstattung und die Preisreduktion für die Zukunft, sofern
der Vertrag keine Regelungen enthält. Als Folge der Überprüfung ist eine Erhöhung
des Preises ausgeschlossen.
2
Eine Überprüfung des Preises wird durch das zuständige Finanzinspektorat oder
die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK) bei der Anbieterin durchgeführt. Bei
einer ausländischen Anbieterin kann das zuständige Finanzinspektorat oder die EFK
die zuständige ausländische Stelle mit der Durchführung der Überprüfung beauftragen, soweit ein angemessener Schutz im Sinne des Bundesgesetzes vom 19. Juni
1992 über den Datenschutz13 gewährleistet ist.
3
Der Bundesrat bestimmt die Fälle, in denen kein Einsichtsrecht besteht.
4. Kapitel
Vergabeverfahren
Art. 19
Verfahrensarten
1 Aufträge
können nach Wahl der Auftraggeberin entweder im offenen oder im
selektiven Verfahren vergeben werden.
2
Nach Massgabe dieses Gesetzes sowie in Abhängigkeit vom Auftragswert kann ein
Auftrag auch im Einladungsverfahren oder im freihändigen Verfahren vergeben
werden.
Art. 20
1
Im offenen Verfahren schreibt die Auftraggeberin den Auftrag öffentlich aus.
2 Alle
Anbieterinnen können ein Angebot einreichen.
Art. 21
1
Offenes Verfahren
Selektives Verfahren
Im selektiven Verfahren schreibt die Auftraggeberin den Auftrag öffentlich aus.
2 Alle
13
Anbieterinnen können einen Antrag auf Teilnahme stellen.
SR 235.1
11
Gesetz
AS 2015
3 Die
Auftraggeberin wählt die Anbieterinnen, die ein Angebot einreichen dürfen,
aufgrund ihrer Eignung aus.
4 Die
Auftraggeberin kann die Zahl der zum Angebot zugelassenen Anbieterinnen
beschränken, wenn ein wirksamer Wettbewerb gewährleistet bleibt.
Art. 22
Einladungsverfahren
1
Das Einladungsverfahren findet Anwendung für Aufträge ausserhalb des Staatsvertragsbereichs nach Massgabe der Schwellenwertverordnung.
2 Bei
Bauaufträgen ist das Einladungsverfahren beschränkt auf Aufträge, deren
geschätzter Auftragswert 2 Millionen Franken nicht erreicht.
3
Für die Beschaffung von Waffen, Munition, Kriegsmaterial oder, sofern sie für
Verteidigungszwecke unerlässlich sind, sonstigen Waren, Dienstleistungen, Bauten,
Forschung oder Entwicklung steht das Einladungsverfahren ohne Beachtung der
Schwellenwerte zur Verfügung.
4
Im Einladungsverfahren bestimmt die Auftraggeberin, welche Anbieterinnen sie
ohne Ausschreibung zur Angebotsabgabe einladen will.
5 Es
werden wenn möglich mindestens drei Angebote eingeholt.
Art. 23
Freihändiges Verfahren
1
Im freihändigen Verfahren vergibt die Auftraggeberin einen öffentlichen Auftrag
unter Beachtung der Schwellenwerte der Schwellenwertverordnung direkt ohne
Ausschreibung. Die Auftraggeberin ist berechtigt, Vergleichsofferten einzuholen
und Verhandlungen durchzuführen.
2
Das freihändige Verfahren kann unabhängig vom Schwellenwert gewählt werden,
wenn eine der nachstehenden Voraussetzungen erfüllt ist:
12
a.
Es gehen im offenen, selektiven Verfahren oder im Einladungsverfahren
keine Angebote oder keine Teilnahmeanträge ein, kein Angebot entspricht
den wesentlichen Anforderungen der Ausschreibung, oder es erfüllt keine
Anbieterin die Eignungskriterien oder die technischen Spezifikationen.
b.
Es werden im offenen, selektiven Verfahren oder im Einladungsverfahren
ausschliesslich Angebote eingereicht, die auf einer Wettbewerbsabrede beruhen.
c.
Aufgrund der technischen oder künstlerischen Besonderheiten des Auftrags
oder aus Gründen des Schutzes geistigen Eigentums kommt nur eine Anbieterin in Frage, und es gibt keine angemessene Alternative.
d.
Aufgrund unvorhersehbarer Ereignisse wird die Beschaffung so dringlich,
dass
selbst
mit
verkürzten
Fristen
kein
offenes
oder selektives Verfahren durchgeführt werden kann.
e.
Leistungen zur Ersetzung, Ergänzung oder Erweiterung bereits erbrachter
Lieferungen, Bau- oder Dienstleistungen müssen der ursprünglichen Anbieterin vergeben werden, weil ein Wechsel der Anbieterin aus wirtschaftlichen
Gesetz
AS 2015
oder technischen Gründen nicht möglich ist, erhebliche Schwierigkeiten bereitet oder substanzielle Mehrkosten mit sich bringen würde.
f.
Die Auftraggeberin beschafft Erstanfertigungen von Waren (Prototypen) oder neuartige Dienstleistungen, die auf ihr Verlangen im Rahmen eines Forschungs-, Versuchs-, Studien- oder Neuentwicklungsauftrags hergestellt oder entwickelt werden.
g.
Die Auftraggeberin beschafft Waren an Warenbörsen.
h.
Die Auftraggeberin kann Waren im Rahmen einer günstigen, zeitlich befristeten Gelegenheit zu einem Preis beschaffen, der erheblich unter den üblichen Preisen liegt (insbesondere bei Liquidationsverkäufen).
i.
Die Auftraggeberin vergibt die Folgeplanung oder die Koordination der
Leistungen zur Umsetzung der Planung an die Gewinnerin, die im Rahmen
eines vorausgehenden Verfahrens die Lösung einer planerischen Aufgabe
erarbeitet hat. Dabei müssen die folgenden Voraussetzungen erfüllt sein:
Das vorausgehende Verfahren wurde in Übereinstimmung mit den
Bestimmungen des Gesetzes durchgeführt.
Die Lösungsvorschläge wurden von einem unabhängigen Gremium beurteilt.
Die Auftraggeberin hat sich in der Ausschreibung vorbehalten, die Folgeplanung oder die Koordination freihändig zu vergeben.
3 Die
Auftraggeberin erstellt über jeden nach Massgabe von Absatz 2 vergebenen
Auftrag einen internen Bericht mit folgendem Inhalt:
a.
Name der Auftraggeberin und der berücksichtigten Anbieterin;
b.
Art und Wert der beschafften Leistung;
c.
Erklärung der Umstände und Bedingungen, welche die Anwendung des freihändigen Verfahrens rechtfertigen.
Art. 24
Planungs- und Gesamtleistungswettbewerb
1
Die Auftraggeberin, die einen Planungs- oder Gesamtleistungswettbewerb veranstaltet, regelt im Rahmen der Grundsätze dieses Gesetzes das Verfahren im Einzelfall. Die Auftraggeberin kann auf einschlägige Bestimmungen von Fachverbänden
verweisen.
2
Der Bundesrat bestimmt:
a.
die Wettbewerbsarten;
b.
welche Verfahrensarten anzuwenden sind;
c.
die Anforderungen an die Vorbereitungsarbeiten;
d.
die Modalitäten der technischen Vorprüfung der Wettbewerbsbeiträge vor
deren Bewertung durch die Jury;
e.
die Zusammensetzung der Jury und die Anforderungen an die Unabhängigkeit ihrer Mitglieder;
13
Gesetz
AS 2015
f.
die Aufgaben der Jury;
g.
unter welchen Voraussetzungen die Jury Ankäufe beschliessen kann und unter welchen Voraussetzungen sie für Wettbewerbsbeiträge, die von den Bestimmungen des Wettbewerbsprogramms abweichen, eine Rangierung vornehmen kann;
h.
in welcher Art Preise vergeben werden können sowie die Ansprüche, welche
die Gewinnerinnen je nach Wettbewerbsart geltend machen können; und
i.
die Abgeltungen für die Urheberinnen prämierter Wettbewerbsbeiträge in
Fällen, in denen die Auftraggeberin der Empfehlung der Jury nicht folgt.
Art. 25
Elektronische Auktionen
1
Die Auftraggeberin kann für die Beschaffung standardisierter Leistungen im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Gesetz eine elektronische Auktion durchführen.
In der Ausschreibung oder, falls keine Ausschreibung erfolgt, in den Ausschreibungsunterlagen ist darauf hinzuweisen.
2
Die elektronische Auktion erstreckt sich:
a.
auf die Preise, wenn der Zuschlag für den niedrigsten Preis erteilt wird; oder
b.
auf die Preise beziehungsweise die Werte für quantifizierbare Komponenten,
wie Gewicht, Reinheit oder Qualität, wenn der Zuschlag für das wirtschaftlich günstigste Angebot erteilt wird.
3 Die
Auftraggeberin prüft die Eignungskriterien und die technischen Spezifikationen und nimmt anhand der Zuschlagskriterien und der dafür festgelegten Gewichtung eine erste Bewertung der Angebote vor. Vor Beginn der Auktion stellt sie jeder
Anbieterin zur Verfügung:
a.
die automatische Bewertungsmethode, einschliesslich der auf den genannten
Zuschlagskriterien beruhenden mathematischen Formel;
b.
das Ergebnis der ersten Bewertung ihres Angebots; und
c.
alle weiteren relevanten Informationen zur Abwicklung der Auktion.
4
Alle zugelassenen Anbieterinnen werden gleichzeitig und auf elektronischem
Wege aufgefordert, neue beziehungsweise angepasste Angebote einzureichen. Die
Auftraggeberin kann die Zahl der zugelassenen Anbieterinnen beschränken, sofern
sie dies in der Ausschreibung oder in den Ausschreibungsunterlagen bekannt gab.
5 Die
elektronische Auktion kann mehrere aufeinander folgende Phasen umfassen.
Die Auftraggeberin informiert alle Anbieterinnen in jeder Phase über ihren jeweiligen Rang.
Art. 26
1 Die
Verhandlungen
Auftraggeberin kann mit Anbieterinnen in Verhandlungen treten über die
Leistungen, die Modalitäten ihrer Erbringung sowie die Vergütung, wenn dies in der
Ausschreibung vorbehalten ist oder wenn die Bewertung ergibt, dass keines der
14
Gesetz
AS 2015
Angebote nach den bekannt gegebenen Zuschlagskriterien eindeutig das wirtschaftlich günstigste ist.
2 Verhandlungen,
soweit sie in der Ausschreibung vorbehalten wurden, sind zuläs-
sig, wenn:
a.
unwesentliche Leistungsänderungen objektiv und sachlich geboten sind; oder
b.
nur eine Anbieterin ein Angebot unterbreitet oder ein wirksamer Wettbewerb aus anderen Gründen nicht gewährleistet ist; oder
c.
komplexe Leistungen beschafft werden und der Auftrag oder die Angebote
erst auf dem Verhandlungsweg geklärt oder die Angebote objektiv vergleichbar gemacht werden können.
3
Sind die Voraussetzungen für Verhandlungen erfüllt, kann die Auftraggeberin
unter den Anbieterinnen, die für den Zuschlag in Frage kommen, diejenigen auswählen, mit denen sie Verhandlungen führen will. Sie berücksichtigt wenn möglich
mindestens drei Anbieterinnen.
4 Die
Auftraggeberin stellt insbesondere sicher, dass
a.
keine Anbieterin in den Verhandlungen benachteiligt oder bevorzugt wird;
b.
die Vertraulichkeit der Angebote auch in den Verhandlungen gewahrt wird;
c.
der Leistungsgegenstand, die Kriterien und Spezifikationen nicht in einer
Weise angepasst werden, dass sich die charakteristische Leistung oder der
potenzielle Anbieterkreis verändert;
d.
sämtliche Änderungen der Anforderungen allen verbleibenden Anbieterinnen schriftlich mitgeteilt werden; und
e.
alle verbleibenden Anbieterinnen innerhalb einer für alle gleichen Frist ihre
endgültigen Angebote einreichen können.
Art. 27
Bekanntgabe und Protokollierung
1
Die Auftraggeberin gibt den Anbieterinnen im Hinblick auf die Verhandlungen
folgendes schriftlich bekannt:
a.
ihr bereinigtes Angebot;
b.
die Angebotsbestandteile, über die verhandelt werden soll;
c.
Fristen und Modalitäten zur Eingabe des endgültigen schriftlichen Angebots.
2
Sie hält bei mündlichen Verhandlungen mindestens folgendes in einem Protokoll
fest:
a.
die Namen der anwesenden Personen;
b.
die verhandelten Angebotsbestandteile;
c.
die Ergebnisse der Verhandlungen.
15
Gesetz
Art. 28
AS 2015
Dialog
1
Bei komplexen Aufträgen sowie bei der Beschaffung innovativer Leistungen kann
eine Auftraggeberin im Rahmen eines offenen oder selektiven Verfahrens einen
Dialog durchführen. Auf den Dialog ist in der Ausschreibung hinzuweisen.
2 Die
Auftraggeberin formuliert und erläutert ihre Bedürfnisse und Anforderungen in
der Ausschreibung oder in den Ausschreibungsunterlagen. Sie gibt ausserdem bekannt:
a.
die möglichen Inhalte des Dialogs;
b.
ob und wie die Teilnahme am Dialog und die Nutzung der Immaterialgüterrechte sowie der Kenntnisse und Erfahrungen der Anbieterin entschädigt
werden; und
c.
die Fristen und Modalitäten zur Einreichung des endgültigen Angebots.
3
Die Auftraggeberin eröffnet in der Folge mit den nach Massgabe der Ausschreibungsunterlagen ausgewählten Anbieterinnen einen Dialog, mit dem Ziel, den
Leistungsgegenstand zu konkretisieren sowie die Lösungswege oder Vorgehensweisen zu ermitteln und festzulegen. Die Auftraggeberin kann das Verfahren in verschiedene aufeinander folgende Phasen aufteilen, in denen jeweils die Zahl der
teilnehmenden Anbieterinnen nach sachlichen und transparenten Kriterien verringert
wird.
4
Die Auftraggeberin beachtet insbesondere die Vertraulichkeit sowie das Gleichbehandlungsprinzip und unterlässt jede den Wettbewerb verfälschende Weitergabe von
Informationen, durch die bestimmte Anbieterinnen gegenüber anderen begünstigt
oder benachteiligt werden.
5
Die Auftraggeberin dokumentiert den Ablauf und den Inhalt des Dialogs in geeigneter und nachvollziehbarer Weise.
6
Die im Dialog verbliebenen Anbieterinnen werden über den Abschluss des Dialogs
informiert und aufgefordert, auf der Grundlage der mit ihnen in der Dialogphase
entwickelten Lösungen und Vorgehensweisen ihr endgültiges Angebot einzureichen.
Art. 29
Rahmenverträge
1
Die Auftraggeberin kann Rahmenverträge abschliessen, die nach Massgabe dieses
Gesetzes ausgeschrieben werden. Gestützt auf einen Rahmenvertrag kann die Auftraggeberin während dessen Laufzeit Einzelaufträge abrufen. Rahmenverträge
dürfen nicht mit der Absicht oder der Wirkung verwendet werden, den Wettbewerb
zu behindern oder zu beseitigen.
2 Die
Laufzeit eines Rahmenvertrags beträgt höchstens vier Jahre. Eine automatische
Verlängerung ist nicht möglich. In begründeten Fällen kann eine längere Laufzeit
vorgesehen werden.
3
Wird ein Rahmenvertrag mit nur einer Anbieterin geschlossen, so werden die auf
diesem Rahmenvertrag beruhenden Einzelaufträge entsprechend den Bedingungen
des Rahmenvertrags vergeben. Für die Vergabe der Einzelaufträge kann die Auf-
16
Gesetz
AS 2015
traggeberin die jeweilige Vertragspartnerin schriftlich auffordern, ihr Angebot zu
vervollständigen.
4
Werden aus zureichenden Gründen Rahmenverträge mit mehreren Anbieterinnen
geschlossen, erfolgt der Abruf von Einzelaufträgen nach Wahl der Auftraggeberin
entweder nach den Bedingungen des jeweiligen Rahmenvertrags ohne erneuten
Aufruf zur Angebotseinreichung oder nach folgendem Verfahren:
a.
Vor Abruf jedes Einzelvertrags konsultiert die Auftraggeberin schriftlich die
Vertragspartnerinnen und teilt ihnen den konkreten Bedarf mit.
b.
Die Auftraggeberin setzt ihnen eine angemessene Frist für die Abgabe der
Angebote für jeden Einzelvertrag.
c.
Die Angebote sind schriftlich einzureichen und während der Dauer verbindlich, die in der Anfrage genannt ist.
d.
Die Auftraggeberin schliesst den Einzelvertrag mit derjenigen Vertragspartnerin, die gestützt auf die in den Ausschreibungsunterlagen oder im Rahmenvertrag definierten Kriterien das beste Angebot unterbreitet.
5. Kapitel
Vergabeanforderungen
Art. 30
Teilnahmebedingungen
1 Die
Auftraggeberin stellt im Rahmen des Vergabeverfahrens und bei der Erbringung der zugeschlagenen Leistungen die Erfüllung der allgemeinen Teilnahmebedingungen durch die Anbieterin, wie die Einhaltung der geltenden Arbeitsschutzbestimmungen und Arbeitsbedingungen, die Bezahlung fälliger Steuern und
Sozialversicherungsbeiträge, die Gleichbehandlung von Frau und Mann und den
Verzicht auf Wettbewerbsabreden sicher.
2 Die
Auftraggeberin kann insbesondere eine Selbstdeklaration der Anbieterinnen
oder die Aufnahme in ein Verzeichnis verlangen, um die Einhaltung der Teilnahmebedingungen nachzuweisen.
Art. 31
Eignungskriterien
1
Die Auftraggeberin legt in der Ausschreibung oder in den Ausschreibungsunterlagen die wesentlichen Kriterien zur Eignung der Anbieterin abschliessend fest. Die
Kriterien müssen im Hinblick auf das Beschaffungsvorhaben objektiv erforderlich
und überprüfbar sein.
2
Die Eignungskriterien können insbesondere die fachliche, finanzielle, wirtschaftliche, technische und organisatorische Leistungsfähigkeit sowie die Erfahrung der
Anbieterinnen betreffen.
3
Die Auftraggeberin bezeichnet die Nachweise, die seitens der Anbieterinnen zu
erbringen sind.
4
Die Auftraggeberin darf nicht zur Bedingung machen, dass die Anbieterin bereits
einen oder mehrere Aufträge einer unterstellten Auftraggeberin erhalten hat.
17
Gesetz
AS 2015
Art. 32
1
Verzeichnisse
Die Auftraggeberin kann ein Verzeichnis geeigneter Anbieterinnen führen.
2 Die
Auftraggeberin, die ein Verzeichnis führt, veröffentlicht zumindest auf der
elektronischen Plattform von Bund und Kantonen folgende Angaben:
a.
Fundstelle des Verzeichnisses;
b.
Information über die hinterlegten Kriterien;
c.
Prüfungsmethoden und Eintragungsbedingungen;
d.
Dauer der Gültigkeit und Verfahren zur Erneuerung des Eintrags.
3
Ein transparentes Verfahren muss sicherstellen, dass Gesuchseinreichung, Prüfung
beziehungsweise Nachprüfung der Eignung und Eintragung einer Bewerberin in das
Verzeichnis oder dessen Streichung aus dem Verzeichnis jederzeit möglich sind.
4
In einem konkreten Beschaffungsvorhaben sind auch Anbieterinnen zugelassen,
die nicht im Verzeichnis figurieren, sofern sie den Eignungsnachweis erbringen.
5
Die Auftraggeberin informiert die darin aufgeführten Anbieterinnen, wenn das
Verzeichnis nicht mehr weitergeführt wird.
Art. 33
Zuschlagskriterien
1 Die
Auftraggeberin prüft die Angebote anhand leistungsbezogener Zuschlagskriterien. Sie kann neben dem Preis einer Leistung insbesondere Kriterien berücksichtigen wie Qualität, Zweckmässigkeit, Termine, technischer Wert, Wirtschaftlichkeit,
Betriebs- und Lebenszykluskosten, Ästhetik, Nachhaltigkeit, Kreativität, Kundendienst, Lieferbedingungen, Infrastruktur, Innovationsgehalt, Funktionalität, Servicebereitschaft, Fachkompetenz oder Effizienz der Methodik.
2 Ausserhalb
des Staatsvertragsbereichs kann die Auftraggeberin ergänzend berücksichtigen, inwieweit die Anbieterin Ausbildungsplätze für Lernende in der beruflichen Grundbildung anbietet.
3 Die
Auftraggeberin gibt die Zuschlagskriterien und ihre Gewichtung in der Ausschreibung oder in den Ausschreibungsunterlagen bekannt. Sind Lösungen, Lösungswege oder Vorgehensweisen Gegenstand der Beschaffung, so kann auf eine
Bekanntgabe der Gewichtung verzichtet werden.
Art. 34
Technische Spezifikationen
1
Die Auftraggeberin bezeichnet in der Ausschreibung oder in den Ausschreibungsunterlagen die erforderlichen technischen Spezifikationen.
2
Dabei definiert sie, soweit möglich und angemessen, die technischen Spezifikationen insbesondere bezüglich Leistungs- und Funktionsanforderungen. Sie stützt sich,
soweit vorhanden, auf internationale Normen, ansonsten auf in der Schweiz verwendete technische Vorschriften, anerkannte nationale Normen oder Branchenempfehlungen.
3
Technische Spezifikationen in Bezug auf bestimmte Handelsmarken oder -namen,
Patente, Urheberrechte, Muster oder Typen sowie der Hinweis auf einen bestimmten
18
Gesetz
AS 2015
Ursprung oder bestimmte Produzentinnen sind nicht zulässig, es sei denn, dass es
keine hinreichend genaue oder verständliche Art und Weise der Beschreibung des
Beschaffungsbedarfs gibt und die Auftraggeberin in diesem Fall in die Ausschreibungsunterlagen die Worte «oder gleichwertig» aufnimmt. Die Gleichwertigkeit ist
durch die Anbieterin nachzuweisen.
4 Die
Auftraggeberin kann technische Spezifikationen zur Förderung oder Erhaltung
der natürlichen Ressourcen oder des Umweltschutzes vorsehen.
Art. 35
1
Bietergemeinschaften und Subunternehmerinnen
Bietergemeinschaften und Subunternehmerinnen sind zugelassen.
2
Die Auftraggeberin kann die Bildung von Bietergemeinschaften und den Einsatz
von Subunternehmerinnen beschränken oder ausschliessen.
3 Mehrfachbewerbungen
von Subunternehmerinnen oder von Anbieterinnen im
Rahmen von Bietergemeinschaften sind ausgeschlossen, sofern sie in den Ausschreibungsunterlagen nicht ausdrücklich zugelassen sind.
4 Die
charakteristische Leistung ist grundsätzlich von der Anbieterin zu erbringen.
Art. 36
Lose und Teilleistungen
1
Die Anbieterin hat grundsätzlich ein Gesamtangebot für den Beschaffungsgegenstand einzureichen.
2
Die Auftraggeberin kann den Beschaffungsgegenstand in Lose aufteilen und an
eine oder mehrere Anbieterinnen vergeben.
3
Hat die Auftraggeberin Lose gebildet, so können die Anbieterinnen ein Angebot
für mehrere Lose einreichen, es sei denn, die Auftraggeberin habe dies in der Ausschreibung abweichend geregelt. Sie kann festlegen, dass eine einzelne Anbieterin
nur eine beschränkte Anzahl Lose erhalten kann.
4
Behält sich die Auftraggeberin vor, von den Anbieterinnen eine Zusammenarbeit
mit Dritten zu verlangen, so kündigt sie dies in der Ausschreibung an.
5
Die Auftraggeberin kann in der Ausschreibung vorbehalten, Teilleistungen zuzuschlagen.
Art. 37
Varianten
1
Den Anbieterinnen steht es frei, zusätzlich zum Angebot der in der Ausschreibung
beschriebenen Leistung Varianten vorzuschlagen. Die Auftraggeberin kann diese
Möglichkeit in der Ausschreibung beschränken oder ausschliessen.
2 Als
Variante gilt jedes Angebot, mit dem das Ziel der Beschaffung auf andere Art
als von der Auftraggeberin vorgesehen, erreicht werden kann.
19
Gesetz
AS 2015
Art. 38
Formerfordernisse
1
Angebote und Anträge auf Teilnahme müssen schriftlich, vollständig und fristgerecht gemäss den Angaben in der Ausschreibung oder in den Ausschreibungsunterlagen eingereicht werden.
2
Angebote und Anträge auf Teilnahme können elektronisch eingereicht werden,
wenn dies in der Ausschreibung oder in den Ausschreibungsunterlagen vorgesehen
ist und die seitens der Auftraggeberin definierten Anforderungen eingehalten werden.
6. Kapitel
Ablauf des Vergabeverfahrens
Art. 39
Inhalt der Ausschreibung
Die Publikation einer Ausschreibung enthält mindestens folgende Informationen:
a.
Name und Adresse der Auftraggeberin;
b.
Auftrags- und Verfahrensart sowie die einschlägige CPV-Klassifikation, bei
Dienstleistungen zusätzlich die einschlägige CPC-Klassifikation;
c.
Beschreibung der Leistungen, einschliesslich der Art und Menge, oder wenn
die Menge unbekannt ist, eine diesbezügliche Schätzung, sowie allfällige
Optionen;
d.
Ort und Zeitpunkt der Leistung;
e.
Aufteilung in Lose, Beschränkung der Anzahl Lose und Zulassung von Teilangeboten;
f.
Beschränkung oder Ausschluss von Bietergemeinschaften und Subunternehmerinnen;
g.
Beschränkung oder Ausschluss von Varianten;
h.
bei wiederkehrenden Leistungen wenn möglich eine Angabe des Zeitpunkts
der nachfolgenden Ausschreibung und einen Hinweis, ob die Angebotsfrist
verkürzt wird;
i.
gegebenenfalls einen Hinweis, ob Verhandlungen oder eine elektronische
Auktion stattfinden;
j.
gegebenenfalls die Absicht, einen Dialog durchzuführen;
k.
die Frist zur Einreichung von Angeboten oder Teilnahmeanträgen;
l.
Formerfordernisse zur Einreichung von Angeboten oder Teilnahmeanträgen;
m. die Sprache oder die Sprachen des Verfahrens und des Angebots;
20
n.
die Eignungskriterien und die geforderten Nachweise;
o.
die Höchstzahl der Anbieterinnen, die im selektiven Verfahren zur Offertstellung eingeladen werden;
Gesetz
AS 2015
p.
die Zuschlagskriterien sowie deren Gewichtung, sofern diese Angaben nicht
in den Ausschreibungsunterlagen enthalten sind;
q.
gegebenenfalls den Vorbehalt, Teilleistungen zuzuschlagen;
r.
die Gültigkeitsdauer der Angebote;
s.
die Bezugsquelle für die Ausschreibungsunterlagen sowie eine allfällige
Vergütung für den Bezug;
t.
einen Hinweis, ob die Beschaffung in den Staatsvertragsbereich fällt; und
u.
gegebenenfalls eine Rechtsmittelbelehrung.
Art. 40
Inhalt der Ausschreibungsunterlagen
Soweit diese Angaben nicht bereits in der Ausschreibung enthalten sind, geben die
Ausschreibungsunterlagen Aufschluss über:
a.
Name und Adresse der Auftraggeberin;
b.
den Gegenstand der Beschaffung, einschliesslich technischer Spezifikationen und Konformitätsbescheinigungen, Pläne, Zeichnungen und notwendiger Instruktionen sowie Angaben zur nachgefragten Menge;
c.
Formerfordernisse und Teilnahmebedingungen für die Anbieterinnen, einschliesslich einer Liste mit Angaben und Unterlagen, welche die Anbieterinnen im Zusammenhang mit den Teilnahmebedingungen einreichen müssen,
sowie eine allfällige Gewichtung der Eignungskriterien;
d.
die Zuschlagskriterien sowie deren Gewichtung;
e.
allfällige Anforderungen an die Authentifizierung und Verschlüsselung bei
der elektronischen Einreichung von Informationen, wenn die Auftraggeberin
die Beschaffung elektronisch abwickelt;
f.
die Regeln, einschliesslich der Angabe jener Angebotselemente, die sich auf
die Bewertungskriterien beziehen, nach denen die Auktion durchgeführt
wird, wenn die Auftraggeberin eine elektronische Auktion durchführt;
g.
das Datum, die Uhrzeit und den Ort für die Öffnung der Angebote, falls die
Angebote öffentlich geöffnet werden;
h.
alle anderen für die Offertstellung erforderlichen Modalitäten und Bedingungen; und
i.
Termine für die Erbringung der Leistungen.
Art. 41
Angebotsöffnung
1
Im offenen und selektiven Verfahren werden alle fristgerecht eingereichten Angebote durch mindestens zwei Vertreterinnen der Auftraggeberin geöffnet.
2
Über die Öffnung der Angebote wird ein Protokoll erstellt. Darin sind mindestens
die Namen der anwesenden Personen, die Namen der Anbieterinnen, das Datum der
Einreichung ihrer Eingaben, allfällige Angebotsvarianten sowie die jeweiligen
Gesamtpreise der Angebote festzuhalten.
21
Gesetz
Art. 42
AS 2015
Prüfung und Bewertung der Angebote
1
Die Auftraggeberin prüft die eingegangenen Angebote auf die Einhaltung der
Formerfordernisse. Offensichtliche Rechenfehler werden von Amtes wegen berichtigt.
2
Die Auftraggeberin kann eine Bereinigung der Angebote durchführen, wenn dies
aus Gründen der objektiven Vergleichbarkeit erforderlich und mit dem Gebot der
Gleichbehandlung der Anbieterinnen vereinbar ist. Sie kann zu diesem Zweck
Erläuterungen der Anbieterinnen einholen. Ablauf und Inhalt der Angebotsbereinigung werden nachvollziehbar festgehalten.
3
Geht ein Angebot ein, dessen Preis im Vergleich zu den anderen Angeboten ungewöhnlich niedrig erscheint, kann die Auftraggeberin bei der Anbieterin zweckdienliche Erkundigungen darüber einholen, ob sie die Teilnahmebedingungen einhält und
die weiteren Anforderungen der Ausschreibung verstanden hat.
4
Sofern die Eignungskriterien und technischen Spezifikationen erfüllt sind, werden
die Angebote nach Massgabe der Zuschlagskriterien objektiv, einheitlich und nachvollziehbar geprüft und bewertet.
5
Wenn die umfassende Prüfung und Bewertung der Angebote einen unangemessenen Aufwand erforderte und wenn die Auftraggeberin dies in der Ausschreibung
angekündigt hat, kann sie zunächst alle Angebote auf der Grundlage der eingereichten Unterlagen einer ersten Prüfung unterziehen und demgemäss rangieren. Auf
dieser Grundlage wählt sie nach Möglichkeit die drei bestrangierten Angebote aus,
die einer weiteren Prüfung und Bewertung unterliegen.
Art. 43
1
Zuschlag
Das wirtschaftlich günstigste Angebot erhält den Zuschlag.
2
Der Zuschlag für weitgehend standardisierte Leistungen kann ausschliesslich nach
dem Kriterium des niedrigsten Preises erfolgen.
Art. 44
Vertragsschluss
1
Der Vertrag mit der Anbieterin darf nach dem Zuschlag und nach dem Ablauf der
Beschwerdefrist geschlossen werden, es sei denn, das Bundesverwaltungsgericht
habe einer Beschwerde gegen den Zuschlag aufschiebende Wirkung erteilt.
2
Ist ein Beschwerdeverfahren gegen die Zuschlagsverfügung hängig, ohne dass die
aufschiebende Wirkung verlangt oder gewährt wurde, teilt die Auftraggeberin den
Vertragsschluss umgehend dem Gericht mit.
Art. 45
Abbruch
1
Die Auftraggeberin kann das Vergabeverfahren aus zureichenden Gründen abbrechen, insbesondere wenn:
a.
22
sie das Vorhaben nicht verwirklicht;
Gesetz
AS 2015
b.
kein Angebot die technischen Spezifikationen und weiteren Anforderungen
erfüllt;
c.
aufgrund veränderter Rahmenbedingungen günstigere Angebote zu erwarten
sind;
d.
die eingereichten Angebote keine wirtschaftliche Beschaffung erlauben oder
den Kostenrahmen deutlich überschreiten;
e.
hinreichende Anhaltspunkte für eine Wettbewerbsabrede unter den Anbieterinnen bestehen; oder
f.
eine wesentliche Änderung der nachgefragten Leistungen erforderlich wird.
2
Im Fall eines Abbruchs haben die Anbieterinnen keinen Anspruch auf eine Entschädigung.
Art. 46
Ausschluss vom Verfahren und Widerruf des Zuschlags
Die Auftraggeberin kann bei Vorliegen hinreichender Anhaltspunkte eine Anbieterin
von einem Vergabeverfahren ausschliessen, aus einem Verzeichnis streichen oder
einen bereits erteilten Zuschlag widerrufen, wenn auf die Anbieterin, ihre Organe,
eine beigezogene Dritte oder deren Organe insbesondere einer der folgenden Sachverhalte zutrifft:
a.
wenn sie die Voraussetzungen für die Teilnahme am Verfahren nicht oder
nicht mehr erfüllen oder wenn der rechtskonforme Ablauf des Vergabeverfahrens durch ihr Verhalten beeinträchtigt wird;
b.
bei Angeboten und Anträgen auf Teilnahme mit wesentlichen Formfehlern
oder wesentlichen Abweichungen von den verbindlichen Anforderungen einer Ausschreibung;
c.
bei unwahren oder irreführenden Aussagen und Auskünften gegenüber der
Auftraggeberin;
d.
bei einer rechtskräftigen Verurteilung wegen eines Verbrechens sowie bei
einem Verbrechen oder Vergehen zum Nachteil der jeweiligen Auftraggeberin;
e.
bei einem Verstoss gegen anerkannte Berufsregeln sowie Handlungen und
Unterlassungen, die ihre berufliche Ehre oder Integrität beeinträchtigen;
f.
wenn sie sich im Konkursverfahren befinden oder aus anderen Gründen als
insolvent gelten;
g.
bei Nichtbeachtung, der Arbeitsschutzbestimmungen und der Arbeitsbedingungen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, der Gleichbehandlung
von Frau und Mann in Bezug auf die Lohngleichheit sowie bei Nichteinhaltung der Bestimmungen zur Vertraulichkeit;
h.
bei einer Verletzung der Bestimmungen zur Bekämpfung der Korruption;
i.
bei einer Verletzung der Bestimmungen über die Schwarzarbeit;
j.
wenn sie sich den angeordneten Kontrollen widersetzen;
23
Gesetz
AS 2015
k.
bei Nichtbezahlung fälliger Steuern oder Sozialabgaben;
l.
wenn Wettbewerbsabreden getroffen wurden, die eine Beschränkung des
Wettbewerbs bezwecken oder bewirken;
m. im Falle der mangelhaften Erfüllung früherer Aufträge sowie in Fällen, bei
denen sie in anderer Weise erkennen liessen, keine verlässlichen und vertrauenswürdigen Vertragspartnerinnen zu sein;
n.
falls sie an der Vorbereitung der Beschaffung beteiligt waren und der
dadurch entstehende Wettbewerbsvorteil nicht mit geeigneten Mitteln ausgeglichen werden kann;
o.
falls sie ein ungewöhnlich niedriges Angebot einreichen, ohne auf Aufforderung hin nachzuweisen, dass die Teilnahmebedingungen eingehalten werden, und keine Gewähr für die vertragskonforme Erbringung der ausgeschriebenen Leistungen bieten;
p.
falls eine Anbieterin nach Artikel 47 Absatz 1 von künftigen Vergaben
rechtskräftig ausgeschlossen wurde; oder
q.
falls eine Anbieterin ihre Pflichten im Zusammenhang mit dem Einsichtsrecht gemäss Artikel 18 Absatz 1 verletzt.
Art. 47
Sanktionen
1
Die Auftraggeberin kann die Anbieterin, die selber oder durch ihre Organe in
schwerwiegender Weise einen oder mehrere der Tatbestände von Artikel 46 Buchstabe d, g, h und q erfüllt, verwarnen oder von künftigen Aufträgen der jeweiligen
Auftraggeberin für die Dauer von bis zu fünf Jahren ausschliessen.
2 Diese
Sanktionsmöglichkeiten gelten unbeschadet weiterer rechtlicher Schritte
gegen die fehlbare Anbieterin oder ihre Organe. Widerhandlungen gemäss Artikel
46 Buchstabe l teilt die Auftraggeberin der Wettbewerbskommission mit.
3
Unter den gleichen Voraussetzungen können die Sanktionen gemäss den Absätzen
1 und 2 auf eine von der Anbieterin beigezogene Dritte oder deren Organe angewendet werden.
4
Die Auftraggeberin und die nach gesetzlicher Anordnung zuständigen Behörden
melden einen rechtskräftigen Ausschluss nach Absatz 1 einer vom Bundesrat bezeichneten Stelle. Diese Stelle führt eine nicht öffentliche Liste mit den sanktionierten Anbieterinnen und sorgt dafür, dass jede Auftraggeberin Aufschluss darüber
erlangen kann, ob eine Anbieterin in der Liste verzeichnet ist und auf welcher
Grundlage und für welche Dauer eine Sanktion verfügt wurde. Bund und Kantone
stellen einander alle nach diesem Artikel erhobenen Informationen zur Verfügung.
Nach Ablauf der Sanktion wird der Eintrag gelöscht.
5
Werden für einen öffentlichen Auftrag finanzielle Beiträge gesprochen, so können
diese Beiträge ganz oder teilweise entzogen oder zurückgefordert werden, wenn die
Auftraggeberin gegen dieses Gesetz verstösst.
24
Gesetz
AS 2015
7. Kapitel
Fristen und Veröffentlichungen, Statistik
Art. 48
Fristen
1
Bei der Bestimmung der Fristen für die Einreichung der Angebote oder Teilnahmeanträge trägt die Auftraggeberin der Komplexität des Auftrags, der voraussichtlichen Anzahl von Unteraufträgen sowie den Übermittlungswegen Rechnung.
2
Im Staatsvertragsbereich gelten folgende Minimalfristen:
a.
im offenen Verfahren: 40 Tage ab Publikation der Ausschreibung für die
Einreichung der Angebote;
b.
im selektiven Verfahren: 25 Tage ab Publikation der Ausschreibung für die
Einreichung der Teilnahmeanträge und 40 Tage ab Einladung zur Offertstellung für die Einreichung der Angebote.
3 Eine
Verlängerung dieser Fristen ist allen Anbieterinnen rechtzeitig anzuzeigen.
4
Ausserhalb des Staatsvertragsbereichs beträgt die Frist für die Einreichung der
Angebote in der Regel mindestens 20 Tage.
Art. 49
Fristverkürzung im Staatsvertragsbereich
1
Die Minimalfrist für die Einreichung der Angebote im offenen und selektiven
Verfahren sowie die Frist für Teilnahmeanträge im selektiven Verfahren kann in
Fällen nachgewiesener Dringlichkeit auf nicht weniger als zehn Tage verkürzt
werden.
2
Die Auftraggeberin kann die Minimalfrist von 40 Tagen nach Artikel 48 Absatz 2
Buchstabe a um je fünf Tage kürzen, wenn
a.
die Ausschreibung elektronisch publiziert wird;
b.
die Ausschreibungsunterlagen zeitgleich elektronisch publiziert werden; oder
c.
Angebote auf elektronischem Weg entgegengenommen werden.
3
Die Auftraggeberin kann die Minimalfrist von 40 Tagen nach Artikel 48 Absatz 2
Buchstabe a auf nicht weniger als zehn Tage verkürzen, sofern sie mindestens 40
Tage bis höchstens zwölf Monate vor der Publikation der Ausschreibung eine Vorankündigung mit folgendem Inhalt publiziert hat:
a.
Gegenstand der beabsichtigten Beschaffung;
b.
ungefähre Frist für die Einreichung der Angebote oder Teilnahmeanträge;
c.
Erklärung, dass die interessierten Anbieterinnen der Auftraggeberin ihr Interesse an der Beschaffung mitteilen sollen;
d.
Bezugsquelle für die Ausschreibungsunterlagen; und
e.
alle weiteren zu diesem Zeitpunkt bereits verfügbaren Angaben gemäss Artikel 39.
25
Gesetz
AS 2015
4 Die
Auftraggeberin kann die Minimalfrist von 40 Tagen nach Artikel 48 Absatz 2
Buchstabe a auf nicht weniger als 10 Tage verkürzen, wenn sie wiederkehrende
Leistungen beschafft und bei einer früheren Ausschreibung auf die Fristverkürzung
hingewiesen hat.
5 Unbeschadet
anderer Bestimmungen nach diesem Artikel kann eine Auftraggeberin beim Einkauf gewerblicher Waren oder Dienstleistungen oder einer Kombination
der beiden die Frist zur Angebotseinreichung auf nicht weniger als 13 Tage verkürzen, sofern sie die Bekanntmachung der beabsichtigten Beschaffung und die Ausschreibungsunterlagen gleichzeitig elektronisch veröffentlicht. Nimmt die Auftraggeberin Angebote für gewerbliche Waren oder Dienstleistungen elektronisch
entgegen, kann sie ausserdem die Frist auf nicht weniger als zehn Tage kürzen.
Art. 50
Veröffentlichungen
1 Im
offenen und selektiven Verfahren veröffentlicht die Auftraggeberin die Ausschreibung, den Zuschlag sowie den Abbruch des Verfahrens auf einer gemeinsam
von Bund und Kantonen betriebenen Internetplattform für öffentliche Beschaffungen. Überdies veröffentlicht sie gemäss Artikel 23 Absatz 2 freihändig erteilte
Zuschläge mindestens im Staatsvertragsbereich. Die Ausschreibungsunterlagen
werden in der Regel zeitgleich und elektronisch zur Verfügung gestellt. Der Zugang
zu diesen Veröffentlichungen ist unentgeltlich.
2 Bei
Bauaufträgen und damit verbundenen Lieferungen und Dienstleistungen sind
die Ausschreibung und der Zuschlag wenigstens in der Amtssprache am Standort
der Baute zu publizieren.
3 Für
jede Beschaffung im Staatsvertragsbereich, die nicht in einer Amtssprache der
WTO ausgeschrieben wird, veröffentlicht die Auftraggeberin zeitgleich mit der
Ausschreibung eine Zusammenfassung der Anzeige in einer Amtssprache der WTO.
Die Zusammenfassung enthält mindestens:
a.
den Gegenstand der Beschaffung;
b.
die Frist für die Abgabe der Angebote oder Teilnahmeanträge; und
c.
die Bezugsquelle für die Ausschreibungsunterlagen.
4
Im Staatsvertragsbereich erteilte Zuschläge sind innerhalb von 72 Tagen zu publizieren. Die Mitteilung enthält folgende Angaben:
26
a.
Art des angewandten Verfahrens;
b.
Gegenstand und Umfang des Auftrags;
c.
Name und Adresse des Auftraggeberin;
d.
Datum des Zuschlags;
e.
Name und Adresse der berücksichtigten Anbieterin;
f.
Preis des berücksichtigten Angebots (inklusive Mehrwertsteuer).
Gesetz
Art. 51
AS 2015
Aufbewahrung der Unterlagen
1
Soweit keine weitergehenden Bestimmungen bestehen, bewahren die Auftraggeberinnen alle Unterlagen im Zusammenhang mit einem Beschaffungsverfahren während drei Jahren ab Zuschlag auf.
2 Zu
den aufzubewahrenden Unterlagen gehören:
a.
die Ausschreibung;
b.
die Ausschreibungsunterlagen;
c.
das Offertöffnungsprotokoll;
d.
die Korrespondenz über das Vergabeverfahren;
e.
die Verhandlungsprotokolle;
f.
Verfügungen im Rahmen des Vergabeverfahrens;
g.
das berücksichtigte Angebot;
h.
Daten zur Rückverfolgbarkeit der elektronischen Abwicklung einer Beschaffung; und
i.
Berichte über im Staatsvertragsbereich freihändig vergebene Aufträge.
Art. 52
Statistik
1 Der
Bund erstellt innerhalb von zwölf Monaten nach Ablauf eines Kalenderjahres
zuhanden des Staatssekretariats für Wirtschaft (SECO) eine elektronisch geführte
Statistik über die Beschaffungen des Vorjahres im Staatsvertragsbereich.
2
Die Statistiken enthalten mindestens die folgenden Angaben:
a.
Anzahl und Gesamtwert der öffentlichen Aufträge jeder Auftraggeberin im
Staatsvertragsbereich gegliedert nach Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträgen unter Angabe der CPC- oder CPV-Klassifikation;
b.
Anzahl und Gesamtwert der öffentlichen Aufträge, die im freihändigen Verfahren vergeben wurden;
c.
Schätzungen zu den Angaben gemäss Buchstabe a und b mit Erläuterungen
zur eingesetzten Schätzungsmethode, wenn keine Daten vorgelegt werden
können.
3 Der
Gesamtwert ist jeweils inklusive Mehrwertsteuer anzugeben.
4 Die
Gesamtstatistik des SECO ist unter Vorbehalt des Datenschutzes und der
Wahrung von Geschäftsgeheimnissen öffentlich zugänglich.
27
Gesetz
AS 2015
8. Kapitel
Rechtsschutz
Art. 53
Eröffnung von Verfügungen
1
Die Auftraggeberin eröffnet Verfügungen durch Veröffentlichung oder durch
individuelle Zustellung an die Anbieterinnen. Die Anbieterinnen haben vor Eröffnung der Verfügung keinen Anspruch auf rechtliches Gehör.
2
Die Verfügungen sind summarisch zu begründen und mit einer Rechtsmittelbelehrung zu versehen.
3
Die summarische Begründung eines Zuschlags umfasst:
a.
die Art des Verfahrens und den Namen der berücksichtigten Anbieterin;
b.
den Gesamtpreis des berücksichtigten Angebots oder ausnahmsweise die
tiefsten und die höchsten Preise der in das Vergabeverfahren einbezogenen
Angebote; und
c.
die ausschlaggebenden Merkmale und Vorteile des berücksichtigten Angebots.
4 Die
Auftraggeberin darf keine Informationen bekanntgeben, wenn dadurch:
a.
gegen geltendes Recht verstossen oder öffentliche Interessen verletzt würden;
b.
berechtigte wirtschaftliche Interessen der Anbieterinnen beeinträchtigt würden; oder
c.
der lautere Wettbewerb zwischen den Anbieterinnen gefährdet würde.
Art. 54
Beschwerde
1
Gegen Verfügungen der Auftraggeberinnen ist bei einem Auftragswert ab 150 000
Franken die Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zulässig.
2
Verfügungen nach Artikel 55 Absatz 1 Buchstaben c und g sind unabhängig vom
Auftragswert mit Beschwerde anfechtbar.
3
Für Beschwerden gegen Beschaffungen des Bundesverwaltungsgerichts ist das
Bundesgericht direkt zuständig. Auf Beschwerden gegen Beschaffungen des Bundesgerichts findet Artikel 37 Absatz 3 des Bundesgesetzes vom 17. Juni 200514 über
das Bundesgericht Anwendung.
4
Auf Aufträge ausserhalb des Staatsvertragsbereichs findet ein einfaches und rasches Verfahren mit kurzen Fristen, einfachem Schriftenwechsel und beschränkten
Beweismitteln Anwendung. Zuständig ist die Einzelrichterin oder der Einzelrichter
am Bundesverwaltungsgericht. Der Entscheid der Einzelrichterin oder des Einzelrichters wird auf Antrag einer Partei summarisch begründet und ist endgültig. Der
Bundesrat regelt die Einzelheiten.
5
Gegen die Vergabe von Aufträgen gemäss Artikel 11 Buchstabe c besteht kein
Beschwerderecht.
14
SR 173.110
28
Gesetz
Art. 55
1
AS 2015
Beschwerdeobjekt
Durch Beschwerde anfechtbar sind ausschliesslich die folgenden Verfügungen:
a.
die Ausschreibung des Auftrags;
b.
der Entscheid über die Auswahl der Anbieterinnen im selektiven Verfahren;
c.
der Entscheid über die Aufnahme in oder die Streichung einer Anbieterin
aus einem Verzeichnis;
d.
der Zuschlag und dessen Widerruf;
e.
der Abbruch des Verfahrens;
f.
der Ausschluss aus dem Verfahren;
g.
die Verhängung einer Sanktion; und
h.
die Rückerstattung von Vergütungen oder die Preisreduktion als Folge des
behördlichen Einsichtsrechts.
2
Anordnungen in den Ausschreibungsunterlagen, deren Bedeutung und Tragweite
erkennbar sind, müssen zusammen mit der Ausschreibung angefochten werden.
3
Für Beschwerden gegen die Verhängung einer Sanktion finden die Bestimmungen
dieses Gesetzes zum rechtlichen Gehör im Verfügungsverfahren, zur aufschiebenden
Wirkung und zur Beschränkung der Beschwerdegründe keine Anwendung.
4
Verfügungen in Beschaffungsverfahren mit einem Auftragswert von weniger als
150 000 Franken können, mit Ausnahme von Absatz 1 Buchstaben c und g, nicht
mit Beschwerde angefochten werden.
Art. 56
1
Aufschiebende Wirkung
Die Beschwerde hat keine aufschiebende Wirkung.
2
Während der Dauer der Beschwerdefrist und bis zum Entscheid über ein Gesuch
um aufschiebende Wirkung durch das Bundesverwaltungsgericht darf die Auftraggeberin weder den Vertrag mit der berücksichtigten Anbieterin schliessen noch
Vorkehren treffen, welche den Ausgang einer Beschwerde präjudizieren können.
3
Das Bundesverwaltungsgericht kann auf Gesuch hin aufschiebende Wirkung
gewähren, wenn die Beschwerde als ausreichend begründet erscheint und keine
überwiegenden öffentlichen Interessen entgegenstehen. Zur Frage der aufschiebenden Wirkung findet grundsätzlich nur ein Schriftenwechsel statt.
4
Ein rechtsmissbräuchliches oder treuwidriges Gesuch um aufschiebende Wirkung
findet keinen Schutz. Schadenersatzansprüche der Auftraggeberin und der berücksichtigten Anbieterin sind von den Zivilgerichten zu beurteilen.
29
Gesetz
AS 2015
Art. 57
Anwendbares Recht
Das Verfügungs- und Beschwerdeverfahren richtet sich nach den allgemeinen Bestimmungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 20. Dezember 196815, soweit
das vorliegende Gesetz nichts anderes bestimmt.
Art. 58
Beschwerdefrist und Beschwerdegründe
1
Beschwerden müssen schriftlich und begründet innert 20 Tagen seit Eröffnung der
Verfügung eingereicht werden.
2
Es gelten keine Gerichtsferien.
3
Mit der Beschwerde können gerügt werden:
a
Rechtsverletzungen, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des
Ermessens; sowie
b.
die unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts.
4
Die Angemessenheit eines Entscheids kann im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens nicht überprüft werden.
5
Im freihändigen Verfahren kann nur gerügt werden, es sei das falsche Verfahren
angewendet worden.
Art. 59
1
Akteneinsicht
Im Verfügungsverfahren besteht kein Anspruch auf Akteneinsicht.
2
Im Beschwerdeverfahren ist der Beschwerdeführerin auf Gesuch hin Einsicht in
die Bewertung ihres Angebots und in weitere entscheidrelevante Verfahrensakten zu
gewähren, soweit nicht überwiegende öffentliche oder private Interessen entgegenstehen.
Art. 60
Beschwerdeentscheid
1
Die Beschwerdeinstanz kann in der Sache selbst entscheiden oder diese an die
Vorinstanz oder an die Auftraggeberin zurückweisen. Im Falle einer Zurückweisung
hat sie verbindliche Anweisungen zu erteilen.
2
Erweist sich die Beschwerde als begründet und ist der Vertrag mit der berücksichtigten Anbieterin bereits geschlossen, so stellt die Beschwerdeinstanz lediglich fest,
inwiefern die angefochtene Verfügung das anwendbare Recht verletzt.
3
Gleichzeitig mit der Feststellung der Rechtsverletzung gemäss Absatz 2 entscheidet die Beschwerdeinstanz über ein allfälliges Schadenersatzbegehren.
4
Der Schadenersatz ist beschränkt auf die erforderlichen Aufwendungen, die der
Anbieter im Zusammenhang mit der Vorbereitung und Einreichung ihres Angebots
erwachsen sind.
15
30
SR 172.021
Gesetz
Art. 61
AS 2015
Revision
Hat die Beschwerdeinstanz über ein Revisionsgesuch zu entscheiden, so gilt Artikel
60 Absatz 2 sinngemäss.
9. Kapitel
Schlussbestimmungen
Art. 62
Vollzug
1
Der Bundesrat erlässt die Ausführungsbestimmungen. Er kann die Kompetenz dem
Eidgenössischen Finanzdepartement (EFD) oder in den Fällen von Artikel 7, 10 und
52 dem für das Beschaffungswesen zuständigen Bundesamt übertragen.
2
Der Bundesrat beachtet die Anforderungen der massgebenden Staatsverträge.
Art. 63
Aufhebung und Änderung anderer Erlasse
1
Das Bundesgesetz vom 16. Dezember 1994 über das öffentliche Beschaffungswesen wird aufgehoben.
2
Das Bundesgesetz vom 6. Oktober 199516 über den Binnenmarkt wird wie folgt
geändert:
Art. 5 Abs. 3
3
Die Beschaffungen von Kantonen und Gemeinden sowie anderer Träger kantonaler
und kommunaler Aufgaben sowie die Konzessionsvergabe dieser Auftraggeber im
Geltungsbereich der Interkantonalen Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen von 2015 (IVöB 2015) unterstehen in den Konkordatskantonen ausschliesslich den materiellen und verfahrensrechtlichen Bestimmungen der IVöB
2015, soweit sie die Mindeststandards dieses Gesetzes einhalten.
Art. 8 Abs. 1 und 2
1
Die Wettbewerbskommission überwacht die Einhaltung dieses Gesetzes und der
IVöB 2015 durch Bund, Kantone und Gemeinden sowie andere Träger öffentlicher
Aufgaben.
2
Sie kann Bund, Kantonen und Gemeinden Empfehlungen zu vorgesehenen und
bestehenden Erlassen und im Rahmen der IVöB 2015 zu öffentlichen Beschaffungen
abgeben.
Art. 9 Abs. 1, Abs. 2 2. Satz, Abs. 2bis und Abs. 3
1
Beschränkungen des freien Zugangs zum Markt sind in Form einer anfechtbaren
Verfügung zu erlassen.
16
SR 943.02
31
Gesetz
AS 2015
2
In Kantonen, die der IVöB 2015 beigetreten sind, richtet sich der Rechtsschutz
gegen Entscheide kantonaler und kommunaler Auftraggeber im Bereich des öffentlichen Beschaffungswesens ausschliesslich nach dieser Vereinbarung.
2bis
Die Wettbewerbskommission kann Beschwerde erheben, um feststellen zu
lassen, ob ein Entscheid den Zugang zum Markt in unzulässiger Weise beschränkt
oder gegen die IVöB 2015 verstösst.
3
(aufgehoben)
Art. 10 Abs. 1
1
Die Wettbewerbskommission kann eidgenössischen, kantonalen und kommunalen
Verwaltungsbehörden sowie Rechtsprechungsorganen Gutachten über die Anwendung dieses Gesetzes und der IVöB 2015 erstatten.
Regelung des Behördenbeschwerderechts gemäss Vorschlag Vernehmlassung EIVöB
In der Vernehmlassung zum Entwurf der revidierten IVöB wurde folgende Regelung
des Behördenbeschwerderechts in der Interkantonalen Vereinbarung über das
öffentliche Beschaffungswesen vorgeschlagen:
Art. 52 Beschwerde
1
…
2
…
3
Gegen die in Art. 53 Abs. 1 [E-IVöB] bezeichneten Verfügungen kann ausserdem
[Variante 1: die Wettbewerbskommission] / [Variante 2: das Interkantonale Organ
für das öffentliche Beschaffungswesen (INöB)] Beschwerde erheben mit dem Begehren, die Rechtswidrigkeit der Verfügung feststellen zu lassen.
4
….
3 Das
Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesverwaltungsgericht17 wird
wie folgt geändert:
Art. 23 Abs. 2
2
Vorbehalten bleiben die besonderen Zuständigkeiten des Einzelrichters beziehungsweise der Einzelrichterin nach Artikel 111 Buchstaben c bis e des Asylgesetzes vom 26. Juni 199818, nach den Bundesgesetzen über die Sozialversicherung
sowie nach dem Bundesgesetz vom […] über das öffentliche Beschaffungswesen.
17
18
32
SR 173.32
SR 142.31
Gesetz
AS 2015
4
Das Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht19 wird wie folgt
geändert:
Art. 83 Bst. f Ziff. 2
2. wenn sich keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt, soweit nicht
Beschwerden gegen Beschaffungen des Bundesverwaltungsgerichts, des Bundesstrafgerichts, des Bundespatentgerichts, der Bundesanwaltschaft sowie der oberen kantonalen Gerichtsinstanzen zu beurteilen sind.
Art. 64
Übergangsrecht
Dieses Gesetz findet auf alle Aufträge Anwendung, die nach dem Inkrafttreten
öffentlich ausgeschrieben werden oder, soweit keine öffentliche Ausschreibung
erfolgt ist, die nach dem Inkrafttreten vergeben werden.
Art. 65
Referendum und Inkrafttreten
1
Dieses Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum.
2
Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten.
Datum des Inkrafttretens: ...20
19
20
SR 173.110
BRB vom ...
33
Gesetz
AS 2015
Anhang 1
(Art. 9 Abs. 3)
Waren
Waren im Staatsvertragsbereich
Als Waren im Anwendungsbereich des Gesetzes gelten:
a.
für Beschaffungen durch die mit der Verteidigung und Sicherheit beauftragten Auftraggeberinnen, die in den für die Schweiz geltenden internationalen
Abkommen als solche bezeichnet werden: die Waren, die in der nachfolgenden Liste des zivilen Materials für Verteidigung und Zivilschutz aufgeführt
sind;
b.
für Beschaffungen durch andere Auftraggeberinnen: sämtliche Waren.
Liste des zivilen Materials für Verteidigung und Zivilschutz
Zoll-Klassifikationsliste
(NRZZ) Referenz-Nr.
1.
Salz; Schwefel; Erden und Steine; Gips; Kalk und Zement
Kapitel 25
2.
Erze, Schlacken und Aschen
Kapitel 26
3.
Mineralische Brennstoffe, Mineralöle und Erzeugnisse ihrer Kapitel 27
Destillation; bitumöse Stoffe; Mineralwachse
4.
Anorganische chemische Erzeugnisse; anorganische und
organische Verbindungen von Edelmetallen, radioaktiven
Elementen, Seltenerdmetallen oder Isotopen
Kapitel 28
5.
Organische chemische Erzeugnisse
Kapitel 29
6.
Pharmazeutische Erzeugnisse
Kapitel 30
7.
Düngemittel
Kapitel 31
8.
Gerb- oder Farbstoffauszüge; Tannine und ihre Derivate;
Kapitel 32
Pigmente und andere Farbstoffe; Anstrichfarben und Lacke;
Kitte; Tinten
9.
Ätherische Öle und Resinoide; zubereitete Riechstoffe,
Körperpflege- und Schönheitsmittel
34
Kapitel 33
Gesetz
AS 2015
Zoll-Klassifikationsliste
(NRZZ) Referenz-Nr.
10. Seifen, organische grenzflächenaktive Stoffe, zubereitete
Kapitel 34
Waschmittel, zubereitete Schmiermittel, künstliche Wachse,
zubereitete Wachse, Putzmittel, Kerzen und ähnliche Erzeugnisse, Modelliermassen, Dentalwachse und Zubereitungen zu zahnärztlichen Zwecken auf der Grundlage von
Gips
11. Eiweissstoffe; Erzeugnisse auf der Grundlage modifizierter
Stärken; Klebstoffe; Enzyme
Kapitel 35
12. Pulver und Sprengstoffe; pyrotechnische Artikel, Zündhölzer, Zündmetalllegierungen; leicht entzündliche Stoffe
Kapitel 36
13. Erzeugnisse zu fotografischen und kinematografischen
Zwecken
Kapitel 37
14. Verschiedene Erzeugnisse der chemischen Industrie
Kapitel 38
15. Kunststoffe und Waren daraus
Kapitel 39
16. Kautschuk und Waren daraus
Kapitel 40
17. Häute, Felle (andere als Pelzfelle) und Leder
Kapitel 41
18. Lederwaren; Sattlerwaren; Reiseartikel, Handtaschen und
ähnliche Behältnisse; Waren aus Därmen
Kapitel 42
19. Pelzfelle und künstliches Pelzwerk; Waren daraus
Kapitel 43
20. Holz, Holzkohle und Holzwaren
Kapitel 44
21. Kork und Korkwaren
Kapitel 45
22. Flechtwaren und Korbmacherwaren
Kapitel 46
23. Halbstoffe aus Holz oder anderen zellulosehaltigen Faserstoffen; Papier oder Pappe für die Wiederaufbereitung
(Abfälle und Ausschuss)
Kapitel 47
24. Papier und Pappen; Waren aus Zellstoff, Papier oder Pappe
Kapitel 48
25. Waren des Buchhandels, Presseerzeugnisse oder andere
Waren der grafischen Industrie; hand- oder maschinengeschriebene Schriftstücke und Pläne
Kapitel 49
26. Seide
Kapitel 50
27. Wolle, feine oder grobe Tierhaare; Garne und Gewebe aus
Rosshaar
Kapitel 51
28. Baumwolle
Kapitel 52
29. Andere pflanzliche Spinnstoffe; Papiergarne und Gewebe
aus Papiergarnen
Kapitel 53
35
Gesetz
AS 2015
Zoll-Klassifikationsliste
(NRZZ) Referenz-Nr.
30. Synthetische oder künstliche Filamente, ausgenommen:
54.07: Gewebe aus Garnen aus synthetischen Filamenten
54.08: Gewebe aus Garnen aus künstlichen Filamenten
31. Synthetische oder künstliche Kurzfasern, ausgenommen:
55.11 – 55.16: Garne aus synthetischen oder künstlichen
Kurzfasern
32. Watte, Filze und Vliesstoffe; Spezialgarne; Bindfäden, Seile
und Taue; Seilerwaren, ausgenommen:
56.08: Netze, geknüpft, in Stücken oder als Meterware, aus
Bindfäden, Seilen oder Tauen sowie konfektionierte Fischernetze und andere konfektionierte Netze, aus Spinnstoffen
33. Teppiche und andere Bodenbeläge aus Spinnstoffen
Kapitel 54
Kapitel 55
Kapitel 56
Kapitel 57
34. Spezialgewebe; getuftete Spinnstofferzeugnisse; Spitzen; Kapitel 58
Tapisserien; Posamentierwaren; Stickereien
35. Gewirkte oder gestrickte Stoffe
Kapitel 60
36. Bekleidung und Bekleidungszubehör, gewirkt oder gestrickt Kapitel 61
37 Bekleidung und Bekleidungszubehör, weder gewirkt noch Kapitel 62
gestrickt
38. Andere konfektionierte Spinnstoffwaren; Warenzusammen- Kapitel 63
stellungen; Altwaren und Lumpen
39. Schuhe, Gamaschen und ähnliche Waren; Teile davon
Kapitel 64
40. Kopfbedeckungen und Teile davon
Kapitel 65
41. Regenschirme, Sonnenschirme, Spazierstöcke, Sitzstöcke,
Peitschen, Reitpeitschen und Teile davon
Kapitel 66
42. Zugerichtete Federn und Daunen und Waren aus Federn
oder Daunen; künstliche Blumen; Waren aus Menschenhaaren
Kapitel 67
43. Waren aus Steinen, Gips, Zement, Asbest, Glimmer oder
ähnlichen Stoffen
Kapitel 68
44. Keramische Waren
Kapitel 69
45. Glas und Glaswaren
Kapitel 70
46. Echte Perlen oder Zuchtperlen, Edelsteine, Schmucksteine
oder dergleichen, Edelmetalle, Edelmetallplattierungen und
Waren daraus; Fantasieschmuck; Münzen
Kapitel 71
47. Eisen und Stahl
Kapitel 72
48. Waren aus Gusseisen, Eisen oder Stahl
Kapitel 73
36
Gesetz
AS 2015
Zoll-Klassifikationsliste
(NRZZ) Referenz-Nr.
49. Kupfer und Waren daraus
Kapitel 74
50. Nickel und Waren daraus
Kapitel 75
51. Aluminium und Waren daraus
Kapitel 76
52. Blei und Waren daraus
Kapitel 78
53. Zink und Waren daraus
Kapitel 79
54. Zinn und Waren daraus
Kapitel 80
55. Andere unedle Metalle; Cermets; Waren aus diesen Stoffen
Kapitel 81
56. Werkzeuge, Messerschmiedewaren, Essbestecke, aus uned- Kapitel 82
len Metallen; Teile von diesen Waren, aus unedlen Metallen
57. Verschiedene Waren aus unedlen Metallen
Kapitel 83
58. Kernreaktoren, Kessel, Maschinen, Apparate und mechani- Kapitel 84
sche Geräte; Teile dieser Maschinen oder Apparate, ausgenommen:
84.71: Datenverarbeitungsmaschinen, automatisch, und ihre
Einheiten; magnetische oder optische Leser, Maschinen
zum Aufzeichnen von Daten auf Datenträger in codierter
Form und Maschinen zum Verarbeiten solcher Daten,
anderweit weder genannt noch inbegriffen
59. Elektrische Maschinen und Apparate und andere elektro- Kapitel 85
technische Waren sowie Teile davon; Tonaufnahme- und
Tonwiedergabegeräte, Fernsehbild- und Fernsehtonaufzeichnungs- oder -wiedergabegeräte sowie Teile und Zubehör für diese Geräte, beschränkt auf:
85.10:
Rasierapparate, Haarschneidemaschinen und
Haarentferner usw.
85.16:
Warmwasserbereiter und Tauchsieder usw.
85.37:
Tafeln, Felder, Konsolen, Pulte, Schränke und
andere Hilfsmittel usw.
85.38:
Für Geräte der Positionen 8535, 8536 oder 8537
bestimmte Teile usw.
85.39:
Glühlampen und Entladungslampen usw.
85.40:
Glühkathoden-Elektronenröhren, KaltkathodenElektronenröhren usw.
60. Schienenfahrzeuge und ortsfestes Gleismaterial, und Teile
davon; mechanische (einschliesslich elektromechanische)
Signalvorrichtungen für Verkehrswege
Kapitel 86
37
Gesetz
AS 2015
Zoll-Klassifikationsliste
(NRZZ) Referenz-Nr.
Kapitel 87
61. Automobile, Traktoren, Motorräder, Fahrräder und andere
Landfahrzeuge; Teile und Zubehör dazu
Ausgenommen:
87.05:
Kraftfahrzeuge zu besonderen Zwecken (z. B.
Abschleppwagen, Kranwagen, Feuerwehrwagen,
Betonmischwagen, Strassenkehrwagen, Strassensprengwagen, Werkstattwagen, Wagen mit Röntgenanlagen) usw.
87.08:
Teile und Zubehör für Automobile der Nummer
87.01 bis 87.05 usw.
87.10:
Panzerkampfwagen und andere selbstfahrende
gepanzerte Kampffahrzeuge, auch mit Waffen,
Teile davon usw.
62. Wasserfahrzeuge
Kapitel 89
63. Optische, fotografische und kinematografische Instrumente, Kapitel 90
Apparate und Geräte; Mess-, Prüf- oder Präzisionsinstrumente, -apparate und -geräte; medizinische und chirurgische
Instrumente, Apparate und Geräte; Teile und Zubehör für
diese Instrumente, Apparate und Geräte
Ausgenommen:
90.14:
Kompasse, einschliesslich Navigationskompasse
usw.
90.15:
Instrumente, Apparate und Geräte für Geodäsie,
Topografie usw.
90.27:
Instrumente, Apparate und Geräte für physikalische oder chemische Untersuchungen usw.
90.30:
Oszilloskope usw.
64. Uhrmacherwaren
Kapitel 91
65. Musikinstrumente; Teile und Zubehör für diese Instrumente Kapitel 92
66. Möbel; medizinisch-chirurgisches Mobiliar; Bettzeug und
dergleichen; Beleuchtungskörper, anderweit weder genannt
noch inbegriffen; Reklameleuchten, Leuchtschilder und
ähnliche Waren; vorgefertigte Gebäude
Kapitel 94
67. Spielzeug, Spiele, Unterhaltungsartikel und Sportgeräte;
Teile und Zubehör davon
Kapitel 95
68. Verschiedene Waren
Kapitel 96
69. Kunstgegenstände, Sammlungsstücke und Antiquitäten
Kapitel 97
38
Gesetz
AS 2015
Anhang 2
(Art. 9 Abs. 3)
Dienstleistungen
Dienstleistungen im Staatsvertragsbereich
Als Dienstleistungen im Staatsvertragsbereich gelten die nachfolgend aufgeführten
Leistungen:
Zentrale
Produkteklassifikation
(prov. CPC) Referenz-Nr.
1.
2.
3.
Instandhaltung und Reparatur
6112, 6122, 633, 886
Hotellerie- und andere ähnliche Beherbergungs- 641
dienstleistungen
Restauration und Verkauf von an Ort zu konsumierenden 642, 643
Getränken
4.
Landverkehr einschliesslich Geldtransport und
Kurierdienste, ohne Postverkehr
712 (ausser 71235),
7512, 87304
5.
Fracht- und Personenbeförderung im Flugverkehr, ohne
Postverkehr
73 (ausser 7321)
6.
71235, 7321
7.
Postbeförderung im Landverkehr (ohne Eisenbahnverkehr) sowie Luftpostbeförderung
Dienstleistungen von Reisebüros und Reiseorganisatoren
8.
Fernmeldewesen
752
9.
Versicherungsdienstleistungen; Bankdienstleistungen
und Wertpapiergeschäfte ohne Verträge über Finanzdienstleistungen im Zusammenhang mit Ausgabe,
Verkauf, Ankauf oder Übertragung von Wertpapieren
oder anderen Finanzinstrumenten sowie Dienstleistungen der Zentralbanken
811, 812, 814
7471
10. Dienstleistungen von Immobilienmaklern auf Honoraroder Vertragsbasis
11. Miet- oder Leasingdienstleistungen von Maschinen und
Ausrüstung, ohne Führer
12. Miet- oder Leasingdienstleistungen von Gebrauchsgütern
822
13. Datenverarbeitung und verbundene Dienstleistungen
84
83106-83109
Teil von 832
39
Gesetz
AS 2015
Zentrale
Produkteklassifikation
(prov. CPC) Referenz-Nr.
14. Beratungsdienstleistungen auf dem Gebiet des Rechts Teil von 861
des Herkunftslandes und des Völkerrechts
15. Buchführung, -haltung und -prüfung
862
16. Steuerberatung
863
17. Markt- und Meinungsforschung
864
18. Unternehmungsberatung und verbundene Dienstleistungen
865, 866
19. Architektur, technische Beratung und Planung; integrierte technische Leistungen; Stadt- und Landschaftsplanung; zugehörige wissenschaftliche und technische
Beratung; technische Versuche und Analysen
867
20. Werbung
871
21. Gebäudereinigung und Hausverwaltung
874, 82201-82206
22. Verpackungsdienstleistungen
876
23. Beratung im Bereich Forstwirtschaft
Teil von 8814
24. Verlegen und Drucken gegen Vergütung oder auf vertraglicher Grundlage
88442
25. Abwasser- und Abfallbeseitigung; sanitäre und ähnliche
Dienstleistungen
94
21
40
Ohne Schiedsgerichts- und Schlichtungsleistungen.
21
Gesetz
AS 2015
Anhang 3
(Art. 9 Abs. 3)
Hoch- und Tiefbauarbeiten (Bauleistungen) im Staatsvertragsbereich
Zentrale
Produkteklassifikation
(prov. CPC) Referenz-Nr.
1. Vorbereitung des Baugeländes und der Baustellen
511
2. Bauarbeiten für Hochbauten
512
3. Bauarbeiten für Tiefbauten
513
4. Montage und Bau von Fertigbauten
514
5. Arbeiten spezialisierter Bauunternehmen
515
6. Einrichtungsarbeiten von Installationen
516
7. Ausbauarbeiten und Endfertigung von Bauten
517
8. Miete oder Leasing von Bau- oder Abbruchausrüstungen, eingeschlossen Personalleistungen
518
41
Gesetz
AS 2015
Anhang 4
(Art. 14 Abs. 1)
Kernübereinkommen der ILO
Als Kernübereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) im Sinne
von Artikel 14 Absatz 1 dieses Gesetzes gelten die folgenden Übereinkommen:
1.
Übereinkommen Nr. 29 vom 28. Juni 1930 über Zwangs- oder Pflichtarbeit
(SR 0.822.713.9);
2.
Übereinkommen Nr. 87 vom 9. Juli 1948 über die Vereinigungsfreiheit und
den Schutz des Vereinigungsrechtes (SR 0.822.719.7);
3.
Übereinkommen Nr. 98 vom 1. Juli 1949 über die Anwendung der Grundsätze des Vereinigungsrechtes und des Rechtes zu Kollektivverhandlungen
(SR 0.822.719.9);
4.
Übereinkommen Nr. 100 vom 29. Juni 1951 über die Gleichheit des Entgelts
männlicher und weiblicher Arbeitskräfte für gleichwertige Arbeit
(SR 0.822.720.0);
5.
Übereinkommen Nr. 105 vom 25. Juni 1957 über die Abschaffung der
Zwangsarbeit (SR 0.822.720.5);
6.
Übereinkommen Nr. 111 vom 25. Juni 1958 über die Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf (SR 0.822.721.1);
7.
Übereinkommen Nr. 138 vom 26. Juni 1973 über das Mindestalter für die
Zulassung zur Beschäftigung (SR 0.822.723.8);
8.
Übereinkommen Nr. 182 vom 17. Juni 1999 über das Verbot und unverzügliche Massnahmen zur Beseitigung der schlimmsten Formen der Kinderarbeit (SR 0.822.728.2).
…
Im Namen des Schweizerischen Bundesrates
Die Bundespräsidentin: Simonetta Somma-
ruga
Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova
42
Gesetz
AS 2015
43
Dieser Text ist ein Vorabdruck. Verbindlich ist die Version, die im Bundesblatt
(http://www.admin.ch/bundesrecht/00568/) veröffentlicht wird.
172.056.11
Verordnung
über das öffentliche Beschaffungswesen
(VöB)
vom …
Der Schweizerische Bundesrat,
gestützt auf die Artikel 7 Absatz 3, 24 Absatz 2, 47 Absatz 4 und 62
des Bundesgesetzes vom …1 über das öffentliche
Beschaffungswesen (Gesetz),
in Ausführung des WTO-Übereinkommens vom 30. März 20122
über das öffentliche Beschaffungswesen (WTO-Übereinkommen),
in Ausführung der Artikel 3 und 8 des Abkommens vom 21. Juni 19993 zwischen der
Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über
bestimmte Aspekte des öffentlichen Beschaffungswesens und von Artikel 3 des
Anhangs R des Übereinkommens vom 4. Januar 19604 zur Errichtung der Europäischen Freihandelsassoziation ,
sowie weiterer internationaler Übereinkommen, welche Marktzugangsverpflichtungen
im Bereich des öffentlichen Beschaffungswesens enthalten,
verordnet:
1. Kapitel: Allgemeine Bestimmungen
Art. 1
Gegenstand
Diese Verordnung regelt:
a.
die Vergabe öffentlicher Aufträge nach dem Gesetz;
b.
den Planungs- und den Gesamtleistungswettbewerb.
Art. 2
Geltungsbereich
Diese Verordnung gilt für die dem Gesetz unterstellten Auftraggeberinnen.
Art. 3
Nachhaltigkeit
(Art. 1 und 33)
Die Nachhaltigkeit wird in allen drei Dimensionen unter Beachtung des gesamten
Lebenswegs eines Produktes berücksichtigt:
AS
1
2
3
4
SR 172.056.1
SR 0.632.231.422
SR 0.172.052.68
SR 0.632.31
1
172.056.11
Weisungen an die Verwaltung
a.
Wirtschaftlichkeit;
b.
Ökologie; und
c.
Soziales.
Art. 4
Anwendbares Recht
(Art. 5)
1
Das anwendbare Recht gemäss Artikel 5 des Gesetzes ist bei jeder Ausschreibung
bekannt zu geben.
2
Ist eine Ausschreibung publiziert worden, ist das ganze Vergabeverfahren gemäss
dem gewählten Recht durchzuführen.
Art. 5
Gegenrecht
(Art. 6)
1
Die Liste von Staaten, die Gegenrecht gewähren, wird durch das Staatssekretariat
für Wirtschaft (SECO) geführt.
2
Das SECO macht diese Liste öffentlich zugänglich und beantwortet Anfragen,
inwieweit die Staaten Gegenrecht gewährleisten.
2. Kapitel: Befreiung von der Unterstellung unter das öffentliche
Beschaffungsrecht
(Art. 4)
Art. 6
Geltungsbereich
Dieses Kapitel gilt für alle Auftraggeberinnen nach Artikel 4 Absatz 2 des Gesetzes.
Art. 7
Antrag auf Befreiung von der Unterstellung
1
Die dem Bundesrecht unterstellten Auftraggeberinnen und das Interkantonale
Organ für das öffentliche Beschaffungswesen (InöB) reichen den Antrag beim
Eidgenössischen Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation
(UVEK) ein.
2
Die dem kantonalen oder interkantonalen Recht unterstellten Auftraggeberinnen
reichen ihn beim InöB ein. Dieses leitet den Antrag, gegebenenfalls mit einer Stellungnahme, an das UVEK weiter.
Art. 8
1
Anhörung
Das UVEK leitet die Anträge an die Wettbewerbskommission (WEKO), die betroffenen Wirtschaftskreise und, sofern der Antrag von einer dem Bundesrecht
unterstellten Auftraggeberin gestellt wurde, an das InöB zur Stellungnahme weiter.
2
Öffentliches Beschaffungswesen. V
172.056.11
2
Die Stellungnahme der WEKO erfolgt in der Form eines Gutachtens, welches sich
darüber äussert, ob in einem Bereich oder Teilbereich unter den Auftraggeberinnen
wirksamer Wettbewerb herrscht.
Art. 9
Befreiung von der Unterstellung
Sind die Voraussetzungen für die Befreiung von der Unterstellung erfüllt, so befreit
das UVEK den Bereich oder Teilbereich von der Unterstellung. Die befreiten Bereiche oder Teilbereiche werden im Anhang 3 dieser Verordnung aufgeführt.
Art. 10
Feststellungsverfügungen
1
Erachtet das UVEK die Voraussetzungen für die Befreiung eines Bereichs oder
Teilbereichs von der Unterstellung unter das öffentliche Beschaffungsrecht als nicht
erfüllt, so kann der Antragsteller vom UVEK eine Feststellungsverfügung verlangen.
2
Wird ein Bereich oder Teilbereich von der Unterstellung unter das öffentliche
Beschaffungsrecht befreit, so kann jede potenzielle Anbieterin vom UVEK jederzeit
eine Feststellungsverfügung verlangen.
3
Gegen die Feststellungsverfügung nach Absatz 1 und 2 kann Beschwerde beim
Bundesverwaltungsgericht geführt werden.
3. Kapitel: Allgemeine Grundsätze
Art. 11
Massnahmen gegen Korruption
(Art. 13)
Geeignete Massnahmen gegen Korruption sind insbesondere:
a)
Mitarbeiter von Auftraggeberinnen legen Rechenschaft ab über Nebenbeschäftigungen, andere Beschäftigungs- und Auftragsverhältnisse sowie besondere Interessen, die zu einem Interessenkonflikt bei der Vergabe führen
können.
b)
Die Auftraggeberin setzt bei Vergaben nur Mitarbeiter und beigezogene
Dritte ein, die eine Unbefangenheitserklärung unterzeichnet haben.
c)
Die Auftraggeberin stellt die regelmässige Information und Ausbildung ihrer
im Beschaffungsprozess involvierten Mitarbeiter über die Korruptionsprävention und -bekämpfung im Vergabewesen sicher.
Art. 12
Einhaltung der Arbeitsschutzbestimmungen,
der Arbeitsbedingungen und der Lohngleichheit von Frau und Mann
(Art. 14)
1
Die Anbieterinnen weisen die Einhaltung der Arbeitsschutzbestimmungen, der
Arbeitsbedingungen und der Bestimmungen zur Gleichbehandlung von Frau und
Mann in Bezug auf die Lohngleichheit für die in der Schweiz erbrachten Leistungen
3
172.056.11
Weisungen an die Verwaltung
vor dem Zuschlag nach sowie auf Verlangen auch für die Dauer der Ausführung der
Arbeiten.
2
Für die im Ausland erbrachten Leistungen ist mindestens die Einhaltung der Kernübereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation nach Massgabe von Anhang 4 des Gesetzes nachzuweisen.
3
Die Auftraggeberin verpflichtet die Anbieterin vertraglich, die Arbeitsschutzbestimmungen, die Arbeitsbedingungen und die Bestimmungen zur Gleichbehandlung
von Frau und Mann in Bezug auf die Lohngleichheit einzuhalten sowie ihre Subunternehmerinnen vertraglich zu deren Einhaltung zu verpflichten. Zur Durchsetzung
dieser Verpflichtungen sieht die Auftraggeberin beim Vertragsabschluss Konventionalstrafen vor.
4 Die
Auftraggeberin kann die Durchführung der Kontrollen in Bezug auf die Lohngleichheit insbesondere dem Eidgenössischen, den kantonalen oder den kommunalen Gleichstellungsbüros übertragen.
Art. 13
Einsichtsrecht
(Art. 18)
1
Fehlender Wettbewerb im Sinne von Artikel 18 des Gesetzes liegt vor, wenn:
a.
die Auftraggeberin einen Auftrag direkt und ohne Ausschreibung an eine
Anbieterin vergibt; oder
b.
in einem offenen oder selektiven Verfahren oder in einem Einladungsverfahren nur eine Anbieterin ein gültiges Angebot einreicht.
2
Über begründete Ausnahmen entscheidet die Direktion der für die Beschaffung
zuständigen Auftraggeberin.
3
Begründete Ausnahmen liegen insbesondere vor, wenn
a.
die Auftraggeberin in der Lage ist, den Preis für gleiche oder im wesentlichen vergleichbare Waren oder Dienstleistungen auf dem Markt zu ermitteln
und die Anbieterin nachweisen kann, dass der offerierte Preis marktüblichen
Bedingungen entspricht;
b.
das Einsichtsrecht als nicht sachgerecht erscheint, namentlich bei der Beschaffung von Waren an Warenbörsen (Art. 23 Abs. 2 Bst. g BöB) oder bei
Beschaffungen im Rahmen einer günstigen zeitlich befristeten Gelegenheit
(Liquidationsverkäufe; Art. 23 Abs. 2 Bst. h BöB).
Art. 14
Preisprüfung
(Art. 18)
Die Anbieterin sowie Subunternehmerin, die wesentliche Leistungen erbringen, sind
verpflichtet, dem zuständigen Finanzinspektorat oder der Eidgenössischen Finanzkontrolle (EFK) alle notwendigen Unterlagen und Informationen unentgeltlich zur
Verfügung zu stellen.
4
Öffentliches Beschaffungswesen. V
172.056.11
4. Kapitel: Vergabeverfahren
Art. 15
Selektives Verfahren
(Art. 21)
Die Auftraggeberin muss wenn möglich mindestens drei Anbieterinnen zur Einreichung eines Angebots einladen.
Art. 16
Einladungsverfahren
(Art. 22)
1
Der Leistungsgegenstand, die technischen Spezifikationen sowie die Eignungsund Zuschlagskriterien sind vor der Einladung zur Angebotsabgabe festzulegen und
mit dieser bekannt zu geben.
2
Von den drei einzuholenden Angeboten soll mindestens eine Anbieterin aus einem
vom Sitz der Auftraggeberin unterschiedlichen Wirtschaftsraum und wenn möglich
unterschiedlichen Sprachraum zur Angebotsabgabe eingeladen werden.
3
Ab einem Auftragswert von 150°000 Franken ist der Zuschlag gemäss Artikel 53
des Gesetzes zu eröffnen.
Art. 17
Freihändiges Verfahren
(Art. 23)
Auftraggeberinnen können einen Auftrag direkt und ohne Ausschreibung vergeben,
wenn es sich um einen Auftrag nach Artikel 11 Buchstabe b des Gesetzes handelt
und das freihändige Verfahren zum Erhalt von inländischen Unternehmen, die für
die Landesverteidigung wichtig sind, unerlässlich ist.
Art. 18
Leistungsbeschreibung
1
Die Auftraggeberin beschreibt die Anforderungen an die geforderte Leistung,
insbesondere deren technische Spezifikationen nach Artikel 34 des Gesetzes, in
hinreichender Vollständigkeit, Klarheit und Ausführlichkeit.
2
Sie kann auch lediglich das Ziel der Beschaffung umschreiben.
3 Sie
teilt in jedem Fall mit, welche Anforderungen zwingend zu erfüllen sind.
Art. 19
Inhalt der Ausschreibungsunterlagen
(Art. 40)
1
Die Auftraggeberin teilt den Anbieterinnen mit, wo Modelle, Muster und umfangreiche Dokumentationen eingesehen oder abgeholt werden können.
2
Sie anonymisiert alle Fragen zu den Ausschreibungsunterlagen und stellt die
Antworten innert kurzer Frist allen Anbieterinnen gleichzeitig zur Verfügung.
3 Sie
kann in der Ausschreibung oder den Ausschreibungsunterlagen bestimmen, ab
welchem Zeitpunkt Anfragen zu diesen Unterlagen nicht mehr beantwortet werden.
5
172.056.11
Weisungen an die Verwaltung
4 Modalitäten
und Bedingungen nach Artikel 40 Buchstabe h des Gesetzes können
insbesondere sein:
a.
allfällige geforderte Kautionen und Sicherheiten;
b.
wesentliche Finanzierungs- und Zahlungsbedingungen;
c.
die Angaben darüber, ob die Auftraggeberin Angebote für Kauf, Leasing,
Miete oder Miet-Kauf respektive für mehr als eine dieser Formen einholt.
Art. 20
Rechtsform von Bietergemeinschaften
(Art. 35)
1
Soweit eine besondere Rechtsform von Bietergemeinschaften verlangt wird, kündigt die Auftraggeberin dies in der Ausschreibung an.
2
Sie kann verlangen, dass die besondere Rechtsform vor dem Zuschlag gebildet
wird.
Art. 21
Eingaben der Anbieterinnen
In Ausschreibungsverfahren sind Eingaben der Anbieterinnen in allen Amtssprachen
der Schweiz zuzulassen.
Art. 22
Überprüfung der Eignung
(Art. 31)
Die Auftraggeberin kann für die Überprüfung der Eignung der Anbieterinnen insbesondere die in Anhang 1 genannten Unterlagen erheben und einsehen.
Art. 23
Authentifizierung bei elektronischer Auktion
(Art. 25)
Um die Authentifizierung der Anbieterinnen im Rahmen einer elektronischen Auktion zu gewährleisten, ist die Verwendung einer elektronischen Signatur im Sinne
des Bundesgesetzes vom 19. Dezember 20035 über die elektronische Signatur oder
ein gleichwertiges Verfahren erforderlich.
Art. 24
Dialog
(Art. 28)
1 Die
Auftraggeberin bestimmt, welche Anbieterinnen sie zum Dialog einladen will.
Es werden wenn möglich mindestens drei Anbieterinnen zum Dialog eingeladen.
2 Während
eines Dialogs dürfen keine Informationen über Lösungen und Vorgehensweisen der einzelnen Anbieterinnen weitergegeben werden. Dies gilt auch nach
der Zuschlagserteilung, ausser es liegt eine ausdrückliche Zustimmung der Anbieterin vor.
3 Die
5
6
Fristen richten sich nach Massgabe des angewendeten Vergabeverfahrens.
SR 943.03
Öffentliches Beschaffungswesen. V
172.056.11
4 Ist
die Teilnahme am Dialog und die Erstellung von Ergebnissen mit wesentlichem
Zusatzaufwand verbunden, wird diese vergütet, sofern dies in den Ausschreibungsunterlagen vorgesehen ist. Die Zuschlagsempfängerin hat keinen Anspruch auf eine
Vergütung.
5 Mittels
einer Dialogvereinbarung wird der grundsätzliche Ablauf der Dialogmodule inklusive Dauer, Fristen und Vergütung festgelegt.
6 Die
Zustimmung zur Dialogvereinbarung bildet eine Voraussetzung für die Teilnahme am Dialog.
Art. 25
Dokumentation
(Art. 42)
Die Auftraggeberin stellt sicher, dass die Zuschlagserteilung nachvollziehbar festgehalten wird. Zu diesem Zweck dokumentiert sie die Bewertung der Angebote.
Art. 26
Debriefing
Auf Gesuch hin kann die Auftraggeberin mit den nicht berücksichtigten Anbieterinnen ein Debriefing durchführen. Dabei werden die wesentlichen Gründe für die
Nichtberücksichtigung des Angebotes unter Beachtung des Artikels 53 Absatz 4 des
Gesetzes bekanntgegeben.
Art. 27
Vertragsschluss
(Art. 44)
1
Die Auftraggeberin schliesst den Beschaffungsvertrag schriftlich ab.
2
Hat sie für die Eingaben der Anbieterinnen eine andere Form zugelassen, so kann
sie den Vertrag auch in dieser Form abschliessen.
3 Sie
wendet grundsätzlich ihre allgemeinen Geschäftsbedingungen an, es sei denn,
die Natur des Geschäftes erfordere die Aushandlung besonderer Bedingungen.
Art. 28
Zahlungsfristen
1
Die Auftraggeberin vereinbart mit der Anbieterin eine Zahlungsfrist von in der
Regel 30 Tagen ab Eingang der Rechnung.
2
Das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) kann Weisungen zu den Zahlungsfristen und -modalitäten erlassen.
Art. 29
Vergütungsanspruch der Anbieterinnen
1
Anbieterinnen haben grundsätzlich keinen Anspruch auf eine Vergütung für die
Verfahrensteilnahme. Dies gilt insbesondere auch für die Ausarbeitung des Angebotes.
2
Verlangt die Auftraggeberin Vorleistungen, die über den gewöhnlichen Verfahrensaufwand hinausgehen und üblicherweise nur gegen Entgelt erbracht werden
(z.B. planerische Vorleistungen), so haben die Anbieterinnen Anspruch auf eine
7
172.056.11
Weisungen an die Verwaltung
angemessene Vergütung. In solchen Fällen gibt die Auftraggeberin in den Ausschreibungsunterlagen bekannt, wie sie diese Vorleistungen vergütet.
Art. 30
1
Immaterialgüterrechte
Vorbestehende Immaterialgüterrechte verbleiben grundsätzlich bei der Inhaberin.
2
Sollen vorbestehende Immaterialgüterrechte ganz oder teilweise auf die Auftraggeberin übergehen, so weist diese in den Ausschreibungsunterlagen darauf hin.
3
Immaterialgüterrechte, die in Erfüllung eines Beschaffungsvertrages geschaffen
werden, sind in der Regel der Auftraggeberin zu übertragen.
Art. 31
Liste der sanktionierten Anbieterinnen
(Art. 47)
1
Die Beschaffungskonferenz des Bundes (BKB) führt die nicht öffentliche Liste der
sanktionierten Anbieterinnen.
2
Die Liste enthält folgende Angaben:
a.
Name und Sitz der Anbieterin;
b.
Sanktion;
c.
Dauer der Sanktion;
d.
Ausschliessende Stelle.
3
Sie wird den Auftraggeberinnen und dem InöB bei jeder Änderung, mindestens
jedoch einmal pro Jahr, zugestellt.
4
Anbieterinnen können Auskunft darüber verlangen, ob sie in der Liste verzeichnet
sind oder nicht.
5. Kapitel: Veröffentlichungen und Statistik
Art. 32
Veröffentlichungen
(Art. 50)
1
Veröffentlichungen erfolgen auf der durch den Verein simap.ch6 elektronisch
geführten Internetplattform für öffentliche Beschaffungen (www.simap.ch).
2
Mindestens einmal jährlich ist eine Liste in maschinenlesbarer Form der gestützt
auf das Gesetz erteilten Zuschläge für unterschwellige Beschaffungen ab 50°000
Franken, unabhängig vom jeweiligen Vergabeverfahren, zu veröffentlichen. Zuständig für die Publikation ist die BKB. Die Verantwortung der Vollständigkeit und
Richtigkeit der gelieferten Daten liegt bei den Auftraggeberinnen.
6
8
Verein für ein Informationssystem über das öffentliche Beschaffungswesen in der
Schweiz.
Öffentliches Beschaffungswesen. V
172.056.11
3
Zusätzlich zu den Angaben nach Artikel 50 Absatz 4 des Gesetzes sind das Datum
des Vertragsabschlusses und wo möglich der Zeitraum der Auftragsausführung
anzugeben.
Art. 33
Statistik
(Art. 52)
Das SECO errechnet die Gesamtzahlen, erstellt die Statistiken nach Artikel XVI
Ziffer 4 des WTO-Übereinkommens und schlüsselt diese nach Massgabe der Annexe 2 und 3 des WTO-Übereinkommens auf.
6. Kapitel: Planungs- und Gesamtleistungswettbewerb
(Art. 24)
Art. 34
Zweck
1
Planungs- und Gesamtleistungswettbewerbe dienen der Auftraggeberin zur Evaluation verschiedener Lösungen, insbesondere in konzeptioneller, gestalterischer,
ökologischer, wirtschaftlicher oder technischer Hinsicht.
2
Die Bestimmungen der übrigen Kapitel dieser Verordnung gelten insoweit, als sie
denjenigen dieses Kapitels nicht widersprechen.
Art. 35
Verhältnis zu verbandsrechtlichen Wettbewerbsbestimmungen
Die Auftraggeberin regelt das Wettbewerbsverfahren im Einzelfall. Sie kann dabei
ganz oder teilweise auf einschlägige Bestimmungen von Fachverbänden verweisen,
soweit solche Bestimmungen nicht denjenigen dieser Verordnung widersprechen.
Art. 36
Wettbewerbsarten
1
Planungswettbewerbe können durchgeführt werden zur Erarbeitung von Lösungsvorschlägen:
a.
zu allgemein umschriebenen und abgegrenzten Aufgaben (Ideenwettbewerb);
b.
zu klar umschriebenen Aufgaben und zur Ermittlung von geeigneten Vertragspartnern und Vertragspartnerinnen, welche diese Lösungen teilweise
oder ganz realisieren (Projektwettbewerb).
2
Gesamtleistungswettbewerbe werden durchgeführt zur Erarbeitung von Lösungsvorschlägen zu klar umschriebenen Aufgaben sowie zur Vergabe der Realisierung
dieser Lösung.
Art. 37
Anzuwendendes Verfahren
1
Planungs- und Gesamtleistungswettbewerbe sind im offenen oder selektiven Verfahren auszuschreiben, sofern ihr Wert den massgebenden Schwellenwert nach der
9
172.056.11
Weisungen an die Verwaltung
Verordnung vom … 7 über die Schwellenwerte im öffentlichen Beschaffungswesen
oder, bei Gesamtleistungswettbewerben im Baubereich, den Wert von 2 Millionen
Franken erreicht.
2
Werden diese Schwellenwerte nicht erreicht, so kann der Wettbewerb im Einladungsverfahren durchgeführt werden.
Art. 38
1
Wettbewerbswert
Der Wettbewerbswert besteht:
a.
beim Ideenwettbewerb aus der gesamten Preissumme;
b.
beim Projektwettbewerb aus der gesamten Preissumme und dem geschätzten
Wert der im Wettbewerbsprogramm definierten weiteren planerischen Leistung;
c.
beim Gesamtleistungswettbewerb aus der gesamten Preissumme und dem
geschätzten Wert des zu vergebenden Auftrages.
2
Die Auftraggeberin setzt eine angemessene Gesamtpreissumme fest. Sie orientiert
sich dabei an den in entsprechenden Verbandsverfahren üblichen Preis- und Ankaufssummen, der Wettbewerbsart, der geforderten Wettbewerbsleistung, der erwarteten Teilnehmerzahl, allfälligen festen Entschädigungen an die Wettbewerbsteilnehmerinnen und einem in Aussicht gestellten weiteren planerischen Auftrag oder
Zuschlag.
Art. 39
Vorbereitung
1
Die Auftraggeberin zieht eine oder mehrere interne oder auswärtige Fachpersonen
zur Beratung hinzu.
2
Diese Fachleute müssen mit dem Wettbewerbswesen vertraut und so qualifiziert
sein, dass sie die Auftraggeberin kompetent beraten können.
3
Sie beraten die Auftraggeberin während des ganzen Wettbewerbsverfahrens,
insbesondere bei der:
a.
Wahl des geeigneten Verfahrens;
b.
Ausschreibung des Wettbewerbs;
c.
Ausarbeitung des Wettbewerbsprogramms;
d.
Auswahl der Mitglieder des Preisgerichts und allfälliger Sachverständiger;
e.
Selektionierung der Wettbewerbsteilnehmerinnen.
4
Sie dürfen als stimmberechtigte Mitglieder im Preisgericht Einsitz nehmen, soweit
sie nicht mit der Vorprüfung nach Artikel 43 betraut waren.
7
SR…
10
Öffentliches Beschaffungswesen. V
Art. 40
172.056.11
Ausschreibung
Die Ausschreibung eines Wettbewerbs im offenen oder selektiven Verfahren enthält
die im Anhang 2 aufgeführten Angaben.
Art. 41
Nachwuchsförderung
Für Planungswettbewerbe, die im selektiven Verfahren durchgeführt werden, kann
in der Ausschreibung vorgesehen werden, dass unter den Anbieterinnen, die zur
Wettbewerbseingabe eingeladen werden, ein bestimmter Anteil von Nachwuchsfachleuten sein muss.
Art. 42
1
Anonymität
Die Wettbewerbsbeiträge sind anonym einzureichen.
2
Die Auftraggeberin sichert die Anonymität, bis das Preisgericht die Wettbewerbsbeiträge beurteilt, rangiert und die Preise zugesprochen sowie allenfalls eine Empfehlung für das weitere Vorgehen abgegeben hat.
3
Teilnehmer und Teilnehmerinnen, die gegen das Anonymitätsgebot verstossen,
werden vom Wettbewerb ausgeschlossen.
Art. 43
Vorprüfung
Bevor die eingereichten Wettbewerbsbeiträge durch das Preisgericht bewertet werden, wird durch die Auftraggeberin oder durch von ihr beauftragte Fachleute eine
wertungsfreie technische Vorprüfung durchgeführt.
Art. 44
1
2
Preisgericht
Das Preisgericht setzt sich zusammen aus:
a.
Fachleuten auf mindestens einem der massgebenden Gebiete, in denen der
Wettbewerb ausgeschrieben wurde (Fachpreisrichter und Fachpreisrichterinnen);
b.
weiteren von der Auftraggeberin frei bestimmten Personen.
Die Mehrheit der Mitglieder des Preisgerichts muss aus Fachleuten bestehen.
3
Das Preisgericht kann zur Begutachtung von Spezialfragen jederzeit Sachverständige beiziehen.
4
Die Mitglieder des Preisgerichts sowie die beigezogenen Sachverständigen müssen
von den am Wettbewerb teilnehmenden Anbieterinnen unabhängig sein. Die Ausstandsgründe nach Artikel 15 Absatz 1 des Gesetzes finden Anwendung. Mindestens
die Hälfte der Fachpreisrichter und Fachpreisrichterinnen muss zudem von der
Auftraggeberin unabhängig sein.
5
Die Zusammensetzung des Preisgerichts samt Ersatzleuten sowie die von Anfang
an beigezogenen Sachverständigen werden in der Ausschreibung und im Wettbewerbsprogramm bekanntgegeben.
11
172.056.11
Art. 45
Weisungen an die Verwaltung
Aufgaben des Preisgerichts
1
Das Preisgericht genehmigt das Wettbewerbsprogramm und beurteilt die Wettbewerbsarbeiten. Es dokumentiert die Beurteilung auf nachvollziehbare Weise. Es
entscheidet über die Rangierung und die Vergabe der Preise.
2
Es spricht zudem eine Empfehlung zuhanden der Auftraggeberin aus für die Erteilung eines weiteren planerischen Auftrages, eines Zuschlages oder für das weitere
Vorgehen.
3
Es kann Ankäufe beschliessen, wenn die maximale Ankaufssumme und die Bedingungen für die Ankäufe ausdrücklich im Wettbewerbsprogramm festgehalten sind.
Art. 46
Rangierung und Preise
1
Das Preisgericht erstellt eine Rangierung der formell korrekten Wettbewerbsarbeiten.
2
Bei Planungswettbewerben kann es auch Wettbewerbsarbeiten rangieren, die in
wesentlichen Punkten von den Programmbestimmungen abweichen, wenn:
3
a.
es dies einstimmig beschliesst; und
b.
diese Möglichkeit im Wettbewerbsprogramm ausdrücklich festgelegt wurde.
Es darf nur für programmkonforme Wettbewerbsarbeiten Preise vergeben.
4
Preise dürfen nicht durch Aufträge oder Entschädigungen nach Artikel 49 abgegolten werden.
Art. 47
Empfehlung des Preisgerichts
Die Auftraggeberin ist grundsätzlich an die Empfehlung des Preisgerichts nach
Artikel 45 Absatz 2 gebunden. In Ausnahmefällen kann sie sich von dieser Verpflichtung befreien, indem sie eine Abgeltung nach Artikel 49 Absatz 2 bezahlt und
ein neues Verfahren durchführt.
Art. 48
Urheberrecht
In allen Wettbewerbsverfahren verbleibt das Urheberrecht an den Wettbewerbsarbeiten bei den Teilnehmern und Teilnehmerinnen. Die eingereichten Unterlagen der
mit Preisen und Ankäufen ausgezeichneten Wettbewerbsarbeiten gehen ins Eigentum der Auftraggeberin über.
Art. 49
1
Ansprüche aus den Wettbewerben
Der Gewinner oder die Gewinnerin:
12
a.
eines Ideenwettbewerbs hat keinen Anspruch auf einen weiteren planerischen Auftrag;
b.
eines Projektwettbewerbs hat in der Regel Anspruch auf einen weiteren planerischen Auftrag;
c.
eines Gesamtleistungswettbewerbes erhält in der Regel den Zuschlag.
Öffentliches Beschaffungswesen. V
172.056.11
2
Die Urheber und Urheberinnen von Wettbewerbsbeiträgen haben Anspruch auf
eine Abgeltung in der Höhe von einem Drittel der Gesamtpreissumme, wenn:
a.
das Preisgericht empfohlen hat, es sei ihnen ein weiterer planerischer Auftrag oder der Zuschlag zu erteilen, die Auftraggeberin diesen Auftrag jedoch
an Dritte vergibt;
b.
die Auftraggeberin den Wettbewerbsbeitrag weiterverwendet, ohne dass sie
dem Urheber oder der Urheberin einen weiteren planerischen Auftrag erteilt.
3
Beschliesst die Auftraggeberin nach dem Preisentscheid, auf eine Realisierung des
Vorhabens definitiv zu verzichten, so entfällt der Abgeltungsanspruch nach Absatz 2. Kommt sie innerhalb von zehn Jahren auf ihren Beschluss zurück, so kann
der Anspruch nach Absatz 2 wieder geltend gemacht werden.
Art. 50
Abgeltungsmodalitäten
Die Auftraggeberin weist im Wettbewerbsprogramm ausdrücklich auf die Abgeltungsmodalitäten hin.
Art. 51
Veröffentlichung
Die Auftraggeberin teilt sämtlichen Teilnehmern und Teilnehmerinnen den Entscheid des Preisgerichts schriftlich mit und sorgt für eine angemessene Veröffentlichung des Wettbewerbsergebnisses in der Presse. Sie stellt die Wettbewerbsbeiträge
mit der Veröffentlichung des Entscheides öffentlich aus.
7. Kapitel: Einfaches und rasches Verfahren
Art. 52
Anwendungsbereich
Das einfache und rasche Verfahren findet auf Beschwerden gegen Verfügungen
nach Artikel 55 Absatz 1 Buchstabe a – f des Gesetzes Anwendung, soweit sich
diese auf Aufträge ausserhalb des Staatsvertragsbereichs beziehen, die nicht von der
Geltung des Gesetzes ausgenommen sind.
Art. 53
Verfahren
1
Das einfache und rasche Verfahren richtet sich nach den Bestimmungen des Gesetzes sowie nach den allgemeinen Bestimmungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes
vom 20. Dezember 19688, soweit in dieser Verordnung nichts Abweichendes bestimmt wird.
2
Als Beweismittel kommen Urkunden sowie die Befragung der Parteien in Betracht. Der Beschwerdeschrift und der Stellungnahme sind alle als Beweismittel
bezeichneten Urkunden beizulegen.
3
8
Es wird keine Parteientschädigung ausgerichtet.
SR 172.021
13
172.056.11
Art. 54
Weisungen an die Verwaltung
Fristen
1
Die Beschwerdefrist beträgt 20 Tage. Innerhalb der Beschwerdefrist ist ein Kostenvorschuss von CHF 5‘000.- zu leisten.
2
Unmittelbar nach Eingang der Beschwerde setzt der Einzelrichter oder die Einzelrichterin am Bundesverwaltungsgericht der Auftraggeberin Frist für eine (freigestellte) Stellungnahme. Diese Frist beträgt 20 Tage und ist nicht erstreckbar.
3
Unmittelbar nach Eingang der Stellungnahme oder dem ausdrücklichen Verzicht
darauf lädt der Einzelrichter oder die Einzelrichterin die Parteien zu einer Instruktionsverhandlung ein. Die Instruktionsverhandlung findet spätestens 60 Tage nach
Eröffnung der angefochtenen Verfügung statt.
4
Der Einzelrichter oder die Einzelrichterin kann der Beschwerde für die Dauer des
einfachen und raschen Verfahrens ohne Anhörung der Auftraggeberin aufschiebende
Wirkung zuerkennen.
Art. 55
Instruktionsverhandlung
1
Anlässlich der Instruktionsverhandlungen werden die Parteien befragt und Beweise
abgenommen. Die Parteien können zu einem kurzen mündlichen Vortrag zugelassen
werden.
2
Der Einzelrichter oder die Einzelrichterin versucht, eine Einigung zwischen den
Parteien herbeizuführen. Gelingt dies nicht, fällt er oder sie einen Entscheid.
3
Erscheint eine Partei oder erscheinen beide Parteien nicht zur Instruktionsverhandlung, entscheidet der Einzelrichter oder die Einzelrichterin aufgrund der Akten.
Art. 56
Beschwerdeentscheid
1
Der Einzelrichter oder die Einzelrichterin eröffnet den Parteien seinen oder ihren
Entscheid anlässlich der Instruktionsverhandlung im Dispositiv oder durch Zustellung des Dispositivs.
2
Jede Partei kann innert zehn Tagen nach Eröffnung des Entscheids dessen summarische Begründung verlangen. Innert der gleichen Frist ist von der ersuchenden
Partei ein weiterer Kostenvorschuss von CHF 5‘000.- zu leisten.
8. Kapitel: Überwachungsbehörde
Art. 57
Kommission
Die Überwachung der internationalen Verpflichtungen der Schweiz im öffentlichen
Beschaffungswesen obliegt einer Kommission, die sich paritätisch aus Vertretern
des Bundes und der Kantone zusammensetzt.
Art. 58
1
Aufgaben
Die Kommission nimmt folgende Aufgaben wahr:
14
Öffentliches Beschaffungswesen. V
172.056.11
a.
Ausarbeitung der Position der Schweiz in internationalen Gremien des öffentlichen Beschaffungswesens zu Handen des Bundesrates und Beratung
der Schweizer Delegationen bei internationalen Verhandlungen;
b.
Förderung des Informations- und Erfahrungsaustausches zwischen den zuständigen Stellen des Bundes und der Kantone und Ausarbeitung von Empfehlungen im Hinblick auf die Umsetzung internationaler Verpflichtungen in
Schweizer Recht;
c.
Pflege der Beziehungen zu ausländischen Überwachungsbehörden im Rahmen der internationalen Abkommen über das öffentliche Beschaffungswesen.
2
Unabhängig von Instruktionen der Behörden, die ihre Mitglieder ernannt haben,
nimmt die Kommission die folgenden Aufgaben wahr:
a.
Sie erteilt Ratschläge und vermittelt in Einzelfällen bei Streitigkeiten im Zusammenhang mit Geschäften gemäss Absatz 1.
b.
Sie kann wegen Verletzung internationaler Verpflichtungen im Zusammenhang mit dem öffentlichen Beschaffungswesen bei der zuständigen Behörde
des Bundes oder der Kantone Beschwerde einreichen:
1. auf Anzeige einer Anbieterin hin, wenn kein Rechtsmittel ergriffen
wurde;
2. auf Antrag einer ausländischen Behörde, wenn die Auftraggeberin keine Abhilfe schafft.
3
Die Kommission kann selber Gutachten erstellen oder Sachverständige damit
beauftragen.
4
Die Kommission hat kein Recht auf Akteneinsicht.
Art. 59
Geschäftsreglement
Die Kommission gibt sich ein Geschäftsreglement, das vom Bundesrat und der
zuständigen Stelle der Kantone genehmigt werden muss.
Art. 60
Finanzierung und Vergütungen
1
Das SECO trägt sämtliche Sekretariatskosten; es trägt auch die Kosten für die
externen Sachverständigen, vorbehältlich einer gleichwertigen Kostenbeteiligung
durch die Kantone.
2
Die Departemente übernehmen die Untersuchungskosten, die von der auftragserteilenden Behörde verursacht wurden, die ihnen organisatorisch zugeordnet ist.
3
Die Vertreter des Bundes in der Kommission haben keinen Vergütungsanspruch.
15
172.056.11
Weisungen an die Verwaltung
9. Kapitel: Schlussbestimmungen
Art. 61
Überwachung
Die internen Kontrollorgane der Auftraggeberinnen überwachen die Einhaltung
dieser Verordnung.
Art. 62
Vollzug
Das EFD vollzieht diese Verordnung.
Art. 63
Aufhebung und Änderung bisherigen Rechts
1
Die Verordnung vom 11. Dezember 1995 über das öffentliche Beschaffungswesen9 wird aufgehoben.
2
Die Verordnung des UVEK vom 18. Juli 2002 über die Nichtunterstellung unter
das öffentliche Beschaffungsrecht10 wird aufgehoben.
3
Die Verordnung vom 24. Oktober 2012 über die Organisation des öffentlichen
Beschaffungswesens der Bundesverwaltung11 wird wie folgt geändert:
Artikel 33 aufgehoben.
Art. 64
Inkrafttreten
Diese Verordnung tritt am … in Kraft.
9 [AS 1996 518, 1997 2779, 2002 886, 2006
10 [AS 2002 2663, 2006 4777, 2007 4519]
11 [AS 2012 5935]
16
5613, 2009 6149, 2010 3175]
Öffentliches Beschaffungswesen. V
172.056.11
Anhang 1
(Art. 22)
Nachweise
1.
Handelsregisterauszug
2.
Betreibungsregisterauszug
3.
Erklärung über Anzahl und Funktion der in den drei Jahren vor der Ausschreibung im Unternehmen beschäftigten Personen
4.
Erklärung betreffend einsetzbare Personalkapazität und Ausstattung im Hinblick auf die Erbringung des zu vergebenden Auftrages
5.
Studiennachweise und Bescheinigungen über die berufliche Befähigung der
Mitarbeiter des Unternehmens und/oder von dessen Führungskräften, insbesondere aber der für die Ausführung des zu vergebenden Auftrages vorgesehenen verantwortlichen Personen
6.
Erklärung bzw. Nachweis betreffend Verpflichtung zur Einhaltung der Arbeitsschutzbestimmungen, Arbeitsbedingungen und Lohngleichheit von Frau
und Mann
7.
Liste der in den letzten fünf Jahren vor der Ausschreibung erbrachten wichtigsten Leistungen
8.
Referenzen, bei welchen die Auftraggeberin die ordnungsgemässe Erbringung
dieser Leistungen überprüfen und insbesondere folgende Auskünfte einholen
kann: Wert der Leistung; Zeit und Ort der Leistungserbringung; Stellungnahme (der damaligen Auftraggeberin), ob die Leistung den anerkannten
Regeln der Technik entsprach und ob sie ordnungsgemäss erbracht wurde
9.
Bei Planungswettbewerben objektspezifische Nachweise, insbesondere hinsichtlich Ausbildung, Leistungsfähigkeit und Praxis
10.
Bescheinigung über das Vorliegen eines anerkannten Qualitätsmanagementsystems
11.
Bilanzen oder Bilanzauszüge des Unternehmens für die letzten drei Geschäftsjahre vor der Ausschreibung
12.
Erklärung über den Gesamtumsatz der Unternehmung in den der Ausschreibung vorangegangenen drei Jahren
13.
Bankerklärungen, die garantieren, dass der Anbieterin im Falle der Auftragserteilung entsprechende Kredite gewährt werden
14.
Bankgarantie
15.
Letzter Prüfungsbericht der Revisionsstelle bei juristischen Personen
16.
Strafregisterauszug der verantwortlichen Führungskräfte sowie der für die
Ausführung des ausgeschriebenen Auftrages vorgesehenen verantwortlichen
Personen
17
172.056.11
17.
18
Weisungen an die Verwaltung
Nachweis der Bezahlung von Sozialabgaben und Steuern
Öffentliches Beschaffungswesen. V
172.056.11
Anhang 2
(Art. 40)
Mindestangaben in einer Ausschreibung eines Wettbewerbs
1
Die Ausschreibung eines Wettbewerbs muss diejenigen Angaben enthalten, die
dazu dienen, interessierte Teilnehmerinnen zur Bestellung eines Wettbewerbsprogrammes und zur Teilnahme an einem Auswahlverfahren im selektiven Verfahren
oder zur Anmeldung im offenen Verfahren zu veranlassen.
2
Sie muss mindestens die folgenden Angaben enthalten:
1.
Name und Adresse der Wettbewerbsveranstalter (Auftraggeberin);
2.
Kurze Beschreibung der Wettbewerbsaufgabe;
3.
Art des Wettbewerbsverfahrens (offener oder selektiver Ideen-, Projekt- oder
Gesamtleistungswettbewerb);
4.
Bei offenen Wettbewerben:
a. Höhe und Einzahlungsmodalitäten der für die Abgabe der Wettbewerbsunterlagen (Pläne, Modelle etc.) zu leistenden Einschreibegebühr,
b. Anmeldefrist,
c. Abgabetermin;
5.
Bei selektiven Wettbewerben:
a. Zahl der am eigentlichen Wettbewerbsverfahren zugelassenen Teilnehmerinnen,
b. Eignungskriterien,
c. Einzureichende Bewerbungsunterlagen,
d. Anmeldefrist für die Teilnahme,
e. Voraussichtliches Datum des Teilnahmeentscheides,
f. Voraussichtlicher Abgabetermin für die Wettbewerbsarbeiten;
6.
Allenfalls Angabe, ob die Teilnahme einem besonderen Berufsstand vorbehalten ist;
7.
Zuschlagskriterien;
8.
Namen der Mitglieder und Ersatzleute des Preisgerichts sowie allfälliger
Experten;
9.
Angabe, ob die Entscheidung des Preisgerichts die Auftraggeberin bindet;
10. Gesamtpreissumme;
11. Angabe, ob die Teilnehmerinnen Anspruch auf eine feste Entschädigung haben;
12. Art und Umfang der gemäss Wettbewerbsprogramm zu vergebenden weiteren planerischen Aufträge oder Zuschläge;
13. Bezugsquelle für das Wettbewerbsprogramm.
19
172.056.11
Weisungen an die Verwaltung
Anhang 3
(Art. 9)
Von der Unterstellung befreite Bereiche und Teilbereiche
1.
Telekommunikation auf dem Gebiet der Schweizerischen Eidgenossenschaft:
a. Teilbereich der Festnetzkommunikation
b. Teilbereich der Mobilkommunikation
c. Teilbereich des Internet-Zugangs
d. Teilbereich der Datenkommunikation
2.
Schienenverkehr auf dem Gebiet der Schweizerischen Eidgenossenschaft:
Teilbereich des Güterverkehrs auf der Normalspur
20
Dieser Text ist ein Vorabdruck. Verbindlich ist die Version, die im Bundesblatt
(http://www.admin.ch/bundesrecht/00568/) veröffentlicht wird.
Verordnung über die Schwellenwerte im öffentlichen
Beschaffungswesen
(Schwellenwertverordnung, SWV)
vom …
Der Schweizerische Bundesrat,
gestützt auf Artikel 62 des Bundesgesetzes vom …1 über das öffentliche Beschaffungswesen,
verordnet:
Artikel 1
Gegenstand
1
Diese Verordnung regelt die Schwellenwerte (ohne Mehrwehrsteuer) nach Artikel
10 Absatz 1 des Gesetzes.
2
Die Schwellenwerte sind im Anhang aufgeführt.
Artikel 2
Anpassung der Schwellenwerte
Das Eidgenössische Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF)
passt die Schwellenwerte gemäss Artikel 10 Absatz 2 des Gesetzes den Vorgaben
der völkerrechtlichen Verpflichtungen an.
Artikel 3
Inkrafttreten
Diese Verordnung tritt am 1. Januar 2017 in Kraft.
…
Im Namen des Schweizerischen Bundesrates
Der Bundespräsidentin: Simonetta Sommaruga
Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova
1
SR …
2014–......
1
Verordnung über die Schwellenwerte
AS 2015
Anhang
(Artikel 1)
Schwellenwerte2
Schwellenwerte und Verfahren im von Staatsverträgen nicht erfassten Bereich
Verfahrensarten
Lieferungen
Dienstleistungen
Bauleistungen
Einladungsver- unter SZR3 130°000 unter SZR 130°000 Bauaufträge Der Wert jedes
fahren
deren ge- einzelnen Auf(CHF 230 000)
(CHF 230 000)
schätzter
trags erreicht
Auftragswert CHF 2 Millionen
CHF 2
nicht und der
Millionen
Wert dieser
nicht erreicht Aufträge zusammengerechnet 20 Prozent
des Gesamtwertes des Bauwerks
nicht überschreitet (Bagatellklausel)
Freihändiges
Verfahren
unter
unter
unter
CHF 150 000
CHF 150 000
CHF 150 000
Schwellenwerte im Staatsvertragsbereich
WTO-Übereinkommen über das öffentliche Beschaffungswesen (GPA4)vom 30. März
20125 und Freihandelsabkommen.
2
3
4
5
2
Auftraggeberin
Lieferungen
Dienstleistungen
Bauleistungen
Auftraggeberin
gemäss Artikel
4Absatz 1 des
Gesetzes
ab SZR 130°000
ab SZR 130°000
ab SZR 5°000°000
(CHF 230°000)
(CHF 230°000)
(CHF 8°700°000)
Die Schwellenwerte in Schweizer Franken gelten für die Jahre 2014 und 2015.
Sonderziehungsrechte des Internationalen Währungsfonds (IWF).
Government Procurement Agreement (GPA).
SR…
Verordnung über die Schwellenwerte
Auftraggeberin
AS 2015
Auftragswert
Lieferungen
Auftraggeberin gemäss
SZR 400 000
Artikel 4 Absatz 2 Bst. a
(CHF 700 000)
bis e des Gesetzes
Dienstleistungen
Bauleistungen
(Gesamtwert)
SZR 400 000
SZR 5 000 000
(CHF 700 000)
(CHF 8 700 000)
Abkommen vom 21. Juni 19996 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft
und der Europäischen Gemeinschaft
Auftraggeberin
Auftraggeberin
gemäss Artikel 4
Absatz 2 Bst. f bis h
des Gesetzes
6
Auftragswert
Lieferungen
Dienstleistungen
Bauleistungen
(Gesamtwert)
EUR 400 000
EUR 400 000
EUR 5 000 000
(CHF 640 000)
(CHF 640 000)
(CHF 8 000 000)
SR 0.172.052.68
3
Verordnung über die Schwellenwerte
4
AS 2015
Die Vorsteherin des Eidgenössischen Finanzdepartements EFD
Bern, [Datum]
Adressaten:
die politischen Parteien
die Dachverbände der Gemeinden, Städte und Berggebiete
die Dachverbände der Wirtschaft
die interessierten Kreise
Revision des Bundesgesetzes und der Verordnung über das öffentliche
Beschaffungswesen (BöB/VöB) sowie der Verordnung über die Schwellenwerte
im öffentlichen Beschaffungswesen (SWV):
Eröffnung des Vernehmlassungsverfahrens
Sehr geehrte Damen und Herren
Der Bundesrat hat am 1. April 2015 das EFD beauftragt, bei den Kantonen, den politischen Parteien, den gesamtschweizerischen Dachverbänden der Gemeinden, Städte und Berggebiete, den gesamtschweizerischen Dachverbänden der Wirtschaft und
den interessierten Kreisen ein Vernehmlassungsverfahren zur Revision des Bundesgesetzes und der Verordnung über das öffentliche Beschaffungswesen sowie zur
neuen Schwellenwertverordnung durchzuführen.
Das öffentliche Beschaffungsrecht regelt ein bedeutendes Segment der Schweizer
Volkswirtschaft. Grundlage des öffentlichen Beschaffungsrechts ist das WTOBeschaffungsübereinkommen (GPA), das vom Bund durch das Bundesgesetz über
das öffentliche Beschaffungswesen (BöB) sowie die zugehörige Verordnung (VöB)
und von den Kantonen durch ein Konkordat (IVöB), die Vergaberichtlichtlinien zur
IVöB sowie die kantonalen Ausführungserlasse umgesetzt wird. Aufgrund der 2012
abgeschlossenen Revision des GPA sind Anpassungen im nationalen Recht erforderlich. Gleichzeitig haben die vorliegenden Entwürfe zum Ziel, die Beschaffungsordnungen von Bund und Kantonen – unter Beibehaltung der föderalen Kompetenzregelung – einander inhaltlich so weit wie möglich anzugleichen. Diese Harmonisierungsbestrebungen von Bund und Kantonen stellen die bedeutsamste Neuerung dar.
Insgesamt sollen mit der Vorlage der Wettbewerb gestärkt, das Beschaffungsverfahren flexibilisiert und modernisiert sowie die Rechtssicherheit und die Anwenderfreundlichkeit des Beschaffungsrechts schweizweit verbessert werden.
Die harmonisierten Revisionstexte des Bundesgesetzes und des Konkordats wurden
von einer paritätisch aus Vertretern des Bundes und der Kantone zusammengesetzten Arbeitsgruppe erarbeitet. Die Gesetzgebungsverfahren sollen so weit wie möglich
parallel geführt werden. Nach der Vernehmlassung der Kantone zu ihrer Vorlage
(IVöB) wird nun die weitgehend analoge Bundesvorlage den interessierten Kreisen
zur Vernehmlassung unterbreitet.
Wir erlauben uns Ihnen mitzuteilen, dass nach der Konsultation der Bundesämter im
Hinblick auf die Vernehmlassung unterschiedliche Anliegen verblieben sind. Diese
werden nach der Vernehmlassung, zusammen mit den sich aus den Vernehmlassungen des Bundes und der Kantone ergebenden Anliegen, von der paritätischen
Arbeitsgruppe Bund-Kantone bewertet werden. Gestützt darauf sollen die harmonisierten Erlasstexte sowohl materiell wie auch redaktionell überarbeitet werden.
Das Vernehmlassungsverfahren wird elektronisch durchgeführt. Die Vernehmlassungsunterlagen, die im Verzeichnis im Anhang aufgeführt sind, können über die folgende Internetadresse bezogen werden:
http://www.admin.ch/ch/d/gg/pc/pendent.html
Weitere Unterlagen stehen gemäss beiliegendem Verzeichnis zur Verfügung.
Die Vernehmlassungsfrist dauert bis und mit 1. Juli 2015.
Nach Ablauf der Vernehmlassungsfrist werden die eingereichten Stellungnahmen im
Internet veröffentlicht. Im Sinne des Behindertengleichstellungsgesetzes (SR 151.3)
ist der Bund bestrebt, barrierefreie Dokumente zu publizieren. Sie werden daher ersucht, die Stellungnahme wenn möglich elektronisch (bitte nebst einer PDFVersion auch eine Word-Version) an folgende E-Mail-Adresse zu senden:
direktion@bbl.admin.ch.
Für Rückfragen und allfällige weitere Informationen wenden Sie sich bitte an Frau
Caroline de Buman, Leiterin Geschäftsstelle Beschaffungskonferenz des Bundes
(BKB) (058 462 38 50; caroline.debuman@bbl.admin.ch).
Für Ihre Stellungnahmen danken wir Ihnen zum Voraus bestens.
Mit freundlichen Grüssen
Eveline Widmer-Schlumpf
2/3
Verzeichnis der Vernehmlassungsunterlagen
- Bundesgesetz über das öffentliche Beschaffungswesen (BöB) (d, f, i)
- Erläuternder Bericht des EFD zur Revision des BöB (d, f, i)
- Verordnung über das öffentliche Beschaffungswesen (VöB) (d, f, i)
- Erläuternder Bericht des EFD zur Änderung der VöB (d, f, i)
- Verordnung über die Schwellenwerte im öffentlichen Beschaffungswesen (SWV)1
(d, f, i)
- Frageraster für die Stellungnahme zur Revision des BöB (d, f, i)
- Zusatzfragen (d, f, i)
- Begleitschreiben Kantone (d, f, i)
- Begleitschreiben Organisationen (d, f, i)
- Liste der Vernehmlassungsadressaten (d, f, i)
Alle abrufbar unter der Internetadresse http://www.admin.ch/ch/d/gg/pc/pendent.html
Ferner:
- Vergleichsdokument, aus welchem die Unterschiede zwischen den Entwürfen für
ein revidiertes BöB und die revidierte IVöB ersichtlich sind2 (d, f, i)
- Revidiertes WTO-Übereinkommen über das öffentliche Beschaffungswesen (Agreement on Government Procurement 2012, GPA 2012) (f und e [Originalsprachen]; d und i [in Zusammenarbeit mit den Kantonen erarbeitete Übersetzungen])
Abrufbar unter https://www.bkb.admin.ch
1
Zum Entwurf der SWV werden keine separaten Erläuterungen vorgelegt. Die SWV gibt, in Anlehnung an die IVöB, einen Überblick über die Schwellenwerte und soll damit die Anwendung von BöB
und VöB vereinfachen. Abgesehen von formellen – insbesondere darstellerischen – Anpassungen
entspricht die SWV weitgehend geltendem Recht. Einzig der Schwellenwert für das Einladungsverfahren bei der Beschaffung von Gütern soll von 50 000.– auf 150 000.– Franken erhöht und damit jenem
für Dienstleistungen angepasst werden. Da die Schwellenwerte des Staatsvertragsbereichs im GPA
2012, im Bilateralen Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über gewisse Aspekte des öffentlichen Beschaffungswesens (SR 0.172.052.68)
sowie in den Anhängen der marktzugangsrelevanten Abkommen mit Drittstaaten vorgegeben sind,
stellt lediglich die erwähnte Erhöhung des Schwellenwerts für das Einladungsverfahren bei der Güterbeschaffung Gegenstand der Vernehmlassung dar.
2
Dieses Vergleichsdokument stellt ein Hilfsmittel dar. Massgebend sind die Fassungen der zu den
Vernehmlassungsunterlagen gehörenden Revisionsentwürfe des Bundes und der Bau-, Planungsund Umweltdirektorenkonferenz.
3/3
Liste der Vernehmlassungsadressaten
Liste des destinataires
Elenco dei destinatari
Art. 4, al. 3, de la loi sur la consultation (RS 172.061)
1. 2. 3. 4. 5. Kantone / Cantons / Cantoni ............................................................................................... 2 In der Bundesversammlung vertretene politische Parteien / partis politiques
représentés à l'Assemblée fédérale / partiti rappresentati nell' Assemblea federale 4 Gesamtschweizerische Dachverbände der Gemeinden, Städte und Berggebiete /
associations faîtières des communes, des villes et des régions de montagne qui
œuvrent au niveau national / associazioni mantello nazionali dei Comuni delle città
e delle regioni di montagna ................................................................................................. 6 Gesamtschweizerische Dachverbände der Wirtschaft / associations faîtières de
l'économie qui œuvrent au niveau national/ associazioni mantello nazionali
dell'economia......................................................................................................................... 6 Weitere interessierte Kreise / Autres milieux concernés / Altre cerchie interessate.. 7 Etat: 06.03.2015
1. Kantone / Cantons / Cantoni
Staatskanzlei des Kantons Zürich
Kaspar Escher-Haus
8090 Zürich
marianne.lendenmann@sk.zh.ch
Staatskanzlei des Kantons Bern
Postgasse 68
Postfach 840
3000 Bern 8
info@sta.be.ch
Staatskanzlei des Kantons Luzern
Bahnhofstrasse 15
6002 Luzern
staatskanzlei@lu.ch
Standeskanzlei des Kantons Uri
Postfach
6460 Altdorf
ds.la@ur.ch
Staatskanzlei des Kantons Schwyz
Postfach
6431 Schwyz
stk@sz.ch
Staatskanzlei des Kantons Obwalden
Rathaus
Postfach 1562
6061 Sarnen
staatskanzlei@ow.ch
Staatskanzlei des Kantons Nidwalden
Dorfplatz 2
Postfach 1246
6371 Stans
staatskanzlei@nw.ch
Regierungskanzlei des Kantons Glarus
Rathaus
8750 Glarus
staatskanzlei@gl.ch
Staatskanzlei des Kantons Zug
Postfach 156
6301 Zug
Info.Staatskanzlei@zg.ch
Chancellerie d'Etat du Canton de Fribourg
Rue des Chanoines 17
1701 Fribourg
chancellerie@fr.ch
relationexterieures@fr.ch
Staatskanzlei des Kantons Solothurn
Rathaus
Barfüssergasse 24
4509 Solothurn
kanzlei@sk.so.ch
Staatskanzlei des Kantons Basel-Stadt
Marktplatz 9
Postfach
4001 Basel
staatskanzlei@bs.ch
Landeskanzlei des Kantons Basel-Landschaft
Rathausstrasse 2
4410 Liestal
landeskanzlei@bl.ch
Staatskanzlei des Kantons Schaffhausen
Beckenstube 7
8200 Schaffhausen
staatskanzlei@ktsh.ch
Kantonskanzlei des Kantons Appenzell Ausserrhoden
Regierungsgebäude
Postfach
9102 Herisau
Kantonskanzlei@ar.ch
Ratskanzlei des Kantons Appenzell Innerrhoden
Marktgasse 2
9050 Appenzell
info@rk.ai.ch
Staatskanzlei des Kantons St. Gallen
Regierungsgebäude
9001 St. Gallen
info.sk@sg.ch
Standeskanzlei des Kantons Graubünden
Reichsgasse 35
7001 Chur
info@gr.ch
Staatskanzlei des Kantons Aargau
Regierungsgebäude
5001 Aarau
staatskanzlei@ag.ch
Staatskanzlei des Kantons Thurgau
Regierungsgebäude
8510 Frauenfeld
staatskanzlei@tg.ch
Cancelleria dello Stato del Cantone Ticino
Residenza Governativa
6501 Bellinzona
can-scds@ti.ch
Chancellerie d’Etat du Canton de Vaud
Château cantonal
1014 Lausanne
info.chancellerie@vd.ch
Chancellerie d’Etat du Canton du Valais
Palais du Gouvernement
1950 Sion
Chancellerie@admin.vs.ch
Chancellerie d’Etat du Canton de Neuchâtel
Château
2001 Neuchâtel
Secretariat.chancellerie@ne.ch
Chancellerie d’Etat du Canton de Genève
Case postale 3964
1211 Genève 3
service-adm.ce@etat.ge.ch
Chancellerie d’Etat du Canton du Jura
2, rue de l’Hôpital
2800 Delémont
chancellerie@jura.ch
Konferenz der Kantonsregierungen (KdK)
Conférence des gouvernements cantonaux (CdC)
Conferenza dei Governi cantonali (CdC)
Sekretariat
Haus der Kantone
Speichergasse 6
Postfach 444
3000 Bern 7
mail@kdk.ch
2. In der Bundesversammlung vertretene politische Parteien / partis politiques représentés
à l'Assemblée fédérale / partiti rappresentati nell' Assemblea federale
Bürgerlich-Demokratische Partei BDP
Parti bourgeois-démocratique PBD
Partito borghese democratico PBD
BDP Schweiz
Postfach 119
3000 Bern 6
mail@bdp.info
Christlichdemokratische Volkspartei CVP
Parti démocrate-chrétien PDC
Partito popolare democratico PPD
Postfach 5835
3001 Bern
Christlich-soziale Partei Obwalden csp-ow
c/o Stefan Keiser
Enetriedenstrasse 28
6060 Sarnen
info@cvp.ch
wyrsch.w@bluewin.ch
Christlichsoziale Volkspartei Oberwallis
Geschäftsstelle CSPO
Postfach
3930 Visp
info@cspo.ch
Evangelische Volkspartei der Schweiz EVP
Parti évangélique suisse PEV
Partito evangelico svizzero PEV
Nägeligasse 9
Postfach 294
3000 Bern 7
vernehmlassungen@evppev.ch
FDP. Die Liberalen
PLR. Les Libéraux-Radicaux
PLR.I Liberali Radicali
Sekretariat Fraktion und Politik
Neuengasse 20
Postfach 6136
3001 Bern
jean-richard@fdp.ch
hofer@fdp.ch
Grüne Partei der Schweiz GPS
Parti écologiste suisse PES
Partito ecologista svizzero PES
Waisenhausplatz 21
3011 Bern
Grünliberale Partei glp
Parti vert’libéral pvl
Laupenstrasse 2
3008 Bern
gruene@gruene.ch
schweiz@grunliberale.ch
Lega dei Ticinesi (Lega)
Lega dei Ticinesi
Via Monte Boglia 3
6900 Lugano
lorenzo.quadri@mattino.ch
Mouvement Citoyens Romand (MCR)
c/o Mouvement Citoyens
Genevois (MCG)
CP 340
1211 Genève 17
info@mcge.ch
Schweizerische Volkspartei SVP
Union Démocratique du Centre UDC
Unione Democratica di Centro UDC
Postfach 8252
3001 Bern
Sozialdemokratische Partei der Schweiz SPS
Parti socialiste suisse PSS
Partito socialista svizzero PSS
Postfach 7876
3001 Bern
info@svp.ch
verena.loembe@spschweiz.ch
3. Gesamtschweizerische Dachverbände der Gemeinden, Städte und Berggebiete /
associations faîtières des communes, des villes et des régions de montagne qui œuvrent
au niveau national / associazioni mantello nazionali dei Comuni delle città e delle regioni
di montagna
Schweizerischer Gemeindeverband
Laupenstrasse 35
Postfach 8022
3001 Bern
verband@chgemeinden.ch
Schweizerischer Städteverband
Monbijoustrasse 8
Postfach 8175
3001 Bern
info@staedteverband.ch
Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für die Berggebiete
Postfach 7836
3001 Bern
info@sab.ch
4. Gesamtschweizerische Dachverbände der Wirtschaft / associations faîtières de
l'économie qui œuvrent au niveau national/ associazioni mantello nazionali dell'economia
economiesuisse
Verband der Schweizer Unternehmen
Fédération des entreprises suisses
Federazione delle imprese svizzere
Swiss business federation
Schweizerischer Gewerbeverband (SGV)
Union suisse des arts et métiers (USAM)
Unione svizzera delle arti e mestieri (USAM)
Schweizerischer Arbeitgeberverband
Union patronale suisse
Unione svizzera degli imprenditori
Postfach
8032 Zürich
info@economiesuisse.ch
bern@economiesuisse.ch
Postfach
3001 Bern
info@sgv-usam.ch
Hegibachstrasse 47
Postfach
8032 Zürich
verband@arbeitgeber.ch
Schweiz. Bauernverband (SBV)
Union suisse des paysans (USP)
Unione svizzera dei contadini (USC)
Haus der Schweizer Bauern
Laurstrasse 10
5200 Brugg
info@sbv-usp.ch
Schweizerische Bankiervereinigung (SBV)
Association suisse des banquiers (ASB)
Associazione svizzera dei banchieri (ASB)
Swiss Bankers Association
Schweiz. Gewerkschaftsbund (SGB)
Union syndicale suisse (USS)
Unione sindacale svizzera (USS)
Postfach 4182
4002 Basel
office@sba.ch
Postfach
3000 Bern 23
info@sgb.ch
Kaufmännischer Verband Schweiz (KV Schweiz)
Société suisse des employés de commerce (SEC Suisse)
Società svizzera degli impiegati di commercio (SIC Svizzera)
Postfach 1853
8027 Zürich
Travail.Suisse
Postfach 5775
3001 Bern
hansueli.schuetz@kfmv.ch
info@travailsuisse.ch
SWICO
Hardturmstrasse 103
8005 Zürich
info@swico.ch
5. Weitere interessierte Kreise / Autres milieux concernés / Altre cerchie interessate
Aargauische Industrie- und Handelskammer AHIK
Entfelderstrasse 11
Postfach
5001 Aarau
info@aihk.ch
Alliancefinance Arbeitsgemeinschaft für Rechtssicherheit und Stabilität
Alliancefinance Communauté de travail pour la sécurité du droit et la
stabilité
bauenschweiz
constructionsuisse
costruzionesvizzera
Postfach 470
8702 Zollikon/Zürich
info@alliancefinance.ch
Weinbergstrasse 55
Postfach
8042 Zürich
info@bauenschweiz.ch
BLS AG
Postfach
3001 Bern
olivier.bayard@bls.ch
Brot für alle
Pain pour le prochain
Bürenstrasse 12
3007 Bern
bfa@bfa-ppp.ch
Bundesverwaltungsgericht (BVGer)
Tribunal administratif fédéral (TAF)
Tribunale amministrativo federale (TAF)
Postfach
9023 St.Gallen
Camera di commercio dell'industria e dell'artigianato del cantone
Ticino
Corso Elvezia 16
Casella postale
6901 Lugano
behoerden@bvger.admin.ch
info@cc-ti.ch
Chambre de commerce, d'industrie et des services de Genève
Case postale 5039
1211 Genève 11
cci@ccig.ch
Chambre de commerce et d'Industrie du Jura
Rue de l'Avenir 23
2800 Delémont
ccjura@cci.ch
Handels- und Industriekammer Freiburg (HIKF)
Chambre de commerce et d'industrie Fribourg (CCIF)
Route du Jura 37 B
Case postale 304
1701 Fribourg
info@ccif.ch
Chambre neuchâteloise du commerce et de l'industrie
Rue de la Serre 4
Case postale
2001 Neuchâtel
cnci@cnci.ch
Walliser Industrie und Handelskammer
Chambre valaisanne de commerce et d'industrie
Rue Pré-Fleuri 6
Case postale 288
1951 Sion
info@cci-valais.ch
Chambre vaudoise du commerce et de l'industrie (CVCI)
Case postale 315
1001 Lausanne
cvci@cvci.ch
Die Schweizerische Post AG
La Poste Suisse SA
La Posta Svizzera SA
Viktoriastrasse 21
3030 Bern
corporatecenter@post.ch
Entwicklung Schweiz
Développement Suisse
Effingerstrasse 13
3011 Bern
info@entwicklung-schweiz.ch
Erklärung von Bern
Déclaration de Berne
Dichiarazione di Berna
Postfach
Dienerstrasse 12
8026 Zürich
info@evb.ch
ccc@evb.ch
Fastenopfer
Action de Carême
Sacrificio Quaresimale
Alpenquai 4
6002 Luzern
Fédération des entreprises romandes (FER)
Rue de Saint-Jean 98
Case postale 5278
1211 Genève 11
mail@fastenopfer.ch
info@fer-sr.ch
Gebäudehülle Schweiz – Verband Schweizer GebäudehüllenUnternehmungen
Enveloppe des édifices Suisse – Association suisse des entrepreneurs
de l'enveloppe des édifices
Involucro edilizio svizzera – Associazione aziende svizzere involucro
edilizio
Lindenstrasse 4
9240 Uzwil SG
info@gh-schweiz.ch
Glarner Handelskammer
Geschäftsstelle
Postgasse 27
CH-8750 Glarus
glhk@althauslegal.ch
Handelskammer beider Basel
Aeschenvorstadt 67
Postfach
CH-4010 Basel
info@hkbb.ch
Handelskammer und Arbeitgeberverband Graubünden
Camera di commercio e Associazione degli imprenditori die Grigioni
Hinterm Bach 40
Quellenstrasse 31
Postfach 203 2228
7002 Chur
info@hkgr.ch
Handels- und Industrieverein des Kantons Bern
Union du commerce et de l'industrie du canton de Berne
Kramgasse 2
Postfach 5464
3001 Bern
info@bern-cci.ch
HELVETAS Swiss Intercooperation
Weinbergstrasse 22a
Postfach
8021 Zürich
bernd.steimann@helvetas.org
Industrie- und Handelskammer St. Gallen-Appenzell
Gallusstrasse 16
Postfach
9001 St. Gallen
info@ihk.ch
Industrie- und Handelskammer Thurgau
Schmidstrasse 9
Postfach 396
8570 Weinfelden
info@ihk-thurgau.ch
Industrie- und Handelskammer Zentralschweiz
Kapellplatz 2
Postfach 2941
6002 Luzern
info@ihz.ch
IVS Industrie- und Wirtschafts-Vereinigung Region Schaffhausen
Herrenacker 15
Postfach 709
8201 Schaffhausen
info@ivs.ch
Kompass Nachhaltigkeit
c/o BSK Consulting
Postfach 826 / Hufgasse 17
8024 Zürich
f.fries@bsdconsulting.com
Matterhorn Gotthard Bahn (MGB)
Bahnhofplatz 7
3900 Brig
railcenter@mgbahn.ch
Schweizerischer Baumeisterverband (SBV)
Société suisse des entrepreneurs (SSE)
Società svizzera degli impresari-costruttori (SSIC)
Weinbergstrasse 49
Postfach
8042 Zürich 470
verband@baumeister.ch
Schweizerische Bundesbahnen (SBB)
Chemins de fer fédéraux (CFF)
Ferrovie federali svizzere (FFS)
Hilfikerstrasse 1
3000 Bern 65
Schweizerisches Bundesgericht (BGer)
Tribunal fédéral (TF)
Tribunale federale (TF)
Av. du Tribunal fédéral 29
1000 Lausanne 14
Schweizerischer Ingenieur- und Architektenverein (SIA)
Société suisse des ingénieurs et des architectes (SIA)
Società svizzera degli ingegneri e degli architetti (SIA)
Selnaustrasse 16
8001 Zürich
verena.fischer@sia.ch
Schweizerische Vereinigung Beratender Ingenieurunternehmungen
(usic)
Union suisse des sociétés d'ingénieurs-conseils (usic)
Unione svizzera degli studi consulenti di ingegneria (usic)
Effingerstrasse 1
Postfach 6916
3001 Bern
usic@usic.ch
Schweizerische Vereinigung für öffentliches Beschaffungswesen
(SVöB)
Association suisse des marchés publics (ASMP)
Associazione Svizzera per gli appalti pubblici (ASAP)
Marktgasse 1
Postfach 2276
8401 Winterthur
martin.beyeler@bhlaw.ch
Schweiz Vereinigung Unabhängiger Finanzberater (SVUF)
Groupement suisse des conseils en gestion indépendants (GSCGI)
c/o Findling Grey AG
Bimenzältenstrasse 32 /
Postfach 2255
8060 Zürich-Flughafen
stellungnahmen@sbb.ch
direktion@bger.ch
sekretariat@svuf.ch
Solidar Suisse
Quellenstrasse 31
Postfach 2228
8031 Zürich
katja.schurter@solidar.ch
Solothurner Handelskammer
Grabackerstrasse 6
Postfach 1554
4502 Solothurn
info@sohk.ch
Swiss Fair Trade
Missionsstrasse 21
4055 Basel
info@swissfairtrade.ch
sonja.ribi@swissfairtrade.ch
SwissHoldings
Verband der Industrie- und Dienstleistungskonzerne in der Schweiz
Fédération des groupes industriels et de services en Suisse
Postfach 402
3000 Bern 7
Rhätische Bahn AG (RHB)
Bahnhofstrasse 25
7002 Chur
sekretariat@swissholdings.ch
contact@rhb.ch
Wettbewerbskommission (WEKO)
Commission de la concurrence (COMCO)
Commissione della concorrenza (COMCO)
Monbijoustrasse 43
3003 Bern
weko@weko.admin.ch
Zuger Wirtschaftskammer
Gubelstrasse 11
Postfach 613
6301 Zug
office@zwk.ch
Zürcher Handelskammer
Selnaustrasse 32
Postfach 3058
CH-8022 Zürich
direktion@zhk.ch