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1 | Rundblick Rhön April 2015
Rundblick Rhön April 2015 | 2
Editorial
Inzwischen zeigt die Rhön sich von ihrer
frühlingshaften Seite. Der Monat, über den wir
hier rückblickend berichten, war hingegen noch
eine Übergangszeit. Gleichwohl ging es in vielen
Bereichen weiter voran, wie Sie auf den folgenden Seiten – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – nachlesen können.
Es hat uns gefreut und geehrt, dass der
Bundesverband Beruflicher Naturschutz seine
Jahresexkursion bei uns in der Rhön durchgeführt hat und die Fachkollegen aus anderen
deutschen Schutzgebieten unsere Arbeit würdigten.
Ein zentraler Aspekt unserer Aktivitäten im
UNESCO-Biosphärenreservat Rhön ist die Bildungsarbeit. Das machen gleich mehrere Artikel
deutlich: Die hessischen Junior-Ranger sind
weiterhin mit Begeisterung dabei. In Thüringen
ist das Biosphärenreservat als Thema für schulische Projekttage gefragt und in Bayern wird
den Besuchern und Wanderern verstärkt die
Geologie der Rhön vermittelt. Dass uns nicht
nur wichtig ist, die Natur der Rhöner Kulturlandschaft zu bewahren, sondern auch das
geschichtliche Erbe der Dörfer, zeigt ein
erfolgreiches Projekt im unterfränkischen Burkardroth.
Wir bleiben in allen Bereichen am Ball.
Michael Geier, Karl-Friedrich Abe, Torsten Raab
3 | Rundblick Rhön April 2015
Inhalt
S. 4
Beeindruckte Fachkollegen:
Exkursion des Bundesverbands
Beruflicher Naturschutz in der Rhön
Weil die Rhön so viel zu bieten hat...
S. 11
Exkursionen statt Unterricht:
Projekttage der Regelschule Geisa im BRR
Weil die Wirklichkeit sich anders anfühlt als die
Theorie...
S. 5
Früh übt sich:
Rührige Junior-Ranger
Wie man Kinder an die Natur heranführt...
S. 12
Mit gutem Beispiel voran:
Umweltfreundliche Beleuchtung auf der
Wasserkuppe
Wie man der Rhöner Nacht eine Referenz
erweist...
S. 7
Historische Kulturlandschaft in Bayern:
Projekt in Burkardroth geht in die nächste
Runde
Wo Geschichte fortlebt...
S. 13
Aus dem Hörsaal zum Naturschutz:
Commerzbank finanziert wieder
Umweltpraktikum
Wie eine Geschäftsbank Engagement zeigt...
S. 8
Größter Apfelbaum der Rhön:
Der „Frauenrother Wilde“
Wo der Apfel weit vom Stamm fällt...
S. 15
Im Porträt:
Stadt Mellrichstadt, Unterfranken
S. 9
Erlebte Rhöner Geologie:
Neue Panorama-Infotafel auf dem
Kreuzberg
Wo man besonders weit ins Land schaut...
S. 18
Kurz berichtet...
Hinweis:
Der Rundblick Rhön berichtet über wichtige Ereignisse des
Vormonats. In einigen Fällen sind Pressemitteilungen
integriert, die den Medien bereits ereignisnah zugegangen
sind. Alle hier enthaltenen Texte und hochauflösende
Fotos (mit Urheberangabe) werden auf Anfrage gern
honorarfrei zur Verfügung gestellt (presse@brrhoen.de).
Rundblick Rhön April 2015 | 4
Von weit her: Die Teilnehmer der BBN-Exkursion in Point Alpha
Beeindruckte Fachkollegen:
Exkursion des Bundesverbands
Beruflicher Naturschutz in der
Rhön
Im Bundesverband Beruflicher Naturschutz
(BBN) sind hauptamtliche Naturschützer aus
Behörden, freien Berufen und Naturschutzverbänden aus ganz Deutschland zusammengeschlossen, dazu gehören als regionale
Mitgliedsverbände auch das Naturschutzforum
Thüringen (NfT) und die Hessische Vereinigung
für Naturschutz und Landschaftspflege (HVNL).
Einmal im Jahr bietet der Verband seinen
Mitgliedern eine inhaltlich anspruchsvolle Exkursion, die in der Regel in eine der Nationalen
Naturlandschaften führt und der Erweiterung
des persönlichen und fachlichen Horizonts dient.
In diesem Jahr besuchten die Naturschutzprofis
Ende April das UNESCO-Biosphärenreservat
Rhön.
Das Programm begann am Freitag, den 24.4. im
Groenhoff-Haus, dem Sitz der Hessischen
Verwaltungsstelle des UNESCO-Biosphärenreservats, auf der Wasserkuppe. Prof. Klaus Werk
für die HVNL und Ewald Sauer für die Hessische
Verwaltungsstelle begrüßten die illustren Gäste
und führten sie in das Thema „Rhön“ ein.
Der darauf folgende Samstag war geführten
Wanderungen zur Milseburg und den unbewirtschafteten Kernzonen an ihren felsigen
Hängen sowie in das Rote Moor vorbehalten.
Anschließend empfing der Leiter der Hessischen
Verwaltungsstelle, Torsten Raab, die Besucher
noch einmal im Groenhoff-Haus und diskutierte
mit ihnen aktuelle Themen und Projekte sowie
den geplanten Umbau des Groenhoff-Hauses.
Der Tag endete mit einem Abendessen im
Gasthof „Zur Krone“ in Seiferts, der konsequent
auf regionale Produkte setzt, was den kulinarischen Höhepunkt der Exkursion bildete.
Am Sonntag besuchten die Naturschützer aus
ganz Deutschland die Mahn- und Gedenkstätte
„Point Alpha“. Neben den beeindruckenden
historischen Exponaten und Installationen fand
hier auch die neue Dauerausstellung zur Natur
am ehemaligen Eisernen Vorhang großes
Interesse. Eine Wanderung auf dem früheren
Kolonnenweg, dem heutigen „Grünen Band“,
beschloss das offizielle Programm.
„Für mich und meine Kollegen Geier und Raab
war es eine Ehre, Gastgeber für die Jahresexkursion dieses bedeutenden Fachverbands zu
sein“, bilanziert Karl-Friedrich Abe. „Das gab
uns Gelegenheit, den Kollegen die Ziele und
Aufgaben des UNESCO-Biosphärenreservats
Rhön und die Schönheit unserer Landschaft
näherzubringen. Mit seiner Lage an der
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ehemaligen Zonengrenze ist unser Drei-LänderBiosphärenreservat zweifellos ein hochinteressanter Lernort. Wir hatten den Eindruck,
dass die Kollegen, die natürlich auch Multiplikatoren sind, am Sonntag hochzufrieden den
Heimweg antraten.“
Früh übt sich:
Rührige Junior-Ranger
Lob aus berufenem Munde
Prof. Klaus Werk, stellvertretender Vorsitzender
des beruflichen Fachverbandes BBN, äußerte
sich vor Ort anerkennend über die Arbeit im
UNESCO-Biosphärenreservat Rhön: „Die Aufgabenwahrnehmung in der Rhön ist sehr
professionell ausgerichtet und die Ergebnisse
der großen Anstrengungen der letzten Jahre
lassen sich sehen. Beeindruckt sind wir vor
allem vom hohen Engagement der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den drei Verwaltungsstellen, ohne die diese hohe Qualität in
der Rhön nicht denkbar wäre. Im Vergleich zu
anderen Regionen ist besonders die breite
Zustimmung in der Bevölkerung zu spüren und
die Mitwirkung der vielen Unternehmen und vor
allem der Gemeinden der Rhön. Überall finden
wir die Verweise auf das Biosphärengebiet und
schon das allein ist ein wichtiges Indiz für die
Akzeptanz. Unsere Exkursionsteilnehmer lobten
auch die gute regionale Küche und die
Verwendung von Produkten der Rhön. Das ist
beispielhaft.“
Der Fachverband freue sich, dass das
Kernzonenkonzept jetzt den internationalen
Anforderungen entspricht. Das, so Prof. Werk,
sei unbedingt notwendig und deshalb die große
Anstrengung wert gewesen. Die Teilnehmer der
BBN-Exkursion seien auf die Ergebnisse der
Machbarkeitsstudie für den Ausbau des Besucherzentrums auf der Wasserkuppe gespannt.
Es sei gut, dass das Hessische Umweltministerium hier vorangehe.
Hoch motiviert: Junior-Ranger bei der Eröffnung der neuen
Dauerausstellung im Haus auf der Grenze im Frühjahr 2015
Umweltbildung für Kinder und Jugendliche hat
im UNESCO-Biosphärenreservat einen hohen
Stellenwert. Das zeigt auch das Beispiel der
Junior-Ranger.
2014 haben die Junior-Ranger Hilders viel
erlebt. Das Jahr begann zunächst mit einem
großen personellen Wechsel, da die Gründerin
und langjährige Betreuerin der Junior-Ranger,
Sabine Massel, im März aus beruflichen
Gründen ihre Stelle aufgab. Die Gruppe der
jungen Rhönkundler fand aber raschen Ersatz:
Heike Kirchner und Ranger Hubert Stumpf
werden sich von nun an um die „Minis“
kümmern und Sigrid Goldbach und Harald
Vonderau die Aktionen der etwas älteren
„Rhönfüchse“ betreuen.
Die „Mini-Ranger“ (Kinder von 5-9 Jahren)
treffen sich alle zwei Wochen immer donnerstags von 15:30 bis 17:30 Uhr. Auf spielerische Art wird den Kleinen Heimatkunde und
Umweltbildung nähergebracht. Die einzigartige
Rhöner Tier- und Pflanzenwelt bietet dabei
spannende Einblicke, von denen die Kinder ein
Leben lang profitieren können.
Bei der Betreuung der Apfelbäume brachten die
„Minis“ an den Stämmen Fraßschutz für die
Winterzeit an.
Rundblick Rhön April 2015 | 6
In der kalten Jahreszeit stand das Thema
„Überwinterung“ auf dem Plan und es wurde ein
Dachsbau besucht.
Die „Rhönfüchse“ (Kinder von 9-13 Jahren)
kommen ebenfalls alle 14 Tage zusammen.
Diese „Fortgeschrittenen“ beschäftigen sich dabei natürlich intensiver mit der Tier- und
Pflanzenwelt des Biosphärenreservats. Das diesjährige Thema lautete „Wald, Wiese, Wasser
und Winter“. Im ersten Quartal wurde der Lebensraum Wald untersucht: Welche Waldtiere
leben in der Rhön? Wie unterscheidet man die
wichtigsten Rhöner Baumbestände?
Im zweiten Quartal ging es dann um Grassorten, die Zusammensetzung einer Wiese und
ihre kleinsten Bewohner.
Im Herbst lag der Fokus auf dem Wasser:
Quellen wurden gesucht und Wasserproben
untersucht. Auch das Thema Wasserversorgung
auf der Erde wurde eingehend beleuchtet.
Das letzte Quartal beschäftigte sich schließlich
ganz mit der Frage, wie die Tier- und Pflanzenwelt der Rhön sich auf die kalte Jahreszeit
einstellt. Abgerundet wurde die Winterzeit von
einer langen Wanderung von Findlos nach
Wickers und einem abschließenden wohlig warmen und gemütlichem Beisammensitzen am
wärmenden Ofen.
Doch die „Minis“ und „Juniorfüchse“ erleben
nicht nur getrennt voneinander Spannendes in
der Rhön, sondern packen auch immer wieder
zusammen an: So pflegen sie die „Junior-Rhön“,
wie das von der Gemeinde Hilders zur Verfügung gestellte Grundstück genannt wird. Beim
Osterputz wird die Umgegend von Müll und
Unrat befreit. Der schädlichen Lupine geht man
gemeinsam an den Kragen. Und auch verschiedene Feste mit Spielen und Grillen und
sogar nationale Junior-Ranger-Treffen runden
das vielfältige Angebot ab.
Neben den Junior-Rangern aus Hilders gibt es
auch noch eine weitere Gruppe in der Hessischen Rhön: Seit zehn Jahren sind die
„Rhönmilane“ (Kinder von 9-14 Jahren) in Wüstensachsen aktiv. Hier trifft man sich unter der
Betreuung von Hubert Stumpf alle zwei Wochen
donnerstags von 15:30 bis 18:00 Uhr. Zu den
zahlreichen Projekten im Jahr 2014 zählten u.a.
das Spurensuchen im Schnee und das
Überleben der Wildtiere im Winter, Blumenkunde am Wegesrand und Heckenpflege. Bei
dem Wildkatzen-Monitoring (Der Rundblick
Rhön berichtete) helfen die Kinder bei der
Kontrolle der Lockstöcke. Zum Schutz der
Wasseramseln baut die Gruppe an der Ulster
Nisthilfen und kontrolliert die Gewässer. Und in
enger Zusammenarbeit mit dem Imkerverein
Ulstertal lernen die Junior-Ranger, wie wichtig
die Bienen für uns und unsere Umwelt sind.
7 | Rundblick Rhön April 2015
Historische Kulturlandschaft in
Bayern:
Projekt in Burkardroth geht in
die nächste Runde
gestellt. Außerdem wurden die Berufsstruktur
der Einwohner von 1850 sowie die Bebauung
und Landnutzung mit den heutigen Verhältnissen verglichen.
Ein Projekt zieht Kreise
Begeisterte Heimatkundler: Bürgermeister Waldemar Bug,
Kreisheimatpfleger Christian Neugebauer und das Bearbeiterteam, Dr. Thomas Büttner und Armin Röhrer, begutachten die kartierten Kulturlandschaftselemente (von links).
Eine wichtige Aufgabe des UNESCO-Biosphärenreservats Rhön ist die Bewahrung der
gewachsenen Kulturlandschaft mit all ihren
traditionsreichen Facetten. Im Rahmen der
Projektreihe „Historische Kulturlandschaft Rhön“
wurde in den vergangenen Monaten die Kulturund Sozialgeschichte der Marktgemeinde Burkardroth (LK Bad Kissingen) systematisch
dokumentiert. So bleibt dieses Erbe für die
nachfolgenden Generationen erhalten.
Nun geht das Projekt „Dokumentation historischer Kulturlandschaftselemente in der Marktgemeinde Burkardroth“ in die nächste Runde.
Im April kamen etwa 40 Mitglieder des ehrenamtlichen projektbegleitenden „Rats der Weisen“ zusammen, um in einem Zwischenbericht
die Ergebnisse aus den Ortsteilen Burkardroth,
Zahlbach, Frauenroth, Stralsbach und Wollbach
zu besprechen. Diese Ortsteile sind in der
ersten Phase bearbeitet worden.
Die Projektbearbeiter Dr. Thomas Büttner und
Armin Röhrer stellten in einer reich bebilderten
Präsentation und in Kartenwerken die Besonderheiten der Ortsteile vor. Hier konnten etwa
150 Elemente – darunter alte Trift- und
Hohlwege und Steinriegel – identifiziert werden.
Sie wurden einzeln erfasst, hinsichtlich ihrer
Funktion und Nutzungsgeschichte beschrieben
und in den historischen Zusammenhang
Gleichzeitig diente die Veranstaltung der
Vorbereitung und Staffelstabübergabe an die
Ortsteile, die in der nächsten Phase bearbeitet
werden. Das sind Lauter, Waldfenster,
Katzenbach und Oehrberg, die bis 2016 nach
gleicher Methodik erfasst werden, ebenfalls
unter Einbeziehung der Ortskundigen. Die
Ortsteile Gefäll, Premich und Stangenroth
werden sich bis 2016/2017 in der letzten Projektphase anschließen.
Das Treffen der ehrenamtlichen Geschichtsforscher fand im neu sanierten und noch nicht
offiziell eingeweihten „Haus der Dorfgemeinschaft“ in Stralsbach statt. Es ist ein Beispiel für
die Umwidmung eines ehemaligen Schulgebäudes, das künftig eine wichtige Bündelungsfunktion für Veranstaltungen der Vereine
im Dorf haben wird. Auch wenn die alte Schule
selbst keine historische Bausubstanz im engeren
Sinne darstellt, kann das Projekt als Modellbeispiel gelten. Es steht für den konstruktiven
und zukunftsfähigen Umgang mit entbehrlich
gewordener Infrastruktur durch eine Umwidmung der Funktion und bürgerschaftliches
Engagement.
Bürgermeister Bug dankte der Biosphärenreservatsverwaltung, vertreten durch die Projektleiterin Frau Dr. Pokorny, für die Finanzierung des Projektes, den Mitgliedern des Rats
der Weisen für ihr Engagement und dem
Bearbeiterteam Dr. Thomas Büttner und Armin
Röhrer für die bisher gehobenen Schätze.
Ins Gespräch vertieft: Mitglieder des „Rats der Weisen“, Gudrun und Herbert Kröckel aus Stralsbach
mit Bearbeiter Dr. Thomas Büttner.
Rundblick Rhön April 2015 | 8
Größter Apfelbaum der Rhön:
Der „Frauenrother Wilde“
Gigantisch: 18 m Kronendurchmesser und mehr als 3,5 m
Stammumfang: Der mächtigste Apfelbaum der Rhön steht
in Frauenroth.
Als besonderer Schatz der Marktgemeinde
Burkardroth wurde im Rahmen der Projektreihe
„Historische Kulturlandschaft Rhön“ ein Naturdenkmal hervorgehoben: der wohl älteste und
mächtigste Apfelbaum der gesamten Rhön. Der
beeindruckende Baum steht im Burkardrother
Ortsteil Frauenroth und ist mit einem Stammumfang von 3,75 m ein wahrer Gigant.
Auf Initiative der Biosphärenreservatverwaltung
waren mehrere namhafte Pomologen zur Sortenbestimmung herangezogen worden. Doch
die Experten konnten sich für keine Zuordnung
des Baumes zu einer bekannten Apfelsorte entscheiden. Der mit dem beachtlichen Sortenspektrum der Rhön bestens vertraute Pomologe
Hans-Joachim Bannier aus Bielefeld stellte
schließlich fest, dass es sich auch unter
Berücksichtigung der mächtigen Wuchsform
aller Wahrscheinlichkeit nach um einen sogenannten „Zufallssämling“ handelt. Das heißt,
der Baum ist unveredelt aus einem Samen
hervorgegangen und damit ein unbenannter
„Wildling“. Er ist er genetisch einmalig und
gehört keiner bislang beschriebenen Sorte an.
Der Kronendurchmesser dieses Unikats liegt bei
18 Metern, sein Alter wird von Pomologen auf
mindestens 150 bis 200 Jahre geschätzt. Um
seine Erhaltung kümmern sich der inzwischen
neue Eigentümer des Grundstücks sowie die
Untere Naturschutzbehörde, die den Baum als
geschütztes Naturdenkmal des Landkreises Bad
Kissingen adeln möchte.
„Mit diesem mächtigen Obstbaum haben der
Ortsteil Frauenroth und die Gemeinde
Burkardroth einen echten Alleinstellungswert“,
stellt Dr. Doris Pokorny fest, Projektleiterin der
Reihe Historische Kulturlandschaft Rhön. „Der
Apfelbaum ist eine Augenweide, ein wertvolles
Biotop und ein echtes kulturhistorisches Highlight. Er komplementiert die monumentale Hutebuche am Ortsrand“.
Vor diesem Hintergrund empfiehlt der Bearbeiter des Ortsteils Frauenroth, Dr. Thomas
Büttner, der Marktgemeinde eine touristische
Nutzung über eine Infotafel. Hans-Joachim
Bannier empfiehlt – das Einverständnis des
Besitzers vorausgesetzt – den „Wilden“ als
Sämlingsspenderbaum für die Anzucht von
Sämlingsunterlagen heranzuziehen.
Bannier: „Wurden vor 100 Jahren die Wurzelunterlagen in der Unterlagen-Baumschule vor
allem nach ihrer Durchwuchsstärke ausgesucht,
hat man mit der ausschließlichen Verwendung
von Bittenfelder-Saatgut zwar mehr Einheitlichkeit erreicht, bekommt aber nicht mehr die
superstark wachsenden Sämlinge. Diese haben
mit dafür gesorgt, dass einzelne Apfelbäume zu
großen landschaftsprägenden Bäumen heranwuchsen.“ Denn für das Kronenausmaß sei
nicht nur die Wuchseigenschaft der Sorte entscheidend, sondern auch die der Wurzelunterlage.
Somit könnte der „Frauenrother Wilde“ langfristig neue Generationen von malerischen
Großbäumen auf den
Streuobstwiesen der
Rhön oder den Ackerfluren begründen. Auch
darf noch ein richtiger Name für den Methusalem gefunden werden.
Für Hinweise zur Geschichte dieses Baumes ist
die Bayerische Verwaltungsstelle des UNESCOBiosphärenreservats Rhön dankbar. Kontakt:
Dr. Doris Pokorny, Tel. 0931-380-1660 (Mo-Mi).
Die Experten stehen vor einem Rätsel: Die Sortenbestimmung
anhand der Früchte brachte zunächst keine Erkenntnis. Dr. Doris
Pokorny, Bayerische Verwaltungsstelle, im Gespräch mit dem
Pomologen Jan Bode (links, roter Pulli) anlässlich des Hausener
Apfelmarktes.
9 | Rundblick Rhön April 2015
Rhön-Experten: Illustre Gäste mit Pater Stanislaus, Guardian des Franziskanerklosters Kreuzberg und Landrat Habermann (links)
Erlebte Rhöner Geologie :
Neue Panorama-Infotafel
dem Kreuzberg
auf
Auch geologisch betrachtet ist die Rhön ein
hochinteressantes Gebiet. Das soll durch das
Leader-Projekt „Rhöner Geologie erleben“ verstärkt ins Bewusstsein von Einwohnern und
Touristen gebracht werden (s. unten). In diesem Zusammenhang wurde am 20. April 2015
auf dem Kreuzberg bei Bischofsheim/Rhön eine
große Panorama-Bildtafel eingeweiht, welche
dem Betrachter die einzelnen Berge am
Horizont benennt.
Die Gäste der Einweihungsrunde wurden von
Pater Stanislaus, dem Guardian des Franziskanerklosters Kreuzberg, begrüßt. Für ihn ist der
„Heilige Berg“ der Franken ein idealer Standort,
um auf Gottes Schöpfung zu blicken. Er erbat
Gottes Segen für die Idee des Projekts.
Gemeinsam wurde das Lied „Großer Gott wir
loben dich“ gesungen. In einer sonst eher
selten gesungen Strophe heißt es: „Himmel,
Erde, Luft und Meer, sie verkünden deine Ehre“.
Der Landrat des Landkreises Rhön-Grabfeld,
Thomas Habermann, würdigte das LeaderProjekt und brachte seine Freude über die neue
Info-Tafel zum Ausdruck. Immerhin sei der
Kreuzberg einer der schönsten Aussichtspunkte
der Rhön.
Udo Baumann, Bürgermeister von Bischofsheim
und 1. Vorsitzender der „Kreuzberg-Allianz“ aus
fünf Gemeinden, schloss sich dem an. Für ihn
gehe nun der langersehnte Wunsch in Erfüllung,
dass an diesem viel besuchten Ort nun endlich
das Panorama auch mit den jeweiligen
Gebirgsnamen in Verbindung gebracht werden
könne.
Martina Hartung vom Amt für Ernährung,
Landwirtschaft und Forsten in Bad Neustadt, die
für die verwaltungstechnische Begleitung der
Leader-Projekte zuständig ist, unterstrich den
landkreis- und länderübergreifenden Charakter
des Projekts.
Umsetzung des Bildungsauftrags
Klaus Spitzl, Geschäftsführer Naturpark & Biosphärenreservat Bayerische Rhön e.V. (NBR),
lobte die einfache und leicht verständliche
Darstellung dieser und der anderen Tafeln. „Wir
wollen nicht über geologische Phänomene dozieren, sondern für jedermann verständliches
und praxistaugliches Wissen vermitteln.“
Schließlich habe das UNESCO-Biosphärenreservat auch einen Bildungsauftrag. Insofern
leiste das Geologie-Projekt im Bereich der Umweltbildung einen bedeutsamen Beitrag.
Die Leader-Projektkosten betrugen 125.000
Euro. Der NBR übernahm den Eigenanteil von
rd. 62.000 Euro.
Rundblick Rhön April 2015 | 10
Hintergrund: Medien zur Rhöner Geologie
Die Rhön ist für ihre landschaftliche Vielfalt
bekannt. Dass das Mittelgebirge Rhön auch aus
geologischer Sicht eine bemerkenswert abwechslungsreiche Region ist, unterstreicht nun
das Leader-Projekt „Rhöner Geologie erleben“.
Bereits im März 2015 hatte der Naturpark &
Biosphärenreservat Bayerische Rhön e.V. zum
erfolgreichen Abschluss des umfangreichen
Projekts in den Landkreis Bad Kissingen eingeladen. Realisiert wurde es mit Unterstützung
des EU-Förderprogramms Leader im Rahmen
des Europäischen Landwirtschaftsfonds für die
Entwicklung des ländlichen Raums (ELER).
Das Projekt ist die pilothafte Umsetzung eines
länderübergreifenden Konzeptes zum Thema
„Rhöner Geologie erleben“, das unter hessischer
Federführung zuvor in Zusammenarbeit mit der
thüringischen, hessischen und bayerischen
Verwaltungsstelle des UNESCO-Biosphärenreservats sowie der Tourismus GmbH Bayerische
Rhön und den zuständigen Leader-Aktionsgruppen entstanden war.
Ergänzende nützliche Informationen sowie
interaktive Karten hält ein neuer Internetauftritt
bereit. Das Portal ist smartphone-optimiert und
kann somit auch unterwegs genutzt werden.
http://biosphaerenreservat-rhoen.de/rhoenergeologie-erleben
Das Material wird auch in Schulen der Region
sowie bei Natur- und Landschaftsführungen
zum Einsatz kommen.
Schon gewusst? Gleich fünf Orte der bayerischen Rhön zählen außerdem zu „Bayerns
schönsten Geotopen“. Dieses vom Bayerischen
Landesamt für Umweltschutz vergebene Prädikat tragen zum Beispiel die „Saurierfährten“ bei
Euerdorf und das Schwarze Moor am DreiLänder-Eck bei Fladungen.
Die Geologie der Rhön wird jetzt auf mehreren
medialen Ebenen präsentiert:
Eine umfassende und reich bebilderte Broschüre
über 50 geologische Highlights lädt zu Entdeckungen ein – für den interessierten Wanderer eine Art „Zeitreise“ durch die Erdgeschichte.
Ein länderübergreifendes Übersichtsfaltblatt mit
großer Karte und der Gebietskulisse des
UNESCO-Biosphärenreservats Rhön hilft bei der
Orientierung und liefert auf seiner Rückseite
weitere spannende Einblicke in das geologische
Erbe.
Gottes Segen: Pater Stanislaus bei seiner Eröffnungsansprache
11 | Rundblick Rhön April 2015
Exkursionen statt Unterricht:
Projekttage der Regelschule
Geisa im Biosphärenreservat
Kreisschäfermeister Roland Barthelmes aus
Klings stellte in repräsentativer Schäfermontur
seine Arbeit vor und betonte dabei die Wichtigkeit der Rhönschäferei für die Pflege der
Kalkmagerrasen.
Es folgte der Themenschwerpunkt Streuobstwiese: Auf dem Streuobstlehrpfad unterhalb der
Propstei Zella informierten sich die Kinder über
die Erhaltung dieser besonderen Lebensräume,
die auch wichtige Nahrungsquelle für Fledermäuse, Vögel und Insekten sind.
Drei spannende Projekttage erlebten im April
zwölf Schülerinnen und Schüler der Regelschule
Geisa, die sich das UNESCO-Biosphärenreservat
Rhön als Thema ihrer Projektarbeit gewählt
hatten. Gemeinsam mit ihrer Lehrerin Frau Wild
sowie den Mitarbeitern der thüringischen
Verwaltungsstelle Friedrich, Kunz und Döll
lernten die Kinder der 5. und 6. Klasse viel
Neues über die Rhön.
Los ging es am 27.04.15. Im „Fledermausdorf“
Neidhartshausen erfuhr die Gruppe nach einer
Begrüßung viel Wissenswertes über die örtliche
Fledermausinitiative. In der 1722 erbauten
Kirche im Ort leben das Große Mausohr sowie in
kleinerer Anzahl die Wasserfledermaus, die
Zwergfledermaus und die Breitflügelfledermaus.
Über 700 Alttiere machen die „FledermausWochenstube“ zu einer der zehn größten in
Thüringen. Eine Videopräsentation zeigte den
Kindern dann anschaulich, was sich auf dem
Dachboden der Kirche alles tut. Hinterher ging
die Gruppe den neuen Fledermauspfad
zwischen Neidhartshausen und Zella und begutachtete die fünf Infotafeln.
Im Anschluss informierte Rolf Friedrich in einer
Power-Point-Präsentation über die Besonderheiten des UNESCO-Biosphärenreservats Rhön:
Geschützte Lebensräume, Tiere und Pflanzen,
Struktur, Aufgaben und Ziele des BR standen im
Mittelpunkt.
Nun wurde es Zeit für eine kleine Stärkung zu
Mittag: Thüringer Rostbratwürste und Rhöner
Getränke machten müde „Rhön-Entdecker“
munter. Derweil lief ein Film über die Rhön als
besonderer Lebensraum mit einem „Hotspot“ an
Tieren und Pflanzen.
Nach einem letzten Rundgang im BR-Informationszentrum in der Propstei Zella endete der
erste Tag.
Am 28.04.15 besuchte die Gruppe das „Haus
auf der Grenze“ bei Point Alpha mit seiner
neuen Dauerausstellung, die von Junior-Rangern mitgestaltet wurde. Hier erfuhr die Geisaer
Gruppe auf schülergerechte Weise viel über ein
wichtiges Thema: den ehemaligen Todesstreifen
und seine überraschende Wandlung zu einer
Lebenslinie, dem „Grünen Band“.
Im Anschluss begann der praktische Teil in der
Regelschule Geisa. Unter der Anleitung von Rolf
Friedrich und ihrer Lehrerin bauten und gestalteten die Kinder Insektenhotels und fertigten
Infotafeln zu den Themen Fledermaus,
Wildkatze, Rhönschaf, Streuobstwiese und der
Frage „Was ist das Biosphärenreservat Rhön?“.
Am 29.04.2015 endete die gemeinsame Zeit
beim Tag der offenen Tür. Hier wurden alle
Arbeiten des Vortages fertiggestellt und die
einzelnen Projekträume ausgestaltet. Anschließend stellten die Kinder selber ihre Projekte vor.
Das fand auf Seiten der Eltern und Lehrer viel
Interesse und großen Zuspruch.
„Die Projekttage zum Biosphärenreservat Rhön
waren ein voller Erfolg! Alle Kinder hatten große
Freude und auch die Betreuer und Eltern waren
begeistert von dem gemeinschaftlichen Ereignis.
So macht Umweltbildung Spaß“, lautete am
Ende das Resümee von Frau Wild.
Rundblick Rhön April 2015 | 12
Mit gutem Beispiel voran:
Umweltfreundliche Beleuchtung
auf der Wasserkuppe
Zukunftsgerecht zu beleuchten waren zwei
Querungsstreifen an der Landesstraße L 3068,
die Buswendeschleife sowie der Gehweg hinter
dem Rhön-Info-Zentrum. Die Kosten für Planung und Installation der insgesamt 13 modernen Leuchten übernahm der Landkreis. Die
neuen Leuchten wurden im Januar/Februar
2015 auf bereits vorbereitete Masten montiert.
Die Betriebsführung liegt in den Händen der
RhönEnergie. Die Unternehmensgruppe ist seit
Jahrzehnten in Sachen Straßenbeleuchtung
Partner der Kommunen ihres großen Netzgebiets.
„Bei der Planung der Beleuchtungsanlagen war
es unser Ziel, eine Lösung zu finden, welche die
Verkehrssicherheit garantiert, gleichzeitig aber
auch wirtschaftlich ist und vor allem die von uns
mitentwickelten Beleuchtungsanforderungen im
Sternenpark erfüllt“, kommentiert Dipl.-Ing.
Matthias Hahner, Abteilungsleiter der RhönEnergie. „Deshalb haben wir uns für LEDLampen entschieden, die wir über ein intelligentes Beleuchtungsmanagement-System alle
einzeln bedarfsgerecht steuern und dimmen
können.“
Beleuchtungscheck: (von links) Bruno Günkel (Fachdienstleiter
Wirtschaftsförderung, Standortmarketing, Tourismus, ÖPNV
des Landkreises Fulda), Torsten Raab (Leiter der Hessischen
Verwaltungsstelle des UNESCO-Biosphärenreservats), Sabine
Frank (Sternenpark-Koordinatorin) und Matthias Hahner (RhönEnergie).
Als Landmarke im UNESCO-Biosphärenreservat
Rhön und gelegen im Sternenpark wollten die
Beteiligten mit den neuen Beleuchtungsanlagen
auf der Wasserkuppe ein Zeichen setzen. Nach
Einschätzung der Fachleute ist das vorbildlich
gelungen.
Im vergangenen Jahr hat man auf der
Wasserkuppe die Verkehrswege grundlegend
modernisiert. Im Zuge dieser Maßnahmen
wurde aus Gründen der Verkehrssicherheit ein
neues Beleuchtungskonzept notwendig. Die
Stadt Gersfeld, das Landratsamt, die Polizei,
Hessen Mobil, die Hessische Verwaltungsstelle
und die RhönEnergie Fulda als Energieversorger
und Beleuchtungsdienstleister konnten sich
dabei auf eine Konzeption verständigen, die in
jeder Hinsicht den Sternenpark-Anforderungen
entspricht.
In der Praxis sieht das so aus: Die Leuchten
schalten sich in der Dämmerung an. Nachdem
um 19:00 Uhr der letzte Bus abgefahren ist,
werden die zwei Leuchten an der Buswarteschleife in mehreren Stufen gedimmt. Um 22:00
Uhr, wenn auf der Wasserkuppe der Publikumsverkehr nahezu vollständig zum Erliegen
gekommen ist, schaltet sich die öffentliche Beleuchtung ab.
In der Morgendämmerung schalten sich die
Leuchten wieder ein. Ist es lange dunkel,
werden die beiden Leuchten an der Buswarteschleife gegen 6:00 Uhr vorzeitig eingeschaltet,
denn der erste Bus nach Fulda fährt bereits um
6:30 Uhr.
Europaweit beispielhaft
„Das ist ein sehr durchdachtes System“,
kommentiert Dr. Andreas Hänel von der Fachgruppe Dark Sky der Vereinigung der Sternenfreunde. Der wissenschaftliche Mentor des Sternenparks wurde in diesem Jahr in Berlin von
GEO mit dem Umweltpreis „Grüne Palme 2015“
ausgezeichnet.
13 | Rundblick Rhön April 2015
Hänel: „Hervorzuheben ist, dass für sämtliche
Leuchten eine umweltverträgliche warme Lichtfarbe mit geringem Blauanteil gewählt wurde
und alle Leuchten so ausgerichtet sind, dass
kein Licht zur Seite oder Richtung Himmel
abstrahlt. In der Summe – Lichtfarbe, Abschirmung und Steuerung – ist die Anlage absolut
vorbildlich und in dieser Art einmalig in Europa.
Ich habe das persönlich nachgemessen und
kann den Verantwortungsträgern nur gratulieren.“
Aus
dem
Hörsaal
zum
Naturschutz:
Commerzbank finanziert wieder
Umweltpraktikum
Sehr zufrieden zeigt sich auch Torsten Raab,
Leiter der Hessischen Verwaltungsstelle des
UNESCO-Biosphärenreservats Rhön, die im
Groenhoff-Haus auf der Wasserkuppe ihren Sitz
hat. „Die Wasserkuppe ist einer der bekanntesten Orte im Biosphärenreservat. Hier wurde
eine Beleuchtungslösung umgesetzt, mit der wir
uns wirklich sehen lassen können. Sabine Frank,
unsere Sternenpark-Koordinatorin, und ich bedanken uns für die tolle Zusammenarbeit mit
den innovationsfreudigen Licht-Experten der
RhönEnergie und den zuständigen Fachabteilungen im Landratsamt.“
„Auch ich freue mich über die gelungene
Lösung und danke allen, die dazu beigetragen
haben“, bilanziert Bernd Woide, Landrat des
Landkreises Fulda, dessen Behörde die Investitionskosten übernahm. „Wir wollten auf der
Wasserkuppe Flagge zeigen und deutlich
machen, dass wir voll hinter der Idee des
Sternenparks und dem Schutz der Nacht
stehen. Wir bieten genug Licht, um die
Verkehrssicherheit zu gewährleisten. Wenn
dann aber nachts auf der Wasserkuppe niemand mehr unterwegs ist, nehmen wir die
Dunkelheit hin – zum Wohle der Natur.“
Filialdirektorin Elke Schäfer begrüßt den aktuellen Praktikanten Philipp Gräf und überreicht ihm einen Rucksack mit praktischen Arbeitsmaterialien für den Einsatz in der freien Natur.
Mentor Martin Kremer (Verein Natur- und Lebensraum Rhön
e.V.) freut sich mit ihm.
Vor einigen Monaten startete im UNESCOBiosphärenreservat Rhön ein groß angelegtes
Rotmilan-Artenhilfsprojekt. Für sechs Monate
mit dabei ist ein Praktikant aus einem
deutschlandweiten Programm der Commerzbank. Im Rahmen dieses Umweltpraktikums
kamen bereits wiederholt junge Leute in der
Rhön zum Einsatz.
Philipp Gräf stammt aus der Thüringischen
Rhön und interessiert sich schon seit der
Kindheit für Natur und Naturschutz. Er studiert
im sechsten Semester Ökologie und Umweltschutz an der Fachhochschule Zittau. Sein
Schwerpunkt ist „Naturschutz und Landschaftsplanung“. Gräf bereitet eine Bachelor-Arbeit vor,
in der der Rotmilan eine Schlüsselrolle spielen
soll. Zuvor wollte er aber, wie auch für den
anschließenden Master-Studiengang gefordert,
Rundblick Rhön April 2015 | 14
erst einmal praktische Erfahrungen sammeln.
Das Commerzbank-Umweltpraktikum, das mit
einem kleinen Gehalt verbunden ist, gibt ihm
dazu Gelegenheit.
„Das ist ein spannendes Projekt“, sagt Gräf. „Bei
dieser Tätigkeit erlebe ich die Rhön jetzt aus
einem ganz anderen Blickwinkel. Der praktische
Einsatz ist eine sinnvolle Ergänzung zur Theorie
an der Hochschule.“ Bereitgestellt wird die
Praktikantenstelle vom Verein Natur- und
Lebensraum Rhön e.V., dem hessischen Förderverein für das Biosphärenreservat. 39 Stunden pro Woche ist Philipp Gräf auf der
Wasserkuppe tätig. Als Mentor fungiert Martin
Kremer, Geschäftsführer des Vereins Natur- und
Lebensraum Rhön e.V.
Der Praktikant auf der Wasserkuppe ist einer
von insgesamt 51 Studierenden aus dem Inund Ausland, denen die Commerzbank auch
dieses Jahr wieder ein drei- bis sechsmonatiges
Praktikum finanziert. Nach gründlicher Vorbereitung in einem Einführungsseminar treten die
Teilnehmer hoch motiviert ihre Aufgaben in den
Schutzgebieten an. Das gesellschaftspolitische
Projekt der großen Geschäftsbank besteht
mittlerweile seit 25 Jahren. Damit konnten
bundesweit schon mehr als 1.300 Praktikanten
in Nationalparks, Naturparks und Biosphärenreservaten wertvolle Erfahrungen sammeln und
sich vor Ort tatkräftig einbringen. Für ihr
Engagement erhielt die Bank im Jahre 2007 von
der UN eine Auszeichnung als Dekadenprojekt
„Bildung für nachhaltige Entwicklung“.
„Unser Umweltpraktikum ist eine bewährte
Kombination aus praxisnahen Einblicken in die
Aufgabenbereiche der jeweiligen Schutzgebiete
und ganz persönlichem Naturerleben“, erläutert
Elke Schäfer, Filialdirektorin der Commerzbank
Fulda. Die von ihr geleitete Filiale am Universitätsplatz ist für die seit vielen Jahren angebotenen Praktika auf der Wasserkuppe zuständig.
„Als jemand, der selbst sehr naturverbunden ist,
stehe ich voll hinter dem Praktikumskonzept.
Wir fördern die Teilnehmer, aber fordern sie
auch. Das wird ihnen auf ihrem weiteren
beruflichen Weg von Nutzen sein“, unterstreicht
die Bankerin.
Der Praktikant selbst kann das nur bestätigen:
„Das Praktikum ermöglicht den Transfer von der
Theorie in die Praxis. Ich bin aktiv an Umweltund Naturschutzarbeit beteiligt und sogar auf
einem Gebiet, das hervorragend zum Thema
meiner Bachelor-Arbeit passt.“
Eine Partnerschaft, die Früchte trägt
Martin Kremer freut sich über die neuerliche
Unterstützung durch einen Praktikanten aus
dem Commerzbank-Programm: „Bei diesem
Projekt gibt es nur Gewinner: Unsere Einrichtung freut sich über die Erweiterung des
Rotmilan-Teams. Philipp Gräf hat sich da sehr
schnell eingefunden und ist für den Koordinator
unseres mehrjährigen Rotmilan-Projekts Bastian
Sauer ein willkommener Partner auf Zeit. Nach
meiner Erfahrung aus den Vorjahren kann ich
sagen, dass alle Commerzbank-Praktikanten
beruflich ihren Weg gegangen sind und auch
ein gerüttelt Maß an Lebenserfahrung sammeln
konnten. Ein wirklich nachhaltiger Ansatz!“
15 | Rundblick Rhön April 2015
Kommunen im Porträt:
Mellrichstadt (Unterfranken)
zwischen Mellrichstadt und Oberstreu statt –
der Name der Stadt ging damit in die Geschichte ein.
Im 13. bis 15. Jahrhundert erweiterte sich die
Ursiedlung um den ehemaligen Königshof durch
Einbeziehung des Brügels (Fronhof) im Süden
und des Schlosses im Norden zu dem heutigen
Altstadtkern, der in Form einer Ellipse gut
erkennbar ist. Diese Form hat auch der Verlauf
der Stadtmauer, die im 13. Jh. erbaut wurde.
1232/1233 erfolgte die Erhebung zur Stadt. Das
älteste Stadtsiegel von 1273 zeigt die Stadt
bereits mit Mauern, Türmen und Toren.
Basisfakten
Größe: 5578 ha
Stadtteile: Bahra, Eußenhausen, Frickenhausen,
Mühlfeld, Roßrieth, Sondheim
Einwohner: 5.568 (Dez. 2014)
Geschichte
Mellrichstadt ist eine der ältesten Kulturstätten
Frankens.
Funde bezeugen, dass die Gegend schon früh
ein bevorzugtes Siedlungsgebiet gewesen ist.
Im Verlauf der Geschichte entwickelte sich der
karolingische Königshof „Madalrichestat“ zum
kulturellen, wirtschaftlichen und verwaltungsmäßigen Mittelpunkt des fränkischen Westergaues.
War es in der vorchristlichen Zeit und während
der Völkerwanderungen die besondere geographische Lage, so sorgte in späteren Jahrhunderten die große Heeresstraße ThüringenFranken, die an Mellrichstadt vorbeiführte, ständig für Unruhen. Dies veranlasste schließlich die
Herren der Stadt, für die Stadt selbst und auch
für umliegende Ortschaften starke Befestigungsanlagen zu schaffen.
Der Investiturstreit war Anlass einer Schlacht
zwischen Heinrich IV. (Gang nach Canossa) und
seinem Gegenkönig Rudolf von Schwaben. Sie
fand im Jahre 1078 auf dem Grafenberg
Auch auf schulischem Gebiet ist Mellrichstadt
bereits in früheren Zeiten hervorgetreten. Aus
der mittelalterlichen Rektorenschule (Lateinschule) gingen mehrere berühmte Männer
hervor:
Dr. Martin Pollich, der 1502 Mitbegründer der
Universität Wittenberg war und Paulus Melissus
Schedius (1539 in Mellrichstadt geboren), der
am Hofe Kaiser Ferdinands I. als Dichter lebte,
von ihm geadelt und zum „poeta laureatus“
erhoben wurde. Die schulische Tradition wird
heute fortgeführt.
Ein Gymnasium (nach Martin Pollich benannt),
sowie eine Real-, Berufs-, Haupt- und Grundschule bereiten die Jugend auf das Leben vor.
Wirtschaftsstruktur
Die ursprünglich landwirtschaftlich geprägte
Stadt war bis zum Zweiten Weltkrieg wirtschaftlich nach Thüringen orientiert. Nach dem
zweiten Weltkrieg ließen sich mehrere Thüringer
Unternehmen in Mellrichstadt nieder. Weitere
Unternehmen kamen in der Folgezeit dazu,
sodass heute eine Vielzahl produzierender
Betriebe im industriellen Bereich den Bürgerinnen und Bürgern der Stadt und zahlreichen
Menschen aus dem Umland sichere Arbeitsplätze bieten. Die günstige Lage zur neuen A71
erweist sich dabei als Vorteil.
Weiterhin bietet die Stadt eine große Auswahl
von inhabergeführten Fachgeschäften für alle
Bereiche des Lebens.
Filialen großer Lebensmittel-Ketten siedelten
sich am Stadtrand an.
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Rundblick Rhön April 2015 | 16
Drei Fragen
... an Eberhard Streit,
Bürgermeister seit September 2006
den Beitritt entschieden. Ich denke mit unserer
frühen Entscheidung haben wir ein wichtiges
Signal in der Region gesetzt, und waren somit
eher Treiber, aber niemals Getriebene.
Was verspricht sich Ihre Kommune vom
Biosphärenreservat? Was haben Sie für
Erwartungen an die Zukunft?
Ein Biosphärenreservat ist eine von der UNESCO
initiierte Modellregion, in der nachhaltige
Entwicklung in ökologischer, ökonomischer und
sozialer Hinsicht exemplarisch verwirklicht
werden soll. Die Weiterentwicklung dieser
Regionen wird ständig überwacht und evaluiert.
Die Biosphärenreservate sind weltweit vernetzt
und dort erforscht man im globalen Maßstab die
wichtigsten Ökosysteme. Es geht dabei um
biologische Vielfalt und Ökosystemfunktionen,
die Bewirtschaftung und Entwicklung von
Kulturlandschaften, um Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel.
Seit dem Sommer 2014 gehört Ihre
Kommune zum UNESCO-Biosphärenreservat Rhön. Vorausgegangen ist ein
komplexer Abstimmungs- und Entscheidungsprozess auf mehreren Ebenen.
Gehörten Sie dabei zu den „Treibern“ oder
musste man Sie (und Ihre Gremien) erst
überzeugen?
Als die Frage der Zugehörigkeit an uns
herangetragen wurde, sind wir im Stadtrat
natürlich erst einmal ergebnisoffen in die
Diskussion eingestiegen. Wir waren uns aber
schnell bewusst, dass das Biosphärenreservat
eine Chance für die Region bedeutet.
Folgerichtig kamen wir dann auch recht schnell
zu dem Ergebnis, dass wir nicht nur am Rand
stehen wollen. Wir wollten dazugehören und
deshalb hat sich der Stadtrat recht schnell mit
großer Mehrheit und in aller Konsequenz für
Bei all diesen Fragen steht der Mensch selbst
als Bestandteil der Biosphäre im Vordergrund.
Aus wissenschaftlicher Sicht sind das also
wichtige und spannende Fragen, auf die man in
einem Biosphärenreservat nach Antworten
sucht.
Ein Teil unserer Motivation, dabei sein zu
wollen, leitet sich sicher auch aus der
Verantwortung ab, die eine Kommune alleine
schon deshalb hat, weil sie dazu einen Beitrag
leisten kann.
Aber natürlich sehen wir vor allem auch die
Chance, die sich für unsere Region und für
unsere Stadt aus dieser Zugehörigkeit ergibt.
Wir gehen davon aus, dass die Tatsache, dass
man Teil eines Biosphärenreservates ist, sowohl
die gesamte Region als auch die Stadt
Mellrichstadt heraushebt und dass man diesen
Status durchaus auch touristisch vermarkten
kann.
Wenn man sich vor Augen hält, dass es im Juni
2014 weltweit lediglich 631 Biosphärenreservate
in 119 Ländern gab, lässt sich unschwer erkennen, dass das Prädikat „UNESCO-Biosphärenreservat“ eine Region und eine Kommune in
einem gewissen Sinne „adelt“, zumal man sich
dieses Prädikat nirgends erwerben kann.
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17 | Rundblick Rhön April 2015
Es ist also ein Privileg dazuzugehören.
„Mittendrin statt nur dabei!“ - Ich denke, das
beschreibt ganz gut, was wir wollen.
Worin besteht die „Mitgift“ Ihrer Kommune? Was bringen Sie ein? Warum ist es
für das Biosphärenreservat ein Gewinn,
dass nun auch Ihre Stadt/Gemeinde dabei
ist?
Warum wir unseren Beitrag leisten wollen und
dass wir darin auch eine Aufgabe und eine
Verantwortung, aber auch eine große Chance
sehen, habe ich gerade beschrieben.
Mit diesem Blick auf die Dinge wollten wir
natürlich auch einen angemessenen Beitrag
leisten. Nachdem wir zudem auch noch
feststellen durften, dass wir als „waldreiche“
Stadt auch über ein recht interessantes
Waldgebiet verfügen, dass sich nach Aussagen
der Fachwelt in besonderem Maße für die
Forschungsarbeiten
im
Biosphärenreservat
eignet, haben wir uns dazu entschieden dieses
zusammenhängende Waldstück in der Nähe der
Kernstadt, mit einer Fläche von 102 ha als
Kernzone zur Verfügung zu stellen.
Darüber hinaus werden wir zur sinnvollen Abrundung einer bestehenden Kernzone im
Stadtteil Frickenhausen noch eine weitere
Waldfläche mit 10 ha Fläche zur Kernzone
beisteuern.
Mellrichstadts Beitrag
Mellrichstadt bringt aus ihrem Eigentum die
Kernzone „Loh“ (102,9 ha) ein. Weiterhin liegen
im Stadtgebiet die in Bundeseigentum befindliche Kernzone „Trockengebiet bei Oberstreu“
mit insgesamt 81,1 ha, in der auch die
Staatsforstabteilung „Wilhelmsholz“ enthalten
ist. Die Pflegezone „Standortübungsplatz Mellrichstadt“ (150,82 ha) schließt sich direkt daran
an.
Die Kernzone „Loh“ ist ein wertvolles Waldgebiet auf einem Muschelkalkstandort und besteht überwiegend aus Eichen, Buchen und
Hainbuchen. Wie alle anderen Kernzonen im
bayerischen Teil ist sie seit dem 01.01.2014
Naturschutzgebiet.
Die Pflegezone „Standortübungsplatz Mellrichstadt“ besteht aus strukturreichen Offenlandgebieten, Hangzonen und Laubwäldern. Hier
findet man Kalkmagerrasen und Magerwiesen
mit schützenswerten Wiesenblumen. In den
Buchenwäldern leben unter anderem Uhu und
Schwarzspecht, auf den Kalkmagerrasen Heidelerche und Neuntöter sowie die Fledermausart
Großes Mausohr.
Aus Sicht des Laien mag diese Artenvielfalt auf
einem ehemaligen Militärgelände überraschen.
Doch wenn keine Ausbildungsaktivitäten stattfanden, herrschte auf Truppenübungsplätzen,
die ja nicht betreten werden dürfen, Ruhe. So
erweisen sich (ehemalige) Truppenübungsplätze
oftmals als wertvolle Refugien.
Rundblick Rhön April 2015 | 18
Kurz berichtet
Rhönbären und andere Spezialitäten:
Katjas Käselädchen in Gersfeld
Schwarzstorch, Biber und Wildkatze sind wieder
in der Rhön heimisch und jetzt auch der
Rhönbär – wenn auch nur im Käseregal. Denn
der rund 200 Gramm schwere „Rhönbär“ ist ein
Camembert aus bester Rhöner Milch. Erhältlich
ist diese Käse-Spezialität zusammen mit
anderen, länger gelagerten Rhöner Käsen in
einem kürzlich neu eröffneten Käselädchen im
Gersfelder Ortsteil Brembach.
Anschließend investierte Familie Richter in
Brembach in eine kleine, aber feine eigene
Käserei, verbunden mit einem Lädchen. Intensiv
unterstützt wurde sie dabei von Janet Emig, der
Landwirtschaftsberaterin des Vereins Natur- und
Lebensraum Rhön e.V.
Als Käserin fungiert Katja Richter, die
zusammen mit ihrem Mann in GersfeldSandberg 27 Milchkühe hält. 2011 kam ihr die
Idee, die eigene Milch zu Käse zu veredeln.
Gesagt, getan. Nach ersten erfolgreichen Tests
mit einer mobilen Käserei, die auf den Hof
kommt, besuchte Frau Richter über zwei Jahre
einen Käserei-Kurs, wo sie eine klassische
Ausbildung für „Hofkäser“ absolvierte.
Bayerische Verwaltungsstelle
Biosphärenreservat Rhön
Oberwaldbehrunger Str. 4
97656 Oberelsbach
Telefon: (09 31) 3 80 16 64
Telefax: (09 31) 3 80 29 53
E-Mail: brrhoen@reg-ufr.bayern.de
Das Biosphärenreservat Rhön im Internet:
„Katjas Käselädchen“ hat eine offizielle EUZertifizierung und ist einmal die Woche geöffnet, und zwar Freitags von 10:00 bis 17:00
Uhr. Erhältlich sind sechs Sorten: Frischkäse,
Camembert,
Weichkäse,
Schnittkäse
mit
Kräutern und natur, Bergkäse und Schmelzkäse.
Die Produkte werden auch auf dem Gersfelder
Bauernmarkt und in Regionalläden angeboten.
Adresse: Brembach 4a, 36129 Gersfeld
Hessische Verwaltungsstelle
Biosphärenreservat Rhön
Groenhoff Haus Wasserkuppe 8
36129 Gersfeld
Telefon: (0 66 54) 96 12-0
Telefax: ( 0 66 54) 96 12-20
E-Mail: vwst@brrhoen.de
Biosphärenreservat Rhön
Verwaltung Thüringen
Propstei Zella Goethestraße 1
36452 Zella/Rhön
Telefon: (03 69 64) 8683-30
Telefax: (03 69 64) 8683-55
E-Mail: poststelle.rhoen@nnl.thueringen.de
www.brrhoen.de
Redaktion: Text-Atelier Dr. Mathias R. Schmidt (kontakt@text-schmidt.de) Fotos: Oliver Schmidt u.a.
Das Biosphärenreservat Rhön gehört zu den „Nationalen Naturlandschaften“,
der Dachmarke der deutschen Nationalparks, Biosphärenreservate und Naturparks getragen von EUROPARC
Deutschland e.V.: www.europarc-deutschland.de