Ausgabe Nr. 9 | Januar 2012 - Blogs @ FH

eGovernment Review | www.egovernment-review.org | Nr. 9 | Januar 2012
Ausgabe Nr.
Januar 2012
ISSN 1997-4051
Open Budget
Cloud Computing | Online Vollmachten
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eGovernment Review | www.egovernment-review.org | Nr. 9 | Januar 2012
Titelbild: Hafen und Rathaus von Oslo
COPYRIGHT: © zigrit - Fotolia.com
eGovernment Review | www.egovernment-review.org | Nr. 9 | Januar 2012
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Editorial
Liebe E-Government Interessierte,
Die Notwendigkeit Kosten zu reduzieren wird ständig zunehmen. Das geht weit über Mailservices hinaus, da das
Potential in anderen Bereich wohl noch deutlich größer
ist. Andererseits traut man den Anbietern, gerade aus
Gründen des Datenschutzes, nicht über den Weg. Deshalb
wird der Ruf nach einer Verwaltungscloud, möglicherweise sogar einer europäischen Verwaltungscloud immer
stärker werden. Das Thema wird einer der bestimmenden Themen der nächsten Jahre werden. Einen wichtigen
Input dazu liefert auch der Cloud Computing Beitrag von
DI Reichstädter.
Auch wenn die Unterschiede zwischen europäischen Ländern manchmal als nicht sehr groß erscheinen, so ist es
doch immer wieder interessant, wie verschieden die Zugänge zu Themen wie E-Government sind. Lasse Berntzen berichtet in seinem Beitrag über E-Government in
Norwegen. Hier werden die Webseiten von öffentlichen
Institutionen einer jährlichen Qualitätsevaluierung unterzogen. Ähnlich wie bei Hotelbewertungen, werden
Sterne für die Qualität der Seite vergeben. Auch bei Open
Government gibt es Ansätze, die bei uns unbekannt sind.
Im öffentlichen elektronischen Postjournal (www.oep.no)
werden Briefe und Dokumente aus dem öffentlichen Bereich veröffentlicht, die keine personenbezogenen Daten
enthalten und nicht als geheim eingestuft werden. Auch
mit dem Thema elektronische Demokratie geht man ein
weniger entspannter um. Bei den letzten Lokalwahlen
wurden in 10 Pilotgemeinden elektronische Wahlen (Internetwahlen) durchgeführt. Beinahe 30% der Stimmen
wurden hier elektronisch abgegeben.
Wir wünschen Ihnen viel Lesevergnügen bei der neunten
Ausgabe von eGovernment Review.
FH-Prof. Dr. Wolfgang Eixelsberger
Fachhochschule Kärnten
Studienbereich Wirtschaft & Management
aufruf beiträge
Open Government und Cloud Computing sind weiterhin
die bestimmenden Themen im E-Government. Das Interview mit DI Jabkowski (Geschäftsführer BRZ) nimmt
darauf Bezug, wie auch der Beitrag über E-Government
in Norwegen und auch einige weitere Beiträge aus der
vorliegenden Ausgabe. Beispiele dafür sind der Beitrag
von Prof. Jörn von Lucke zu Open Budget 2.0 und offene
Haushaltsdaten, sowie der Beitrag über die Funktionsmechanismen einer Open Government Plattform.
Hinter dem Thema Cloud Computing stehen sehr starke
wirtschaftliche Interessen. Hier wird derzeit die Grundlage für die spätere Aufteilung des Marktes gelegt. Wer
auf Anbieterseite sich jetzt noch nicht entsprechend
positioniert hat, wird es in Zukunft schwer haben.
Gleichzeitig gibt es von Seiten der potentiellen Nutzer,
insbesondere auch von Seiten der Verwaltung, viele Vorbehalte betreffend Datensicherheit und Datenschutz.
Einer norwegischen Kommune wurde aktuell das Auslagern der Mailservices an Google von einer staatlichen
Behörde, aufgrund der Unsicherheit in Bezug auf Datenschutz, untersagt. Die Hauptmotivation zur Auslagerung
lag in den wesentlich geringeren Kosten begründet.
eGovernment Review veröffentlicht ausgewählte Artikel
zu verschiedensten Aspekten von E-Government. Wenn
Sie einen Artikel in eGovernment Review veröffentlichen möchten, dann senden Sie eine Kurzbeschreibung
(zwischen 150 und 300 Worte) an w.eixelsberger@
fh-kaernten.at. Die Kurzbeschreibung kann sowohl in
deutscher als auch in englischer Sprache verfasst sein.
Der eGovernment-Review-Beirat bewertet die eingereichten Artikel und gibt ausgewählte Artikel zur Veröffentlichung frei. Einreichungen für die zehnte Ausgabe werden
bis zum 23. April 2012 angenommen.
FH-Prof. Dr. Wolfgang
EIXELSBERGER
Fachhochschule Kärnten
Studienbereich Wirtschaft
& Management
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eGovernment-Review-Beirat
Der Beirat wählt die zu erscheinenden Artikel aus, schlägt
Interviewpartner vor und gibt Input zur generellen Ausrichtung
von eGovernment Review.
FH-Prof. Dr. Dietmar Brodel
Rektor der Fachhochschule Kärnten, Leiter Studienbereich Wirtschaft
Fachhochschule Kärnten
FH-Prof. Dr. Wolfgang Eixelsberger
Professur aus Wirtschaftsinformatik
Fachhochschule Kärnten
Dr. Peter Parycek, MSc
Zentrumsleiter Zentrum für E-Government
Donau-Universität Krems
Lektor FH Kärnten
Prof. Dr. Reinhard Posch
Leiter des IAIK (Institute for Applied Information Processing and Communications)
TU Graz
CIO des Bundes
Prof. DI Dr. Reinhard Riedl
Leiter Kompetenzzentrum Public Management & E-Government
Berner Fachhochschule
Prof. Dr. Jürgen Stember
Dekan Fachbereich Verwaltungswissenschaften
Hochschule Harz
DI Manfred Wundara
CIO der Stadt Villach
Mitglied des Präsidiums des Fachausschusses für Informationstechnologie
des Österreichischen Städtebundes
Leiter der Arbeitsgruppe Q-SKF der Plattform Digitales Österreich
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Inhalt
„Unsere Innovationsthemen sind Cloud Computing,
Mobility, Social Media und Open Government“ 6
Interview mit Roland Jabkowsi (Geschäftsführer Bundesrechenzentrum Gmbh)
E-Government in Norwegen 8
Lasse Berntzen (Vestfold University College)
E-Partizipation - Hemmnisse im Einsatz in der öffentlichen Verwaltung in Deutschland 10
Jürgen Stember (Hochschule Harz)
Open Budget 2.0 und offene Haushaltsdaten 12
fachartikel
aktuelles
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Jörn von Lucke (Zeppelin Universität)
Cloud Computing im E-Government in Österreich 14
Online-Vollmachten 16
Peter Reichstädter (Bundeskanzleramt)
Arne Tauber (E-Government Innovationszentrum)
Die „EA-Kette“ - Ein neuer Ansatz zur Verfahrensvereinfachung 18
David H. Fenner | Volkmar Kese (Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen Ludwigsburg)
Funktionsmechanismen einer Open Government Plattform 20
Giordano Koch | Maximilian Rapp | Johann Füller | (HYVE AG) Dennis Hilgers (Universität Hamburg)
Das Ende des Maria Theresianischen Aktensystems 22
Gerhard Milletich (Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten)
E-Government-Umsetzung in Österreichischen Städten und Gemeinden 24
Ronald Sallmann | Thomas Tropper (PuMa-Public Management Consulting)
Potenzielle Einsatzbereiche des nPA in Kommunen 26
Jürgen Scherer (Universität Würzburg) | Katrin Fäcks (Universität Würzburg)
Innovatives E-Government durch die Verzahnung von Fachseite und IT 30
Andreas Gehlert | Jan-Ole Beyer (Bundesministerium des Innern)
eCampus – Services & Infrastrukturen für elektronische Campusverwaltung 32
E-Government Tagungen, Konferenzen und Messen 33
E-Government Publikationen 34
service
H. Strack | N. Brehm | N. Scheithauer | M. Hennning | H. Werner | P. Kußmann (Hochschule Harz)
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aktuelle information
interview
„Unsere Innovationsthemen
sind Cloud Computing, Mobility,
Social Media und Open Government“
DI Roland Jabkowski, MBA konnte sich nach seinem Informatikstudium an der Johannes Kepler
Universität Linz in namhaften Unternehmen im In- und Ausland (Deutschland, Bulgarien und
Rumänien) sein umfassendes Wissen im Informatik- und Consultingbereich aneignen.
Nach 19 Jahren in verschiedenen Führungsfunktionen in internationalen Konzernen - davon
10 Jahre als Geschäftsführer oder Vorstandsmitglied – ist er seit Dezember 2005 Sprecher
der Geschäftsführung in der Bundesrechenzentrum GmbH, dem IT-Dienstleistungszentrum und
marktführenden E-Government Partner der österreichischen Bundesverwaltung.
Die BRZ GmbH ist im 100% Eigentum der Republik,
vertreten durch das Finanzministerium und beschäftigt
ca. 1200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Im Jahr 2010
haben wir 214 Mio. Euro Umsatz gemacht und sind somit der viertgrößte IT-Dienstleister in Österreich. Das
Bundesrechenzentrum ist kein Monopolist, sondern hat
einen Marktanteil an den IT Dienstleistungen des Bundes
von ca. 55%. Das gibt uns auch die Möglichkeit zu wachsen. Unsere Kernaufgaben sind es, Synergiepotentiale
zu nutzen, sowie Standardisierung, Konsolidierung und
Automatisierung voranzutreiben, um die Kosteneffizienz
und Produktivität zu steigern. Das BRZ leistet einen Beitrag zur Haushaltskonsolidierung.
Wir betreuen mehr als 350 E-Government Anwendungen, hauptsächlich für unseren Kernmarkt, die österreichische Bundesverwaltung. Die großen Portale der
Republik werden vom BRZ betrieben, wie help.gv und
FinanzOnline, weiters der Elektronische Akt im Bund
(ELAK), die Haushaltsverrechnung und das gesamt Personalmanagement.
in Euro ausgedrückt bedeutet das eine Einsparung von
rund 10 Mio. im Jahr. Mittlerweile erwarten unsere Kunden allerdings mehr von uns, insbesondere in Richtung
Innovation und IT-Expertise. Unsere aktuellen Innovationsthemen sind Cloud Computing, Mobility, Social
Media und Open Government Data. Weitere wesentliche
Schwerpunkte sind Sicherheit und Energieeffizienz, wo
wir in den letzten Jahren große Kosteneinsparungen erzielen konnten, aber auch eine klare Reduktion des CO2
Ausstoßes.
Cloud Computing ist im Wesentlichen ein einfacher,
flexibler und sehr kostengünstiger Zugriff auf standardisierte und vorgefertigte IT-Dienstleistungen. Gerade
in der Verwaltung gibt es viele ähnliche Anforderungen,
nicht nur innerhalb der Gebietskörperschaften, sondern
auch über diese hinweg. Wenn man Datensicherheit und
Datenschutz in den Griff bekommt, dann hat man ein
Instrument, um klassische Infrastrukturservices und EGovernment Services kostengünstig anzubieten. Unsere
Zielsetzung ist es eine „österreichische Verwaltungscloud“ aufzubauen. Seit 3 Monaten bieten wir Cloudservices für einen eingeschränkten Benutzerkreis an.
Wie hat sich das BRZ in den letzten Jahren verändert?
Die EU versucht das Thema E-Government länderübergrei-
Als ich vor 6 Jahren in das Haus gekommen bin, war das
BRZ ausgerichtet als verlängerte Werkbank der österreichischen Bundesverwaltung. In den vergangenen Jahren
haben wir große Anstrengungen unternommen, um unsere Kosteneffizienz und Produktivität zu steigern. Damit
haben wir die Preise für unsere Kunden deutlich gesenkt.
Im Durchschnitt der letzten 4 Jahre um jeweils 5 Prozent,
fend in ganz Europa zu fördern. Welchen Beitrag kann das
Wie ist das Bundesrechenzentrum (BRZ) aufgebaut und welche Aufgaben nimmt es wahr?
BRZ dazu leisten?
Ein Beispiel der Zusammenarbeit ist das Projekt PEPPOL, das die europaweite elektronische Beschaffung für
die öffentliche Verwaltung zum Ziel hat. Ein anderer
Themenbereich ist die Europäische Dienstleistungsrichtlinie. Es gibt dabei europaweit hunderte Applikationen
aktuelle information
für sehr ähnliche Aufgabenstellungen. Wir haben daher
vor einigen Jahren gemeinsam mit deutschen Kollegen
eine Plattform der öffentlichen IT-Dienstleister gegründet. Diese dient dem Erfahrungsaustausch, aber auch der
Abstimmung über die gemeinsame Teilnahme an europäischen Projekten. Wir, haben das Potential für länderübergreifende Zusammenarbeit bei IT-Dienstleistungen
erkannt und arbeiten unter anderem an einem Projekt
zum Thema Cloud Computing im europäischen Kontext.
Die Mitgliederanzahl der Plattform befindet sich derzeit
im zweistelligen Bereich. Wir haben uns für heuer das
Ziel gesetzt, uns über den deutschsprachigen Raum hinaus zu wachsen, und es besteht Interesse einiger Staaten
wie beispielsweise von Dänemark.
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als IT-Dienstleister mitgewirkt. Ist e-voting nach der ÖH Wahl
gescheitert?
Das Projekt e-voting war aus technischer Sicht ein Erfolg.
Es wurde mit dieser ÖH Wahl der Nachweis erbracht,
dass ein komplexes Wahlverfahren, und ein solches war
die ÖH Wahl, komplett elektronisch abgewickelt werden
kann. Dass es andere Probleme gibt, die sich speziell um
legistische Fragen drehen, akzeptiere ich voll und ganz,
diese liegen aber nicht in der Kompetenz des BRZ. Partizipationsprojekte setzen wir seit einiger Zeit um, unter
anderem für Auslandsösterreicher und im Umfeld von
Schülern und Jugendlichen.Es besteht hier auch ein starker Konnex zum Bereich Social Media.
Social Media und Mobility sind weitere von Ihnen genannte
Open Government Data ist eines der von Ihnen angesproche-
Innovationsbereiche. Was machen Sie in diesem Umfeld?
nen Innovationsthemen. Was geschieht in diesem Umfeld?
Neben dem soeben genannten Zusammenhang mit dem
Thema Partizipation, beschäftigen wir uns mit der möglichen Integration von Social Media in Verwaltungsverfahren. Dabei ergeben sich völlig neue Möglichkeiten.
Bis zur Umsetzung wird es noch ein wenig dauern. Im
Gegensatz dazu ist beim Thema Mobility der Zug bereits
abgefahren. Mobility bedeutet die Möglichkeit immer
und überall online zu sein. Dies ist für mich eines der am
stärksten wachsenden Bereiche auch in der Verwaltung.
Wir arbeiten etwa an einem Augmented Reality Behördenführer (Augmented Reality ist die computergestützte
Erweiterung der Realitätswahrnehmung), der beispielsweise Fragen nach dem nächsten Finanzamt oder Polizeidienststelle beantwortet.
Bei all den spannenden IT-innovationen ist unsere Kernaufgabe die möglichst kosteneffiziente und effektive Unterstützung der österreichischen Bundesverwaltung – mit
dem Ziel einen Beitrag zur notwendigen Budgetkonsolidierung zu leisten.
Open Government Data ist ein sehr interessante und
spannende Thema. Der Zugang zu öffentlichen Daten
schafft auf jeden Fall mehr Transparenz, mit dem auch
größeres Vertrauen einhergeht. Es könnte sich damit
auch ein neues Verhältnis von Politik und Bürgern ergeben. Das BRZ beschäftigt sich schon seit längerem mit
dem Thema Open Data. Wir haben vor kurzem den
Auftrag erhalten, ein Open Data Portal für Österreich
umzusetzen. Über dieses Einstiegsportal soll der Zugang
zu den entsprechenden Bundesdaten möglich werden.
Zusätzlich soll in dieser harmonisierten Umgebung eine
Verknüpfung zu den derzeit schon verfügbaren Inhalten,
zum Beispiel der Städte Linz und Wien sowie zu weiteren
Daten aus Österreich erfolgen. Dieses Portal wird auch
die Schnittstelle zur EU darstellen. Die erste Version des
Portals setzen wir Anfang Juni produktiv. Beim Aufbau
verwenden wir international anerkannte Technologien.
EU-Kommissarin Viviane Reding hat in einem Vortrag
erklärt, dass die Daten der EU ca. 30 Milliarden Euro wert
sind. Man erwartet sich durch die Veröffentlichung dieser
umfassenden Daten das Entstehen von neuen Unternehmen, die die kommerzielle Verwertung vornehmen werden. Insgesamt also ein sehr spannendes Thema.
Das BRZ unterstützt nicht nur die elektronische Verwaltung,
sondern hat auch beim Thema „elektronische Demokratie“
Wir danken für das Gespräch.
Das Interview wurde geführt von
Wolfgang Eixelsberger.
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E-Government in
Norwegen
Lasse Berntzen
In der vorliegenden 9.Ausgabe von eGovernment Review finden Sie den 5. Beitrag in der Reihe E-Government in
europäischen Ländern. Die bisher erschienen Beiträge beschäftigten sich mit Slowenien, Dänemark, Estland und Italien.
(Ausgabe Nr. 3, Nr. 5, Nr. 6 und Nr. 7).
info
serie
8 |
steigenden Anzahl von Gemeinden
Fakten zu Norwegen:
werden die Gemeindratssitzungen
nen gegliedert: Kommune (GeAnzahl der Einwohner (in Mio.): 4,8
als Webcast übertragen. Die Bürger
meinde), Fylkeskommune (verAnzahl Einwohner pro km2: 15
haben damit die Möglichkeit, die
gleichbar einem Bezirk) und Staat.
Sitzungen jederzeit und von überall
Kommunen sind verantwortlich
zu verfolgen bzw. im Nachhinein anzusehen.
für Grundschulen, Sozialhilfe und technische Dienste
wie Wasser, Kanal und Renovierung. Fylkeskommunen sind verantwortlich für weiterführende Schulen
DIFI (Direktoratet for forvaltning og IKT). Nachdem die Zuund nehmen Planungs- und Koordinationsaufgaben
ständigkeit für das staatliche E-Government über mehrewahr. In die Verantwortlichkeit des Staates fällt u.a.
re Jahre unklar war, wurde mit 1. Januar 2008 DIFI (Didas Polizei- und Rechtswesen, Verteidigung und das
rektorat für Verwaltung und IKT) gegründet. DIFI soll
Hochschulwesen. Krankenhäuser wurden früher durch
eine aktive Rolle in der Koordination und Realisierung
Fylkeskommunen verwaltet, werden nun aber durch
von digitalen Diensten im öffentlichen Sektor wahrnehmen. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf Standardisierung
zentrale Verwaltungseinheiten verwaltet.
und die Entwicklung von gemeinsam nutzbaren Komponenten (z.B. für Authentifizierung).
Kommunalebene. Bürger kommunizieren in den meisten Fällen direkt mit der kommunalen Verwaltung. Jede
Die bereits erwähnte Evaluierung von öffentlichen WebKommune ist selbst für den Webauftritt und die Bereitseiten wird durch DIFI durchgeführt. Dabei werden alle
stellung von Diensten verantwortlich. Die Kommunen
öffentlichen Webseiten (inklusive der kommunalen Websind bei der Bereitstellung von Portallösungen und elektseiten) analysiert. Die Resultate werden bei einer jährlironischen Diensten relativ autonom.
chen Qualitätskonferenz veröffentlicht, die ein hohes Maß
an Aufmerksamkeit erreicht hat. Das hat zu einer stetigen
Um die Qualität der öffentlichen Webauftritte zu steiVerbesserung von öffentlichen Webseiten geführt.
gern, wird eine jährliche Evaluierung durchgeführt. Dabei wird die Qualität in Form von Sternen ausgedrückt
Entwicklungsprojekte auf nationaler Ebene. MinSide, ein
(maximal 6 Sterne).
Portal zur horizontalen Integration von Diensten, wurde
etabliert. Da das Portal im wesentlichen Dienste auf naPraktisch alle Gemeinden betreiben Portale mit Infortionalem Niveau enthält (z.B. Änderung der Wohnungsmationen über die Vorgänge in den Kommunen. Die
adresse oder Änderung des Hausarztes), wird das Portal
meisten Gemeinden haben zusätzlich interaktive Systerelativ wenig genutzt.
me in Form von elektronischen Formularen im Einsatz.
Ein typisches Beispiel ist die Anmeldungen zu KinderIn Verbindung mit MinSide wird der Authentifisierungsgartenplätzen. Die Anmeldungen werden inzwischen
dienst MinID entwickelt. MinID verwendet grundbeinahe zu 100% in elektronischer Form durchgeführt.
sätzlich PIN-Codes. Wenn eine E-Mailadresse oder ein
In vielen Gemeinden sind Sitzungsprotokolle und öfMobiltelefon registriert ist, ist es auch möglich Einmalfentliche Poststücke über das Internet verfügbar. In einer
Norwegen ist in 3 Verwaltungsebe-
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Norwegen(1)
Österreich(2)
Deutschland(3)
Schweiz(4)
61,8%
34,9%
34,6%
-
Bürger, die elektronische Formulare aus dem öffentlichen Bereich
befüllt und diese in elektronischer Form eingereicht haben.
34%
12%
13%
-
Unternehmen, die elektronische Formulare aus dem öffentlichen
Bereich befüllt und diese in elektronischer Form eingereicht haben
71%
58%
52%
-
Norwegen
Österreich
Deutschland
Schweiz
Bürger
86
100
98
83
Unternehmen
100
100
100
88
Bürger, die elektronisch Informationen aus dem öffentlichen
Bereich eingeholt haben.
| 9
Tab.1: E-Government Schlüsselindikatoren (für die Schweiz liegen keine Daten vor)
Tab.2: Service Sophistication(5)
AltInn ist eine Webseite für Unternehmen, über die verschiedene Dienste in Anspruch genommen werden können (z.B. elektronische Berichtslegung). Diese Webseite
wird häufig verwendet und bringt den Unternehmen
hohe Einsparungen, die sich aus dem Wegfall des ursprünglich papierorientiertem Berichtswesens ergeben.
Die elektronische Übermittlung der Arbeitnehmerveranlagung war eine Zeitlang ein sehr populärer elektronischer
Dienst in MinSide. Das System der Arbeitnehmerveranlagung wurde allerdings umgestellt, sodaß es nun nicht mehr
länger notwendig ist, ein Formular zu übermitteln. Die Bürger erhalten eine vorausgefüllte Arbeitnehmerveranlagung
zugesendet. Nur eventuell notwendige Änderungen müssen
von den Bürgern übermittelt werden. Da dies eher selten der
Fall ist, ist die Nutzung des Service radikal zurückgegangen.
Derzeit wird ein Projekt zur Einführung von elektronischen Rezepten umgesetzt. Dabei kommunizieren Ärzte
elektronisch mit Apotheken. Damit wird die Effektivität
und Qualität erhöht und gleichzeitig die Kontrolle der
Arzneimittelverwendung erhöht. Die Polizei hat eine Polizeistation im Internet errichtet, in der unter anderem
einfache Anzeigen abgegeben werden können.
Die Zollbehörden verwenden elektronische Auktionen,
um beschlagnahmte Güter effektiv versteigern zu können. Früher wurden Versteigerungen an den direkt an
den Grenzstationen durchgeführt. Mit der Einführung
des neuen Systems ist eine Teilnahme an den Versteigerungen unabhängig vom Wohnort möglich.
Bei den Lokalwahlen im Jahr 2011 wurden in 10 Pilotgemeinden elektronische Wahlen durchgeführt (Internetwahl). 28.001 der 105.050 abgegebenen Stimmen wurden
in elektronischer Form abgegeben.
Forschung. Die norwegische Forschungsgesellschaft finan-
ziert über das Programm VERDIKT u.a. auch Programme
im Umfeld von E-Government. Derzeit werden 2 Projekte in
diesem Umfeld durchgeführt: Semicolon II und eGovMon.
Semicolon II ist eine Weiterführung des Vorprojektes
Semicolon. Das ursprüngliche Projekt hatte als Ziel die
Sicherstellung der organisatorischen und semantische
Interoperabilität innerhalb und zum öffentlichen Sektor.
Semikolon II hat eine erweiterte Zielsetzung Richtung juristische Problemstellungen, politische Führung und Plattformen für Unternehmenskommunikation.
eGovMon steht kurz vor dem Projektende. Zielsetzung ist
die automatische Messung von öffentlichen Webseiten. Das
Projekt war insbesondere in der automatischen Messung der
Verfügbarkeit erfolgreich. Weitere Messungen sind in den
Bereichen Transparenz, Effektivität und Wirkung möglich.
Informationen werden mit Hilfe eines Crawlers gesammelt,
aber auch indem offene Datenquellen benutzt werden.
Übersetzung aus dem Norwegischen durch
Wolfgang Eixelsberger.
literatur
Paßwörter via e-Mail oder Mobiltelefon zugesendet zu
bekommen.
(1)
E uropean Commission eGovernment FactsheetseGovernment in Norway November 2011, Edition
10.0. URL:
http://www.epractice.eu/files/eGovernmentNorway.
pdf
(2)
E uropean Commission eGovernment FactsheetseGovernment in Austria October 2011, Edition 15.0.
URL:
http://epractice.eu/files/eGovernmentAustria.pdf
(3)
E uropean Commission eGovernment FactsheetseGovernment in Germany October 2011, Edition
15.0.URL: http://www.epractice.eu/files/eGovernmentGermany.pdf
(4)
E uropean Commission eGovernment FactsheetseGovernment in Switzerland May 2011, Edition 6.0.
URL: http://www.epractice.eu/files/eGovernmentSwitzerland.pdf
(5)
E uropean Commission Information Society - 9th
Benchmark Measurement December 2010, URL:
http://ec.europa.eu/information_society/newsroom/cf/
item-detail-dae.cfm?item_id=6537
Lasse BERNTZEN
Associate Professor
Vestfold University College
Norway
Lasse.Berntzen@hive.no
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aktuelle information
E-Partizipation – Hemmnisse
im Einsatz in der öffentlichen
Verwaltung in Deutschland
Jürgen Stember
abstract
10 |
Open Government ist derzeit aktueller denn je. Ursachen für die Aktualität dieses Konzepts einer offenen Verwaltung sind
mehrere Entwicklungen. Eine dieser zentralen Entwicklungen stellt den Wunsch vieler Bürger in den Vordergrund, mehr an
Entscheidungen und Verfahren der Verwaltungen, aber auch des gesamten politisch-administrativen Systems beteiligt zu
werden. Die neuen Möglichkeiten des Internets bieten hier nicht nur hervorragende Informations-, sondern vor allem auch
verbesserte Beteiligungsmöglichkeiten. Den heutigen Stand der E-Partizipation, aber auch vor allem aktuelle Hemmnisse
und Chancen zu erkennen, war Ziel einer bundesweiten Studie der Hochschule Harz und der Materna GmbH aus Dortmund.
Einführung und Anlage der Studie. Durch die elektroni-
sche Partizipation wird die Teilhabe und Beteiligung von
Bürgerinnen und Bürgern sowie Organisationen und
Institutionen an politischen oder administrativen Entscheidungsprozessen über digitale Medien ermöglicht.
Insbesondere das Internet hat die technologischen und
informationellen Möglichkeiten hierzu grundlegend erweitert. Auch die öffentliche Verwaltung erkennt zunehmend das Potenzial einer stärkeren Bürgerbeteiligung
und die Vorteile, durch E-Partizipation die Bürger über
das Internet in den Entscheidungsprozess auf Bundes-,
Landes- und Kommunalebene einzubinden.
Das Ziel der hier beschriebenen Studie war die Ermittlung eines Querschnitts der aktuellen Situation sowie der
Planungslandschaft zur E-Partizipation über die gesamte
föderale Verwaltungsstruktur in Deutschland. Auf Basis
einer Forschungskooperation zwischen der Hochschule
Harz und der MATERNA GmbH wurde eine gemeinsame empirische Studie durchgeführt, um sowohl den
Stand der elektronischen Partizipation als auch den Planungsstand in Deutschland zu untersuchen.
Der Einladungsverteiler dieser standardisierten OnlineBefragung erreichte ein bereinigtes Gesamtsample von
zusammen 496 Behörden des Bundes, der Länder und
der 300 größten Städte Deutschlands. Insgesamt haben
118 Behörden den Fragebogen vollständig beantwortet,
was einer abschließenden Rücklaufquote von 23,8 % und
somit auch hinsichtlich der Struktur einem repräsentativen Ergebnis entspricht.
Grundlegende Ergebnisse. Inzwischen wird E-Partizi-
pation von mehr als zwei Dritteln der befragten Ver-
waltungen als sehr bedeutend bzw. bedeutend eingeschätzt. Die Wichtigkeit des Themas ist demnach in der
deutschen Verwaltung angekommen. Auf Kommunalebene haben inzwischen 52 % der befragten Städte ein aktives Angebot. Im Bereich der Länder und
des Bundes ist das Angebot hingegen deutlich kleiner.
Generell ist bereits heute ein hohes Aktivitätsniveau in der
Diskussion und Realisierung von E-Partizipationsangeboten zu verzeichnen, wobei die Kommunen hier wiederum aktiver sind als der Bund bzw. die Länder. Die Hürden
bei der Umsetzung und Etablierung der Angebote sind
andererseits vielfältig: Beispielsweise geben zwei Drittel
der Befragten an, dass durch Angebote zur E-Partizipation die Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern am politischen Entscheidungsprozess nur bedingt erreicht wird.
Der regionale Bezug von Planungsvorhaben, wie beispielsweise Beteiligungsangebote zum Bürgerhaushalt, zur Stadtplanung oder zum Verkehr, scheint die
größte Resonanz hervorzurufen. Jedoch werden die
Ergebnisse aus den vorhandenen Beteiligungsangeboten auf Landesebene häufiger im politischen Entscheidungsprozess berücksichtigt als auf Kommunalebene.
Bei der Auswahl geeigneter Publikationskanäle sowohl für
die Bekanntmachung der jeweiligen Angebote zur elektronischen Partizipation als auch zur Bekanntgabe der
Ergebnisse aus dem Beteiligungsprozess ist weiterhin der
Erhalt paralleler Informationsangebote aus digitalen und
nicht-digitalen Kanälen dringend erforderlich.
In der Gesamtbetrachtung beurteilen die befragten Verwaltungen ihr eigenes E-Partizipationsangebot als ten-
aktuelle information
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Abb. 1: Hemmnisse von E-Partizipation (1)
Abb. 2: Hemmnisse für E-Partizipation in Abhängigkeit vom Umsetzungstand (2)
denziell erfolgreich, obwohl die Repräsentativität der
Beiträge vom Durchschnitt der Befragten als eher mäßig
eingeschätzt wird. Ferner werden die Kosten-NutzenVerhältnisse bei der Realisierung von Angeboten zur
elektronischen Partizipation als besonders erfolgskritisch
betrachtet.
leichtern nicht nur den Zugang, sondern vor allem den
Umgang innerhalb der Verwaltung. Eine Ausnahme gibt
es jedoch, die Rolle der Mitarbeiterqualifikation. Sie wird
von den „Praktikern“ signifikant höher und damit problematischer eingeschätzt.
befragten Verwaltungen deutlich mehr Chancen als Risiken oder Hemmnisse durch die elektronische Beteiligung
von Bürgerinnen und Bürgern. Dennoch sind die Identifizierung der Hemmnisse und Probleme eine zentrale
Aufgabe, um auf dieser Basis Lösungsmöglichkeiten darzustellen.
Wie Abbildung 1 zeigt, bestehen die zentralen Hauptprobleme bei der Planung und Umsetzung von E-Partizipationsprojekten
• in dem problematischen Kosten-Nutzen-Verhältnis,
•
in der mangelnden Repräsentativität und nicht zuletzt auch
•
in der teils schwierigen Beteiligungsqualität.
Während Mitarbeiterqualifikation und Sicherheitsaspekte nur einen mittleren Problemgrad aufweisen, scheinen
Bürgernutzen und Attraktivität der Themen nicht oder
nur bedingt zu den limitierenden Faktoren zu gehören.
Besonders interessante Erkenntnisse erhält man, wenn
man die Aussagen derjenigen Verwaltungen differenziert, die schon Erfahrungen gemacht oder konkrete Planungen aufgestellt haben („Praktiker“) und denjenigen
Verwaltungen, die bislang keine Erfahrungen mit der EPartizipation gemacht haben („Theoretiker“). Denn hier
wird in Abb. 2 auffällig, dass die „Praktiker“ nahezu alle
negativen Aspekte oder Hemmnisse deutlich niedriger
bewerten als die „Theoretiker“, die bislang diese Thematik nicht direkt aufgegriffen haben. Die Konsequenz:
Einstiegsprojekte mit der Thematik E-Partizipation er-
Die aufgezeigten Chancen liegen bei den befragten Verwaltungen hingegen in einem deutlichen Gewinn eines
modernen Images, einer erhöhten Transparenz – und
damit auch Akzeptanz – von Entscheidungen sowie der
Gewinnung aktueller Informationen und Grundlagen
für die betroffenen Entscheidungsprozesse.
Resümee. Neben den Problemen und Hemmnissen zeigt
die Studie auch vielfältige positive Erfahrungen zur elektronischen Partizipation in den untersuchten Behörden.
Es ist jedoch offensichtlich, dass der Einsatz von digitalen Beteiligungsinstrumenten noch stark ausbaufähig ist.
Möglicherweise erhält das Thema E-Partizipation jedoch
ganz besonders neuen Aufwind durch die aktuelle Regierungsinitiative, E-Partizipation als Bestandteil der nationalen E-Government-Strategie aufzunehmen. Die Zukunft der elektronischen Beteiligung wird auf jeden Fall
spannende neue Entwicklungen bereithalten und die Art
der öffentlichen Beteiligung an Entscheidungsprozessen
sicherlich nicht nur am Rand verändern.
Die Studie mit zahlreichen Erfolgsfaktoren und Handlungsempfehlungen ist kostenlos per Download unter
folgender Adresse zu beziehen: http://www.e-partizipation-studie.de/
literatur
Umsetzungshemmnisse und Chancen. Generell sehen die
| 11
(1)
uelle: HOCHSCHULE HARZ/MATERNA (Hrsg.):
Q
E-Partizipation in der öffentlichen Verwaltung.
Halberstadt 2011, S. 31.
(2)
uelle: HOCHSCHULE HARZ/MATERNA (Hrsg.):
Q
E-Partizipation in der öffentlichen Verwaltung.
Halberstadt 2011, S. 31.
Prof. Dr. Jürgen
STEMBER
Dekan des Fachbereichs
Verwaltungswissenschaften der Hochschule Harz
jstember@hs-harz.de
12 |
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fachartikel
Open Budget 2.0 und
offene Haushaltsdaten
abstract
Jörn von Lucke
Aus der sich derzeit abzeichnenden Öffnung von Staat und Verwaltung („Open Government“) und dem sich aus diesem
Ansatz ergebenden Potential frei zugänglicher Daten des öffentlichen Sektors („Open Government Data“) eröffnen sich
für das öffentliche Haushaltswesen ganz neuartige Perspektiven. So sind es vor allem die technischen Möglichkeiten der
zweiten Generation von Web-Technologien, die durch die konsequente Vernetzung, Visualisierung und Nutzereinbindung
vielfältige Ansatzpunkte für Transparenz, Bürgerbeteiligung, Zusammenarbeit und Innovationsimpulse im Haushaltswesen bieten.
Das öffentliche Haushaltswesen unterliegt auf allen Ebenen
Transparenz- und Öffentlichkeitspflichten. Soziale Medien
tragen zu einer nachhaltigen Öffnung von Staat und Verwaltung bei (1). Vor allem die Web 2.0-Technologien revitalisieren bestehende Berichtsinstrumente und ermöglichen
eine intensivere Bürgerbeteiligung in den Haushaltsprozessen von Bund, Ländern und Kommunen. Das Niveau
der Öffnung des Haushaltswesens lässt sich mit dem Open
Budget Index der International Budget Partnership messen
und visualisieren (2). Ziel des Index ist es, Transparenz- und
Rechenschaftspflichten nationaler Haushalte vergleichbar
zu machen, um auf Fehlentwicklungen, Verbesserungen
und Entwicklungsperspektiven aufmerksam zu machen.
Allerdings berücksichtigt dieser Index das Gesamtpotential
sozialer Medien im Sinne von Open Budget 2.0 derzeit noch
nicht umfassend. Diese neue zweite Generation der Öffnung wird über die Haushaltstransparenz, Budgetöffentlichkeit und offene Haushaltsdebatte hinaus vor allem von
einer aktiven Umsetzung, der elektronischen Vernetzung
offener Haushaltsdaten und einer Bürgerbeteiligung über
soziale Medien geprägt (1 S. 5).
Offene Haushaltsdaten (Open Budget Data) sind jene Daten-
bestände des Haushaltswesens des öffentlichen Sektors,
die von Staat und Verwaltung im Interesse der Allgemeinheit ohne jedwede Einschränkung zur freien Nutzung,
zur Weiterverbreitung und zur freien Weiterverwendung
frei zugänglich gemacht werden. Hierbei handelt es sich
in erster Linie um Haushaltsplandaten, Haushaltsbewirtschaftungsdaten, Haushaltsbelege und Haushaltsberichte
von Gebietskörperschaften und Behörden ohne Personenbezug. Werden diese Haushaltsdatenbestände strukturiert
und leicht maschinenlesbar in einem offenen Format von
den zuständigen Behörden proaktiv bereit gestellt, las-
sen sie sich durchsehen, durchsuchen, filtern, aufbereiten,
überwachen und weiterverarbeiten. Offene Haushaltsdaten
setzen auf offenen Haushaltssystemen auf und tragen zur
Haushaltstransparenz von Behörden und Gebietskörperschaften bei. Die elektronische Aufbereitung erlaubt es, papierbasierte Nachteile wie Medienbrüche, komplexe Zahlenwerke und lange Transportzeiten zu überwinden. Setzen
die beteiligten Stellen auf offene Standards, Schnittstellen
und Interoperabilität, so können Haushaltssysteme noch
stärker miteinander verknüpft, Benchmark-Ringe eingerichtet und Folgen von Entscheidungen aufgezeigt werden.
Tagesaktuelle Auswertungen vorhandener Haushaltsdaten
erlauben eine wirkungsorientierte Steuerung (1 S. 6).
Rund um den gesamten Haushaltszyklus gibt es eine Vielzahl von Ansatzpunkten zur gemeinsamen Konzeption,
Konsultation, Beschlussfassung, Steuerung und Qualitätskontrolle von öffentlichen Haushalten. Die anstehende
Web 2.0-getriebene Öffnung des Staates wird auf die Haushaltsaufstellung, dessen öffentliche Diskussion, die Haushaltsdebatte, den Beschluss über Haushaltsgesetze bzw.
Haushaltssatzungen, die Haushaltsbewirtschaftung, Zwischen- und Abschlussberichte, deren Prüfung und Kommentierung sowie die Entlastung der Verantwortlichen eine
umformende Wirkung haben. Mit Beteiligungshaushalten,
interaktiven Visualisierungen offener Haushaltsdaten und
Transparenzportalen eröffnen sich weite Spielräume für
neuartige Formate (1 S. II).
Bei Beteiligungshaushalten handelt es sich um ein „nichtrepräsentatives Mitberatungsinstrument“ (Oliver Märker),
an dem sich die Bürgerschaft lange vor offizieller Vorlage
des Haushaltsentwurfs beteiligen kann. Im Rahmen einer
öffentlichen Konsultation äußern sich interessierte Bürger
mit Impulsen, eigenen Ausarbeitungen und Bedenken. Sie
tragen so bei der Haushaltsaufstellung zur Meinungsbildung bei. Alle Vorschläge können öffentlich eingebracht,
bewertet, unterstützt oder abgelehnt und damit priorisiert
werden. Haushaltsrelevante Entscheidungen treffen nach
wie vor und nach der öffentlichen Debatte die gewählten
Politiker. Eine Variante des Beteiligungshaushaltes ist der
Sparhaushalt, bei dem die Bürger mit Blick auf ein vorgegebenes Budget nicht zu Investitions- und Aktivitätsvorschlägen aufgerufen werden, sondern Sparvorschläge und
Steuersätze zur Erreichung eines Einsparziels einbringen
sollen. Der Mehrwert für die Politik liegt in einer nichtrepräsentativen Beratung durch die „Intelligenz der Massen“
und im frühzeitigen Erkennen der Wünsche und Prioritäten. Einzelne Ergebnisse geben eigenen Entscheidungen
eine Legitimationsbasis (1 S. 12-14).
Interaktive Visualisierungen offener Haushaltsdaten helfen, Tabellen- und Zahlensammlungen besser zu verstehen.
Mittlerweile sind vielfältige Darstellungsformate und interaktive Visualisierungsdienste für Daten verfügbar. So gibt es
neuartige Darstellungsmöglichkeiten wie etwa Druckanzeiger, Hitzekarten, detaillierte Geokarten, interaktive Visual
Tree Maps, dreidimensionale Zeitleisten, Wissenskarten und
rotierende Themenwolken. Kartographische Aufbereitungen in interaktiven Formaten helfen, die räumliche Mittelverteilung darzustellen. Solche Aufbereitungen lassen sich
über das World Wide Web und soziale Medien vernetzen
und in Communities, Diskussionsforen oder Bewertungsdienste einbinden (1 S. 15-17).
Transparenzportale können den offenen und freien Zugang
zu Ausschreibungszuschlägen, zu den mit einer Gebietskörperschaft geschlossenen Verträgen, Beschlüssen und
Abreden sowie zu Zuwendungsempfängern bei öffentlichen Subventionsleistungen eröffnen. Die proaktive Bereitstellung dieser Daten in einem offenen Datenformat als
vertrauensfördernde Maßnahme erlaubt es jedem, diese zu
nutzen und damit die Praxis der Vergabe öffentlicher Mittel
zu analysieren. Der transparente Umgang trägt zur Haushaltstransparenz, zur öffentlichen Kontrolle und zur Korruptionsbekämpfung bei. Die dadurch ausgelöste öffentliche
Diskussion kann zu Einsparungen, zum zielgerechteren Abruf bereit gestellter Mittel und zu nachhaltigeren Entscheidungen führen (1 S. 30-32).
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Viele kleine Veränderungen an ganz unterschiedlichen
Stellen werden insgesamt die Haushaltstransparenz erhöhen und die Bevölkerung stärker in die bewährten Haushaltsprozesse einbinden. Zugleich werden sich in den
kommenden Jahren die Rollen und das Selbstverständnis
von Parlamentariern und Gemeinderäten, von Kämmerern
und Verwaltungsmitarbeitern, aber auch von Lobbyisten,
Bürgern und der Presse schrittweise wandeln und weiterentwickeln. Sobald etwa über das Internet tagesaktuell in
verständlicher Weise Auskunft zur Haushaltsbewirtschaftung gegeben werden kann, ist mit neuen Angeboten und
öffentlicher Kritik zu rechnen. Zugleich wird der Öffentlichkeit sehr viel stärker bewusst, vor welchen haushaltspolitischen Herausforderungen der Staat mit Blick auf die
demographische Entwicklung, die Globalisierung und die
drohende Finanzkrise steht und wie die Einflussmöglichkeiten wirklich sind (1 S. II).
Die Umsetzung von Open Budget 2.0 ist mit zahlreichen
Veränderungen und Anpassungen verbunden. Aus den
Anforderungen des bestehenden Persönlichkeits- und
Datenschutzrechts heraus müssen die Grenzen einer
netzbasierten Haushaltstransparenz diskutiert, bestimmt
und rechtliche Anpassungen vorgenommen werden.
Technologische Herausforderungen lassen sich mit innovativen IT-Dienstleistern partnerschaftlich lösen. Auf
organisationaler Ebene werden an das Personalmanagement, die Verwaltungskultur und die Kommunikationskultur neuartige Anforderungen gestellt. Zu erarbeitende
Leitbilder, Ziele und Strategien komplettieren die Evolution des immer schon öffentlichen Haushaltswesens von
im Sinne von Open Budget 1.0 zu einem über das Internet und soziale Medien erst richtig transparent werdenden Open Budget 2.0 (1 S. II).
literatur
fachartikel
(1)
v on Lucke, Jörn et al. Open Budget 2.0 & Open Budget
Data - Öffnung von Haushaltswesen und Haushaltsdaten. Friedrichshafen : Zeppelin Universität, 2011. [Online
vom 24. Oktober 2011] http://www.zeppelin-university.
de/deutsch/lehrstuehle/ticc/TICC-111024-OpenBudgetV1.pdf.
(2)
International Budget Partnership. Open Budget Survey
2010. Washington : 2010.
| 13
Prof. Dr. Jörn
VON LUCKE
Diplom-Wirtschaftsinformatiker
Direktor des Deutsche
Telekom Institute for
Connected Cities an der
Zeppelin Universität
joern.vonlucke@zeppelinuniversity.de
14 |
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fachartikel
Cloud Computing im
E-Government in Österreich
abstract
Peter Reichstädter
Cloud Computing ist ein weiterer Abstraktionsschritt für die IKT-Infrastruktur. In Österreich waren die Jahre 2000 bis 2004
von umfangreichen Innovationsentwicklungen geprägt, die in den Folgejahren erfolgreich umgesetzt wurden und das
österreichische E-Government in der Kooperation aller Ebenen an die europäische Spitze gebracht haben. Cloud Computing
ist keine grundsätzlich neue Technologie, sondern kombiniert vorhandene Technologien und Verfahren für eine standardisierte
Bereitstellung von Diensten (Services) und ist daher eine Weiterentwicklung des Outsourcing Modells - einer der
Schlüsselaspekte hinter dem breiten Interesse an Cloud Computing ist die mögliche wirtschaftliche Effizienzsteigerung
gegenüber traditionellen IT Verfahren.
Detaillierung und Status quo. Cloud Computing ist eine
Form der flexibel am Ressourcenbedarf orientierten
Nutzung von IT-Leistungen. Diese werden in Echtzeit
als Service über das Internet bzw. Intranet bereitgestellt
und werden nach Nutzung abgerechnet. Die Nutzer (also
die internen IKT-Dienstleister der öffentlichen Verwaltung) müssen IT-Ressourcen nicht selbst anschaffen und
betreiben, sondern nutzen die nötigen Kapazitäten für
Daten, Rechenleistung und Anwendungen bei Anbietern
als „Services aus dem Netz“. Damit ermöglicht Cloud
Computing den Nutzern einen bedarfsgerechten Einsatz
von Mitteln und eine Umverteilung von Investitions- zu
Betriebsaufwand, beides kann somit für hohe Flexibilität
sorgen. Cloud Computing ist keine grundsätzlich neue
Technologie, sondern kombiniert vorhandene Technologien (durch die Anforderungen des Cloud Computing werden Technologien stark weiter entwickelt und
auf eine neue Ebene im Bereich Skalierung, Flexibilität,
Nutzungsgrad und geteilte Nutzung gebracht) und Verfahren für eine standardisierte Bereitstellung von Diensten (Services) und ist daher eine Weiterentwicklung des
Outsourcing Modells. Einer der Schlüsselaspekte hinter
dem breiten Interesse an Cloud Computing ist die mögliche wirtschaftliche Effizienzsteigerung gegenüber traditionellen IT Verfahren.
Cloud Computing ist eine Chance, hat aber auch Risiken.
Die Plattform Digitales Österreich hat in einer gemeinsamen Arbeitsgruppe (AG Cloud) der Bund/Länder/Städte/Gemeinden-Kooperation (kurz Kooperation-BLSG)
ein Positionspapier zum Status 2011 erstellt, welches
die Möglichkeiten des Einsatzes von Cloud Computing
in der österreichischen öffentlichen Verwaltung untersucht. Das Positionspapier soll Grundlageninformationen für nötige strategische Entscheidungen bereit stellen
– die Struktur behandelt vor allem Begriffsdefinition,
Marktsituation, strukturelle/wirtschaftliche/technische
Prozesse (Geschäftsprozesse), Aspekte, Auswirkungen,
Chancen und Risken sowie potentielle Anwendungen
für klassische Rechenzentren, eine private Cloud und
public Cloud als auch Beispiele und Prozesse für Migration. Im Kontext der BLSG-Strukturen der Behörden der
Österreichischen Verwaltung geht es nicht nur um die
Betrachtung von public Cloud Angeboten, sondern auch
um den Einsatz der Konzepte des Cloud Computing in
den eigenen Infrastrukturbereichen (sog. Private Cloud).
Aufbauend auf diese Arbeit wird auch zukünftig eine Beschäftigung mit dem Thema Cloud Computing notwendig sein bzw. individuelle Entscheidungsfindungen und
Beurteilungen angestellt werden.
Um bei geringstem Risiko den höchsten Mehrwert für
Bürgerinnen und Bürger und Verwaltung durch Cloud
Computing zu erreichen, wäre Cloud-Nutzung, die auf
die Notwendigkeit österreichischer Behörden abgestimmt
ist, eine Option (private Cloud oder hybride Cloud). Dabei ist die strategische Abhängigkeit von einem einzelnen
Cloud-Anbieter zu vermeiden. Darüber hinaus können
und sollen Public Cloud-Angebote genutzt werden, wo
dies die Rahmenbedingungen erlauben und dies wirtschaftlicher ist.
Die in diesem Zusammenhang zu betrachtenden Chancen und Risiken müssen in Bezug auf Wirtschaftlichkeit,
verbesserte Reaktionszeit bei wechselndem RessourcenBedarf, Skills Verlust, Strategische Abhängigkeit vom
„Cloud Service Provider“ (CSP), Verletzlichkeit durch
Angriffe sowie Abhängigkeit von einer Netzinfrastruktur bewertet werden.
Gartner rechnet mit einer breiten und konsolidierten,
produktiven Nutzung in 1-4 Jahren (siehe Grafik, Stand
Juli 2010). Die österreichische Verwaltung ist daher gut
beraten sich dem Thema Cloud Computing bereits jetzt
fachartikel
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Datenschutz und die Integrität der Applikation und des
Nutzers sind genau zu betrachten. Bei public Cloud Lösungen erfährt vor allem das rechtliche Umfeld eine Veränderung - direkte Kontrolle wird nur durch geeignete
vertragliche Vereinbarungen aufgewogen, wobei deren
rechtliche und faktische Durchsetzbarkeit zu beurteilen
sind. Datenschutz und die „Herrschaft“ über die Daten
sind dabei ein zentrales Thema. Es gibt auch Kriterien,
welche eine Nutzung bestimmter Cloud Services nicht
zulassen (personenbezogene Daten, Datenverspeicherung außerhalb der EU, …).
zu stellen. Allerdings muss die Zeit für eine solide Vorbereitung genutzt werden, da es technische, organisatorische und rechtliche Aspekte zu klären gilt. Wichtig
ist, dass man diese Chance in nächster Zeit analysiert,
bewertet und entsprechende Maßnahmen einleitet. Wie
auch die obige Darstellung von Gartner in Bezug auf
Government Transformation zeigt, werden bestimmte
Stufen in der Umsetzung bzw. Beschäftigung mit der
Cloud durchlaufen.
Mit einem Impuls der europäischen Kommission zu diesem Thema ist nicht vor 2013 zu rechnen.
Potentiale, Chancen und Risiken für die Zukunft. Der technische Ansatz Cloud Computing kann als ‚massive Standardisierung ohne Ausnahmeregelungen’ charakterisiert
werden – derzeit beschränkt sich das allerdings sehr
stark auf die Hersteller. Doch sind in derartig einschneidenden Veränderungen viele Aspekte neu zu betrachten
und zu bewerten.
Cloud Computing ist keine Modeerscheinung der IKTBranche, sondern vereint als nächsten Entwicklungsschritt die technischen Möglichkeiten, die konsequente
Standardisierung bedingt. Daher erfordert diese Entwicklung massive Maßnahmen im rechtlichen und organisatorischen Bereich.
Die IT-Industrie drängt aufgrund eines klaren Businessmodells zum Einsatz von Cloud Computing und
sieht damit eine Forcierung des Rollouts von E-Services.
Durch geringere Einstiegshürden in Bezug auf Zeit und
Ressourcen erhofft man sich ein erhöhtes Nutzungsvolumen und damit höhere Gewinne.
Vor dem Einsatz muss man dennoch einige Punkte bedenken. Je nach gewähltem Modell (private Cloud, public Cloud, Hybrid Cloud) stellen sich die Auswirkungen des Veränderungsprozesses unterschiedlich dar. Der
wirtschaftliche Aspekt muss unter den Aspekten Governance, Flexibilität aber auch im Lichte einer Abhängigkeit
(je nach Modell bis zur einer möglichen „Auslieferung“)
an den Provider abgewogen werden. Die Sicherheit, der
Bevor man eine Entscheidung für die Nutzung von
Cloud Computing trifft oder ein spezielles Modell auswählt, muss man in der Verwaltung die erforderlichen
Grundlagen schaffen. In diesem Zusammenhang sind
jedenfalls folgende Punkte zu klären:
•Definition von Standards für Serviceprovider
•Sicherstellen der Nachhaltigkeit
•Wirtschaftlichkeits-Beurteilung
•Nutzen aus Cloudeffekten ermöglichen / Cloud Informationspolitik
•Cloud Charakteristika
•Anforderungen an Cloud-Applikationen -> TopDown: WAS muss ich tun, um Cloud-fähig zu
werden/etwas in die Cloud zu bekommen: wenn
eine Applikation, Service, … neu oder angepasst
bereit gestellt wird
•Anforderungen an Cloud-Nutzer -> Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, dass eine Nutzung von Diensten aus der Cloud erfolgreich ist
und entsprechenden Nutzen bringt.
•Ermöglichen von QuickWins -> was ist jetzt schon
ohne große Veränderungen möglich?
•Verwaltungscloud Service evaluieren
Um eine homogene Situation innerhalb der Verwaltung
sicher zu stellen, wäre es vorteilhaft, Cloud Überlegungen der einzelnen Verwaltungseinheiten gemeinsam
anzustellen. Es ist zielführend derartige Projekte zur Information an das Gremium Kooperation-BLSG zu übermitteln, damit ein Erfahrungsaustausch zwischen den
Gebietskörperschaften erfolgen kann.
Ähnlich dem Modell Portal-Verbund sollten künftige
Entwicklungen im Hinblick auf den Investitionsschutz
„Cloud-fähig“ umgesetzt werden. Damit ist die Entscheidung, ob der Betrieb eines E-Services in der Cloud oder
klassisch im Rechenzentrum offen und kann jederzeit
getroffen werden. Als Grundlage dafür ist zu definieren,
was unter „Cloud-fähig“ zu verstehen ist, bzw. welche
Charakteristika Voraussetzungen für einen Betrieb in
einer Cloud erforderlich sind. Jedenfalls auch ein spannendes und interessantes Thema für E-Government
2012...
DI Peter
REICHSTÄDTER
Bundeskanzleramt
IKT-Strategie;
peter.reichstaedter@
bka.gv.at
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fachartikel
Online-Vollmachten
abstract
Arne Tauber
E-Business und E-Government Prozesse werden häufig für juristische Personen oder von berufsmäßigen Parteienvertretern
durchgeführt. Umfassende Vertretungssysteme, die sich nahtlos in nationale Identitätsmanagementsysteme integrieren,
sind derzeit noch rar. Österreich ist ein Beispiel, das auf dem Konzept Bürgerkarte elektronische Vollmachten eingeführt hat.
Das System wurde bereits vor einigen Jahren umgesetzt, jedoch wurden aufgrund der bisherigen Erfahrungen einige
Änderungen und Optimierungen durchgeführt. Mit dem neuen Ansatz der Online-Vollmachten werden elektronische
Vollmachten „on-the-fly“ auf Basis von aktuellen Informationen aus konstitutiven Registern erstellt.
Immer mehr Anwendungen in den Bereichen E-Business, E-Government und E-Health benötigen eine qualitätsvolle Identifikation und Authentifizierung ihrer
Benutzer. Häufig werden dabei auf nationaler Ebene
elektronische Identitäten in Form von Chipkarten, mobilen Geräten, Softwarezertifikaten oder nationalen
Authentifizierungsgateways ausgerollt. Allerdings spielt
neben der Identifikation und Authentifizierung auch
Vertretungsregelung eine wichtige Rolle. Vor allem in der
öffentlichen Verwaltung gibt es eine hohe Frequenz an
behördlichen Kontakten mit juristischen Personen. Hierbei gibt es verschiedene Formen der Vertretung: der Geschäftsführer einer Firma, berufsmäßige Parteienvertreter (Steuerberater, Anwälte, Notare, Ziviltechniker, etc.)
oder aber auch Organwalter. Dahingegehend profitieren
juristische Personen als Antragsteller besonders von einer erhöhten Effizienz in Bezug auf Vertretungsregelung.
Vertretungsregelung und Identitätsmanagement von juristischen Personen ist eine aktuelle Thematik, welche
sich auch auf europäischer Ebene in der Digitalen Agenda für Europa widerspiegelt und nicht nur dem Nutzen
von Bürgern, sondern auch der Wettbewerbsfähigkeit
und Mobilität von Unternehmen, insbesonders KMUs,
Rechnung trägt. Ebenso berücksichtigt der aktuelle ICT
Call im 7ten EU Rahmenprogramm (FP7), der ein Follow-up Projekt von STORK definiert, explizit die Vertretung von juristischen Personen.
Erste Gedanken zu Vertretungsregelung. Auf den ersten
Blick mag Vertretungsregelung als eine einfache Aufgabe
erscheinen. Es gibt diesbezüglich bereits Ansätze, die auf
einem Identitätsmanagement innerhalb einer Organisation beruhen (z.B. PBDM in RBAC). Identitätsmanagementsysteme auf nationaler Ebene verlangen allerdings
offene Systeme. Ein möglicher Ansatz sind hier PKIX
Attributzertifikate. Allerdings ist die Vertretung von
Personen üblicherweise nicht auf eine einzige Rolle beschränkt, bspw. können Vertreter nur für bestimmte Aktionen wie den Kauf eines Autos ermächtigt werden.
Vertretungsregelung in Österreich. Neben Belgien ist
Österreich das einzige Land in der EU, welches einen systematischen Ansatz der Vertretungsregelung
umgesetzt hat. Vertretungsregelung wurde von der
österreichischen E-Government Initiative bereits von
Beginn an berücksichtigt und ist daher auch ein integraler Bestandteil des österreichischen E-Government Gesetzes. Im Jahr 2006 hat Österreich daher
eine Infrastruktur zur Vertretungsregelung auf Basis
der Bürgerkarte(1) und von sog. „elektronischen Vollmachten“ geschaffen. Eine elektronische Vollmacht ist
eine XML Struktur, welche auf der Bürgerkarte oder in
der Bürgerkartenumgebung gespeichert wird und folgende Daten umfasst: die Identitätsdaten des Vertreters und des Vertretenen (Name, Geburtsdatum und
Stammzahl für natürliche Personen bzw. Name und
Registernummer für juristische Personen), der Vollmachtsinhalt sowie allfällige zeitliche oder finanzielle
Einschränkungen.
Der Ansatz, elektronische Vollmachten auf der Bürgerkarte zu speichern, hat allerdings einige Nachteile.
Zunächst müssen Vertreter die Eintragung des Vertretungsverhältnisses manuell beantragen, obwohl diese Information bereits elektronisch aus konstitutiven
Registern verfügbar ist. Die somit auf der Bürgerkarte
gespeicherten Informationen sind nicht aktuell und
müssen manuell widerrufen werden, bspw. wenn ein
Geschäftsführer eine Firma verlässt. Elektronische Vollmachten sind auch an die jeweilige Bürgerkarte gebunden und schränken daher die Mobilität ein, insbesondere wenn die Vollmacht in der Bürgerkartensoftware
verspeichert ist. Wenngleich es mehrere Anbieter für
Bürgerkartensoftware am Markt gibt, so unterstützen
nur zwei Anbieter elektronische Vollmachten. Letztlich
hat sich in den letzten Jahren das Konzept der OnlineBürgerkartenumgebung durchgesetzt, welche die Java
Applet Technologie nutzt und das Speichern von lokalen
Daten wie Vollmachten nicht unterstützt.
fachartikel
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Abb. 2: Auswahl der Vollmacht am
Online-Vollmachtenservice
Abbildung 1 zeigt die Architektur und die prinzipielle Arbeitsweise der Online-Vollmachten, wobei elektronische
Vollmachten bei Bedarf „on-the-fly“ über ein Service der
Stammzahlenregisterbehörde erstellt werden.Sobald ein
Vertreter auf eine geschützte Ressource einer Anwendung zugreifen möchte, so muss sich dieser zuerst mittels
Bürgerkarte anmelden (Schritt 1), z.B. mittels MOA-ID.
Im Rahmen dieser Anmeldung werden die Personenbindung und das Signaturzertifikat des Vertreters ausgelesen. Nachdem der Vertreter einen Anmeldetext inklusive
der Absichtserklärung des vertretungsweisen Einschreitens unterzeichnet hat, kontaktiert MOA-ID das OnlineVollmachtenservice (MIS) (Schritt 2), um die verfügbaren Vollmachten des Vertreters für einen bestimmten
Anwendungsbereich (z.B. elektronische Zustellung) zu
Abb.1: Architektur der Online-Vollmachten
ermitteln. Hierbei kontaktiert das Online-Vollmachtenservice Bestandsquellen für Vertretungsinformationen
(Schritt 3). Dies sind einerseits ein Register für Vertretungsregelungen zwischen natürlichen Personen(2) bzw.
das Unternehmensserviceportal für den Zugriff auf konstitutive Register wie das Unternehmensregister oder das
zentrale Vereinsregister. Im Zuge dessen wird für die „onthe-fly“ Erstellung der elektronischen Vollmacht für den
Vertretungsfall einer natürlichen Person die Stammzahl
des Vertretenen über das Stammzahlenregister ermittelt
(Schritt 4). Anschließend wird der Verteter auf die Seite der
Stammzahlenregisterbehörde weitergeleitet (Schritt 5 und
6), wo sämtliche für den Vertretungsfall zur Auswahl stehende Vollmachten angezeigt werden (siehe Abbildung 2).
Nach Auswahl der Vollmacht wir diese vom OnlineVollmachtenservice elektronisch signiert und kann anschließend von MOA-ID zur Fortführung des Anmeldevorgangs abgeholt werden (Schritt 7). Nach erfolgreicher
Anmeldung kann der Vertreter im Namen des Vertreters
auf die geschützte Ressource der Applikation zugreifen
(Schritt 8).
Fazit. Der ursprüngliche Ansatz der elektronischen Vollmachten basierte auf dem Verspeichern von XML Strukturen in der Bürgerkartenumgebung, das den klassichen
Vorgang aus der Papierwelt imitierte. Fünf Jahre Praxiserfahrung haben hierbei einige Nachteile aufgezeigt. Einerseits mussten Vollmachten explizit beantragt werden,
obwohl deren Information bereits aus konstitutiven Registern ersichtlich ist. Aber auch die eingeschränkte Portabilität hat zur Entwicklung eines Online-Vollmachtenservices beigetragen, welches elektronische Vollmachen
„on-the-fly“ basierend auf aktuellen Informationen aus
Registern bereitstellt.
literatur
Online-Vollmachten. Nach fünf Jahren Praxiserfahrung
wurde das Konzept der elektronischen Vollmachten dahingehend angepasst, dass die Vertretungsregelung von
natürlichen und juristischen Personen mittels eines systematischen, Token-unabhängigen Online-Vollmachtensystems umgesetzt wurde, das auf dem Konzept der
Bürgerkarte basiert und auf aktuelle Informationen aus
konstitutiven Registern zugreift, z.B. dem Firmenbuch,
zentralen Vereinsregister oder Ergänzungsregister für
sonstige Betroffene.
(1)
http://www.bürgerkarte.at
(2)
https://vollmachten.stammzahlenregister.gv.at
DI Arne TAUBER
Wissenschaftlicher
Mitarbeiter, E-Government
Innovationszentrum
arne.tauber@egiz.gv.at
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fachartikel
Die „EA-Kette“ –
Ein neuer Ansatz zur
Verfahrensvereinfachung
abstract
David H. Fenner I Volkmar Kese
Fast zwei Jahre nach der Umsetzung der Europäischen Dienstleistungsrichtlinie bleibt die Inanspruchnahme der Einheitlichen
Ansprechpartner sehr verhalten. Nach Erhebungen im Forschungsprojekt Verwaltungsmodernisierung durch Europäisierung
an der Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen Ludwigsburg sind noch viele Hürden zu bewältigen. Dieser Beitrag
soll einen neuen Lösungsansatz in Form einer „EA-Kette“ bieten. Die stärkere Vernetzung der EAs würde Unternehmern
ermöglichen, die oben genannten Probleme zu umgehen. Fortschrittsimpulse der EU werden auch in die Überlegungen
einbezogen.
Einführung. Vor der Umsetzung der Europäischen Dienstleistungsrichtlinie (EU-DLR) (1) ging man davon aus, dass
die dadurch geschaffenen Möglichkeiten einen Ansturm
von ausländischen Dienstleistern auslösen würden. Diese Entwicklung ist jedoch bisher nicht eingetreten; stattdessen zeigen die Erhebungen in unserem Forschungsprojekt, dass bei den Einheitlichen Ansprechpartnern
(EAs) teilweise „Totenstille herrscht“. Allenfalls werden
Informationsanfragen gestellt; das Verfahren wird aber
dann i. d. R. über die zuständige Behörde erledigt. Somit
stellen sich folgende Fragen: Wieso ist die Inanspruchnahme so niedrig? Kann der Einheitliche Ansprechpartner (EA) überhaupt als elektronischer One-Stop-Shop
tätig werden? Dieser Beitrag wird die noch bestehenden
Hindernisse für die Verfahrensabwicklung aufzeigen
und einen neuen Lösungsansatz anbieten.
Mangelnde Inanspruchnahme. Die mangelnde Inanspruchnahme kann hauptsächlich – nach Erhebungen
im Forschungsprojekt – auf den für Unternehmer bisher
kaum erkennbaren Mehrwert zurückgeführt werden.
Dieser soll in einer ihn entlastenden Vereinfachung und
Beschleunigung der Verfahren bestehen. Dieser Effekt
kann sich allerdings nur entfalten, wenn bestimmte
Probleme beseitigt worden sind. So lange dies nicht geschieht, wird der Unternehmer weiterhin auf die bestehenden Verwaltungsstrukturen zurückgreifen
Sprachbarrieren. Die Tatsache, dass die benötigten Informationen und Formulare bisher i. d. R. nur auf Deutsch
existieren, stellt zweifelsohne ein materielles Hindernis
für die Inanspruchnahme des EA-Serviceangebots von
ausländischen Unternehmern dar. Für Letztere kann sich
daher ein Mehrwert von vornherein kaum entfalten.
Eine rechtliche Verpflichtung zur Mehrsprachigkeit
kann zwar nicht explizit aus der EU-DLR entnommen
werden. Dennoch ergibt sich vor allem aus dem Ziel der
Richtlinie zumindest ein faktischer Zwang zur Verwendung von Fremdsprachen im Sinne einer Verwaltungsvereinfachung aus der Perspektive des ausländischen
Adressaten (Art. 6). Desweiteren sprechen auch Effektivitäts- und Effizienzgesichtspunkte für ein Fremdsprachenangebot, da eine höhere ausländische Inanspruchnahme den getätigten Ressourceneinsatz erst rechtfertigt
und die erwarteten positiven Effekte der Richtlinie erst
zur Entfaltung bringt.
Schriftformerfordernis. Weitere Hürden zur elektronischen Verfahrensabwicklung haben ihren Ursprung im
Schriftformerfordernis. Damit z. B. eine Gewerbeanzeige rechtswirksam vorgenommen werden kann, verlangt
das Recht i. d. R. entweder eine eigenhändige Unterschrift oder eine qualifizierte elektronische Signatur (2).
Kaum eines der kleinen und mittleren Unternehmen
(KMU) verfügt aber über eine Signaturkarte, dessen
kostspielige Anschaffung sich bei einmaliger Anwendung nicht lohnt. Deshalb ist meistens eine medienbruchfreie elektronische Abwicklung nicht möglich.
Desweiteren gibt es für die dafür notwendige Karte und
Software keine einheitlichen Standards. Dies kann in der
Praxis bedeuten, dass eine Signaturkarte, die von einem
bestimmten EA vorgeschrieben ist, nicht für die elektronische Abwicklung über einen anderen EA genutzt
werden kann. So müsste ein ausländisches KMU zuerst
anreisen, um eine kompatible Signaturkarte zu kaufen.
Lösungsansatz: Die EA-Kette. Da die o. g. Hürden nur
langfristig abgebaut werden können, muss eine Lösung
gefunden werden, die schnellstmöglich die Ziele der
EU-DLR verwirklichen kann. Die Verfasser sehen große
fachartikel
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| 19
müsste dann allerdings auch an die möglichen Kunden
kommuniziert werden. So haben die Erhebungen des
Forschungsteams ergeben, dass der Bekanntheitsgrad
des EA aufgrund mangelnder Öffentlichkeitsarbeit zu
niedrig sei und dies als ein entscheidender Faktor bei der
geringen Inanspruchnahme der EAs anzusehen sei. Die
Bewerbung eines nur begrenzt funktionierenden Instrumentes kann nur wenig Aussicht auf Erfolg haben.
Ergebnis und Empfehlungen. Für die richtlinienkonforme
Potenziale in der engeren Verknüpfung der EAs in ganz
Europa, sodass eine Art elektronischer Kommunikationskette entsteht (siehe Abbildung). So würde z. B. zuerst
ein französischer Unternehmer auf den französischen EA
mit seinem Anliegen zugehen. Der französische EA vermittelt dann die Anfrage weiter an den geeigneten EA in
Deutschland. Dieser erledigt unter Anweisung des französischen EA das gewünschte Verfahren und vermittelt
dies wieder an Letzteren zurück. Dieser kontaktiert letztendlich den französischen Unternehmer mit der Auskunft oder der Genehmigung.
Folgende Probleme könnten damit gelöst werden:
Sprachbarrieren. Unternehmer wären nicht mehr darauf angewiesen, Fremdsprachen auf hohem Niveau zu
beherrschen, um die Internetauftritte und Formulare
bewältigen zu können oder direkt kommunizieren zu
können. Dadurch könnten durch EAs dem Unternehmer auch rechtliche Unklarheiten in einer verständlichen
Sprache erklärt und übersetzt werden (Art. 6 EU-DLR).
Elektronische Signatur. Desweiteren würde dadurch die
mangelnde Kompatibilität der elektronischen Signaturen ausgeglichen werden. Einheitliche Standards wären
dann nicht mehr nötig, da Unternehmer mit ihrer elektronischen Signaturkarte ihren nationalen EA direkt in
Anspruch nehmen könnten. Nach einer entsprechenden
Überprüfung müsste nur noch eine Weiterleitung der
unterschriebenen und damit rechtlich verbindlichen
Dokumente erfolgen.
literatur
.Abbildung: Die EA-Kette beim grenzüberschreitenden Verlauf(7)
)
Reduzierung der Verwaltungshemmnisse ist eine stärkere Vernetzung der EAs unabdingbar (4). Dauerhafte und
leistungsstarke Kommunikationskanäle sollten grenzüberschreitend eingerichtet werden, um den tatsächlichen Mehrwert der EU-DLR für Unternehmen zu verwirklichen. Weitere Impulse sind auch von EU-Ebene zu
erwarten. So sieht z.B. die „Digitale Agenda für Europa“
vor, dass ab dem Jahr 2015 alle wichtigen grenzüberschreitenden öffentlichen Dienste online verfügbar sein
sollen (5). Auch soll die Interoperabilität elektronischer
Signaturen gewährleistet sein (6).
Dementsprechend bedürfen die Ausgestaltung der Kommunikationswege zwischen EAs und mit den Unternehmen sowie der Kooperationspotenziale für EAs noch
weiterer Erforschung. Diesen Schwerpunkten wird sich
das Forschungsprojekt an der HVF Ludwigsburg bis
2013 vertieft widmen.
(1)
ichtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments
R
und des Rates vom 12.12.2006 über Dienstleistungen
im Binnenmarkt, in: ABl. der EU vom 27.12.2006, Nr. L
376, S. 36 ff.
(2)
http://www.service-bw.de/zfinder-bw-web/processes.
do;jsessionid=C0BA3BAA6F3C31E1F04500322B4F667
1?vbid=7764&vbmid=0.
(3)
oldsmith, Steven/Eggers, William D., Governing by
G
Network: The New Shape of the Public Sector, 2004,
Washington, S. 77.
(4)
S chuppan, Tino, Kooperationsanforderungen für EGovernment: Ist die Verwaltung ausreichend netzwerkfähig?, in: eGov Präsenz, 02/2009, S. 34.
(5)
E uropäische Kommission, Mitteilung v. 15.12.2010 an
das Europäische Parlament, den Rat, den Wirtschaftsund Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen,
Europäischer eGovernment-Aktionsplan 2011–2015 –
Einsatz der IKT zur Förderung intelligent, nachhaltig und
innovativ handelnder Behörden, Brüssel, KOM(2010)
743 endg., S. 5 ff.
(6)
E uropäische Kommission, Mitteilung v. 19.05.2010 an
das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen
Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss
der Regionen, Eine Digitale Agenda für Europa,
KOM(2010) 245 endg., S. 12 f.
(7)
uelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Goldsmith/
Q
Eggers (3)
Generierung eines administrativen Mehrwerts. Es würde
ein klarer administrativer Mehrwert für Unternehmer
geschaffen, da sie nun in der Lage wären, die elektronische Verfahrensabwicklung zu nutzen. Dies würde auch
den Zielen der EU-DLR entsprechen, die in Art. 7 eine
Abwicklung „aus der Ferne“ fordert. Dieser Mehrwert
Prof. Dr. Volkmar KESE
Geschäftsführender
Leiter des Instituts für
angewandte Forschung
und Projektleiter des
Forschungsprojekts „Verwaltungsmodernisierung
durch Europäisierung?“
Hochschule für öffentliche
Verwaltung und Finanzen
Ludwigsburg;
volkmar.kese@gmx.de
David H. FENNER, M.A.
Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Forschungsprojekt „Verwaltungsmodernisierung durch
Europäisierung?“
Hochschule für öffentliche
Verwaltung und Finanzen
Ludwigsburg;
fenner@hs-ludwigsburg.
de
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fachartikel
Funktionsmechanismen einer
Open Government Plattform
Erkenntnisse aus Wissenschaft & Praxis
Giordano Koch I Maximilian Rapp I Dennis Hilgers I Johann Füller
abstract
20 |
Die Nachfrage an modernen Möglichkeiten zur Mitsprache, Kollaboration und Integration des Bürgers am Politikentwicklungsprozess steigt stetig. Aufgrund dessen nutzen immer mehr öffentliche Institutionen Open Government Plattformen,
um das kreative Potential und die Erfahrung der Bürger zu nutzen und in Entscheidungsprozesse zu implementieren.
Wir zeigen, dass Designprinzipien einer „Open Government Plattform“ im öffentlichen Sektor zwar ähnlich, jedoch
nicht mit Open Innovation Ansätzen aus der Privatwirtschaft identisch sind.
Auf Co-Creation und Crowdsouring Plattformen binden
Unternehmen ihre Mitarbeiter und Zulieferer, aber auch
Kunden systematisch in Innovationsprozesse ein, die
in der virtuellen Welt mit Hilfe von Toolkids Produkte
selber entwerfen, individualisieren oder diskutieren und
bewerten können (1) und zeigen so, dass externe Personen eine innovative, kreative und erfahrene Ressource
darstellen (2). Nun stellt sich die Frage, ob der Staat mit
seinen öffentlichen Organisationen hinreichend und
zeitgemäße Möglichkeiten zur Mitsprache, Kollaboration und Integration des Bürgers anbieten. In der Praxis sieht man den Trend, dass öffentliche Institutionen
die Funktionsmechanismen von Open Innovation (OI)
Plattformen aufgreifen und in ihrem Kontext implementieren (3). Online Dialoge, Online Konsultation oder auch
Online Bürgerhaushalte gewinnen an Bedeutung, um
Ideen, Erfahrung und Best-Practices von Bürgern in relevante Entscheidungsfindungsprozesse zu integrieren.
In der hier vorgestellten Studie werden die von Füller
(2010) publizierten funktionalen Designprinzipien von
erfolgreichen OI Plattformen an zwei Open Government
Plattformen überprüft (4). Füller (2010) identifiziert sechs
funktionale Designprinzipien für OI Plattformen in der
Privatwirtschaft: (1) die Ausgestaltung des Themas, (2)
die Aufgabe mit ihrer dezidierten Beschreibung, (3) die
Anwendung technischer Werkzeuge auf der Plattform,
(4) die Möglichkeiten zur Interaktion, (5) die dargebotenen Anreizstruktur, (6) sowie die Möglichkeit der Integration von relevanten Partnern.
Online Dialog „Aufbruch Bayern“: Durch die Konzeption,
Durchführung und anschließende wissenschaftliche
Analyse von zwei großen Online Partizipationsprojekten
in Deutschland konnten die oben beschriebenen Funktionalitäten im öffentlichen Sektor bestätigt sowie ergänzt
werden. Die Online Dialogplattform „Aufbruch Bayern“
zielte auf die Einreichung von Ideen, Konzeptvorschlägen und Best Practices in den Themengebieten Familie,
Bildung sowie Innovation ab. Mehr als 100.000 Menschen bewerteten innerhalb von 8 Wochen (Sommer
2010) über 6.300 Diskussionsbeiträge und insgesamt 740
Vorschläge. Die vieldiskutierte Bürgeridee kostenfreie
Parkplätze für Elektroautos zur Verfügung zu stellen, um
den Erwerb von umweltfreundlichen und nachhaltigen
Fahrzeugen zu fördern, hat der Ministerrat bereits an die
Gemeinden als Empfehlung ausgesprochen.
Online Konsultation „Eine-Welt-Strategie“: Die Online
Konsultation „Eine Welt Strategie“ zielte auf die Novellierung der bestehenden Politikinhalte des „Eine Welt
Strategiepapiers“, welches das strategisch- und inhaltliche Handeln des Landes Nordrhein Westfalen in dritten
Weltländern regelt, ab, indem es online von den Bürgern
weiterentwickelt, diskutiert, kommentiert und bewertet
werden konnte. Innerhalb der zwölfwöchigen „live-Phase“ (Sommer 2011) konnten auf der Online Konsultation
über 50.000 Besucher und 270 registrierte Teilnehmer
registriert werden, die über 250 qualitativ hochwertige
Ideen und Konzepte, sowie 1.000 Diskussionsbeiträge
verfassten. Sämtliche Beiträge der Online Konsultation
wurden inhaltlich ausgewertet, mit den Ergebnissen von
Experten Workshops verknüpft und in einem internen
Überarbeitungsprozess in die neue Version der „EineWelt-Strategie“ integriert.
Identifizierte Designprinzipien: Basierend auf den beiden
Cases konnten die folgenden zehn Dimensionen als
wichtigste Designprinzipien einer Open Government
Plattform identifiziert werden:
1. Die Art der Institution, die eine Open Government
Plattform durchführt, sollte in der Konzeption berücksichtigt werden. Der Grund hierfür ist die unterschiedliche organisationale Struktur, das Kommunikationsverhalten und die organisationsinhärenten
Zielsetzungen, welche sich aus der Ebene der Institution ergeben und somit verschiede Bedürfnisse identifizieren.
2. Da Open Government Plattformen zu den unterschiedlichsten Themenstellungen konzipiert werden
können, sollte die Auswahl der geeigneten Funktionalität auf das grundsätzliche Thema der Plattform abgestimmt sein. Grundsätzlich kann davon ausgegangen
werden, dass nur solche Themenstellungen erfolgreich sind, die ein gewisses gesellschaftliches Bedürfnis adressieren, unterschiedliche Anknüpfungspunkte
zulassen und interessante Beiträge zulassen.
3. Die Formulierung der konkreten Fragestellung(en)
ist als eines der wichtigsten Designprinzipien einzuschätzen. Wie gestalte ich eine Aufgabe, dass diese verständlich, attraktiv und bearbeitbar ist? Fragestellungen sollten so formuliert sein, dass sie sich hinsichtlich
ihres Komplexitätslevels sichtbar unterscheiden.
4. Um die in Punkt 3 beschriebene Differenzierungen
zu realisieren eignen sich unterschiedliche technische
Toolkits. Angefangen bei der Möglichkeit des Kommentierens und Bewertens sollte aber auch über komplexere Mechanismen wie Konfiguratoren nachgedacht
werden, die dem „normalen Nutzer“ bei der Erstellung
von grafischem Material zur Hand gehen. Auch grafische Animationen und spielerische Elemente können
zu einem wertvollen Plattformerlebnis beitragen.
5. Die Auswahl der Funktionalität sollte maßgeblich auf
die Zielgruppe zugeschnitten werden. Relevante Gegensatzpaare sind: viele vs. wenige Teilnehmer, Quantität vs. Qualität, nationaler (kommunaler) vs. internationaler Fokus, Homogenität vs. Heterogenität.
6. Die Anreizstruktur ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor.
Essentiell ist ein ehrliches und transparentes Feedback, ein nachvollziehbares Umsetzungs- bzw. Implementierungsversprechen und letztlich, als Hygienefaktor, eine faire „Preispolitik“ für die Gewinner.
7. Im öffentlichen Sektor scheint eine sinnvolle Verknüpfung von Online- und Offlinewelten für den Plattformerfolg hilfreich zu sein. So können in Workshops
mit Experten, oder in Diskussionsrunden mit Politikern die Ideen von der Online Plattform weiterentwickelt und dann wieder in die Onlinewelt zurückgetragen werden.
8. Eine weitere Funktionalität beschreibt die prozessunterstützende Integration von externen Partnern,
wie Experten, Verwaltungsbeamten und nicht zuletzt
Politikern. Durch eine aktive Teilnahme sowie promi-
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nente Platzierung dieser Personen können motivationale Aspekte realisiert werden.
9. Die Dimension Evaluationsmöglichkeiten greift eine
nicht zu unterschätzende Strukturierungs- und Steuerungsfunktion auf. Durch eine differenzierte Evaluierungssystematik hinsichtlich Inhalten einerseits
und unterschiedlicher Rollen in der Community
(Teilnehmer, Experte, Community Manager und
Jurymitglied) andererseits, kann der Output weitgehend beeinflusst werde
10. Open Government Plattformen können und dürfen
nicht von der anschließenden Implementierungsanstrengung losgelöst betrachtet werden. Vielmehr geht
es darum, bereits auf der Plattform den Prozess der
anschließenden Umsetzung anzukündigen und anschließend ehrlich und offen zu kommunizieren.
Fazit: In Zeiten von steigendem Systemmisstrauen, abnehmender Handlungsfähigkeit durch öffentliche Verschuldung, stetig sinkender Wahlbeteiligungen und
fehlendem Vertrauen in öffentliche Prozesse mag es an
der Zeit sein, über neue Formen der Arbeitsteilung auch
im öffentlichen Sektor nachzudenken. Insbesondere
wenn der Abbau von Personal im öffentlichen Dienst als
eine dominanten Strategie zur Haushaltsanierung praktiziert wird. Auch wenn die Nutzung derartiger Portale zur Integration von externen Meinungen, Ideen und
Informationen nicht nur im politischen, sondern auch
im administrativen Bereich zu Missbrauch und Datenschutzproblemen führen kann und die Revitalisierung
bürokratischen Kulturen besonders aufwendig ist, so
birgt die Abschottung vor diesen Entwicklungen und die
Nicht-Integration der Bürger auf lange Sicht das viel größere Risiko. Denn die Unzufriedenheit mit dem staatlichen System und das Gefühl des machtlosen verhaftet
sein vor verschlossenen organisationalen Türen und obskuren politischen Entscheidungen mag langfristig das
gesamte demokratische Gemeinwesen in Frage stellen,
wenn Ansprüche an eine moderne Regierung und Verwaltung nicht erfüllt werden und der Anschluss an die
Effizienz des privaten Sektors vollends verloren geht.
literatur
fachartikel
(1)
P iller, F. T., Walcher, D: Toolkits for idea competitions: a
novel method to integrate users in new product development, R&D Management, 36, 3, (2006).
(2)
F üller, J.; Hutter, K.; Faullant, R.: Why co-creation experience matters? Creative experience and its impact on
the quantity and quality of creative contributions, R&D
Management, Issue 41, 3, (2011).
(3)
ilgers, D. Ihl, C.: Citizensourcing: Applying the Concept
H
of Open Innovation to the Public Sector, he International
Journal of Public Participation, 4 (2010).
(4)
F üller, J.: Refining virtual co-creation from a consumer
perspective, California Management Review, 52, 2
(2010).
| 21
Giordano KOCH, M.A.
Leiter des Bereichs “Open
Government”,
HYVE Innovation Community GmbH, München
Email: giordano.koch@
hyve.de
Maximilian RAPP,
Dipl. Pol.
Projekt Manager Bereich
“Open Government”,
HYVE Innovation Community GmbH, München
Email: maximilian.rapp@
hyve.de
Jun. Prof. Dr. Dennis
HILGERS
Public Management
Universität Hamburg,
Email: dennis.hilgers@
wiso.uni-hamburg.de.
Dr. Johann FÜLLER
CEO HYVE AG
HYVE AG, München
Email: johann.fueller@
hyve.de
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fachartikel
Das Ende des
Maria-Theresianischen
Aktensystems
abstract
Gerhard Milletich
Während die Zentrale des Bundesministeriums für europäische und internationale Angelegenheiten (BMeiA) bereits seit 1996
den Elektronischen Akt (ELAK) verwendet - so den ersten Schritt weg von der Maria Theresianischen Kanzleiordnung schon
sehr früh setzte und damit wieder einmal Pionier für die österreichische Verwaltung war -, waren die Vertretungen im Ausland
bisher noch auf Aktenordner und Papier angewiesen. Daher suchte die IKT-Abteilung des BMeiA Anfang 2007 nach einer
Lösung, die im Vergleich zum ELAK benutzerfreundlicher und leistungsfähiger sein sollte. Die Lösung ist ein auf Sharepoint
basierendes und tief in Office integriertes Informationsmanagementsystem.
Als der IKT-Leiter des Außenministeriums, Gerhard
Milletich, am Sonntag den 22 Jänner 2006 den Zuschlag
für die Genehmigung zum IMS für die österreichischen
Vertretungen im Ausland genehmigte und dies dank
ELAK von zu Hause aus tat, versammelte er seine beiden Töchter um sich, um Ihnen zu erklären, dass er mit
dieser Genehmigung den Maria-Theresianischen Akt
abschafft.
Als er 10 Jahre davor den Zuschlag für den ELAK genehmigte, glaubte ihm auch niemand, dass er damit den
Papierakt abschaffen wird. Genau dieser ELAK, den das
Außenministerium bereits 1996 einführte und den es im
Mai 1997 bereits flächendeckend in der gesamten Zentrale des BMeiA gab, wurde dann sukzessive in einigen
Bundesländern und Kommunen, später an den meisten
Ministerien in Österreich, aber auch in Deutschland und
der Schweiz eingeführt. Waren anfangs selbst die IKT.Kollegen in anderen Ministerien noch sehr skeptisch
gegenüber diesen ELAK, so konnten die Benutzer des
BMeiA bald überzeugt werden, dass dieser ELAK gegenüber dem Papierakt viele Vorteile hat. Da dieser ELAK
sehr bald auch den damaligen Außenminister überzeugte, ließ er ihn sofort nachdem er Bundeskanzler wurde
im BKA einführen und hielt im Regierungsprogramm
2000 fest, dass alle Ministerien ELAK einführen müssen.
Dies führte dann relativ rasch zu ELAK im Bund.
In der IKT-Abteilung des BMeiA wurde dieser ELAK
immer als erster Schritt auf einem Weg zu einem System,
das sich nicht mehr an die auf die Zeit Maria Theresias zurück gehende Papierorganisation anlehnt, gesehen.
Bedauerlicherweise gab es aber beim ELAK kaum eine
Weiterentwicklung. Nicht zuletzt auch deshalb gab es
daher immer mehr Beschwerden, dass der ELAK zu benutzerunfreundlich ist. Dies führte auch dazu, dass viele
Benutzer das Mailsystem immer mehr als ELAK-Ersatz
verwenden. So gehen aber viele Informationen verloren.
Eine weitere Schwachstelle des ELAKs ist die komplizierte Suche. Hier sind die Benutzer von der Google-Suche
verwöhnt. Dies brachte Milletich auf die Idee, ein System
einzuführen, das ähnlich einfach wie Mail bzw. Google
ist. So beschloss das BMeiA für die Botschaften einen
Ersatz für das Aktensystem auszuschreiben, das diese
Eigenschaften besaß. Dem Projekt gab man den Name
ELISA (ELektronisches Informationsmanagement System im Außenministerium). Das Ergebnis dieser Ausschreibung war dann ein Informationsmanagementsystem, das über die Outlookoberfläche bedient wird, stark
in Office integriert ist und wo die Information in Sharepoint abgelegt wird. Der in der Vergangenheit sehr komplexe Aktenplan, der an jeder Vertretung anders war,
wurde durch 14 Kategorien abgelöst und damit nicht nur
wesentlich vereinfacht, sondern auch erstmalig für alle
Vertretungen vereinheitlicht. Eine benutzerfreundliche
Suche (ähnlich wie bei Google) sorgt dafür, dass jegliche
Information auch gefunden werden kann. Nicht zuletzt
dadurch kann auf viele Vorgaben der Maria Theresianischen Kanzleiordnung (erst 4 Jahre nachdem der ELAK
im BMeiA eingeführt wurde, wurde die Kanzleiordnung
in eine Büroordnung, die dann den ELAK „legalisierte“,
umgewandelt), die teilweise im ELAK noch immer Niederschlag findet und die letztendlich dafür geschaffen
wurden, damit im Nachhinein die Akten gefunden werden können, verzichtet werden. Unterstützt wird dieses
„information retrieval“ durch eine hochwertige OCRScannung, sodass auch in gescannten Dokumenten eine
Volltextsuche möglich ist.
fachartikel
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Abb. 1: Die Oberfläche von ELISA ähnelt sehr stark der Outlookoberfläche. Nicht zuletzt deshalb findet der Benutzer das System
leicht bedienbar und intuitiv.
Weit mehr als beispielsweise im ELAK, basiert das IMS
auf Parallelverarbeitung. Dadurch findet man mit sehr
einfachen Workflows das Auslangen, wodurch die Prozesse weiter verkürzt werden. Selbstverständlich sind
Office-Tools, wie MS-Word oder Excel, tief integriert,
sodass der Benutzer mittels entsprechender Vorlagen automatisch das „richtige Werkzeug“ öffnet. Das „look and
feel“ stellt sich für die Benutzer ähnlich wie bei Outlook
dar, wobei das System, die für die Dokumentation und
Nachvollziehbarkeit erforderlichen Maßnahmen, automatisch setzt.
Gerne nahmen Sie die Vorschläge zur Reorganisation
der Arbeitsabläufe an den einzelnen Botschaften an. So
konnten die Arbeitsabläufe wesentlich beschleunigt werden. Auch wurde durch ELISA die Qualität der Arbeit
erheblich gesteigert. Erstaunlich war dann aber doch,
dass einige Botschafter von sich aus gesagt haben, dass
man an ihrer Botschaft, bedingt durch ELISA, Personal
einsparen kann. Sehr begrüßt wird auch, dass die Benutzer über ein Citrixportal jederzeit und von überall,
wo Internet zur Verfügung steht, auf alle ihre Daten und
sämtliche Information zugreifen können.
Woche für Woche – mehr war aufgrund der sehr knappen Personalressourcen im BMeiA nicht möglich –
wurde von den Mitarbeitern der IKT-Abteilung an den
einzelnen Vertretungsbehörden eine neue Infrastruktur
mit aktueller Software und diesem Informationsmanagementsystem ausgerollt. Die Gesamtkosten (inkl.
aller Hardware, Softwarelizenzen, Wartung, Helpdesk,
Dienstleistungen) für dieses Projekt beliefen sich aufgeteilt auf 5 Jahre auf € 6 Millionen. Davon entfallen 0,6
Mio. auf das eigentliche IMS.
Da das System auf Standardsoftware basiert, ist gewährleistet, dass nicht nur diese permanent weiterentwickelt und den
neuen Gegebenheiten angepasst wird, sondern die IKT-Abteilung des BMeiA ist sehr bemüht das System selber an neue
Herausforderungen, z.B. neue mobile Devices, anzupassen.
Insgesamt ist dem BMeiA mit diesem System ein großer
Schritt gelungen, der den Benutzern wesentliche Erleichterung bringt und von diesen auch bestens angenommen
wurde. ELISA ist erneut ein Beweis dafür, dass auch die
öffentliche Verwaltung modern denkt und so durchaus
mit der Privatwirtschaft mithalten kann. Mit ELISA hat
die IKT-Abteilung des BMeiA sich erneut als innovativer
und auch effizienter Impulsgeber für eine moderne Verwaltung gezeigt.
Es war nicht überraschend, dass die Benutzer, trotz der zahlreichen Änderungen, die dieses System auch bei den Prozessen für sie brachte, sehr schnell von ELISA begeistert waren.
Mag. Gerhard
MILLETICH
CIO und Leiter der IKTAbteilung im Bundesministerium für europäische
und internationale
Angelegenheiten
gerhard.milletich@
bmeia.gv.at
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fachartikel
E-Government-Umsetzung
in Österreichischen
Städten und Gemeinden –
eine Momentaufnahme 2011
abstract
Ronald Sallmann I Thomas Tropper
Zehn Jahre E-Government lassen im kommunalen Kontext eine klare Entwicklung erkennen: Ursprünglich am Reißbrett der Experten konzipierte Ideen und Werkzeuge finden verstärkt praktische Umsetzung. So gehören beispielsweise
Styleguide-konforme E-Formulare oder ein barrierefreier Internetauftritt zum „state-of-the-art einer kommunalen
IT-Landschaft. Diese und andere Tendenzen werden durch die Ergebnisse von laufenden empirischen Erhebungen
verdeutlicht, welche in den letzten Jahren für den Österreichischen Städtebund durchgeführt wurden.
Um hinsichtlich zukünftiger Entwicklungen bedarfsgerecht und vorausschauend planen zu können, erfuhr die
zuvor erwähnte E-Government-Umfragereihe im Jahr
2011 eine Neuauflage. Die aktuelle Erhebung wurde vor
dem Hintergrund der Leitinitiative „E-GovernmentReferenzstädte“ für den Österreichischen Städtebund
durchgeführt und deckte das gesamte Spektrum eines
durchgängigen kommunalen E Governments ab. Beginnend beim Kommunalen Webauftritt über E-Formulare,
das digitale Eingangspostmanagement, elektronische
Aktenverwaltung im Backoffice bis hin zur elektronischen E-Abfertigung ab. Auf Basis der schon in den Vorjahren durchgeführten Erhebungen waren nun Zeitreihenvergleiche möglich und Trends erkennbar. Komplett
neue Themenfelder, wie beispielsweise Open Government/Data oder die in den letzten Jahren sehr populär
gewordenen Sozialen Netzwerke runden das Bild von EGovernment in den Städten und Gemeinden ab.
Österreichische Kommunen im World Wide Web (WWW).
Schon 2008 lieferten die Ergebnisse im Bereich Internet-Nutzung eine eindeutige Aussage: Jede Kommune
hatte in der Zwischenzeit eine eigene Internetadresse,
Webauftritte zählten zum Standard. Heute werden bereits mehr als 87 % der Webauftritte mit einem Content
Management System gewartet, fast alle unterstützen eine
barrierefreie Darstellung der Webinhalte. Das große und
mittlerweile sehr konkurrenzfähige Angebot aus dem
Open Source Bereich hat zur Folge, dass gerade beim
Webdesign auch stark auf Open Source Lösungen zurückgegriffen wird.
Trends im Bereich der E-Formulare. Auch im Bereich der
E-Formulare ist ein eindeutiger Trend erkennbar. In
Summe ist das Angebot an On- und Offline-Formularen
seit 2001 – nicht zuletzt auch dank des interkommunalen Formularservices „amtsweg.gv.at“, der mittlerweile
einen faktischen Formularstandard in den Kommunen
darstellt, stark gestiegen. Fast jede Gemeinde bietet
Offline-Formulare an, insgesamt nutzen auch schon
drei Viertel der Gemeinden intelligente Online-Formulare (siehe Abbildung). Gesamt sind 40 % auch mit der
Bürgerkarte signierbar. Derzeit werden jedoch nur 28%
der Formulardaten automatisch in Applikationen übernommen In der Regel ist auch noch der Eingriff eines
Bediensteten erforderlich, um eine Übernahme der Formulardaten zu bewerkstelligen.
Benutzerregistrierung und Bürgerkarte. Aktuell müssen
sich Verwaltungskunden bei 30 % der befragten Gemeinden für elektronische Anträge/Verfahrungsabwicklungen registrieren. Auch hier sind – wenn auch
von einer niedrigen Ausgangsbasis aus – deutliche Steigerungen zu verzeichnen. In der Praxis handelt es sich
jedoch in den seltensten Fällen um eigene Portale der
Gemeinden, sondern um Serviceangebote kommunaler
IT-Dienstleister, die den Gemeinden zur Verfügung gestellt werden.
Klar ersichtlich ist auch, dass im Rahmen der Benutzerregistrierung ein deutlicher Trend in Richtung Nutzung
der Bürgerkartenfunktion geht. Alternativ dazu wird jedoch nach wie vor eine einfache Registrierung mittels
Benutzername/Passwort angeboten. Im Bereich der internen Nutzung wird bereits in fast 50 % der Fälle die
Mobile Signatur für authentifizierungskritische Anwendungen verwendet, ein Viertel der Gemeinden setzt auf
eine eigene A Trust-Karte.
fachartikel
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Abb. 1: Benutzerregistrierung
Abb. 2: Elektronische Formulare
Back-Office–Anwendungen. Im Vergleich dazu zeigt der
nur von 26 % der befragten Gemeinden angeboten. Interessant ist, dass allerdings 57 % der Gemeinden Interesse
daran haben, digitale Bürgerbeteiligungsmöglichkeiten
einzusetzen.
Knapp mehr als die Hälfte der untersuchten Gemeinden
hat den Einsatz der Amtssignatur geplant, die gesetzlichen Erfordernisse dazu – nämlich die Verpflichtung,
diese seit 1.1.2011 unter bestimmten Bedingungen einsetzen zu müssen, sind bekannt. Es ist außerdem sehr hohes Interesse vorhanden, elektronische Übermittlungsformen zu nutzen (97 %), die „Duale Zustellung“ ist für
81% ein Thema. Ebenso von Interesse ist die Einrichtung
eines elektronischen Postfaches (83 %), um auch elektronisch empfangen zu können bzw. Schreiben behördenübergreifend elektronisch zu übermitteln (98%).
Social Media, Open Government Data. Mit Beginn der brei-
ten Nutzung von Facebook und der VZ-Netzwerke – in
Österreich seit ca. 2006/07 haben Social Media auch vor
der kommunalen Verwaltung nicht Halt gemacht. Derzeit wird Facebook in Österreich von ca. 2,6 Millionen
NutzerInnen verwendet(1) und hat eine Marktdurchdringung von 32 % (2,3) Österreich liegt damit im weltweiten
Durchschnitt. Social Media sind für Gemeinden ein
Thema: 43 % verwenden bereits diese neuen Kanäle. Als
beliebte Werkzeuge werden vor allem Soziale Netzwerke
(32 %), Wikis (17 %), RSS-Feeds (15 %), Media-Sharing
(15 %) und Geo-Dienste (13 %)genutzt. Die beliebtesten
Medien sind Facebook (41 %), Youtube (21 %) und twitter (13 %). Nachrangige Bedeutung spielen das BusinessNetzwerk Xing (10 %) und Wikipedia (10 %).
Immerhin 64 % der Gemeinden gaben an Daten, die
nicht schutzwürdig sind, frei zur Verfügung zu stellen.
Online-Bürgerbeteiligungsmöglichkeiten werden aktuell
Fazit. Die Ergebnisse der aktuellen E-Government-Umfrage weisen in vielen Bereichen eindeutige Trends auf.
Vor allem die Zeitreihen streichen klare Entwicklungen
hervor: Durch die österreichschen Quasi-Standards
(Empfehlungen der Plattform Digitales Österreich)
und interkommunale Anstrengungen in den Bereichen
Internet und E-Formulare sind die Österreichischen
Kommunen hier bereits sehr gut ausgestattet. Auch das
Bewusstsein für die Verwendung der Bürgerkarte steigt
zusehends an – mit der mobilen Signatur ist nun schließlich ein Service vorhanden, welcher auch tatsächlich verstärkt eingesetzt wird. Lücken sind derzeit besonders in
internen Bereichen vorhanden, hier vor allem betreffend
die Datenübernahme zwischen den Applikationen. Social Media wird sehr stark als neue Kommunikationsmöglichkeit wahrgenommen. Die Ergebnisse zeigen aber
auch, dass - im Vergleich zu der tatsächlichen Nutzung
von Social Media in Österreich - der Einsatz im kommunalen Bereich derzeit noch unterrepräsentiert ist.
literatur
Bereich der digitalen Back-Office-Anwendungen heterogenere Ergebnisse: Aktuell verwenden schon 57 % der
befragten Gemeinden eine Form von elektronischem
Aktenmanagement. Digitale Posteingangssysteme sind
bei 32 % der untersuchten Gemeinden im Einsatz. Bei
beachtlichen 80 % werden jedoch bereits Eingangsdokumente elektronisch erfasst und E-Mails inklusive Daten
übernommen.
(1)
V gl. Socialbakers.com, URL: http://www.socialbakers.com/
facebook-statistics/ [2011-12-01].
(2)
Ebenda.
(3)
Gemessen an der Gesamtbevölkerung.
| 25
Dr. Ronald
SALLMANN
Geschäftsführer
PuMa - Public
Management Consulting,
sallmann@publicmanagement.at
Mag. (FH) Thomas
TROPPER
Projektleiter im Bereich
Social Media und Web
PuMa - Public
Management Consulting,
tropper@publicmanagement.at
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fachartikel
Potenzielle Einsatzbereiche des
nPA in Kommunen
abstract
Jürgen Scherer I Katrin Fäcks
Der neue Personalausweis (nPA) ist in Deutschland am 01.11.2010 eingeführt worden mit den primären Zielen, Bürgern und
Anbietern von Online-Diensten (Rechts-)Sicherheit bei Internet-Geschäften zu ermöglichen und die Umsetzung des eGovernment
voranzutreiben. Hierfür ist der nPA mit einer elektronischen Identitäts-Funktion ausgestattet. Der nPA bietet zudem die Möglichkeit, eine qualifizierte elektronische Signatur nachzuladen. Bisher wurden die Einsatzmöglichkeiten des nPA innerhalb der
öffentlichen Verwaltung noch nicht beachtet.
Im Rahmen eines Forschungsprojektes hat der Lehrstuhl
für BWL und Wirtschaftsinformatik der Universität Würzburg mögliche Einsatzfelder des nPA für die Prozesse in
Kommunen untersucht (1). Fokussiert wurde dabei, dass
die Behördenmitarbeiter ihren persönlichen nPA auch
für dienstliche Zwecke nutzen. Unter der Annahme, dass
die volle Funktionsfähigkeit des nPA gegeben ist, erfolgte zunächst eine Analyse der Prozesse, in denen er zum
Einsatz kommen kann. Anschließend wurde evaluiert,
welche Verbesserungspotenziale mit dem Einsatz des nPA
realisiert werden könnten und welche Lösungsalternativen bestehen. Die Ergebnisse der Studie basieren auf einer
Untersuchung technischer Grundlagen, einer Analyse der
Anforderungen in den Kommunen sowie einer Befragung
von ausgewählten bayerischen Kommunalbehörden.
Herausforderungen. Die Notwendigkeit höherer (interner)
IT-Sicherheit, eines verbesserten Datenschutzes und effizienterer sowie vor allem medienbruchfreier Prozessabläufe
führen zu zusätzlichen Anforderungen in den Kommunen. Deren Erfüllung erfordert den Einsatz von Informationstechnologien, die effizient und kostengünstig genutzt
werden können. Eine Entwicklung von individuellen Lösungen für die einzelnen Kommunen ist dafür sicher nicht
zielführend. Erforderlich wäre vielmehr eine standardisierte Anwendung, die in allen Kommunen eingesetzt werden
könnte. Im Rahmen des Projektes wurde daher geprüft,
inwieweit und für welche Anwendungsbereiche die elektronischen Funktionen des nPA geeignet sind.
elektronische Signatur (QES) erlaubt das rechtssichere Unterschreiben von Verträgen oder anderweitigen elektronischen Dokumenten im Internet (1).
Eignung. Die elektronische Identitätsfeststellung und
das rechtssichere Signieren elektronischer Dokumente
sind Funktionen, die auch innerhalb von Kommunen
in vielen Bereichen notwendig sind, um die vorhandenen Abläufe effizient und medienbruchfrei zu gestalten.
Auch die IT-Sicherheit und der Datenschutz können
dadurch verbessert oder überhaupt erst ermöglicht werden. Der nPA ist auf den ersten Blick folglich attraktiv,
weil damit für die Kommunen viele aufwändige Schritte
hinsichtlich der Einführung und Nutzung anderer elektronischer Identitätsnachweise entfallen. So werden z.
B. die Identifikation des Antragstellers und die Ausgabe des Ausweises ganz einfach von den Meldebehörden
vorgenommen. Die Produktion und das Aufbringen der
Daten erfolgen bei der Bundesdruckerei, das Sperrmanagement wird von einer Bundesbehörde durchgeführt.
Dies sind Aufgabenstellungen, die Kommunen bei alternativen Identitätsnachweisen selbst organisieren
müssen. Zudem kann auf den nPA die QES bequem und
online auf den Ausweis aufgebracht werden. Bei alternativen Ansätzen sind hier in der Regel eine eigene Chipkarte und ein aufwändiger Registrierungsvorgang nötig.
Ein weiteres wesentliches Argument ist, dass spätestens
zehn Jahre nach der Einführung nahezu alle deutschen
Bürger (und somit auch die Kommunenmitarbeiter) mit
dieser Karte ausgestattet sind (3).
Funktionsumfang. Der nPA hat nicht nur die Aufgabe, als
Sichtausweis die Identitätsfeststellung seines Inhabers zu
ermöglichen, sondern ist zudem mit zwei elektronischen
Funktionen ausgestattet. Mittels der elektronischen Identitäts (eID)-Funktion ist es möglich, die Identitätsfeststellung auch via Internet durchzuführen (2). Die (voraussichtlich im ersten Quartal 2012) nachladbare qualifizierte
Einsatzmöglichkeiten. Der nPA lässt sich in ganz verschie-
denen Bereichen einsetzen, welche nach den beiden Funktionalitäten eID-Funktion und QES unterschieden werden.
Da der nPA mit einem kontaktlosen Chip ausgestattet ist,
würde sich die eID-Funktion für schnell ablaufende Vorgänge wie Zeiterfassung, Zutrittskontrolle und Bezahlung
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fachartikel
eID
QES
Abruf Gehaltsnachweis usw.
Elektronisches Abfallnachweisverfahren (eANV)
Bezahlung in der Kantine und an Verpflegungsautomaten
Elektronischer Anordungs-Signatur-Workflow
Drucken vertraulicher Dokumente (Follow-me-Printing)
Elektronisches Personenstandsregister (ePR)
Sichere Anmeldung am PC
Elektronische Vergabe
Single-Sign-On (SSO)
Interne Antragstellung
| 27
Zeiterfassung
Zutriffskontrolle
Abb. 1: Einsatzbereich des nPA hinsichtlich seiner Funktion
Mit der QES lassen sich im Wesentlichen Kernprozesse
unterstützen, wie etwa das elektronische Abfallnachweisverfahren, das zukünftige elektronische Personenstandsregister oder auch der elektronische Anordnungs-SignaturWorkflow. Bei Letzterem ist es möglich, sämtliche Schritte
vom Rechnungseingang bis zur Auszahlung vollkommen
elektronisch durchzuführen. Vor allem bei diesem Anwendungsfall ergeben sich enorme zeitliche Einsparungen, da
der sehr zeitaufwändige Postweg (nach Rechnungseingang) komplett entfällt. Tabelle 1 zeigt eine Übersicht der
identifizierten Einsatzbereiche für die eID-Funktion sowie
für die QES. Für alle aufgeführten Anwendungsbereiche
gibt es zwar bereits elektronische Lösungsmöglichkeiten,
die aber bislang nicht auf einem einzigen Medium vereint
sind. In der Regel sind in den Kommunen lediglich für
Teilbereiche Insellösungen vorhanden (1).
Hindernisse. Die identifizierten Anwendungsbereiche bieten erhebliche Einsparpotenziale, allerdings ist die Verwendung des nPA trotz seiner Funktionalität in der jetzt
realisierten Form nicht praktikabel. Zur Nutzung der eIDFunktion ist stets die Eingabe der PIN erforderlich, was
beispielsweise bei der Zeiterfassung ausgesprochen hinderlich ist. Ferner gibt es für den nPA keine geeignete Hardund Software in den oben genannten Bereichen, da er keine bisher im Einsatz befindlichen Standards unterstützt.
Seitens der Mitarbeiter bestehen zudem Vorbehalte, den
Ausweis auch in der Behörde einzusetzen. Die Verwendung der QES für dienstliche Zwecke scheitert daran, dass
die Dienststellenbezeichnung im Zertifikat aufgenommen
werden muss, um den Unterzeichner als Behördenmitarbeiter auszuweisen. Dies wiederum verhindert eine private
Nutzung der Signatur. Hier wäre allenfalls eine umständliche Umgehungslösung vorstellbar. Eine weitere Schwierigkeit besteht darin, dass der nPA als Ausweisdokument
ausschließlich für deutsche Bürger ausgestellt wird. Nichtdeutsche Mitarbeiter (aus EU-Ländern) müssten mit einem anderen Trägermedium ausgestattet werden, was einer Etablierung von Standardtechnologien und -abläufen
entgegensteht und somit Ineffizienzen birgt.
Die Ergebnisse der Befragung ausgewählter bayerischer
Kommunalbehörden hat die Bedeutung der Anwendungsbereiche, aber auch die beschriebenen Hindernisse bestätigt. Der nPA kann in seiner jetzigen Form nicht für die
genannten Einsatzbereiche verwendet werden (1).
Fazit. Es ist wichtig und notwendig, dass sich die Kommunen den wachsenden Herausforderungen unter Einsatz
geeigneter Technologien stellen. Im Rahmen der Studie
wurde deutlich, dass der nPA mit seinem bestehenden
Funktionsumfang hierfür nicht die zu präferierende Lösung ist. Um die gewünschten Verbesserungen zu erreichen, müssen daher andere technische Lösungen eingesetzt werden. Insbesondere die geringe Verbreitung der
QES erzwingt bei der derzeitigen Rechtslage häufig noch
papierbasierte Vorgänge. Eine flächendeckende Nutzung
der QES ist aber nach wie vor nicht zu erwarten. Daher
wäre es geboten, innerhalb (und außerhalb) von Kommunen das Schriftformerfordernis in vielen Bereichen zu
überdenken und Alternativen zuzulassen.
literatur
in der Kantine eignen. Auch die sichere Anmeldung am
PC (Zwei-Faktor-Authentisierung durch Karte und PIN)
ließe sich realisieren und könnte damit die vergleichsweise
unsichere Verwendung von Benutzername und Passwort
ersetzen. Datenabrufe, die eine starke Authentisierung erfordern, wie z. B. bei Gehaltsnachweisen, könnten ebenfalls durchgeführt werden.
(1)
T home, Rainer; Scherer, Jürgen. Einsatzbereiche
für elektronische Signaturen, multifunktionale Chipkarten und den neuen Personalausweis. November
2011. Noch unveröffent-lichter Forschungsbericht.
(2)
ww.personalausweisportal.de [Online] [Zitat vom:
w
11. November 2011.] http://www.personalausweisportal.de.
(3)
er Personalausweis. Anwenderhandbuch für
D
Wirtschaft und Verwaltung [Online] [Zitat vom:
11. November 2011.] http://www.ccepa.de/
documents/10136/9816321f-da40-4bde-8acb9e141e500ec7
Dipl.-Vw.
Jürgen SCHERER M.A.
Universität Würzburg,
Lehrstuhl Prof. Dr. Thome
(BWL und Wirtschaftsinformatik);
jScherer@wiinf.uniwuerzburg.de
Dipl.-Kff. Katrin FÄCKS
Universität Würzburg,
Lehrstuhl Prof. Dr. Thome
(BWL und Wirtschaftsinformatik);
kFaecks@wiinf.uniwuerzburg.de
28 |
eGovernment Review | www.egovernment-review.org | Nr. 9 | Januar 2012
fachartikel
Innovatives E-Government durch
die Verzahnung von Fachseite und IT
abstract
Andreas Gehlert I Jan-Ole Beyer
Die zunehmende Verbreitung von IT in der Gesellschaft motiviert Verwaltungen dazu, ihre Dienstleistungen digital
anzubieten. Das gelingt bei gleichbleibendem Budget nur, wenn Fach- und IT-Seite Hand in Hand ihre Anforderungen
und IT-Lösungen harmonisieren und konsolidieren. Dieser Beitrag macht einen Vorschlag, wie auf Basis von
Anforderungen, die sowohl von der Fachseite als auch von der IT-Seite verstanden werden, die Abstimmung
beider Seiten verbessert werden kann.
Einleitung und Motivation. Die zunehmende Dienstleis-
tungsorientierung in Deutschland und Europa stellt
Verwaltungen vor die Herausforderung, ihre Verwaltungsprozesse nicht nur zu digitalisieren, sondern auch
medienbruchfrei zu gestalten.(1)
Dabei wird es immer wichtiger, dass Fachabteilungen
und IT Hand in Hand IT-Lösungen erarbeiten, die die
Arbeit der Fachabteilungen effizient, flexibel und anforderungsgerecht unterstützen und damit letztendlich das
Angebot der Verwaltung an die Bürgerinnen und Bürger
und an die Wirtschaft verbessern. Um die IT insgesamt
effizienter zu gestalten und Kosten zu senken, ist es unumgänglich, auch die einzelnen IT-Lösungen effizienter
zu entwickeln. Ein wichtiger Schritt ist dabei, bereits existierende IT-Lösungen stärker als bislang wiederzuverwenden. Eine rein IT-getriebene Konsolidierung reicht
dafür nicht aus. Vielmehr müssen auch die fachlichen
Anforderungen und Prozesse harmonisiert werden, sodass die durch die Konsolidierung effizienter gewordenen
IT-Infrastrukturen auch von solcher fachlichen Software
genutzt werden können, die in vielen Anwendungsfällen
verwendbar ist.
Die Zusammenarbeit von Fachseite und IT setzt voraus,
dass sowohl IT-Landschaften als auch Verwaltungsprozesse strukturiert dokumentiert werden. Für die Strukturierung der Verwaltungsprozesse werden üblicherweise
Prozessmodellierungstechniken der Industrie eingesetzt.
So werden beispielsweise in verschiedenen Ressorts der
Bundesverwaltung Ereignisgesteuerte Prozessketten
(EPK) zur Dokumentation und Verbesserung von Prozessen verwendet.(2)
Obwohl in zahlreichen Verwaltungen bereits umfangreiche Erfahrungen zur Prozessmodellierung vorliegen
und erste Ergebnisse im Sinne einer Verbesserung bestehender Prozesse und Organisationen sichtbar werden,
besteht große Unsicherheit darüber, wie diese Prozesse
systematisch in IT „übersetzt“ werden können.
Im Folgenden wird eine pragmatische Methode zur
Transformation von Prozessen in IT-Lösungen skizziert.
Diese Methode wurde vom Bundesministerium des Innern entwickelt und wird derzeit in Praxis- und Forschungsprojekten schrittweise evaluiert und weiterentwickelt.(3) Die Stärke der vorgeschlagenen Methode ist,
dass sie weder an ein Werkzeug noch an eine Prozessmodellierungssprache gebunden ist und damit sehr flexibel
eingesetzt werden kann.(4)
Anforderungen als Schnittstelle zwischen Fachseite und IT.
Die Grundidee der Methode ist es, aus Prozessen systematisch diejenigen Anforderungen zu gewinnen und zu
bündeln, die künftig durch IT unterstützt werden müssen. Die vorgeschlagene Methode setzt einen in einer
beliebigen Notation dokumentierten Verwaltungsprozess
voraus. Als einzige Voraussetzung muss die eingesetzte
Notation die Modellierung von Aktivitäten bzw. Prozessschritten erlauben. Diese Voraussetzung wird von jeder
derzeit im Einsatz befindlichen Prozessnotation erfüllt (5).
Die methodischen Grundzüge sind in Abbildung 1
skizziert. Im ersten Schritt werden die Anforderungen
bestimmt. Dazu werden diejenigen Aktivitäten des Verwaltungsprozesses „herausgefiltert“, die automatisiert
werden sollen. Dieser Schritt dient dazu, Aktivitäten,
die auch künftig von Hand durchgeführt werden sollen
oder müssen, von der weiteren Analyse auszuklammern.
Danach werden die nicht im Prozess modellierten zusätzlichen Anforderungen bestimmt. Dazu zählen un-
Abb. 1: Grundzüge der Methode zur Ableitung von Anforderungen aus
Geschäftsprozessen
ter anderem Qualitätsanforderungen wie beispielsweise
Mengengerüste, Performance- und Sicherheitsvorgaben,
aber auch IT-spezifische Aktivitäten wie die Authentifizierung am System.
Nun liegt eine Menge von Anforderungen vor, die im
Schritt 2 zu Anforderungsbündeln zusammengefasst
werden. Diese Zusammenfassung geschieht in zwei
Schritten: Zuerst werden feingranulare Aktivitäten des
Prozesses zu Anforderungen zusammengefasst, um so
ein einheitliches Abstraktionsniveau zu erreichen. Im
zweiten Schritt wird der Verwaltungsprozess so unterteilt, dass die einzelnen Prozess-„Stränge“ möglichst
unabhängig voneinander sind. Die Anforderungen, die
zu diesen Prozess-„Strängen“ gehören, werden dann zu
Anforderungsbündeln zusammengefasst. Durch die Realisierung dieser fachlich zusammengehörenden Anforderungsbündel entstehen in sich abgeschlossene IT-Lösungen, die relativ leicht wiederverwendet werden können.
Gleichzeitig wird die Entwicklung monolithischer ITSysteme verhindert.
Im letzten Schritt der Methode werden die entstandenen
Anforderungsbündel mit einem bestehenden Anforderungskatalog abgeglichen. In diesem Schritt ist auch zu
erwägen, ob Anforderungen und damit Prozesse an bereits bestehende IT-Lösungen sinnvoll angepasst werden
können. Das fördert den Grad der Wiederverwendung
(Vorteile im IT-Betrieb), trägt zur Harmonisierung der
Prozesse bei (Vorteile bei der Organisationsentwicklung)
und bringt möglicherweise innovative Anforderungen in
das Projekt ein, die bisher übersehen wurden (Vorteile
für das konkrete Projekt).
An diesem Ableitungsprozess müssen sowohl Fach- als
auch IT-Expertinnen und -Experten mitarbeiten: So kann
über die Automatisierung und die zusätzlichen Anforderungen nur die Fachseite entscheiden; die Bündelung
der Anforderungen und der Abgleich mit dem Anforderungskatalog hingegen liegt in der Verantwortung der ITExpertinnen und Experten. Dabei wird sich die IT-Seite
bei beiden sehr anspruchsvollen Aufgaben immer wieder
mit der Fachseite beraten, damit die erarbeiteten Anforderungen zu den fachlichen Bedürfnissen passen.
eGovernment Review | www.egovernment-review.org | Nr. 9 | Januar 2012
| 29
Zusammenfassung und Ausblick. Durch die Zusammenarbeit zwischen Fachseite und IT können innovative IT-Lösungen entstehen, die sowohl einen hohen Bürgernutzen
haben als auch effizient entwickelt werden können. Diese
Zusammenarbeit erfordert jedoch eine gute Kommunikation zwischen beiden Seiten in einer gemeinsamen
Sprache. Die hier vorgestellte Methode stellt eine solche
Sprache bereit. Dabei haben unsere „Pilot-Anwendungen“ in der Praxis gezeigt, dass die Methode sowohl für
die Fachseite wie für die IT nützlich ist. Damit leistet die
Methode einen wichtigen Beitrag dafür, dass die Bundesverwaltung auch in Zukunft innovative E-GovernmentDienstleistungen bei gleichbleibenden Budgets anbieten
kann.
Vor allem in den Bereichen der Anforderungsbündelung
und beim Abgleich mit dem Anforderungskatalog gibt
es in der Methode noch große Freiräume. Diese Freiräume müssen von den Akteuren ausgestaltet werden. Das
schränkt die Methode bei ihrer Anwendung einerseits
nur wenig ein; andererseits entstehen durch die Freiräume unter Umständen unerwünschte Inkonsistenzen,
die dem Ziel der Wiederverwendung zuwiderlaufen. Die
weitere Ausarbeitung der Methode liegt daher nahe. Das
Bundesministerium des Innern arbeitet dazu mit der
Universität Augsburg und der Technischen Universität
München zusammen, die die Methode um weitere Bausteine ergänzen und somit präzisieren. Weiterhin werden
die Erkenntnisse beim Praxiseinsatz der Methode schrittweise für deren Weiterentwicklung genutzt.
literatur
fachartikel
(1)
ommunication from the Commission to the European
C
Parliament, the Council, the European Economic and
Social Committee and the Committee of Regions:
Towards interoperability for European public services,
2010
(2)
http://www.cio.bund.de/prozessmodellierung
(3)
http://www.rahmenarchitektur.de
(4)
ominik Birkmeier, Sabine Buckl, Andreas Gehlert,
D
Florian Matthes, Christian Neubert, Sven Overhage,
Sascha Roth, Christian M. Schweda, Klaus Turowski:
The Role of Services in Governmental Enterprise
Architectures – The Case of the German Federal
Government. In: Pallab Saha: Enterprise Architecture
for Connected E-Government: Practices and Innovations, zur Publikation angenommen.
(5)
P atig, S., & Casanova-Brito, V. (2011). Requirements
of Process Modeling Languages – Results from an
Empirical Investigation. In: 10. Internationale Tagung
Wirtschaftsinformatik (WI 2011), Zürich.
Dr. Andreas GEHLERT
Referent im Bundesministerium des Innern,
Referat IT 2: IT-Steuerung
Bund; Geschäftsstellen ITRat/IT-Steuerungsgruppe;
IT-Investitionsprogramm
andreas.gehlert@bmi.
bund.de
Dipl.-Inf. Jan-Ole BEYER
Referent im Bundesministerium des Innern,
Referat IT 2: IT-Steuerung
Bund; Geschäftsstellen ITRat/IT-Steuerungsgruppe;
IT-Investitionsprogramm
JanOle.Beyer@bmi.
bund.de
30 |
eGovernment Review | www.egovernment-review.org | Nr. 9 | Januar 2012
fachartikel
eCampus Services & Infrastrukturen für elektonische
Campusverwaltung mit verbesserter
Sicherheit auf Basis von eGovernmentStandards und Komponenten
abstract
H.Strack I N. Brehm I N. Scheithauer I M. Henning I H. Werner I P. Kußmann
Die Elektronisierung von Fachverfahren erfährt in der allgem. Verwaltung, gerade aber auch im Bereich bildungsnaher
Institutionen wie den Hochschulen, einen immer höheren Stellenwert. Insbes. das Vermeiden von Medienbrüchen
und der Einsatz innovativer eGovernment- und Sicherheitskomponenten eröffnet dabei die Möglichkeit, Prozesse auf
operativer wie finanzieller Ebene effizienter und gleichzeitig rechtsverbindlich und gesichert umsetzen zu können.
Im Rahmen des F&E-Projektes « eCampus – Services & Infrastrukturen »1 werden in diesem Zusammenhang
ausgewählte Verfahrenselektronisierungen für hochschulbezogene sensitive Verwaltungsprozesse untersucht
und auf Basis verfügbarer eGovernment-Standards und Komponenten umgesetzt (OSCI, PKI, nPA).
1 Anforderungen, Infrastrukturen und Standards
Prof. Dr. Hermann
STRACK
hstrack@hs-harz.de,
Hochschule Harz,
Friedrichstr. 57-59,
38855 Wernigerode
Im Rahmen des Projekts „eCampus-Services & -Infrastrukturen“ für gesicherte und verbindliche vollelektronische Hochschulverwaltungen sollen ausgewählte
Verfahrenselektronisierungen für Verwaltungsprozesse
an Hochschulen untersucht und auf Basis verfügbarer
eGovernment-Standards (wie OSCI, PKI LSA, akkred.
nach Signaturgesetz SigG) und Komponenten umgesetzt
werden. Durch Einsatz von innovativen eGovernmentund Sicherheitskomponenten soll dabei gewährleistet
werden, dass sensitive Kommunikations- und Datenmanagement-Anteile in den ausgewählten Szenarien nach
Standards nachweisbar abgesichert, datenschutzkonform
umgesetzt und elektronische Dokumente rechtsverbindlich elektronisch signiert und zugestellt werden können(1).
2 Sicherheitsarchitekturen und Komponenten
2.1 eGovernment-Komponenten und –Infrastrukturen (OSCI,
PKI). Kern der Infrastruktur ist das OSCI-Protokoll mit
Dr. Nico BREHM
nbrehm@hs-harz.de,
Hochschule Harz
PKI-Einsatz(2), OSCI steht abkürzend für „Online Service Computer Interface“. Das Protokoll ist ein etablierter
eGovernment-Standard in Deutschland und ist in sehr
großen, mittleren bis kleinen Anwendungen in Verwaltungen und Wirtschaft im Einsatz (auch z.B. im Meldewesen) und ermöglicht die abgesicherte und rechtsver-
bindliche (nachweisbare) Zustellung von Nachrichten
mit Anhängen auf SOAPBasis (Prinzip des doppelten
Umschlages mit Verschlüsselung für Inhalts- und Transportdaten) zwischen den Teilnehmern. So bildet OSCI
ein Analogon für „Einschreiben mit Rückschein“ elektronisch ab, in dem nachweisbare Zustellungen durch das
Erzeugen von sogenannten Laufzetteln (signiert durch
den OSCI-Intermediär/Server) für jeden OSCINachrichtenaustausch durchgeführt werden (prüfbar durch
Sender und Empfänger). Durch OSCI wird sichergestellt, dass Vertraulichkeit (Ende-zu-Ende), Integrität
und Authentizität personenbezogener Daten bei der
Übertragung - z.B. zwischen Ämtern und Bürgern - über
unsichere Netze, wie dem Internet, gewährleistet werden
können. Daher wird OSCI auch entsprechend von der
Konferenz der Datenschutzbeauftragten von Bund und
Ländern empfohlen(3). OSCI unterstützt die Integration
verschiedener Fachverfahren inklusive PKI/Signaturen.
Mit OSCI 2.0 ist inzwischen eine nach Secure Web Service Standards orientierte OSCI-Version verfügbar (SOAund Security-Orientierung).
2.2 nPA-Integration. Der neue Personalausweis bietet neben Funktionen für hoheitliche Aufgaben noch zwei weitere neue elektronische Funktionen für das eGovernment.
Zum einen ermöglicht der nPa die Funktion eines daten-
fachartikel
eGovernment Review | www.egovernment-review.org | Nr. 9 | Januar 2012
| 31
schutzkonformen elektronischen Identitätsnachweises
(eID) im Web und zum anderen die einer qualifizierten
Signatur. Die neuen Funktionen bieten Möglichkeiten
des Einsatzes innerhalb des Projektes e-Campus (z.B.
Prüfungsanmeldung oder datenschutzkonforme Konvertierung für namens-bezogene bzw. matrikelnr-bezogene
Bewertungen auf nPA-Pseudonymbasis).
Architekturansätze aufzeigen, mit denen sich die Integration von zusätzlichen (OSCI-) Sicherheitsfunktionen und
-techniken in webbasierte Hochschulinformationssysteme bewerkstelligen lässt:
• Access-Architektur (für Papierersatz und mögliche
manuelle Datensatz-Zustellungen)
• Shell-Architektur (Ergänzung von Sicherheitsfunktionalität bzgl. des Zielsystems durch PKI/OSCI Sicherheitsschale)
• Built-In-Architektur (Integration von Sicherheitsfunktionalität bzgl. des Zielsystems durch PKI/
OSCI Sicherheitsintegration, mit SOA-Orientierung).
In der Shell- und Built-In-Architektur werden Datensätze dabei durch speziell geschützte Web-Schnittstellen
exklusiv übergeben (im RZ durch OSHC-Mediator). In
der Access- Architektur werden dagegen empfangene
Datensätze manuell in das Zielsystem übertragen (Copy
& Paste). Auf Basis der Orientierung nach Internetstan
dards wie SOAP, SAML, XML, Web Service Security und
Web-Interfaces kann mit den eCampus-Komponenten
eine flexible und transparente Sicherheitsintegration
nach Shell-Architekturansatz als auch nach Built-InArchitekturansatz geleistet werden (vgl.(4)), wobei Signaturkarten (QES) im wesentlichen zunächst für Dozenten
vorgesehen sind (für Studierende: QES-“Siegel“ via Telesignaturserver möglich, z.B. für Formulare).
3 eCampus-Fachverfahren.
Zu betrachtende Fachverfahren zu eCampus sind unter
anderem eExamReg und eSchein (für Prüfungsbewertungen/anmeldungen bzw. studentische Bescheinigungen).
Fazit und Ausblick. Bekannte Hochschulinformationssys-
teme wie das HIS (zukünftig HISinOne(5)) in Deutschland oder das Campusmanagementsystem CAMPUSOnline der TU Graz(6) in Österreich können hinsichtlich
zusätzlicher und erweiterter Sicherheitsintegrationen
von eCampus-Architekturen profitieren. Die entwickelten eCampus-Komponenten erlauben dabei die flexible
und gesicherte Elektronisierung weiterer Hochschulprozesse, auch auf SOA-Basis.
Abbildung 1: Realisierung Shell-Architektur
literatur
2.3 eCampus-Architektur. Grundsätzlich lassen sich drei
(1)
S track H., Karich Ch. A Distributed Architecture for the
Management of Transcripts of Records and Student
Mobility Data within the Bologna Process Framework.
Universities of Grenoble and University P.M. Curie of
Paris : Proceedings of ENUNIS, 2007.
(2)
KoSIT, (ed.). XÖV-Standardisierung. OSCI Online Service Computer Interface. [Online] xoev, 05. 12 2012.
www.xoev.de.
(3)
S enatspressestelle. Datenschutzbeauftragte empfehlen Bremer Entwicklung bundesweit . [Online] [Zitat
vom: 28. 09 2010.] http://www.senatspressestelle.
bremen.de/detail.php?id=11601.
(4)
enning M., Kußmann P., Strack H. eCampus-Services
H
& Infrastrukturen eGovernment-Komponenten- und
Service-orientierte elektronische Campusverwaltung
mit verbesserter Sicherheit. Hs Harz, Wernigerode :
Tagungsband Nachwuchswissenenschaftlerkonferenz,
2011.
(5)
IS GmbH, Veröffentlichung zu HISinOne. www.his.de/
H
publikation. [Online] [Zitat vom: 28. 11 2011.] www.
his.de/presse/material/HISinOne.pdf.
(6)
raz, Universität. TU Bericht 2007. [Online] 2007. [Zitat
G
vom: 5. 12 2012.] http://portal.tugraz.at/portal/page/
portal/TU_Graz.
(7)
S track H., Karich Ch. BeGovSAH-Begleitforschung zur
Umsetzung des eGovernment-Aktionsplan in SachsenAnhalt. Magdeburg : Springer Verlag, 2006. Beiträge
der 3.Jahrestagung des Fachbereichs Sicherheit der
Gesellschaft für Informatik e.v. (GI).
(8)
S track, H. eGovernment und IT-Sicherheit. [Buchverf.]
G.Schwarting (ed.) F.Bieler. e-Government - Perspektiven, Probleme, Lösungsansätze. Berlin : Erich Schmidt
Verlag, 2007.
(9)
S track, H. eGovernment und Begleitforschung - Infrastrukturen, Entwicklungen, Erfahrungen und Chancen.
s.l. : Landesportal www.sachsen-anhalt.de, 2007.
Workshopunterlagen, Staatskanzlei Sachsen-Anhalt.
M. Eng. Nico
SCHEITHAUER,
nscheithauer@hs-harz.de,
Hochschule Harz
Dipl.-Inf. (FH) Martin
HENNING,
mhenning@hs-harz.de,
Hochschule Harz
Dipl.-Inf. (FH) Hendrick
WERNER
hwerner@hs-harz.de,
Hochschule Harz
Dipl.-Ing. (FH) Peter
KUSSMANN
pkussmann@hs-harz.de,
Hochschule Harz
32 |
eGovernment Review | www.egovernment-review.org | Nr. 9 | Januar 2012
service
E-Government
Tagungen, Konferenzen und Messen
15. -16. Februar 2012
Berlin, Deutschland
15. Internationales
Rechtsinformatik
Symposion (IRIS)
märz
23. - 25. Februar 2012
Salzburg, Österreich
Swiss E-Government
Forum
6.-7. März 2012
Bern, Schweiz
TVI & FTRI - Fachtagung Verwaltungsinformatik (FTVI) und
Fachtagung Rechtsinformatik (FTRI)
april
14. – 16. März 2012
Friedrichshafen am
Bodensee, Deutschland
ICDGS 2012
11.-13. April 2012
Venedig, Italien
15. Effizienter Staat
24.-25. April 2012
Berlin, Deutschland
Traditionsreiche Fachtagung für IT-gestützte
Verwaltungsmodernisierung.
www.infora.de/public/676075_Berliner_
Anwenderforum/
mai
18. Anwenderforum
E-Government 2012
Tagung mit Schwerpunkt Rechtsinformatik
und starkem Bezug zu E-Government. Es
werden u.a. Workshops zu folgenden Themen
angeboten: E-Government, E-Democracy,
E-Procurement und E-Justiz.
www.univie.ac.at/ri/IRIS2012/
Die Themenschwerpunkte lauten:
Zusammenarbeit über alle föderalen Ebenen Wege zur Kooperation, Öffentliche Verwaltung
im Dialog – Wege zur Interaktion.
www.infosocietydays.ch/eGovernment
Die Veranstaltung steht heuer unter dem
Motto „Perspektive Mitmach-Staat – Staatsmodernisierung zwischen Effizienz und
Partizipation“.
www.effizienterstaat.eu/Kongress/
03. – 04. Mai 2012
Krems, Österreich
Schwerpunkte: E-Participation, Government
2.0, Social/Web Media and Public Administration, E-Politics and E-Campaigning, European
Citizen Initiative, Participatory Budgeting,
Buttom-Up Movements, Open Data and Open
Access, Legal Frameworks and Policies.
www.donau-uni.ac.at/cedem
ICEE 2012
The International
Conference on EBusiness and
E-Government
Main focus: System and architecture of
e-Government, The e-Voting issue and
e-Democracy, Measuring e-Government/
Economics.
www.icee-meeting.org/2012/
Neue Verwaltung
22.-23. Mai 2012
Leipzig, Deutschland
Die Tagung hat das Ziel einen Dialog zwischen
Wissenschaft und Verwaltungspraktikern,
Rechtspraktikern und Beratern zu fördern.
Themenschwerpunkte sind: Öffnung von Staat
und Verwaltung (Open Government und Good
Governance); Offene, smarte und vernetzte
Verwaltung und Politische und rechtliche
Vorgaben für Staat und Verwaltung.
www.ftvi.de
Die drei Schwerpunktbereiche der ICDGS
Konferenz 2012 lauten: e-Democracy, eGovernment, e-Society.
www.waset.org/conferences/2012/italy/
icdgs/
CeDEM12
Conference for EDemocracy and Open
Government
11.-13. Mai 2012
Shanghai, China
26th EUROPEAN
Conference on Modelling and Simulation
29. Mai - 01. Juni 2012
Koblenz, Deutschland
juni
februar
2012
13th Annual International Conference on
Digital Government
Research (dg.o 2012)
04. – 07. Juni 2012
University of Maryland,
USA
13. Kongress mit Fachmesse eGovernment
unter dem Schwerpunkt „Innovation ist
Wandel“.
www.neue-verwaltung.de
Ein Themenschwerpunkt der diesjährigen
Konferenz lautet PolicyModelling. So wird ein
unmittelbarer Bezug zu E-Government bzw.
E-Democratie hergestellt.
www.scs-europe.net/conf/ecms2012/
pm.html
Das Motto der diesjährigen Konferenz lautet:
„Bridging Research and Practice“.
www.dgo2012.dgsna.org/
10.-13. Juni 2012
Barcelona, Spanien
ECEG 2012 12th European
Conference on
eGovernment
14.-15. Juni 2012
Barcelona, Spanien
25th Bled
eConference
17.-20. Juni 2012
Bled, Slowenien
ADV E-GovernmentKonferenz 2012
19.-20. Juni 2012
Graz, Österreich
MEMO Tagung
juli
25.-26. Juni 2012
Münster, Deutschland
EVOTE2012
11.-14. Juli 2012
Bregenz, Österreich
Als Schwerpunkt für die 20. Auflage der ECIS
wird das Thema „Public Sector ICT - Citizen
Empowerment and Agency Transparency“
angeboten. Weiter Themenschwerpunkte
sind: e-service concept, integration of eservices and web-services, e-infrastructure,
e-government 2.0.
www.ecis2012.eu/
Eine traditionsreiche Konferenz, die alle
“e” Themenfelder umfasst. Im Umfeld von
E-Government sind die Schwerpunkte von
eHealth und eDemocracy von besonderem
Interesse.
www.bledconference.org/
Das Motto der Konferenz lautet: Sparpaket für
Österreich – Beiträge des E-Government. Ein
weiterer Schwerpunkt ist „E-Government in
(Klein-)Städten und Gemeinden“.
http://e-government.adv.at/2012/
Tagungsschwerpunkte:
Verwaltungskooperation – Effizienz durch
verwaltungsübergreifende Prozesse
Dokumentenmanagement – Prozesse mit der
elektronischen Akte
Informationsmanagement – Prozesse zur
effizienten Verwaltungssteuerung.
www.memo-tagung.de/
EVOTE ist eine Konferenz, die alle 2 Jahre
stattfindet und rund um den Schwerpunkt
e-voting organisiert ist.
www.e-voting.cc/topics/conference2012
EGOV2012 ePart2012
3.-6. September 2012
Kristiansand, Norwegen
EGOVIS & EDEM 2012
Main focus: Interoperability / e-Government
2.0 / Measuring e-Government/Economics
of e-Government / Legal, agency, trust and
governance issues in e-Government.
www.academic-conferences.org/eceg/
eceg2012/eceg12-home.htm
3.-7. September 2012
Wien, Österreich
oktober
ECIS 2012European Conference
on Information
Systems
september
eGovernment Review | www.egovernment-review.org | Nr. 9 | Januar 2012
service
ICEGOV2012 6th International Conference on Theory and
Practice of Electronic
Governance
22.-25. Oktober 2012
Albany, New York
Die Vorträge bei der EGOV Konferenz
vermitteln jährlich den Stand der Forschung
und Umsetzung von eGovernment und
eGovernance. Auch heuer wird wieder ePart
als Teilkonferenz zum Themenschwerpunkt
eParticipation durchgeführt.
www.egov-conference.org
EGOVIS & EDEM 2012 (International Conference on Electronic Government and the Information Systems PerspectiveandInternational
Conference on Electronic Democracy) findet
alsTeil des DEXA Konferenzclustersstatt. Die
Themenschwerpunkte sind e-administration,
e-democracy, e-participation and e-voting.
www.dexa.org/egovisedem2012
Die zentralen Konferenzthemen sind in diesem
Jahr Open Government, sowie die Evaluierung
von Electronic Governance Initiativen hinsichtlich Bürgernutzen.
www.icegov.org
| 33
34 |
eGovernment Review | www.egovernment-review.org | Nr. 9 | Januar 2012
service
bücher
E-Government Publikationen
Christian Bach
Herbert Kubicek, Ralf Cimander, Hans Jochen Scholl
Der Online-Europawahlkampf der „Grünen“ 2009: Wie stellt sich
Organizational Interoperability in E-Government: Lessons from
die Partei „Bündnis 90/Die Grünen“ im Web 2.0 dar und wie
77 European Good-Practice Cases
kann man den Internet-Auftritt verbessern?
Springer Berlin Heidelberg, ISBN: 978-3642225017, August
2011
Grin Verlag, ISBN: 978-3640954407, Juli 2011
Kati Schulz
Digitale Kluft - Die Informationsgesellschaft unter dem
Elsa Estevez, Marijn Janssen (Eds.)
Einfluss neuer Technologien und die Bedeutung politischer,
ICEGOV 2011, Proceedings of the 5th International Conference on
wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Faktoren
Theory and Practice of Electronic Governance
Grin Verlag, ISBN: 978-3640965854, August 2011
ACM 2011, ISBN: 9781-1450307468, September 2011
Marijn Janssen, Ann Macintosh, Hans J. Scholl, Efthimios
Tambouris, Maria A. Wimmer, Hans de Bruijn, Yao-Hua Tan
(Herausgeber)
Stefanie Horst
Electronic Government and Electronic Participation: Joint
AVM - Akademische Verlagsgemeinschaft München, ISBN:
978-3869241333, Oktober 2011
Proceedings of Ongoing Research and Projects of IFIP EGOV and
Zukunft der Bürgerkommunikation: Konzeption einer empirischen Studie zur Realisierung von E-Government
ePart 2011
Trauner Verlag, ISBN: 978-3854995159, August 2011
Winfried Lamersdorf, Volker Tschammer, Stephane Amarger
(Herausgeber)
Marijn Janssen, Hans Jochen Scholl, Maria A. Wimmer, YaoHua Tan (Herausgeber)
Building the E-Service Society: E-Commerce, E-Business, and
Electronic Government: 10th International Conference,
Technology)
EGOV 2011, Delft, The Netherlands
Springer US, ISBN: 978-1441954886, November 2011
Springer Berlin Heidelberg, ISBN: 978-3642228773, August
2011
Stephen Coleman, Peter M. Shane (Herausgeber)
E-Government (IFIP Advances in Information and Communication
Connecting Democracy: Online Consultation and the Flow of
Kim Normann Andersen, Enrico Francesconi, Ake Grönlund, Tom M van Engers (Herausgeber)
Political Communication
Mit Pr, ISBN: 978-0262016568, Dezember 2011
Electronic Government and the Information Systems Perspective:
Second International Conference, EGOVIS 2011, Toulouse, France
Jörg Becker
Springer Berlin Heidelberg, ISBN: 978-3642229602, August
2011
Modernizing Processes in Public Administrations: Process
Management in the Age of e-Government and New Public
Management
Martin Kaltenböck, Thomas Thurner (Herausgeber)
Open Government Data Weißbuch
Donau-Universität Krems, ISBN: 978-3902505231, August
2011
Springer Berlin Heidelberg, ISBN: 978-3642213557, Januar
2012
eGovernment Review | www.egovernment-review.org | Nr. 9 | Januar 2012
| 35
eGovernment Review
Fachzeitschrift des Studienbereichs Wirtschaft & Management
der Fachhochschule Kärnten
Fachhochschule Kärnten
Studienbereich
Wirtschaft & Management
Europastraße 4
A - 9524 Villach
Tel.: +43 (0)5 90500-1201
Fax: +43 (0)5 90500-1210
E-Mail: w.eixelsberger@fh-kaernten.at
www.fh-kaernten.at
4. Jahrgang
erscheint halbjährlich
in einer Auflage von 1000 Exemplaren
ISSN 1997-4051 (gedruckte Ausgabe)
Herausgeber: FH-Prof. Dr. Wolfgang Eixelsberger
Redaktion: M
ag. (FH) Ursula Polessnig
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